In den restlichen Märztagen hatte sich ein dunkler Schleier über Bree gelegt, der jeden, jeden außer Ughal und Grenzer, zu belasteten schien. Die letzten Tage waren ungewohnt ruhig gewesen und die noch immer herumstreunenden Strolche schienen sich verzogen zu haben, doch trotzdem dünkelte es vielen, dass schwere Zeiten bevorstanden. Die vorherrschende Ruhe war keine Stille des Friedens oder der Gelassenheit, sie war vielmehr ein beklemmendes Schweigen vor einem übermächtigen Dunkel, einem Dunkel, wie es Bree nur einmal in dem letztem Jahrtausend erlebt hatte! Selbst das Wetter schien sich diesen Gefühlen angepasst zu haben und die gerade erst verabschiedeten dunklen Wintertage schienen zurückzukommen und jegliches Aufkeimen froher Stimmung (oder für die Breeländer noch wichtiger: ihres Saatgutes) zu verhindern.
Lediglich Waldläufer und Südländer schien diese Situation bekannt vorzukommen, denn beiden graute es nicht vor der Dunkelheit und sie wirkten, wenn überhaupt, nur noch vorsichtiger als sonst. Es blieb jedoch nur wenigen verschlossen, dass Grenzer von Tag zu Tag grimmiger wurde und den alten Gerstenmann anfuhr ihm Informationen zu geben. Da Iris öfters im Drachen blieb um ihrer Arbeit nachzugehen (die dank der noch immer furchtsamen Lage der Stadt auch in näherer Zeit nicht in Gefahr schien), hörte sie diese Fragen meist mit. Zumeist ging es um einen 'Streicher, irgendwelche geheimen Nachrichten Gandalfs und, zu Iris Verwunderung und Erschrecken, einen Beutlin. Sie wusste nicht, was oder wer 'Streicher' sein sollte und über Gandalf hörte man in diesen Breiten von vielen Geschichten, doch nach all den Kreaturen, die einen 'Beutlin' suchten oder was mit diesem Namen einherging, verhieß seine Nennung nichts gutes.
Diese dunkle Vorahnung sollte sich kurz darauf bestätigen, als eine fahle Gestalt mit deformierten Gesichtszügen vor dem Haus der Wanderaus erschien. An seiner Seite hing eine Eisenstange und ein schiefes Grinsen durchzog seine Fratze.
"Was macht das kleine Volk im Haus vom alten Lutz?"
"Wer..Wer seid ihr?"
"Das tut nichts zur Sache. Die Frage ist: Wer seid ihr? Aber dies ist nicht so wichtig...also verpisst Euch!"
"Wieso?"
"Seht ihr dies nicht? Das große Volk verlangt dies und es gibt nichts was ihr dagegen tun könnt! Ich habe dem Schatten ins Gesicht gesehen und sage Euch, dass es kein Entrinnen gibt! Verschwindet oder entschwindet!"
"Nein!"
"Hmpf..Siehst du Narr nicht, dass es hoffnungslos ist? Ich könnte jeden einzelnen von Euch problemlos zermalmen und auch wenn du so stark sein solltest wie du dich gibst...wie sieht es mit deiner Frau und deinen Kindern aus? Was willst du tun, wenn du mit nichts außer deinem Stolz geschlagen am Boden liegst und ihre Schreie hören musst? Du kannst diesen Kampf nicht gewinnen! Verschwinde jetzt und ich lasse euch alle in Frieden...vorerst."
Der Hobbit zögerte kurz und sah unsicher zu seiner Familie: Die Zwillinge hatten sich ängstlich zu ihrer Mutter in eine Ecke verzogen und Iris stand ein paar Schritte vor ihnen, viel mehr wütend als ängstlich, denn ihre einzige Angst galt dem Stursinn ihres Vaters angesichts eines solchen Verrückten. Sie ging ein paar Schritte nach vorne, stellte sich neben ihren Vater und sah ihn eindringlich an. Sie hoffte, dass er ihre Gedanken verstünde, es hatte einfach keinen Sinn sich diesem Kerl in den Weg zu stellen, immerhin kannten sie mit Ughal und Grenzer zwei erfahrene Kämpfer in der Stadt und generell war die Stadt aufgebracht, wenn es um solche Geschöpfe ging. Bevor er jedoch reagieren konnte, war der fahle Südländer mit einem Sprung vor sie getreten und mit seiner Eisenstange zugeschlagen. Ein grausames Knacken erfüllte den Raum und ehe die Hobbits Zeit fanden, den Schlag überhaupt zu erkennen, spürte Iris einen stechenden Schmerz in ihrer linken Schulter und wurde zu Boden gerissen.
