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Autor Thema: Rylthas Haus  (Gelesen 6478 mal)

The Chaosnight

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Rylthas Haus
« am: 13. Nov 2011, 18:17 »
Salia, von: Ein mysteriöses Schwert

Rylthas Haus befand sich in einer Seitenstraße des "Platz des goldenen Drachen" und bot perfekten Ausblick auf die Überreste der Festbühne und die unzähligen Marktstände, die sich mittlerweile auf ihm gebildet hatten. Lediglich in seinem Zentrum herrschte Leere: Dort wo vor Stunden der König seine Rede gehalten hatte, thronten jetzt die Käfige der Gefangenen und einige Wächter verboten den Durchweg zu ihnen. Die meisten schienen jedoch durch die Stände zu schlendern oder freudig an Pfeilern zu lehnen und einige verließen auch schon angetrunken den Platz. Von einem Balkon aus beobachtete Salia das Geschehen und fühlte sich unsicher: Sie war wütend, dass sie sich im Palast so fremd geworden war, sie war wütend, dass sie seit Wochen unter diesen verfluchten Trank gesetzt wurde und verwirrt über die ganze Angelegenheit mit Broddericks Schwert und dem Verhalten des Beraters. Doch im Grunde blieb nur eins in ihr zurück: Sie hatte nach mehreren Jahren des Wartens, hunderten Meilen Weg und tausenden Toten die eine Chance verpasst, die sich normalerweise nur einmal im Leben bietet. Die einzigen Dinge, denen sie sich sicher war, hatte sie in diesem Moment verloren, hatte dieses Gift ihr genommen: Ihren Antrieb und sich selbst. Nun war sie hier gefangen, gezwungen irgendwie in diesem verhassten Land auszukommen...mit sich selbst auszukommen und auf die minimale Chance zu hoffen irgendwann noch einmal die Chance zu erhalten.

Sie seufzte und versuchte einen genaueren Blick auf die Gefangenen zu erhaschen, doch in der Abenddämmerung konnte sie nichts genaueres erkennen. Ob sie irgendwem bekanntes Gesicht unter ihnen finden würde? Wäre sie froh drüber, dass sie noch lebten oder traurig, dass sie in Gefangenschaft wären? Was war mit Adaric? Sie hatte ihn das letzte Mal vor der Schlacht gesehen und ihn in ihrer krankhaften Vorbereitung nie wirklich verabschiedet. Was war mit Tengar? Immerhin hatte sie ihn zu dem Geheimgang geschickt, wo die Oatlinge durchbrachen. Agarwaen und Rohnon? Sie hatte sie vor dem Ausfall kurz sehen können und wusste, dass beide bis zum Tode kämpfen würden. Die alte Dame und ihre Famile? An so viele Menschen musste Salia denken, als sie die Käfige sah und einfach nicht wusste ob sie für ihre Freunde auf diese schmachvolle Hölle oder auf deren sicheren, ehrenvollen Tod im Erebor hoffen sollte.  Sie seufzte erneut und verfluchte sich selbst - Da zog sie Monate mit ihnen umher und hatte keinen einzigen Blick auf die Gefangenen geworfen.

Nach einiger Zeit trat Ryltha hinter sie, "Komm! Leg diese Rüstung ab und mach es dir bequem. Ich will dir einige Sachen zeigen."
"Ist ja ganz was neues", sagte Salia harsch und stampfte zurück ins Haus, wo sie sich auf einen Stuhl fallen ließ, "Was gibt es, was so wichtig ist um..um"
"Um was?"
"Oh ich weiß nicht, wie wäre es mit 'Die Leute, die einem vertrauen sollen zu vergiften' oder 'Diese Personen nach und nach von sich abhängig zu machen' oder 'Willenlose Unmenschen aus ihnen zu machen'? Verdammt noch mal - Ihr habt mich über Wochen vergiftet! Ich erkenne mich selbst schon kaum mehr wieder, nur aufgrund eurer bescheuerten Tränke habe ich all meine Ideale verraten. Und nun? Ein Haufen verdammter Rätsel und ein riesiges Gefängnis!"
Auch Ryltha seufzte und antwortete vorsichtig: "Wir hatten Angst! Denkst du ernsthaft Rog hätte es alleine geschafft das Heer größtenteils zusammenzuhalten? Kaum hatte er Brodderick festgesetzt, hatten wir die Vorräte präpariert. Ansonsten wäre alles zusammengebrochen!"
"Was ist mit Rog? Den Deserteuren? Denen scheint dieses Gemisch wohl nicht geschadet zu haben!"
"Rog ist ein Sturkopf und absolut pflichtbewusst. Unsere Kräuter sind machtlos gegen solche Bestimmtheit. Ebenso die Deserteure: Ihr Hass war stärker.", Salia begann schon zu widersprechen, doch bevor sie etwas sagen konnte, was besser in ihrem Kopf bleiben sollte, hatte Ryltha schon geantwortet: "Dein Wille war stark genug dich vom Kraut zu befreien, doch du weißt genau so gut wie ich, dass der Plan Selbstmord wäre und das nicht dein endgültiges Ziel war!" Sie zog die Augenbraue hoch und schaute sie scharf an und ein einziger Name zog Salia durch den Kopf: "Khamul"
"Ich bin froh, dass du verstehst", sagte Ryltha, "Es tut mir Leid, dass wir dir nichts davon sagen konnten, doch dann wirkt der Trank nicht mehr so stark und du hast ja gemerkt, dass du schon so kurz davor warst etwas unüberlegtes zu tun. Ab jetzt haben wir zum Glück genug Zeit, dass du deinen Geist auf andere Arten leeren kannst."
Noch immer wütend blickte Salia sie an, "Ich hoffe es! Ich hasse dieses Zeug!"
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Laladrias Besuch
« Antwort #1 am: 13. Nov 2011, 21:21 »
Am selben Abend wurde Salia das Haus gezeigt. Mit Ausnahme der unzähligen Waffen und Rüstungen, sowie den anderen Waren ihres Onkels sah es Salias Haus nicht unähnlich: Aufgrund der hervorragenden Lage zog es sich eher in die Höhe als die Breite und die Räume ließen einen gewissen Wohlstand erkennen: Verschiedene Schlafräume, ein Leseraum mit einer beeindruckenden Sammlung und ein ordentlicher Übungsraum waren zu erkennen und zumindest im Erdgeschoss standen einige älter wirkende Skulpturen. Doch Ryltha winkte nur ab: "Ist nur ein gewöhnliches Haus. Im Grunde also nichts als der Lebensraum, der jeder von mir erwartet. Gehen wir lieber dorthin, wo wir beide uns wohler fühlen werden!"
Sie öffnete die Tür zum Badezimmer, hob eine Platte in der Wand aus und griff tief hinein. Ein kurzes Klicken ertönte und eine Falltür fiel von der Decke. "Vor Generationen lebten hier Schmuggler, die diesen Weg zu ihrem Lager nutzten." Ryltha schwang sich elegant nach oben und zog danach Salia zu sich. Auf dem Zwischengeschoss gab es im Prinzip nur eine Leiter nach unten, die in eine weitreichende Halle führte. Neben ihr sah sie eine weitere Leiter, die jedoch in der Hälfte abgebrochen wurde und die kein oberes Ende zu erkennen gab.
"Wer baut so etwas und warum ist diese Leiter so zerstört?", fragte Salia.
"Nachdem Radikale im zweiten Zeitalter über die Keller dieser Häuser versuchten den Platz zum Einsturz zu bringen, wurden sie per königlichem Dekret zugeschüttet und die Eingänge zugemauert. Naja, die Schmuggler waren einfallsreich und da die Könige diesen Platz sauber halten wollten, hatten diese Häuser die erste Art Kanalisation. Ein paar Handgriffe später und schon gab es einen neuen Weg zum Keller. Mit zugemauerten Wänden und in dieser Tiefe perfekt geeignet für alles verdächtige oder Gespräche, die oben gefährlich wären. Hier in der Mitte siehst du zum Beispiel einen Schrank voller gefährlicher Kräuter und einen weiteren mit alten Büchern, die gefährliches Wissen beinhalten. Viele von denen wurden von unseren Verbündeten vor den Königen gerettet, die sie zerstören wollten. Man glaubt kaum, was man alles in ihnen findet. Baupläne, alte Briefe, Urkunden oder politische Schriften verfolgter Gruppen. Wir werden die nächsten Wochen öfter hier unten sein, diese Bücher offenbaren dir vieles Wissen, was man in dieser Stadt haben sollte und hier sind wir auch ungestört genug um unser weiteres Vorgehen zu besprechen. Aber erstmal genug davon. Es war ein langer Tag und wir sollten uns erstmal ausruhen."
Salia nickte nur stumm, blickte ehrfürchtig auf die Sammlung alter Bücher und legte ihre beiden Bücher auf den einen Schrank. "Hier seid ihr erstmal sicher...irgendwann werde ich Euch bestimmt wieder brauchen.", dachte sie und folgte Ryltha wieder hinaus.

