28. Mär 2024, 09:19 Hallo Gast.
Willkommen Gast. Bitte einloggen oder registrieren. Haben Sie Ihre Aktivierungs E-Mail übersehen?

Einloggen mit Benutzername, Passwort und Sitzungslänge. Hierbei werden gemäß Datenschutzerklärung Benutzername und Passwort verschlüsselt für die gewählte Dauer in einem Cookie abgelegt.


Select Boards:
 
Language:
 


Autor Thema: Ost-in-Edhil  (Gelesen 8799 mal)

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Ost-in-Edhil
« am: 18. Feb 2017, 18:16 »
Mathan, Oronêl, Kerry, Halarîn, Adrienne, Finelleth, Celebithiel, Forath und Aéd aus dem südlichen Eregion

Nach dem Gespräch mit Kerry, das Mathans Laune etwas aufpolierte, führte er die Gefährten langsam in Richtung Osten. Dort, wo er zuvor schon sehnsüchtig in die Ferne geblickt hatte. Es war bereits später Nachmittag und kaum Wolken am Himmel. Er führte sie auf einem verborgenen Elbenpfad, den er selbst vor sehr langer Zeit sehr oft benutzte. Es überraschte ihn, wie schnell er in alte Gewohnheiten verfiel, obwohl es sehr lange her war, dass er hier umherwanderte. Sein Blick ging zu Kerry, die neben ihm lief und sich aufmerksam umblickte. Mit einem Schmunzeln bemerkte der Elb, dass sie die Schultern nicht mehr einzog und die Brust dafür etwas herausstreckte. So fand er, dass sie gleich viel erwachsener wirkte. Sie bemerkte sein Schmunzeln und hob fragend eine Braue, musste aber selbst lächeln.
„Ich habe mich nur daran erinnert, dass wir auf einem Elbenpfad gerade gehen“, schob er als Grund vor und grinste, „Alte Gewohnheiten“, setzte er nach und lachte leise.
„Dann warst du schon oft hier? Aus welchem Grund?“, fragte seine Tochter und konnte ihre Neugierde nicht verbergen, etwas, dass er schon früh bemerkt hatte.
„Du bist stets durstig nach neuen Wissen, das ist sehr gut, gewöhne dir das ja nie ab“, sagte Mathan mit einem Lächeln und ließ die Hand über einen Baumstamm gleiten, an dem sie vorbeigingen, „Das war sozusagen mein Jagdgebiet hier. Wir sind jetzt östlich von Ost-In-Edhil, hinter diesen Hügeln liegt eine weite Ebene, die in sanften Wellen auf und absteigt. Damals gab es dort einzelne Hulstbäume, die auf den kleinen Hügeln wuchsen und im Sommer dazu einluden im ihren Schatten etwas zu dösen. Ich bin immer hier umhergewandert wenn mein Vater mir gerade keine Lektionen erteilte oder ich nicht in der Schmiede helfen musste. Von den Ebenen aus hatte man einen eindrucksvollen Blick auf die Hauptstadt, die Türme funkelten wunderbar in der roten Abendsonne und boten ein interessantes Lichtspiel. Dir hätte es mit Sicherheit gefallen“, schloss er und strich ihr sanft über das Haar.
Kerry nickte und schien sich den Hulstbaum genauer anzuschauen, den sie hinter sich ließen. Mathan schwieg und blickte kurz zu Halarîn, die etwas weiter hinten neben Adrienne lief und wieder etwas blass aussah. Seine Frau bemerkte seinen Blick und lächelte, auch wenn es etwas schwach wirkte. Ihretwegen hatte er seine Schritte etwas verlangsamt, aber auch, weil er genau beobachten wollte, wie sich das Land in seiner Abwesenheit verändert hatte. Die Gruppe schien das aber nicht zu stören, denn sie plauderten ab und an, während sie sie sich hin und wieder aufmerksam umblickten. Für ihn war es ein ganz sonderbares Gefühl wieder in Eregion zu sein, zum Einen traurig, aber auch gleichzeitig aufregend. Immerhin hatte er seine Familie dabei und bald würden dutzende Elben diese Lande wiederbeleben. Er wusste auch, dass Faelivrin schon immer von seiner Geburtsstätte fasziniert war und war sich sicher, dass sie etwas Besonderes dafür im Kopf hat. Leider hatte er in Tharbad nicht viel Zeit gehabt um mit ihr zu sprechen, aber ihre Aufgabe konnte nicht weiter aufgeschoben werden, besonders als klar wurde, dass sie zwei Ringe zu vernichten hatten.
„Was hat dich dein Vater denn eigentlich gelehrt?“, fragte Kerry und riss den Elb aus seinen Gedanken. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie wieder aufgeschlossen hatte und strich sich nachdenklich über das Kinn. Eigentlich war es sehr viel, was ihm sein Vater gelehrt hatte und daher er wusste nicht so recht was Kerry genau meinte. Auf seine Nachfrage, was genau ihr vorschwebte schien sie etwas ratlos zu sein und meinte schließlich, dass er sich Etwas aussuchen könnte, wovon er erzählen wollte. „Hmm“, machte Mathan und bedeutete der Gruppe, dass sie eine Rast einlegten, „Zuerst sollten wir ein Nachtlager aufschlagen.“ Sie befanden sich in einer weiten Senke, die von sanften Hügeln umgeben war, die vom knöchelhohen Gras bedeckt waren. Oronêl, Halarîn und die anderen beiden Elben traten zu ihnen, gefolgt von Adrienne, sowie Forath und Aéd.
„Wir sind jetzt nahe der ehemaligen Hauptstadt und die Schmieden sind nicht mehr weit, trotzdem würde ich bevorzugen sie erst bei Tagesanbruch  aufzusuchen.“, erklärte Mathan und schnallte dabei seinen Gürtel mit Vorräten ab.
„Und warum das?“, fragte Aéd mit etwas Ungeduld in der Stimme, „Es ist doch gerade erst Nachmittag.“
„Genau deswegen“, antwortete Mathan und nickte zu Sonne, die schon recht tief stand, „Hier geht es recht schnell, außerdem habe ich Sorge, dass wir vom Gebirge aus mit Besuch rechnen müssen, wenn wir im Dunkeln weiterreisen.“
Finelleth schaltete sich überraschend ein: „Zuvor habe ich ein paar Spuren gefunden, sie waren sehr schwer zu entdecken und schwer zuzuordnen. Ich schätze vielleicht eine, oder zwei Wochen alt, aber nicht von Orks.“ In ihrer Stimme schwang Sorge mit.
„Dann entzünden wir kein Feuer“, schlug Oronêl vor und erhielt zustimmendes Gemurmel. Mathan nickte, woraufhin sie es sich in der Senke es gemütlich machten und darauf warteten, dass die Sonne unterging. Einige von ihnen nahmen ein kleines Mahl ein, doch Mathan verzichtete und reichte seine Portion an Halarîn weiter, die ihm zum Dank einen Kuss auf die Wange drückte. Er grinste flüchtig, da er wusste, dass sie in ihrer Schwangerschaft mit Faelivrin stets großen Hunger gehabt hatte. Offensichtlich war dies auch wieder der Fall. Er blickte zu Kerry, die neben ihm saß und dachte eine Weile nach, während die junge Frau kauend einer Erzählung von Adrienne lauschte. Das Mädchen aus Gondor beschrieb gerade wie sie mit ihren Eltern nach Minas Tirith zog.
„Also bist du nicht in Gondor geboren?“, fragte Forath in einer kurzen Pause, woraufhin Adrienne den Kopf schüttelte, „Dachte ich mir, denn dein Namen ist …untypisch.“
Sie musste lachen und verschluckte sich fast an ihrem Stück Brot, das sie gerade kaute und würgte es herunter. „Das habe ich schon so oft gehört“, brachte sie etwas mühsam hervor, „Meine Mutter gab mir den Namen, da ich auf einem Fluss geboren wurde. Also habe ich kein wirkliches Geburtsland und muss auch einen etwas untypisch klingenden Namen tragen. So hat sie es zumindest begründet und machte daraus immer einen kleinen Scherz. Leider weiß ich nicht welchen Fluss, das hat sie nie gesagt und so gut kenne ich mich mit Karten nicht aus“, erklärte Adrienne schließlich und widmete sich wieder ihrer Mahlzeit.
Kerry schien das Thema wechseln zu wollen, da sie wohl merkte, dass ihre Freundin nicht mehr lachte oder grinste. Sie wandte sich an Mathan: "Ontáro, zu meiner Frage von vorhin, hast du etwas, das du erzählen möchtest?“
Der Elb hatte zuerst gehofft, dass sie die Frage vergessen hatte, doch da schien er sich getäuscht zu haben und ein flüchtiges Schmunzeln umspielte seine Lippen. Kurz ließ er seinen Blick über die Gruppe schweifen, wobei ihm die Anwesenheit von Forath und Aéd noch immer etwas ungewohnt war, doch sie störten ihn nicht.
„Na schön, eigentlich hoffte ich, dass ich das nicht beantworte muss, aber als abendfüllende Geschichte, denke ich, kann ich etwas aus meiner Vergangenheit preisgeben“, gab er schließlich ein und überlegte kurz, was er genaue erzählen sollte.
Ihm war klar, dass fast alle Blicke auf ihm lagen, was ihm ein wenig unangenehm war, so konzentrierte er sich auf Kerry, die gebannt zu ihm aufsah.
„Wie man sich es vielleicht denken kann, habe ich diese Senke nicht umsonst ausgesucht“, begann er mit einem kurzen Grinsen, während sich einige rasch um blickten, „Hier bin ich immer mit meinem Vater hergekommen, wenn er mich unterweisen wollte. Damals stand hier noch ein Hulstbaum in der Mitte, der bei einem Sturm umgeknickt war. Daran habe ich meine ersten Schläge ausgeführt und habe natürlich nicht sonderlich gut abgeschnitten. Ich war klein und wir hatten nur selten Zeit, da mein Vater sehr oft und lange in den Schmieden war, da man sich für den Krieg rüstete. Wie man sieht haben diese Ringe schon damals ihren Schatten geworfen. Jedenfalls ging ich nach einer Weile immer alleine hier her um zu üben, da ich meinen Vater stolz machen wollte. Selten begleitete mich meine Mutter, da sie oft in Lindon am Hof des Hochkönigs weilte. Damals habe ich es noch nicht so recht verstanden, aber als ich alt genug war, habe ich mich damit abgefunden. Man mag es vielleicht verwerflich finden, dass man einem kleinen Jungen schon im Kriegshandwerk übte, aber damals wurde jede Hand gebraucht. Deswegen war ich auch oft in den Schmieden als Hilfe, denn dort versuchten sich die Elben stets an weiteren Ringen, die ein Gegenstück zu den Verdorbenheiten darstellen sollten. Leider ist das nie gelungen, einzig Celebrimbor war dazu in der Lage, doch damals war es nicht bekannt. Generell waren die Noldor von Eregion verschwiegen und achteten peinlichst darauf, dass ihre Geheimnisse unter sich blieben. Ich bekam nur das gesagt, was ich brauchte um meine Arbeit zu erledigen: Schwerter, Schilde und Dolche schmieden. Mein Vater dagegen war oft an den aufwändigen Rüstung für die Feldherren und Hauptmänner am arbeiten, er ging auch Celebrimbor zur Hand, wenn sie in die unteren Ebenen der Schmiede verschwanden, wo niemand ohne Erlaubnis eingelassen wurde. Darüber sprach er auch nie, wenn wir am Abend hierherkamen und uns ausruhten."

~~~

Ein schwaches Klacken ertönte und er ließ das schwere Stück Holz fallen. „Ich kann das nicht“, sagte er enttäuscht und zog beleidigt die Mundwinkel hinab.
„Versuch es noch mal“, ermunterte ihn sein Vater, der an einem Abhang der Senke lag und in den Himmel blickte, „Du kannst das, man muss nur die richtige Technik finden.“
„Aber es ist zu groß“, wandte der junge Elb ein und wuchtete das große Holzschwert hoch.“
„Das hat ein Großschwert so an sich, mein Junge“, lachte Amarin und setzte sich dabei auf, „Irgendwann wird man an Gegner herankommen, die etwas größer sind als du, da braucht man auch größere Waffen“, erklärte sein Vater mit einer gewissen Strenge.
„Aber das ist einfach zu groß“; schmollte Mathan und lehnte das hölzerne Großschwert an seine Schulter, der Griff endete an seinem Ohr.
Amarin erhob sich mit einem gespielten Ächzen und kam langsam auf ihn zu, er trug noch immer die Lederschürze der Schmiede und auch sein Gesicht wies einige Russ-Spuren auf, dennoch lächelte er. „Na, immerhin weißt du, wie man es anlehnt, das kann ich nicht jeder.“
„Das ist nur ein großer Haufen Holz mit Griff, das kann jeder“, entgegnete Mathan empört und brachte seinen Vater zu einem herzhaften Lachen. Nach einigen Momenten fiel er in das Gelächter ein, ehe sie sich nach einigen Minuten beruhigten.
„Im Grunde hast du recht, selbst ein Großschwer ist nur ein großer, länglicher Klumpen Stahl mit einem Griff. Der Trick dabei ist, dass du es nie komplett hochheben musst, zumindest nicht bei dieser Sorte von Waffe“, erklärte Amarin und packte das Stück Holz am Griff, „Schaue genau hin, wie ich damit umgehe“, forderte er seinen Sohn auf. Mathan zog eine gespielte Schnute und ging dann doch etwas auf Abstand. Sein Vater ging etwas in die Hocke und ließ das Schwert hinter sich herschleifen, mit einer kurzen Anstrengung seiner muskulösen Arme schwang er die Waffe in einem Halbkreis nach oben. Um den Rückschlag abzufangen machte er eine ruckartige Bewegung mit der Schulter nach vorn. „Siehst du? Du musst es gar nicht komplett anheben“, erklärte Amarin grinsend, „Natürlich brauchst du dafür die passende Rüstung mit den Schulterpanzer.“
„Aber niemand benutzt solche Waffen, woher soll ich denn wissen wie das geht“, sagte Mathan noch immer etwas begriffsstutzig und sah zu seinem Vater auf, der nur still in sich hineinlächelte.
„Na, zeigst du ihm wieder deine verrückten Erfindungen?“, erklang die liebliche Stimme seiner Mutter. Ihre schlanke Gestalt zeichnete sich scharf in der roten Abendsonne ab, die weißen Haare wehten im Wind. Sie trug ein hellblaues Kleid und ging barfuss.
„Mutter!“, rief Mathan glücklich und auch Amarin drehte sich überrascht um.
„Mein kleiner Sohn, es ist schön dich zu sehen“, sagte sie mit einem sanften Lächeln und schloss ihn flüchtig in die Arme, „Du bist groß geworden“, sagte sie stolz und kicherte.


~~~

Mathan verstummte bei seiner Erzählung und blinzelte kurz, zu sehr war er gefangen von seiner Geschichte, die ihm sehr lebendig vorkam. Gerade verkroch sich der letzte Sonnenstrahl hinter den Bergen und fahles Mondlicht fiel in die Senke.
„So hatte ich mir deine Eltern gar nicht vorgestellt“, gab Kerry schließlich nach einer kurzen Stille zu, woraufhin er ihr über die Wange strich.
„Es war einer der Momente, in dem sie sich gut verstanden. Sie mochte es nicht sonderlich, wenn er mir seine Werke zeigte, da sie mich als zu klein dafür befand.“, antwortete er mit einem versonnen Lächeln, „Sie hatten so ihre Streitpunkte, aber eigentlich liebten sie sich immer, egal was zwischen ihnen vorgefallen war.“
„Dann passt das ja, wenn ich dich Schwertmeister nenne“, warf Adrienne spitzbübisch ein und grinste breit, da Mathan sofort das Gesicht verzog, „Oder hast du das Großschwert nicht gemeistert?“, setzt das Mädchen nach und zu seiner Überraschung nickten die beiden Dunländer bekräftigen. Halarîn hatte sich in ihren Mantel verkrochen und schien zu schlafen genau wie Celebithiel; Finelleth bereitete auch gerade ihr eigenes Lager vor
„Wer weiß…“, antwortete Mathan nach einer kurzen Pause und scheuchte seine Schülerin schlafen.
„Soll ich die erste Wache übernehmen?“, fragte Oronêl an Mathan gewandt, der gerade mit Kerry diskutierte, da sie noch etwas wach bleiben wollte.
„Wenn es dir nichts ausmacht, aber weck mich sofort wenn dir etwas merkwürdig erscheint.“
„Das hatte ich auch vor“, entgegnete der Sinda beruhigend und nahm eine bequeme Sitzposition ein.
Nachdem Mathan schließlich auch Kerry zum Schlafen bewegen konnte, verbrachten die Gefährten eine ruhige Nacht. Kurz bevor jedoch die Sonne aufging, rüttelte ihm jedoch jemand an der Schulter.
„Jemand ist hier“, flüsterte Oronêl leise und schien die Ohren zu spitzen. Alle Elben bis auf Halarîn wachen wach, denn ihr Atemrhythmus hatte sich geändert. Von den Menschen schliefen alle noch, wobei Kerry und Forath sich unruhig umwälzten. Mathan schlug seine Decke aus Rohan zurück und kam geschwind auf die Füße, bedacht darauf keinen Lärm zu machen. Angestrengt lauschte er und vernahm sehr leise Schritte, die sich langsam entfernten. Er reagierte sofort und spurtete den Abhang hinauf, Oronêl folgte ihm knapp. Auf der Kuppe angekommen kniff er die Augen zusammen und deutete auf die weite Ebene, die vor ihnen lag. „Dort läuft er… sieht nach einem Elben aus und er hat einen guten Vorsprung“, sagte Mathan und bedeutete seinem Freund den Bogen zu senken, „Trotzdem sollten wir aufbrechen."

Nach der Aufregung waren alle an in der Senke auf den Beinen und hatten ihre Sachen gepackt. Auf die neugierigen Blicke hin, als die beiden Elben zurückkehrten, antworteten sie nur ausweichend. Mathan versicherte aber, dass keine Gefahr bestand, zumindest im Moment nicht, denn der Fremde hätte sie auch überraschen können. Trotzdem beeilten sie sich von der Senke wegzukommen und unter Führung Mathans schlugen sie einen Weg in nördliche Richtung ein. Der Elb hatte zwischenzeitlich die Karte seines Vaters gezogen und studierte sie weiter vorn, wo er sich alleine befand. Zwischenzeitlich hörte er seine Gefährten hinter sich tuscheln, doch er ignorierte es. Nach einigen Biegungen und auf- und abfallenden Hügeln blieben sie auf einer Anhöhe stehen. Kerry nutzte die Pause und schloss zu ihm auf. „Wo ist die Schmiede denn?“, fragte sie und sah sich suchend um, wobei sie die Augen vor der hellen Morgensonne abschirmte.
Vor ihnen lagen fünf Hügel, die mit Steinen und Gras bedeckt waren. Ein kleiner Bach entsprang aus einem der umliegenden Hügel und schien in dem Mittleren zu verschwinden. Der Ort hatte etwas Idyllisches und strahlte eine gewisse Ruhe aus. Eine Ruhe, die Mathan sehr bekannt vorkam. Halarîn erreichte ebenfalls die Anhöhe und ergriff seine Hand. Der Elb war überwältigt von den einstürmenden Gefühlen und seufzte nur tief.
„Wir sind da“, sagte seine Frau leise, woraufhin Kerry, Oronêl und Finelleth sich umblickten.
Mathan deutete wortlos zu dem kleinen Bach und setzte sich in Bewegung. Dabei bemerkte er, dass die beiden Ringträger noch wortkarger waren als zuvor. Umso besser war es, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, auch wenn es nicht ersichtlich war, so kam ihm die Gegend einfach zu vertraut vor. Am Bach angekommen hob er die Karte und tauchte sie zur allgemeinen Überraschung ins Wasser. Einige sogen scharf die Luft ein, und wollten schon etwas sagen. Nachdem das Wasser jedoch von dem Papier abperlte, kamen verschlungene Schriftzeichen zum Vorschein. „Ist das Magie?“, fragte Forath mit einer Mischung aus Entsetzen und Erstaunen.
Mathan lachte leise und schüttelte den Kopf. „Ein Geheimnis meiner Familie“, antwortete er mit einem Augenzwinkern und deutete auf den Bach, „Es ist das Wasser, das mit der Tinte reagiert, aber psst“, er legte einen Finger auf den Mund und begann zu lesen.
Dabei hörte er Kerry mit Adrienne sprechen, die sich über den geheimnisvollen Besucher in der Nacht unterhielten. Beide Mädchen fanden es gruselig und er konnte es in einer gewisser Weise nachvollziehen. Mit einem Brummeln konzentrierte er sich wieder auf die Schriftzeichen, die in einem unüblichen Dialekt geschrieben waren. Nach einigen Momenten hatte er es jedoch herausgefunden und atmete erleichtert auf.
„Es gibt noch einen Eingang“, verkündete er und sorgte für fragende Gesichter.
„Wo? Alles was hier einst stand ist nur noch Staub und Geschichte“, wandte Aéd ein und trat unzufrieden gegen einen Stein. Als dieser herumrollte lugte ein Stück Metall aus dem Gestein.
„Das stimmt, außerdem hast du meiner Erzählung gestern nach nicht richtig zugehört“, erwiderte Mathan mit einem Schmunzeln und ging mit Halarîn an der Hand den Bach entlang zum mittleren Hügel. „Die Schmieden von Eregion“, sagte er mit getragener Stimme und deutete auf den leicht länglichen kleinen Berg. Er maß mit Sicherheit einige hundert Schritt an der längsten Stelle und war auch nicht gerade schmal. Triumphierend führte er die Gruppe auf die Kopfseite des Hügels, dort wo er sich verjüngte. Vor ihnen lag ein großer Haufen Steine, der in der Mitte ein verdächtiges Loch aufwies. „Ist das ein Eingang?“, fragte Kerry ehrfürchtig.
„Ja, aber er sollte nicht so offen daliegen. Seid vorsichtig und fasst auf keinen Fall irgendwas an, unter keinen Umständen“, schärfte er ihnen ein und winkte Oronêl neben sich, „Gib mir Deckung, mein Freund“ Der Waldelb nickte und zog seine Axt.
„Eine unterirdische Schmiede also…“, merkte Forath an, „Beeindruckend.“
Vorsichtig legte Mathan einige Brocken zur Seite und bemerkte dabei, dass diese schon öfters bewegt wurden. Schließlich zog er die Silmacil und zwängt sich durch den engen Spalt, dicht gefolgt von Oronêl. Aus einer stillen Übereinkunft folgten Forath und Aéd, dann Adrienne und zum Schluss Kerry, Halarîn Finelleth und Celebithiel. Sie standen in einem dunklen Raum. Es roch nach alten Holz und kaltem Rauch. Mathan griff nach einer Fackel, die seine Elbenaugen durch den fahlen Lichteinfall von außen entdeckte. Als er sie entzündete, wurde ihnen klar, wo sie waren. Es war ein rundlicher Raum von vielleicht vierzig bis fünfzig Schritt im Durchmesser, sie standen auf einem dunklen Holzboden, der darauf ahnen ließ, dass noch etwas darunter lag. Er bedeutete der Gruppe näher zu treten und deutete auf ein schmales Fenster, rechts und links davon lagen Türen. Durch das Fenster konnte man einen guten Blick in das Innere der Schmiede werfen: Vor ihnen öffnete sich eine riesige Fläche, dutzende Gebäude drängten sich am Boden, der etwa zehn bis fünfzehn Schritt unter ihnen lag. Rechts und links von ihnen ragten mannsbreite Säulen aus zwei separate, kleine Seen bis hinauf in die Decke. Eine hölzerne Galerie spannte sich zwischen den Säulen und verband den oberen Bereich mit dem restlichen Teil der Schmiede. In der Ferne konnte man einen zweiten, rundlichen Bau erkennen, scheinbar die gleiche Art Turm.
„Hier habe ich nur einmal gearbeitet“, erklärte Mathan leise und deutete auf die linke Tür, „Seid wachsam und passt auf wo ihr hintretet, die Galerien haben stellenweise kein Geländer.“
Gemeinsam mit Oronêl machte er sich bereit, durch die Schmiede zu gehen und warf einen letzten Blick zurück zu Halarîn und Kerry, die sich an den Händen hielten.
« Letzte Änderung: 6. Feb 2021, 17:22 von Fine »

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
In die Schmiede
« Antwort #1 am: 28. Feb 2017, 00:17 »
Sobald Mathan die hölzerne Tür öffnete, fühlte er sich in der Zeit zurückversetzt. Zwar hatte er schon damit gerechnet, doch war es ein merkwürdiges Gefühl, auf das man sich nicht einfach so vorbereiten konnte. Vor ihm lag eine längere Holzbrücke, die sich um zwei breite Säulen schlängelte, bei denen man entweder rechts oder links vorbeigehen konnte. Prüfend trat er auf das Holz und stellte zufrieden, dass es keine Anzeichen von Zerfall aufwies. Früher war er nur einmal hier oben gewesen, denn meist war er unten gewesen. Er blickte auf ein niedriges Gebäude, das einmal eine Rüstungsschmiede war und zuckte ein wenig zusammen, als Halarîn neben ihn trat.
"Wie weit ist es vom Boden bis zu Decke?", fragte sie leise und bewundert zugleich.
"Etwa fünzig bis achzig Schritt", mutmaßte er und wollte sich schon am Kopf kratzen, wurde sich aber dann klar, dass er ein einer Hand die Fackel hielt und in der Anderen sein Schwert. Zuvor hatte er das Silmacil zu einer Klinge zusammengefügt und hielt es stets in der Hand. Ein kleiner Stich Zorn brodelte in ihm, denn der Gedanke, dass jemand in seiner alten Heimat herumspazierte gefiel ihm gar nicht. Da er damals viel Zeit in den Schmieden verbrachte, betrachtete er auch diese als seine Heimat. Langsam führte er die Gruppe über die lange Holzbrücke, welche er zuvor als Galerie bezeichnet hatte. Offenbar hatten sich ein, zwei Dinge doch geändert, seitdem er das letzte mal hier gewesen war. Als sie die zweite Säule passierte, schloss Kerry zu ihm, Halarîn und Oronêl auf. Sie wirkte etwas eingeschüchtert und auf Halarîns Frage erklärte sie leise, dass sie es etwas unheimlich in den Schmieden fand. Mathan blickte kurz zu den Wasser unter ihnen hinab, das sich unverändert in dem dazugehörigen Becken staute. Den Sinn dahinter hatte er damals von Celebrimbor selbst erklärt bekommen. Generell war der Herrscher Eregions recht gesprächig mit seinen Untertanen gewesen, was Mathan erst jetzt klar wurde, je mehr er darüber nachdachte. Langsam erreichten sie die Tür zum ovalen Turm, der die Treppen zu den unteren Ebenen erreichbar machte. Schon vom Weiten sah er, dass die schwere Tür aufgebrochen und das metallverstärkte Gitter ebenfalls aus den Angeln gebrochen war. Mit Oronêl im Rücken und dahinter Halarîn mit Kerry, pirschte er sich an den Eingang heran und linzte um die Ecke. Hinter sich hörte er Aéd tuscheln und bedeutete ihn mit einer Handbewegung zu schweigen. Als dieser verstummte, lauschte Mathan angestrengt, konnte aber bis auf das Atmen der Gefährten nichts hören. Kurz wandte er sich um und nickte den Anderen zu, die ihn aufmerksam angestarrt hatten. Sie betraten den ovalen Turm, der einige leere Regale aufwies, ein paar zerschlagene Tische lagen an den Wänden und die Tür lehnte neben dem Eingang an einer Wand. "Hier befand sich ein Besprechungsraum", erklärte er leise und nickte zu den Tischen, "Kurz vor dem Krieg bekamen wir hier unsere täglichen Aufgaben zugewiesen."
Halarîn legte ihn eine Hand auf die Schulter und streichelte sie. Er nickte ihr mit einem schwachen Lächeln zu und wandte sich zu der anderen Tür, die einige Schritt auseinander, neben dem Eingang lag durch den sie zuvor den Raum betreten haben. Die schwere Holztür war geschwärzt und mit schwarzen Schlieren verschmiert, das zugehörige Eisengitter lag verbogen auf der dahinter liegenen Empore. Mathan linzte erneut durch den Ausgang und wie zuvor war alles still. Innerlich schmunzelnd bemerkte er, dass seine Gefährten ebenfalls so geräuschlos wie möglich warteten, bis er mit einem Nicken ihnen bedeutete, dass alles ruhig war.
"Und wo sind jetzt die Schmieden?", fragte Aéd leise, während sie auf die Empore traten. In seiner Stimme schwang noch immer eine leise Ehrfurcht, die Mathan verstehen konnte. Als er selbst das erste Mal hierher durfte, war es sehr beeindruckend gewesen, aber da war auch noch alles hell erleuchtet und reich verziert mit Gold, Silber und Edelsteinen.
"Hier", antwortete Mathan schließlich leise und deutete auf die flache Fläche, die sich hinter der Empore erstreckte, "Man kann durch eine Falltür von hier, hinunter in den Schmiederaum. Sehr hilfreich wenn man Material bewegen muss."
"Und wie habt ihr zum Beispiel flüssiges Metall bewegt?", hakte Finelleth interessiert nach.
"Das wurde an Ort und Stelle schon erhitzt, deswegen sind die Gebäude auch recht groß", antwortete Mathan mit einem flüchtigen Grinsen und deutete auf die Stufen, die zum Boden führten, "Dort hinab, aber dann muss ich mich kurz hier einmal umblicken... vielleicht finde ich etwas Nützliches."
Seine Gefährten nickten, wobei einige neugierige Blick ihm zuwarfen, die er aber vorerst ignorierte. Er wollte keine falschen Hoffnungen wecken, oder Befürchtungen lostreten. Halarîn hielt sich zusammen mit Oronêl an seiner Seite, während sie die lange Treppe hinabstiegen. Hinter sich hörte er die Menschen erstaunt tuschelnd, dass das Holz keinen Ton von sich gab, was ihn kurz schmunzeln ließ.
"Was ist das", fragte seine Frau mit gedämpfter Stimme und deutete auf ein Gebäude, das ihr offensichtlich auch zuvor schon aufgefallen war, denn sie setzte nach: "Es sieht aus wie ein großes Dreieck."
"Das war die große Waffenschmiede", erklärte er leise und führte sie rechts daran, an der längeren Seite vorbei.
"Wir sollten aber bald die Ringschmiede aufsuchen", mahnte Oronêl und Mathan hörte an seiner Stimme, dass er mit "bald" den nächstbesten Zeitpunkt meinte.
Sie liefen zwischen der großen Waffenschmiede und einem kleineren Gebäude, das am großen Turm endete, durch den sie in die Schmiede gelangt waren. Mathan erinnerte sich, dass in dem kleineren Raum die Feinarbeiten durchgeführt wurden. Dort hatte er nur selten gearbeitet und wusste, dass die Schmiede dort sehr penibel waren. Er führte seine Gefährten schließlich auf den kleinen Platz, der von drei Türen und den anderen Gang auf der anderen Seite der Waffenschmiede führte.
"Es wird nicht lange dauern. Ich will nur bei meinem alten Arbeitsplatz etwas nachsehen, Freund Oronêl", sagte er leise an den Waldelben gewandte und drückte lautlos die Tür zu der großen Waffenschmiede auf. Mathan hob die Fackel und schob sich durch die Öffnung, das Schwert dabei angewinkelt um jeden Feind abzuwehren. Doch vor ihm lag nur ein leerer Raum, einzelne Metallrohlinge lagen auf dem steinernen Boden verstreut. Ein einzelner Amboss lag in einer Ecke, ansonsten war der dreißig Fuß lange Raum leer. Selbst die Öfen waren verschwunden, was ihn überraschte. Seine Frau bemerkte es zuerst. "Ich denke das war nicht immer so leer hier oder?" Ihr Kommentar brachte ihn nur zum Nicken und er schaute sich rasch in dem Raum um, entdeckte jedoch nichts. Nachdenklich wandte Mathan sich wieder zum Ausgang und führte die Gruppe wieder hinaus aus der Waffenschmiede.
"Ist es schlimm?", fragte Kerry leise, mit einem interessierten Unterton.
"Nicht so sehr, aber hier hat sich doch etwas geändert, seitdem ich fortgegangen bin. Eigentlich müsste die Waffenschmiede vollgestopft mit Waffen sein, sowie einigen kleinen Erfindungen von meinem Vater..." Er verstummte und spitzte die Ohren, der er meinte, Etwas gehört zu haben. Sein Herz schlug ein wenig schneller, doch abgesehen davon, war es noch immer still. Mathan tauschte einen Blick mit den anderen drei Elben, die jedoch scheinbar nichts gehört hatten.
"Erfindungen?", hakte Kerry nach, jetzt mit unverholenem Interesse.
"Später, meine Kleine", vertröstete er sie und warf ihr ein warmes Lächeln zu. Da er die Fackel und sein Schwert trug, konnte er ihr nicht über den Kopf streicheln, auch wenn er es gerade liebend gern getan hätte.

