Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Friedhof
[† ]Rhia/Elua, zweite Char von Gnomi
Gnomi:
Name: Rhia (bzw. Elua bei den Elben)
Start: Hof außerhalb von Thal
Genaue Beschreibungen der Fähigkeiten, etc. ganz am Ende
Geschichte:
Weiter rennen...
Sie konnte keinen anderen Gedanken fassen...weiter rennen.
Sie schrie nicht mehr, obwohl ihr immer noch nach Schreien zu Mute war. Seit Stunden rannte sie nun schon, floh vor ihren Peinigern. Wer sie sah hätte sie mit einem Reh verwechseln können.
Die Dornen und Äste hatten ihre Kleider zerrissen, nur noch einzelne Fetzen hingen an ihr herab. Ihre Haut war aufgescheuert. Wie lang rannte sie nun schon? Sie wusste es nicht.
Plötzlich war eine Wurzel direkt vor ihren Füßen. Sie stolperte und fiel hart auf den Boden. Binnen Sekunden stand sie wieder auf und versuchte weiter zu rennen. Sie taumelte ein paar Schritte vorwärts, stütze sich an einem Baum ab und versuche weiter zu rennen. Keuchend ging sie ein paar Schritte weiter und verfiel unter Anstrengung wieder in einen leichten Trab. Durch den Sturz war die Haut über dem linken Auge aufgeplatzt und Blut sickerte ihr über die Wange. Doch ihr war es egal, sie wollte nur weg, weiter weg von dem was geschehen war. Ihr Auge zukneifend rannte sie weiter, bis sich plötzlich der Boden unter ihr auftat. Erst nach ein paar Sekunden begriff sie, dass sie fiel.
Sie stürzte das Gefälle hinunter, immer wieder auf den Hang aufschlagend. Schließlich prallte sie auf eine gerade Ebene auf.
Der Aufschlag war so hart, dass sie aufschrie und mit dem Schrei Blut ausspuckte. Immer noch vor Schmerzen schreiend versuche sie sich wieder aufzustützen.
Doch ihre Beine wollten ihr nicht gehorchen. Sie schaute an sich herab und sah aus dem rechten Bein einen weißen Knochen herausragen. Sie versuchte sich noch auf dem Boden weiter zu ziehen, doch schon nach wenigen Metern verlor sie endgültig ihre Kräfte. Auf einmal erschien eine Gestalt über ihr. Ohne aufzublicken sah sie nur den Schatten der Gestalt näher kommen und krümmte sich zum Schutze wie ein Tier zusammen. Der letzte Eindruck der in ihrem Bewusstsein verblieb, war der Geschmack von Blut im Mund, die Tränen, die an ihrer Wange herunter liefen und der Atem der Person, die sich über sie beugte.
Dann wurde die Welt still.
Als sie wieder zu sich kam zitterte sie am ganzen Körper. Wer war diese Person gewesen?
Sie traute nicht sich zu bewegen. Doch langsam entspannte sich auch ihr Körper. Das Zittern ließ nach. Als sie sich schließlich beruhigt hatte merkte sie, dass jemand sie mit einem Tierfell bedeckt hatte. Zudem war etwas Festes um Ihr Bein geschnürt. Er schmerzte zwar immer noch, aber der Knochen schien wieder an seinem Platz zu sein.
Während sie diese Dinge bemerkte, nahm sie auch Stimmen von Personen wahr, die nicht unweit entfernt waren.
„Hast du gesehen wovor sie weg gerannt ist?“ fragte eine erste raue Stimme.
„Nein Bachor, ich habe nur gehört, wie sie den Hang herunter gefallen ist.“ antworte eine andere weitaus sanftere und jüngere Stimme. „Dann habe ich sie dort unten liegen gesehen. Sie wirkte wie ein verschrecktes Tier, das schon seit langem gehetzt wird.“
„Ich hoffe meine Verbände werden ausreichen.“ sagte der Mann, der Bachor genannt wurde. „Du hast selber ihre Verletzungen gesehen. Sie hat Glück gehabt, dass nur ihr Bein gebrochen ist, so einen Sturz überlebt man normalerweise nicht so unbeschadet. Ich hoffe nur sie wird gesund. Ich würde gerne ihre Geschichte hören... Dieser Händler mit dem wir vor kurzem gehandelt haben... dieser alte Geizkragen... sie sieht ihm ähnlich, oder Hervenn?“
„Wir wollten ihn doch nicht mehr so nennen“ brummte Hervenn. „Aber du hast Recht. Wir werden genaueres erfahren, wenn sie aufwacht.“
Danach verstummte das Gespräch.
Ganz langsam traute sich die Verletzte ihre Augen zu öffnen und den Kopf zu drehen.
Sie sah die beiden Menschen an einem Lagerfeuer sitzen und hinter ihnen einen kleinen Händlerwagen.
Geizkragen...Ja, so könnte man meinen Vater nennen...
Danach schloss sie wieder die Augen und driftete in eine unruhige Nachtruhe. Immer wieder träumte sie, das gleiche. Wie sie hilflos am Boden lag, wie eine große Gestalt erschien und ihre Peiniger bekämpfte. Und jedes Mal sah sie wieder, wie dieser Mann unterlag und sie wieder weg getragen wurde.
Als der nächste Tag begann legten die Händler sie vorsichtig in ihren Wagen und fuhren weiter gen Osten. Es war kein großer Wagen.
Vorne wurde er von zwei Pferden gezogen und über der Ladefläche war von einem schweren Tuch gespannt worden, um die Ware vor Regen und Sonne zu schützen.
Obwohl sie nun ihre Augen die meiste Zeit geöffnet hatte sprach sie kein Wort mit den beiden Männern, sondern antwortete immer nur durch Nicken oder Schütteln des Kopfes.
Die meiste Zeit döste sie vor sich hin und wurde ständig von Alpträumen heimgesucht.
Mehrere Tage vergingen ohne Zwischenfälle. Eine Woche nachdem sie von den Händlern aufgenommen worden war begann es zu regnen.
Der Tag verlief dennoch wie immer.
Der Wagen rollte über die unebene Straße, die beiden Männer saßen vorne und lenkten ihn, während die Frau im hinteren Teil auf einem Fell zwischen den ganzen Waren lag.
Müde schaute sie auf die Straße hinter dem Wagen.
Der Weg sah genauso aus, wie an jedem Tag. Der einzige Unterschied war, dass nun der Boden matschig war.
Und dass eine Person auf einmal hinter dem Wagen stand.
Gnomi:
Sie wagte es nicht sich zu bewegen. Zwischen den Kisten war sie so versteckt, dass sie zwar den Umriss des Mannes, der hinter ihnen auf der Straße stand sehen konnte, aber er sie nicht sehen konnte.