Die folgende Nacht war kurz, da es schon früh am Morgen an der Tür klopfte und Laladria sie begrüßte. Sie wirkte übermüdet und die bei ihrer letzten Begegnung blonden Haare waren pechschwarz. Mit ihrem dunkelblauen Anzug verschmolz sie förmlich in der Dunkelheit. Kaum wurde die Tür geöffnet, stürmte sie herein und schloss die Fenster des Hauses. "Die Gefangenen sind entkommen und die Wächter liegen in dem Käfig. Der Machart und den Insignien zu Folge war es eine der Assassinenorden, auch wenn ich mir nicht erklären kann welche. Viele verabscheuen zwar den König, doch jede größere steht zumindest zu diesem Land. Wer immer dies getan hat, gehört nicht mehr zum gewöhnlichem Spektrum und ist potentiell eine Gefahr für die öfentliche Ordnung. Ich rechne in den nächsten Tagen mit harten Schlägen gegen alle potentiellen politischen Feinde. Ihr solltet daher in nächster Zeit etwas ruhiger auftreten." Sie blickte Ryltha an und fuhr fort: "Ich werde die nächsten Wochen Aufträge im Westen ausführen müssen. Morrandir wird Euch jedoch in den meisten Fällen ebenso gut zur Seite stehen können. Gestern begann die Abrechnung des Feldzuges und sie ist eingeladen worden, also auf unbestimmte Zeit noch am Hof zugegen."
Sie neigte ihren Kopf und verließ wieder die Wohnung. Als sie gegangen war, sahen sie auf dem Boden einen Brief liegen.


HKB - Antwort U1779A001
-----
TS


*** S: 0x0000003A (0x0000005E, 0x80539c53, 0x88F33c90, 0x00000000),
*** S: 0x0000003B (0x001902FE, 0xF630EB63, 0xF630E868, 0xF74008D),
*** E: 0x0000001A
*** Ntfsys - A F74008D6 bat F73EF000, DS 48025be5



"Ab nach unten", sagte Ryltha nur und kurz darauf fanden sich beide wieder im Keller wieder.
« Letzte Änderung: 14. Nov 2011, 19:52 von The Chaosnight »
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Von Kräutern, Geheimschriften und einer legendären Waffe
« Antwort #2 am: 14. Nov 2011, 19:48 »
Ryltha legte den Ordner auf den Tisch und betrachtete das Deckblatt sorgfältig. "Das ist es also", murmelte sie, "Das ist was Laladria gesucht hatte." Sie holte zwei besonders alte Bücher aus dem Schrank und legte sie auf dem Tisch, "Jahrelang diente sie dem König und unserer Organisation zugleich, doch eines Tages sah sie, wie dem König ein geheimnisvolles Papier zugeschoben wurde, welches Gerüchten zufolge ein grauenhaftes Ereignis offenbaren würde. Ihr stärkster Konkurrent und der einzige ihr wohl ähnlich Gestellter erhielt den Auftrag und ward nie wieder in Rhun gesehen. Was auch immer dieses Geheimnis war, war stark genug in der höchsten Ebene behandelt zu werden und einen hochköniglichen Assassinen zu besiegen. Seitdem hat sie alles versucht um noch tiefer in das höfische Leben zu gelangen und dieses Brief zu finden. Wir wägten ihn schon verloren, doch sollte dieser es sein, haben wir wissen, was die Machtfesten Rhuns nachhaltig verändern könnte. In diesen beiden Wälzern hier sind alte Übersetzungsschablonen zu Briefkürzeln und allgemeinen Botensprachen, sowie allerhand anderer Verschlüsselungen."
Sie schlug ein Buch auf und zeigte Salia, was sie in dem ihren zu suchen hatte. Kurz darauf hatten beide das wichtigste auf der Vorderseite entziffert- Es war ein gewöhnlicher Briefcode, wie er für jeden Brief verwendet wurde, der in oder aus den Palast geschickt wurde. Die Details waren jedoch enttäuschend und keineswegs gefährlich: Es handelte offenbar um einen Keim westlicher Pflanzen, der eventuell die Königslilien im Garten des Königs gefährden könnte. Prinzipiell schien es nur eine Korrespondenz zwischen zwei Kräutermeistern und dem Gärtner zu sein, die zur Absprache des weiteren Vorgehens an den König weitergeleitet wurde. Enttäuscht schlugen sie den Ordner auf und érkannten weiterhin nur Details über die Saat eines westlichen Strauches.