Klang, klang, klang
"Feuer, Metall und Sterne, denkst du, das passt zueinander?"
"Ich verstehe nicht..."
"Ha! Das kannst du auch nicht."
Klang, klang, klang
"Aber du wirst es... eines Tages."


"Mathan?" Die Frage schreckte den Elb aus dem Gedanken, irgendwie war er nicht bei sich gewesen und schüttelte den Kopf. Sein Blick klärte sich und vor ihm standen Halarîn, Oronêl und Finelleth, die ihn erwartungsvoll anblickten. "Was", fragte er leicht verwirrt und zuckte mit den Schultern, "Ich war wohl etwas abwesend, tut mir leid."
"Oronêl fragte, wo es zu den Ringschmieden geht", wiederholte Finelleth und tauschte mit Halarîn einen Blick. Seine Frau hielt die Hand von Kerry, die sich eines der vielen kleinen Bildchen aus unzähligen Metallplättchen an den Wänden anblickte.
Mathan entschuldigte sich und zuckte mit den Schultenr, als nachgefragt wurde, was denn los gewesen sei: "Nichts worüber man sich Sorgen mache müsste." Dabei setzte er sich in Bewegung und führte seine Gefährten durch den selben Gang wie zuvor. Hinter ihm hörte er Finelleth mit Halarîn sprechen: "Was sind das für Bildchen?", fragte die Waldelbe an seine Frau gewandt.
"Das sind kleine Erzählungen, wie die Schmiede hier einzigartige Waffen schufen. Die meisten von ihnen exisitieren jedoch nicht mehr oder sind zu Legenden geworden, deren Namen man vergessen hat", sagte Halarîn leise und Mathan bemerkte, dass sie auf eine Berichtung von seiner Seite wartete.
"Eine Legende ohne Namen ist gestorben, das stimmt...", murmelte Finelleth nachdenklich und verstummte schließlich.
"Ich kenne einige Namen, aber sie würden euch nichts sagen. Die Schmiede Eregions waren nicht gerade für ihre Offenheit berühmt", merkte Mathan an und verfiel wieder in Schweigen. Sogleich kamen sie auch in der Mitte des ganzen Etage an, wo eine einzelne Wendeltreppe in die Tiefe führte.Um die Trepper herum waren dutzende Metallplättchen in den Boden eingelassen, die verschlungene Muster beschrieben. Mathan erkannte Gold, Silber, Platin und noch andere Metalle, die ihm gerade entfallen waren. Seine Ausbildung lag schon tatsächlich etwas länger zurück und er hat sie durch die Umstände auch nicht abschließen können. Leider war das nun schwer möglich, da Celebrimbor immer die letzte Prüfung beaufsichtigte, denn er wollte seine Schmiede kennen, die in den inneren Hallen arbeiteten. Flüsternd erklärte er Halarîn, dass dies die Hauptschmiede war und um den Berg herum noch dutzende kleinere Schmieden exisitierten. "Merkwürdige Zeichen...", murmelte Forath und blickte auf das riesige Mosaik, das zu ihren Füßen lag.
"Das kam erst nachdem ich fortgegangen bin...", sagte Mathan nachdenklich und fuchtelte mit der Fackel herum, "Lasst uns hinabgehen, dort wo einst nur Celebrimbor und ausgewählte Elben wandeln durften." Er vermied es Saurons Namen zu nennen und teilte die Gruppe ein, denn die Stufen waren so breit, dass drei Mann nebeneinander laufen könnten. Es war zwar etwas eng, aber man konnte sich dadurch besser verteidigen, falls unten der Eindringling lauerte. "Oder es schon wieder lange verlassen", murmelte er so leise, dass nur er selbst es hören konnte. Kurz dachte er an den Fremden, der in der Nacht an ihr Lager geschlichen kam, doch Mathan schüttelte rasch den Kopf. Wer sollte schon Interesse an einer verlassenen Schmiede haben. Zumindest redete er sich das ein, denn er mochte den Gedanken nichts, Fremde oder gar bösartige Gestalten hier drin zu haben. Er nickte Oronêl zu und scheuchte Kerry in die Mitte und wies sie an eine Waffe griffbereit zu haben. Halarîn spannte ihren Bogen und stellte sich neben ihre Tochter. Mathan, mit Oronêl und Finelleth an der Spitze ging zu dem Beginn der Wendeltreppe. Hinter ihm kam Celebithiel, zusammen mit Kerry und Aéd, dann Forath mit Halarîn. Dabei achtete Mathan darauf, dass seine Tochte hinter seinem Rücken blieb, egal was passierte, was ihr auch leise noch einmal einschärfte. Sein Blick fiel auf Adrienne, die die ganze Zeit über sehr still gewesen war, dass er gar nicht an sie gedachte hatte. Die Gondorerin bemerkte dies und blies beleidigt die Wangen auf. Gesellte sich aber dann zu Forath und Halarîn an den Schluss, wo sie über ihrer aller Rücken wachte.
Zufrieden nickte Mathan und gemeinsam betraten sie die Steinstufen, in denen elbische Schriftzeichen eingraviert waren. Sie erzählten eine kleine Geschichte über die Schmiede in Aman, diente aber auch gleichzeitig als Schutz davor, auf dem glatten Stein auszurutschen. Mit steigender Nervosität machte er den ersten Schritt auf den ersten Absatz der Wendeltreppe.
« Letzte Änderung: 28. Feb 2017, 00:20 von Curanthor »

Eandril

  • Moderator
  • Wächter der Veste
  • ***
  • Beiträge: 2.111
  • You're just second hand news
Re: Eregion
« Antwort #2 am: 7. Mär 2017, 19:51 »
Oronêl setzte als zweiter einen Fuß auf den staubigen Boden der Schmiede, nach Mathan und dicht gefolgt von Finelleth. Durch den geöffneten Eingang über ihnen fiel ein wenig Tageslicht herein, doch es reichte bei weitem nicht aus um das gesamte Gebäude zu erhellen. Inzwischen hatten sich die Augen der Elben gut an das schwache Licht gewöhnt, doch Kerry, Adrienne und die beiden Dunländer sahen weniger gut und sahen sich orientierungslos um. Die Fackel, die Mathan trug, warf ihren flackernden Schein über die Gruppe und darüberhinaus, und erhellte die seit Jahrtausenden verlassene Umgebung.
Rechts von ihnen, an der westlichen Wand, erhob sich ein gewaltiger Schmiedeofen von dem aus sich entlang der südlichen und nördlichen Wand zwei lange Arbeitstische hinzogen. Parallel zu den Tischen verliefen schmale, mit Wasser gefüllte Becken, die vermutlich früher zum Abkühlen des heißen Metalls gedient hatten. Im Licht der Fackel sah das Wasser beinahe schwarz aus. Direkt vor ihnen, im südlichen Teil des mittleren Raumes erhoben sich lange Regalreihen voller Schriften und Bücher - die jedoch die Schlacht und die lange Zeit seitdem nicht gut überstanden zu haben schienen. Gemessen an den Lücken in den Regalen musste auch gut die Hälfte der Schriftstücke fehlen.
Im nördlichen Teil des Raumes, den Bücherregalen gegenüber, standen viele kleinere Regale und Schränke, die, von dem was Oronêl erkennen konnte, wohl Werkzeuge und Formen zum Schmieden beinhaltet hatten. Auch dort herrschte große Unordnung, und viele Werkzeuge lagen zerbrochen und beschädigt auf dem staubigen Boden.
Oronêl hatte im Eingangsbereich der Schmiede ebenfalls eine Fackel ergriffen, und entzündete sie nun an Mathans Fackel. Währenddessen deutete dieser mit einer ausholenden Bewegung auf den westlichen Teil der Schmiede.
"Dies war die große Schmiede von Eregion, in der die meisten von Celebrimbors Schülern und Helfern arbeiteten", erklärte er.
"Ziemlich beeindruckend, was sie aus den Anfängen gemacht haben...", sagte Oronêl leise. "Schade, dass es nicht lange Bestand hatte." Mathan warf ihm einen verwunderten Blick zu. "Du warst schon einmal hier?"
Oronêl nickte langsam. "Nun ja, nicht hier", sagte er dennoch. "Aber ich war in Eregion, kurz nach seiner Gründung. Wir hatten in Lórinand davon gehört, dass sich Elben auf der anderen Seite des Gebirges angesiedelt hatten, und Amdír wollte sie besuchen. Wir haben sogar kurz mit Celebrimbor selbst gesprochen, doch, wenn ich ehrlich sein soll, wir haben uns nicht sonderlich gut verstanden. Wir kamen den Noldor hier wahrscheinlich ungeschliffen und ungebildet vor, und sie erschienen uns hochfahrend und arrogant."
"Ich hoffe, dieser Eindruck hat sich durch neuere Erfahrungen nicht bestätigt", meinte Celebithiel mit einem Augenzwinkern, und Oronêl lächelte. "Nein, keineswegs."
Er ließ einen Blick durch die große Schmiede schweifen. "Ich nehme nicht an, dass das unser Ziel ist?" Mathan schüttelte den Kopf, und deutete zur anderen Seite, nach Osten.
"Nein, die Ringschmiede ist dort... hinter dieser Wand." Er zögerte, und wirkte ein wenig unsicher. "Das ist... merkwürdig. Diese Wand gab es früher nicht."
"Wenn man einen Ort sehr lange nicht gesehen hat, verändert er sich in der Erinnerung. Vielleicht hast du nur vergessen, dass die Ringschmiede von einer Mauer abgetrennt wurde?", vermutete Oronêl, doch eigentlich wusste er, dass es so nicht sein konnte. Die Ringschmiede war für Mathan ein Ort wie Cerin Amroth für ihn selbst: Ganz gleich, wie lange sie nicht dort gewesen waren, die Erinnerung würde niemals verblassen und Veränderungen würden ihnen immer auffallen - und seien sie noch so klein.
Wie erwartet schüttelte Mathan auch den Kopf. "Nein. Ich kenne die Schmiede wie mich selbst, und an so etwas würde ich mich erinnern."
"Wie auch immer diese Mauer dorthin gekommen ist", sagte Oronêl, und spürte, wie ihm unwillkürlich ein leichter Schauer den Rücken hinunterlief. Irgendetwas hier war nicht so, wie es sein sollte, die Atmosphäre war drückend und der Ring in seiner Tasche schien von Augenblick zu Augenblick schwerer zu wiegen. "Wir müssen hindurch und in die Ringschmiede."

Er und Mathan begannen die Wand von Norden und Süden im Schein ihrer Fackeln nach Schwachstellen oder einer Tür abzusuchen, während die anderen unterhalb der Treppe warteten. Es wurde wenig und leise gesprochen, denn hier im unteren Teil der Schmiede hatte man das Gefühl, in einem Grab zu stehen. Schließlich glitten Oronêls Finger über eine schmale Vertiefung im kalten Stein, und er stockte. Kaum sichtbar zog sich eine Spalte durch die Mauer, von oben nach unten. In der Mitte des Spaltes, ungefähr auf Brusthöhe, war ein einzelner, großer Saphir eingelassen. Oronêl strich mit den Fingerspitzen darüber, und sagte: "Mathan. Ich glaube, ich habe etwas gefunden."
Mathan trat stumm neben ihn, und betrachtete den Spalt schweigend von oben nach unten. Dann legte er die Hand auf den Saphir, der unter seinen Fingern kurz aufzuleuchten schien, und das Tor schwang beinahe lautlos nach außen auf.
Mathan öffnete den Mund, schüttelte dann jedoch den Kopf und sagte nichts. "Meinst du, das hat etwas mit deiner Mutter zu tun?", fragte Kerry, die inzwischen mit den anderen zu ihnen getreten war, und Mathan lächelte schwach. "Könnte sein - ich weiß es nicht", erwiderte er. "Aber im Moment sollten wir uns darauf konzentrieren, diese Ringe loszuwerden."
Nacheinander betraten sie die Ringschmiede von Eregion.

In der Ringschmiede war es noch dunkler als im Vorraum oder der großen Schmiede, denn die geheimnisvolle Zwischenmauer sperrte das Sonnenlicht, dass durch den oberen Eingang fiel, komplett aus. An der Nordwand glaubte Oronêl zwei kleinere Schmiedeplätze zu sehen, während der Blick nach Süden durch weitere Bücherregale versperrt wurde. Oronêl fragte sich unwillkürlich, ob dort die fehlenden Schriften aus dem Hauptraum waren - und wer sie dorthin geschafft hatte, und warum.
Der Tür direkt gegenüber lag ein großer, kreisrunder Raum, doch eine Reihe weiterer Schränke versperrte den Blick hinein.
"Dort wurden die Ringe der Macht geschmiedet", sagte Mathan leise, und deutete nach vorne. "In diesem Raum hat es begonnen."
"Und für zwei von ihnen wird der Weg in diesem Raum enden", erwiderte Oronêl entschlossen, und ging voran. Zwischen zwei der Schränke war eine Lücke, breit genug dass eine Person hindurchgehen konnte. Als er hindurch trat, fand er sich in einem hohen, runden Raum wieder. Der Boden war, wie alles in diesem Teil der Schmiede, aus Stein, und entlang der drei übrigen Wände zogen sich große, ebenerdige Feuerstellen. An jedem Ende einer Feuerstelle stand ein gewaltiger Blasebalg, die von Hand bedient werden konnten, aber offenbar auch mit irgendeinem mechanischen System hoch über ihren Köpfen verbunden waren. In der Mitte des Raumes stand ein einzelner, steinerner Tisch, der alle Blicke unwillkürlich anzuziehen schien.
Mathan deutete auf die Mechanik über ihren Köpfen und sagte: "Soweit ich weiß, konnten die Blasebälge durch das Wasser des Baches oben angetrieben werden - wie so vieles hier. Doch ich weiß nicht, ob das System noch funktioniert."
"Wir werden sie von Hand betreiben", meinte Oronêl, und zwinkerte Forath und Aéd, die bislang ehrfürchtig geschwiegen hatten, zu. "Wozu haben wir zwei starke Menschen dabei?"
Mathan durchmaß mit schnellen Schritten den Raum, kniete neben der östlichen Feuerstelle nieder und fuhr mit der Hand durch die schwarzen Klümpchen, die darin lagen. "Brennstoff ist immerhin da... Das ist eine spezielle Art Kohle, die in Eregion hergestellt wurde", erklärte er. "Sie brennt lange, und nach einiger Zeit und wenn sie ordentlich angeheizt wird, viel heißer als gewöhnliches Holz oder Kohle. Leider ist das Geheimnis ihrer Herstellung mit dem Untergang verloren gegangen..."
"Wird es ausreichen?", fragte Finelleth, die neben ihn getreten war. Mathan nickte, und stieß seine Fackel mit einer raschen Bewegung in die Kohle. Einen kurzen Augenblick geschah nichts, bevor die Stückchen rund um die Fackel zu glühen begannen. Nach und nach setzte sich das Glühen kreisförmig fort, und nach kurzem Zögern tat Oronêl es Mathan am anderen Ende der Schmiede gleich. Für einen Moment wurde es dunkel in der Schmiede als das Licht beider Fackeln erstickt war, doch nach und nach begann die ganze Feuerstelle zu glühen und erhellte den Raum.
"Feuer hätten wir", sagte Mathan, und in seinen Augen spiegelte sich die Glut. "Wir müssen es nur noch anheizen, bevor wir..." Er verstummte, als von draußen, aus dem Vorraum, ein metallisches Klingen zu hören war.
"War das...", begann Kerry, doch auch sie stockte, als ein Laut durch die Schmiede hallte, der allen nur zu gut bekannt war: Das Quieken eines Orks.

Für einen Moment herrschte Stille, als alle lauschten, und Oronêl glaubte sein eigenes Herz schlagen zu hören. Dann war ein weiteres metallisches Geräusch zu hören, und es war Forath, der als erster handelte. "Da draußen in der Dunkelheit sind wir nicht von Nutzen", sagte er, und warf seine Oberbekleidung ab. "Los, Aéd - wir werden die Blasebälge bedienen." Sein Sohn tat es ihm ohne zögern gleich, und mit nacktem Oberkörper traten sie an die Blasebälge links und rechts des Feuers.
"Gleichmäßig, und immer abwechselnd", wies Mathan sie rasch an, während die anderen Elben bereits ihre Waffen ergriffen und in Richtung der Treppe eilten. "Und hört erst auf, wenn es weiß glüht." Auch Adrienne hatte ihr Schwert gezogen, blieb aber neben dem runden Tisch stehen, während Oronêl und Mathan als letzte die Ringschmiede verließen.
Am oberen Ende der Treppe waren im Licht der Sonne, das durch den Eingang hereinfiel, mehrere Gestalten zu sehen. Einige Orks, aber auch bärtige Menschen, Dunländer, und ein Mann, der statt einem menschlichen rechten Arm, einen aus dunkel glänzendem Eisen hatte.
"Angbaug", erklärte Oronêl rasch. "Sarumans Botschafter bei den Dunländern. Ich habe keine Ahnung wie sie uns gefunden haben, doch sie dürfen die Ringe nicht bekommen."
"Werden sie nicht", erwiderte Mathan, und befühlte die Schneide seiner Silmacil mit dem Daumen. "Du, Finelleth und Celebithiel werdet das untere Ende der Treppe verteidigen", schlug Oronêl vor. Sie mussten schnell handeln, denn ihre Feinde begannen bereits, die Treppe hinunter zu eilen. "Und wir beide", er nickte Halarîn zu, "werden sie von hier unten beschießen."
Alle anderen nickten zur Antwort entschlossen, und als die Verteidiger am Fuß der Treppe Aufstellung genommen hatten, hatten Oronêl und Halarîn bereits ihre ersten Pfeile abgeschossen. Zwei Orks fielen, einer stürzte über das niedrige Geländer und fiel quiekend in die Tiefe, während der andere auf dem Treppenabsatz zusammenbrach und von seinen Gefährten aus dem Weg geräumt werden musste. Oronêl stellte erfreut fest, dass der Bogen seiner Mutter alles hielt, was er versprach, die Sehne ließ sich schnell und ohne großen Kraftaufwand spannen und die Pfeile flogen gerade und schnell.
Schon bald bemerkte Angbaug die Gefahr, die von den Bogenschützen auf dem Boden ausging, und brüllte Befehle. Sofort sammelten sich einige Ork-Bogenschützen auf der oberen Galerie, die das Feuer erwiderten. Ein Pfeil schlug funkensprühend zwischen Oronêl und Halarîn auf dem Steinboden auf, und dann erreichten die ersten von Sarumans Dienern den Fuß der Treppe - wo Mathan, Finelleth und Celebithiel sie mit blitzenden Schwertern in Empfang nahmen.
Ein Orkpfeil verfehlte Oronêls Kopf nur knapp, und im nächsten Augenblick brach der Schütze mit einem Pfeil im Hals zusammen. "Habe ich dir eigentlich je gesagt, wie froh ich darüber bin, dich nach Lórien im Anduin gesehen zu haben?", fragte Oronêl Halarîn, ohne das Schießen zu unterbrechen. "Das warst du?", fragte sie zurück, und ließ nur sehr kurz den Bogen vor Überraschung sinken, bevor sie einen weiteren gezielten Schuss abgab. "Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, wer... Dann sollte ich vielleicht..."
"Dank mir nicht", unterbrach Oronêl sie. "Du und Mathan, ihr habt mir mit allem was ihr getan habt schon viel mehr gedankt als Worte es vermögen." Er griff hinter sich um einen weiteren Pfeil aus dem Köcher zu ziehen, doch seine Hand ging ins Leere. Im selben Augenblick hörte er ein Schreien neben sich, ließ den nun nutzlosen Bogen fallen und duckte sich vor dem Schlag des anstürmenden Orks instinktiv weg. Mit der rechten Hand riss er den Dolch vom Gürtel, und rammte ihn seinem Angreifer direkt unter dem Arm zwischen die Rippen. Der Ork fiel mit einem Stöhnen, doch Oronêl sah, wie weitere seinesgleichen die großen Säulen, die das obere Stockwerk trugen, hinunterkletterten. Offenbar war dieser nur mutiger als der Rest gewesen, und nun taten sie es ihm gleich.
"Oh, verflucht", stieß er hervor. "Mathan!" An der Treppe hatte sich die Lage ebenfalls verschlechtert. Zwar blockierten die Leichen der gefallenen Angreifer die übrigen, doch sie zwangen die drei Verteidiger auch, ein wenig zurück zu weichen. Dadurch wurden die Lücken zwischen ihnen gefährlich groß, und die Angreifer konnten ein wenig an Boden gewinnen.
Auf Oronêls Ruf hin sah Mathan zu ihm hinüber, folgte dann mit den Augen Oronêls ausgestreckter Hand zu den Orks, die die Säulen herunterkletterten. Er streckte einen anstürmenden Dunländer zu Boden, sagte dann rasch etwas zu Finelleth und Celebithiel, und wie ein Mann zogen sich die drei Verteidiger zu Oronêl und Halarîn an die Tür zur Ringschmiede zurück.
"Wir können uns hier draußen nicht halten", stieß Finelleth hervor, und Oronêl nickte. Zum Glück schienen die Angreifer von ihrem plötzlichen Rückzug zu überrascht zu sein um ihn wirklich zu nutzen, und sammelten sich nur am Fuß der Treppe und der Säulen. "Zurück in die Schmiede", sagte Celebithiel. "Wenn die Ringe zerstört sind, können sie sie nicht bekommen - das ist das einzig entscheidende."
Alle stimmten zu, und sie traten nacheinander durch die Tür zurück in die Ringschmiede. Jetzt gerieten auch die Angreifer in Bewegung, denn wie von Zauberhand begann die Tür langsam hinter den Elben zu zu schwingen. Für einen Moment glaubte Oronêl, sie würde sich ganz schließen, doch kurz vorher warfen sich zwei Orks verzweifelt quiekend zwischen die Türflügel und blockierten sie mit ihren Körpern.
"Einen Halbkreis hinter der Tür bilden", rief Mathan, und Oronêl, Celebithiel und Finelleth folgten seinem Kommando. Halarîn blieb ein wenig im Hintergrund. Sie hatte nur noch wenige Pfeile, doch sie konnte die übrigen Verteidiger noch immer unterstützen. Langsam wurde sie blockierte Tür wieder aufgezogen, und die Welle der Orks traf auf die dünne Linie der Verteidiger. Links von Oronêl streckte Celebithiel Ork um Ork mit raschen Schwerthieben nieder, während rechts von ihm Mathan mit seinen Silmacil Tod und Schrecken verbreitete. Auch unter Hatholdôrs Klinge starben viele, und ganz rechts hielt Finelleth die Angreifer in Schach, doch es kamen mehr und immer mehr. Anscheinend hatte Angbaug alle verbliebenen Dunländer unter seinem Kommandos und viele Orks aus Moria für dieses Wagnis zusammengezogen.
Schließlich stellte Oronêl fest, dass er inzwischen bereits drei Schritte zurückgewichen war, ebenso wie die anderen drei Verteidiger. "Wir müssen weiter zurück", schrie er über den Kampflärm zu Mathan. Sein Freund hatte ihr schleichendes Zurückweichen offenbar ebenfalls bemerkt, denn er nickte, während seine Klinge den Schädel eines Orks vom Kinn an nach oben spaltete. "Wenn die Schmiede heiß genug ist, können wir es schaffen!", rief er zurück.
Zu viert wichen sie langsam zurück, und der Halbkreis, den sie bildeten, hatte sich umgekehrt. Waren zuvor Celebithiel und Finelleth noch auf beiden Seiten von Mathan und Oronêl aus leicht nach vorne versetzt gewesen, bildeten nun diese beiden den vordersten Teil ihrer Formation, und die beiden Kriegerinnen waren ein wenig nach hinten zurückgefallen um ihre Flanken zu decken. Schließlich erreichten sie die Regalwand, die die eigentliche Ringschmiede vom Rest des Raumes abtrennte. Einer nach dem anderen zogen sie sich durch die schmale Lücke zurück, zuerst Halarîn, gefolgt von Finelleth, Oronêl, Mathan, und zuletzt Celebithiel, die noch zwei übereifrige Verfolger mit ihrem Schwert niedergestreckt hatte. Der letzte starb durch einen von Halarîns letzten Pfeilen, den sie haarscharf an Celebithiel vorbei durch die Lücke direkt in die Kehle eines großen Dunländers verschossen hatte.
Drinnen warf die hellorange Glut der Schmiede ein gleichmäßiges Licht durch den Raum. Aéd und Forath pumpten noch immer, abwechselnd und gleichmäßig, obwohl ihnen der Schweiß in Bächen über die nackten Oberkörper lief.  Vor ihnen standen Adrienne und Kerry, beide blass aber entschlossen, Adrienne mit ihrem Schwert und Kerry mit einem Dolch in der Hand. Oronêl hätte gern mit ihnen gesprochen, sie beruhigt, doch dazu war keine Zeit. Sie würden es so durchstehen müssen.

"Wir können die Lücke zu zweit verteidigen", meinte Finelleth. "Immer abwechselnd zuschlagen, und hin und wieder mit den anderen abwechseln."
"Irgendwann werden sie auf die Idee kommen, die Schränke umzustürzen", gab Halarîn zu bedenken, doch Oronêl sagte: "Wir haben keine andere Wahl. Hoffen wir, dass sie dazu lange genug brauchen, dass das Feuer heiß genug werden kann."
Als erstes bewachten Finelleth und Oronêl die Lücke, während Mathan einen Blick auf das Feuer warf. Sie schlugen jeden Versuch von Sarumans Dienern, die Lücke zu durchbrechen, mit raschen, blutigen Hieben zurück. "Wie steht es mit dem Feuer?", rief Oronêl irgendwann über die Schulter, und Mathan antwortete: "Beinahe so weit." Doch im nächsten Moment rief er: "Achtung!"
Eines der Regale erzitterte, dann noch eines, und dann stürzte eines nach dem anderen um, wirbelte Staub auf, und Papier und Werkzeuge flogen wild durch die Gegend. Oronêl wich zurück, und zog Finelleth gerade noch außer Reichweite eines umstürzenden Schrankes. Die Elben versammelten sich um den Schmiedetisch, auf dem vor vielen tausend Jahren die Ringe entstanden waren, die sie nun vernichten wollten, und über die umgestürzte Barrikade trat Angbaug.
"Gebt mir diesen Ring", sagte er leise und doch vernehmlich, und sein eiserner Arm glänzte im Schein der Schmiede dunkel. "Meinen Herrn Saruman verlangt danach, und wenn er ihn bekommt, wird er euch das Leben schenken. Was ist er schon... ein kleiner Ring, gegen euer aller Leben?"
Niemand rührte sich, und Oronêl packte Hatholdôrs Griff fester. In diesem Moment war er stolz auf seine Freunde, jeden einzelnen von ihnen, denn niemand schien auch nur einen Herzschlag lang über Angbaugs Angebot nachzudenken. Jeder von ihnen war bereit zu Sterben, um diese Ringe zu vernichten.
Als keine Antwort kam, zuckte Angbaug nur mit den Schultern und sagte: "Nun, ich muss zugeben, dass es so auch viel mehr Spaß macht."
Im gleichen Moment geschahen zwei weitere Dinge: Von hinten rief Forath: "Bereit!", und Angbaug befahl seinen Truppen den Angriff.

Oronêl versuchte, ebenso wie Finelleth, zur Schmiede zu gelangen, doch es war hoffnungslos. Die Orks schwärmten nach allen Seiten durch die Ringschmiede aus, griffen erbarmungslos an und schnitten ihnen den Weg zum Feuer ab. Aus den Augenwinkeln sah Oronêl, wie Forath und Aéd ebenfalls zu den Waffen greifen mussten, um sich zu verteidigen. Auch Halarîn hatte ihren Bogen durch ihr Schwert ersetzt und kämpfte nun gemeinsam mit Mathan und Adrienne und verteidige Kerry. Die Klinge schimmerte blau, und gab einen merkwürdigen Kontrast zu dem hellrötlichen Licht der Schmiede.
Das Schmiedefeuer verbreitete allmählich Hitze im ganzen Raum, vermutlich da die Abluftanlagen ebenso wie die Blasebalgmechanik nicht funktionierten, und Oronêl spürte  Schweiß von seinen Schläfen tropfen, obwohl sie gemessen an anderen Schlachten noch nicht allzu lange gekämpft hatten. Er schlug einem Ork den Kopf von den Schultern und sah sich plötzlich Angbaug gegenüber, der herausfordernd ein großes, hässlich gezacktes Schwert hob. Bevor Oronêl jedoch den Kampf annehmen konnte, sprang Forath, das mit Orkblut beschmierte Schwert in der Hand, zwischen sie und rief: "Überlass' den mir, und erfülle deine Aufgabe!" Oronêl zögerte einen kurzen Moment, doch Forath stürzte sich mit einem Kampfschrei auf Sarumans Diener und drängte ihn einige Schritte zurück. Oronêl wandte sich zur Schmiede an, die noch immer weißglühte und offenbar heiß genug war, einen Ring zu schmelzen, und schlug zwei Orks, die ihm den Weg versperrten, nieder.
Doch gerade als er vor der Glut stand, gellte ein wortloser Schrei, voller Entsetzen, Wut und Trauer durch den Raum. Es war Aéd, der geschrien hatte, und als Oronêl seinem Blick folgte erkannte er, warum. Forath hatte seinen Kampf gegen Angbaug verloren. Sarumans Diener hatte ihm sein hässliches Schwert mitten durch den bloßen Oberkörper gerammt, und zog es jetzt mit einem Ruck, der Foraths Blut über den Boden sprühen ließ, wieder hervor. Der Häuptling der Dunländer presste die Hände auf die schreckliche Wunde, taumelte und brach mit dem Rücken am Schmiedetisch auf dem Boden zusammen.
Angbaug wandte sich wieder Oronêl zu, und kam mit langsamen Schritten auf ihn zu, während Aéd hinter ihm mit verzweifelter Wut gegen einen der wenigen Uruks kämpfte. "Die Verräter werden bestraft", sagte Angbaug leise und doch über den Kampflärm hörbar. "Und Saruman bekommt, was ihm zusteht. Gib ihn mir, Elb."
Oronêl warf einen raschen Blick durch den Raum, doch alle seine Gefährten kämpften ein gutes Stück entfernt gegen die Orks, und konnten ihm nicht helfen. Nur Aéd, der seinen Gegner schließlich zu Boden geschickt hatte, war in der Nähe, doch Oronêl glaubte nicht... sein Blick traf den des jungen Dunländers, und einen Moment lang verstanden sie einander ohne Worte. Angbaug streckte die linke, menschliche Hand aus, als Oronêl die Axt senkte und langsam den Ring aus der Tasche zog.
Sarumans Botschafter verzog das Gesicht zu einer Maske des Grinsens, die sich in Überraschung verwandelte, als Oronêl ihm den Ring tatsächlich entgegen warf. Doch der Wurf war etwas zu kurz, Angbaug musste sich vorbeugen, und in diesem Moment schlug Aéd, der unbemerkt herangekommen war, zu. Er führte einen mächtigen, beidhändigen Hieb, dem man kein bisschen seine vorherigen Anstrengungen anmerkte und der nur von Wut und Rache angetrieben wurde, und schlug Angbaugs Hand, die sich gerade um den Ring schloss, direkt über dem Handgelenk ab.
Angbaug brüllte auf, und Aéd wirbelte, von der Wucht seines Schlages getragen herum und rammte ihm das Schwert zwischen die Rippen - unter dem erhobenen, ausgestreckten Arm, wo die Rüstung verwundbar war. Die Klinge drang tief ein, und selbst wenn Aéd das Herz verfehlt hatte wusste Oronêl, dass Angbaug dem Tod geweiht war. Selbst falls das Herz unverletzt geblieben war, hatte das Schwert die Hauptschlagader durchtrennt, und Angbaug würde innerhalb der nächsten Minute verbluten.
"Die Verräter werden bestraft", sagte Aéd ruhig, während Oronêl sich nach Angbaugs abgeschlagener Hand bückte und Angbaug in die Knie brach. Mit einer raschen Drehung holte der Häuptlingssohn Schwung, und trennte Angbaug mit einem einzigen Hieb den Kopf von den Schultern. Der Körper von Sarumans Botschafter fiel lautlos auf die Seite, und Oronêl öffnete die Finger der abgeschlagenen Hand und nahm den Ring wieder an sich. "Und Saruman bekommt, was ihm zusteht", sagte er nachdenklich. Dann warf er den Ring ins Feuer.