Sie wollte sich umdrehen und die beiden Männer warnen, doch ihre Stimme versagte. Sie versuchte zu schreien, doch nicht einmal ein Krächzen verlies ihren Mund. Im nächsten Moment sah sie, wie zwei weitere Gestalten von dem Straßenrand lösten und sich dem langsamen Karren lautlos näherten.
Gewandt sprangen alle drei Gestalten gleichzeitig auf den Wagen ohne einen Laut von sich zu geben. Sie bemerkten die Frau nicht, die sie hinter Kisten versteckt beobachte.
Aus ihrer Deckung heraus starrte sie die drei Menschen an und konnte den Blick nicht von ihnen abwenden.
Es waren brutale Räuber, die vor nichts zurückschrecken würden, darin war sie sich sicher. Doch sie bewegten sich mit so einer zielstrebigen Eleganz und ohne einen einzigen Laut durch den Wagen, dass sie nicht anders konnte als ihnen fasziniert zuzuschauen. Sie standen nun alle drei hinter den beiden Händlern und hoben lautlos ihre Waffen. Die Händler redeten unbewusst der Gefahr weiter miteinander.
Dann sirrten die Messer hinab. Doch nur eines der beiden Opfer kippte leblos nach vorne. Der Zweite hatte sich gerade zur Seite gelehnt, als er plötzlich aufschrie und sich an den blutenden Arm packte. Mit vor Schreck geweiteten Augen sah er zuerst das Blut aus seinem Arm spritzen, dann seinen Freund zu Boden gehen und dann die drei Gestalten hinter sich. Die eine trat einen kleinen Schritt nach vorne und beugte sich nach unten. Unerbittlich drückte sie ihm das Messer an den Hals.
„Halt!“ krächzte der Händler. Es war der ältere Mann mit der raueren Stimme. „Lasst mich leben und ihr werdet es nicht bereuen.“
Von den drei Bewaffneten kam ein dunkles Gelächter als Antwort.
Aber sie nahmen ihm das Messer vom Hals und knieten sich vor ihm hin.
„Was willst du uns schon bieten? Wir haben alles von dir in unserer Hand... Dein Leben, deinen Wagen und deine Ladung.“
Plötzlich überkam die Frau, die hinten weiterhin versteckt lag eine böse Vorahnung. Sie war immer noch fasziniert von der graziösen Eleganz mit der die drei Räuber den Wagen überfallen hatten, doch sie musste weg.
Langsam kroch sie weiter nach hinten... Stück für Stück, um unbemerkt zu bleiben.
„Ihr habt meine Ladung und mein Leben.“ sprach der Händler mit bebender Stimme. „Das stimmt. Doch ich habe Wissen und kann euch zu reichen Leuten machen.“
Oh nein, er erzählt ihnen von meiner Herkunft.
Immer schneller kroch sie, bis sie schließlich hinten am Wagen angekommen war.
Langsam ließ sie sich herunterfallen.
Es machte ein leises platschendes Geräusch, als sie kurz neben einer Pfütze auftraf, doch im Prasseln des Regens ging das Geräusch unter. Sie drehte sich um und sah, dass der Wagen langsam weiterfuhr. Sie war entkommen.
Unsicher versuchte sie sich auf ihre Beine zu stellen, doch das gebrochene Bein war noch zu schwach. So schleppte sie sich von der Straße in die Büsche.
Einige Sekunden später hörte sie einen Aufschrei:
„NEEEIIIINNN! Ich schwöre euch... sie war da... sie muss geflohen sein! Bitte... Lasst mich Leben, ich habe euch die Wah...“
Danach hörte sie nur noch ein paar knurrige Befehle, die sie durch den Regen nicht mehr verstand.
Einen ganzen Tag blieb sie unter den Sträuchern neben der Straße liegen und wagte kaum zu atmen. Was wenn die Männer noch in der Nähe wären? Sie würde sie nicht kommen sehen und würde ebenfalls Opfer ihrer Grausamkeit werden...
Sie verlor ihr Zeitgefühl, doch sie konnte nicht anders, sie musste weitergehen. Ihr Hals war ausgedörrt, ihr Magen knurrte und ihr Bein pulsierte mit erneuten Schmerzen. Unbeholfen stand sie auf und blickte zum Himmel. Es war um die Mittagszeit.
Durch den einen Tag, den sie dort nass gelegen hatte, konnte sie sich kaum bewegen. Behutsam stellte sie sich auf und belastete vorsichtig ihr verletztes Bein. Wenn sie nur ganz kurz einen Teil ihres Gewichtes darauf verlagerte, konnte sie ein paar Schritte vorwärts gehen. Jedes Mal wenn sie aufhörte sich zu konzentrieren, brach sie wieder zusammen.
Doch nach jedem Sturz zog sie sich verbissen wieder hoch, obwohl jedes Mal der Schmerz in ihrem linken Bein weiter zunahm. Sie sah keine Möglichkeit ihre Situation zu verbessern, doch sie musste weiter. Fast musste sie sogar lächeln, als sie an ihren Vater dachte. Er hatte oft gesagt: „Jeder sagte ich hätte keine Möglichkeit die Waren zu einem solch guten Preis zu verkaufen. Doch ich habe es geschafft.“
Genauso ging es ihr. Ihre Aussichten zu überleben standen schlecht. Doch sie musste es schaffen! Nachdem sie die ersten Meter entlang gehumpelt war, stoppte sie, hob ein kleines Stück dünne Rinde auf und nahm es in den Mund.
Langsam machte sie den nächsten Schritt mit ihrem verletzten Bein und spürte wieder den stechenden Schmerz. Sie unterdrückte einen Schrei und biss stattdessen mit ihrer gesamten Kraft auf die Rinde. So gelang es ihr schließlich immer weiter fort zu gehen. Fort von dem Ort an dem sie verraten wurde. Sie machte keine Pause und lief den gesamten nächsten Tag hindurch. Immer entlang dem Weg, den die Händler befahren wollten. Sie hatte nur ein dünnes Leinenhemd an. Das war alles, was sie besaß. Mit ausgedörrter Kehle schleppte sie sich voran. Kein See in der Nähe um ihren Durst zu stillen. Nichts, was ihr helfen könnte.
Langsam ging der Tag zur Neige. Es wurde dunkel um sie herum, doch sie konnte nicht stoppen. Ihre einzige Möglichkeit war das Weitergehen, obwohl ihre Hoffnung auf Rettung immer weiter schwand. Plötzlich erkannte sie einen hellen Punkt zwischen den Bäumen. Ihre Lebensgeister erwachten sofort zu neuem Leben.
Es sieht aus wie ein Lagerfeuer.