"Falsche Antwort!", sagte der Südländer unter den Schmerzensschreien Iris und den verspäteten Schreien des Entsetzens ihrer Familie. Er hob die Stange zum erneuten Schlag, doch wie Iris in ihrem aus Angst, Tränen und Schmerzen verengtem Blickfeld erkennen konnte, hatte Kolman den laschen Hieb irgendwie abgewehrt und einen präzisen Schlag in empfindliche Gefilde angebracht, bevor er den Mann mit einer Reihe von Schlägen gegen das gesenkte Haupt niederstreckte. Iris sah nur noch, wie Kolman die Eisenstange ergriff, bevor ihre Sicht verschwamm und sie ihre Augen schloss, unter der Reihe dumpfer Schlaggeräusche und fremdländischer Flüche konnte sie sich jedoch ausmalen, was passiert sein musste.
Das laute Klirren der Stange war es auch wieder, was sie zurückrief, dicht gefolgt von zwei zittrigen Händen in ihrem Gesicht. Iris öffnete ihre Augen und blickte in das verschwommene Gesicht ihres Vaters, auf dem sich augenblicklich ein breites Lächeln abbildete, "Dir geht es gut!"
"Ja, ich fühle mich nur...müde."
"Müde?"
"Ja, ansonsten spüre ich gerade kaum etwas."
Ihr Vater sah sie kurz zweifelnd an, bevor ihre Mutter mit bleichem Gesicht vor ihr erschien, sich kurz an sie drückte und dann ein paar Sätze mit ihr sprach, die Iris kaum mitbekam. Zuletzt kamen ihre beiden Schwestern, die ihr erleichtert in die Arme sprangen, was Iris zuerst ein schwaches Lächeln durchs Gesicht springen ließ, bevor es sich in einen Schmerzensschrei umwandelte, als Lysi ihre linke Schulter zu Boden drückte.
"Was hast du?", fragte sie besorgt, aber keine klare Antwort kam aus Iris Mund, nur unterdrückte Schreie. Ihrer Haltung entnahmen alle jedoch sofort, dass es ihrer Schulter doch nicht so gut ging, wie erhofft.
"Ich bringe sie zu diesem Waldläufer, die wissen meistens, wie man mit solchen Verletzungen umgeht", sagte Kolman, "nimm du die Zwillinge und bring sie ins Pony, ich fürchte es könnten bald mehr solcher Kerle kommen!"
Penelope nickte kurz, während Kolman behutsam seiner Tochter aufhalf und, als er sah, dass sie kaum gerade gehen konnte, sie in den Kern der Stadt trug.
Wie es ihr Glück so wollte, war Grenzer in seiner notdürftigen Hütte, die einst einem der Strolche gehört hatte, und konnte sich daher schnellstmöglich die Verletzung ansehen. Dieser murmelte jedoch nur ein paar Sätze einer lange vergessenen Sprache und drückte dann ein paar Mal grimmig auf verschiedene Stellen des Armes, um zu sehen, wie weit die Wunde innerlich ging.
"Was genau ist eigentlich passiert", fragte er mittendrin, ohne damit aufzuhören ständig die schmerzenden Stellen zu befühlen.
"Ein Südländer mit Eise..."
"Wie sah er aus?"
"Fahles Gesicht, schiefes Grinsen und generell entste..."
"Fornog. Ihr habt Glück diesem Schuft entkommen zu sein...es heißt, dass er mit den schwarzen Reitern Geschäfte machte und sogar in ihren Mitten weilte. Ich selbst habe ihn mehrere Mal aus dem Auenland getrieben, als er noch ein Tabakhändler der weißen Hand war und ich habe ihn nie zu fassen gekriegt. Wie seid ihr dem entkommen?"
"Ich habe ihn niedergeschlagen."
Grenzers Finger zuckte kurz auf und drückte sich tief in Iris Wunde. Auf ihren Aufschrei ließ er sofort los und murmelte eine kurze Entschuldigung, bevor er zu Kolman gewand fortfuhr: "Das, Meister Hobbit, kann ich mir schwerlich vorstellen. Ein paar meiner Brüder hatten bereits mit ihm Klingen gekreuzt und das war kein schönes Unterfangen. Einem Halbling dürfte es kaum gelingen gegen ihn etwas auszurichten. Selbst hier in Bree war er unfassbar, obwohl er überall zu sein schien."