Einen Moment lang geschah nichts, als wollte der Ring nicht schmelzen. Doch dann begann er zu glühen, weich zu werden, und schließlich zerfloss er zu flüssigem Gold, zwischen den Kohlen hindurch, und war fort. Ein schwaches Beben erschütterte den Raum, und ein kalter, dünner Schrei, voller Furcht und Entsetzen war zu hören. Die Orks hörten auf zu kämpfen und pressten die Hände gegen die Köpfe, als ob der Schrei ihnen Schmerzen bereiten würde. Auch Finelleth war auf die Knie gesunken, und Oronêl spürte, wie er selbst die Zähne zusammenbiss. Der Schrei wurde immer höher und höher, und gerade als Oronêl glaubte es nicht mehr auszuhalten, brach er ab.
Der Ring war fort, Schweigen senkte sich über die Schmiede - doch die Kälte, die Oronêl mit dem Schrei verspürt hatte, ließ nicht nach. Im Gegenteil, sie wurde trotz der Hitze des Feuers hinter ihm immer größer, und die Dunkelheit in der Schmiede draußen schien mit einem Mal undurchdringlich zu werden. Dann löste sich eine einzelne, große Gestalt aus der Dunkelheit, die einen schwarzen Mantel mit einer schwarzen Kapuze trug und ein langes, kalt schimmerndes Schwert in der Hand hielt. Der Neuankömmling schien die Dunkelheit selbst zu sein, und Oronêl wusste, was er vor sich hatte.
"Orks", zischte die Gestalt, und Aéd, Kerry und Adrienne ließen ihre Waffen fallen und pressten die flachen Hände auf die Ohren, um vor dieser Stimme zu fliehen. Auch Oronêl presste die Zähne zusammen, und die noch immer kniende Finelleth hatte die Arme um den Oberkörper geschlungen und wiegte sich mit geschlossenen Augen vor und zurück.  "Ich bin der Hexenkönig von Angmar, Saurons größter Diener", stieß die Gestalt weiter hervor. "Und ihr... seid meine Diener. Bringt mir mein Eigentum. Sofort!"
Der Hexenkönig schien Macht über die Orks zu besitzen. Eben noch hatten sie verängstigt auf dem Boden gekauert, und zuvor waren sie Sarumans, nicht Saurons Diener gewesen, doch jetzt griffen sie auf den Befehl des Hexenkönigs zu den Waffen und griffen die Elben erneut an.
"Faerwen!", schrie Oronêl, und Finelleth schlug die Augen auf, packte ihr fallengelassenes Schwert und war einen Herzschlag später auf den Beinen. Im selben Moment stand der Hexenkönig vor ihr, und führte einen mächtigen Schlag, den sie nur mit Mühe parieren konnte. Oronêl wollte zu ihr, ihr helfen, und aus den Augenwinkeln sah er, dass auch Mathan es versuchte, doch beide wurden von den Orks zurückgehalten, die ihnen ohne Rücksicht auf die eigenen Verluste den Weg versperrten. Der Hexenkönig drängte Finelleth, die sich nach Kräften wehrte, gegen die Wand der Schmiede, und es war nur eine Frage der Zeit, wie lange sie ihm noch widerstehen konnte. Oronêl schickte verzweifelt Ork um Ork zu Boden, doch werde er noch Mathan schafften es. Es war Aéd, der seinen Mut wiedergefunden hatte, der es als erstes zum Hexenkönig schaffte. Er führte einen Streich von hinten gegen die Beine des Hexenkönigs - oder die Stelle, wo bei einem Menschen die Beine unter dem Umhang gewesen wären. Doch sein Schlag ging durch den Mantel und den Hexenkönig wie durch Luft. Er verlor das Gleichgewicht, und der Hexenkönig versetzte ihm mit der gepanzerten Faust einen mächtigen Schlag gegen die Magengrube, der Aéd rückwärts schleuderte. Der junge Dunländer prallte gegen den steinernen Tisch und glitt an ihm neben seinem Vater bewusstlos zu Boden.
Der nächste Schlag des Hexenkönigs prellte Finelleth ihr Schwert aus der Hand, und mit dem Schwertknauf versetzte er ihr einen Hieb, der die Elbin gegen die Wand der Schmiede schleuderte, an der sie ebenfalls ohne Bewusstsein liegen blieb. Aus ihrer schlaffen Hand fiel etwas goldenes, hüpfte über den steinernen Boden, und blieb zwei Schritte von der Glut der Schmiede entfernt liegen. Oronêl streckte seinen letzten Gegner nieder, und trat zwischen den Hexenkönig und die Schmiede.
"Du wirst dieses Ding nicht bekommen", sagte er. Der Hexenkönig lachte, und es war das schrecklichste Geräusch, dass Oronêl jemals vernommen hatte. Doch dann spürte er Celebithiel neben sich, und sie sagte fest: "Du wirst ihn nicht bekommen."
Der Hexenkönig lachte erneut, und sagte dann: "Sehr gut... gib ihn mir, Mädchen."
Oronêl warf einen raschen Blick über die Schulter, und sah dort zu seinem Entsetzen Kerry stehen. Wie oder warum sie dorthin gekommen war, wusste er nicht. Doch sie stand dort, den Blick fest auf den Ring vor ihr auf den Boden geheftet.

~~~~

Ténawen, wisperte eine verlockende Stimme in Kerrys Hinterkopf. Während des Kampfes war sie untergetaucht, hatte sich in einem Winkel der Schmiede versteckt und abgewartet, voller Sorge darüber, was geschehen würde. Doch dann sah sie erst Aéd fallen, und dann Finelleth. Da hielt es sie nicht mehr in ihrem Versteck. Kerry lief los und duckte sich unter dem Schlag eines Orks hinweg. Überrascht von ihrer eigenen Wildheit zog ihr kleines Schwert eine blutige Spur über das Gesicht des Monsters und Kerry hastete weiter. Weiter, weiter! Da lag Finelleth, scheinbar unverletzt, doch ein Ork stand über ihr und hob seine Waffe, eine hässliche, stachelbesetzte Keule. Mit einem Aufschrei warf sich Kerry vorwärts. Ihr Schwert prallte von der Panzerung am Arm des Orks ab, doch sein Schlag ging daneben. Ehe einer der beiden reagieren konnte, sauste ein Pfeil Halarîns an Kerry vorbei und traf den Ork mitten in die Kehle. Gurgelnd brach er zusammen.
Ein heller Ton ließ Kerry herumfahren. Finelleth hatte etwas fallen gelassen. Der Ring, schoss es Kerry durch den Kopf. Sie machte unbewusst einen Schritt darauf zu und bekam kaum mit, wie Oronêl zwischen den furchterregenden Anführer der Orks und die Schmiede trat. Da liegt er, ganz nah am Feuer, dachte Kerry als sie näher kam. Alle Gedanken an Aéd oder Finelleth waren vergessen. Jetzt war sie ganz nah. Ihre Hand näherte sich dem Ring als sie vorsichtig den Arm danach ausstreckte und in die Knie ging. Ténawen, wisperte die Stimme. Und vor Kerrys innerem Auge tauchten verschwommene Bilder auf: Eregion stand in voller Blüte und wurde von einem neuen Volk bewohnt. Über die Wiesen Rohans galoppierten weiße Rösser. Und die Mauern Fornosts erstrahlten im neuen Glanz. Kerry ahnte, dass sie all diese Dinge wahr werden könnte, wenn sie den Ring nahm. Den Ring der Macht. Ihre Finger streiften das Gold. Sie war kurz davor, so kurz davor, ihn aufzuheben und auf den Finger zu stecken.... doch dann schreckte sie zurück. Es gab einen Preis, wurde ihr klar. Ihre Familie. Sie würde sie verlieren, wenn sie den Ring nahm. In einem Moment völliger Klarheit erkannte Kerry die Wahl, die vor ihr lag.
Und wie so oft handelte sie impulsiv. Sie ließ sich rückwärts fallen - und trat den Ring mit aller Kraft von sich. Einem goldenen Blitz gleich verschwand er in der Hitze des Schmiedefeuers.

~~~~

Drei, vier rasche Hiebe hatte der Herr der Nazgûl ausgeteilt, und Oronêl hatte schnell erkannt, dass er viel schneller als er und Celebithiel war. Es musste die Nähe seines Ringes sein, die den Hexenkönig so antrieb und beflügelte. Einen Schlag konnte er mit Hatholdôr parieren, doch die Wucht des Hiebes ließ seinen ganzen Arm ertauben, und der nächste schlug ihm die Waffe aus der Hand und ließ ihn zur Seite taumeln und zu Boden stürzen. Celebithiel, die von innen heraus zu leuchten schien, hielt einen Herzschlag länger durch als er, doch dann traf der Hexenkönig sie am Schwertarm. Sie ließ die Waffe fallen, und presste die Hand auf die Wunde - zwischen ihren Fingern quoll Blut hervor. Der Hexenkönig schrie, zuerst entsetzt, und dann triumphierend, und als Oronêl mühsam den Blick in Richtung der Schmiede hob, erkannte er den Grund dafür. Kerry hatte den Ring mit einem tritt ins Feuer befördert, doch die Glut war nicht länger heiß genug und die Kohle glühte nur noch in einem hellen Orange und nicht länger weiß. Der Hexenkönig machte einen Schritt nach vorne, an Celebithiel vorbei, doch im selben Moment sirrte etwas durch die Luft und sein schwarzer Umhang fing Feuer. Am anderen des Schmiedefeuers stand Halarîn, die dort ihren letzten Pfeil in Brand gesetzt und auf den Nazgûl abgeschossen hatte, und hinter ihr Mathan, der mit ganzer Kraft den Blasebalg auf und ab bewegte. Einen Augenblick stand der Hexenkönig stumm und wie erstarrt da, während sich das Feuer langsam über ihn ausbreitete und die Glut um den Ring mit jedem Stoß des Blasebalgs immer heller wurde, bis die Kohle schließlich wieder weiß glühte. Da stieß der Hexenkönig einen entsetzlichen Schrei aus, voller Verzweiflung, Wut und Entsetzen wie der zuvor, als der andere Ring geschmolzen war, und sein Ring glühte im Feuer auf, wurde weich, und zerschmolz. Der noch intakte Edelstein zerbrach, und verschwand zwischen den Kohlen.
Der Hexenkönig stand, und der Schrei dauerte an - einen Herzschlag, zwei, drei. Kerry lag vor der Schmiede auf dem Rücken, die Hände gegen die Ohren gepresst, und eine einzelne Träne lief aus ihrem rechten Auge. Und schließlich, mit einem Mal, endete der Schrei. Die brennenden Gewänder des Hexenkönigs sackten zusammen, als hätte die Macht, die sie aufrecht gehalten, sie verlassen, und das fahl schimmernde Schwert fiel klirrend zu Boden. Der Hexenkönig war nicht mehr, und dieses Mal würde er nicht mehr wiederkehren. Auch die Orks waren sämtlich tot oder geflohen.

Nach einem Moment der Stille rappelte Kerry sich auf, und ging langsam und mit steifen Schritten auf Mathan und Halarîn zu. Dann fiel sie Halarîn in die Arme, die ihr nur stumm über das Haar strich, ohne ein Wort zu sagen.
Oronêl zog sich trotz der Schmerzen in seinem Rücken über den blutigen, staubigen Boden zu Finelleth hin, sie noch immer zusammengesackt an der Wand lehnte, offenbar ohne Bewusstsein. Er zog sie sanft in seine Arme und rief sie leise an: "Faerwen! Faerwen!" Er strich ihr mit zwei Fingern über die feuchte Wange, von Tränen und Schweiß, und küsste sie leicht auf die Stirn. "Wach auf, Faerwen. Dein Feind ist dahingegangen, und er wird nicht wiederkehren. Deine Aufgabe ist erfüllt."
Finelleths Augenlieder flatterten, sie tat einen tiefen Atemzug, und blickte Oronêl ins Gesicht. "Vater, bist du..." Sie schloss die Augen, atmete tief durch und schien zu begreifen, wo sie war. "Nein, Oronêl. Haben wir gesiegt?"
"Das haben wir", bestätigte Oronêl, und spürte, wie ihn bei diesen Worten eine endlose Erleichterung durchströmte. "Für heute haben wir gesiegt - dank Kerry, und Mathan und Halarîn, und Celebithiel, Adrienne und Aéd und... Forath." Bei Foraths Namen zögerte er kurz, und spürte, wie ihn Müdigkeit überkam.
"Forath ist... verwundet worden", sagte er langsam. "Ich sollte zu ihm gehen." Finelleth nickte langsam, doch er konnte ihr die Schmerzen ansehen. "Ich komme einen Moment alleine zurecht. Geh nur."
Mühsam stand er auf, und ging langsam in die Mitte des Raumes zu dem steinernen Tisch hinüber, wo, Forath noch immer lag. Aéd kniete neben ihm, und hielt die Hände seines Vaters in seinen. Als Oronêl sich auf die andere Seite kniete, öffnete Forath kurz die Augen, und sah ihn an. Doch Oronêl konnte die schreckliche Wunde in seiner Brust sehen, und auch, dass Forath bereits Blut aus den Mundwinkeln geflossen war.
"Brigit hatte... das vorhergesehen", sagte Forath langsam und leise. "Aber sie... hat mich trotzdem... gehen lassen, denn... es musste sein. Und welcher... meiner Vorfahren kann sich... schon rühmen, zu... solchem Zweck... gestorben zu sein, he?" Er lachte kurz und erstickt, und das Lachen ging am Ende in einen Schmerzenslaut über. "Es tut... mir leid um sie... und die Kinder... aber... ich bereue... nichts." Mit bereits trüben Augen blickte er seinen Sohn an, und seine Mundwinkel verzogen sich noch einmal zu einem Lächeln.
"Auf Wiedersehen... mein Sohn. Jetzt... musst du... sie führen. Vereinige... sie... Vereinige... sie." Dann atmete Forath noch einmal rasselnd ein, und schloss die Augen. Und der Häuptling der Dunländer war tot.
Aéd schloss die Augen, und als er sie wieder öffnete, waren sie zwar voller Trauer, aber auch Entschlossenheit. "Ich werde ihn nach Hause bringen müssen, und dann..." Er schluckte, und Oronêl legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Und dann werde ich seinen letzten Wunsch erfüllen. Um jeden Preis."
Gerade als er ausgesprochen hatte, war aus dem Südteil des Vorraumes, der von Schränken und Regalen blockiert war, ein Geräusch zu hören. "Noch mehr Orks?", fragte Aéd, doch Oronêl schüttelte langsam den Kopf. Sein Blick fand Mathan, der sich aus der Umarmung mit Kerry gelöst hatte und langsam aufgestanden war.
"Das glaube ich nicht. Das... ist etwas anderes."
« Letzte Änderung: 7. Mär 2017, 20:05 von Eandril »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Der Schläfer
« Antwort #3 am: 7. Mär 2017, 21:38 »
Mathan hatte die Silmacil gerade in die Schwertscheiden zurückgestoßen und runzelte die Stirn. Der Kampf in der Schmiede war heftig gewesen und er hatte aufgehört zu zählen wie viele Gegner er getötet hatte. Sein Blick verharrte kurz auf den toten Häuptling und dessen Sohn. Aéds Blick war schwer zu deuten, als Mathan sich in Bewegung setzte. Ein weiteres Poltern ertönte aus dem dunkleren Bereich, der von Regalen dominiert war. Sofort zog er seine Ráneceti und winkelte die Waffen leicht an, aus dem Augenwinkel sah er Adrienne einen Schritt nach vorn machen. Der Kampf gegen den Hexenkönig hat sie stark verschreckt, dennoch schien sie bereit sein erneut zu kämpfen. Die meisten seiner Gefährten waren verwundet, so bedeutete er ihnen, dass er selbst die Lage überprüfen würde. Kurz drehte er sich um und sah, dass Halarîn sich um die Verwundeten kümmerte. Erleichtert fokussierte er sich auf die Dunkelheit. Die kurze Atempause tat ihm gut und so genoss er für einen Moment die Stille, welche aber erneut von einem Poltern unterbrochen wurde. Ein mettallisches Schleifen ertönte aus der Dunkelheit. Mathan spannte sofort seine Muskeln und die leisen Gespräche seiner Gefährten verstummten. Das Schleifen kam näher, Funken erschienen in der Dunkelheit und ließen eine schlanke Gestalt erkennbar werden. Mathan runzelte die Stirn, denn nach der Erscheinung des Hexenkönigs war dies nicht so beängstigend wie es eigentlich gewesen wäre.
"Räuber.... Diebe...", ertönte ein Krächzen. Die Stimme klang rau und so, als ob sie eine lange Zeit nicht gesprochen hatte, "Dunkelheit..."
Mathan hörte, dass sich seine Gefährten erhoben hatten, doch er hob den Arm um sie zurückzuhalten. Leise schlug er die Klingen seiner Schwerter einander und der verhüllte Schatten hob ruckartig den Kopf. "Diebe... Sterbt!", schrie die Gestalt nun und trat in den schummrigen Schein der Schmiedefeuer.
Zuerst erblickte Mathan eine schlanke Klinge, die eine enorme Länge aufwies, eine gepanzerte Hand umklammerte einen längeren Holzstab. Es sah aus wie ein Schwert auf einen Stock aufgesteckt. Rubine funkelten in dem Handschutz, der ebenfalls wie eine Klinge geformt war. Ein schmutziges, zerrissenes Tuch war um den Kopf gewickelt, was Mathan zuvor für eine Kapuze gehalten hatte. Vor ihm stand ein hochgewachsener Krieger in einem schwarzen, abgenutzten Lamellenpanzer. Tiefe Schrammen waren in das Metall gedrückt, dutzende Kerben und Kratzer prangten auf dem Metall. Dennoch schien es elbische Arbeit zu sein, so wie der Rest, der Waffen den der schwer gerüstete Krieger trug: Auf dem Rücken des Kriegers ruhte ein fein gearbeitetes Großschwert, eine Lanze daneben, an seiner Hüfte hingen auf der linken Seite zwei Schwerter, auf der rechten Seite baumelte ein Anderthalbhänder; in dem Schuppengürtel steckten drei Dolche.
Ehe irgendjemand reagieren konnte ging der Fremde sofort zum Angriff über. Er ist schnell, schoss es Mathan durch den Kopf als er mit gekreuzten Klingen den gewaltigen Hieb auf seinen Kopf abfing.
"Er werdet hier nichts finden... nur den Tod", wisperte der Krieger dumpf durch den Helm, den Mathan nun erblickte. Er wies nur zwei Schlitze auf, die ein Kreuz bildeten über Augen, Nase und Mund. Ein Fußtritt ließ Mathan zurückspringen, doch der Krieger war sehr erfahren und stach mit seiner Schwertlanze sofort nach. Die schlanke, lange Klinge zerschnitt Mathans ledernen Schulterpanzer und ließ ihn fluchen. Er rollte sich zur Seite ab und hieb mit beiden Händen nach den Beinen des Kriegers, der nun einen Hüpfer machte und dabei nach unten schlug. Instinktiv riss Mathan seine Ráneceti nach oben. Dann geschah Etwas, womit er nicht gerechnet hatte: Ein splitterndes Klirren ertönte. Feine Metallstücke regneten auf ihn herab. Einen Moment starrte Mathan fassungslos auf das zerbrochene Schwert in seinen Händen. Es war die unbeschädigte Waffe gewesen, die nun bis zum Heft zerbrochen war. Zu seinen Glück hatte er keine Splitter im Gesicht, doch war keine Zeit dazu sich darüber zu wundern, denn ein Fußtritt schickte ihn zu Boden. Die kalte Klinge des Kriegers legte sich auf Mathans Kehle. Halarîn stieß einen gellenden Schrei aus und legte alle Kraft in das eine Wort: "Nein!" Sie stieß Celebithiel beiseite und stürmte auf die beiden Kontrahenten zu, das blau funkeltende Schwert erhoben. Der fremde Krieger reagierte erneut sehr schnell und drehte sich sofort um und starrte in die silbernen Augen von Halarîn. Diese hieb nun wutentbrannt auf den Fremden ein, sodass beide Klingen funken stoben.
"In der... Dunkelheit... ich sehe... Licht", stieß der Gerüstete zwischen jeden Hieb hervor und wurde durch die wütende Halarîn zurückgetrieben. Scheinbar schien er überrascht, doch er fing sich rasch und blieb stehen. Mathan rappelte sich auf und warf die nutzlosen Schwerter beiseite, zwischenzeitlich ging der Fremde nun wieder zum Gegenangriff über und trieb Halarîn wieder zurück. Die Klingen wirbelten nur so umher, bis Halarîns silberner Schimmer in den Augen wieder erlosch, dennoch schaffte sie es den Krieger die Waffe aus der Hand zu schlagen. Plötzlich schrie seine Frau auf und hielt sich schützend die Arme vor dem Bauch. Eine verborgene Klinge im Armschützer des Kriegers schimmerte blutig, während dieser ruhig den Anderthalbhänder sog. Ein einzelner Blutstropen Halarîns löste sich von der Klinge und ließ Mathan rot sehen. Ein tiefes Knurren entrang sich seiner Kehle und Etwas schien in seinem Kopf zu platzen.

Halarîn taumelte zurück und ließ das Schwert fallen, sogleich erfasste sie ein kalter Hauch wie eine Welle, was sie aufblicken ließ. Mathans Gesicht war emotionslos erstarrt, mit weit aufgerissenen Augen sprang er vor und fing die Klinge des Kriegers ab, der sie angreifen wollte. Dabei spürte Halarîn die Kälte von ihrem Mann ausgehend und nahm ihre Hand von dem Bauch und stellte erleichtert fest, dass es nur ein oberflächlicher Schnitt war. Doch Mathan wirbelte nun wie wild umher und ließ dutzende Schläge auf den Fremden niederprasseln, der scheinbar jede Bewegung zu erahnen schien. Dabei bemerkte sie, dass ihr Mann oft den Griffstil wechselte, schließlich fügte er die Silmacil zu einer Klinge zusammen und stellte sich schützend vor sie.
"Niemand rührt meine Familie an", zischte Mathan feindselig und ging erneut zum Angriff über. Die Kälte mischte sich mit der Wärme der Schmiedefeuer was eine merkwürdige Mischung gab. Dennoch empfand Halarîn die Kälte nicht als furchteinflößend wie beim Hexenkönig. Der fremde Krieger hatte nun größere Mühe die Schlage abzuwehren und nach dutzenden Hieben und Paraden gewann Mathan langsam die Oberhand. Dabei bewegten sie sich so schnell, dass Halarîn feststellte, dass ihr Mann seine gesammte Erfahrung einsetzte. Jede Schritt war bewusst und kraftsparend, während das das Lied der Klingen hatte einen merkwürdigen Rhytmus gefunden hatte.

klang, klang, klang, Pause, klang, klang, klang, Pause, klang, klang, klang


Mathan keuchte und blockte einen Rückhandhieb des Kriegers, dessen Tuch immer weiter verrutschte. Die Kälte durchströmte nun seinen ganzen Körper und auf der Klinge des Fremden bildeten sich bei jeden Aufschlag feine Eiskristalle, die umhersprizten. "So kalt... so leblos...", wisperte der Krieger und taumelte für einen Moment. Mathan nutzt die Chance sofort und machte einen Ausfall auf die Beine, womit der Krieger stürtzte. Sofort rollte er sich über die Seite ab, trotz der Waffen auf den Rücken, dabei ließ der Kerl den Anderthalbhänder fallen und zog die zwei Schwerter. Mathan schnaubte und trennte die Silmacil, während sie sich einander umkreisten. "Mir geht's gut!", hörte er Halarîn beruhigend rufen. Sie befand sie weiter hinten bei Kerry, die ihr sorgenvoll die Hand hielt. Rasch blickte er wieder zu dem Fremden.
"Alles ist ... leblos", flüsterte dieser leise und taumelte erneut.
Mathan reckte das rechte Schwert und hob das Linke zum Stich, kurz wartete er einen Herzschlag. Dann stach er zu und schlug nach dem Kopf. Der Krieger duckte sich unter der einen Klinge und blockte die Zweite mit seinen beiden Schwertern. Mathan drehte sich an ihm vorbei, was ihn aus dem Gleichgewicht brachte, der Konter des Mannes ging fehl. Mathan stieß mit einem Rückhandhieb dem Krieger die Silmacil in die Rüstung, konnte sie aber nicht durchschlagen.
"Kälte... Flammen... eine Stadt", wisperte der Krieger erneut und ließ die Schwerter klirrend fallen. Er taumelte und hielt sich am Kopf, wobei das Tuch herunterrutschte. Der Helm war zur Hälfte verzogen und verbeult. Eine aufgebrochene Stelle an Augenpartie zog Mathans Blick an. Ein einzelnes Auge starrte ihn an. Es war milchig weiß und tot. "Leblos...", wisperte der Krieger erneut und zog langsam die Lanze von seinem Rücken. Mathan rann der Schweiß von der Stirn, was er schon eine lange Zeit nicht mehr gespürt hatte und brachte sich wieder zwischen den Krieger in seinen Gefährten.
"Egal was du vorhast, meine Familie und Gefährten wirst du nicht angreifen. Das ist eine Sache zwischen dir und mir... nicht wahr?", fragte Mathan nachdenklich und blickte zu Halarîn, die der Krieger wohl ernster verwunden könnte, wenn er denn gewollte hätte. Er bekam keine Antwort und packte seine Schwerter fester. Sogleich sprang der Krieger auf ihn zu und stach mit dem Speer nach seiner Brust. Mathan machte eine Drehung auf einem Bein und ließ die Lanze an sich vorbeizischen. Zeitgleich schlug er mit beiden Schwertern nach dem Kopf seines Gegners... und traf. Ein Ruck ging durch den Körper des Kriegers, der nach vorn fiel. Dabei löste sich der Helm und braunes Haar ergoss sich über die Lamellenrüstung. Sofort rollte sich der Krieger ab, verlor dabei aber die Lanze. Mathan erstarrte und zögerte kurz, doch die emotionslosen Augen ließen ihn instinktiv handeln.
"Alles verloren...", sprach der helmlos Elb nun und starrte mit totem Blick durch den Raum. Er runzelte die Stirn und tastete sich über das Gesicht und reckte dann die gepanzerten Hände nach Mathan. Doch dieser sprang vor und schlug mit der Breitseite der Silmacil gegen die Stirn des Elben. Dieser fiel zu Boden und regte sich nicht.

"Wer...", begann Halarîn doch sie verstummte sofort als sie in dem Schein der Schmeidefeuer das Gesicht des Elben erblickte, "Ioristion!"
Die braunen Haare lagen wild auf dem Boden, das Gesicht des Elben war auf der rechten Seite komplett verbrannt und doch war die Ähnlichkeit mit Mathan nicht zu übersehen. Die Augen des Elben flatterten, doch die milchigen Augen starrten noch immer emotionslos, als er langsam sprach: "Ioristion... das bin... ich."
Mathan setzte sich im Schneidersitzt neben den Elben und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Er seufzte leise und sagte leise: "Vielleicht erinnerst du dich an diesen Namen eher, Amarin."
Der Blick wurde langsam klar, jedoch nur in dem linken Auge. Der Schleier schwand langsam und der halb entstellte Elb runzelte die Stirn. "Amarin und...Irloê, nein Ringelendis", verbesserte er sich und riss nun das gesunde Auge auf. Es war die erste deutliche Gefühlsregung und er wollte sich erheben, doch Mathan hielt ihn zurück.
"Vater, es ist alles gut...", sagte er leise und bemerkte, dass Adrienne den Mund offen stehen hatte vor Erstaunen, "Es ist nicht alles verloren. Ich bin hier; deine Familie."
"Mein Sohn...", Die Stimme des Elben normalisierte sich und sein gesundes Auge fixierte Mathan, der nun mit feuchten Augen lächelte. Er nickte und blinzelte einzelne Tränen fort und half seinem Vater auf, der dabei das Großschwert zur Seite legte.
"Du bist groß geworden", war das Erste, was Amarin sagte und blickte zu Boden, "Und du hast meinen Geist vom Schatten befreit. Es tut mir leid, dass ich euch angegriffen habe. Mein Verstand war getrübt durch üble Zauber, doch die Liebe zu seinen eigenen Kind ist stärker als jeder Fluch", sprach der alte Elb und drehte sich halb zu Halarîn, "Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen, Mädchen." Die Elbe hatte inzwischen einen Verband um die Wunde gelegt und nickte nur als Zeichen, dass sie die Entschuldigung angenommen hatte. "Durch die Zerstörung der Ringe wurde ich aus meiner Starre gerissen. Und doch überrascht es mich, dich hier zu treffen... aber irgendwie auch nicht"
Mathan lächelte matt und legte seinem Vater eine Hand auf die gepanzerte Schulter. "Und ich dachte, du wärst nicht mehr am Leben. Wie-" Er wurde von Amarin unterbrochen, der noch immer sehr schwach wirkte: "Deine Mutter, sie hat mich gerettet und hierher gebracht. Leider konnte auch sie nicht helfen mit dem... Schatten." Mathans Vater warf einen Blick zu den restlichen Gefährten und fixierte mit dem gesunden Auge wieder seinen Sohn, als er erschöpft sagte: "Wir werden noch viel zu besprechen haben, aber ich muss ruhen, denn mein Geist ist noch immer getrübt. Ich will kein Risiko eingehen erneut in den Schatten zu fallen."
Halarîn legte Mathan eine Hand auf dem Arm, während er nickte und antwortete: "Wir werden reden wenn du soweit bist, Vater. Es ist schön, dass du hier bist."
Sogleich legte sich Amarin einfach auf dem Steinboden nieder und schloss die Augen, ohne sich um den Staub zu kümmern. Adrienne kam vorsichtig herüber und musterte den alten Elben, in durch Gesicht sich die Brandspuren zogen, die er sich irgendwo zugezogen hatte. Dennoch wagte sie nicht danach zu fragen, auch wenn Mathan ahnte, woher diese Verwundung stammte.
"Was bedeutet "Ioristion", fragte ihn seine Schülerin schließlich und kam somit Kerry zuvor, die offensichtlich ebenfalls etwas fragen wollte.
"Sohn der Alten Lehre", antwortete er leise und blickte in das Gesicht seines Vaters. Abgesehen von der Brandwunde wirkte der Elb friedlich, wenn sich auch Sorgenfalten um die Mundwinkel des Elben gegraben hatten. Nachdenklich strich Mathan über das Amulett seiner Mutter und fragte sich, was sie wohl sonst noch vollbracht hatte, von dem er nichts ahnte.