Ohne darüber Nachzudenken, wer am Lagerfeuer sitzen könnte humpelte sie los. Als sie an den ersten Bäumen vorbei war sah sie den hellen Fleck deutlicher. Sie würde endlich wieder Leute treffen, könnte sich stärken, ihr Bein könnte geheilt werden... All diese Gedanken schwirrten durch ihren Kopf. Als sie näher kam erkannte sie: Es war wirklich ein Lagerfeuer. Sie rannte so schnell sie konnte auf das Lagerfeuer zu, nur noch ein Gedanke regierte in ihren Kopf: Überleben.
Schließlich kam sie humpelnd an dem letzten Baum vorbei und kam direkt vor dem Lagerfeuer auf eine kleine Lichtung. Glücklich sah sie, dass um das Lagerfeuer Menschen saßen. Nun hatte sie wirklich eine Aussicht auf Überleben.
Überrascht starrten alle sie an. Danach spürte sie einen harten Schlag gegen den Kopf und es wurde ihr wieder schwarz vor Augen.
Als sie wieder aufwachte stöhnte sie auf. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Kopf zerbersten würde. Der Durst war immer noch da und zudem kamen nun noch die Kopfschmerzen. Sie versuchte sich daran zu erinnern was vor dem Schlag passiert war. Sie kam zu dem Feuer... dort saßen jede Menge Leute... sofort riss sie die Augen auf und wollte aufstehen. Doch sie konnte sich nicht bewegen. Als sie an sich herabsah bemerkte sie, dass sie Fesseln an Händen und Füßen trug. Als sie um sich schaute bemerkte sie, dass sie in einer Art Zelt war. Es bestand vollständig aus Fellhäuten und Lederfetzen. Das ganze war rund um einen Baumstamm aufgebaut und sah nicht so aus, als ob die Besitzer hier lange bleiben wollten.
Sie selbst saß in der Mitte vom Zelt an den Baumstamm gefesselt.
Gnomi:
Gerade als sie versuchte sich die ganze Situation genauer voranzuschauen wurden die Kopfschmerzen wieder schlimmer. Stöhnend schloss sie die Augen, lies den Kopf nach vorne auf die Brust sinken und döste ein.
Als sie wieder zu sich kam hörte sie außerhalb des Zeltes raue Stimmen miteinander reden.
„Hat sich doch jetzt schon gelohnt unseren Auftrag nicht auszuführen, oder?“
„Ja.“, antwortete eine zweite Stimme. „Erst der Händler und nun rennt uns auch noch diese Frau über†™n Weg. Es war gut, dass wir nich†™ nach Westen ins Auenland gegangen sind. Der alte Mann hat unsren Kumpels was vorgemacht. Wahrscheinlich werden dort alle getötet. Der Osten wird doch viel schöner... dorthin woll†™n wir und das begann doch schon verdammt gut.“
Die zweite Person lachte. „Ja“, sagte sie. „der Osten. Dort werden wir alle frei sein und kein Saruman wird uns mehr herumkommandieren. Doch diese verfluchten Berge sind noch im Weg. Unsre Leute werden unruhig, das merke ich. Wir sollten den Marsch schnell erledigen.“
„Wo du†™s sagst... ich glaube unser Gast hat Durst, zumindest sah sie sehr durstig aus.“ antwortete wieder der Erste und fügte lachend hinzu. „Was meinst du? Solln wir ihr etwas Wasser geben?“
Kaum dass Wasser erwähnt wurde stöhnte die Frau im Zelt leicht auf. Wasser...
Danach sah sie, wie ein Teil der Zeltwand zurückgeklappt wurde und zwei Männer in braunen Lumpen eintraten.
Beide waren eher klein und stämmig gebaut und hatten einen starken Bartwuchs.
„So“, sagte der erste. „Unser Gast is†™ also endlich wach... ich hoffe ihr werdet euch rasch erholen, unsere Reise wird lange sein und ihr werdet uns begleiten. Doch wo sind meine Manieren geblieben, ich vergaß uns vorzustellen. Mein Name is†™ Dagnir und das is†™ Gwarthen.“
Sie wollte etwas antworten, wollte um Wasser bitten, doch sie konnte den Mund kaum öffnen. Sobald der Mund offen war, spürte sie wie die Luft ihre Kehle immer weiter austrocknete... Lange würde sie nicht mehr durchhalten. warum gaben ihr die Männer nicht einfach Wasser? Langsam verschwamm wieder das Bild vor ihren Augen, doch sie versuchte standhaft zu bleiben und nicht wieder ohnmächtig zu werden.
„Ich hab das Gefühl sie kippt gleich um“, sagte Gwarthen. „Gib ihr endlich etwas zu trinken.“
„Immer mit der Ruhe...“, antwortete Dagnir und setzte sich vor die Frau, während er einen kleinen Schlauch mit Wasser auspackte und langsam an ihren Mund führte.
Sie wollte sogleich begierig trinken, doch die ersten Tropfen brannten wie Feuer in ihrem Mund und sie musste sofort husten und spuckte das Wasser wieder aus. Danach lies sie langsam immer mehr Wasser in sich hinein laufen, zu schwach es wieder auszuspucken, obwohl ihr gesamter Hals anfing noch stärker zu brennen.
Als der Schlauch leer war stand der Mann vor ihr auf und drehte sich um. Sie vernahm nur noch irgendwelche Stimmen, doch sie verstand nichts mehr. Danach kippte ihr Kopf auf ihre Schulter und sie döste wieder ein. Obwohl sie am Ende ihrer Kräfte war hatte sie einen der beiden erkannt. Dagnir war auf dem Karren der Händler gewesen. Als sie ihn wieder erkannt hatte wusste sie: Es gab für sie keine Möglichkeit zu entkommen.
In den nächsten Tagen erholte sie sich langsam. Sie war immer noch zu schwach um irgendetwas zu machen, doch durch das Wasser, dass sie immer wieder im Laufe der Tage bekam nahm sie langsam wieder mehr wahr und ihre Lebensgeister kehrten zurück.
Nach einer Woche war sie schließlich wieder bei vollem Bewusstsein.
Doch schon bald wünschte sie sich sie wäre weiterhin in ihrem Dämmerzustand geblieben.
In der Zwischenzeit konnte sie schon wieder auf ihren wackeligen Beinen stehen. Augenblicklich begannen die wilden Menschen sie als Spielzeug für die Abende zu benutzen und sich an ihr zu vergnügen.
Jeden Abend, jede Nacht erlebte sie das gleiche, weshalb sie fortgerannt war. Einige Tage später wurde das Lager abgebaut und die Gruppe ging gen Osten.
Immer wieder brach sie auf diesem Marsch zusammen. Ihr Bein heilte nicht mehr, sondern verschlimmerte sich nun tagtäglich. Dennoch genoss sie den Marsch. Sie hasste es zwar, mit ihrem Bein weiterzulaufen und wäre am liebsten Sitzen geblieben, doch durch den Marsch waren auch ihre Peiniger erschöpft und ihre Bosheiten ihr gegenüber hielten sich in Grenzen.