"Wisst ihr, was das schönste an uns Hobbits ist? Wir haben genau die richtige Größe euch Menschen mit einem geraden Schlag unsägliche Schmerzen zuzufügen und ich warne auch Euch: Wenn Ihr meiner Tochter nocheinmal wehtut, weil ihr meinen Worten nicht glauben wollt, bin ich sofort bereit dies zu beweisen! So weit verstanden?"
"Ja...aber dies war absolut notwendig. Nun glaube ich zumindest zu wissen, mit was ich es hier zu tun habe. Ihr habt Glück gehabt, dass der Knochen nicht gesplittert ist, ansonsten hätte man kaum mehr etwas tun können, aber trotzdem übersteigt dies meine Heilkunst und damit wohl auch die der anderen Breeländer. Ich könnte einen Verband um die Wunde legen und dann hätte man in zwei Wochen entweder ein positives Ergebnis...oder der Arm müsste ab."
"WAS?!"
"Was?"
"Das ist alles, was klassische Waldläufermedizin fernab der heilreichsten Pflanzen bewirken kann. Denkt ihr etwa, ich könnte in einem städtischen Gebiet umgeben von Feinden Wunder vollbringen? Dann hätte ich jetzt wohl ein Bein mehr! Wenn ihr Wunder sucht, sucht Ughal, aber macht euch keine zu großen Hoffnungen, sein Gebräu wirkt für mich nur wie eine Teufelei Sarumans."
"Wenn sie hilft?!"
"Das weiß keiner, ob sie hilft, schadet oder nichts tut ist ungewiss, ich kann mit meiner Kunst nur das Nichtstun ausschließen."
"Was genau versteht er unter Heilung?"
"Fragt mich was leichteres...irgendwas mit einem Haufen von Tränken und Gerätschaften."
"Was meinst du?", fragte Kolman und Iris antwortete sofort: "Lass uns die Tränke probieren, mir gefällt die Vorstellung nicht es dem Zufall zu überlassen ob es heilt oder nicht."
"Es gibt keine Zufälle", brummte der Waldläufer, "Alles geschieht aus einem Grund...sei es das natürlich Gute dieser Welt sich zum Licht zu entwickeln oder der Schatten des Dunklen Herrschers es zu verschlingen."
"Warum hattet hr dann keinen Erfolg?"
"Ich bin im Auge des Schattens verwundet worden...Im Auge, in das ich mich bereitwillig gestellt habe. Das Licht ist schwach im Süden, da war es nicht voraussehbar, was passieren würde, hier im Norden kann man zumindest noch vertrauen."
"Wenn ich mir die Ereignisse seit den Jultagen und das jetzige Wetter anschaue, nicht mehr sicher."
"In manches kann man immer vertrauen, ich zum Beispie vertraue den Künsten fähiger Heiler doch lieber als der reinen Gnade der Valar, doch lieber verlasse ich mich auf die Gnade dieser Hohen, als dem Gebräu aus dem Hause eines 'Zauberkünstlers'. Es liegt an Euch, wem Ihr mehr vertraut."
"Danke für diese Worte, aber ich hoffe Ihr versteht, dass jetzt ein seltsamer Zeitpunk wäre, sich ausgiebig mit den Geschichten aus alter Zeit zu befassen. All diese Geschichten sind mir noch zu fern um daraus die Hoffnung zu ziehen bald wieder einen brauchbaren Arm zu haben."
"Wie ihr wollt. Handelt aber schnell, solche Wunden brauchen für jede Behandlung schnelle Hilfe."
Auch vor Ughals Haus hatten sie das Glück ihn sofort anzutreffen, offenbar hatte er das Auftauchen der Wanderbaus im Pony miterlebt und genug herausgehört (so berichte er zumindest) und war daraufhin schnellstmöglich heimgekehrt.
"Ich hörte, sie sei von einer Eisenstange erwischt worden?"
"Ja. Nach Grenzer nichts gesplittertes, aber trotzdem für ihn nicht aktiv heilbar."
"Das sagt bei den Waldläufern gar nichts. Die benutzen ja ganze Pflanzen für eine Wunde ohne an deren Essenz selbst zu gehen. Ich habe Flaschenweise die verschiedensten Wirkstoffe abgefüllt und dies aus Bruchteilen von dem, was sogenannte 'Meister der Heilkunst' benötigen."