An den Gärtner am Hofe zu Rhun:
Leider müssen wir Euch mitteilen, dass wir im direkten Umfeld des königlichen Palastes einen Keim westlichen Ursprunges erkannt haben. Wir können deren genaue Herkunft noch nicht genau klären, da die Saat noch jung ist, doch deren bisherigen Wachstums nach könnten wir uns folgende Gattungen vorstellen:
  • Illia Catharensis
  • Ofraneni Quora Rhegani
Diese Pflanze scheint vor allem in der Nähe der Königslilien zu suchen und schadet deren Gedeihen erheblich und stört damit den traditionellen Anblick des Palastgeländes. Die Gründe hierfür könnten vielfältig sein, doch einige ältere Händler hegen die Vermutung, dass der Import des 'Thornehi Gondorianis' einige unerwünschte Nebenprodukte mit sich gebracht hat. Wir verstehen natrlich den Wunsch des Königs angesichts der bald folgenden Siege seine Gärten um die neusten Gewächse seines Einflussgebietes erweitern möchte, doch diese Gefahr für die ältesten Sträucher des Gartens, die seit jeher die Schönheit und den Anspruch Rhuns symbolisieren, gar die Königswürde selbst repräsentieren, können wir persönlich nicht gutheißen.
Wir empfehlen daher dringendst zum Schutz unserer geliebten Königslilien den gefährlichen "Thornehi Gondorianis" mitsamt sämtlicher Setzlinge und den Keimen der unbekannten Pflanze zu vernichten. Dies mag zwar einen radikalen Schritt darstellen und den Traum des gondorianischen Gartens aufs erste ausmerzen, doch dafür die Pflanzen eines Königs retten und darüber hinaus den Garten von unreinen Gewächs reinigen.
Daher bitten wir Euch auf schnellstem Wege Maßnahmen einzuleiten um diese Gefahr zu beseitigen.

Aramais o'Rhenum Attkor, I.
und
Apol o'Rahus Attkor, II.


"Nichts", fluchte Ryltha, "nur ein Gärtnerbericht über alte Sträucher von zwei seltsam klingenden Kräutermeistern. Du kennst dich im Westen etwas besser aus, sagt dir eine dieser Pflanzen etwas? Leider haben wir nur Bücher über die Pflanzenkunde Rhuns. Der gondorianische Dornenbusch ist uns ein Begriff, doch diese Beiprodukte sagen mir nichts."
"So spontan nicht, doch ich meine mich zu erinnern, dass wir mal für ein paar Wochen einen Dornenbusch zu Hause stehen hatten, vielleicht hat irgendwer darüber Buch geführt.", sie suchte das Buch über die Aufzeichnungen ihrer Familie und blätterte umher, "Hier, ein Bericht über das Geschenk eines reichen Händlers: 'Der Thornehi Gondorianis oder auch gondorianischer Dornenbusch ist ein interessantes Gewächs von den Einöden Westgondors. Er verbraucht beinahe kein Wasser und seine Stacheln beinhalten in kleinstem Maße Giftstoffe. Zwar so gering, dass sie keinen direkten Effekt auf humanoide Lebensformen besitzen, doch die Ausdünstüngen von Dornenbuschwäldern sagt man einen positiven Effekt für die Denkleistung nach. Aufgrund ihres eher kränklichen Aussehens und ihrer aggressiven Verteidigung wurden sie jedoch mittlerweile an den Rande der Ausrottung getrieben und nur noch wenige Natursetzlinge existieren. Es heißt, dass diese Sträucher eine aggressive Verteidigung gegenüber fremden Sträuchern verfolgen, sofern sie nicht gezielt gepfanzt oder in geschlossenen Beeten wie Steinbeeten oder Töpfen gehalten werden, wobei von diesem aufgrund ihrer raschen Ausbreitung jedoch abgeraten werden sollte. Wo einmal ein Busch der Gattung 'Thornehi' stand, wird sich ein Jahrzehnt keine andere Pflanze mehr erheben und jede Saat vergeht augenblicklich.'"

Die beiden Frauen sahen sich kurz an und sagten beinahe zeitgleich: "Das ist interessant!". Zwei angeblich erfahrene Kräutermeister hatten sich also katastrophal geirrt und der königliche Gärtner höchstselbst hate diese Informationen an den König geleitet. Solche Fehler wären schon normal des Zufalls genug, doch zu allem Überfluss waren die verdächtigten Keime auch noch rohirrische Pflanzen, was endgültig Zweifel an diesem Brief weckte. Zugegebenermaßen waren diese Pflanzen allesamt selten und dem Aussterben nahe, doch ein gelernter Botaniker sollte trotzdem diese Unterschiede kennen! Daher vermuteten beide eine weitere Verschlüsselung, doch keine Schablone oder anderweitige Lösungshilfe führte sie voran. Zwar führten einige zu sinnvollen Sätzen wie "[...]ist gefunden", "Skandal am Hofe" oder ähnlichem, doch standen in diesen ebenso 'Wörter' wie "ICOTQOR", "AOR", "QOR" oder ähnliche Unbekannte, die keinen Sinn ergaben und in keinem Verzeichnis zu finden waren, sodass man diese Treffer schließlich auf Zufall zurückführte.
Auf der Suche nach einem westlichen Schlüsselsystem blätterte Salia das Buch ihrer Familie durch und erkannte während der Aufzeichnungen ihres Vaters über die Schlacht der Fünf Heere eine Zeichnung über die Heerführer der freien Völker und deren Schicksal: Der König der Zwerge lag auf einer Bahre, umgeben von einem atemberaubendem Edelstein und einem (für seine Verhältnisse) großen Schwert, welches Salia sofort bekannt vorkam. Unter dem Bild war eine kurze Beschreibung:


Thorin Eichenschild mit Orcrist und dem Arkenstein
Möge er ewig im Erebor schlafen!