Nach mehreren Tagen, vielleicht waren es auch schon Wochen, erreichte der Trupp schließlich das Nebelgebirge. Alle wussten, dass nur noch diese Bergkette zwischen ihnen und der ersehnten Freiheit vor Saruman auf der anderen Seite standen.
Als es dunkel wurde und das Lagerfeuer die einzige Lichtquelle war erhob sich Dagnir.
„Meine Freunde. Wir sind hier hergekommen, um die Freiheit zu bekommen. Im Westen wird Saruman herrschen, doch der Osten is†™ für uns frei.“
Ein Jubel ging durch die Reihen.
„Sobald wir diesen Gebirgskamm überquert ham“, ergänzte Gwarthen. „werdn wir auf der andren Seite alles finden, was das Herz begehrt. Nahrung im Überfluss, Gold, Freiheit. Un†™ Frauen.“ Den letzten Zusatz setzte er mit einem Blick auf ihr Entführungsopfer hinzu.
„Morgen früh werden wir aufbrechen“ fuhr Dagnir fort. „Ab dann gibt es kein zurück mehr, weil wir uns ab dann im Nebelgebirge befinden, das muss euch allen klar sein.“
Danach traten die beiden zurück und langsam wurde es ruhig. Schon bald schliefen alle außer einer Person. Wie immer bei einer Rast war sie an einen Baum gefesselt worden. Ihre Beine waren frei, doch ihre Hände waren ebenfalls mit dicken Seilen zusammengeschnürt.
Hilflos saß sie so an den Baum gelehnt und starrte in das verglühende Lagerfeuer. Ihr Bein schmerzte stärker denn je, doch sie spürte es in der Zwischenzeit nicht mehr, dieser Schmerz war zu einem Bestandteil ihres Seins geworden.
Sie konnte sich noch genau erinnern... vor nur wenigen Monaten war sie ebenfalls bei klarer Nacht an einem Lagerfeuer gesessen. Doch damals hatte sie nur einen Begleiter gehabt und sie hatte nichts von dem erlebt, was sie jetzt hinter sich hatte.
Diese Zeiten sind vorbei... ich habe gesehen, wie er gestorben ist... gestorben für mich, doch es hat mir nicht geholfen.
Sie erinnerte sich noch genau, wie er damals als große Gestalt aus den Büschen heraussprang und ihre damaligen Schinder erschlug.
Melethron...Wie gerne würde ich dich nur noch einmal wieder sehen.
Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. Sie würde ihn nie wieder sehen und das wusste sie ganz genau, alles was ihr gefallen hatte war verloren, nur dunkle und böse Erinnerungen hausten in ihrem Geist. Falls ich noch einmal von vorne anfangen könnte... ich würde nicht noch einmal hilflos sein.
Mit diesem Gedanken schlief sie lange nach Mitternacht ein.
Sie saß an einem Lagerfeuer. Neben ihr saß Melethron. Als sie an sich herabblickte erkannte sie, dass ihre Beine unbeschädigt waren. Ihr Herz hüpfte vor Freude. War alles nur ein böser Traum gewesen? Zumindest jetzt wirkte es so. Sanft legte sie ihre Arme um ihn, während beide träumend in das Feuer schauten. Über ihnen glitzerte der Sternenhimmel, der durch keine einzige Wolke an diesem warmen Herbsttag gestört wurde.
Lange saßen sie so, fest umschlungen gemeinsam vor dem Feuer, keiner rührte sich, beide genossen nur die gemeinsame Zeit in der sie friedlich zusammen sein konnten. Schließlich wandte er langsam seinen Kopf zu ihr um. Fasziniert blickte sie in seine braunen Augen, die von einem seltsamen Glanz bedeckt waren. „Ich muss gehen.“, flüsterte er ihr leise zu. Traurig blickte sie zurück. „Bitte, kannst du nicht noch bleiben? Ich brauche dich.“, flehte sie ihn an. „Wie soll ich meine Herausforderungen nur ohne dich bewältigen?“
Er blickte zu Boden und suchte nach einer Antwort. Nach mehreren Minuten antwortete er. „Ich wünschte ich könnte dir helfen, doch ich kann nicht. Du bist auf dich allein gestellt.“ Danach stand er auf und schlug schluchzend mit voller Kraft gegen einen Baum. Danach drehte er sich schnell wieder zu ihr um. Sie sah, dass er Tränen in den Augen hatte.
„Wie gerne würde ich dir helfen, alles würde ich tun...doch ich habe versagt, verzeih mir“, flehte er sie an und kniete sich bebend vor ihr nieder und wisperte leise weiter. „Ich würde alles, wirklich alles geben, nur um dir dein Leid zu ersparen, doch ich kann nicht... sie kommen, ich muss weg.“
Er schmiegte sich noch kurz an sie und zögerte, als ob er nicht weg wolle. Sie wollte ihm antworten, doch sie brauchte kein Wort heraus. Sie küssten sich noch einmal flüchtig, danach war er verschwunden.
Plötzlich bekam sie einen harten Tritt in den Rücken. Aufstöhnend kam sie zu sich.
Kaum, dass sie die Stimmen um sich wahrnahm wusste sie: Sie war wieder zurück und ihre ganze Reise war kein Traum gewesen.
Als sie die Augen öffnete sah sie Dagnir vor sich sitzen.
Seine dunklen bösartigen Augen musterten sie. Reflexartig krümmte sie sich zusammen. Wie anders war ihr Traum gewesen. Sie spürte immer noch Melethron neben sich und schalt sich sofort dafür.
„Ich kenne dich...“ begann Dagnir ihr zuzuzischen. „Du wirst mich wahrscheinlich nicht mehr wieder erkennen. Doch ich war dabei...damals, als wir deinem Vater die Waren gestohlen hatten.
Erschrocken starrte sie ihn an. Sofort war wieder jedes Detail vor ihrem inneren Auge vorhanden.
Leicht beugte sich Dragnir nach vorne und sprach nun leiser, sodass nur sie es hören konnte.
„Ich würd†™ dich töten. Du bist nichts als ein Klotz am Bein. Doch meine Männer brauchn hier Unterhaltung. Merk dir das genau. Solange du noch zu unsrem Vergnügen gut bist bleibst du am Leben. Sonst...“ Unvollendet lies er den Satz stehen, stand auf und erteilte einige Befehle.
Nach einem raschen Frühstück begann der Aufstieg in das Nebelgebirge.