Er blickte kurz auf die Wunde und fuhr leicht darüber, gerade noch so, dass es nicht wirklich schmerzte, "Es ist nichts ernstes, so wie ich das sehe, gibt es nur einen kleineren Bruch, der Rest heilt ganz von alleine. Ich werde die Wunde auswaschen und versuchen die Knochen so zu positionieren, dass sie wieder glatt zusammenwachsen. Ich fürchte jedoch, dass es überaus schmerzhaft werden könnte, denn die Mittel, die wir sonst zur Betäubung nehmen sind für ausgewachsene Menschen ausgelegt und ich wage es nicht sie an Hobbits zu testen."
"Ist schon in Ordnung, solange es besser wird", sagte Iris.
"Gut. Meine Tränke habe ich alle bei mir, ich bräuchte nur noch eine Kanne von etwas stark gebrautem und einen Eimer abgekochten Wassers. Könntet Ihr bitte?"
Der Südländer blickte Kolman an, der sich sofort umdrehte um zu gehen, "Fragt Butterblüm am besten nach dem 'Feuerwassers Archets', auch wenn kaum mehr einer danach fragt, dürfte er es noch kennen."
Kolmann nickte kurz und eilte aus der Tür.
"Was genau ist denn vorgefallen?"
"Irgendso ein Südländer wollte uns fortjagen und hat dann mit der Stange um sich geschlagen. Grenzer meinte, dass er Fornog oder so hieß."
"Fornog...Da hast du echt unheimliches Glück gehabt. Ich kannte diesen Mann sehr gut, war immer einer von Sarumans Lieblingsschülern und jener, der immer die ruhmreichen Aufträge bekam. Er verschwand jedoch plötzlich spurlos und seitdem hat keiner mehr von ihm gehört."
"Seid Ihr sicher? Nach Grenzer weilte er schon länger hier in der Stadt und solche Narben dürften doch auffallen."
Ughals Mundwinkel fielen herunter, "Dieser..Dieser Verrückte soll Fornog gewesen sein? Bei allen...vielleicht war dann doch etwas an den Gerüchten dran, dass er von den Schwarzen entführt wurde..."
"Traut Ihr Grenzer dabei?"
"Ich habe meine Gründe ihm in seiner eigenen Welt von Geistern zu misstrauen, doch wenn es darum geht Menschen oder Wege aufzuspüren, sind diese Waldläufer die besten Informanten Mittelerdes."
Ein kurzes Lächeln kam üer sein Gesicht, "Das bedeutet jedoch auch, dass die Befehle, die ich gefunden habe, kein wertloser Schrott sind, sondern direkt aus Isengart kommen und wahrscheinlich weitere Technologien zeigen werden...weitere Fortschritte Mittelerdes und vielleicht sogar eine Lösung gegen diese Wilden."
Auch Iris lächelte schwach, "Das wäre schön...es wäre um einiges einfacher hier in Bree zu leben, wenn das Auenland nicht komplett von uns abgeschnitten wäre."
"Für einen Hobbit wie dich bestimmt, doch fürchte ich, dass das Auenland wie du es kanntest und liebtest Geschichte ist. So sehr ich sie auch als ganzes ablehne, haben die Waldläufer es all die Jahre über erhalten und beschützt und ohne sie wird das Auenland schwere Zeiten erleben. Seit jeher lebt ihr in einer alten Zeit ohne die unzähligen Kriege, doch hat das Euch wehrlos gegenüber den Gefahren der Welt hinterlassen. Wenn sich die Grenzen öffnen, wird das Auenland entweder schlagartig zahlreiche neue Konzepte und Fertigkeiten entwickeln müssen oder untergehen. Sei darum lieber froh, dass das Auenland so fern scheint."
"Wie kann ich froh darum sein, wenn ich weiß, dass Freunde und Geliebte dort wohnen und gar nicht wissen, was sie erwartet? Der Untergang des Auenlandes wäre das Schlimmste für unser ganzes Volk und kämpfende Hobbits inmitten grobschlächtiger Soldaten wäre einfach nur falsch, aber etwas Fortschritt würde dem Land genau richtig stehen. Es lebt noch viel zu sehr in seiner eigenen Tradition und der der großen Familien und zu viel Leid ereilt jene, die nicht genau in das klassische Bild passen."
"Wenn das bedeutet, dass du keine moralischen Skrupel hast die Wege zum Auenland zu befreien und etwas gänzlich neues hervorzubringen, hätte ich immer einen Platz frei für jene, die an Fortschritt interessiert sind."
"Das trifft auf mich zu, aber warum macht Ihr mir so ein Angebot?"