Fine

  • Moderator
  • Wächter der Veste
  • ***
  • Beiträge: 2.143
  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Auswirkungen
« Antwort #4 am: 8. Mär 2017, 13:47 »
Kerry blickte staunend zu Mathan hinüber, der seinen Umhang zusammengerollt hatte und den Kopf seines Vaters sachte darauf bettete. Sie hatte nur wenige Augenblicke des Kampfes der Elben mitbekommen, doch sie war froh, dass Mathan seinen Vater nicht getötet hatte und dass keiner der beiden ernsthaft verletzt worden war. Die Schrecken der Ereignisse an der Schmiede lastete jedoch noch immer auf Kerry, auch wenn nun erst einmal Ruhe eingekehrt zu sein schien. Sie fühlte sich unwohl in dem großen Raum, der von der schwindenden Glut der Schmiede nur noch wenig erhellt wurde. Halarîn kam zu ihr hinüber und nahm Kerrys Hand und drückte sie. "Es ist vorbei," sagte die Elbin tröstlich. "Wir haben es geschafft."
"Der Ring ist fort," sagte Kerry leise. "Er war... zum Greifen nahe, und fast hätte ich ihn genommen. Ich weiß nicht, was dann geschehen wäre - ob ich ihn dem Schatten gegeben hätte, oder behalten hätte; ich weiß es nicht."
"Das musst du auch nicht wissen. Ich bin stolz auf dich, Morilië. Du hast das Richtige getan."
Kerry ließ den Blick über die toten Orks schweifen und verzog das Gesicht. "Dieser Ort ist ein Ort des Todes. Wir sollten hier nicht bleiben," meinte sie.

Sie löste sich von Halarîn und ihr Blick blieb an Aéd hängen, der neben seinem gefallenen Vater kniete und stumm zu Boden blickte. Vorsichtig ging Kerry zu ihm hinüber und legte ihm die rechte Hand auf die Schulter. Sie spürte, wie sein Körper vor unterdrückter Trauer erzitterte.
"Es tut mir so leid," sagte sie leise und traurig. "Er hat dieses Schicksal nicht verdient."
Aéd blickte zu ihr auf und in seinen Augen lag ein Ausdruck, den Kerry nicht ganz verstand. "Nein, Kerry. Es war seine Wahl, herzukommen. Er... war ein großer Anführer und ein mächtiger Krieger. Und er hat mir eine schwere Bürde hinterlassen. Ich muss ihn nach Hause bringen, und dann..." er brach ab.
"Wenn es deine Wahl ist, wirst du Foraths Erbe antreten," sagte Oronêl, der lautlos hinzugetreten war. "Und ich werde dir meine Hilfe anbieten, solltest du sie annehmen. Auch ich habe nun eine Schuld Forath gegenüber."
Aéd straffte sich und stand auf. Dann ergriff er Oronêls angebotene Hand. "Ich werde deine Hilfe nicht ausschlagen, Oronêl. Danke, Freund." Sein Blick streifte Kerry, die ihm ein ermutigendes Lächeln schenkte, trotz all der Schrecken, die sie gesehen hatte. Und in diesem Moment kam es ihr so vor, als würde ein Teil der lähmenden Trauer von Aéd abfallen.

Finelleth lehnte mit dem Rücken gegen die steinerne Wand und betastete vorsichtig ihren geschundenen Körper. Der Angriff des Hexenkönigs hatten einen tiefen Schnitt auf ihrer Wange hinterlassen. Kerry kniete sich neben die Waldelbin und tupfte das Blut vorsichtig mit einem Stück Verband weg, den Halarîn ihr gegeben hatte. "Wie fühlst du dich?" fragte sie Finelleth mitfühlend.
"Als wäre eine Horde Höhlentrolle über mich hinweg getrampelt," antwortete Thranduils Tochter. "Hab' mich schon besser gefühlt. Aber das wird schon wieder." Ein kleines, tapferes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
"Komm, ich bring' dich hier raus," schlug Kerry vor.
"Gute Idee," sagte Finelleth. "Kann's kaum erwarten, wieder an der frischen Luft zu sein."
Kerry stützte die Elbin und sie folgten Oronêl, Adrienne und Celebithiel durch die alte Schmiede bis nach draußen, wo sie Spuren der Orks fanden, die sich vor dem Eingang zum Angriff gesammelt hatten. Doch als Kerry Finelleth vorsichtig im weichen Gras absetzte hörte sie, wie Oronêl und Celebithiel ihre Waffen zogen und schreckte hoch. Ein grauenvolles Geräusch ertönte als hinter einer der verfallenen Ruinen der Elbenstadt eine geflügelte Bestie auftauchte.
"Das muss das Reittier des Hexenkönigs sein!" rief Oronêl. "Gebt acht, es kommt näher!"
Adrienne stellte sich neben ihm, das Schwert fest in beiden Händen. "Ich kenne diese Viecher," stieß sie zwischen zusammgebissenen Zähnen hervor. "Achtet auf seinen Schwanz, falls es damit zuschlägt!"
Kerry stellte sich schüzend vor Finelleth und hielt ihr Schwert in Richtung des albtraumhaften Wesens. Die Bestie richtete sich zu voller Größe auf und spannte die ledernen Flügel weit. Ein drohendes Knurren ertönte als das Tier sein Maul öffnete und die spitzen Zähne zeigte. Doch noch machte es keine Anstalten, die Elben anzugreifen.
"Sein Meister ist fort, das muss es durcheinander gebracht haben," vermutete Celebithiel, deren silberne Rüstung noch immer vom schwarzen Blut der Orks befleckt war.
"Geben wir ihm keinen Grund, uns anzugreifen," rief Oronêl und bewegte sich langsam und vorsichtig in Richtung des Eingangs, durch den sie gekommen waren. Das Reittier kam einen Schritt näher und musterte die kampfbereiten Elben einen langen Augenblick. Dann stieß es ein Brüllen aus und schwang sich mit einem riesigen Satz in die Luft. Dreimal kreiste es über der Schmiede, ehe es in nordwestlicher Richtung fliegend verschwand.

Kerry atmete erleichtert auf. Sie hatte befürchtet, dass es erneut zum Kampf kommen würde. Und Oronêl und Celebithiel waren vom Gefecht in der Schmiede erschöpft und verletzt. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie die Sache ausgegangen wäre.
"Das war knapp," rief Oronêl.
"Zu knapp," murmelte Finelleth, die noch immer im Gras saß und trotz ihres Zustandes ein Wurfmesser in der Hand hielt.
"Ich bin froh, dass dieses Untier fort ist," sagte Kerry, gerade als Halarîn mit gespanntem Bogen durch den Eingang geeilt kam. Mit einem Blick erfasste die Avari-Elbin die Lage und nahm den Pfeil wieder von der Sehne.
"Wir haben drinnen ein Brüllen gehört," rief sie atemlos. "Was ist geschehen?"
Oronêl erklärte ihr, was sich zugetragen hatte. "Wir haben Glück gehabt," schloss er. "Wo sind Mathan und sein Vater?"
"Noch immer bei der Schmiede," antwortete Halarîn. "Wir werden einige Zeit hier bleiben, bis Amarin sich wieder soweit erholt hat, dass wir ihn fortbringen können."
Kerry verzog das Gesicht. "Ich mag diesen Ort nicht," sagte sie leise. "Ich würde gerne woanders auf nésa und ihr Volk warten - gibt es hier in der Elbenstadt kein Haus, wo wir uns aufhalten können?"
"Ich fürchte, hier hat seit Jahrtausenden niemand mehr gelebt," sagte Celebithiel. "Die Schmiede ist wohl das einzige Gebäude, das noch halbwegs erhalten ist."
Aéd erschien im Eingang und trug seinen gefallenen Vater über der Schulter. Kerry fiel erstaunt auf, wie stark der junge Wolf war. Er legte Forath vorsichtig auf einem großen flachen Felsen ab und kam dann zu Kerry hinüber. "Du könntest mit mir kommen," schlug er dann vor. "Mich für ein paar Tage nach Dunland begleiten. Oronêl wird auch gehen, und er kann dich anschließend wieder hierher bringen."
Kerry suchte Halarîns Blick, und als diese zustimmend nickte sagte sie: "Das ist eine schöne Idee, Aéd."
"Bis du wieder hier bist wird sich Mathans Vater bestimmt erholt haben," sagte Halarîn. "Aber bleib nicht zulange weg, hörst du? Und du -" sie tippte Aéd energisch auf die Brust, "Komm ja nicht auf dumme Gedanken, hast du verstanden?"
"Wie meinst du das?" fragte Kerry verwundert, doch gleichzeitig sagte Aéd ernst: "Du hast mein Wort, Edle." Er machte eine kurze Pause und sagte: "Wir sollten sowieso etwas rasten ehe wir aufbrechen. Ich glaube, ehe wir uns nicht einige Stunden ausgeruht haben, ist keiner von uns in der Lage, große Strecken zurückzulegen."
"Du hast recht," sagte Oronêl.

Ein angenehm kühler Wind rauschte durch Kerrys Haar und verwirbelte es, während er den Gestank von Tod und Schrecken davonwehte. Keine Wolke zeigte sich am blauen Himmel und die helle Sonne sorgte dafür, dass die Schatten aus ihren Gedanken verschwanden. Der Ring war fort, und mit ihm war einer der mächtigsten Diener des Dunklen Herrschers für immer in die ewige Leere verbannt worden. Doch der Preis war hoch gewesen. Als Kerry an Foraths Familie dachte, verspürte sie einen Stich in ihrem Herzen. Was würden Lynet und die kleine Eryn sagen, wenn sie vom Schicksal ihres Vaters hören würden? Kerry wollte es sich gar nicht vorstellen. Umso wichtiger war es nun, dass sie Aéd begleitete, und ihm half, die traurige Nachricht zu überbringen und seiner Familie Trost zu spenden. Und genau das werde ich tun, dachte sie entschlossen.


Oronêl, Finelleth, Kerry, Celebithiel und Aéd nach Dunland
« Letzte Änderung: 8. Mär 2017, 14:19 von Fine »
RPG:

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Familienangelegenheiten
« Antwort #5 am: 8. Mär 2017, 22:13 »
Nachdem die restlichen Gefährten die Schmiede verlassen hatten, blieben Mathan, Halarîn und Adrienne recht schweigsam. Sie blickten hin und wieder mit einer gewissen Sorge in den Augen zu Amarin, der noch immer schlief. Mathan hatte inzwischen in einer Kiste im den dunkleren Teil der Schmiede dutzende Fackeln gefunden. Sorgsam entzündete er sie und erhellte somit die finsteren Teile der untersten Etage. In der Zwischenzeit war Halarîn mit Adrienne kurz nach oben geeilt weil sie Etwas gehört hatten, kehrte aber nach einer kurzen Zeit wieder zurück. Etwas überrascht blickten sie sich um und lächelten darüber, dass es nun hier unten heller war als zuvor. Adrienne suchte sich sofort etwas Beschäftigung und beseitigte die dutzenden Leichen der Orks und Uruks. Ächzend zog sie die leblosen Körper in eine nicht genutzte Ecke, wobei sie immer darauf achtete, nicht ihre Hände zu sehr zu beschmutzen. In einer kurzen Pause blickte sie zu ihren Lehrer herüber, der gerade die letzten Fackeln an die Wände hängte. "Was sollen wir mit dem Haufen machen? Hier liegenlassen geht wohl schlecht", fragte die Gondorerin und packte einen weiteren Ork. Mühsam zog sie den Körper über den Boden und hievte ihn auf einen der Haufen, die sie bereits aufgestapelt hatte. Mathan dachte kurz nach, wurde aber von einem tiefen Seufzen abgelenkt. "Er wacht auf!", rief Halarîn erleichtert und legte das Buch zur Seite, in dem sie zuvor blätterte.
Die Drei versammelten sich um den alten Elben, der blinzelte und mühsam die Augen öffnete. Er räusperte sich dreimal, bis er hervorbrachte: "Wo bin ich?"
Mathan und Halarîn blickten sich kurz an, doch Adrienne antwortete schneller: "Noch immer in der Ringschmiede, es ist eine kleine Weile schon vergangen."
"Ah, jetzt erinnere ich mich wieder. Mathan...", Amarin richtete sein gesundes Auge auf seinen Sohn und blickte ihn lange an, "Schmeiß den Abfall aus meiner Schmiede, nutz dafür die zwei Öfen an der Nordwand."
Es war Adrienne, die nickte und sogleich aufsprang um die beiden Schmiedeöfen zu befeuern. Dafür nahm sie jeweils eine Schaufel aus den großen Schmiedefeuer, die noch immer warm glühten. Während sich das Mädchen nun um die Beseitigung der Leichen kümmerte, setzte sich Amarin stöhnend auf und griff nach seinem zerrisenen Tuch. Mathan schwieg und schob seine Glücksgefühle nach hinten, denn er spürte, dass sein Vater noch immer sehr durcheinander war. Dieser wickelte sich gerade das Tuch um den Kopf, verdeckte somit die rechte Gesichtshälfte und das zerstörte Auge. Die Haare ließ er in langen Strähnen über seine linke Schulter fallen und seufzte nun erneut tief. "So viel Zeit ist vergangen... der Schatten ist wirklich hartnäckig", sprach Amarin nun müde und ächzte erneut als er versuchte sich gerade aufzurichten, "Aber irgendwer muss ihn ja vertreiben, besonders wenn er meinen Geist so lange in einem Klammergriff hatte."
Halarîn warf ihrem Mann einen Seitenblick zu denn Mathan fühlte sich unwohl seinen eigenen Vater so schwach und gleichzeitig verwirrt zu sehen. Doch je länger dieser einen Monolog führte, umso klarer wurde er. Amarin nuschelte oft und wisperte stellenweise, ab und zu brach er mitten im Satz ab. Da es meist nur zusammenhangslose Gedanken waren, konnten sie ihm aber so oder so nicht folgen.
"Ioristion", sagte Halarîn vorsichtig und legte Amarin ein Hand auf die unverletzte Wange, "Dein Sohn ist hier."
Das Gerede Amarins verstummte sofort und er blickte sich erneut suchend um, mit der Frage, wo er denn sei. Mathan seufzte und Halarîn flüsterte ihm zu, dass sein Vater wohl größeren Schaden genommen hatte, als sie dachten.
"Das habe ich gehört!", rief Amarin plötzlich und schnaubte ungeduldig, "Kaum ist man etwas verwirrt, wird man direkt als krank abgestempelt."
Die Avari-Elbe lief rot an und entschuldigte sich sofort, was der alte Elb abwedelte, sein Blick fiel auf Adrienne, die gerade die ersten Orks in die Feuer warf. Der Gestank dabei blieb überraschenderweise aus, woraufhin Amarin grinste. "Eigentlich sollte das junge Ding sich nicht darum kümmern, aber gut... Wenigstens habe ich die zwei Öfen an das intakte Abzugssystem anschließen können, sonst wäre es unerträglich das zu tun."
"Vater...", begann Mathan und packte ihn an beide Schultern, "Geht es dir gut?"
Amarin seufzte erneut und sein Blick schien sich in der weiten Schmiede zu verlieren. Kurz herrschte eine kurze Stille, ehe der alte Elb anfing leise zu reden: "Ich war mir anfangs nicht sicher, aber jetzt denke ich...geht es mir besser." Das gesunde Auge fixierte Mathan und tatsächlich hoben sich etwas die Mundwinkel seines Vaters."Ich kann mir denken, dass du viele Fragen hast. Lass mich versuchen ein paar davon zu beantworten, immerhin hast du mich gerettet", sagte Amarin und nickte seinem Sohn zu, dabei fiel der Blick auf das Medallion aus der Eiswüste. Ein Ruck ging durch den Körper des Elben, der plötzlich die gepanzerte Hand auf Mathans Schulter legte. "Ringelendis, das ist der Name deine Mutter, sie hat mich gerettet aus dem flammenden Inferno. Nachdem die Stadt verloren war, spürte sie meine Not und eilte mir zur Hilfe. Hilf mit mal!", forderte Amarin seinen Sohn auf, der zögerlich dem Wunsch nachkam und dessen Armschützer und die Panzerhandschuhe abschnallte. Dabei sprach Amarin weiter: "Du fragst dich vielleicht, warum ich nicht zu dir gekommen bin. Das konnte ich nicht weil-"
"Vater, du musst dich nicht rechtfertigen. Ich weiß, dass du sehr gern mir geholfen hättest, aber es war dir unmöglich. Mutter hat dich offenbar zum eigenen Schutz hier eingesperrt, so wie ich das sehe... " Mathan blickte kurz zu der offenen stehenden Tür, "Der Saphir... und die Tatsache, dass du so lange in der Starre warst."
Sein Vater blickte ihn einen Moment an und Mathan meinte in dem sichtbaren Auge eine Träne glitzern zu sehen. Amarin lachte leise, es war zwar ein etwas freudloser Laut, doch man merkte, dass der alte Elb nun immer mehr von seiner alten Stärke zurückerlangte. "Ich sehe, dass du nicht auf den Kopf gefallen bist", sagte er schließlich und legte ihm die linke Hand an die Wange, "Deine Mutter und ich, wir haben gewusst, dass dieser Tag kommen wird. Irgendwann würde es dich hierherbringen oder in die Eiswüste, aber wir hätten nicht gedacht, dass du an beiden Orten auftauchen würdest."
Ehe Mathan fragen konnte, woher Amarin von der Eiswüste schlich sich ein Schmunzeln auf das Gesicht seines Vaters. Umständlich zog er ein Medallion unter der Lamellenrüstung hervor, das Mathan die Augen aufreißen ließ. Es war fast identisch mit dem, was er selbst besaß, nur war es aus Silber gefertigt, die Kette sogar aus Mithril.
"Woher habt Ihr das?", fragte Halarîn erstaunt und berührte das Schmuckstück, doch die erwartete Kälte blieb offenbar aus, denn sie runzelte die Stirn.
Amarin lachte, diesmal jedoch war ein ehrliches Lachen. "Nicht so förmlich, du bist ja schließlich Teil der Familie", antwortete er freundlich und hielt das Schmuckstück in den Schein der Flammen, "Das ist das Verlobungsgeschenk von Ringelendis. Die Kette besaß ich bereits, als wir uns trafen... aber ihr wollt ja wissen, woher ich von der Eiswüste bescheid weiß." Amarin ließ das Schmuckstück wieder unter seiner Rüstung verschwinden. "Als uns klar wurde, dass Ringelendis schwanger war, mussten wir auch damit rechnen, dass das jenes Kind wohl mit einer Bürde geboren werden würde."
"Welche Bürde?", fragte Halarîn sogleich voreilig und schüttelte sofort den Kopf, wobei sie rot anlief. Scheinbar war es ihr peinlich mit dem Vater von Mathan zu sprechen, was beide Männer schmunzeln ließ.
"Ich denke, das dürfte schon von selbst beantwortet sein", beantwortete Amarin dennoch die Frage und legte den Kopf schief, "Hast du dich denn nie gefragt was Ringelendis bedeutet."
"Ich bin nicht so gut in Sindarin", erwiderte Halarîn leise und blickte zu Boden.
"Na, kein Grund sich zu schämen. Es bedeutet-"
"Kalte Sternenfrau", unterbach Mathan seinen Vater und legte den Kopf schief, "Was bedeutet das genau? Darüber habe ich schon lange nachgedacht und ich kann mir darauf keinen Reim machen."
Amarin machte ein undeutbares Gesicht und schwieg, offenbar wollte er nicht weiter darüber sprechen und nickte zu der Ecke zu, die er bewohnte. Die beiden Elben verstanden und bugsierten den Elben vorsichtig zwischen die Regale hindurch ,die mit Büchern und Schriftrollen vollgestopft waren. Knapp an der Südwand stehend fanden sie ein Bett, auf das sie Amarin setzten, der sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnte. Mathan fiel ein einzelner Hocker auf, der direkt daneben stand. Vor seinem inneren Auge entstand ein Bild: Wie seine Mutter auf diesem Hocker saß und mit sorgenvollem Gesicht auf Amarin hinabblickte, der matt lächelte und sagte, er würde schon klar kommen. Die Berührung Halarîns schreckte ihn aus den Gedanken und er blickte zu seinem Vater, der wohl gerade etwas gesagt hatte. "Ich werde noch etwas ruhen, es dürfte draußen schon Nacht sein. Und richte dem Mädchen meinen Dank aus, sie ist wirklich fleißig meine Schmiede zu säubern." Mit den Worten legte sich Amarin auf dem alten Lager nieder und schloss die Augen. Mathan erblickte noch einige Habseligkeiten seines Vater,die an der Wand lehnte, dabei auch einige seiner selbst entwickelten Waffen. Schließlich zog er sich mit Halarîn aus Gründen der Höflichkeit und Respekt zurück. Sie gingen zurück zu der Ringschmiede wo Adrienne erneut eine Pause machte. Halarîn überbrachte Amarins Dank, woraufhin die Gondorerin strahlte und ein zufriedenes Gesicht machte. "Es ist zwar eckelhaft, aber wenn es Amarin glücklich macht, wiegt es das wieder auf.", sagte sie nur und streckte sich, während sie sich an den Tisch mit den Ringformen lehnte, "Was genau meinte er mit 'meiner Schmiede'"
"Er war der Oberste Schmied und ein Freund Celebrimbors. Mit seiner Erfahrung hätte Amarin eigentlich selbst die Schmiede leiten können, doch er verzichtete darauf, da er Verantwortung nicht sonderlich mochte", antwortete Mathan leise und blickte rasch zu den Bereich, wo sein Vater schlief, "Er mag es nicht wenn man ihn über ihn redet, aber ich denke, dass ich verraten kann, dass er ein enorm fähiger Handwerker ist."
"Das dachte ich mir schon anhand seiner Waffen", merkte Halarîn an und blickte auf die Schwerter und Klingen, die noch immer auf dem Boden lagen.
"Lasst uns morgen weitersprechen und eine Weile ruhen" Der Vorschlag von Mathan kam den beiden Frauen sehr gelegen, besonders Adrienne gähnte freudig und bereitete sich ihr Nachtlage in der nähe des warmen Schmiedefeuers. Sie legte sich weitab von den restlichen Leichen nieder und Halarîn tat es ihr gleich. Mathan übernahm die erste Wache und überlegte nicht das Tor zu schließen, befürchtete aber, dass er es nicht mehr von Innen öffnen konnte. So nahm er sich einen der Arbeitsschemel und setzte sich in den Eingang, dabei blickte er zurück und sah, dass Adrienne den gewölbten Bauch seiner Frau betastete. Eine Weile hörte er die beiden noch miteinander sprechen, doch irgendwann war die Gondorerin eingeschlafen. Mathan saß die ganze Nacht dort und weckte niemanden zur Ablösung, da er so oder so nicht zur Ruhe kommen konnte. Ihm gingen dutzenden Gedanken durch den Kopf. Er hatte so viele Fragen an seinen Vater, doch er vergaß die Hälfte, sobald er ihm gegenüber stand. Amarin schien das nicht zu stören, auch nicht, dass er nicht sonderlich Freude ausstrahlte. Sein Vater hatte sich in der Zeit kaum verändert. Neben den ganzen Sorgen und Gedanken schwirrte ihm auch der Kopf um Faelivrin, den nächtlichen Besucher von ein paar Tagen und die Andeutung seiner Tochter, dass sich Etwas tun würde. Ob das damit zusammenhängt?, fragte er sich im Gedanken und seufzte. Vielleicht würde er das noch bald erfahren und fragte sich stattdessen, was Kerry wohl gerade tat und ob die Dunländer sie in Frieden ließen. Nach seinen Berechnungen müsste aber Faelivrin ihnen bald mit ihren Gefolge über den Weg laufen. Schließlich war sie etwas langsamer mit so vielen Elben, wenn auch nicht so langsam wie ein großer Tross Menschen. Mathan schüttelte schließlich den Kopf, der förmlich rauchte und zog eines der Bücher aus den Regal, die offenbar sein Vater gerettet hatte. Neugierig strich er über den Einband ohne Beschriftung und schlug die ersten paar Seiten auf. Dort fand der Elb zu seiner Überraschung die Handschrift seines Vaters wieder: "Sternenstahl und dessen Verarbeitung", stand in dicken Lettern als erste Überschrift. Neugierig begann er zu lesen und tat die ganze Nacht lang nichts Anderes, da das Thema hochinteressant war. Als er das Buch aus der Hand legte, hörte er bereits die Stimme seines Vaters, der offenbar bei Halarîn und Adrienne war. Mathan runzelte die Stirn, dass er so sehr im Buch versunken war, hatte er gar nicht realisiert. Mit einem Lächeln trat er zu den Dreien, die ihm freundlich grüßten, wobei Halarîn ihm einen Kuss auf die Wange drückte.
« Letzte Änderung: 9. Mär 2017, 00:45 von Curanthor »

