Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Nicht angenommene Charaktere

[na/Si]Iris Piperita Wanderbau, dritter Char von The Chaosnight

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The Chaosnight:
In den nächsten Tagen blieb das Geschehen um die Reiter das große Thema, vor allem im Umfeld jener, die Beutlins kannten oder die Reiter selbst gesehen hatten. Mit dem Hang der Hobbits merkwürdige Geschichten mit einem Humpen Bier in der Hand vor großem Publikum zu erzählen, nahmen die Ausmaße der Fremden jedoch bald unnatürliche Maße an und wandelten sich im allgemeinem Volksmund schnell zu einer Gruselgeschichte, mit denen man nur noch kleine Kinder erschreckte. Für die Büttelschaft kam dies ganz gelegen, die ersten zwei Tage nach dem Auftreten waren ein blanker Horror: Andauernd wurden sie auf die Reiter angesprochen, auf deren Absichten, wie sie ins Auenland kämen oder ob sie 'die Großen' noch im Griff hätten. Insbesondere für den Kneipengänger Robin war die Situation überaus unangenehm, denn er war stets im Zentrum der neusten Gerüchte und musste immer wieder öffentlich seine Kenntnisstände weitergeben. Wie Iris später erfuhr, waren es vor allem diese öffentlichen Berichte, die die Reiter immer unnatürlicher wirken ließen und ihnen schleßlich jeglichen Schrecken in den Augen der Hobbinger und Wasserauer Hobbits nahm. Ohne nennenswerte Ergebnisse gaben sich die meisten Besucher des Drachens nie zufrieden und Robin wusste dies zu genau...und natürlich wollte er sich die Chance nicht nehmen lassen endlich selbst mal ausgefallene Geschichten erzählen zu können, die nicht sofort von einfallslosen Spinnern wie den Sandigmanns niedergeschlagen wurden.
Während dieser Zustand einerseits erheblich dazu beitrug die Ruhe aufrechtzuerhalten und wahrlich schreckliche Gerüchte zu zerstreuen, wurde er andererseits mit der Zeit eine erhebliche Belastung für die Büttel: Ihnen wurden von anderen Büttelämtern oder einzelnen Hobbits weitere Gerüchte zugetragen, die, sofern wahr, tatsächlich erhebliche Einbrüche der Sicherheit bedeuten könnten. So soll einer der Reiter bei dem Großfarmer Maggot vorbeigekommen sein und ihn so lange belästigt haben, bis er ihn mit seinen Hunden verscheuchte. Ebenso sollten mehrere von ihnen Felder gestürmt und verwüstet haben, mit scheußlichem Gekreische unzählige Hobbits wachgehalten haben und immer wieder die eine Frage gestellt: "Beutlin?"
Es war eine wahrlich verzwickte Situation: Wären diese Gerüchte war, wäre dies eine  der größten öffentlichen Krisen seit den großen Wintern, doch unter all den verschiedensten Gerüchten konnte man kaum mehr die wahren ausmachen. Eines der Gerüchte lautete gar, dass die Reiter eine Woche nach ihrem Auftreten in hobbingen ein Haus in Krickloch gestürmt hätten, doch nur wenige nahmen dieses im Westviertel ernst: Es war weithin bekannt, dass diese Reiter nach einem Beutlin suchten und der einzige verbliebende dorthin gezogen war. Der verbürgte Zeuge dieser Tat, ein überaus gewichtiger Bolger, war darüber hinaus nicht als der glaubwürdigste verschrien und böse Zungen behaupteten gar, dass er in seinem Fresswahn seltsame Pilze verspeist hätte oder dass er aus reiner Suche nach Aufmerksamkeit die Geschichte erfunden hätte. Am Ende blieb an diesen Gerüchten nur der verbliebende Bockländische Hornruf.
"Die auf der anderen Brandiweinseite sind seltsam", was man im Westviertel überaus oft vernehmen konnte, galt dafür als die gängigste Erklärung, auch wenn 'seltsam' nicht selten mit 'doof' vertauscht wurde. Die gängige Meinung war, dass die Brandibocks endlich wieder im Zentrum der Geschichten stehen wollten oder einfach Gerüchte und Märchen als wahr erachteten. Auch den Bütttelhäusern blieben diese Meinungen nicht verborgen und wurden kräftig diskutiert und tatsächlich, die meisten neuen Gerüchte wurden aus dem Bockland weitergetragen und bedienten fast alles, was ein 'gutes' Hobbitgerücht ausmachte: Sie waren kurz erzählt, boten aber allerhand Potential zu Ausschmückungen, bedienten die gängigen Vorurteile und und wurden meist herausgekramt um aktuelle Geschehen zu personalisieren oder im Gegenteil Gespräche von persönlichen Angelegenheiten wieder auf ein breiteres Thema zu lenken.
"Nehmen wir doch die Sache mit Maggot: Jeder von uns weiß, dass er seine Hunde auf alles hetzt, was ihn stört und viele halten ihn für einen furchtlosen Sturkopf. Was passt da besser als ihn mit diesen Reitern in Verbindung zu bringen, die die meisten in Angst und Schrecken versetzen?", warf Robin in den Raum, "Im Drachen verwenden die meisten dieses Gerücht um zu beweisen, was Maggot für ein harter Kerl ist. Vor allem im tiefen Westen ist er eine Legende, um den sich dutzende Sprüche und Geschichten drehen. Dass die ersten 'Farmer Maggot ist so hart, dass die schwarzen Reiter vor ihm fliehen'-Geschichten auftauchen war nur eine Frage der Zeit."
"...'Ernte eine Kartoffel im Südviertel und du erntest eine Kartoffel, ernte eine Kartoffel auf Farmer Maggots Land und Farmer Maggot erntet dich!'"
"Ganz genau. Jedes neue Gerücht ist nur voll von dem was ohnehin spekuliert wurde...Maggot, Beutlin, ein paar Ausreden für schlechte Ernte und Schlafstörungen und das wars. Ich habe aber nichts gehört, was eher real wirkt."
"Ich auch nicht."
"Auch nicht."
"Dann lassen wir die Sache jetzt so wie sie ist? Widmen uns wieder der normalen Büttelarbeit?"
"In deinem Fall also dem Drachen?"
"Genau."
"Ja."