Sie stieß einen kurzen Schrei aus und zeigte Ryltha das Schwert auf dem Bild, die es auch sofort erkannte: Es war das Schwert, welches Alatar am vorherigen Tag an sich gerissen hatte! Die Waffe Thorins, ein Schwert über das in Thal dutzende Legenden erzählt wurden und welches allen Überlebenden der Schlacht zu Folge eine Macht ausstrahlte, die alleine durch ihre Präsenz eine Schlacht entscheiden konnte, war nun in den Händen des Königs! "Das wollte er eigentlich", flüsterte Salia zu sich selbst.
"Was meinst du?"
"In dem Moment wo er das sah, funkelten Alatars Augen sofort auf, ebenso wo er es ergriff. Er muss es erkannt haben, den Gerüchten zu Folge scheint er ja die Geschichte des frühen Mittelerdes auswendig zu kennen. Er konnte sich auf kaum etwas anderes mehr konzentrieren, sobald er es gesehen hatte und verschwand danach auch sofort."
"Woher weißt du das? Weder Morrandir, Laladria oder Ich haben irgendetwas an ihm erkannt und wir kennen Alatar schon seit Jahren!", sie blickte Salia kurz an, lächelte und sagte dann: "Auch wenn du dieses Zeug nicht magst, du musst zugeben, dass du unter ihm genial bist!"
Salia schluckte und versuchte zu widersprechen, doch tief im Innern musste sie sich eingestehen, dass Ryltha recht hatte: Sie hatte über Wochen nicht bemerkt, wie Brodderick kurz davor war verrückt zu werden oder wie ihre einzige Gesellschaft sie vergiftete und unter ihm hatte sie einen fremden, der seit Urzeiten für den König arbeitete und die redegewandtesten Bittsteller überflügelte scheinbar durchschaut, hatte innerhalb von Sekunden das Gift erkannt und so einige andere interessante Details erfahren. Daher grummelte sie nur unverständlich und ließ Ryltha fortfahren: "Aber der Stein fehlt. Vielleicht hat er deshalb nach den Listen der Träger der Kriegsbeute gefragt. Mit seinem Gegenwert könnte man geschätzt halb Rhun kaufen! Eines steht fest: Khamuls Männer dürfen ihn nicht bekommen! Ich werde Morrandir heute noch aufsuchen und sie benachrichtigen, vielleicht wird sie etwas in Erfahrung bringen können. Als Heerführerin dürfte Alatar besonderes Interesse haben ihre Erfahrungen zu hören."
Salia nickte und fragte dann: "Wann gehst du los?"
"Gar nicht, Morrandir wohnt fast nebenan. Sie wollte eigentlich heute Abend wieder bei sich verbringen. Es wäre zu auffällig, wenn ich wieder im Palast auftauchen würde, leider fehlt es einer Heerführerin außerhalb eines Konfliktes an Gründen einfach so in den Palast zu kommen. Vielleicht in einer Woche oder so wieder, wenn ich eine neue Rumpftruppe habe, die ich offiziell vorführen könnte. Und nun entschuldige mich bitte vorerst, hier unten verliere ich immer das Zeitgefühl und ich will Morandir nicht verpassen."

"Warte! Ich weiß noch immer nicht, was wir überhaupt genau sind! Andauernd höre ich etwas von 'Kontakten' oder 'Schatten', doch im Grunde weiß ich kaum etwas!"
Ryltha ging kurz zum Schrank und holte zwei Bücher hervor: Ein kleines, dünnes wo das Wort "Manifest" hervorstach und ein dickeres mit dem einfachem Titel "Chronik"
"Im Grunde findest du dadrin alles wissenswerte. Das dünnere wurde von Laladria geschrieben, als sie den Orden reformierte, das dickere beschreibt anfangs im Grunde nur stumpf jegliche Aktivität, doch am Ende gibt es die erweiterten Grundlagen zu finden, die dich interessieren dürften. Wenn ich Morrandir gesehen habe, komme ich wieder runter und werde dir alles unklare erklären."
« Letzte Änderung: 20. Nov 2011, 18:30 von The Chaosnight »
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Die Gebote des Schattens
« Antwort #3 am: 20. Nov 2011, 22:31 »


MANIFEST


der

Vereinigten Schatten


____________
                         


veröffentlicht im Jahre 3014 D.Z.


                                 


Niemals vergessen, niemals vergeben, niemals vergehen!



                                 
GORTHARIA
Vervielfältigt in der 'Freien Gesellschaft der Schatten'
von O. T. Efesod
--  Isicus 3014-3018 D.Z. -- 
Originalfassung!


Salia schlug das Buch auf und überflog es schnell: Die meisten Seiten waren gefüllt von engem Text und selten prangte eine dicke Überschrift, die die einzelnen Thesen beleuchteten. Von dem was sie erkannte, waren die meisten Anweisungen oder Richtlinien und gegen Ende auch geschichtliche Deutungen.

Die Gebote im Einzelnem!
  • I.I.     Du sollst im Geheimen bleiben!
  • I.II.    Du sollst schnell und stark bleiben!
  • I.III.   Du sollst dich auf die Wurzeln konzentrieren!
  • I.IV.    Du sollst das Gleichgewicht wahren!
  • I.V.     Du darfst nicht töten außer um die Gebote I bis IV zu erfüllen!
  •            
  • II.I      Sei der Schatten des Schattens
  • II.II     Klasse statt Masse
  • II.III    Realismus statt Idealismus
  • II.IV    Einigkeit ist Kraft!
  • II.V.    Verfolge dein Ziel!

Vorwort.
Angehender Schatten: Vor dir liegt alles Wissen, was sich mir in mehrjähriger Beobachtung der gegebenen Situation offenbarte. Doch sei gewarnt - unser ehrenwertes Handwerk wurde über Jahrhunderte pervertiert und unterdrückt. Um unseren rechtmäßigen Platz wieder einzunehmen und mehr zu sein als ein gewinnorientierter langer Arm unserer natürlichen Feinde oder emotionsgetriebener Rächer der Nacht braucht es viele Schritte und viel Selbstbeherrschung, doch am Ende steht der Triumph! Nach Jahrhunderten des schwelenden Konflikts unserer Verräter und dem Machtkampf unseres Gegenpols ist es nur natürlich, dass sich bald eine neue Kraft hervortun wird und mit ihr der persönliche Schatten. Während die alten Orden sich gegenseitig vernichten und dem Machtwillen ihrer erstarkten Feinde zum Opfer fallen und diese ihre Macht noch etablieren müssen, stehen wir an den Stellen der Macht und leiten den neuen Herrscher zu einem neuem System, was unsereins und unseren Schutzbefohlenen - dem einfachen Volk - zum Wohle gereichen wird! Sobald dieses erreicht ist, bricht unser Zeitalter an und der Schatten kann seinen entscheidenen Schritt tun: Dem Licht weichen. Denn schlussendlich ist unsere Aufgabe erst vollrichtet, wenn es keinen Bedarf mehr nach uns gibt!