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Elbengespräche
« Antwort #6 am: 12. Mär 2017, 00:01 »
Amarin blickte Mathan eine Weile lang an, woraufhin Halarîn mit Adrienne einen Blick tauschte. "Du siehst besser aus als gestern", sagte Mathan schließlich leise und blickte in das Auge seines Vaters, "Das freut mich."
"Ja, dank eurer Hilfe", begann Amarin und blickte zur Seite,"Ich kann mich nun auch viel besser an die Dinge erinnern, die waren und selbst in der Zeit geschehen sind, als ich hier unten war. Dabei muss ich richtig stellen, dass ich nicht eingeschlossen war."
Seine Worte ließen sie überrascht dreinblicken, was Amarin schmunzeln ließ. Mathan hob fragend eine Augenbraue und legte den Kopf schief.
"Sieh mich nicht so an, Sohn", forderte Amarin ihn auf und strich sich über die verbrannte Hälfte des Gesichts, "Selbst als mein Geist von dem Schatten getrübt war, so hatte er nie lange die volle Kontrolle über mich."
"Aber wie...", begann Adrienne, doch sie verstummte, offenbar wollte sie sich nicht einmischen. Das Mädchen hielt den Blick gesenkt und blickte dabei beschämt zu Boden. Die Elben sahen sich für einen Augenblick an, bis Halarîn ihr beruhigend eine Hand auf den Rücken legte.
"Der Schmerz, der mich seit jeher peinigt hielt meinen Geist wach. Als ich diese Nach schlief, habe ich mich daran erinnert kurz vor eurer Ankunft ebenfalls außerhalb dieser Hallen gewesen zu sein...", gestand Amarin nachdenklich und runzelte die Stirn, setzte sofort jedoch ein ausdrucksloses Gesicht auf. Scheinbar waren zu große Bewegungen zu schmerzhaft. Insgeheim fragte sich Mathan was das für Wunden waren, die sein Vater erlitten hatte, wenn sie selbst jetzt noch schmerzten. Er dachte ebenfalls darüber nach und erinnerte sich an den unbekannten Besucher in der Nacht.
"Ich glaube, dass ich dich gesehen habe. Du hast in der Nähe unseres Lagers umhergeschnüffelt", sagte Mathan halb fragend, halb fordernd.
Amarin zog kurz die Brauen zusammen und schüttelte schließlich den Kopf. Besorgt sprach er langsam: "Nein, aber ich habe euch beobachtet. Den Fremden hat mein verwirrter Geist nicht als wichtig erachtet, weil er keine Intentionen zeigte zu diesem Ort zu gelangen."
Adrienne fasste sich an den Kopf und entschuldigte sich, dass ihr das zu viel sei. Sie erhob sich und erklärte respektvoll, dass sie weiter aufräumen würde und begab sich sogleich an die Arbeit. Amarin blickte ihr dabei nachdenklich hinterher und wurde von der Frage Mathans offenbar aus den Gedanken gerissen: "Woher stammt die Verbrennung? Mir ist sie damals nie aufgefallen... stammt das etwa aus deiner letzten Schlacht?"
Mathan beobachtete die Reaktion seines Vaters genau um Anzeichen von Verwirrung oder Abwehr zu erkennen, doch der dunkelhaarige Elb seufzte nur schwer. So wirkte er nur alt, abgekämpft und müde, obwohl ein gewisses Feuer noch in dem Auge brannte. Für Mathan war sein Vater enorm schwer zu lesen.
"Nein, es ist eine sehr alte Wunde, doch darüber möchte ich jetzt nicht sprechen. Viel eher würde ich gerne über die letzten Ereignisse der vergangenen Zeit sprechen"
Halarîn und Mathan tauschten einen raschen Blick, da sie beide bisher nicht daran gedacht hatten und seinen Vater auch nicht mit Neugkeiten erschlagen wollten. Abwechselnd erzählten sie Amarin die ganze Geschichte der vergangenen Zeit, die er verpasst hatte. Überraschenderweise ahnte sein Vater einige Dinge, denn er war nicht geschockt, als er davon hörte, dass der Ringträger bei der Vernichtung des Einen gescheitert war. Ebenso war ihm der Krieg in Eriador nicht unbekannt, denn er zuckte kein einziges mal mit der Wimper. Auf eine vorsichtige Nachfragte erklärte Amarin, dass er in dem Zustand geistiger Umnachtung schon einige Dinge mitbekommen hatte, es aber nicht einordnen konnte. Durch die Erzählung der beiden Elben gelang es ihm besser, alles zu einem vollständigen Bild zusammenzufügen. Als sie schließlich von dem Kampf in Tharbad erzählten, hob Amarin eine Braue und blickte Mathan aufmerksam an, als dieser von seinem Kampf erzählte. "Den Stil mit vier Schwertern? Nun, der war eigentlich nicht solche Dinge gedacht aber scheinbar hat er seinen Zweck erfüllt", warf sein Vater ein, nachdem Mathan geendet hatte, "Außerdem hat sich das ja sowieso erledigt." Der Blick des Elben ging auf die zerbrochene Klinge, die auf dem Tisch bei der Ringschmiede lag. Das zweite, angebrochene Schwert lag neben den Bruchstücken, sowie die Gürtelung der Waffen samt Schwertscheiden.
"Wie ich sehe hat dir mein Meisterwerk gute Dienste geleistet", sagte Amarin, dabei den Blick weiterhin auf die Waffen gerichtet.
"Denkst du, es ist möglich es zu reparieren?", fragte Halarîn zaghaft und bemerkte, dass Mathan sich die Silmacil auf den Rücke geschnallt hatte. Offenbar war ihre Frage bereits beantwortet, noch bevor Amarin mit dem Kopf schüttelte.
"Sohn, du hast es bereits erkannt. Ein Teil deiner Reise hat hier geendet. Du bist einen Teil meines eigenen Weges gegangen. Den Weg des rastlosen Wanderers und auch wenn es dich weiterhin in die Ferne ziehen wird, so ist dein Ziel klar vor Augen. Die Ránceti waren nicht gedacht die auf ewig zu dienen. Ringelendis und ich wussten, dass du irgendwann die Silmacil finden wirst." Sein Vater machte ein wissendes Gesicht und deutete zu sein merkwürdiges Stabschwert, dass er neben sich am Boden liegen hatte, "Aber es war nicht gedacht, dass sich die beiden Waffen kreuzen sollten, das Ergebnis hast du ja gesehen."
"Und warum?", fragte Mathan sofort und runzelte die Stirn, denn eigentlich hatte er damit gerechnet, dass das angebrochene Schwert zuerst barst.
Ein Schmunzeln umspielte die Lippen seines Vaters, als dieser seine Waffe in die Hand nahm. Die lange Klinge und der überlange Griff erinnerten Mathan an eine Zeichnung, die er bereits schon einmal gesehen hatte, doch konnte er sich nicht genau daran erinnern. "Nun, dieses Prachtstück...", sein Vater grinste nun flüchtig, "Ist Etwas besonderes, aber das dachtes du dir bereits."
Mathan nickte stumm und schwieg, auch wenn ihm eine Frage auf der Zunge lag. Er wollte nicht seinen Vater bedrängen, denn sie hatten alle Zeit der Welt. Ein merkwürdiges Gefühl der Ruhe hatte sich eingestellt und die Anspannung der letzten Tage fiel von ihm ab. Sein Blick ging zu Adrienne, die nun mit einem Lappen die Blutspritzer auf dem Boden entfernte. Scheinbar war durch die ganzen Erzählungen mehr Zeit vergangen, als ihnen bewusst war. Nun verstand Mathan auch, warum sein Vater so oft spät nach Hause gekommen war: Hier unten vergaß man schnell die Zeit. Als er seinen Gedankengang seinem Vater mitteilte, lachte dieser herzlich und schüttelte den Kopf. Als er sich beruhigte hatte, sprach er amüsiert: "Nein mein Sohn, das war nicht der Grund. Vielleicht wirst du es herausfinden, denn alles werde ich dir nicht vor die Nase setzen. Wo ist denn der Reiz die Dinge zu entdecken, wenn ich alles verrate? Folge mir." Auf die Aufforderung hin, erhoben sie sich, wobei Halarîn sofort die Hand ihres Mannes nahm. Mathan lächelte und gab ihr einen Kuss, wobei er aus dem Augenwinkel den Blick seines Vaters bemerkte. Für einen kurzen Moment stockte ihm der Atem, denn das Gesicht Amarins war durchzogen von unendlicher Trauer. Als er sich von Halarîn löste, blickte Mathan seinen Vater an, doch er hatte ein kontrolliertes Gesicht aufgesetzt und tat so, als ob nicht sei. Sie gingen an Adrienne vorüber, wobei Amarin ihr gütig auf den Kopf tätschelte und sie für ihre harte Arbeit lobte.
"Wenn du willst, kannst du eine Weile bei mir bleiben und ich zeige dir ein paar Tricks", schlug der alte Elb mit einem Lächeln vor und blickte dabei zu Mathan, "Es sei denn, dein Lehrmeister hat etwas dagegen."
Mathan blieb etwas überrascht stehen und blickte seien Vater mit hochgezogenen Augenbrauen an. Es war selten, dass er jemals so direkt war, was ihn zum Überlegen brachte, doch den Blick seiner Schülerin konnte er nicht lange ignorieren. Schließlich zuckte er mit den Schultern, doch Adrienne zögerte. "Nun... ich... danke für das Angebot, aber das muss ich mir erst überlegen. Ich bn eine ganze Weile von meinem Bruder getrennt und mache mir Sorgen..."
"Ich verstehe", sagte Amarin sofort und streichelte ihr erneut über den Kopf, "Wenn du dich entschieden hast, meine Schmieden stehen dir jederzeit offen. Immerhin hast du gestern und heute hart gearbeitet."
Verdutzt blickten Mathan und Halarîn den alten Elben an, der sich inzwischen in Bewegung gesetzt hatte und die Treppe nach oben nahm. Auf ein Winken Amarins beeilten sie sich zu ihm aufzuschließen und folgten ihm durch die Schmiede hinaus ins Freie. Gemeinsam blickten sie sich um und konnten keine Bedrohung ausmachen. Inwzischen war es nach Mittag und die Sonne schien recht hell, dennoch kniff Amarin nicht die Augen zusammen, als er aus der Finsternis trat. "Es tut gut bei klarem Verstand in die Sonne zu treten", sagte er sofort und atmete tief ein.
Mathan streckte sich und sprach langsam: "Das erinnert mich an unsere gemeinsame Zeit..." Halarîn legte ihm beide Hände auf die Schultern und schmiegte sich an seinen Rücken. Sein Vater nickte dagegen nur nachdenklich und ein kurzer Ausdruck von trauer huschte über sein beherrschtes Gesicht. "Es ist lange her... damals hatte ich auch einen Grund zu kämpfen", sagte er schließlich und stieß seine eigentümliche Waffe in den Boden, "Doch jetzt weiß ich nicht wo mein Platz ist."
"Bei deiner Familie", antwortete Halarîn überraschend, woraufhin sich beide Männer zu ihr umdrehten, "Denn deine Enkelin wird mit ihrem Volk in diese Lande kommen und es wieder aufblühen lassen."
Das Funkeln, das Mathan zuvor aufgefallen war, glomm erneutin dem gesunden Auge seines Vaters auf. Amarin packte ihn überraschend an beide Schultern. "Ist das wahr?", fragte er ungläubig und blickte abwechselnd mit dem Auge hin und her.
Halarîn nickte eifrig und legte beide Handflächen aneinander und verneigte sich. "Niemals würde ich dich belügen, selbst nicht um dich aufzumuntern."
"Wie viele?", fragte Amarin sofort und ließ die Hände von Mathans Schultern sinken.
"Das weiß ich nicht, vielleicht mehrere hundert Dutzend", antwortete Mathan nachdenklich und beschrieb daraufhin seinem Vater die Ausmaße der Flotte der Manarîn. Dabei sah er das Feuer in dem Auge seines Vaters weiter anwachsen.
"Also ausgehend von deiner Beschreibung ist das deutlich mehr als "ein paar hundert", wenn allein die Vorhut sechshundert Elben misst..." Amarin marschierte den recht steilen Hügel hinauf, woraufhin Mathan und Halarîn zögerlich folgten. Dabei sprach der alte Elb unentwegt aufgeregt: "Wenn so viele kommen, dann weiß ich, wo mein Platz ist. Ich werde meine Enkelin untertstützen. Was sind das eigentlich für Elben?"
"Es waren Avari, aber jetzt sind es die Manarîn", antwortete Mathan und bemerkte, dass sein Vater kurz im Gehen stockte, jedoch weitermarschierte.
"Avari also... das kommt überraschend. Ich dachte unsere Brüder und Schwestern aus dem Osten würden sich nicht für unsere Belange interessieren." Die Stimme Amarins war schwer zu deuten, denn er schien etwas weniger aufgeregt, sondern eher nachdenklich. Auf Mathans Frage, ob er sich um Etwas sorgte, winkte dieser nur ab: "Nein, nein, immerhin ist meine liebliche Stieftochter ja auch eine Avari. Aus dem Stamm der Hwenti, wenn ich mich recht entsinne."
"J..Ja, das stimmt", sagte Halarîn zögerlich und schloss zu ihnen auf, "Woher kanntest du eigentlich meinen Vater?"
Amarin sah sie mit leichtenem Erstaunen im Blick an und runzelte die Stirn. "Habe ich das nie erzählt? Dein Vater und ich waren einst befreundet und da wir oft von unseren Kindern in unseren Briefen erzählten, dachten wir, dass es eine gute Idee sei euch bekannt zu machen. Auch wenn es zugegeben gezwungen geschah, so taten wir es auf Anweisung einer sehr weisen Elbe hin."
Mathan und Halarîn tauschten einen vielsagenden Blick und er hatte schon das Bild besagter Elbin mit silbernen Augen im Sinn. Mit gerunzelter Stirn blickte er kurz seinen Vater an und fragte sich, ob auch er den silbernen Schimmer in sich barg, immerhin schien er recht alt zu sein, wenn er den Fall Gondolins erlebt hatte. Grübelnd erreichte er die flache Kuppe des Hügels, der unter dem die Schmiede lag. Er war durch das Nachdenken etwas langsamer geworden, so hörte er erst später seinen Vater sprechen: "Hier stand noch ein riesiges Gebäude, umringt von mehreren Anderen."
Dabei deutete Amarin auf die umlegenen Hügel, die scheinbar die Überreste der Fundamente waren. Mathan blickte sich nachdenklich um und seufzte. Er hatte die Schmiede oft gesehen und war hier stellenweise sogar täglich ein und aus gegangen. Dennoch konnte er nicht mehr erkennen, wo einst der Eingang gelegen hatte, denn die Natur holte sich immer ihr Reich zurück. Ein frischer Nordwind kam auf und bließ ihnen die Haare aus den Gesichtern. Amarin drehte sich in den Wind und breitete die Arme aus, dabei nahm der Wind zu. "Wie ich das vermisst habe", sagte er dabei und seufzte tief. Mathan und Halarîn sahen ihm dabei zu, wobei sie einander an die Hände nahmen. Als sich sein Vater wieder zu ihnen umdrehte, bemerkte Mathan sofort, dass er Etwas entdeckt hatte, denn sein halb verdecktes Gesicht verhärtete sich. Zusammen mit seiner Frau drehte Mathan sich ebenfalls um und entdeckte mehrere kleine Punkte, die über die wellenartigen Hügel liefen. Sie waren schlank und bewegten sich geradewegs auf sie zu. Amarin lief zum Eingang der Schmiede, wo er seine Waffe gelassen hatte und riss sie ruckartig aus dem Boden.
"Das ist die Schmiede meines Freundes Celebrimbor und ich werde darin keine ungebetenen Gäste dulden, so wahr ich hier stehe. Die Geheimniss von Eregion werden stets nur in der Familie weitergegeben und das wird auch so bleiben", sprach sein Vater ernst und warf ihm dabei einen ernsten Blick zu, "Wirst du nicht deine Waffen ziehen?"
"Ich denke, wir sollten erst abwarten, wer dort läuft. Vielleicht ist die Schmiede gar nicht das Ziel, denn es waren schon seit langer Zeit keine Eindringlinge hier", wandte Mathan bedächtig ein und nahm Halarîn wieder an die Hand, "Dennoch werde ich dir im Fall des Falles zur Seite stehen, allein um meine Familie zu beschützen."

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Erklärungen und Besucher
« Antwort #7 am: 15. Mär 2017, 23:30 »
Die drei Elben verharrten einen langen Augenblick und beobachteten, die schlanke Gestalt, die aber nach ein paar Momenten kehrt machte. Amarin ließ seine Waffe sinken und setzte sich seufzend in das weiche Grass. Mathan blickte einen kurzen Moment unschlüssig zu ihm hinab, ehe Halarîn ihm sanft in die Seite stieß. Sie nickte zu seinem Vater und sagte, dass sie mit Adrienne etwas plaudern ginge. Es war offensichtlich, dass sie Vater und Sohn eine Möglichkeit geben wollte, einige Dinge zu besprechen. Mathan erkannte das rasch und setzte sich schließlich ebenfalls neben Amarin und legte die Arme um die Beine. Dabei warf er seinem Vater einen langen Seitenblick zu, der aber nur nachdenklich in die Ferne starrte.
"Denkst du, dass ich überhaupt das Recht habe mich als deinen Vater zu bezeichnen?", fragte Amarin schließlich nach langem Schweigen und blickte Mathan an.
"Warum nicht? Du warst nicht in der Verfassung mir zu helfen..."
"Das meinte ich nicht", wehrte sein Vater ab und blickte auf die Stelle, wo Halarîn zuvor gestanden hatte, "Immerhin habe ich sie verletzt."
"Aber dafür konntest du auch nichts. So wie ich dich gefunden habe, war dir gar nicht klar wer vor dir stand", sagte Mathan beruhigend und legte den Kopf in den Nacken, "Es gibt so viele Dinge, die ich dich fragen möchte, aber ich weiß einfach nicht, wo ich anfangen soll..."
Amarin schien kurz zu stutzen, doch dann erhellte ein warmes Lächeln sein Gesicht. Er nickte kaum merklich und legte Mathan eine Hand auf die Schulter, während er sagte: "Ich weiß, dass du dich viel mit Dingen beschäftigst, die man auf dem ersten Blick nicht verstehen kann. So warst du schon immer, aber das ist auch nur natürlich. Du fragst dich, was mit deiner Mutter ist...das tue ich mich auch, denn eigentlich wollte sie mich holen kommen." Mathan senkte wieder den Kopf nach vorn, blickte seinen Vater wortlos an und nickte nach einem kurzen Moment. Er brauchte gar nicht zu fragen, denn Amarin begann von selbst zu erzählen, dabei wirkte er wacher und jünger als je zuvor: "Am besten ist es wohl, wenn ich dir die Geschichte von Anfang an erzähle. Damals wachte deine Mutter über einen eisigen Pass sehr hoch im Norden und ich war neugierig in meinen vergleichsweise jungen Jahren. So trafen wir uns das erste Mal, sie als Wächterin und ich als Noldor, der die Wunder der Schöpfung erblicken wollte."
Währen sein Vater erzählte blickte er durchgehend nach Westen und fuhr mit einem Finger immer wieder über die Stelle, wo das Medaillon lag. "Sie wollte wissen, warum ich gehen wollte, da ich aber ihre Kälte nicht ertragen konnte, gab ich ihr den Namen Irloê. Wie du sicher gemerkt hast, hat der Name keine besondere Bedeutung, aber für sie war es das erste Mal, dass man sie direkt angesprochen hat. Wir unterhielten uns sehr lange und irgendwann entschied sie sich, dass sie mir folgen wollte. In dem Moment hatte ich natürlich nicht gemerkt, dass deine Mutter damals auch andere Gründe hatte mit mir zu gehen und somit ihre Aufgabe vernachlässigte. Ich erfuhr erst später, dass ein kleiner Teil von ihr sich nach Zuneigung sehnte und durch unser Gespräch hatte sie das Gefühl gehabt, bemerkt und geschätzt zu werden. Da ich mich von ihrer Kälte nicht vertrieben ließ, bedeutete ihr es noch mehr, als mir anfangs klar war." Amarin lachte leise und schüttelte sachte den Kopf, während Mathan aufmerksam lauschte. "Ihre erste Frage war sehr direkt, und zwar ein: Bist du einer der Noldor. Natürlich stimmte das, aber ich hatte nicht den unseligen Schwur geleistet, also musste ich ihr erst mühsam erklären, dass ich aus eigenen Antrieb gehen wollte."
Mathan nutzte eine Atempause für eine kleine Zwischenfrage: "Und warum wolltest du gehen? So wie es klang, hattest doch scheinbar alles im Westen wovon man träumen konnte... "
"Ich war neugierig und wollte sehen, was die Valar erschaffen hatten, auch wenn meine Familie versuchte es mir zu erklären. Schließlich lernte ich von einer der Größten Geister der dortigen Bewohner. Wie du vielleicht geahnt hattest, war ich einer der Aulendur", eröffnete sein Vater und warf ihm seinen Seitenblick zu, "Hast du dich denn nie gefragt nach wen du benannt wurdest? Er war der bekanntesten der Aulendur, oder er ist es noch immer, denn ich denke nicht, dass Mahtan umgekommen ist."
Mathan starrte Amarin eine Weile lang an und schwieg, dabei bemerkte er, dass sein Vater auf eine heftigere Reaktion gehofft hatte. Doch für ihn war das eigentlich keine große Überraschung, denn das Talent seines Vaters war schon sehr wegweisend gewesen. Es überraschte zwar Mathan, dass einer seiner Familienmitglieder einen so großen Namen besaß, doch nach all den Geheimnissen, die seine Eltern umgaben konnte ihn nicht mehr viel überraschend. Mathan nickte langsam und lächelte nur als Antwort, das sein Vater sanft erwiderte.
"Ich sehe, du bist reifer als ich mir träumen ließ. Für mich wirst du aber immer mein kleiner Junge sein. Im guten Sinne natürlich, Mathan.", sprach sein Vater wieder mit dem Blick nach Westen, "Immerhin wirst du wohl deinen eigenen Weg jetzt gehen."
Mathan streckte seine Beine aus und wandte den Kopf in den Himmel, dabei fragte er: "Wie meinst du das? Ringelendis-... Mutter sprach davon, dass sie mich nun auf meinem Wege begleiten würde..."
"Ja, das wird sie auch, genau wie ich", antwortete Amarin und legte ihm die Hand auf die Brust, "Egal was mit uns geschehen mag, wir sind immer in deinem Herzen." Mathan blickte auf die Burst hinab und die große Hand seines Vaters, der inzwischen die Rüstung abgelegt hatte. Er lächelte und nickte schließlich. "Ja, du hast Recht. Ihr seid immer bei mir... nach all den Wochen unterwegs zu sein, habe ich kaum dazu Zeit gehabt über so etwas nachzudenken."
"Nun, das ist auch gut so", merkte sein Vater an und nahm seine Hand fort, "Zu viele Gedanken um ein Thema können einen verwirren."
"Ich verstehe. Kannst du mir vielleicht etwas mehr über Mutter erzählen? Ich würde gern mehr erfahren, warum sie so plötzlich verschwand", bat Mathan leise und sah, dass Amarin bei der Frage die Schulter sinken ließ, sie aber sofort wieder hob. Eigentlich rechnete er damit, dass sein Vater die Frage abwimmelte, doch schließlich antwortete er mit sanfter Stimme: "Mit der Frage habe ich schon fest gerechnet. Lass mich dir sofort eines sagen: Deine bezaubernde Mutter ist nicht wegen dir oder mir fortgegangen. Ich gebe zu, dass wir oft kleine Auseinandersetzungen hatten, aber es war nie so schlimm, dass wir uns nicht wiedersehen wollten. Das Gegenteil war der Fall: Sie musste fortgehen, jedes Mal mehr und länger, doch ich konnte ihr nicht folgen. Meine Verpflichtungen hielten mich hier, genau wie ein Versprechen an einen Freund... nun da dieser Freund nicht mehr ist, muss ich wenigstens sein Andenken bewahren. Als du mir sagtest, dass diese Lande wieder erblühen werden, war ich froh darüber, letztendlich doch noch einen Teil des Versprechens zu erfüllen."
"Und was ist dieses Versprechen?", fragte Mathan neugierig und drehte sich halb um, während er nach Norden blickte.
"Lass es nicht vergebens sein, erinnere an uns. Zeige ihnen, dass unser Volk zu mehr fähig ist, mein Freund", zitierte Amarin nun und legte Mathan eine Hand auf die Schulter, "Das sagte Celebrimbor zu mir, als wir uns das letzte Mal trafen."
"Es wird nicht vergebens sein, denn sein Beispiel, sich trotz einer erdrückenden Übermacht zum Kampf zu stellen, egal aus welchem Grund wird auch andere inspirieren", antwortete Mathan entschlossen und erhob sich langsam, "Du hast es gewusst, nicht wahr?" Sein Blick ging wieder nach Norden, wobei er den Kopf verdrehte. Amarin erhob sich ebenfalls und schwieg, doch das flüchtige Lächeln auf dem Gesicht sprach Bände. Vor ihnen wurde ein lautes, hohes Horn geblasen. Es klang deutlich anders, als die meisten Laute, die Mathan kannte. Es dauerte auch nicht lange, da erschienen mehrere schlanke Gestalten auf der Kuppe der Schmiede. Einige von ihnen schienen leichte Blessuren zu tragen, doch die meisten der Neuankömmlinge waren unversehrt. Halarîn trat kurz darauf neben Mathan und ergriff seine Hand, ehe sie etwas fragen konnte, erkannte sie die Fremden als Elben. Ihr Griff wurde fester, als sie erkannte, dass es Avari waren, die nun langsam auf sie zugingen. Mathan spürte die leichte Anspannung in der Luft, die argwöhnischen Blicke, die zu Amarin glitten, doch die Avari näherten sich friedlich. Etwa dreißig Elben standen ihnen gegenüber, welche leise tuschelten. Es war Amarin, der die Stille brach: "Willkommen in Eregion, mein Name ist Amarin, das ist mein Sohn Mathan Nénharma und seine Frau Halarîn."
Der Name von ihnen brachte das Getuschel zum Schweigen und ein hochgewachsener Elb mit langen roten Haaren trat aus der Gruppe hervor. Er trug einen Verband um den Kopf und ein Schwert hing an seiner Seite. Nach kurzen Zögern verneigte sich der Elb und sprach mit akzentschwerer Stimme: "Ich bin Fanathr, aus dem Stamm der Hwenti. Mein Gruß gilt besonders Euch, ehrenwerte Tochter unseres Stammes, aber auch meine beiden Brüder aus dem Volke der Noldor begrüße ich im Namen meiner Stammesmitglieder" Halarîn verneigte sich ebenfalls, was auch Mathan und Amarin nach kurzen Zögern taten. Die übrigen Hwenti neigte ebenfalls respektvoll die Häupter, während sie die drei Elben neugierig musterten.
"Ich denke wir haben viel zu bereden", sagte Amarin an Fanathr gewandt und erhielt ein zustimmendes Nicken.
"In der Tat, doch ich denke, dass wir genaueres mit den Rest meines Stammes besprechen. Sie müssten auch bald hier eintreffen."

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Verschwandschaft
« Antwort #8 am: 16. Mär 2017, 18:15 »
Nachdem die Hwenti in groben Auszügen ihre Reise aus dem Osten erzählt hatten, klärten Mathan und Halarîn die Neuankömmlinge über die momentante Situation auf. Dabei wurden dem Paar immer wieder Blick zugeworfen, bis einer der dreißig Avari anmerkte, dass Halarîns Name ihnen nicht unbekannt war. Mathan warf einen Blick zu Amarin, der mit Fanathr etwas abseits stand und ein ausführliches Gespräch führte. Zwar konnte er trotz seinen guten Ohren nicht viel verstehen, doch offensichtlich besprachen die beiden Männer, wie sie weiter vorgingen. Die meisten Avari hatten nur wenige Habseligkeiten dabei, einige wirkten sogar recht abgerissen, doch alle von ihren waren bewaffnet. Er legte Halarîn eine Hand auf die Schulter, die sich unter den Blicken etwas unwohl fühlte und sich nicht so recht traute mit den Mitgliedern ihres Stammes zu sprechen. So ähnlich erging es den Hwenti offensichtlich ebenfalls, denn sie standen in kleinen Gruppen und tuschelten, unschlüssig was sie tun sollten.
Schließlich trat Fanathr vor und verkündete in Hwenti (was Halarîn für Mathan übersetzte): "Wir werden hier auf den Rest warten, in der Zeit können wir das Land vorbereiten und uns womöglich hier niederlassen. Für's Erste wird dies aber ein großer Rastplatz. Amarin hier...", der Fanathr deutete auf Mahtans Vater, "Wird uns dabei helfen Fuß zu fassen und bietet uns für den Anfang Unterkunft in den Schmieden seines Volkes. Er bietet uns an, Werkzeuge und Waffen herzustellen, da die Lager noch voll sind." Leises Getuschel war zu hören, doch keiner erhob Einspruch gegen den Vorschlag, denn die meisten Elben nickten und sprachen sich dafür aus. Niemand schien interesse haben noch weiter zu wandern. Der Anführer der dreißig Elben wirkte zufrieden und fuhr fort: "Amarin wird uns helfen guten Baugrund zu finden, da er sich hier auskennt. Halarîn und Mathans Tochter mit dem Namen Faelivrin wird ebenfalls in kurzer Zeit zu uns stoßen." Die Worte Fanathr ließen diesmal einige Elben aufgeregt miteinander sprechen, erste Rufe wurden laut, Fragen wurden gestellt. "Ja, das heißt, dass unsere Brüder und Schwestern aus den unbekannten Landen zurückgekehrt sind", sagte der rothaarige Elb und löste damit ein erleichtert Ausatmen aus. Einige Hwenti blickten nun Halarîn an und auch Mathan wurden Blicke zugeworfen, die er nicht deuten konnte. Schließlich trat eine hellblonde Elbe vor und verneigte sich knapp, dabei sprach sie: "Tochter des vorherigen Stammesfürsten, Eure Anwesenheit erfüllt uns mit Stolz. Werde Ihr mit uns hier verweilen?"
Mathan und Halarîn tauschten einen raschen Blick, denn darüber hatten sie noch nicht direkt nachgedacht, jedoch wollten sie erstmal auf Faelivrin warten. Sie erklärten den Hwenti auch sogleich, dass sie nicht versichern konnten, das sie hier blieben. Auf ihre Worte hin nickte die Elbe und kehrte zu einer kleinen Gruppe zurück, wo sie sich wieder an den Gesprächen beteiligte.
"Sie legen nicht ganz so viel Wert auf Förmlichkeiten, nicht wahr?", fragte Mathan an seine Frau gewandt, die sofort grinsen musste.
"Ich dachte das wüsstes du, immerhin bin ich eigentlich eine von ihnen", antwortete Halarîn neckend und stupste ihm in die Seite.
Für Mathan war es überraschend, dass die Hwenti hier aufgetaucht waren, doch hatte er nicht verstanden warum sie ihre Heimat im Osten verlassen mussten. Trotz mehrmaligen Nachfragen hatten die Hwenti entweder abgewimmelt oder gesagt, dass die Versammlung das beantworten musste. Fanathr nickte Amarin zu und kam schließlich auf sie beide zu, während sein Vater zu den anderen Elben ging. Mathan sah, wie er einige Anweisungen gab und daraufhin ein paar Hwenti ausschwärmten.
"Ich habe gehört, dass ihr die Enkelin von der edlen Ivyn seid. Ist die Erste wohlauf?", fragte Fanathr höflich an Halarîn gewandt und nickte Mathan respektvoll zu.
"Ja, sie wird ebenfalls bald hier eintreffen. Faelivrin, meine Tocher, führt das Volk der Manarîn in das alte Elbenreich, auf dem wir uns befinden", erklärte Halarîn sogleich und konnte nicht ihren Stolz in der Stimme verbergen.
Fanathr nickte sachte und lächelte, dabei wirkte er aber weniger glücklich. Schließlich sagte er: "Wie ich sehe, haben sich die Elben unter ihrer Führung einen eigenen Namen gegeben."
"Ist das etwas ein Problem?", mischte sich Mathan ein und hob dabei skeptisch eine Braue. Der rothaarige Elb dagegen hob abwehrend und schüttelte den Kopf, während er sich entschuldige: "Ich wollte nicht unhöflich sein, nur ist das für Avari recht... ungewöhnlich, aber ich denke, dass man eine eigene Mentalität entwickelt wenn man so lange in fremden Landen lebt."
Das restliche Gespräch handelte hauptsächlich von den Manarîn, da Fanathr neugierigar war, als es zuvor den Anschein hatte. Erst am Ende der Unterhaltung rückte er damit heraus, dass er auf seine Zugesprochene wartete, die sich unter den Manarîn gefand. Noch bevor Mathan oder Halarîn weiterfragen konnten, entschuldigte sich der Elb und veschwand mit Amarin in der Schmiede. Offensichtlich wollte sein Vater dem Avari eine Führung geben. Als die beiden Elben den Eingang erreichten, kam ihnen Adrienne entgegen, die auch sogleich auf Mathan zuging. Ihr Gesicht zeigte deutliche Überraschung, während sie die Elbengruppen betrachtete. Selbige blickten ebenfalls die Gondorerin aus den Augenwinkel neugierig an, ohne dabei ihre Arbeit zu vernachlässigen. Die Hwenti ebneten den Boden und trugen nacheinander lange Holzbalken aus der Schmiede, die sie benutzten um den Eingang zu der Schmiede zu vergrößern und abzustützen. "Was machen all die Elben hier?", fragte Adrienne verwundert und sah weiter dabei zu, wie die Elben arbeiteten, "Sie sie gerade erst angekommen?"
Mathan nickte und wunderte sich ebenfalls, dass die Avari sofort an die Arbeit gingen ohne vorher zu rasten oder sich abzusprechen. "Sie sind vor einiger Zeit angekommen und wollen sich hier womöglich niederlassen. Zuerst machen sie eine Rast, die Schmiede dient dabei dank Amarin als erste Unterkunft", erklärte Halarîn sogleich und musterte die Hwenti. Mathan ahnte, dass sein Frau nach einem bekannten Gesicht hoffte, doch schien diese Hoffnung für's Erste vergeben. Nach einer kurzen Zeit, in der sie den arbeiteten Elben zusahen, schlug er vor in die Schmiede zu gehen und mit Amarin zu sprechen, was als nächstes geschehen würde. Sein Vorschlag wurde mit einem stummen Nicken angenommen und sogleich machten sich die drei auf den Weg. Dabei passierten sie den nun deutlich breiteren Eingang, den die Avari mit Holzbalken gerade abstützen. Auch im Inneren waren nun überall Fackeln angebracht, die die zuvor düsteren Räume erhellten. Zwei Elbenfrauen eilten an ihnen vorbei und brachten Eimer voller Schmutz aus der Schmiede. Mathan führte seine Frau und Adrienne über die hölzerne Brücke und durch den inneren Turm hinunter zu der Wendeltreppe, wo Amarin mit Fanathr stand, die miteinander sprachen. Als sie die beiden Elben erreichten, nickte der rothaarige Avar ihnen zu und eilte wieder nach oben. "Wo will er hin?", fragte Adrienne neugierig und blickte dem Elben nach.
"Er will Ausschau nach den Rest seines Volkes halten. Wir haben zuvor darüber gesprochen, dass ich erstmal keinen in die untere Etage lasse, außer euch drei. Zwar war er davon nicht begeistert, aber Fanathr ist klug genug um zu verstehen, dass dort unten lang gehütete Geheimnisse lagern." Amarin warf dabei Mathan einen raschen Blick zu und schmunzelte, während er sagte: "Vielleicht haben wir ein paar Aufgaben für euch... Mathan, was hältst du davon mit deinem alten Herrn den Hammer zu schwingen? Ich würde gerne etwas mit dir herstellen", fragte ihn sein Vater mit einem blitzen in dem gesunden Auge, was er sogleich mit einem Nicken annahm.
"Und was machen wir? „Adriennes Frage klang ein wenig eingeschnappt, sodass die drei Elben leise lachten. Amarin bot an, dass sie ihnen half und brachte damit ihr Gesicht zum Leuchten, während Halarîn nachdenklich über ihren Bauch strich. "Ich werde noch etwas mit den Angehörigen meines Stammes sprechen", erklärte sie und küsste Mathan auf die Wange, "Wir sehen uns später." Dieser nickte und folgte Amarin, der nun in den unteren Teil der Schmiede ging, gefolgt von Adrienne. Dort angekommen führte er sie in den Teil, den er bewohnte, wo er aus einem Regal ein Buch zog, das Mathan gut kannte. Ein Schmunzeln auf den Lippen seines Vaters ließ ihn grinsen, während er das Buch auf einen Arbeitstisch an der nördlichen Wand legte. Gleichzeitig wies er Adrienne an die Öfen zu heizen, was sie auch sogleich tat. Gemeinsam schleppten Amarin und Mathan einige Rohlingsformen aus einer Ecke zu der Nähe der Öfen und auch zwei Ambosse. So bereiteten Vater und Sohn mit Adriennes Hilfe alle nötigen Schritte zum Schmieden vor. Die Gondorerin beobachtete dabei jeden Schritt der Vorbereitung aufmerksam und fragte, was genau denn geschmiedet werden sollte. Amarin antwortete nicht, sondern deutete nur auf die Formen, die eine lange Klinge darstellte und die dazugehörigen Einzelteile. Mathan fragte schließlich ob er überhaupt noch Erz da hätte, was sein Vater zum Lachen brachte. "Sonst würde ich den Aufwand nicht machen", sagte er nachdem er sich beruhigt hatte und verschwand in die Ecke, wo sein Bett stand. Nach einigen Momenten, in denen Adrienne die Öfen erhitzt hatte, kehrte sein Vater wieder zurück. Er schob eine Lore, in der ein eigentümliches Erz glitzerte.
"Ist das...", begann Mathan und wurde still.
"Ja, das ist Sternenerz. Frag mich nicht woher es ist, das darf ich nicht erzählen", antwortete Amarin und legte die Klumpen in die großen, steinernen Kessel, die man in die Öfen schieben konnte.

Es verging eine ganze Zeit, in der Mathan und sein Vater sich dem Schmiedehandwerk widmeten. Selbst der Abend verging im Flug, während sie das Metall schmolzen und durch eine geheime Zutat Amarins säuberten. Dutzende Schritte, die Mathan bisher noch nicht kannte führte sein Vater aus, bevor das heiße Metall schließlich in die Form gegossen wurde. Dabei erkannte er, dass es die eigentümliche Waffe war, die sein Vater zuvor geführt hatte. Doch bei dieser Art war selbst der verlängerte Griff aus dem Metall, was Amarin mit einer höheren Stabilität begründete. Während sie so arbeiteten warf Mathan seinem Vater immer wieder Blicke zu, die sie beide verstanden. Es erinnerte sie an die Zeit, in der sie selbst in der Schmiede gearbeitet hatten, wo es noch deutlich belebter zuging. Hier unten war jedoch nur die beiden Elben Adrienne, im oberen Teil hingegen arbeiteten die Hwenti und richteten sich in den ungenutzten Räumen ein. Das Mädchen verstand zwar nach den ersten paar Minuten gar nichts mehr von dem Handwerk, half aber wo sie konnte. Gemeinsam schwangen Vater und Sohn den Schmiedehammer und fertigten die einzelnen Teile an, darunter den Handschutz in Form einer Klinge und den Knauf.

