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Whale Sharku:
Raschi, was außer den Differenzen der relativen und der absoluten Straftheorie kannst du mir sonst noch über Rechtsphilosophie sagen?
Meine Neugier ist geweckt^^

(Palland)Raschi:

--- Zitat ---Ich halte daher Abschreckung für ein notwendiges Übel und ganz sicher nicht für ein maßgebliches Kernprinzip.
Unschuldige und ihre persönliche Freiheit zu beschützen erscheint mir hier das einzig sinnvolle maßgebliche Kernprinzip.
--- Ende Zitat ---

Also wenn ich dich richtig verstehe, hälst Du von repressiven Maßnahmen (Strafverfolgung) grundsätzlich nicht viel, sondern willst sie höchstens zur Abschreckung nutzen.
Im Gegenzug würdest Du voll auf präventive Maßnahmen setzen (Gefahrenabwehr), sodass es zu einer Strafverfolgung nicht kommt.
Wolltest Du das damit sagen ?


--- Zitat ---Die persönliche Ausrichtung zu einer bestimmten Richtung innerhalb der Ethik (bei mir wie gesagt Stoa und Epikureer) ist aber nicht wissenschaftlich, sondern immer subjektiv und vom Glauben bestimmt.
--- Ende Zitat ---

Hm, also das würde ich so nicht unterschreiben. Mitunter ist die Anwendung von ethischen Grundsätzen zwingend.
Wenn wir uns die Rechtswissenschaft und das Tatbestandsmerkmal der "Sittenwidrigkeit" aus § 138 I BGB anschauen sehen wir es ganz deutlich.
--> Sittenwidrig ist eine Handlung, die gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Wie kriegt man nun heraus, was das Anstandsgefühl aller "billig und gerecht Denkenden" ist ?
Klar ist: Es ist nicht das subjektive Empfinden des Rechtsanwenders, und damit keine Glaubenssache.
Es ist entweder vorrangig "rechtsethisch" zu beantworten. Das heißt, dass wir Gesetzesnormen heranziehen und aus diesen Wertungen ziehen, zB. Grundrechte.
Denn wenn uns jemand fragen würde, was die Grundwerte unserer Gesellschaft sind, dann würden wir zuallererst die Verfassung nennen.
Können wir das nicht, greifen wir auf die "Sozialethik" zurück, also tatsächlich die gesellschaftliche Ansicht wie sie momentan zu einem Thema besteht. Diese wandelt sich natürlich regelmäßig.

Gerade allerdings die Anwendung und das Herausarbeiten der Rechtsethik ist hoch wissenschaftlich, und hat damit nichts mit Glauben zutun.

@ Whale (Vertiefungshinweis):

Es gibt in München einen hervorragenden Rechtsphilosophen und sehr bekannten Strafrechtler Bernd Schünemann

Der hat eine 12 Teilige Vorlesung zur Rechtsphilosophie in einer frei zugänglichen Podcastreihe freigestellt.
Du findest Sie  hier


--- Zitat ---Raschi, was außer den Differenzen der relativen und der absoluten Straftheorie kannst du mir sonst noch über Rechtsphilosophie sagen?
--- Ende Zitat ---

Im übrigen Fragen über Naturrecht, und positives Recht (also ob Recht erst durch den Gesetzgeber geschaffen werden muss, oder per se besteht), oder wie Recht gesetzt wird, von oben oder durch Gewohnheit etc.

Whale Sharku:
Das gilt in ähnlicher Weise auch in der Ethik - es sind einigermaßen logische Systeme, und je mehr notwendige Urteile ein solches System uns an die Hand gibt (also je weniger "individueller Spielraum" besteht) desto besser ist es auch. Das alles geht auch ohne "wahre Letztbegründungen" überraschend gut.

Und ja, genau das meinte ich, Raschi. :) Was könnte denn dafür sprechen, die Strafverfolgung zum Selbstzweck zu erheben d.h. sie auch dann in den Vordergrund zu stellen, wenn es eben nicht letztlich der Prävention dient?

PS: Danke für den Link

(Palland)Raschi:
Also die Vergangenheit hat gezeigt, dass Regeln notwendig sind, damit mehrere Menschen zusammenleben können.
Wenn aber die Menschen wissen, dass eine Regel nicht zur Anwendung gelangt, werden sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht daran halten.
Verstößt also jemand gegen eine Regel, muss das Folgen haben.

Der Mensch hat dazu ein natürliches Bedürfnis nach Vergeltung. Gäbe es keine Vergesellschaftung des Strafrechts würde jeder die Vollstreckung selber betreiben.
Der Staat (die Gesellschaft) und der Bürger haben aber einen Deal gemacht.
Der Bürger verzichtet auf die eigene Verfolgung und Durchsetzung zugunsten des Staates. Dieser sorgt aber dafür, dass dem Interesse des Bürgers an Vergeltung nachgekommen wird. Andernfalls würde dieser sich genötigt sehen, wieder selbst Hand anzulegen.

Die Prävention versagt dort, wo wir uns nach der tatsächlichen Schuld des Täters fragen. Um abzuschrecken bräuchten wir besonders hohe Strafen, die jedoch zu Lasten des Individuums gingen.

CynasFan:

--- Zitat von: (Palland)Raschi am 25. Sep 2015, 23:35 ---Die Prävention versagt dort, wo wir uns nach der tatsächlichen Schuld des Täters fragen. Um abzuschrecken bräuchten wir besonders hohe Strafen, die jedoch zu Lasten des Individuums gingen.

--- Ende Zitat ---
Mit den besonders hohen Strafen die abschrecken würden, bist du leider nicht ganz richtig. Zwar gibt es kleinere Verbesserungen, es kann aber auch genauso gut zu einer Radikalisierung der Verbrechen führen besonders grausam zu sein.
Strafrechtlich gesehen haben weder besonders grausame noch besonders integrative Maßnahmen einen deutlichen Einfluss auf die Kriminalstatistik.
Gruß, CynasFan

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