So wurde die ganze Affaire um die schwarzen Reiter zur Seite gelegt und abseits der ausufernden Gerüchte ging die Arbeit wieder ihren gewohnten Lauf. Unglücklicherweise ließ sich dies jedoch nicht über die Postgeschäfte sagen: Der Verkehr ging trotz der zahlreichen Berichte über die Reiter an entferntere Verwandte weiter zurück und die Tendenz war stark sinkend. Mit den neuen Verlusten war Iris Büttelgehalt nicht mehr nur die schöne Beigabe, sondern sogar zwingend notwendig geworden.  Für Iris bedeuutete dies einen ungewohnten Druck bei ihren täglichen Wegen: Sie liebte diese 'Arbeit' und war froh darum, doch wenn sie es sich genau überlegte, waren Großteile davon effektiv gesehen unproduktiv und verbrauchten kostbare Zeit, die sie anderweitig füllen könnte. Unter diesen Vorzeichen begannen selbst die schönsten Zeiten des Tages düster und faslch und sie wurde von Tag zu Tag unglücklicher und stürzte sich regelrecht in die Bücher über das Büttelwesen um auch die letzte Münze erarbeiteten zu können. Während sie ihren Teil von Ehrgeiz zerfressen immer schneller erledigte und mehr und meh Aufgaben an sich riss, war Goran kurz darauf von Stress und Erschöpfung erfasst und kaum mehr in der Lage vernünftig zu arbeiten.
"Sag mal Iris, warum die ganze Hektik?"
Sie holte das Buch aus ihrer Tasche und antwortete: "Seite 194. Mit den aktuellen Postzahlen muss ich das Geld einbringen..."
"Ist es wirklich so kritisch? Robins Familie ist auch ziemlich arm und er kann sich sein reges Kneipentreiben alleine mit seinem Büttelgeld leisten."
"Er st ja auch voller Büttel und bekommt lauter Stammkundenprämien."
"Kann ich irgendwie helfen?"
"Ja...du kannst mir helfen diese verfluchten Prämienauflagen einhalten zu können. Goran seufzte. Er kannte viele von den Bestimmungen und wusste vor allem zwei Sachen darüber: Zum einen waren die meisten anstrengend und zum anderen kamen die meisten aus einer anderen Zeit und wurden nur so lange nicht verwendet, dass sich niemand darum kümmerte sie aus den Büchern zu schreiben.
"Dann lass uns anfangen, wenn wir uns beeilen haben wir die meisten Einmalhandlungen noch dieses Jahr beendet. Den Rest könnten wir dann wieder in einem gemütlicherem Tempo erledigen."
Die nächsten Tage und Wochen gingen sie Punkt für Punkt die Liste ab und erledigten auch die sinnlosesten Arbeiten, die teilweise mittlerweile als selbstverständlich galten (z.B. 'Unterstütze Hobbits dabei den Brandiwein zu überqueren').