In der Nacht war es schließlich soweit, als Amarin vorsichtig das Werkstück der großen Klinge nach unzähligen Malen abhärten auf den Werktisch legte. Nebenbei schmolz er in den Öfen kleine Tiegel voller Metalle, darunter Gold, Silber und Platin. Mit einer kleinen Feile bewaffnet trat er an die Arbeitsplatte. Die Hitze der Öfen ließ sie schon lange schwitzen, sodass sich alle schon längst einen Zopf gemacht hatten.
"Ich denke, den Rest mache ich alleine, immerhin muss ich doch meine besten Tricks für mich behalten", sagte Amarin augenzwinkernd und begann überstehende Metallsplitter abzuschleifen, "Also ruht euch aus, oder schnappt etwas frische Luft."
"Ich lege mich schlafen", verkündete Adrienne sofort und verabschiedete sich gähnend. Mathan blieb noch eine Weile und sah dabei zu, wie sein Vater das geschmolzene Gold in kleine Formen goss, das Gleiche wiederholte er mit den restlichen Metallen. Auf einen Blick Amarins hin, legte er schließlich seine Schürze beiseite und machte sich auf, um draußen nach Halarîn zu sehen. In der oberen Etage angekommen, bemerkte er sofort eine erhöhte Betriebsamkeit: dutzende Elben liefen umher und verstauten Habseligkeiten, suchten sich einen Platz zum Ruhen oder standen in kleinen Gruppen und redeten aufgeregt miteinander. Einige der Hwenti blickte ihn im Vorbeilaufen schräg von der Seite an, doch niemand wandte das Wort an ihn. Als er den ursprünglich nicht gewollten Eingang in dem Turm erblickte, musste er kurz blinzeln, denn die Elben hatten ganze Arbeit geleistet: Fahles Mondlicht fiel durch den breiten Eingang in den Raum, die Decke war sorgfältig abgestützt und mit offenbar frisch verarbeiteten Holz vertäfelt. Zwei Krieger standen in der Öffnung Wache, während immer wieder Avari ein- und ausgingen. Als Mathan aus der Schmiede trat wurde er von dem Anblick dutzender Elben erschlagen. Der Hang und die umliegenden Hügel ware von dutzenden Zelten übersäht, zwischen denen sich immer wieder kleine Gruppen von Elben hindurchschlängelten. Vor dem Eingang stand eine größere Gruppe Avari, unter denen er auch sofort Halarîn erkannte. Scheinbar spürte sie seinen Blick, denn sie wandte sich sofort um und ging ihm entgegen. Dabei bemerkte Mathan, dass ihr der Rest der Gruppe mit einem kleinen Abstand folgte.
"Ich habe meine Familie gefunden... zumindest Einige von ihnen", erklärte sie freudstrahlend und warf sich ihm in die Arme, "Ein Wunder bei so vielen Avari."
"In der Tat...", brachte er nur stockend hervor, noch immer verunsichert über die große Anzahl der Neuankömmlinge. Dabei war er sich sicher, dass es noch mehr sein mussten, da der Geräuschpegel höher war als in einem Heerlager, so fühlte es sich zumindest für ihn an. Sein Blick glitt über die Elben, die in einen kleinen Abstand hinter seiner Frau standen und sie aufmerksam anblickten. Trotz der Dunkelheit, konnte er auch missbilligende Blicke ausmachen. Mathan seufzte leise, woraufhin sich Halarîn von ihm löste und begann jeden der Hwenti vorzustellen.

Fine

  • Moderator
  • Wächter der Veste
  • ***
  • Beiträge: 2.143
  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Sternsicht
« Antwort #9 am: 27. Mär 2017, 16:57 »
Oronêl, Finelleth, Faelivrin und Kerry mit den Manarîn aus Dunland


Die um viele Elben angewachsene Reisegruppe hatte den Grenzfluss Eregions zu Dunland an der selben Furt überquert, die die von Mathan angeführte Gruppe bereits eine Woche zuvor verwendet hatte. Bald schon kamen die Ruinen der Ringschmiede vor ihnen in Sicht... und noch einige andere, unerwartete Dinge.
"Wo kommen all die Leute her?" fragte Kerry verwundert. Die nahezu vollständig zerstörte einstmalige Hauptstadt Eregions war nun mit einer großen Anzahl Elben bevölkert, die dort ihr Lager aufgeschlagen hatten. Im Zentrum des Lagers befand sich die Schmiede, bei der Mathan, Halarîn und Adrienne mit Amarin gewartet hatten während Oronêls Gruppe nach Dunland gereist war.
"So etwas hatte Ivyn bereits vermutet," sagte Faelivrin. "Wenn sie ihre Vorahnung nicht täuscht, sind das Hwenti - Avari-Elben von Mutters Stamm."
"Noch mehr Verwandte?" wunderte sich Kerry mit einer Mischung aus Überraschung und Verwunderung.
"So scheint es wohl. Komm, wir sollten uns ankündigen."

Während der Rest der Manarîn sich etwas zurückhaltend am Rand des Hwenti-Lager sammelte machte sich Faelivrin mit ihren wichtigsten Beratern auf die Suche nach den Anführern der Avari. Kerry folgte mit Finelleth und Oronêl, doch sie hielten etwas Abstand, um nicht allzu neugierig zu wirken. Schließlich fand Faelivrin einen Elben, der sich als Fanathr vorstellte und sie freundlich begrüßte. Kerry verstand jedoch nicht viel, da die Unterhaltung in der Sprache der Hwenti erfolgte, einem komplizierten Avarin-Dialekt. Doch allem Anschein nach wurden die Manarîn von den Hwenti freundlich begrüßt und als wiedergefundene Verwandte angesehen.
Ehe Kerry weiter zuhören konnte spürte sie eine Berührung an ihrem Bein und eine kleine Hand legte sich in ihre Linke. Es war Farelyë.
"Licht-Schwester," sagte sie gut gelaunt. "Da bist du wieder."
"Hallo, meine Kleine," erwiderte Kerry freudig überrascht. Sie blickte sich um, doch von Ivyn, die sich ihres Wissens nach um Farelyë gekümmert hatte, war nichts zu sehen. "Was machst du hier?"
"Hwenti sind hier. Ivyn hat es gesehen. Hat mir gezeigt, wie man Verborgenes sehen kann," erklärte das Elbenmädchen. "Ich habe sie auch gesehen, aber von weit weg. Wollte sie mir genauer anschauen, unter dem Licht der Sonne, nicht nur durch die Sterne."
"Wie meinst du das, Sonne und Sterne?" fragte Kerry verwundert, während sie an Farelyës Hand ging und sich ein wenig aus der Elbenmenge herausbewegte.
Farelyë zeigte auf ihr rechtes Auge. "Du siehst sie jetzt, so wie ich sie gerade sehe. Mit den äußeren Augen. Im Licht der Sonne. Aber Ivyn hat sie vorher gesehen. Durch die Sterne. Mit Geheim-Sicht."
"Du meinst, sie hat die Ankunft der Hwenti in einer Vision gesehen? Meine Nésa sagte, Ivin verfügt über eine ausgeprägte Vorahnung."
"Vorahnung. Ja. Silberne Augen der Ersten sehen weit, Licht-Schwester Morilyë."
"Oh," machte Kerry und kam im Schatten einer halb umgestürzten Säule zum Stehen, wo es ruhiger war. "Sag mal, Kleine... was siehst du, wenn du, hmm..." sie brach ab, doch Farelyë blickte sie neugierig an, so dass Kerry dazu ermutigt wurde, weiterzusprechen. "Was siehst du, wenn du mich... durch die Sterne betrachtest?"
Farelyës Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an, in dem sich für einen kurzen Augenblick ihr wahres Alter zeigte. In diesem Moment erschien sie Kerry nicht wie das junge Mädchen, das sie körperlich noch immer war, sondern wie eine uralte, weise Herrin, die über unbegrenztes Wissen verfügte. Doch dann verging der Ausdruck und sie war wieder Farelyë, jung und voller ungestümer Energie. "Soll ich das wirklich machen, Morilyë? Ist nicht immer weise, sagt Ivyn."
"Wenn du... Ja, bitte sieh nach. Vielleicht mache ich dann in Zukunft weniger Fehler. Ich will in ein Abenteuer ziehen, verstehst du? Und darauf möchte ich gut vorbereitet sein. Dann müssen sich meine Eltern keine Sorgen um mich machen," sagte Kerry.
Farelyë nickte und legte die Fingerspitzen ihrer linken Hand zusammen und führte sie an Kerrys Stirn. Das Mädchen schloss die Augen und verharrte einige Sekunden in dieser Haltung, ehe sie die Hand wieder wegnahm.
Kerry wunderte sich. Sie hatte... mehr erwartet. Dass Farelyës Hand zu leuchten beginnen würde, oder dass sie ein Zeichen an Kerrys Stirn hinterlassen würde. Sie erinnerte sich daran, wie das Elbenmädchen im Verlies unter Carn Dûm einen kleinen, leuchtenden Stern erzeugt hatte. War das etwa schon alles? dachte sie ein wenig enttäuscht.
Farelyë hingegen betrachtete ihre Hand mit verzogenem Gesicht. "Nicht gut," sagte sie leise. "Hätte nicht schauen sollen."
"Wieso? Was hast du gesehen?" fragte Kerry neugierig.
"Leiden, Schmerz... und Tod," sagte Farelyë. "Auch andere Dinge, aber..."
"Tod?" flüsterte Kerry erschocken. "W-werde ich etwa..."
"Ja," sagte Farelyë ebenso leise. "Eines Tages. Aber was ich sah... war nicht dein Tod."
"Oh," machte Kerry. "Es... es tut mir Leid, dass ich dich darum gebeten habe. Es war dumm von mir."
Farelyë ergriff ihre Hand. "Es gab noch mehr zu sehen. Du bist gewachsen, Licht-Schwester, seitdem du mich im Eis-Norden gefunden hast. Du wirst weiter wachsen, stärker werden... aber du musst aufhören, die Schuld bei dir zu suchen. Du hast mich gefragt. Ich habe geschaut. War meine Schuld. Geh mit deinen Freunden! Ist wichtig, dass du mitkommst. Sie werden deine Hilfe brauchen."
"Du meinst Oronêl und Finelleth? Sie..."
"Ja. Angehörige eines mächtigen Hauses. Werden ihr Erbe verteidigen müssen..."
"Ich glaube, das reicht für heute, meine Liebe," sagte eine sanfte, volle Stimme. Es war Ivyn, die unbemerkt herangekommen war. Sie sprach in einem altmodischen Dialekt der Allgemeinsprache, dennoch konnte man sie gut verstehen. "Ich habe gespürt was du getan hast," sagte sie zu der kleinen Elbin, die ihrem Blick standhielt. "Doch nun ist es Zeit für etwas anderes. Deine Freundin Estora sucht nach dir. Du solltest zu ihr gehen."
Farelyë nickte und nahm Kerrys Hand. "Bis bald, Licht-Schwester."
"Bis bald, Kleine," sagte Kerry leise.
Ivyn musterte Kerry einen langen Augenblick. Dann sagte sie: "Lasse dich nicht von Farelyës Worten verunsichern. Sie versteht noch nicht alles, was sie in Eindrücken und Vorahnungen erblickt. Es stimmt, dass die Ersten manchmal Dinge sehen, die noch in der Zukunft liegen... aber man kann solche Visionen nicht vorsätzlich hervorrufen, wie Farelyë es bei dir versucht hat. Sie glaubt, sie kann sich einen Blick in das Schicksal Anderer erzwingen, aber so funktioniert es nicht. Als sie dich berührt hat, wurde ihr ein zufälliger Moment gezeigt, der womöglich eines Tages auf deinem Weg eintreten wird... aber nicht zwingend. Verstehst du?"
Kerry gab sich alle Mühe, Ivyns Worten zu folgen. "Du meinst, sie hat nur eine mögliche Zukunft gesehen?"
"So ist es. Es ist gut, dass sie dir keine Einzelheiten genannt hat. Sie muss noch viel über ihre Kräfte lernen, und vor allem darüber, wie sie sie mit anderen teilt. Sie sprach von Schmerz und Tod... und nun wirst du versuchen wollen, diese Leiden abzuwenden. Das ist nicht gut. Du solltest ohne eine solche Last in dein Abenteuer ziehen. Lass mich sie dir nehmen." Sie wartete keine Antwort ab sondern berührte mit einer schnellen Bewegung die Stelle an Kerrys Stirn, wo Farelyës Finger gelegen hatten. Kerry spürte keine Veränderung, konnte allerdings von diesem Augenblick an nicht mehr genau sagen, was ihr Farelyë über die Zukunft verraten hatte.
"Was..." stieß sie hervor, doch da legte sich eine Hand auf ihren Kopf und eine vertraute Stimme erklang neben ihr.
"Hier bist du also, kleine Morilië," sagte Halarîn und umarmte Kerry herzlich, während Ivyn sich freundlich lächelnd zurückzog und kurz darauf verschwunden war.
Kerry erwiderte die Umarmung. "Hallo, Amil." Sie hatte sich schon während der gesamten Reise von Aéds Dorf nach Eregion darüber Gedanken gemacht, wie sie es ihren Eltern beibringen sollte, dass sie mit Oronêl und Finelleth in ein neues Abenteuer aufbrechen wollte. Doch glücklicherweise kam Halarîn ihr zuvor.
"Faelivrin sagt, du hast große Pläne, meine Kleine."
"Ich... will mit ihnen gehen, und ihnen helfen, wie sie mir in Carn Dûm geholfen haben," erklärte Kerry.
"Das verstehe ich, Morilië. Dennoch wäre es mir lieber, du würdest hier bei mir und deiner Familie in Eregion bleiben... in Sicherheit. Die Manarîn und die Hwenti werden hier gemeinsam etwas Wunderbares schaffen."
"Das weiß ich, Mutter, und ich bin froh, hier eine neue Heimat zu finden, aber... ich habe das Gefühl, auf diesem neuen Abenteuer noch mehr neue Dinge lernen zu können und an den Herausforderungen zu wachsen. Ich werde Finelleth und Oronêl helfen... und dann hierher zurückkehren."
"Das hoffe ich," antwortete Halarîn. "Denn sonst verpasst du noch die Ankunft deines Geschwisterchens."
"Das würde ich mir nie entgehen lassen," sagte Kerry. Sie war froh, dass Halarîn ihr die Reise ins Waldlandreich nicht sofort verboten hatte. Allerdings war sie sich noch nicht darüber im Klaren, wie Mathans Meinung dazu aussehen würde.

"Wenn du dir sicher bist, dann solltest du gehen. Es wird lehrreich für dich sein, Ténawen. Und bitte, schau mich nicht so überrascht an. Dachtest du, ich würde dich hier wegsperren damit du nicht mehr in Gefahr geraten kannst?"
Kerry blinzelte überrascht als Reaktion auf Mathans Aussage und brachte nur "Also, ich..." hervor.
Mathan grinste. "Erwischt, Tochter." Er stand im Inneren der Schmiede und hatte sich leise mit Amarin unterhalten, als Kerry und Halarîn ihn aufgesucht hatten. Kerry hatte ihr Anliegen vorgetragen, aber mit einer solchen Antwort hatte sie nicht gerechnet. Ihr fiel auf, dass es in den Räumen, die die Jahrtausende seit der Zerstörung Eregions überdauert hatten, nun deutlich aufgeräumter aussah. Das Innere der Schmiede war mit elbischen Lampen gut beleuchtet und wirkte sehr heimatlich.
"Ontáro, ich... bin froh, dass du es so siehst," sagte Kerry dankbar.
"Und ich bin froh, dass du deine Angelegenheiten in Dunland abgeschlossen hast. Es wird dir gut tun, etwas Abstand zu bekommen."
Kerry blickte zu Boden. "Gibt es denn gar keine Geheimnisse mehr vor dir?"
Ihr elbischer Vater schien für einen Moment sehr nachdenklich und griff nach der Kette um seinen Hals. Ein Schatten huschte über Mathans Gesicht. Sein Blick huschte zu Halarîn hinüber und er schien etwas sagen zu wollen, doch dann blieb er stumm. Mathan warf einen schnellen Blick zur Schmiede, in der die Ringe zerstört worden waren. "Du weißt ja, zu welchen... Problemen Geheimnisse führen können," brach er das Schweigen schließlich.
"Ja, weiß ich," gab Kerry zurück und erinnerte sich an Maethors Ring, der beinahe Besitz von ihr ergriffen hatte.
"Gut, dass du deine Lektion gelernt hast," sagte Mathan. "Ich habe noch einiges zu erledigen. Gib mir Bescheid, ehe du abreist - ich werde mit meinem Vater hier sein, oder draußen bei Faelivrin."
Damit war das Gespräch beendet. Kerry verließ die Schmiede und suchte sich eine ruhige Ecke, um über die bevorstehende Reise nachzudenken - und über das, was sie seit ihrer Ankunft in Eregion erfahren hatte...
« Letzte Änderung: 6. Apr 2017, 00:25 von Fine »
RPG:

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Re: Eregion
« Antwort #10 am: 1. Apr 2017, 16:11 »
Trotz der hohen Betriebsamkeit, die seit der Ankunft der Hwenti - und nun auch die der Manarîn - herrschte, hatte Mathan es geschafft ein ruhiges Plätzchen zu finden. Dass auch seine Freunde zusammen mit dem Volk seiner Tochter zurückgekehrt waren, hatte ihn gefreut, doch wurde es ihm irgendwie zu viel auf einmal. Er hatte schon geahnt, dass Kerry weiterreisen wollen würde und auch ihn selbst zog es fort. Irgendwas schien ihn zu rufen, doch er wusste nicht was es war. Seufzend saß er in dem untersten Geschoss der Schmiede auf dem Bett seines Vaters und blickte auf die beiden Klingen der Silmacil. Ihm war aufgefallen, dass er die Klingen selten zusammenfügte, doch auch spürte er die Kälte der Waffe nicht mehr so stark. Aus der anderen Seite des Raumes hörte er seinen Vater, der noch immer an der Waffe arbeitete, die sie gemeinsam begonnen hatten. Amarin ließ ihn aber nicht herankommen, da er offensichtlich eine Überraschung plante. Mathan ahnte schon, was es für eine Art Überraschung war und erinnerte sich daran, dass sein Vater nie besonders gut darin war ihn zu überraschen.
„Was geht dir durch den Kopf? Du lächelst ja ein wenig“, stellte die belustige Stimme Halarîns fest und seine Frau trat neben ihn an das Bett.
„War nur der Schatten“, brummelte er zur Antwort, konnte jedoch nicht ernst bleiben und grinste schließlich, da seine Frau ihn durchgehend anlächelte. Er seufzte noch mal und strich schließlich sanft über die Wölbung ihres Bauches, das Grinsen verging ihm.
„Du brauchst es nicht zu sagen, ich weiß es schon“, sagte Halarîn und suchte seinen Blick.
„Ist das so offensichtlich?“, fragte Mathan und zog ein unzufriedenes Gesicht.
„Nein, aber ich würde auch so handeln und halte es für die richtige Entscheidung. Ich werde schon zu recht kommen, da ich weiß, dass du rechtzeitig zurückkehren wirst.“
Er seufzte, da sie vermutlich wieder einmal Recht hatte, wie so oft. Seine Frau hatte ein sehr gutes Gefühl was solche Dinge anging. Er streckte sich kurz, ehe er sprach: „Irgendwer muss ja unsere kleine Abenteurerin auf den richtigen Weg schubsen und sie langsam an die unangenehmen Dinge des Lebens heranführen.“
„Vergiss aber nicht die angenehmen Dinge“, sagte Halarîn mit einem eindeutigen Lächeln und strich sich über den schwangeren Bauch.
„Ich glaube da kennst du dich eher aus und wirst auch bessere Worte dafür finden. Bei mir wird das wohl in einer wortreichen Katastrophe enden“, winkte Mathan ab und schüttelte sich bei dem Gedanken, dass er mit Kerry über das Thema sprechen würde. Liebe unter Elben war wohl auch etwas Anders als bei Menschen, zumindest dachte er es sich. Irgendwie hatte er sich nie genau Gedanken darüber gemacht und wenn er jetzt daran dachte, erschien es ihn wie eine verpasste Gelegenheit, es nicht getan zu haben. Ein überraschender Kuss auf den Mund riss ihn aus der Grübelei, den er aber nach dem ersten Moment sanft erwiderte. Als sie sich lösten sagte er: „Ich verstehe schon. Keine Sorge, ich werde rechtzeitig wieder zurück sein und auf unsere kleine Ténawen aufpassen, bis ich…“
Halarîn verharrte vor seinem Gesicht und blickte abwechselnd in seine Augen. Er spürte ihren warmen Atem auf den Lippen und verlor den Faden, was er eigentlich sagen wollte. Gebannt blickte er in ihre Augen, bis sich ihre Lippen fanden und sie sich erneut küssten.
„Dass ihr selbst nach all den Jahren wie zwei frisch Verliebte turtelt ist wirklich bewundernswert“, ertönte die amüsierte Stimme Amarins und ließ sie beide zusammenfahren. Mathan unterdrückte einen Fluch und funkelte seinen Vater wütend an, Halarîn wirkte etwas peinlich berührt, da sie sich in dem Bereich befanden wo sein Vater eigentlich lebte.
„Lasst euch nicht stören“, sagte der alte Elb nur und verschwand pfeifend in der Schmiede.
„Manchmal könnte ich ihn…“, knurrte Mathan, während Halarîn eine Hand auf die Schulter legte, „Immerhin scheint er wieder ganz der Alte zu sein.“
„Offensichtlich“, stimmte ihm seine Frau zu und strich sich die Haare aus dem Gesicht, „Also wirst du mit ihr gehen“, wechselte sie das Thema.
„Ja, irgendwas-„
„Ruft dich“, unterbrach ihn Amarin überraschend und trat zu ihnen. Mathan kniff die Augen zusammen und starrte seinen Vater an, zweifelnd ob er nicht doch etwas Ruhe brauchte.
„Sieh mich nicht so an. Du konntest ein Saphirtor öffnen und das nicht nur einmal“, erklärte Amarin und nickte dabei zu den Silmacil, „Es ist logisch, dass es dich fortzieht. Du fragst dich vielleicht, warum das Gefühl nicht schon eher eintrat und wirst zu keinem Ergebnis kommen, darum verrate ich es dir: Die Macht der Ringe überlagert den Ruf des Nordwindes. Nun kannst du ihn spüren, so deutlich wie ein Flüstern im Wind, nicht war?“
Mathan und Halarîn starrten ihn eine ganze Weile lang an und wussten nicht, was sie sagen sollten. Es klang ganz so, als ob sein Vater selbst diese Erfahrung durchgemacht hatte. Nach einem langen Moment nickte Mathan zögerlich und rückte unruhig auf dem Bett umher. Eigentlich war er sich noch nicht ganz darüber im Klaren, aber ihm war der Nordwind schon öfters aufgefallen, seitdem er in dem Versteck im Eis war. Bisher hatte er dem aber keine besondere Bedeutung zugedacht und es nicht mit dem Drang zur Wanderschaft verbunden. Nach einer ungewohnten Stille, die nur von entfernten Gemurmel aus dem oberen Bereich stammte, sagte Mathan schließlich: „Was ist der Ruf des Nordwinds? Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass du weißt, wovon du sprichst.“
Amarin nickte nachdenklich und wollte sich über das Kinn streichen, verharrte jedoch in der Bewegung und stupste seinen Sohn gegen die Stirn. „Gebrauche deinen Kopf, die Winde des Nordens werden dir den Weg weisen. Mehr werde ich dir nicht verraten“, sagte sein Vater schließlich und zog den Stuhl heran, „Aber ich werde euch etwas Anders sagen, was ihr mich vielleicht fragen wolltet.“
Aufmerksam blickten die beiden Amarin an, der kurz zu zögern schien. In der Stille hörten sie Schritte, die wohl nur zu Adrienne gehörten, da alle anderen scheinbar ungern hier unten waren. „Ich werde hierbleiben und die anderen Elben anleiten. Außerdem kann ich Zeit mit meiner Enkelin verbringen und natürlich mit meiner bezaubernden Schwiegertochter über all die Dinge reden, die in der Zeit geschehen sind, in der ich verhindert war“, sagte Amarin schließlich und endete in dem Moment, indem Adrienne die Ecke betrat. Ihr Blick glitt rasch über die drei Elben und blieb kurz an Mathan hängen. Dabei bemerkte er, dass ihr Etwas auf dem Herzen lag, was auch den anderen beiden nicht verborgen blieb. Er erhob sich und nickte seiner Schülerin zu, die vorausging. Ehe sie sich abwandte konnte Mathan in ihrem Blick eine gewisse Anspannung erkennen, doch sie schwieg und wandte sich ab um an der Treppe zu warten. Er wechselte ein paar Sätze mit seinem Vater, der seine Neugierde nicht zurückhalten konnte, bis Halarîn das Gespräch, das über die Gondererin handelte übernahm. Während sie einen Teil der Geschichte des Mädchens erzählte, schnallte er sich seine Schwerter auf den Rücken und ging schließlich zu dem wartenden Mädchen.


Adrienne stand an der breiten Wendeltreppe, hatte eine Hand auf den Knauf des Schwertes gelegt und die Andere in die Hüfte gestemmt. Ihr Blick hing auf dem Wasserlauf im Boden, hob ihn aber sofort, als Mathan sich ihr näherte. Sie hatte sich einen lockeren Pferdeschwanz gebunden und nickte ihm zu, als er zu ihr trat.
„Ich werde ebenfalls hierbleiben“, eröffnete sie das Gespräch und blickte kurz zu der Ringschmiede, die weiter hinten in dem Raum lag, „Wenn ich noch weiter fortgehe, wird mein Bruder meinen Spuren nicht mehr folgen können. Zwar dürften seine Wunden nicht komplett verheilt sein, aber ganz so weit will ich mich doch nicht aus Eriador fortbewegen.“
Ihr Blick wirkte nachdenklich und sie kaute unsicher auf der Unterlippe herum. „Das ist verständlich“, beruhigte Mathan sie und lächelte aufmunternd, „Ich hatte mich schon gefragt, wann die Sorge um Acharnor zu groß wird um weiterzureisen. Es ist nur natürlich, immerhin ist er dein kleiner Bruder.“ Adriennes Gesicht erhellte sich etwas unter den elbischen Laternen und sie wirkte gelöster.  „Er ist ein Dummkopf“, grinste sie schließlich und wurde wieder ernster, „Aber er kann nicht so gut für sich selbst sorgen. Zwar habe ich einige Dinge auf unserer Reise gelernt aber…“
„Manche Dinge muss man selbst am eigenen Leib erfahren“, beendete Mathan den Satz für sie und nickte, „Ich bin eine sehr lange Zeit alleine umhergereist und habe meine eigenen Erfahrungen gesammelt, aber irgendwann zieht es einem doch wieder zurück zu der Familie.“
Sein Blick ging in die Ecke, in der Halarîn mit seinem Vater noch immer redete, zumindest glaubte er ihre Stimmen zu hören.
„Glaubst du, ich kann eine Weile hierbleiben? Vielleicht kann ich zwischen dem Sternenbund und den Elben Etwas vermitteln?“, murmelte Adrienne nachdenklich und ließ Mathan wieder den Kopf wenden.
„Ich glaube für den Anfang ist es zu früh um irgendwelche Pläne zu schmieden, immerhin müssen sie erst Fuß fassen. Die Manarîn unterscheiden sich doch etwas mehr von den Hwenti und den übrigen Avari als sie selbst gedacht hatten. Zuerst müssen sie wieder zueinander finden, was aber kein Problem darstellen sollte, immerhin war die Stimmung ausgesprochen gut als die Manarîn angekommen sind“, erklärte Mathan nachdenklich und bedeutete Adrienne mit nach oben zu gehen. Während sie die Stufen hochstiegen, merkte Adrienne an, dass die viele Elben sie kaum wahrnahmen, was ihn lächeln ließ. „Nun, manche aus meinem Volk sind nicht so offen wie Andere verstehst du? Sie mögen zwar intellektuell auf einer hohen Stufe stehen, doch berechtigt das niemanden auf Andere herabzusehen. In dem Punkt unterscheiden sich Elben und Menschen nicht groß, denn Menschen mit Macht und Wissen teilen diese Aspekte nur ungern. Wobei die Gier nach Macht bei den Elben äußerst selten zu finden ist…“ Er unterbrach sich, denn sie waren in einer Gruppe diskutierender Elben geraten. Sogleich hörte er die Stimme seiner Tochter heraus, die am Rand der Gruppe stand und mit Fanathr sprach. Genaueres konnte er nicht heraushören, doch ihm war es in dem Moment gleich, denn für Politik hatte er jetzt keine Nerven. Rasch nahm er Adrienne an die Schultern und schob sie sacht aus der Gruppe heraus, doch zu seinem Unmut hörte er hinter sich jemanden seinen Namen rufen. Mathan seufzte und beugte sich zu Adrienne herunter: „Das wird wohl eine Weile dauern, du kannst wieder runter gehen oder an die frische Luft, wie du beliebst.“ Sogleich war seine Schülerin auch aus seinem Sichtfeld verschwunden und er drehte sich zu Fanathr um, der ihn gerufen hatte. Neben ihm ging Faelivrin und einige Mitglieder des Hauses der Manarîn, aber auch ein paar Gesichter, die er dem Stamm der Hwenti zuordnen konnte.
« Letzte Änderung: 1. Apr 2017, 16:23 von Curanthor »

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Re: Eregion
« Antwort #11 am: 12. Apr 2017, 00:24 »
Mathan straffte sich, da er ahnte, dass ein kompliziertes Thema ihn erwartete. Höflich grüßte er Fanathr und die übrigen Elben, seiner Tochter küsste er jedoch rasch auf die Wange. Faelivrin lächelte ihn dabei an und erwiderte die Geste, nur um sogleich wieder ernster zu werden.
"Wir würde gerne Euch um Rat fragen", begann Fanathr das Gespräch und blickte dabei zu den umstehen Hwenti, "da mein Volk sich uneins ist."
Mathan gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er weitersprechen konnte.
"Da die Hwenti zahlenmäßig etwas mehr als die Manarîn sind, gibt es einige Stimmen, die Faelivrin nicht als ihre Herrscherin anerkennen. Versteht mich nicht falsch, viele respektieren sie für das, was Eure Tochter geschafft hat, jedoch bevorzugen einige der Avari lieber bei ihren eigenen Stamm innerhalb der Hwenti zu blieben. Ihr müsst wissen, dass wir kein großes Reich besaßen oder einen großen Herrscher. Wir blieben in kleinen Dörfern, jeder mit einem Anführer, den wir uns erwählten. Ich bin der Anführer des größten Dorfes und habe damit mehr Stimmen hinter mir." Fanathr drehte sich zu den anderen Elben um, die nun auf seiner Seite standen. Mathan bemerkte, dass Faelivrin nun in Begleitung ihrer Fürsten war, die im Gespräch hinzugestoßen waren. Mit gerunzelter Stirn stellte Mathan fest, dass sich hier langsam zwei Fronten bildeten, da auch einige der Hwenti auf Faelivrins Seite standen. Die Lage schien sich zuzuspitzen, zumindest erkannte er das auftretendes Problem sofort, jedoch schien der Grund tiefer zu liegen.
"Die Manarîn mögen zwar nicht zu der Mehrheit gehören, dennoch ist in der Zeit außerhalb Mittelerdes in uns eine neue Identität erwacht. Mein Volk ist geeint, wir stehen zueinander, egal in welchen Zeiten. Wir haben viele Verluste zu beklagen und selbst als wir am Rande des Abgrunds standen, konnten wir alle Kraft aufbringen und eine neue Bleibe suchen. Mein Volk steht hinter mir, was ich von den meisten Hwenti nicht behaupten kann und doch besteht die Chance, dass auch die übrigen Hwenti diese Mentalität in sich tragen", antwortete Faelivrin auf Fanathrs Ausführung, wobei man die Spitze im letzten Satz deutlich herazushören konnte. Der Elb verzog jedoch keinen Gesichtsmuskel und hielt den bohrenden Blick Faelivrins Blick stand. Mathan wollte schon Luft holen um die Situation zu entschärfen, doch eine andere Stimme erhob sich zur allgemeienm Überraschung: "Die Mentalität gibt es bereits, meine Liebe." Ivyn trat in die Runde und sorgte für erstaunte Gesichter, was sich meist in hochgezogenen Augenbrauen äußerte. Fanathr und die übrigen Hwenti verneigten sich respektvoll. " Es ist kein Zufall, der den Rest unseres Volkes in diese Lande führte. Die Manarîn sind geeint durch Schmerz, Verlust und Zeit, doch auch durch das Erschaffen von etwas Neuem. Sie erschufen auf einem Inselreich eine Welt nach ihren Vorstellungen. Jeder einzelne Elb, egal welcher Familie oder Stamm angehörig brachte sich ein und zusammen erschufen sie etwas Großartiges. Jedoch sind die Manarîn noch immer Avari, genau wie die Hwenti. Wir unterscheiden uns nicht, doch hat Faelivrin in einer Sache Recht: Die Manarîn sind geeint."
Fanathr atmete unmerksam scharf ein und senkte dann aber langsam den Kopf. Einige der Hwenti blickte sich an und wirkten nachdenklich. Mathan spürte, wie die angespannte Stimmung sich etwas lockerte, aber trüber wurde, denn die Blicke der Hwenti wurden düster.
"Verlust hatten auch eure Brüder und Schwestern zu erleiden", sprach eine unbekannte Elbin hinter Faelivrin, die jedoch zu Fanathrs Gruppe gehörte, "Warum muss man sich mit solch trivialen Dingen befassen und sich nicht dem bewusst werden, was wir wirklich brauchen: Einigkeit."
"Wie ist dein Name?", fragte Ivyn sogleich an die Elbe gewandt. Sie hatte dunkelbraunes Haar und Tränen glitzerten in den rehbraunen Augen.
"Das ist Amante, die Letzte ihrer Familie", stellte Fanathr sie mit leiser Stimme vor und er mied den Blick der Elbe, "aus dem Hause Maltahal."
"Was ist geschehen?", fragte nun Faelivrin mit sanfter Stimme, die sich zu Amante umgedreht hatte.
Die braunhaarige Elbe mit einem ähnlichen, rundlichen Gesicht wie Halarîn schien die Aufmerksamkeit zu viel zu werden. Hastig entschuldigte sie sich und stürmte davon, während ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Mathan blickte ihr bestürzt hinterher und fragte sich, was den Hwenti wohl zugestoßen war. Was konnte ein ganzes Volk dazu bewegen, eine solch gefährliche Reise auf sich zu nehmen. Welche Schrecken mag Amante durchgestanden haben?