Der Inhalt der Gebote in Kurz
Die Gebote sollen ein schnelles Erreichen des finalen Zieles garantieren. In Kurzform muss ein wahrer Schatten ein Schatten bleiben - außer seinen Anhängern darf ihn niemand kennen, denn seine Stärke ist sein geheimes Wissen! Darüber hinaus muss er wissen wo die Macht konzentriert liegt - ein Schatten im Königspalast wirkt stärker als hunderte Schläger. Eine kleine Gruppe wirkt hier stärker als eine breite Masse, vor allem da die Wurzel starr bleibt. Es ist unnütz das Umland eines Zieles zu beherrschen, wenn dieses in seiner Festung verharrt. Daher gilt auch hier, dass die Kenntnis eines Hauses der Kenntnis einer Stadt ebenbürtig und der Kenntnis ihres Umlands überlegen ist. Denn fällt das Umland, erstarkt die Stadt, doch fällt das Haus, breitet sich seine Macht aus und fällt die Stadt, wird das Haus nicht lange halten können.

Im Übrigen gilt es jedoch die pervertierten 'Schatten' und ihre verhasst-geliebten Meister in ihrem eigenem Spiel zu schlagen: Ihre andauernde Schlacht muss ein andauerndes Unentschieden darstellen, denn bei einem Ende gäbe es entweder eine uneingeschränke Gewaltherrschaft oder eine gewalttätige Kriminellenherrschaft. Bricht eine Partei weg, müssen sich die übrigen spalten, spaltet sich eine, muss sich auch die andere spalten. Kommt eine weitere hinzu, muss eine entsprechende Anpassung vorgenommen werden! Dabei gilt für uns jedoch, dass wir nicht den barbarischen Taten unserer alten Namensvettern fröhnen, sondern nur unserem Auftrag dienen und in seiner Mission zu Waffen greifen."


Salia las mehrmals die Zusammenfassungen und fragte sich um so mehr in was sie hier eigentlich hineingeraten war. Zuerst war es nur eine einfache königstreue Heeresdivision, dann eine Geheimorganisation mit Verbindung zu Thal, danach ein seltsame Schattengilde und nun ein Schatten dieses Schattens mit tiefgreifenden Zielen. Vor allem die Art dieser Ziele war für sie etwas vollkommen neues: Solch idealisiertes Unterfangen, ausgerichtet auf die gesamte Gesellschaft und frei von den klassischen Wurzeln der umliegenden Kultur hatte sie noch nirgendswo gesehen, gehört oder gar selbst daran gedacht. Sie musste sich zwar eingestehen, dass eine Gesellschaft, die frei von althergebrachten, egozentrischen oder schier willkürlichen Gesetzen und Barrieren wäre genau ihren Wünschen entsprach und sie nur zu gerne ihr eigenes Leben leben würde, doch ausgerechnet in Rhun in solche Kreise zu geraten war für sie ein schauriges Gefühl: Zum einen herrschte in Rhun eine über Jahrtausende verankerte Kultur, die von starken Fürsten und Königen geführt wurde und der Einfluss von Khamuls Schergen und der Sauronkult waren ein weiterer Schlag gegen das einfache Volk und zum anderem war dies ausgerechnet das Land, dessen andauernde Angriffe ihr die Heimat genommen hatte, in der sie frei leben konnte und sie in eine Stadt gedrängt hatten, in der es vor Vorschriften und Regeln nur so wimmelte. Die Vorstellung hier darauf hinarbeiten zu können (Oder eher müssen?) war also schmerzhaft und gefährlich zugleich - Weder der König noch Khamul würden eine weitere Machtbeschneidung hinnehmen und nur wenige glaubten überhaupt an die Möglichkeit solcher Gesellschaften.

Sie schlug das Buch zu und starrte auf die schlecht beleuchteten Wände dieses Kellers. Noch immer unfähig mit diesem Manifest und seinen Inhalten umzugehen, schüttelte sie sich leicht und seufzte dabei und ergriff zögernd die Chronik - Verwirrter konnte sie immerhin nicht werden und vielleicht verstünde sie dadurch ja genug um endlich nicht mehr bei jedem zweiten Satz Morrandirs, Rylthas oder Laladrias die Hälfte nicht zu verstehen. Schon auf der ersten Seite des Buches zerschlugen sich jedoch ihre Hoffnungen: Das Buch war halb verblasst und in einem kraklgem, altem Dialekt geschrieben, dessen Inhalt Salia nur erraten konnte. Die nächsten hundert Seiten boten ein ähnliches Bild, außer dass die Schrift kräfiger wurde und sich stetig änderte. Erst gegen Ende erkannte Salia wieder die enge Schrift Laladrias, die erneut mit einer Einleitung begann:

Dieser Orden, dessen Name ich nicht noch einmal schreiben werde hat in den letzten Jahren zu viel mit seinen Efolgen geprahlt und ist daher dem Untergang nahe gekommen. Daher werde ich hier noch entsprechend unserer neuen Ziele die Originalausgabe unseres Manifestes beilegen und eine Begründung für unsere neue Stellung geben, die keiner Chronik mehr bedarf. Vielmehr wird dieses Buch in Zukunft nur noch beschreiben, wie sich die Situation verändert hat und was getan werden könnte.