Der Lage im Postamt nach, war dies jedoch mehr als nötig: Der Postverkehr war mittlerweile so gesunken, dass ein einzelner Postbote innerhalb kürzester Zeit die Arbeit vollrichten konnte und die Berichte schienen so schlecht zu sein, dass ihr Onkel sich Abends stundenlang mit diesen in seinem Büro einschloss und mit niemandem darüber redete.

The Chaosnight:
Als ihr Onkel Mitte Oktober vergaß die Tür zu seinem Büro abzuschließen, trat Iris ein um wieder einen Blick darauf werfen zu können, doch zu ihrem Erstaunen saß ihr Onkel nicht über einem Stapel Papier gebeugt an seinem Tisch, sondern lief Kreisbahnen um ihn herum.
"Was genau geht hier vor", fragte sie direkt.
"Nichts besonderes. Ich grüble über die beste Art die Ausgaben um nochmals ein Zehntel reduzieren zu können."
"Ich sehe kein Papier auf dem Tisch."
"Es..Es liegt schon im Mülleimer."
"Wieso?"
"Weil es durchgearbeitet ist und nur noch die eine Frage offen ist."
"Früher hattest du nie Papier weggeschmissen."
"Hmpf...jetzt schon."
Einen kurzen Blick in den Mülleimer später: "Der Papierkorb ist leer! Also – was geht hier vor?"
"Ich wüsste nicht, warum ich dir das sagen sollte."
"Vielleicht, weil der Betrieb nur aufrechterhalten wird, weil ich mein Geld hineinstecke!"
Er brummte kurz auf, "Die Kurzform lautet wir sind absolut pleite und handlungsunfähig. Fast alle Papiere, die hier durch gehen, sind offizielle Schreiben oder die der Büttel. Verdammt, ich schicke mir schon selbst Post, damit unsere Zuschüsse nicht auch noch schwinden."
"Warum hast du nichts gesagt?"
"Ohne die Briefe von mir selbst könnten wir sogar den Status einen offiziellen Postamtes verlieren und damit schwünden auch die offiziellen Schreiben. Solange der Briefdurchsatz noch ordentlich aussieht, musste ich die Notbremse ziehen: Das Amt wird zum Jahresende an den Süden verkauft!"
"WAS?!
"Es war die einzige Möglichkeit. Der Gewinn reicht für eine ordentliche Höhle und es bestehen gute Chancen, dass zumindest einige von uns übernommen werden."
"Und dann was? In ganz Hobbingen und Wasseraus gibt es keine freie Höhle mehr. Und wer soll uns übernehmen? Unsere Kunden sind ohne diese Stelle weg, sie ist einfach nur überflüssig!"
"Es findet sich immer was und der Süden wird wohl bestimmt den Postkodex 2a einhalten."
"Und wenn nicht?  Hast du eigentlich irgendetwas daran geplant?"
"Ja. Ich habe den Preis hochgehalten und..."
"Oh wunderbar! Den Preis hochgehalten, geht es dir eigentlich nur um das verdammte Geld? Wir haben vier arbeitsfähige Hobbits ohne wirkliche Arbeit im Haus und alleine mein Geld reicht fast aus und du gibst das Haus auf, weil dein Profit zu klein ist? Hast du irgendwen von uns gefragt was wir denken? Irgendwen nach Hilfe gefragt? Ich habe dir auf Monate mein Geld gegeben, damit es irgendwie aufgeht und dir ist das verdammt nochmal egal?"
"I..."
"Ich habe dir das Geld gegeben weil es für mich wichtigeres gibt. Ich würde die letzte Münze abgeben um meine Familie ernähren zu können, aber für dich gibt es wohl nur, was auf dem Papier steht. Denkst du wir alle kümmern uns nur um Reichtum?"
"Ir..."
"Denkst du wir haben keine Gefühle oder Freunde oder Beziehungen? I..Ich..."