"Ich denke, wir sollten das in Ruhe noch einmal besprechen", wandte Faelivrin langsam ein und riss Mathan aus den Gedanken, "Aber ich werde niemanden meinen Willen aufzwingen. Wenn es Hwenti geben wird, die nicht unter meiner Krone stehen wollen, so werde ich sie nicht dazu zwingen. In diesen Landen gibt es genug Platz für uns alle."
Überraschendeweise schaltete sich Ivyn ein: "Das klingt sehr vernünftig. Ich werde mich nun in das Lager der Hwenti begeben und dort die restlichen Anführer zusammensuchen. Fanathr, würdet Ihr mir folgen? Euer Einfluss wird eine große Hilfe sein."
Der verdutzte Elb nickte stumm und folgte der hochgewachsenen Ersten nach draußen, gefolgt von einigen anderen Hwenti. Mathan atmete erleichert aus, da war er nochmal ungeschoren davongekommen. Er blickte zu seiner Tochter, die sich kurz mit ihren Fürsten beriet und diese dann fortschickte. Nach einer kurzen Zeit waren die beiden schließlich alleine und blickten nachdenklich hinab zu den Mosaik auf dem Boden.
"Wir werden eine Stadt bauen", sagte Faelivrin plötzlich und legte Mathan eine Hand auf die Schulter, "Willst du nicht hierbleiben? Wir können jede Hilfe gebrauchen und deine taktischen Kentnisse könnten wir gut für die Befestigung gebrauchen."
Mathan lächelte und legte seine Hand ebenfalls auf die seiner Tochter, doch er schüttelte dabei sachte den Kopf. "Ich muss gehen. Wir haben doch außerdem einen sehr begabten Baumeister in unserer Familie. Ich bin mir sicher, er wird etwas Großartiges erschaffen."
Seine Tochter senkte kurz den Blick und wirkte weniger wie eine Königin, sondern eher wieder wie das kleine Elbenmädchen, das er einst an der Hand gehalten hatte. Kurz verschwamm das Bild mit Kerrys Gesicht und er blinzelte. Nein, er musste gehen und sie beschützen. Faelivrin hat ein ganzes Volk hinter sich, das sie beschützen würde, seine andere Tochter jedoch nicht.
"Ich weiß es. Eines Tages wirst du mit ihr wieder zurückkehren und die schüchterne Ténawen ist eine mutige Frau, die viele Dinge gelernt und gesehen hat", sagte Faelivrin plötzlich und blickte ihn an, "Ich sehe es in ihren Augen, den Drang sich zu beweisen, dazu zu gehören und akzeptiert werden. Sie möchte wachsen. Hilf ihr dabei, Vater, leite sie, so wie du mich geleitet hast. Dann bin ich mir sicher, wird sie eine anständige und mutige Frau werden."
Anstatt einer Antwort nahm Mathan Faelivrin in die Arme und unterdrückte eine Träne, die sich davonstehlen wollte. Es war das Wunderschönste, was sie seit ihrer Ankunft in Mittelerde gesagt hatte.
"Es tut gut, dass du hier bist", sagte er erstickt und wandt sich bei dem Gedanken, all das hier lassen zu müssen. Seine Famile, seine neue Heimat und seinen Vater. Eine warme Hand schmiegte sich an seine freie Schulter und sein Blick erfasste Halarîn, die neben ihm stand. Er lächelte und ließ seinen Blick etwas weiter zur Seite schweifen, wo sein Vater stand, der zu seiner Überraschung Kerry an der Hand hielt. Amarin schmunzelte und nickte ihm wissend zu.
"Ihr seit alle hier... meine Familie", sagte er leise und blickte die Vier nacheinander an, die entweder lächelten oder stumm seine Hand hielten. Schließlich straffte er sich und wandte sich an seine jüngste Tochter: "Ténawen, ich werde mit dir gehen," die Augen des Mädchens blitzten kurz auf und er konnte nicht sagen, ob sie sich freute oder nicht, "Ich muss dich vorbereiten auf das, was auch immer kommen mag. Faelivrin, deine große Schwester wird von ihrem Volk beschützt und weiß die Dinge schon seit langem. Du magst dir zwar denken, dass die Zeit nicht reicht aber es sind andere Sachen, die ich dir zeigen will. Dinge, die man als Abenteurerin braucht um zu überleben in der Wildnis, oder unfreundlichen Gestalten aus dem Weg zu gehen."
Kerry schien zu merken, dass er bewusst das Wort "Feind" vermied und nicht von einer direkten Konfrontation sprach. Amarin wurde etwas ungeduldig und verkündete, dass er in der Schmiede noch etwas zu tun hatte. Er zögerte, führte jedoch sacht einen Finger an Kerrys Stirn und lächelte soweit es ihm möglich war. Nach einem Augenblick, in dem er Faelivrin einen Blick zuwarf verschwand er in der Treppe nach unten. Diese folgte ihren Großvater nach einem kurzen Moment und sagte, dass sie gleich wiederkommen würde.
"Ich werde hier auf euch warten", sagte Halarîn plötzlich und schmunzelte, "Ich denke, dass Faelivrin schon einige Dinge geplant hat, viel hat sie mir noch nicht verraten, aber wenn ihr zurückkehrt, werdet ihr es auch erfahren."
"Was denn für Dinge?", fragte Kerry sogleich neugierig und ließ Mathan grinsen. "Vielleicht erfährst du es ja wenn du nett fragst, Ténawen", antwortete er und knuffte sie sanft in die Seite.
"Kerry!", ertönte eine bekannte Stimme und Adrienne erschien, in ihrer Hand einen kleinen Korb, "Lass uns nach draußen gehen und etwas essen. Wir müssen ja deine sichere Rückkehr feiern."
"Komm mit, Amil", schlug Kerry sogleich vor und Adrienne nickte eifrig.
Mathan lächelte und streichelte seiner Frau über den Handrücken, bis sie ihre Hand von seiner Schulter löste und den beiden Mädchen nach oben folgte. Dabei nickte er den drei Frauen zu, als sie sich kurz zu ihm umwandten. Er seufzte kurz und begab sich schließlich hinab in die Schmiede, wo er Amarin mit Faelivrin sprechen sah. Die Beiden schienen sich gut zu verstehen, dafür, dass sie sichd as erste Mal trafen. Als er näher kam bekam er mit, wie die beiden über die östlichen Lande sprachen, dort wo einst die Hwenti lebten.
"Störe ich?", fragte Mathan höflich und setzte sich auf eine Arbeitsfläche.
"Nein, ich habe Großvater nur ein paar Dinge über Mutter gefragt. Du bist ja immer so verschwiegen", antwortete Faelivrin lachend und handelte sich einen gespielt säuerlichen Blick ein, über den sich selbst Amarin amüsierte. Seine Tochter erklärte jedoch rasch, dass sie noch viele Dinge vorbereiten müsste und huschte wieder in die obere Etage.
"Hmm, ich dachte du wolltest hier nur einige Wenige herunterlassen", merkte Mathan stichelnd an und sah seinem Vater in das gesunde Auge. Dieser zuckte jedoch mit den Schultern und murmelte, dass Familie eine andere Geschichte sei. Mit einem Handzeichen bedeutete Amarin ihn zu folgen und ging voraus in dem Teil, in dem sie zuvor an der Schmiede gearbeitet hatten.
"Ich habe Etwas für dich, denn dort wo du hingehen wirst, wirst du es brauchen", erklärte sein Vater und zog Etwas unter der Arbeitsplatter hervor. Sofort fiel Mathan ein goldener Schimmer auf, das Blitzen einer blanken Klinge und er ahnte, was sein Vater dort in der Hand hielt. Amarin reicht ihm die Waffe vorsichtig und Mathan packte sie an dem langen Griffstück. Der Stahl war kühl und besaß einen eigentümlichen Schimmer.
"Sternenstahl", murmelte Mathan leise und drehte die Waffe auf die Breitseite wo er feine Verzierungen erkannte, gefertigt aus Silber und Platin. Das Griffstück ging gerade über in die lange Klinge, der Stahl war vornehmlich aus Gold und einem gräulichen Silber. Es war die Art Waffe, mit der sein Vater gekämpft hatte, ein Stab mit einer langen Klinge. Durch den goldenen Schimmer kam ihm eine Idee: "Maltahal..."
"Ein schöner Name, der Klang kommt mir bekannt vor", kommentierte Amarin den Namen und wirkte kurz nachdenklich, klopfte ihm dann auf die Schulter, "Wie du damit umgehst muss ich dir ja nicht zeigen, ich denke, dass bekommst du auch gut alleine hin", sein Vater drückte ihm einen Scheide samt Gürtel in die Hände, "Ich hoffe, das Schmuckstück wird dir gute Dienste leisten."
Mathan nickte stumm und legte den Gürtel an, der quer über seine Brust lief, die Scheide lag auf dem Rücken, sodass der lange Griff über seiner rechten Schulter ragte. Vorsichtig wog er Maltahal in den Händen, wirbelte es umher und ließ es schließlich in der Scheide verschwinden.
"Finde sie", sagte Amarin schließlich mit leise Stimme und zog ihn ungestüm in die Arme, "An meiner Stelle."

Fine

  • Moderator
  • Wächter der Veste
  • ***
  • Beiträge: 2.143
  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Picknick in den Ruinen
« Antwort #12 am: 12. Apr 2017, 08:54 »
Kerry saß verträumt auf einem großen umgestürzten Stein, der gefährlich nahe an der abgebrochenen Kante lag, und ließ die Beine baumeln. Unter ihr ging es zwei Stockwerke in die Tiefe, wo hohes, wildes Gras gegen die verfallene elbische Ruine brandete, zu der Adrienne Kerry und Halarîn geführt hatte. Hier, am Rande der alten Stadt, war es ruhiger und weniger belebt als im Zentrum, wo sich die Schmiede befand. Kerry war ganz froh darüber. Der Trubel, der durch die große Anzahl von Avari entstanden war, erinnerte sie an Mithlond - eine andere, uralte Stadt, die ebenfalls voller Elben gewesen war. Sie hatte zwar viele glückliche Erinnerungen an die Grauen Anfurten, hatte aber bereits dort festgestellt, dass ihr die Wildnis und die Einsamkeit der rauen Nordlande in den Jahren, in denen sie sie mit Rilmir durchstreift hatte, mehr ans Herz gewachsen waren als jede noch so großartige Stadt. Sie war in einem kleinen Dorf aufgewachsen und war nur selten nach Edoras gekommen - meist, um ihren Vater dort zu besuchen, nachdem er in die königliche Garde aufgenommen worden war. Bree, die zweite große Stadt die Kerry in ihrem Leben besucht hatte, war ihr nie in guter Erinnerung geblieben, obwohl sie dort einige Freunde hatte. Doch in Bree waren ihr zu viele schlimme Dinge zugestoßen. Und Fornost... dort war sie eine Weile glücklich gewesen und hatte eine neue Familie gefunden - ehe die Schatten des Krieges sie eingeholt hatten. Sie hofft, dass die Dúnedain die Schäden der Belagerung bereits repariert hatten. Ihre Gedanken wanderten zu Ardóneth, den sie seit der Flucht aus Carn Dûm nicht mehr gesehen hatte. Ich frage mich, wie es ihm wohl gerade geht, und welchen Aufgaben er sich stellt. Ob er seinen Auftrag erfolgreich abgeschlossen hat? Bestimmt hat man ihm bereits eine neue Mission gegeben.

Adrienne berührte Kerry sachte an der Schulter und riss sie damit aus ihren Gedanken. Es war das Zeichen dafür, dass das Picknick fertig vorbereitet worden war. Halarîn hatte eine dicke Stoffdecke auf dem Steinboden ausgebreitet und einige Leckereien darauf verteilt. Ein leichter Wind zog durch die Stadt und verbreitete ein angenehmes, kühlendes Gefühl, während sie sich zu dritt über das mitgebrachte Essen hermachten. Dabei wurde nur wenig gesprochen. Doch nachdem Adrienne den letzten Bissen verschlungen hatte rutschte sie etwas näher an Kerry heran und sagte: "Erzähl' von deiner Reise nach Dunland. Was ist dort geschehen? Und vor allem: Wie ist es mit Aéd ausgegangen?"
Kerry verzog das Gesicht. Ein schneller Blick zu ihrer Mutter zeigte ihr deutlich, woher Adrienne überhaupt davon erfahren hatte. Halarîn grinste fröhlich in sich hinein während sie an einer Birne knabberte und schien sich nicht im Geringsten darum zu scheren, dass die Angelegenheit Kerry etwas peinlich war.
"Wie ich feststellen muss verbreiten sich gewisse Nachrichten schneller als man erwarten würde," sagte sie und versuchte, Halarîns Belustigung zu ignorieren. Adrienne ist meine Freundin, dachte sie. Damals, in Rohan, hatte ich auch Freundinnen, mit denen ich über solche Dinge getrascht habe. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie einst der Neffe des Königs, Marschall Éomer, auf dem Weg nach Dunharg durch Hochborn geritten war. Unter den Mädchen hatte es in den folgenden Wochen kaum ein anderes Thema gegeben. Und als sie herausgefunden hatten, dass Éomer bereits eine Versprochene hatte, war ihre jugendliche Bestürzung umso größer gewesen. Das hier ist aber anders. Aéd ist anders.
Adrienne schaute sie noch immer erwartungsvoll an und verhielt sich einigermaßen untypisch, für ihre Verhältnisse. Sie schien es geschafft zu haben, ihre Schwermütigkeit für einen Augenblick abzulegen. Kerry wurde in diesem Moment klar, dass sie mit etwas so ... Gewöhnlichem wie dieser Sache vielleicht dafür sorgen konnte, dass Adrienne ihre schlimme Vergangenheit und die Wunden, die sie damals erlitten hatte, vielleicht noch etwas länger ausblenden konnte. Also lehnte Kerry sich entspannt gegen den Überrest der Wand der Ruine und begann, ausführlich von Oronêls Reise nach Dunland zu erzählen, bei der sie ihn und Finelleth begleitet hatte. Und sie ließ trotz einer nicht zu übersehenden Errötung, die ihr Gesicht inzwischen zierte, nichts aus; nicht einmal die Zeit, die sie mit Aéd verbracht hatte.
Adrienne schien sich nicht entscheiden zu können, worüber sie mehr schockiert war: Über Aéds Ernennung zum Wolfkönig, oder über die Tatsache, dass...
"...er hat dich wirklich geküsst? Oh, Morilië, es steht schlimmer um dich als ich angenommen hatte!" rief Halarîn und stellte damit klar, wovon sie mehr überrascht worden war.
"Nur ganz kurz, Amil," beschwichtigte Kerry mit einem leicht verärgerten Unterton. "Ich weiß auch nicht, was das zu bedeuten hat - oder zu was das führen wird. Ich denke, es wird ein Weilchen dauern, bis ich Aéd wiedersehe - nun, da ich mich entschieden habe, mit Finelleth ins Waldlandreich zu gehen."
"Ein Kuss hat normalerweise eine recht... eindeutige Bedeutung," meinte Adrienne mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht.
"Oronêl hat uns dabei gestört," erklärte Kerry. "Wusstet ihr, dass er gerne die privaten Gespräche anderer Leute belauscht? Wirklich, das hätte ich nicht von ihm erwartet."
"Oh, für diese Art von Abenteuer ist man nie zu alt," sagte Halarîn gut gelaunt. "Selbst nach tausenden von Jahren werden Liebeleien und Romanzen nie langweilig."
"Und ich dachte, mit dem Alter gewinnt man an Würde und Weisheit," stichelte Kerry.
"Würde und Weisheit sind etwas für Leute wie Ivyn oder Faelivrin," erwiderte Halarîn. "Du wirst es schon sehen: Sie werden dieses Land im Handumdrehen in eine wunderbare Heimat für mein Volk verwandeln... nachdem sie sich mit allen Anführern geeinigt haben."

"Ich habe gewisse Spannungen zwischen den Manarîn und den Hwenti bemerkt," sagte Adrienne und schlug wieder einen ernsteren Ton an. "Denkst du, sie werden Faelivrin als Königin akzeptieren?"
"Sie werden auf Ivyn hören," war sich Halarîn sicher. "Zumindest die meisten. Aber wir wissen noch immer nicht genau, was mein Volk dazu gebracht hat, seine Heimat in Sonuvien zu verlassen. Ich habe gesehen und gespürt, dass ihnen dort etwas Schreckliches zugestoßen ist, aber worum es sich dabei handelt, kann ich nicht sagen. Auch die Manarîn haben ihre Heimat verloren, und das könnte die beiden Volksstämme vereinen. Ihr müsst aber bedenken, dass die Avari und insbesondere die Hwenti nie einen König gehabt haben. Solange die Ersten noch bei ihnen waren, folgten sie deren Ratschlägen und Weisungen, doch Ivyn ging schließlich in die Neuen Lande. Die Hwenti haben schon immer in kleinen, verstreuten Dörfern gelebt, und nicht in großen prachtvollen Städten, wie sie die Manarîn erbaut haben. Was ich damit sagen will ist, dass es möglicherweise noch eine Weile dauern wird, bis beide Gruppe ihre Differenzen beseitigt haben."
"Ich bin mir sicher, sie werden es schaffen," sagte Kerry mitfühlend und legte Halarîn eine Hand auf den Arm. "Sie werden eine Heimat für alle schaffen, die hier leben wollen. Und für alle, die noch kommen werden." Ihr Blick fiel dabei auf Halarîns Bauch. Die Schwangerschaft war deutlich sichtbar geworden.
"Ich wünschte, ich könnte mit Mathan und dir weiterreisen," sagte Halarîn mit einem Anflug von Traurigkeit. "Meine Kleine zieht hinaus in die Welt, um Abenteuer zu erleben, und ich muss hierbleiben und mir Sorgen um sie machen."
"Sorge dich nicht, Amil", beschwichtigte Kerry sie. "Ich kann inzwischen gut auf mich aufpassen. Und ich werde weiter lernen. Dafür wird Ontáro sorgen. Außerdem ist die Reise, die vor mir liegt, nicht besonders gefährlich: Wir reisen von einem Elbenreich ins Nächste. Von Eregion über Bruchtal bis ins Reich Thranduils."
"Das unter Sarumans Kontrolle steht," warf Adrienne ein. "Vergiss' das nicht."
"Und ihr müsst den Hohen Pass überqueren," ergänzte Halarîn. "Finelleth hat mir erzählt, dass sie und Irwyne dort von Orks angegriffen wurden."
Das hatte Kerry nicht gewusst. "Also gut, vielleicht ist die Reise doch ein bisschen gefährlich," gab sie zu. "Aber ich werde ja nicht alleine gehen."
"Dass du alleine gehst würde ich auch niemals zulassen," stellte Halarîn klar. "Du weißt, ich werde mir immer Sorgen um dich machen, Morilië. Weil du mir wichtig bist. Aber ich vertraue darauf, dass du gut auf dich Acht gibst, und dich auf deine Freunde verlässt wenn Gefahr droht. Selbst wenn Mathan nicht in der Nähe sein sollte."
"Wie meinst du das?" fragte Kerry.
Halarîn druckste etwas herum bis sie schließlich sagte: "Sprich am besten während der Reise mit ihm darüber. Es gibt da etwas, worum er sich kümmern muss - und dabei werden sich eure Wege wahrscheinlich trennen."
Kerry blickte nachdenklich in die Ferne. "Nun, ich habe vor, mit Finelleth in ihre Heimat zu gehen, wo wir einigermaßen in Sicherheit sein werden."
"Gut," befand Halarîn und nickte. "Lass' uns für den Augenblick nicht mehr davon sprechen sondern die Zeit genießen, die uns noch bleibt ehe ihr aufbrecht."
"Genau meine Meinung," sagte Adrienne.
So wandten sie sich wieder einfacheren Themen zu und sprachen noch eine ganze Weile über dieses und jenes, was Kerry sehr genoss. Sie wusste, dass sie die beiden schon bald vermissen würde...

Am folgenden Tag brachen sie auf, um nach Norden, in Richtung von Bruchtal zu reisen.


Oronêl, Mathan, Celebithiel, Finelleth und Kerry zur Wildnis nahe Imladris
« Letzte Änderung: 8. Jan 2019, 11:06 von Fine »
RPG:

Fine

  • Moderator
  • Wächter der Veste
  • ***
  • Beiträge: 2.143
  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Audienz bei der Avari-Königin
« Antwort #13 am: 17. Sep 2017, 22:12 »
Córiel, Jarbeorn und Sabri mit den Manarîn-Wachen aus Dunland


Córiel war auf ihren Reisen durch Mittelerde schon mehrere Male durch Eregion gekommen, hatte das Reich Celebrimbors jedoch niemals während seiner Blütezeit gesehen. Umso erstaunter war sie nun, es wieder von Elben bewohnt vorzufinden. Auf dem Weg zur Hauptstadt des sich im Entstehen befindlichen Reiches sahen sie mehrere Male in der Ferne kleine Ansammlungen von Zelten, die laut den Elbenwachen mit der Zeit zu Dörfern ihres Volkes werden würden. Außerdem begegneten ihnen zweimal weitere Gruppen von gut gerüsteten Soldaten, die offenbar an der südlichen Grenze Eregions wachsam patrouillierten.
Nachdenklich musterte Córiel die Krieger, die sie und ihre Begleiter an der Furt des Glanduin abgefangen hatten. Sie trugen Rüstungen, die zwar gut gearbeitet waren und sicherlich die meisten von Menschen gefertigten Rüstungen übertrafen, doch an die Arbeit der Noldor kamen sie, ihrer Einschätzung nach, nicht heran. Es handelte sich bei den Elben offenbar um Avari, wenn gleich Córiel sich nicht gut genug auskannte, um zu wissen, von welchem der verschiedenen Stämme dieses zerstreuten Volkes sie wohl kamen. Sie waren mit Schwertern, Bögen und Lanzen bewaffnet und blickten sich während der Reise zur Hauptstadt stets wachsam um, als würden sie nach allen möglichen Gefahren Ausschau halten.

Jarbeorn ließ sein Pferd neben Córiels Ross hergehen. "Hör mal, Stikke," begann er im gedämpften Ton, "bist du dir auch sicher dabei? Diese Elben erinnern mich an Thranduils Volk, wenn ich ehrlich bin - das war ebenfalls ein ziemlich misstrauischer Haufen, der es nur ungerne gesehen hat, wenn Fremde über ihre Grenzen in ihr Reich kamen."
Córiel blickte geradeaus, während sie antwortete: "Sie werden uns nichts tun, wenn wir ihnen keinen Grund dazu geben. Es sind immer noch Elben, auch wenn sie von einem anderen Volk abstammen als ich."
"Ich hätte trotzdem gerne meine Axt zurück."
"Und ich vermisse meinen Speer. Aber ich versichere dir: Wir werden die Waffen zurückerhalten, wenn wir mit der Avari-Königin gesprochen haben."
Ein schwaches Nicken des Anführers der elbischen Grenzwachen zeigte Córiel, dass er alles mitangehört hatte, und ihrer Einschätzung zustimmte. Es war wichtig, jetzt als Gesandte Rohans aufzutreten, die eine wichtige Nachricht zu überbringen hatten. Immerhin mussten sie mit allen Mitteln versuchen, einen Krieg zu verhindern, der durch die Intrigen Vecas auszubrechen drohte.
Ich hasse das, dachte Córiel. Sie konnte Intrigen und Ränkespielchen nicht leiden. Am liebsten befand sie sich in einer Position, wo die Seiten klar verteilt waren. Sie wusste gerne eindeutig, wer Freund und wer Feind war. Denn daraus folgte für sie, wen sie töten konnte. Bei Jarbeorn war sie sich darüber im Klaren. Er war ihr Freund, und würde sie niemals verraten. Und ebenso unterschütterlich würde sie Rücken an Rücken mit ihm gegen alle kämpfen, die sich ihnen in den Weg stellen würden.
Sie warf einen raschen Blick auf ihren neusten Begleiter. Sabri, der trotz der angespannten Lage ein siegessicheres Lächeln im Gesicht trug. Er schien sich keinerlei Sorgen über die Situation zu machen, in der sich die drei Gefährten befanden. Er erwiderte Córiels Blick und schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln. Sie verdrehte die Augen und wandte den Blick ab. Ich werde noch nicht ganz schlau aus diesem Burschen, dachte sie und fragte sich nicht zum ersten Mal, woher Sabri wohl stammte, und in wessen Auftrag er nach Dunland gekommen war.

Sie übernachteten in einem kleinen Zeltdorf, das auf halbem Weg zur Hauptstadt von Eregion lag. Am folgenden Tag legten sie den Rest der Strecke zurück, bis die Stadt in Sicht kam, die sich gerade im Bau befand. Erste Anzeichen einer Stadtmauer waren zu erkennen, doch noch bestand der Großteil der Stadt aus Zelten und Fundamenten von neuen Häusern. Die meisten Bewohner Eregions schienen im Augenblick hier zu leben - denn es war laut der Wachen der Furten der sicherste Ort im Land.
"Willkommen in Vincarna Maranwë, dem sich neu erhebenden Ost-in-Edhil," sagte der Anführer der Wächter, als sie die Stadt erreicht hatten. Ihre Ankunft hatte sich rasch herumgesprochen, und Córiel und ihre Gefährten ernteten viele erstaunte, aber teilweise auch offen misstrauische Blicke. Sie stellten ihre Pferde vor einem der größten Zelte ab, das von einer großen Gruppe schwer gerüsteter Gardisten bewacht wurde. Diese Elben waren anders gekleidet wie die Avari, die Córiel an den Furten begegnet waren und schienen zu einem anderen Stamm zu gehören.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Córiel, Sabri und Jarbeorn schließlich ins Innere des Zeltes gebeten wurden. Sie passierten den Eingang, und kamen in ein relativ schlicht eingerichtetes Zelt, das offenbar als temporärer Thronsaal diente, denn am gegenüberliegenden Ende war ein Thron aus geschnitztem und verziertem Holz aufgestellt worden, in dem eine große Elbin saß und die drei Besucher eindringlich musterte. Dies musste die Königin der Avari sein, von der die Dunländer gesprochen hatten. Mehrere Berater umgaben die Königin. Einige sahen ihr so ähnlich, dass Córiel eine nahe Verwandschaft vermutete.
Vor dem Thron angekommen, beugten die drei Gefährten leicht das Haupt vor der Königin, die als Erste das Wort ergriff. "Ihr seid willkommen, Boten des Rates von Aldburg. Ich hörte, dass ihr dringende Botschaften für mich habt."
"So ist es, Majestät," begann Jarbeorn, der Córiel erneut damit überraschte, dass er sich in Situationen, in denen es darauf ankam, durchaus sehr gewählt und angemessen ausdrücken konnte. "Mein Name ist Jarbeorn, Sohn des Grimbeorn, und dies ist Córiel von den Noldor."
Córiel spürte, wie die Stimmung im Zelt etwas feindseliger wurde, denn einige der Elben warfen ihr nun offen ablehnende Blicke zu. Sie scheinen nicht viel von meinem Volk zu halten, schloss sie daraus.
"Und mich nennt man Sabri Ibn Eayan," stellte sich der Dritte im Bunde mit einer galanten Verbeugung vor. "Zu Euren Diensten."
"Ihr steht vor Scalyna Faelivrin Tu-Merenwen, Königin der Manarîn und der Hwenti," sagte einer der Elben mit strenger Stimme. "Was habt ihr zu sagen? Sprecht schnell."
Die Königin machte eine beinahe unmerkliche Geste mit der linken Hand, und der Berater verstummte. Ihr Gesichtsausdruck war reserviert, jedoch nicht unfreundlich. Mit einem Nicken forderte sie Jarbeorn auf, weiterzusprechen.
"Heermeister Faramir entsandte Córiel und mich nach Westen, denn es drangen Gerüchte von Krieg in Dunland an sein Ohr. Auch haben die Herren von Rohan seit vielen Wochen nichts mehr von jenen gehört, die nach dem Ende des Rates von Aldburg in Richtung Eriador aufbrachen. Wir sind hier, weil wir das Schicksal beider Gruppen ergründen sollen."
"Ich nahm für einige Zeit selbst am Rat in Aldburg teil," erklärte Königin Faelivrin. "Und ich kann zumindest einen Teil des Rätsels für euch auflösen. Jene Reisegruppe, die von Rohan in Richtung Lindon aufbrach und vom Herrn und der Herrin des Goldenen Waldes angeführt wurde, ist sicher an den Gestaden Círdans angekommen. Die Galadhrim leben nun dort in den Wäldern Harlindons. Und was Meister Elrond betrifft... wir haben gehört, dass er in seine Heimtstatt in Imladris zurückgekehrt ist."
"Dies sind gute Nachrichten," sagte Córiel. "Keine Nachricht über Meister Elronds Schicksal gelangte nach Rohan. Wir vermuten, dass der Krieg in Dunland dafür verantwortlich war." Sie machte eine kurze Pause und begegnete dem forschen Blick der Königin, ohne zu blinzeln. "Doch war Elronds Gruppe nicht die Einzige, die Aldburg kurz nach dem Ende der Ratssitzung verließ."
"Ich weiß, von wem Ihr sprecht, Córiel von den Noldor," unterbrach Faelivrin sie. "Diese Gruppe hatte einen wichtigen, geheimen Auftrag, der hier in Eregion zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht wurde. Mehr kann ich dazu nicht verraten, denn ich bin mir nicht darüber im Klaren, wieviel jene, die an dieser wichtigen Mission teilnahmen, Euch, Córiel, davon mitgeteilt haben."
Es war eine ehrliche Aussage, und dennoch verärgerte sie Córiel. Ich habe dieses Gerede satt, dachte sie und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Es wäre alles so viel einfacher, wenn wir solch wichtige Dinge frei und offen besprechen können. Dann würde das Ganze auch nicht so lange dauern.
"Wichtig ist im Augenblick nur, dass die Mission Lasserons erfolgreich war," sagte sie und wollte sich rasch dem nächsten Thema zuwenden, das ihr deutlich wichtiger vorkam. Bei der Erwähnung Lasserons zog für einen kurzen Augenblick ein leicht verwunderter Gesichtsausdrück über Faelivrins Gesicht, der jedoch so rasch wieder verschwand, wie er gekommen war. Dies brachte Córiel aus dem Konzept, sodass es schließlich Jarbeorn war, der wieder das Wort ergriff.
"Wir sind noch aus einem anderen, dringenderen Grund hier, euer Hoheit," sagte er und trat einen Schritt vor. Sofort regten sich die elbischen Gardisten, ehe sie erkannten, dass der Beorninger nicht versuchen würde, ihre Königin anzugreifen. "In Dunland ist etwas geschehen. Der Wolfskönig wurde beinahe ermordet, was von der tapferen Córiel gerade noch verhindert werden konnte. Als wir uns den Attentäter genauer ansahen, nachdem sie ihn getötet hatte, stellte es sich heraus, dass er einer vom Elbenvolk war. Ihr versteht sicher, dass manche der Dunländer nun Euch dafür verantwortlich machen."
Córiel fühlte sich sogleich an die Stimmung in Corgans Dorf erinnert, denn kaum hatte Jarbeorn seinen Satz beendet, begannen die Elben, lautstark durcheinander zu reden. Viele sprachen von "ungeheuerlichen Anschuldigungen" und bezichtigten den Beorninger der dreisten Lüge. Mehrere Minuten vergingen, ehe die Königin die Hand hob und ihre Berater zum Schweigen brachte.
"Berichtet mir alles, was in jener Nacht geschehen ist," verlangte sie mit Nachdruck in der Stimme. "Ich will ganz genau wissen, was passiert ist."
Jarbeorn kam der Bitte nur allzu gerne nach und erzählte in raschen Sätzen vom Angriff auf Aéds Leben und dem folgenden Tag, an dem sie herausgefunden hatten, dass es die Dunländerin Veca gewesen war, die sich als Drahtzieherin hinter dem Attentat bekannt hatte.
"Ich stimme eurer Einschätzung zu, dass jemand versucht, Eregion und Dunland gegeneinander auszuspielen, und bin froh, dass Aéd Wolfskönig das ebenfalls erkannt hat. Er ist klüger und besonnener, als ich bei unserer ersten Begegnung angenommen hatte," sagte Faelivrin. "Desweiteren halte ich es ebenfalls für wahrscheinlich, dass diese Veca eine Dienerin Sarumans ist. Doch was mir große Sorge bereitet, ist der Fakt, dass Elben in die Angelegenheit involviert waren.  Ich sehe, dass ihr nicht lügt, was bedeutet, dass tatsächlich einer der unseren - ganz gleich ob Avari oder Noldor - versucht hat, den Herrn der Dunländer zu ermorden. Dies ist in der Tat äußerst besorgniserrregend."
Eine Pause trat ein, in der die elbischen Berater leise miteinander in ihrer Sprache tuschelten. Es war ein Dialekt, den Córiel nicht verstand, weshalb sie vermutete, dass es sich dabei um die Sprache des Hwenti-Stammes handelte.
Sabri, der bislang noch kaum ein Wort gesagt hatte, brach unerwartet sein Schweigen. "Ich will nicht unhöflich sein, Herrin, aber... gibt es unter Eurem Volk vielleicht einige, die nicht mit Eurer Herrschaft einverstanden sind, oder es zumindest zu Beginn nicht waren?"
Das brachte die Elben schlagartig zum Schweigen, und Córiel erkannte, dass Sabri einen Nerv getroffen hatte. Faelivrin schien genau zu wissen. Sie musterte den Südländer aufmerksam, ehe sie sagte: "Interne Angelegenheiten wie diese gehen Euch nichts an, ebenso wenig braucht ihr zu wissen, wer unter meiner Krone steht und wer nicht. Als Zeichen meines guten Willens und als Dank für die Warnung, die ihr mir gebracht habt, werde ich euch jedoch sagen, dass es in der Tat einige Elben gibt, die nicht unter meiner Herrschaft stehen wollen. Das ist auch ihr gutes Recht, denn immerhin sind sie seit jeher ohne einen König oder Königin ausgekommen. Ich hatte nicht vor, ihnen dieses Joch aufzuzwingen und habe ihnen freigestellt, sich ihre eigene Existenz in diesem Land aufzubauen, denn es gibt hier genug Platz für alle von unserem Volk, und sie dürfen sich ansiedeln, wo immer sie wollen. Sie können ihre eigene Existenz aufbauen und diese Ländereien wieder aufleben lassen. Doch dass sie versuchen würden, einen Krieg auszulösen, kann ich noch nicht recht glauben."
"Das Wichtigste ist, dass nun rasch Klarheit geschaffen wird," meinte Jarbeorn. "Ein offener Krieg ist weder für euch noch für die Dunländer von Vorteil. Nur Saruman würde sich vor Freude die Hände reiben. Die wahren Drahtzieher müssen gefunden und bestraft werden, damit wieder Frieden einkehrt."
"Ihr sprecht wahr, Sohn des Grimbeorn. Ich werde Botschaften zu den entlegenen Dörfern entsenden und die Anführer dort zur Rede stellen. Wenn einer der Hwenti dahintersteckt, werde ich es bald herausgefunden haben."
"Und wir werden Veca jagen," ergänzte Sabri und sprach damit aus, was Córiel bereits gedacht hatte. Die Frau hatte bereits zugegeben, den Attentäter entsandt zu haben, und stand ganz offensichtlich mit einigen der Elben in Verbindung. Je früher sie sie fanden, desto besser.