Viele Wege führten die Berge hinauf, und viele Pässe führten über sie hinweg. Aber die meisten Wege waren Irrwege oder Fallen, auf denen man nirgendwohin oder zu einem schlimmen Ende kam; und an den meisten Pässen lauerten Gräuel und Gefahren. Doch durch Glück oder Schicksal schafften sie die ersten Tage immer weiter in das Nebelgebirge vorzudringen ohne auf Gefahren zu treffen oder sich zu verlaufen. Doch als sie in die höheren Ebenen kamen wurde es gefährlich. Steinbrocken, von der Mittagssonne auf dem Schnee losgelassen kamen nun oft den Berg heruntergedonnert. Doch keiner aus der Gruppe ließ sich einschüchtern. Zielstrebig gingen sie ihren Weg und ihre Gefangene musste mit, ob sie wollte oder nicht.
Nach den ersten Tagen begann das Wetter sich zu verschlechtern. Dunkle Gewitterwolken zogen herauf und Blitze zuckten die ganze Nacht auf die Erde nieder und erhellten kurz die Landschaft.
In dieser Nacht wurde keine Pause eingelegt. Während den kurzen Augenblicken in denen man etwas erkennen konnte sah man große grimmige Riesen auf den Bergen toben. Große Steine warfen sie hin und her oder schleuderten sie in die Dunkelheit. Einmal landete ein Stein nur wenige Meter von der Gruppe entfernt und der getroffene Baum zersplitterte unter dem Gewicht. Am nächsten Tag waren alle Wolken verschwunden. Hämisch grinste die Sonne auf sie herab, als sei in der Nacht nichts gewesen. Die nächste Nacht wurde noch schlimmer. Es tobte wieder ein Unwetter, doch dieses Mal goss es zusätzlich in Strömen. Binnen kürzester Zeit war die gesamte Gruppe bis auf die Haut durchnässt.
Selbst Dagnir, der unermüdlich die Truppe vorantrieb stimmte schließlich einer Rast zu. Sie fanden eine kleine Höhle in der sie Unterschlupf suchten. Bibbernd traten sie alle ein. Mit knappen Befehlen wurden die Gefangene und die Verletzten in eine Ecke weiter hinten gebracht und dort abgelegt. Die anderen setzten sich etwas weiter vorne in den Höhleneingang und besprachen die Lage.
Gnomi:
Langsam lies sie den Kopf nach hinten gegen die Wand sinken. Sie spürte jeden Knochen in ihrem Leib. Ihre Flucht bisher hatte sie schon erschöpft. Doch dieser Kraftmarsch über das Gebirge übertraf alles. Zudem fing die Wunde an ihrem Bein an zu eitern. Hinkend hatte sie versucht Schritt zu halten, am Ende war sie aber zusammen gebrochen und man hatte sie getragen. Sie fühlte sich schrecklich, dennoch gewann die Müdigkeit und sie döste langsam ein. Das letzte was sie noch mitbekam war, dass sich Dagnir erhob und verkündete, dass sie ab sofort nur noch bergab laufen müssten. Dann hätten sie das Gebirge hinter sich gelassen.
Als sie aufwachte dämmerte schon der Morgen. Es regnete zwar immer noch, aber nicht mehr so stark und in der Ferne sah man die ersten blassen Sonnenstrahlen. Noch konnten sie aber nicht die Erde erwärmen und es blieb kalt. Als sie sich umschaute bemerkte sie, dass sie die meisten anderen noch schliefen. Nur an dem Höhleneingang saß Dagnir und starrte mit seinen kalten Augen in die Ferne.
Sie wollte sich gerade strecken, damit sie etwas warm wurde, als sie erstarrte.
Dagnir war aufgesprungen und direkt vor ihm fiel ein Pfeil klappernd zu Boden. Er zögerte keine Sekunde und war mit zwei Sätzen in der Höhle und schlug Alarm. „Angriff! Wir werdn angegriffen. Hey du da hintn, aufwachn! Zu den Waffen!“
Die soeben noch verschlafene Truppe war sofort hellwach. Jeder packte seine Waffen, die neben ihm lagen und stürzten sich zum Höhleneingang. Ohne einen Laut von sich zu geben blieb sie in der Höhle, bis alle draußen waren.
Danach stand sie vorsichtig auf und ging nun ebenfalls zum Eingang. Als sie nach draußen blickte stockte ihr Herz.
Von den Hängen kletterten Unmengen Orks herunter.
Sie wusste nicht wie viele, auf jeden Fall waren es mehr als zehnmal so viele, wie die zwanzig Mann starke Gruppe, die Dagnir anführte. Sofort drehte sie sich um und humpelte so schnell sie konnte in die Entgegengesetzte Richtung. Ohne sich umzudrehen keuchte sie den schmalen Pfad entlang und merkte, dass es langsam bergab ging. Als sie nach vorne schaute musste sie lächeln. Sie hatte es geschafft. Vor ihr lagen keine Berge mehr, sie musste nur noch den Hang herunter und dann wäre sie in einem anderen Land. Sie war noch nie so weit östlich gewesen, doch sie kannte das Land aus Karten. Neue Hoffnung gebar in ihr. Dort könnte sie ein neues Leben anfangen.
Nach einigen letzten mühsamen Stunden lies sie schließlich das Nebelgebirge hinter sich.
Erschöpft lies sie sich an einem kleinen See fallen und lies ihre Hände in das Wasser gleiten.
Es war eiskalt, doch es tat gut. Nach all der Zeit des Leidens hatte sie es schließlich geschafft. Sie wollte nichts mehr wissen, was geschehen war. Die letzten, die ihre Vergangenheit geprägt haben waren getötet worden. Nun kannte sie niemand, niemand wusste, was passiert war. Ein Gefühl des Glückes umfing sie. Alles konnte gut werden, keine Qualen mehr, nichts, was ihrem Leben schaden könnte.
Langsam lies sie die Hand durch das Wasser gleiten und beobachtete mit Freuden die kleinen Linien, die sich auf dem Wasser bildeten. Es war nichts Besonderes, aber es war etwas Natürliches, etwas das an ein normales Leben erinnert. Danach schöpfte sie begierig Wasser aus dem See. Beim ersten Schluck lief ihr noch ein kalter Schauer über den Rücken. Doch schon beim zweiten spürte sie nur noch, wie mit dem Wasser wieder die Lebenskraft zurückkam.
Als sie sich wieder kräftig genug fühlte weiterzugehen stand sie wieder auf. Trotz all ihres anfänglichen Überschwangs bemerkte sie, dass nicht alles sich für sie geändert hatte. Sie litt immer noch unter der Verletzung ihres Beines. Doch durch die unerwartete Befreiung aus den Händen der Räuber war sie optimistisch genug auch diese Verletzung überstehen zu können.