Sie konnte nicht weiterreden. Es kam ihr so ungerecht vor, aus solchen Gründen wieder heimatlos sein zu müssen und andauernd umherzuwandern ohne die Zukunft erahnen zu können. Tränen ronnen über ihr Gesicht und sie fiel schlaff auf einen der Stühle, als sich hinter ihr schwungvoll die Tür öffnete.
"Was ist hie...", begann ihr Vater, bevor er Iris weinend auf dem Stuhl sah und ihren Onkel, der mit leeren Blick auf sie starrte.
"E..Er hat das Amt verkauft!", schluchzte sie und sofort änderte ihr Vater seinen Weg. Statt zu seiner Tochter rannte er zu ihren Onkel und drückte ihn gewaltvoll an die Wand: "WAS hast du getan? Ich habe dich schon einmal gewarnt, wenn du meiner Tochter wehtust, wenn du ihr irgendwie Angst einflößt oder ihr Schaden zufügst, mache ich dir das Leben zur Hölle! Ich habe dir gesagt, dass sie nichts mehr braucht als ein sicheres Zuhause und sag mir eines: Hast du irgendetwas dahingehend geplant? Irgendwelche Alternativen? Ich hoffe du hast welche, denn wenn nicht verletzt du nicht nur Iris, sondern auch Lysi, Eli und Penelope und wenn einer von ihnen deinetwegen unglücklich ist, hast du einen Feind fürs Leben!"
"Ich hatte keine Wahl!"
"Es ist also wahr?"
"JA! Wir haben keine normalen Kunden mehr und ich musste holen, was möglich war!"
"Was ist dein Plan mit dem Gewinn?"
"Ich..Ich hab keinen!"
"Dann finde einen bevor es zu spät ist!"
Er entließ ihn aus seinem Griff und schleuderte ihn zur Tür.
"Komm bloß nicht wieder, bis du ein paar Ideen hast!"
"Das i..."
Nach einem zornigen Blick Kolmans beendete er den Satz gar nicht erst und stürmte heraus. Sofort entspannte sich Kolmans Körper und er ging zu seiner Tochter und wischte ihr sanft die Tränen aus dem Gesicht.
"Hey, ich habe dir doch schonmal gesagt, dass Tränen nicht in dein schönes Gesicht passen. Es gibt nichts wovor du Angst haben musst, wir werden schon eine Lösung finden."
"Welche?"
"Eine vernünftige...als Familie."
"D..Danke."
Er umarmte sie fest und führte sie dann zurück ins Wohnzimmer, wo sie sich sofort auf das große Sofa fallen ließ.
"Danke", sagte sie nochmal und schloss ihre Augen.

The Chaosnight:
Am kommenden Tag verließ sie früh das Haus und machte sich auf dem Weg zum See. Sie war immer noch aufgebracht aufgrund des vorherigen Tages und wollte nicht noch am Frühstückstisch anhören müssen, wie ihre Schwestern davon erfuhren. Ihr Vater war ebenso aufgebracht wie sie und ihre Mutter schien einfach nur erschüttert, sodass sie mit beiden nicht wirklich darüber reden konnte. Wie so oft blieb also nur Goran.
Kaum hatte dieser den See erreicht, warf sich Iris um ihn und sagte schwach: "Mein Onkel verkauft das Postamt."
Geschockt löste Goran für einen Moment die Umarmung, bevor er sie sanft wieder fasste.
"Gibt es schon irgendeinen Plan?"
"Nein. Zum Neujahr ist das Haus weg und das wars."
"Keine Angst, irgendeine Lösung findet ihr schon. Immerhin kenn ich ein Mitglied deiner Familie mit genug Verstand um sich etwas auszudenken."
Er wartete einen Moment und als er bemerkte, dass Iris keine Reaktion zeigte, sagte er langsam: "Was meinst du, wie wäre es mit einer Runde 6f um wieder auf andere Gedanken zu kommen? Dann redet es sich bestimmt um einiges einfacher über solch dunklen Dinge"
"NEIN...Nein. Mit dieser Liste habe ich abgeschlossen. Das normale Büttelgeld reicht aus um meine Familie zu ernähren, was ab jetzt mit dem Amt geschieht ist mir egal. Soll mein Onkel ruhig ohne meine Hilfe seine Berichte fälschen und so tun als ob er an einer Rettung arbeitet."
"Jetzt muss ich doch fragen was vorgefallen ist."
"[...]"
Diesmal reagierte Goran kaum. Er kannte das Gefühl von engen Familienmitgliedern enttäuscht zu werden zu genau, genau so wie das Gefühl vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, aber er wusste einfach nicht, was er dazu sagen konnte, denn er kannte für sich selbst schon keine Lösung.
"Ich kann dazu leider nichts hilfreiches sagen", sagte er langsam, "Ich weiß nur, dass Ablenkung und ein starker Kopf am Besten dabei helfen schlechte Situationen weniger schlecht zu finden."
"Wenn das so ist...lass uns einen 12C machen."