Etwas tiefer stand die Überschrift "Das Kräftegleichgewicht und seine Bruchstellen" und ein weiterer Text, der aufgrund zahlreicher Markierungen wahrscheinlich als besonders wichtig galt.
"Über Jahrhunderte war Gortharia von einem Bild bestimmt: Der König auf der einen Seite versuchte seine Macht frei auszuleben, doch faktisch kamen sie in der Stadt nicht gegen die Macht verschiedenster Orden an, die zwar untereinander zerstritten waren, doch ihrer selbst Willen alles taten um die königliche Macht von sich fernzuhalten. Dieser Dualismus hat die Ostlinge über Jahrhunderte hinweg bestimmt und vor allem den Handel und den Zusammenhalt der Provinzen erheblich verbessert. Mit dem Auftreten Khamuls spaltete sich jedoch die königliche Autorität und wie die Orden ein gegensätzlicher Schatten des Königs waren, spalteten sich nun auch diese weter ab und wie der König häufig gegen Khamul stand, bekämpften sich auch ihre Anhänger untereinander und der Zusammenhalt schwand - Die Macht gegen Gesetze anzutreten schwand und mit der Zeit zerstritten sie sich immer weiter mit ihre Unfähigkeit etwas zu verändern und die inhaltlichen Fragen ob man nun Khamul unterstützen könne oder ob er wie der König gegen sie stehen würde. Mittlerweile herrscht das einzige Gleichgewicht zwischen dem König und Khamul, doch so zerstritten sie untereinander sind, so einig stehen sie für sich selbst und gegen ihr Volk.
Ähnliches ereignete sich bei den Einigungskriegen: Die alten Fürsten kämpften gegen den neuen König und das Volk verlor den Einfluss während dieser Kriege, doch mit dem Sieg der Einiger entstieg der Asche eine neue Schicht Ostlinge, die sich schon lange für den Osten selbst einsetzte und vernetzte die entferntesten Provinzen untereinander, verbreitete geheimes Wissen und führte zusammen, was zusammen gehört. Über Jahrhunderte hielt diese neue Dualität, nur auf dem Rahmen, der ihm zusteht - dem Volk des Ostens. [...] Daher obliegt es unserer Pflicht trotz unserer gegenteiligen Ansicht zum König ihn als Symbol der Einheit Rhuns zu erhalten und ihn gegen Einflüsse zu verteidigen, die diese Einheit zu untergraben versuchen. Wenn wir in den Zeiten des Konfliktes treu zu unserem Land halten und aus der Asche ein neues Rhun entsteht, werden wir da sein um es zu dem Ort zu machen, der es sein sollte. In der neuen Dualität wird das Volk nicht mehr um sein Überleben ankämpfen müssen, sondern der König um seinen Zweck!"


Salia überschlug auch die folgenden Kapitel und bemerkte mit der Zeit vor allem eine Sache: Die Geschichte Rhuns war absolut genial beschrieben, über die Zeiten hinweg bishin zu der Gegenwart. Doch im Gegensatz zu den anderen Büchern die Salia bisher gelesen hatte oder den Erfahrungen des Rückweges war hier mehr beschrieben: Statt stumpfer Aufzählung vergangener Erfolge und Misserfolge und unzähliger Namen vergangener Fürsten und Könige war hier die Geschichte Rhuns aus der Sicht des einfachen Volkes beschrieben und ihr Verhältnis zu den Herrschern, von den Veränderungen, den Konflikten und ihren Anteil an vergangenen Ereignissen. Je weiter Salia lesen konnte, desto mehr fiel ihr auf, dass die Ereignisse denen jeglicher anderer  Bücher glich oder aus alten Dokumenten belegt war, sodass die verworrendsten Zukunftstheorien der letzten Seiten erschreckend plausibel wirkten, auch wenn diese noch immer Salias gesamten Weltbild widersprachen.

Nach gefühlten Stunden legte sie auch dieses Buch weg und verließ den Keller. Ryltha war noch immer außerhalb, was ihr jedoch ganz gelegen kam, im Moment fühlte sie sich nicht danach diesen Ansturm von Informationen noch weiter verarbeiten zu müssen. Von plötzlicher Müdigkeit erfasst, legte sie sich hin und schlief ein. Es war ein seltsam ruhiger Schlaf, nach dem sie sich wunderbar befreit vorkam - Die Erkenntnisse des Vorabends waren tief in ihrem Kopf gezogen und aus ihren jetzigen Gedanken verschwunden. Erst als die ersten Sonnenstrahlen in das Haus drangen und Ryltha eintrat, wurdde ihr wieder bewusst, dass ihre Situation noch immer nicht besonders positiv aussah.
"Morrandir hat gesagt, dass sie in nächster Zeit viel im Palast gebraucht wird und ihre Ausbildungsaufgaben ihr die Ressourcen nehmen noch viel länger konstruktiv mit uns arbeiten zu können. Sie wird wohl Laladrias Weg gehen und unseren Einfluss stärken, doch für Einsätze oder ähnliches verlieren wir erneut eine wichtige Kraft. Ich werde dir die nächsten Tage die Stadt und unsere Verbündeten zeigen und dafür sorgen, dass deine Ausbildung beendet wird, danach werden wir wohl auf die Suche gehen müssen..."
Salia nickte stumpf - ihre Standardreaktion der letzten Tage - und bewegte sich Richtung Tür. Nach den letzten Tagen in Kellern und Verliesen und den Anstürmen von fremdartigen Informationen wollte sie endlich wieder unter der Sonne gehen und ohne weitere Gedanken durch eine Stadt schreiten.
"Ich denke du wirst den Platz wieder finden können und mein Haus steht ja direkt daneben.", sagte Ryltha, "Ich werde mich die nächsten Stunden erstmal hinlegen müssen. Bleib aber lieber beim Platz und den Hauptstraßen, daneben gibt es so viel zu entdecken, dass selbst erfahrene Einwohner dieser Stadt nicht immer genau die verschiedenen Standorte kennen."