Als es Abend wurde legte sie sich unter einen Baum und schlief rasch ein. Am nächsten Tag wachte sie auf und wusste zuerst nicht wo sie war. Der letzte Tag kam wir wie in einem Traum vor. Eine kurze Unterbrechung in einem langen Alptraum. Gleich würde sie von einem der Räuber mit einem unsanften Tritt endgültig geweckt werden und man würde sie wieder zum weiterlaufen zwingen. Lange blieb sie so liegen und verkrampfte sich langsam immer mehr. Wann würden sie sie aufwecken? Obwohl sie die Augen noch nicht geöffnet hatte wusste sie, dass die Sonne schon schien. Ein warmer Sonnenstrahl wärmte ihre Haut und ein milder Wind blies ihr die Gräser in ihr Gesicht... Gräser? Waren sie nicht noch im Gebirge, wo das Licht nicht warm, sondern eisig ist und der Wind einem heulend ins Gesicht peitscht und einen mit Schnee bedeckte? Aber Gräser? Sollte es doch kein Traum gewesen sein? Oder war sie immer noch am träumen?
Leicht blinzelte sie. Durch die kleinen Schlitze sah sie wenig, aber es genügte. Direkt vor ihrem Gesicht hatte sie eine blühende gelbe Blume gesehen. Lächelnd schloss sie ihre Augen wieder und entspannte sich während sie sich auf den Rücken legte. Sie hatte es also wirklich geschafft, sie war entkommen.
Sanft atmete sie die Luft ein. Es roch so anders, als sie es in Erinnerung hatte. Es roch würzig und mit jedem Moment entdeckte sie neue Gerüche, die sich ständig miteinander vermischten. Auf einem Ast über ihr zwitscherte ein Vogel munter vor sich hin und ein paar Bäume weiter antwortete ein Zweiter.
Langsam öffnete sie nun die Augen und schaute in die Krone eines Baumes, der direkt neben ihr stand. Es war ein großer Baum mit starken Ästen und vielen grünen Blättern. Fast schon konnte sie die Lebensfreude spüren, die dieser Baum ausströmte. Langsam setzte sie sich auf, den Blick immer noch fasziniert in die saftig grünen Blätter des Baumes gerichtet.
Langsam ging sie so durch den Wald und wollte alles genießen. Alles, was für andere natürlich war, doch was sie jetzt bewunderte.
Doch sie konnte nicht lange so unbeschwert umherstreifen. Schon bald kam Hunger auf und damit sämtliche Erinnerungen an ihr Leiden der letzten Wochen. Als es Abend wurde waren sie schließlich wieder da: Jede noch so kleine Erinnerung an ihre Flucht und ihre Gefangenschaft. Sie hatte zwar einige Beeren gefunden, doch diese konnten ihren Hunger nicht vollständig stillen. Hungernd schlief sie ein und wachte hungriger, als am Abend zuvor wieder auf.
Ihre erste Freude über die unerwartete Hilfe und Flucht waren verflogen. Sie befand sich nun in einem Land, dass sie nicht kannte und in dem alles offen für sie war. Doch wenn sie nicht bald andere Menschen treffen würde, dann würde sie ihr Bein verlieren. Allein dieser Gedanke machte ihr mehr Angst als alles andere. Wie sollte sie nur ohne Bein überleben können?
Langsam wurde auch ihr Hunger immer größer. Sie fand zwar viele Früchte und Beeren, doch diese allein genügten nicht um sie zu sättigen. Sie war immer noch in einem ihr unbekannten Wald, doch langsam lichteten sich die Bäume. Alles was sie wusste war, dass irgendwann der Anduin, wie er im Süden heißt weiter im Osten liegt und noch weiter östlich schließlich die einzige große Stadt des Nordens. Thal. Dort wollte sie hin.
Fast den gesamten Tag lief sie nun durch den Wald, der immer wieder dichter, dann wieder luftiger wurde.
Sie genoss den Tag. Die letzten Wochen holten sie zwar immer wieder ein, doch sie versuchte alles aus ihren Gedanken zu verbannen und konzentrierte sich auf jedes noch so kleine Detail. Sie schaute jedem Tier nach, fühlte das weiche Gras unter ihren schweren Schritten und hörte den Vögeln zu.
Langsam ging die Sonne wieder unter und verlieh dem gesamten Wald einen roten Hauch. Bäume, die vorher noch in saftigen grün in die Höhe ragten waren leuchteten nun braunrot auf. Der Wind spielte immer noch mit den Bäumen und lies ihre Kronen schwingen. Mit den Kronen tanzten ihre Schatten über den grasigen Boden.
Wie lange hatte sie so etwas schon nicht mehr beobachten können. Dieser Anblick von Frieden und die Schönheit der Natur fesselten sie.
Doch mit einem Schlag verschwand die Sonne hinter den Bergen und alles war dunkel.
Von einem Moment zum nächsten schlug die ganze Stimmung um. Nun erhellte der klare Sternenhimmel den Wald. Es war kein warmes rotes Licht mehr, sondern ein gedämpftes bleiches Licht.
Der Wald wirkte immer noch faszinierend auf sie, doch es war etwas anderes. Nun war es ein mystisches Gefühl. Wie in den Geschichten, die ich früher erzählt bekommen habe... dachte sie.
Ohne Vorwarnung durchriss ein klarer Schrei die nächtliche Ruhe. Sofort zuckte sie zusammen. Sie dachte nicht vorher nach, sie humpelte sofort los in Richtung des Schreies. Sie wusste nicht, warum sie dort hin lief, sie wusste auch nicht, wie sie überhaupt helfen sollte. Aber sie wusste, dass sie eingreifen musste. Dieser Schrei rief wieder alle Erinnerungen an ihre Qualen zurück. Sie durfte nicht zulassen, dass einem anderen Menschen ähnliches widerfuhr.
Sie humpelte immer schneller und hörte nun aufgeregte Stimmen schreien. Sie erklomm noch einen kleinen Hügel und erkannte sofort die Situation. Vor ihr war noch eine kleine Hecke und dahinter war ein kräftiger Mann, der einem kleinen Kind ein langes Messer an die Kehle hielt und nur zehn Meter entfernt standen weitere Gestalten, die entsetzt auf das kleine Kind schauten.
Bei diesem Anblick verlor sie sämtliche Körperkontrolle. Ohne, dass sie es beeinflussen konnte packte ihre Hand einen Ast, der am Boden lag, ihre Beine rannten auf den kräftig gebauten Mann zu und als sie nah genug war schlug sie zu.
Der Ast zersplitterte an dem Kopf des Unbekannten. Vor Schreck und Schmerz aufheulend ließ er das Kind los und fasste sich an den blutenden Hinterkopf. Als er sich umdrehte erkannte sie ihn sofort wieder.
Dagnir.
Auch er erkannte sie sofort wieder und blickte sie genauso überrascht an, wie sie ihn.