Wenige Minuten später war die Audienz beendet. Faelivrin sicherte den drei Gefährten sicheres Geleit innerhalb ihrer Grenzen zu und lehrte sie einen Satz in der Sprache der Manarîn, der beweisen würde, dass sie mit dem Wohlwollen der Königin reisten. Córiel, Sabri und Jarbeorn erhielten ihre Waffen zurück und machten sich auf den Weg zu ihren Pferden. Es war bereits Mittag, und sie planten, Vecas Spur an den Furten des Glanduins wieder aufzunehmen. Als sie die Stallungen erreichten, die ebenfalls aus einem großen Zelt bestanden, wurden sie dort bereits von zwei ihnen unbekannten Elben erwartet. Eine der beiden war noch ein Kind.
"Wartet einen Augenblick, ehe ihr losreitet, und hört mich an," sagte eine hochgewachsene Elbin, deren Worte großes Gewicht zu haben schienen. Córiel erkannte, dass sie während der Audienz schweigend in der Nähe des Thrones gestanden hatte, sich aber nicht in die Diskussion eingemischt hatte. "Mein Name ist Ivyn von den Hwenti," sagte sie. "Ich weiß, wer ihr seid, und wohin euch eure Suche nun führen muss. Die, die ihr jagt, ist nicht länger in Dunland, wenn mich meine Sicht nicht trügt. Sucht im Osten nach ihr, an den ersten Ausläufern des Trennenden Gebirges."
Die Elbin besaß eine ehrfürchige Ausstrahlung, doch Córiels Blick blieb mehr an Ivyns junger Begleiterin hängen. Diese erwiderte Córiels Blick aus silbernen Augen und nahm überraschend ihre Hand. Die Berührung fühlte sich warm und tröstlich an, doch Córiel verstand nicht, weshalb. "Du trägst großen Zorn in dir," wisperte die Kleine. "Ich glaube... es gibt jemanden, der dir helfen kann. Finde ihn! Finde ihn bald, ehe dich der Zorn verschlingt!"
"Das genügt, Farelyë," sagte Ivyn leise, aber bestimmt. "Ihr solltet jetzt gehen. Eile ist geboten, denn ich fürchte, dass nicht alle so vernünftig wie der Wolfskönig und wie Scalyna sein werden. Reitet mit Hast!"
Sie nahm das Elbenmädchen an der Hand, und eilte rasch davon. Córiel und ihre Gefährten blieben etwas ratlos zurück.

"Das war die Weitsicht der Erstgeborenen, wenn mich meine Sinne nicht täuschen," sagte Sabri nach einer Minute des Schweigens. "Ich denke nicht, dass wir zu den Furten reiten sollten. Lasst uns Ivyns Rat befolgen und im Osten am Rand des Gebirges mit der Suche beginnen."
Jarbeorn hingegen schien Zweifel zu haben. "Ich weiß nicht recht," brummte er. "Das kommt mir alles sehr seltsam vor. Was, wenn es eine Falle ist?"
Córiel zog eine Augenbraue nach oben. "Du hast dich doch noch nie vor Fallen gefürchtet, Schwarzpelz," sagte sie neckend und überspielte damit ihre eigene Unsicherheit. "Ich würde sagen, es ist einen Versuch wert. Sehen wir nach, was es im Osten zu sehen gibt. Und wenn es wirklich eine Falle ist, dann lassen wir sie eben zuschnappen. Diesmal sind wir auf Veca und ihre Tricks vorbereitet."
"Das ist die richtige Einstellung!" lobte Sabri, der bereits im Sattel saß. Und so saßen auch Córiel und Jarbeorn auf. Ehe sie jedoch losreiten konnten, schloss sich ihnen ein weiterer Reiter an, der einen großen Hammer auf dem Rücken befestigt hatte und eine ähnliche Rüstung wie die Manarîn-Wachen trug.
"Mein Name ist Calanto. Ich werde mit euch gehen," rief er und klang dabei voller Tatendrang. "Es wird Zeit, dass jemand etwas unternimmt," fügte er hinzu.
Córiel und Jarbeorn tauschten einen zweifelnden Blick aus, doch schließlich gab die Hochelbin nach. "Also gut," stieß sie hervor. "Du kannst uns vielleicht behilflich sein, wenn du dich in diesem Land besser auskennst, als wir."
Calanto reckte die Faust zur Bestätigung, und trieb sein Pferd zum Galopp an. Rasch folgten ihm die drei Gefährten und ließen die Stadt der Manarîn schon bald hinter sich.


Córiel, Jarbeorn, Sabri und Calanto nach Osten zum Sirannon-Tal
« Letzte Änderung: 6. Feb 2021, 17:39 von Fine »
RPG:

Curanthor

  • Zwergischer Entdecker
  • **
  • Beiträge: 467
  • Don't ask what is possible, aim for the impossible
Die Probleme der Manarîn I
« Antwort #14 am: 19. Sep 2017, 03:15 »
Aus der Sicht von Anastorias, zusammen mit Faelivrin und den übrigen Manarîn

Hastig trieb er sein Pferd zur Eile an und hielt den Blick starr auf den Horizont gerichtet. Das Donnern der Hufe verstärkte in ihm den Drang seinen Hammer zu schwingen, leider hatte er bisher keine Möglichkeit dazu gehabt. Anastorias biss die Zähne zusammen und trieb sein Pferd weiter die Senke hinauf, die er gerade passierte. Er hatte keinen Blick für die Bäume oder die vereinzelten Blumen, welche ab und zu unter die Hufe seines Pferdes gerieten. Er war die ganze Nacht durchgeritten und merkte, dass seinem Reittier bald die Kraft ausging. Zu seiner Erleichterung kam er in die Gefielde, dier er schon kannte. Er ritt um einer größeren Gruppe Bäume herum, auf deren Äste er sich gern entspannte. Erste Elbengruppen, die Material zu dem riesigen Baugrund der Stadt schafften warfen ihn verwunderte Blicke zu. Seine müden Augen erfassten die ersten Zelte und er war froh, bald nicht mehr in einem schlafen zu müssen. Sein Onkel Luscora hatte bereits Pläne für jedes Familienmitglied erstellt, die sonst niemand kannte. Es war sogesehen ein Geheimnis der Nénharma. Je näher der Stadt kam umso deutlicher wurde es, dass in dem einen Tag seiner Abwesenheit offenbar die Baumaßnahmen deutlich beschleunigt wurden. Er wusste zwar nicht wie, aber irgendwie hatten es einige Elben geschafft bereits große Mengen an Steinen und anderen Baumaterialien zu beschaffen. Ihm fielen mehrere Standarten ins Auge, die sich vor dem großen Zelt der Königin im Wind drehten. Etwas zu spät zügelte er sein Pferd und kam fast schon schlitternd zum stehen. Anastorias wollte in aller Eile absteigen, doch verhedderte er sich im Steigbügel und rutschte fluchend vom Pferd zur Seite. Einer der Gardisten vor dem Zelt bemerkte es und erbarmte sich ihm zu helfen. Einen Dank murmelnd drängelte er sich an den beiden Männern vorbei.
"Herr, ihr könnt dort nicht hinein!", rief die Wache ihm hinterher, als er den Stoff zurückschlug.
"Unsinn, meine Nachricht ist hochwichtig und dort drinnen ist doch niemand außer...", er verstummte und brachte den Satz nicht zu Ende. "Oder doch?", murmelte er stattdessen und starrte in eine große Versammlung von Elben, die sich zu ihm umdrehten. Anastorias erkannte Fanathr, den Sprecher der meisten Hwenti; seine eigene Familie war ebenfallsanwesend, selbst sein Onkel Luscora, der Politik verabscheute und sich nie einmischte. Ivyn drehte sich mit Faelivrin zu ihm um, neben ihr standen die übrigen Fürsten der Manarîn, ebenso seine Mutter Isanasca und eine Handvoll Elben, die er nicht kannte.
"Ich hoffe, es gibt einen guten Grund einfach so hereinzuplatzen?", hob Faelivrin an, ein flüchtiges Schmunzeln nahm ihren Worten die Schärfe. Dennoch war ihr Blick ernst und forderte ihn zum Sprechen auf.
Sofort ging er auf ein Knie und hielt sich eine Hand auf das Herz. "Herrin, ich habe wie befohlen die drei Botschafter bis zur Grenze unseres Reiches begleitet."
Sofort hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit und die vereinzelten Gespräche zwischen den kleinen Gruppen erstarben, Ivyn nickte ihm aufmunternd zu.
Mit knappen Worten beschrieb er den vergangenen Vorfall und wiederholte Wort für Wort die Schilderung von der Hochelbe. Er erzählte von dem Überfall und das Gespräch zwischen Córiel und Veca. Als die Sprache auf die Avari und die Wörter "Verräterblut" und "Feiglinge" fielen, erfüllt das Zelt eine eiskalte, schweigende Aura. Es war so still, man hätte eine Nadel auf den Boden fallen hören können. Anastorias endete mit dem wahren Namen von Veca und erhob sich schließlich. Ein Blick zu Faelivrins Augen verriet ihm, warum es so still geworden war. Ihre Miene war zu einer emotionslosen Maske erstarrt, ihre Augen blitzen jedoch gefährlich. Fast meinte er dort einen silbernen Schimmer zu sehen, was nach einem Blinzeln verschwunden war.
"Ich schlage vor, das wir einen Hetztrupp aussenden. Sowas darf nicht ungesühnt bleiben", sagte Fanathr eisig und ballte immer wieder die Fäuste.
Andere Stimmen wurden laut und riefen nach dem Kopf der Abtrünnigen. Kurz darauf hatte sich ein lautstarkes Stimmgewirr erhoben, da mehr als zwanzig Elben sich über die Verräterin empörten. Anastorias hielt jedoch Faelivrin im Blick, die einen kurzen Blickkontakt mit Ivyn hatte. Sein Blick wurde von einer jungen Elbe mit dunkelbraunen Haar und rehbraunen Augen angezogen, die etwas Abseits stand und schweigend die streitenden Elben beobachtete. Als sie seinen Blickkontakt erwiderte, meinte Anastorias dort eine enorme Selbstsicherheit zu lesen.
"Genug!" Die Königin hatte nicht einmal die Stimme erhoben, doch ihr deutlich vernehmbarer Zorn ließ alle in dem Zelt zusammenfahren. Selbst die Hwenti, die nicht unter ihrer Krone standen schwiegen ehrfurchtsvoll. "Gelior, entsendet umgehend Kunde an alle Siedlungen, dass eine Elbe mit der Beschreibung von dieser Veca, oder Vaicenya - wie auch immer sie sich nennen mag- wegen Hochverrats gesucht wird. Setzt die Grenzmannschaften davon in Kenntnis. Niemand attackiert Botschafter anderer Völker in meinem Reich und kommt davon."
Der Angesprochene, ein Elb mit grauen Haaren, nickte und eilte in seiner langen schwarzen Robe so schnell aus dem Zelt wie es ihm nur möglich war.
"Ich denke, dass das alle Avari betrifft", hob Fanathr erneut an und erhielt zustimmendes Nicken der übrigen Elben, die unabhängig von der Krone waren, "Also werden wir die Manarîn unterstützen und die östlichen Gebiete zu den Bergen hin abdecken. Seht die Grenzen dort als gesichert an, Königin Faelivrin. Diese Verräterin hat nicht nur Euch, sondern auch uns alle beleidigt und Orkgesindel in unsere neue Heimat geführt, das ist unverzeihlich."
Faelivrin nickte ihm zustimmend zu, woraufhin die meisten der unabhängigen Avari das Zelt verließen. Mit strenger Stimme wandte sie sich an ihre Berater, die zwischen ihr und Ivyn standen: "Fürst Taniel und Fürst Túniel, verbreitet die Kunde von den Verrätern und schärft den Unseren ein, dass es unabdingbar ist, unsere Festungsanlagen so schnell wie möglich fertig zu stellen. Vermeidet aber von einem drohenden Krieg zu sprechen. Das gilt auch für euch alle." Sie wandte sich nun an den Rest und hob die Stimme leicht an,"Es wird keinen Krieg mit den Dunländern geben. Entsendet einen Boten zu Aéd Wolfskönig und überbringt ihm unsere neuerlichen Erkenntnisse. Nur er soll davon erfahren und betont, dass es Abtrünnige sind, die nichts, auch rein gar nichts mit uns zu tun haben."
Die Königin blickte alle der Reihe nach ernst an. Es war für Anastorias stets etwas merkwürdig, da die Hälfte des kleinen Hofstaats aus ihrer eigenen Familie bestand, doch stellte niemand die Autorität Faelivrins in Frage. Die Manarîn vertrauten ihren Urteilen und ihrer Führung. Er selbst fragte sich manchmal, woher sie immer diese Zuversicht nahm, die sie gerade ausgestrahlt hatte, als sie verkündete, dass es keinen Krieg mit den Dunländern geben würde..
Auf einen Wink der Königin hin verließen die meisten Elben das Zelt. Einzig Ivyn, Luscora, Isanasca und die merkwürdige Elbe mit den rehbraunen Augen und dunkelbraunen Haar blieben, ebenso wie Faelivrin selbst. Anastorias wollte ebenfalls gehen, wurde aber von einem Ruf seiner Mutter zurückgehalten.
"Komm her, mein Junge", sagte Isanasca stolz und schloss ihn etwas peinlich berührt in die Arme, "Gut gemacht."
Das Lob wirkte irgendwie falsch, da er nicht sonderlich viel gemacht hatte. Dennoch schwieg er und strich seiner Mutter flüchtig über den Rücken, als sie sich voneinander lösten.
"Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass du einfach mit ihnen weiterziehst", gestand sie schmunzeln und zwickte ihm in die Muskeln seiner starken Arme.
"Er wollte es nicht riskieren den Befehl seiner Königin nochmal zu missachten", warf Faelivrin leicht grinsend ein und drehte sich zu Luscora um.
Anastorias spürte, wie ihm leicht die Wangen glühten, denn seine Großmutter hatte damit auf seinen kleinen Ausflug nach Carn Dûm angespielt. Damit hatte er damals gegen ihre Anordnung verstoßen, in Lindon auf sie zu warten. Sein Blick fiel erneut auf die Elbe mit dunkelbraunen Haaren und rehbraunen Augen, die ihn heimliche Blicke zuwarf. Ein Gardist wollte diese gerade hinausgeleiten, als Anastorias die Hand hob. Warum er das tat, war ihm nicht klar. Es war seine Inuition gewesen. Der Wächter verharrte und verließ mit einem "Wie Ihr wünscht" auf den Lippen rasch das Zelt.
Faelivrin unterbrach dadurch aufmerksam geworden ihr Gespräch mit Luscora und blickte auf. Als sie die Elbe im Zelt bemerkte, legte die Königin den Kopf schief und sagte: "Ich kenne Euch. Ihr seid Amante aus dem Hause Maltahal.
Die Angesprochene lief rot an und überging sich in Entschuldigungen, dass sie gar nicht hier sein durfte. Dabei verhaspelte sie sich ständig, bis Ivyn hinter sie trat und ihr eine Hand auf die Schulter legte. Überrascht von der Berührung zuckte Amante zusammen. Isanasca warf indessen Anastorias einen vorwurfvollen Blick zu, den er mit einem Schulterzucken beantwortete. Ihre Lippen formten die Frage, ob er sie eingeladen hatte, was er mit dem Kopf schüttelnd verneinte. Leicht empört über die Frage seiner Mutter verschränkte er schmollend die Arme.
"Ich... Ich wollte nur mal sehen, wie es in so einem Rat zugeht", murmelte Amante schließlich scheu und wollte schon gehen, doch Ivyn hielt sie noch immer an der Schulter.
"Ich erkenne es, wenn ich jemanden aus der Zeit der Sterne treffe. Keine Frage, Ihr seid nicht so wie Ihr scheint."
"Nein, das ist sie nicht", ertönte plötzlich die Stimme Amarins und ließ alle zum Eingang blicken. Der Elb trug stets seine abgerissen Ausrüstung und würde selbst in einem Heerlager stets sehr einfach zu finden sein, befand Anastorias. "Sie ist zwar keine der Ersten wie Ihr, Gnädigste Ivyn, aber Amante ist einer der reinsten Geschöpfe, die ich kennengelernt habe", fuhr der alte Elb fort und trat ohne zu fragen ein.
Amante gab ihre Zurückhaltung auf und streckte sich. Sie reichte Ivyn fast bis zum Kinn und war somit erstaunlich groß und überragte Anastorias fast mehr als einen Kopf.
"Und was hat das zu bedeuten?" Die Frage Luscoras schien ihnen allen durch den Kopf zu gehen. Es war selten, dass er sich zu Wort meldete. Meistens dann, wenn sein Verstand die Dinge nicht begreifen konnten, so wie es jetzt der Fall war.
Amarin räusperte sich und nahm mit Respekt die Hand Ivyns fort. Zum Erstaunen der Anwesenden ließ diese es zu und tauschte einen langen Blick mit dem Elben. Es schien eine gefühlte Ewigkeit zu vergehen, bis die Erste kaum merklich nickte. Ohne weitere Worte trat sie aus dem Zelt hinaus. Anastorias war sich sicher, dass die beiden gerade sich irgendwie unterhalten hatten, ohne, dass die Anderen bemerkten.
"Aus Respekt vor der Königin kann ich aber sagen, dass Amante eine alte Freundin von mir ist", erklärte Amarin lächelnd und legte der wieder etwas scheu wirkenden Elbe eine Hand auf die Schulter, "Wir kennen uns schon aus alter Zeit."
"Ihr meint, aus Gondolin?", hakte Faelivrin nach und Anastorias erinnerte sich, dass es immer nur Gerüchte und Gerede über die Eltern des Ahnherrn gab. Woher diese genau kamen, wusste niemand.
Amarin lächelte, zumindest auf dem Teil des Gesichts, der nicht von einem Tuch bedweckt war. Die meisten Manarîn tuschelten schon seit längeren, dass der Elb in einem schweren Kampf eine Verwundung erlitten hatte, die nicht den Körper sondern dessen geistige Essenz verstümmelte. Anastorias hütete sich das jetzt zur Sprache zu bringen. Sein Blick ging zu den rehbraunen Augen von Amante, die ihn aufmerksam musterte.
"Schaut mich nicht so an, ich bin Euch keine Erklärung schuldig." Die Stimme von ihr war plötzlich in seinem Kopf. Verwunderte blickte er sich um, doch anhand des Blickkontakts mit Amante war er sich sicher, dass sie es war. Sie nickte kaum merklich, genauso wie Ivyn es vorhin getan hatte.
"Nun, wenn es so ist, vertrauen wir auf Euer Urteil, Amarin", sagte Faelivrin umgänglich und nickte Amante zu, "Fühlt Euch frei zu gehen wohin Ihr beliebt."
Anastorias fluchte leise, da er nicht mitbekommen hatte, was die Königin vorher besprochen hatte. Die braunhaarige Elbe dagegen verließ hastig das Zelt und warf ihm im Vorübergehen einen langen Blick zu. Er starrte noch eine Weile auf den Stoff, wo er noch kurz ihre schlanke Figur erkennen konnte. Dann war sie nach links aus dem Blickfeld gegangen.
"Calanto, hat du gehört?" Er drehte sich um und stieß fast mit Faelivrin zusammen, die ihn ernst anblickte. "Geh und hilf den anderen Elben beim Hauen der Steine für die Stadtmauer."
Mit den Worten verließ die Königin gefolgt von Ivyn, Amarin und Luscora das Zelt. Einzig Anastorias und seine Mutter blieben zurück. Isanasca strich sich ihre dunkelblonden Haare zurück und ließ sich seufzend auf einen Stuhl fallen.
"Irgendwie fehlt mir meine Stadt...", gab sie leise zu und zog ein zersplittertes Stück Stein aus ihren blauen Mantel.
"Eresion, die Stadt der ungezählten Edelsteine", bestätigte Anastorias und ging vor ihr in die Hocke, "Ich dachte, du hättest alles hinter dir gelassen?"
"Habe ich auch, nur sollte man manche Dinge aus seiner Vergangenheit wie Schätze behandeln und nicht wie ein Fluch."
Seine Mutter drehte das Stück Stein. Glitzernd reflektierten die Diamanten auf der glatten Seite, die makellos sich in die Sockel einfügten das Licht.
"Ich vermisse es auch", gab Anastorias leise zu und tätschelte seinen Hammer auf dem Rücken.
"Ich denke, weniger wegen der Waffe. Ich bin deine Mutter, du kannst mir nichts vormachen." Sie suchte seinen Blick. "Willst du mir vielleicht erzählen, was auf deinem kurzen Ausflug passiert ist?"
"Du weiß es doch. Eben habe ich alles erzählt und ..." Er verstummte, als seine Mutter den Kopf schüttelte. Anastorias seufzte und setzte sich im Schneidersitz hin. Isanasca fuhr ihm mit einer Hand durchs Haar und wartete, bis er erzählte. Doch Anastorias konnte sich nicht dazu überwinden.
"Ich weiß, dass es mit dem Mädchen zu tun hat. Lange blonde Haare, grüne Augen, schlanke Statur..."
"Alassindowen", sagte er kaum hörbar und spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, "Immer wenn ich sie anblickte, habe ich nicht den Menschen, sondern die Elbe gesehen."
"Ich weiß", wiederholte seine Mutter und drückte ihm das Bruchstück aus Eresion in die Hand, "Versuche diese Erinnerung an sie nicht in anderen Elben oder Menschen zu sehen. Sie ist stets bei dir, in deinem Herzen. Dieser Stein ist nur ein Stein, wenn man ihm keine Bedeutung beimisst. Doch ich hege ihn wie ein Schatz, abgesehen von den Edelsteinen."
"Und du denkst, es schmerzt weniger, wenn ich die Erinnerungen an Alassindowen weniger Bedeutung beimessen würde?"
Die Vorstellung davon, zu vergessen wie ihre Haut nach dem Meersalz gerochen hatte, oder ihre Haare stets nach Honig dufteten, schmerzte so sehr, dass ihm einzelne Tränen herabliefen.
Seine Mutter schüttelte jedoch heftig den Kopf. "Ich bin nicht gut mit Worten. Ich meinte, dass du diese Erinnerungen an sie als einen Schatz aufheben solltest. So wie ich es mit dem Stein von Eresion mache. Sieh es als ein wertvolles Stück Geschichte, dass dich stets daran erinnern soll, was einst wahr. Doch solltest du nicht das was vor die liegt aus de Augen lassen. Geschichte ist Vergangenheit und dein Leben spielt im Jetzt."
"Es klingt so einfach und doch..." Er verstummte und wischte sich rasch die Tränen fort, "Ich brauche etwas Luft. Außerdem muss ich eine Stadtmauer bauen." Die letzten Worte waren grimmig gesprochen, doch es war ihm egal. Anastorias verfluchte den Tag, an dem er dem Mädchen mit dem Namen Kerry über den Weg gelaufen war. Sie hat begrabene Erinnerungen wachgerufen und ihn sogar darüber gebracht über sie zu sprechen.


"Was ist mit ihm?" Isanasca blickte kurz auf, als ihr Mann in das Zelt eintrat. Er war alleine und trug eine weite Tunika, die nicht so recht zu dem Wetter passte.
"Sein Geist der Vergangenheit, Sanas", erwiderte sie nachdenklich und hob das Bruchstück aus Eresion auf, das ihr Sohn verloren hatte, "Er hat damit noch immer zu kämpfen."
"Ist es wegen dem Menschenmädchen?"
"Wie wir bereits vermutet hatten, ja. So wie alle sich über ihn das Maul zerreißen."
"Nun, die Ähnlichkeit ist nicht von der Hand zu weisen."
Isanasca blickte Sanas in die grauen Augen. "Glaubst du an Inkarnation?"
"Es heißt, die Seele der Elben geht in den alten Westen... Nicht in einen Menschenkörper."
"Aber gilt das auch für Avari? Man nennt uns auch Dunkelelben, gilt das Gleiche Schicksal für alle Elben?"
Sanas kratzte sich ratlos am Kopf und zuckte mit den Schultern. Seufzend setzte er sich in dem Stuhl neben ihr. "Ich denke, es ist ein Scherz der Valar. Sie wollen unseren Sohn testen. Vielleicht zeigen sie ihm einen Weg, wie er seinen langen und tiefnsitzenden Kummer überwinden kann?"
"Nicht so. Nicht auf die Art, auf der Alassindowen umgekommen ist." Isanasca wandte ihm den Kopf zu und umschloss das Bruchstück mit Edelsteinen mit ihrer Hand, "Nicht wenn sie vor seinen Augen starb. Er ist fast noch ein Jüngling. Man kann nicht von ihm erwarten sowas einfach wegzustecken." Er legte ihre eine Hand auf die Schulter, da ihre Stimme immer lauter geworden war. Sie wussten beide sehr gut, dass ihr Sohn seine Gefühle fast meisterhaft verdrängen konnte. Umso schlimmer war es, wenn sie wieder an die Oberfläche drängten.
"Vielleicht kann Amante ihm ja helfen?", sagte Sanas zaghaft.
Isanascas Augenbrauen zogen sich soweit zusammen, dass sie fast einen durchgehenden Strich bildeten.
"Wie soll das denn bitte funktionieren? Und woher weiß du überhaupt von ihr?"
Trotz ihres ernsten Tons grinste ihr Mann schelmig.
"Gerüchte reisen schnell, besonders wenn es die Königsfamilie und potentielle Erben betrifft."
"Manchmal denke ich, dass ich im falschen Königreich bin", murmelte sie zur Antwort und schüttelte den Kopf, "Amante ist mir zu undurchsichtig. Außerdem ist sie viel zu alt für ihn."
"Isa, seit wann interessiert dich das Alter? Nur weil es dein Sohn ist?"
"Wir können es ihm nicht aufzwingen und sie hat scheinbar nicht so viel interesse an ihm... dass sie nur wegen ihm im Zelt verblieben ist glaube ich nicht. Das ist nur dummes Geschwätz, Sanas."
"Vielleicht hast du Recht..."

Sie verfielen in ein kurzes Schweigen, bis Isanasca sich erhob und dabei sich an ihre Pflichten erinnerte. "Ich muss die Soldaten mustern und neue Truppen ausheben. Einige werde ich in den Städtebau einbinden, der Winter kommt bald und da möchte man es gern warm haben. Ich denke, das ist ein guter Anreiz."
"Ebenso wie ein kommender Krieg", warf Sanas unbarmherzig ein.
"Das wohl eher weniger. Sollte uns jemand angreifen, wird er den geballten Zorn unseres Volkes zu spüren bekommen. Diese Veca-Verräterin hat sich einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht jetzt ihre Spielchen zu treiben."
Isanasca hatte begonnen im Zelt umherzulaufen und dabei immer wieder nach draußen zu sehen.
Ihr Mann folgte ihr mit den Blicken, blieb aber ganz gelassen. "Du meinst die angespannte Lage zwischen Manarîn und Hwenti?"
"Wer weiß, vielleicht ist sie die benötigte Kraft, die unsere Völker wieder zueinander finden lässt. Ich habe in den vergangenen Woche noch nie gesehen, dass die übrigen Hwenti so schweigsam die Entscheidung von Faelivrin akzeptieren."
Sanas nickte zustimmend und strich sich seine schwarzen Haare hinter die Ohren. "Wer weiß was die Zukunft bringt. "
« Letzte Änderung: 19. Sep 2017, 03:20 von Curanthor »