Salia, zu: Die Straßen der Stadt
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Fine

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Der ewige Kreislauf
« Antwort #4 am: 3. Mai 2017, 21:00 »
Salia und Cyneric von den Straßen der Stadt


Im Inneren des Hauses war es warm, geradezu heiß wie Cyneric fand. Er war froh, den schweren Helm der Garde im Palast gelassen zu haben als er von Morrandir in den Untergrund gerufen worden war, um Milvas Blick in den Brunnen Anntírad beizuwohnen. Während er Salia durch mehrere kleine Räume hindurch folgte, fragte er sich, weshalb die Schattenläufer von ihm verlangt hatten, dass er den Ereignissen beigewohnt hatte. Lilja, die andere Verbündete der Schatten die er kannte, war nicht anwesend gewesen. Wahrscheinlich wollten sie mir erneut zeigen, weshalb ich ihre Anweisungen befolge. Mir mein Ziel vor Augen halten, dachte er.
Vor ihm kletterte Salia gewandt eine Leiter hinauf. Als er ihr folgte, kamen sie in einen großen Raum, der die gesamte Breite des oberen Stockwerks einzunehmen schien. Mehrere schwere Sandsäcke hingen von der Decke, und an jeder Wand waren Waffenhalterungen befestigt. Dies musste die Ausbildungshalle der Schattenläufer sein. Erhellt wurde der Raum von zwei großen Lampen, die in die Decke eingelassen waren. An einer der Wände waren Zielscheiben zu sehen, bei deren Anblick Cyneric unwillkürlich an seinen Bruder denken musste, der in Helms Klamm unter Erkenbrand stationiert war. Fenster gab es in der Trainingshalle keine. Doch eher Cyneric sich weiter umsehen konnte hatte Salia bereits die Leiter, über die sie hierher gelangt waren, eingezogen und in der hinteren Ecke des Raumes aufgestellt. Dort war eine Luke in der Decke. Offenbar gab es noch ein Stockwerk über ihnen... oder sogar mehrere. Rasch ging Cyneric hinüber und kletterte hinter Salia hinauf.
Oben angekommen zog Salia erneut die Leiter ein, legte sie dann aber auf den Boden. Sie waren in einem kleineren Zimmer angekommen, das offenbar als Vorratskammer genutzt wurde. Salia ging durch eine Tür und brachte Cyneric in einen gemütlichen Wohnbereich, der von Kerzen erleuchtet wurde. Es gab dort mehrere gepolsterte Sitzgelegenheiten und einen kleinen flachen Tisch, der in der Mitte dieses Raumes stand. Eine der Wände wurde von einem übergroßen Fenster dominiert, durch das sanftes Mondlich hineinschien und einen guten Ausblick über die Dächer der schlafenden Stadt bot. Noch immer waren die Straßen unter ihnen in Nebel gehüllt, doch bis in diese Höhen drangen die Schwaden nicht vor.
"Wie nett von Ryltha, uns das Licht anzulassen," meinte Salia und ließ sich in einen großen Haufen Kissen fallen, der in der Ecke zwischen Fenster und Türe lag. Cyneric setzte sich ihr gegenüber auf einen breiten Sessel und betrachtete sie einen langen Augenblick. Hier zeigte sich ihm eine völlig andere Salia, als er sie bisher erlebt hatte. Draußen war sie stets angespannt und übervorsichtig gewesen. Vor allem unter dem Einfluss des geheimnisvollen Trankes der Schattenläufer war sie emotionslos und wortkarg. Doch auch auf ihrer gemeinsamen Reise nach Osten, entlang der Kalevin-Küste, war Salia meist eher mürrisch und verschlossen gewesen. Doch nun blieb sie inmitten der Kissen liegen, die Arme weit ausgebreitet, und sämtliche Vorsicht und Achtsamkeit schien so vollständig von ihr abgefallen zu sein, dass sie wie ein ganz anderer Mensch wirkte.
"Dies ist also Rylthas Haus?" fragte Cyneric und blickte sich um. Im Gegensatz zu Salia konnte er sich hier längst nicht so sehr entspannen. "Und du bist sicher, dass wir hier ungestört sind?"
Salia blinzelte ihm müde zu. "Völlig sicher. Die umliegenden Häuser sind verlassen. Von den Schattenläufern gekauft, um die Sicherheit dieses Verstecks zu gewährleisten. Hier wird uns niemand hören. Und Ryltha wird frühstens morgen Abend wieder hier sein."
"Wohnst du hier?"
Sie nickte und richtete sich in eine sitzende Position auf. "Seit meiner Ankunft in Gortharia bin ich hier untergebracht. Es hat seine Vorteile. Waffen und Vorräte gibt es genug, und man hat, wie gesagt, immer seine Ruhe."
"Wie lange bist du denn schon in der Stadt?" fragte Cyneric weiter.
Salia legte den Kopf schief und stützte ihr Gesicht mit ihren Armen ab. "Seit zwei Monaten."
Cyneric schaute sie verwundert an. "Das ist nicht sonderlich lange. Ich selbst bin schon beinahe einen Monat hier."
"Ich kam mit dem königlichen Heer hierher," erzähte Salia. "Aber... ich sollte von vorne anfangen. Mein Name... ist Salia Amara, Tochter Tolwins, und ich wuchs auf einem kleinen Hof auf, mitten im Königreich der Bardinger. Das Reich von Thal war seit dem Tod des Drachen Smaug stetig angewachsen und hatte beinahe wieder seine frühere Größe erreicht, ehe die Ostlinge angriffen. Meine Eltern... starben während der ersten Grenzgefechte, als der Hof geplündert wurde, und meine Schwester und ich flohen nach Thal. Doch drei Jahre später war uns der Krieg bis dorthin gefolgt... und in den Kämpfen verlor ich auch Liviana. Drei weitere Jahre lebte ich in Thal bei meinem Onkel Adaric... und er starb als die Ostlinge zurückkehrten und der Erebor belagert wurde. Einige Zeit saß ich im Inneren fest, bis ich während eines Ausfalls fliehen und mich als Soldatin des Heeres von Rhûn tarnen konnte. Dabei traf ich auf Morrandir und Ryltha. Sie nahmen mich auf, als ich niemanden mehr hatte. Und sie sagten, dass sie einst mit meinem Vater in Kontakt gestanden hatten. Mit ihrer Heeresabteilung reiste ich auf dem langen Weg von Thal bis nach Gortharia... und seitdem bin ich hier. Ohne Perspektive. Die Schattenläufer sind alles, was mir geblieben ist."