Mit der altbekannten Ruhe des Bütteldienstes, kombiniert mit den spaßigeren 'alten' Büttelpflichten, konnte Iris endlich wieder zur allgemeinen inneren Ruhe finden und die ungewisse Zukunft weitgehend ausblenden. Wenn sich ihr Onkel zu Hause zeigte, war er entweder dabei gefühlte zwanzig Briefe am Stück zu versenden oder machte sich wieder ans Schreiben eben dieser Briefe, sobald er Kolman irgendwo sah, sodass sich auch die Situation zu Hause wieder beruhigt hatte. Die näher rückenden Jultage waren für Iris daher viel mehr die Tage, an denen sie und Goran ihre Beziehung offiziell machen würden, als die Tage, an denen sie wohnungslos werden würde.

Ungewohnt fröhlich näherte sie sich also diesen Tagen und wunderte sich sogar über die dunkler werdenden Gesichter ihrer Eltern. Mit jedem  weiteren Tag verdrängte sie die dunkle Zukunft mehr und mehr zugunsten der fröhlicheren, die sie sich immer mehr in ihrem Kopf ausmalte. Die Wochenenden des Dezembers verbrachte sie auch außerhalb ihrer Dienstzeiten mit Goran und sie überlegten immer genauer und genauer, wie sie es anstellen sollten. Trotz aller Bemühungen war Goradoc noch immer grimmg und  unzufrieden mit jeder Entscheidung Gorans und nach Jahren der Geheimhaltung fehlten ihnen auch einfach die Worte diese Zeitspanne vernünftig zu erklären.
Nach einen eben jener Wochenende wurde Iris schon vor der Tür des Amtes erwartet. Lächelnd ging ihre Mutter auf sie zu und sagte: "Ich habe heute einen Brief von deinen Großeltern erhalten. In Bree finden wir auf jeden Fall eine neue Heimat."

The Chaosnight:
"Bree? Aber das ist doch mehr als einen Tagesmarsch entfernt!"
"Ja. Wir hatten die Wahl zwischen dem tiefsten Südviertel und Bree und in Bree müssen wir immerhin nicht komplett neu anfangen."
"Ja...Ich glaub ich leg mich dann mal hin..."
Iris stürmte an ihrer Mutter vorbei in ihr Zimmer und schloss sich in ihm ein.
Bree. Sie kannte nur Gerüchte über diese Stadt und nichts davon ließ diesen Ort wie einen Ort für Hobbitvolk aussehen: Bree war mehr als einen Tagesmarsch von den Ausläufern des Auenlands entfernt und in ihm wimmelte es von zwielichtigen Menschen und merkwürdigen Hobbits, im Vergleich zu denen selbst der alteingesessenste Hauptlandauenländer das Bocklandvolk nur als 'normal' bezeichnen konnte. Die Stadt selbst war nichts als eine gigantische Spelunke ohne die Nähe und Ruhe des Auenlands und vor allem unvorstellbar weit von diesem entfernt. Von Bree aus wäre es unmöglich öfter zurück in das Auenland zu kommen und es gab nicht einmal vernünftige Postwege zwischen beiden Gebieten, sämtlicher Verkehr wurde über wanderwillige Brandbocks durchgeführt.
Für Iris bedeutete dies nicht nur ihre bekannte Umgebung hinter sich lassen zu müssen, sondern auch Goran. Nur eine Woche bevor ihre Beziehung nach all den Jahren die nächste Stufe erreicht hätte, war alles aus...weil andere Fehler begangen hatten.

Als sie zum ersten Mal von dem Verkauf des Amtes erfahren hatte, war sie verzweifelt und schwach, doch jetzt, wo die Entscheidung gefallen war, fühlte sie sich viel mehr wütend und fest entschlossen die letzten Tage im Auenland fest auszunutzen.

Sie kletterte aus dem Fenster ihres Zimmers und rannte zu dem Büttelhaus. Sie ging langsam um die Höhle und klopfte an das Fenster von Gorans Zimmer. Müde und anscheinend gerade aus dem Schlaf gerissen, öffnete dieser das Fenster und blickte verwirrt auf seine Freundin.
"Hey Iris...Wa..."
Bevor er ausreden konnte, hatte Iris ihn zu sich gezogen und so fest wie nie zuvor geküsst.
"Das ka...wa...wofür?"
"Ich muss das Auenland verlassen."
"Du musst was? Warum?"
"Meine Eltern haben ein neues Haus in Bree gefunden."
"Bree"
"Ja. In einer Woche...eine Woche, die ich mit dir verbringen möchte."
"Ja...natürlich."
Er griff sich einen Mantel und kletterte zu ihr nach draußen.
"Wollen wir zu den Rinderauen hinter dem Hügel gehen?"
"Sehr gerne."