Er zögerte kurz und erhob dann blitzschnell die Klinge. Ohne Pause fuhr die Klinge sofort wieder herab, direkt auf sie zu. Doch mitten in der Bewegung schrie Dagnir auf und lies seine Waffe fallen, die sich nur ein paar Zentimeter neben ihr in den Boden bohrte. Überrascht schaute er auf einen Pfeil, der in seinem Arm steckte. Als er über die Schulter blickte erkannte er gerade noch, wie ein zweiter Pfeil anflog. Er ließ sich fallen. Der Pfeil flog, durchteilte direkt über seinem Kopf die Luft.
Noch einmal blickte er sie hasserfüllt an. „Eines Tages krieg ich dich...“ Danach rollte er sich zur Seite und verschwand in der Hecke.
Gnomi:
Als sie wieder aufblickte erkannte sie, dass die Personen, die sie vorher gesehen hatte nun mit dem Kind auf dem Arm auf sie zu gerannt kamen und etwas in einer fremden Sprache beredeten. Als sie näher kamen konnte sie sie genauer erkennen. Es waren zwei erwachsene Leute und das kleine Kind. Doch selbst die Erwachsenen wirkten noch jung.
Es war ein Mann und eine Frau. Der Mann war groß gewachsen, sie schätzt ihn auf knapp zwei Meter. Sein Gesicht war makellos und seine glatten dunklen Haare hingen ihm über die Schulter. Die Frau war ihm ähnlich. Sie war nur knapp kleiner als er, hatte ein ebenso perfektes Gesicht. Der einzige Unterschied war, dass sie blonde Haare hatte.
Mit weichen Schritten kamen sie ihr näher.
Als sie noch ein knapper Meter trennte verbeugte sich der Mann.
„Mae Govaennen“ Seine Stimme klang mehr wie ein Gesang, als dass er sprechen würde.
„Ich weiß nicht, wie ich euch danken kann. Euer beherztes Eingreifen hat wohl unserem Sohn das Leben gerettet. Ich weiß nicht, wie wir euch danken können. Wenn es irgendetwas gibt, was wir für euch tun können...“
Unsicher wich sie zwei Schritte vor dem Mann und der Frau zurück. Elben, kann das wirklich sein? Konnte es wirklich sein, dass nach all dem Leid sie endlich einmal Glück haben konnte?
Bevor sie etwas sagen konnte antwortete ihr Magen für sie. Mit einem lauten Knurren machte er sich bemerkbar.
„Wir haben genug Verpflegung, wenn ihr wollt könnt ihr bei uns euch stärken.“ Antwortete die Frau mit einem leichten Lächeln auf dem Mund. „Doch wer steht nun eigentlich vor uns? Wie lautet euer Name?“
Sie wollte antworten, doch plötzlich stockte sie. Wie hieß sie eigentlich? Verzweifelt versuchte sie sich an ihren Namen zu erinnern. Doch in ihrem Kopf war alles wie von einem Nebel bedeckt. So sehr hatte sie ihre letzten Wochen vergessen wollen, dass sie fast alles vergessen hatte.
Unsicher schaute sie die Frau an. Was sollte sie jetzt nur antworten? Würden sie ihr immer noch vertrauen, wenn sie nichts von sich sagen konnte?
Die beiden Elben schauten sich kurz an, besprachen kurz was auf ihrer Muttersprache und wandten sich dann wieder ihr zu.
„Wir wissen nicht wer ihr seid. Noch wissen wir woher ihr kommt, doch ihr habt unser Kind gerettet und damit unseren Respekt und unser Vertrauen gewonnen.“ Sprach der Mann und die Frau führte fort. „ Ich hoffe wir werden irgendwann euren wahren Namen erfahren, doch solange ihr ihn uns nicht sagen wollt oder könnt nennen wir euch Elua.“
Elua...ein schöner Name, wie sie wohl auf diesen Namen kamen?
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte nahm der Mann seinen Sohn auf die Schulter und die Frau führte sie zu einem kleinen Lager bestehend aus zwei Zelten und einem kleinen Regenschutz, der zwischen den Bäumen aufgespannt wurde.
„Unser Rastplatz hier ist nicht groß und wir werden auch nicht lange hier verweilen, wir müssen bald wieder zurück in das Reich unseres Herrschers, den Düsterwald.“ Als sie das letzte Wort sagte fiel kurz ein dunkler Schatten auf das Gesicht der Elbin.
„Doch heute können wir noch zusammen sitzen. Ich weiß nicht, wohin euch euer Weg führt, aber mein Mann wäre ebenso erfreut wie ich, wenn ihr uns noch etwas begleiten würdet.
Falls ihr es wissen wollt. Mich nennt man Ledhia.“
Danach fing sie an aus den Zelten verschiedene Gegenstände herauszuholen und das Abendbrot vorzubereiten.
Ihr Mann und Sohn saßen etwas abseits und man hörte sie schnell miteinander reden.
Elua saß vor einem der beiden Zelte und wusste nicht was sie tun sollte. Ihr Bein fing wieder an zu schmerzen und sie hatte etwas fast noch schlimmeres bemerkt.
Als sie versucht hatte Ledhia etwas zu sagen hat ihre Stimme versagt. Nun überlegte sie verzweifelt wann sie sich das letzte Mal selbst hatte reden hören. Sie konnte sich kaum noch erinnern, wie ihre Stimme, ihre eigene Stimme, klang. Das letzte Mal war es in dem Traum in dem sie Melethron begegnet war.
Melethron, ich wünschte du wärest hier bei mir...Es würde dir gefallen... So lange hast du mit den Waldläufern zusammen gelebt und alle Geschichten über die Elben gehört, aber nie welche zu Gesicht bekommen. Ach, warum musstest du nur für mich dein Leben lassen.
„Elua?“ hörte sie plötzlich eine Stimme und fuhr aus ihren Gedanken hoch. Mit abwesendem Blick versuchte sie den Sprechenden ausfindig zu machen. „Alles in Ordnung Elua? Das Essen wäre soweit.“
Der Elb kniete sich knapp vor sie und musterte mit ernstem Blick ihr Gesicht. Sie schaute ihn an und brauchte erst einige Sekunden bis sie realisierte, was diese Frage bedeutete. Langsam nickte sie und stand auf. Der Essensplatz war nur einige Meter weit entfernt. Doch selbst die Meter bereiteten ihrem Bein höllische Schmerzen. Als sie die Streckte hinter sich gebracht hatte lies sie sich schnellstens wieder zu Boden gleiten um ihr Bein zu entlasten. Ledhia brach ein Brot auseinander und gab jedem einen kleinen Teil davon. Danach begannen alle ein schweigsames Mahl.
Elua war zuerst unsicher, weil der Duft des Brotes sie irritierte. Sie konnte den Geruch nirgendwo zu ordnen. Es roch nach frisch gebackenem Brot, obwohl sie sich sicher war, dass das Brot schon lange mit herum getragen wurde. Aber der Geruch war vermengt mit den Gerüchen von unzähligen Kräutern und Dingen, die sie nicht beschreiben konnte. Es roch irgendwie nach Luft und Freiheit.