Cyneric blickte das Mädchen mitfühlend an. Er wusste genau, wie sie sich fühlte... denn er hatte es selbst erlebt. Er ließ Salias Geschichte im Raum verhallen und wartete einen langen Augenblick. Salias Blick huschte hierhin und dorthin, verweilte nie lange an einer Stelle. Sie hatte sich geöffnet und preisgegeben, was in ihrem Inneren vor sich ging. Jetzt würde Cyneric etwas damit machen müssen.
"Es mag schwer zu glauben sein," begann er bedächtig, "doch ich weiß, wie du dich fühlst." Salias Augen verharrten auf ihm und ihr Blick wurde intensiver. Misstrauen und Unglauben standen darin. Doch Cyneric ließ sich nicht beirren und fuhr fort: "Du hast die, die dir wichtig waren, einen nach dem anderen verloren. Das habe ich ebenfalls erlebt. Ich hatte einst eine glückliche Familie; hatte Eltern, die mich liebten, einen Bruder, der mein bester Freund war, eine wunderschöne Frau, die ich sehr liebte, und eine fröhliche Tochter, die mir stets ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Sie alle sind nun fort, oder weit weg. Ich kehrte aus dem Krieg in Gondor nach Hause zurück und fand nur Asche vor. Meine Frau ist dort gestorben, ebenso wie meine Eltern. Dass meine Tochter entkommen ist, weiß ich nun... aber damals ging ich davon aus, dass sie ebenfalls tot sei. Ich hatte nichts mehr. Doch dann kam jemand zu mir, und gab mir eine Aufgabe: Töte jeden Ork, der die Riddermark durchstreift. Es war ein Reiter Rohans, so wie ich, und auch er hatte alles verloren. Mit zwei weiteren Gefährten zogen wir zwei Jahre durch unser Heimatland und jagten Orks, wo wir nur konnten. Es war eine harte Zeit, aber es gab mir einen Grund, weiterzumachen. Ich lebte nur noch für den Kampf. So, wie es dir ergehen wird, wenn du weiterhin bei den Schattenläufern bleibst. Sie wollen dich zu einer lebenden Waffe machen, Salia. Sie wollen, dass du für immer Teressa bleibst."
"Wie sie es mit allen neuen Schatten tun," sagte Salia leise. "Es ist ein nie endender Kreislauf. Mór, die Dunkelheit. Rant, der Fluss. Dáe, der Schatten. Drei sind es, die Merîl dienen... bis eine von ihnen Merîls Platz einnimmt. Und dann suchen sie ein neues Mädchen, das die Lücke wieder schließt."
"Was hat das zu bedeuten?" fragte Cyneric mit wachsendem Grauen.
"Merîl war der Name der ersten Anführerin der Schattenläufer," erklärte Salia mit ernstem Gesicht. "Sie war... so richtig geht es aus den alten Texten nicht hervor, aber ich glaube nicht, dass sie ein Mensch war. Jedenfalls gibt es ein Ritual... eine Angelegenheit, über die selbst Morrandir niemals spricht, aber ich habe davon gelesen. Wenn die Tage Merîls sich dem Ende zuneigen wählt sie die erfahrenste der Drei aus, und führt mit ihr das Ritual durch. Dabei nehmen sie ein gemeinsames Bad in den Tiefen Anntírads... doch nur eine von beiden taucht wieder auf. Und sie ist von jenem Moment an... Merîl."
"Das... klingt aber nicht natürlich," stieß Cyneric hervor, den Salias Bericht sichtlich erschüttert hatte.
"Ist es auch nicht. Es ist ein dunkles Ritual, dessen Ursprünge im Schatten liegen. Ebenso wie der Trank, den sie für die neuen Schatten brauen. Er verändert die Persönlichkeit jener, die ihn trinken, um sie auf das vorzubereiten, was am Ende vieler langer Jahre in Merîls Diensten steht. Die Macht der ersten Schattenläuferin... wenn sich die Kanditatin als stark und würdig genug erweist."
"Deshalb also ein nie endender Kreislauf," schlussfolgerte Cyneric mit leiser Stimme. "Sie berauben dich deiner Persönlichkeit, und eines Tages erhältst du dafür..."
"Ja. Aber auf jeden wirkt der Trank anders. Ich habe mit Leuten gesprochen, die Ryltha von früher kannten. Sie hieß einst Firvi, und stammt ursprünglich aus Khand, wenn es stimmt, was ich gehört habe. Und sie war ein stilles und schüchternes Mädchen."
"Was man von der Ryltha, die ich kenne, nun wirklich nicht behaupten kann," meinte Cyneric.
"Sie wurde in ihre Rolle als Rant zurechtgebogen. Sie muss gut mit Worten umgehen können, und überzeugend sein. Ihre Aufgabe ist es, Verbündete zu finden."
"Und du bist..."
"Dáe, der schweigende, folgsame Schatten. Eine stumme Mörderin. Ein tödlicher Schatten in der Nacht."
"Ich verstehe. Und welcher Teil fällt Morrandir in all dem zu?"
"Mór, die Dunkelheit, die alles umfasst und zusammenbringt. Sie bewahrt den Überblick und behält den Blick auf das große Ganze gerichtet. Morrandir hat die meiste Erfahrung mit Anntírads Bildern und weiß sie am besten zu deuten."
"Doch als Milva heute hineingesehen hat, schien sie zumindest für einen kurzen Augenblick etwas überrascht zu sein," erinnerte sich Cyneric.
"Der Brunnen hat immer nur Bilder gezeigt, seitdem die Schattenläufer existieren. So steht es in den Aufzeichnungen. Sollte Milva wirklich etwas gehört haben..."
"Ich glaube nicht, dass sie deswegen lügen würde," meinte Cyneric.
Salia biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. "Ich werde Nachforschungen darüber anstellen," sagte sie schließlich. "Aber nun solltest du gehen. Es ist spät geworden."
"Das sollte ich. Meine Wachschicht beginnt in fünf Stunden, und ich habe noch keine Minute geschlafen. Aber ich will, dass du eins weißt, Salia. Du bist nicht mehr alleine. Ich werde tun, was ich kann, um dir zu helfen... wofür auch immer du meine Hilfe in Anspruch nimmst."
"Aber deine Tochter..." wagte sie es erneut einzuwenden.
"Ich werde sie finden - mit der Hilfe der Schattenläufer oder ohne. Sobald ich einen weiteren Blick in den Brunnen geworfen habe, und herausgefunden habe, wo mein kleines Mädchen sich aufhält, werde ich sie finden und in Sicherheit bringen. Du kannst mich begleiten, wenn du möchtest. Aber wenn du dich entscheidest, hier zu bleiben, werde ich zurückkehren."
Salia gab ihm keine Antwort, aber er sah die Dankbarkeit in ihren Augen. Schweigend brachte ihn sie zum Ausgang und schloss die Tür hinter sich.
Ich hoffe, ich finde nach all diesen verstörenden Enthüllungen wenigstens noch ein klein wenig Schlaf, dachte Cyneric während er sich auf den Rückweg zum Palast des Königs machte.


Cyneric zur Taverne "Zum einbeinigen Zweibein"
« Letzte Änderung: 19. Sep 2017, 12:50 von Fine »
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