Auch die nächsten Nächte streiften beide durch die Region und besichtigten die Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Die verlorenen Stunden der Nacht  holten sie am Tage zusammen am See nach, wo sie eng nebeneinander am Strand lagen und die gemeinsame Zeit genossen. In den Stunden ihrer gemeinsamen Ruhe übernahm Goralas die Büttelarbeit, irgendwie hatte Goran es geschafft ihn dazu zu überreden ohne dass er oder Goradoc Probleme machten.

Am Tag vor ihrer Abreise trafen sie sich ein letztes Mal am See und verabschiedeten sich voneinander. Es war eine ungewohnt kurze und steife Angelegenhei, denn beide versuchten ihr Bestes um nicht weinen zu müssen, sodass sie einfach keine richtigen Worte fanden. Eine letzte Umarmung, ein letzter Kuss und Iris drehte sich schweren Herzens um, um noch schnell ihre letzten Besitztümer zusammenzupacken. Es war nicht viel, denn ihre Kleidung war die der Postleute und viel mehr besaß sie nicht, sie hatte sich jedoch vorgenommen haufenweise Stifte und Papier aus den Amtsvorräten zu plündern. Kaum hatte sie sich jedoch umgedreht, hörte sie noch einmal ihren Namen hinter sich und Bogan hatte sich mit tränenfeuchten Augen um sie geworfen.
"So kann ich dich einfach nicht gehen lassen! Ich liebe dich und werde dich immer lieben und gleich wie lange es dauern wird: Ich werde jeden Tag zur Sonnenwende hier auf dich warten!"
Ein schwaches Lächeln kam über Iris Gesicht, "Das ist lieb von dir. Es dauert aber noch über zehn Jahre bis wir nach diesen bescheuerten Regeln selbst voll und ganz über unsere Wohnorte entscheiden dürfen. Ich liebe dich auch, Goran, und wünschte wir könnten ewig so weitermachen, doch ich weiß nicht was in zehn Jahren alles passieren kann. Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll."
"Es wird funktionieren.", er drückte sie erneut fest an sich und flüsterte schon beinahe: "Ich habe eine Tante im Bockland, der ich ein paar Briefe zustecken kann und wenn ich es weiterhin schaffe meinen Bruder in mein Amt zu drängen, könnte ich sogar vielleicht mal über die Feiertage vorbeikommen."
"Das würdest du tun?"
"Jederzeit.
"Ach Goran...i..Ich hatte mir so fest vorgenommen nicht zu weinen..."
"Das hatte ich auch. Aber wann wenn nicht jetzt?"
Sie küssten sich erneut und Iris wandte sich abermals zum Gehen, als sie erneut zurückgehalten wurde.
"Warte noch kurz! Ich habe noch etwas für dich.", er holte eine kleine Holzkiste aus seiner Tasche und überreichte sie ihr, "Vielleicht hilft sie dir bei deinen weiteren Reisen. Lass sie ruhig erst geschlossen und verschwende nicht deine Reaktion an einem ohnehin solch aufgeladenen Abend.", er griff erneut in seine Tasche und holte eine einzelne, hellblaue Feder heraus, "Die hier ist viel weniger ein Geschenk als eine Errungenschaft. Die hast du dir verdient."
"Ist..Ist das eine Eisvogelfeder?"
"Ja. Eigenständig erbeutet in den Wäldern von Bockland."
Sie steckte die Feder an die Brusttasche ihrer Uniform und verstaute die Kiste, bevor sie überlegte was sie noch sagen konnte. Sie kam sich doof vor so ganz ohne Geschenk hier zu stehen und war sich noch immer unschlüssig wie man sich am Besten auf solch lange Zeit verabschiedete. Sie stand kurz stumm vor ihm, bevor sie ihn ein abschließendes Mal fest küsste und dann nur leise sagte: "Lass dies bitte als erstmaligen Abschluss stehen. Ich weiß nicht ob mein Herz noch mehr erträgt."
Goran nickte nur stumm und lautlos weinend machte sich Iris das letzte Mal auf den Weg zum Amt.