Vorsichtig biss sie einmal herein und fing sofort an begeistert zu kauen. Der Geschmack war genauso wie der Geruch. Nicht dominant, sondern eher zurückhaltend, sodass man ihn leicht übersah. Von dem Geschmackserlebnis überrascht merkte sie zuerst gar nicht, wie sättigend das Brot war. Sie hatte ihr Stück gegessen und fühlte sich so satt, wie seit langem nicht mehr. Obwohl es nur eine kleine Ecke des gesamten Brotes war.
Als sie aufgegessen hatte schaute sie zu ihren Gastgebern. Sie hatten auch schon aufgegessen und hatten sie lächelnd beobachtet, wie sie ihr Stück verschlungen hatte. „Wir teilen nicht oft unsere Reisenahrung mit anderen als denen aus unserem Volk.“ sagte der Mann zu ihr. „Es ist eine äußerst nahrhafte Speise, die sich zudem sehr lange hält, eurem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hat euch das Aroma zumindest sehr gut gefallen.
Ich weiß es ist nicht der richtige Zeitpunkt direkt nach dem Essen, aber es ist besser, wenn ich es früher sage: Ich habe euch beobachtet und mir scheint, dass euer Bein nicht bei vollster Gesundheit ist, liege ich da richtig? Würdet ihr mir erlauben euer Bein zu heilen?“
Ledhia sagte zwei schnelle Worte und die Mine des Elbes änderte sich sofort. „Oh, Ledhia hat mir gerade gesagt ich hätte mich noch nicht vorgestellt? Ich bin Landon und bin bei uns zu Hause ein heiler. Und unser Sohn heißt Ninio.
Er hat so wie es aussieht vor in meine Fußstapfen zu treten und bisher schlägt er sich sehr gut.“
Überrascht von dem Angebot konnte Elua nicht widersprechen. Kurze Zeit später lag sie auf einem Fetzen Stoff, über ihr brannte eine Fackel und Landon und sein Sohn untersuchten die Wunde. „Du scheinst die Wunde schon lange mit dir herum zu tragen Elua.“ stellte Ninio fest. „Ich weiß nicht, ob wir da was tun können...“
„Ach“ sagte sein Vater augenzwinkernd. „Dass du deinen schwarzen Humor immer in solchen Augenblicken zur Geltung bringen musst. Es ist eine schlimme Wunde, aber keine Angst, wir werden das schon hinbiegen. Der Knochen, der anscheinend gebrochen war, scheint wieder richtig eingewachsen zu sein, aber die Haut und das Fleisch über dem Knochen ist sehr stark entzündet.
Es wird einiges an Aufwand kosten, dass sich die Entzündung wieder lindert, aber ich sollte das schaffen. Doch dafür musst du schlafen.“
Mit diesen Worten gab er ihr ein Getränk. Nachdem sie dieses getrunken hatte ihr verschwamm langsam die gesamte Umgebung. Sie konnte keine festen Konturen mehr erkennen. Die Bäume über ihr wurden zu einem einzigen großen Gebilde, die Gräser waren nur noch als eine grüne Matte erkennbar. Die Fackel wurde zu einem einzigen Lichtfleck. Langsam fielen ihre Augenlieder zu und sie schlief ein.
Sie saß in einem Wald in der Nähe von Bree zusammen mit Melethron an einem Lagerfeuer. In ihr war das Gefühl, als ob sie schon seit Tagen so zusammen sitzen würden. Sein Arm war um ihre Schultern gelegt und wärmte sie. Die Morgensonne erhellte zwar schon die Gipfel der Bäume um sie herum, doch am Boden war die Kälte der Nacht immer noch spürbar.
Behutsam fuhr sie mit ihren Fingern über die große Hand ihres Geliebten. Sie traute sich kaum ihn zu berühren, so sehr hatte sie Angst, dass er sich wieder in einen Traum auflösen würde.
Kaum spürbar erhob sie den Kopf und blicke Melethron in die Augen.
Sie waren nicht so traurig, wie sie das letzte Mal waren, als sie ihm begegnet waren. Dieses Mal strahlten sie Zuversicht und Hoffnung aus.
„Ich habe Elben getroffen... ich wünschte du wärest hier und würdest sie auch sehen können, du hast sie doch schon immer gemocht.“ flüsterte sie. „Ich habe einem das Leben gerettet und nun habe ich sie kennen gelernt. Sie sind noch anmutiger als in jeglichen Geschichten, die du mir je erzählt hast.“
„Du kannst mir glauben, dass ich liebend gerne dort sein würde – nicht nur wegen den Elben.“ flüsterte er mit einem Lächeln zurück. „Doch es gibt so vieles, was ich gern hätte und was nicht geschieht. Wir haben beide dunkle Zeiten durchlebt, doch du scheinst nun alles hinter dir zu lassen Elua. Ich hoffe nur, dass es dir wieder gut geht und du wieder lachen kannst. Wie in den alten Zeiten. Erinnerst du dich noch an den ersten Tag als wir uns getroffen haben?“
„Nenn mich nicht Elua!“ erwiderte sie ihm. „Du weißt genau, dass das nicht mein wahrer Name ist.“
„Ja, das weiß ich, aber so wirst du nun genannt und es ist ein schöner Name. Du hast meine Frage aber noch nicht beantwortet.“
„Ich kann mich noch an jede Kleinigkeit erinnern. Als ich nach Bree kam dachte ich als erstes ich wäre in der Provinz gelandet, dort wo nichts Begehrenswertes wäre. Alle Jungen in meinem Alter starrten mir immer hinterher, gleich welchem Stand.
Du warst der einzige, der nicht aufdringlich wurde, sondern mir stets sehr höflich gegenüber trat. Als ich dich das erste Mal sah dachte ich, dass du ein Reisender wärest, so wenig hast du in das übliche Bild von Bree gepasst.“
Melethron fing an zu lachen. „Ähnlich erging es mir... Es war vor so langer Zeit...
Doch die Zeiten haben sich geändert. Ich habe nur einen letzten Wunsch. Werde wieder fröhlich. Die Elben werden dir helfen können über deine Vergangenheit hinweg zu kommen.“
Noch während er dies sagte beugte er sich zu ihr herab und küsste sie. Nur wenige Augenblicke später erstrahlte die Sonne schließlich auch ihren Rastplatz und er war verschwunden. Zumindest konnte sie ihn nicht mehr sehen, doch sie spürte seine Anwesenheit und allein dies gab ihr Hoffnung.
†šIch werde deinen letzten Wunsch erfüllen, das verspreche ich dir.†™
Danach verschwamm langsam der Wald und vor ihrem Gesicht erschien die Innenseite des leicht erhellten Zeltes der Elben.
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