"Wenn diese Frage ernst gemeint sein sollte, muss ich noch überlegen, ob das das Angebot bekräftigt, weil du vorsichtig bist oder ob es es abschwächt, weil das eigentlich offensichtlich sein sollte. Allein von dem was ich an deinem Äußerem sehe: Du hast in einem Postamt gearbeitet, in Verbindung mit deiner Aufgabe im Pony wahrscheinlich irgendetwas in der Verwaltung, also kannst du mit der Sprache umgehen und einige Berechnungen durchführen. Ebenfalls scheinst du im Bütteldienst gewesen zu sein, weißt also wie man Probleme löst und hast dies wahrscheinlich an allerhand kleineren Alltagsaufgaben praktisch demonstrieren dürfen. Ein solch einfaches Seil als Gürtel spricht entweder für eine gemeisterte Tätigkeit, für die du ein Seil verwendet hattest oder für das Aufwachsen in ärmlicheren Verhältnissen. Deinem restlichem Körperbau nach zu urteilen eher letzteres, denn soweit ich informiert bin, zahlen weder der alte Gerstenmann, noch Post- oder Büttelämter sonderlich schlecht und du bist relativ kräftig gebaut, jedoch scheint dein Verhalten eher auf ersteres hinzuweisen, denn anders könnte ich mir nicht erklären, dass junge Hobbits so früh mit der Arbeit beginnen oder so wenig eigenes Interesse an dem gewöhnlichem Gegenwert ihres Ertrages zeigen. Dies führt mich jedoch dazu, dass die, wohl nur kurzen Jahre, in Armut tiefe Narben in dir hinterlassen haben und aus dir letzten Endes einen Freidenker machten, der jederzeit bereit ist etwas neues zu entdecken. Habe ich irgendetwas vergessen?"
"Äh..."
"Dachte ich es mir doch. Mach dir aber nichts draus, ich wurde ausgebildet mich in verschiedenen Gebieten eingliedern zu können, Personenkenntnis gehört da einfach dazu. Um es etwas entpersonalisierter zu sagen: Du hast die entsprechenden Fähigkeiten, die passende Einstellung und du bist ein Hobbit."
"Was hat das damit zu tun?"
"Hobbits gehen einfach anders an Probleme ran als wir Menschen. Aber lass uns das verschieben, ich glaube dein Vater ist gerade gekommen."
Ein paar Minuten später hatte Ughal zwei Schüssel aus heißem Wasser und einer merkwürdigen Tinktur bereitgestellt. Nachdem er sich in der ersten die Hände gewaschen hatte und dort einen frischen Lappen eingelegt hatte, wusch er mit diesem die sichtbaren Wunden aus. Was auch immer seine geheime Tinkturdarstellen sollte, brannte schlimmer als alles je dagewesene, viel schlimmer als die Wunde selbst, viel schlimmer als sie es sich überhaupt vorstellen konnte. Sie presste ihre Zähne zusammen und versuchte es zu ertragen, doch die hervorgepressten Schreie drangen überdeutlich in die Nacht. Sie wusste nicht, wie lange der Südländer die Wunde säuberte, doch es kam ihr wie eine Ewigkeit vor und als er den Lappen scließlich zum letzten Mal in die Tinktur legte, bekam sie kaum mehr etwas mit.
"Das hätten wir", sagte der Südländer schließlich und reichte ihr einen kleinen Becher, "Trink das, denn was jetzt kommt wird noch schmerzhafter. Ich hoffe es reicht von der Stärke her, aber ich habe so etwas noch nie an kleinem Volk ausprobiert."
In der Hoffnung ihre Schmerzen zu lindern, trank sie gierig, doch dieses Getränk brannte beinahe noch stärker und mehrfach war sie kurz davor es wieder herauszuwürgen, bevor sie beinahe betäubt zurückfiel.
Als sie wieder aufwachte, fühlte sie sich ungewohnt verspannt und verwirrt, hatte jedoch das Gefühl wieder Kontrolle über ihren Arm zu haben, auch wenn er sich nicht regte. Ein kurzer Blick zeigte ihr, dass er fest verbunden an ihrem Körper lag.
"Es wird wohl Narben geben", sagte Ughal traurig, "ein kleines Stück war abgesplittert und musste entfernt werden, aber ansonsten ist alles gut verlaufen, auch wenn du heute noch liegen bleiben solltest, das Feuerwasser wirkt doch besser als erwartet."
Sie versuchte sich kurz aufzurichten, doch ihr Kopf brummte wild auf und sie ließ sich wieder fallen, "Ist meine Familie hier?"
"Dein Vater war die ganze Nacht hier, er hat sich vor einer Stunde schlafen gelegt. Den Rest musste ich leider an die frische Luft schicken, viel zu nervös."
[...]