Das gesamte Gebäude war ihr in derr letzten Woche merkwürdig fremd geworden, denn für sie stand es für den Untergang ihrer Hobbinger Zeit und für stetiges Versagen und mit dem weiteren Fernbleiben ihres Onkels (er war entweder auf Reisen oder in seinem verschlossenem Büro), diente es ihr als Symbol des Schuldigen an ihrer Lage. So sehr sie Abscheu gegenüber diesem Haus entwickelte, so dankbar war sie ihm aber auch insgeheim dafür, dass es für sie diesen Symbolcharakter einnahm und ihren Onkel vor ihr verbarg. Se wusste nicht, was sie mit ihm getan hätte, nachdem sie das erste Mal von Bree gehört hatte und sie wollte sich nicht vorstellen, was ihr Vater getan hätte, wenn er dies miterlebt hätte. Sie hatte ihn noch nie so wütend wie damals im Büro erlebt und sie wollte ihn auch nie wieder so sehen müssen. Die Woche in einem fremder und eindlicher wirkendem Haus zu verbringen war verglichen damit eine gute Alternative.

The Chaosnight:
Am frühen Morgenmachten sie sich auf den Weg in die fremde Stadt und anstelle von Wut und Trauer fühlte sich Iris nun nur noch leer. Gefühlslos schritt sie Schritt für Schritt neben ihrer Familie und sah bekannte und geliebte Orte nach und nach an ihr vorüberziehen, bevor sie in fremdere Gefilden einkehrten. Sie fanden am Ende des Tages Quartier in einem kleinerem Gasthaus  in unbekanntem Gebiet, wo die sich dauernd beschwerenden Zwillinge sofort zum Schlafen legten. Kurz darauf folgte ihnen auch ihre Mutter, während Iris und ihr Vater noch wach blieben.
Iris saß stumm vor dem Kaminfeuer, während ihr Vater sie besorgt beobachtete. Nach zwei Stunden ohne erkennbare Regung kniete ihr Vater sich neben sie und fragte leise: "Wie geht es dir?"
'Wie geht es dir?' Es war nur eine einfache Frage, doch sie war es, die Iris verschlossenen Gefühle weckte.
"Wie soll es mir schon gehen?", fauchte sie, "Ich war auf Wochen und Monate die einzige in unserer Familie, die eine Arbeit hatte, während ihr zu Hause beisammen sein konntet. Ich habe alle möglichen Extrapflichten erfüllt um uns irgendwie über Wasser halten zu können, während ich mitansehen musste, wie meine Schwestern Großteile meiner Einkünfte verfraßen und mein Onkel die Reste für das Amt einzog und ich Tag für Tag hören und sehen musste, dass es einfach nicht reichte. Du weißt wie es ist Angst haben zu müssen seine Familie nicht ernähren zu können und du kanntest die Zahlen und trotzdem hast du dagesessen während alle um dich herum alles Vorhandene in sich hineinstopften. Ich hätte alles getan um einen Zusammenbruch zu verhindern und dann höre ich das er schon lange beschlossen war und nun sitze ich in einer stinkenden Hütte auf den Weg in eine stinkende Stadt und lasse alles was ich kenne und liebe hinter mir, aber ansonsten geht es mir gut, vielen Dank!"
Ihr Vater hatte still neben ihr gekniet und zu keiner Zeit versucht zu unterbrechen. Als Iris fertig war und eine kürzere Pause darauf hindeutete, dass sie nichts mehr hinzuzufügen hatte, versuchte er irgendwie eine passende Antwort zu finden.
"Iri..."
"...Du brauchst mir gar nicht mit irgendeiner schlauen Antwort kommen. Ich weiß was du getan und was du nicht getan hast. Ich will nur wissen, warum du trotz eigener Erfahrung zulässt das alle wie zu besten Zeiten leben und sogar zulässt, das sogar Mutter dort miteinsteigt."
"Wie meinst du das?"
"Selbst dir dürfte nicht entfallen sein, dass sie seit Ausbruch der Krise Woche für Woche zunimmt!"
Kolman seufzte. "Das hat andere Gründe. Wir wollten dir noch nichts davon sagen, da du die letzten Tage ohnehin schon so viel zu tun hattest und wir dich nicht noch zusätzlich belasten wollten. Die Sache ist die...wir kriegen noch ein weiteres Kind."
"Was?! Wie lange?"
"So zwischen dem vierten und fünften Monat. Vor all der Aufregung scheinen wir selbst die ersten Anzeichen übersehen zu haben."
"VIERTER ODER FÜNFTER MONAT?! Also seit dem Höhepunkt der Krise? Merkt ihr beide überhaupt noch irgendwas? Ihr wisst zu genau was Hobbitkinder kosten und dass ihr danach eure Arbeitszeit einschränken müsst und trotzdem? Was denkt ihr euch bei sowas?"
Kolman streckte seine Hand aus um sie wieder zu beruhigen, doch Iris war nicht danach.
"Fass mich nicht an! Am Besten lässt du mich einfach in Ruhe!"
Ihr Vater nickte matt, "Wie du willst."

Auch am nächsten Morgen war Iris noch wütend und aß noch weniger als gewöhnlich, denn sie fürchtete, dass es gleich wieder hochkäme. Kaum war sie fertig, verließ sie den Tisch und wollte ihre Sachen holen, doch ihre Mutter war ihr gefolgt und hielt sie zurück.
"Was ist?", fragte Iris feindselig.
"Ich habe mich gestern mit deinem Vater unterha..."
"Gut, dann muss ich dir nicht noch das selbe sagen! Du weißt dann ja schon wa ich sagen will: Warum? Du wirst Monate nicht arbeiten können und in Bree haben wir nichts! Was denkst du tun wir dann? Vater will wie die letzten Male bei dir sein und die Zwillinge haben noch nie gearbeitet. In Hobbingen hatte ich Glück an den Bütteldienst gekommen zu sein, aber selbst der war in Stoßzeiten anstrengend genug...denkst du in Bree wird es ähnliches geben? Vielleicht ist es dir in den letzten Jahren nicht aufgefallen, aber unter normalen Umständen würde ich die nächsten zehn Jahre noch im Bau hocken und nichts tun als fressen!"
Auch ihre Mutter versuchte gar nicht erst sie zu unterbrechen. Sie wusste zu genau, dass es Iris nur noch wütender gemacht hätte. Stattdessen versuchte auch sie sie wieder zu beruhigen, aber erneut reagierte Iris nur mit einem "Fass mich nicht an!", worauf sie ihre Hand hastig wieder zurück zog.
"Weißt du warum ich nicht daran zerbrochen bin? Weißt du wie ich mit dieser Verantwortung klar kam? Ich hatte Goran an meiner Seite. Es gab einen Hobbit im ganzen Auenland mit dem ich reden konnte ohne ihm zu sagen, dass seine einzige Einnahmequelle am Zerbrechen ist. Und ja, ich liebe ihn! Wenn du's wissen willst, wir waren über drei Jahre fest zusammen...weißt du wie es ist seinen Geliebten hinter sich zu lassen und weit weg zu ziehen? Weißt du wie es ist sich vor ihn zu stellen und ihm zu sagen, dass du ihn verlassen musst, weil du fortgetragen wirst? Wie es ist sich anhören zu müssen, dass er auf dich wartet, obwohl du weißt, dass du nicht kommen kannst? Weißt du es?"
"Ich..Ich kenne diese Situation..."
"Nein tust du nicht! Ich kenne deine Geschichten zu gut. DU hast deine Familie verlassen, als du die Wahl hattest. Du hast den einfachen Weg gewählt. Genau wie Vater hast du alles getan um deine Liebe zu erhalten!"
Iris hatte damit einen wunden Punkt getroffen. Ihre Mutter senkte den Blick und es schien fast, dass sie mit den Tränen zu kämpfen hatte.
"Ir..."
"Denkst du ich habe nicht mit der Wahl zu kämpfen gehabt?", schrie Iris schon beinahe, "Seit ich klein war hast du mir erzählt, dass Liebe alles überwinden kann und dann stellst du mich vor so eine Entscheidung? Ich liebe Goran, aber ich liebe auch dich..Vater..meine Schwestern. Wie soll man sich zwischen zwei Lieben entscheiden, die sich gegenseitig ausschließen? WIE? Ihr seid meine Familie, ich weiß dass ich euch immer lieben werde, egal was passiert und..und dass ich euch brauche! Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war...und doch frage ich mich andauernd was wäre wenn nicht."
Ihre Mutter fand keine Antwort darauf, sie blieb einen Moment starr stehen und drückte Iris dann fest zu sich.
"Fass mich ni...", ihre anfänglichen Protestversuche verstummten. Es war ein wunderbar befreiendes Gefühl, all die Wut fiel von ihr ab und es blieb nichts übrig außer der traurigen Hülle, die wusste, dass sich alles ändern würde und dem beruhigtem Kern, der erkannte, dass sie sich richtig entschieden hatte.
"Wi..Wieso?"
"Es gibt Sachen, auf die sich keine Antwort finden lässt. Ich weiß aber, dass dein Herz stark genug ist dich stets auf den richtigen Weg zu führen."
"Nein, Bree. Wieso Bree?"
"Manchmal führen uns unsere Wege auf Irrwege oder an Orte, an die wir nicht gehen wollen. Von all diesen Orten ist Bree aber der beste. Jede Alternative wäre ein Bree gewesen und dort sind wir zumindest nicht ganz allein."

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