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Autor Thema: Kneipe "Der humpelnde Säufer"  (Gelesen 6588 mal)

Gnomi

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Kneipe "Der humpelnde Säufer"
« am: 20. Feb 2012, 12:34 »
Mallos vom Ordensversteck der schwarzen Rose

Mit ruhigem Schritt setzte er seinen Weg fort, bis er schließlich zu einer kleinen Kneipe vor dem ein kleines Bild mit einem Fass hing auf dem in wettergegerbten Buchstaben gerade noch lesbar „Der humpelnde Säufer“ stand.
Vorsichtig öffnete er unter lautem Knarren die Tür. Alles klingt wie früher… ein schönes Gefühl, dass sich auch in so vielen Jahrzehnten nichts ändert.
Er zwängte sich in den engen Gang und folgte ihm, bis er schließlich in die Gaststube kam. Es war die typische Zeit für ein paar Bier – man hatte seine Arbeit beendet und entweder war man schon zu Hause gewesen und kam jetzt oder man kam sofort nach der Arbeit und versuchte mit seinen Freunden die Probleme mit Alkohol zu lösen.
Obwohl diese Kneipe nicht sehr gepflegt aussah, war sie keineswegs ein Ort für die Untersten der Unterschicht, größtenteils kamen hier Arbeiter von Feldern oder auch Angestellte in der Stadt, die sich einfach Mal betrinken wollten.

„Werter Herr“, begrüßte er den Wirt. „Wie ich sehe habt ihr heute Abend viel Besuch. Würdet ihr erlauben, dass ich versuchen werde die Gunst der Gäste mit ein paar Geschichten zu erringen?“
„So? Ein Barde wollt ihr sein?“, antwortete er knurrend.
„Richtig mein Herr. Ich habe in den letzten Tagen ein neues Werk geschrieben, das von einem alten König dieses Landes handelt. Es wäre lang genug, um dir für einen langen Teil des Abends die Gäste zu sichern. Was habt ihr zu verlieren? Bezahlt werde ich von den Gästen, falls ihnen meine Geschichte gefällt. Falls es dir nicht gefällt kannst du mich jederzeit wieder rauswerfen.“
„Nun gut…“, stimmte er mit kehliger Stimme zu. „Ihr könnt probieren die Leute zu unterhalten. Doch seid gewarnt – der Letzte deiner Zunft hat diesen Ort mit einigen blauen Flecken verlassen. Und ich glaube auch, dass seine Knochen nicht mehr ganz an den richtigen Stellen waren.“
Bei den letzten Worten grinste der Wirt Mallos breit genug an, dass er die Lücken in seinen Zahnreihen erkennen konnte.
„Habt Dank für die Warnung, ich werde sie beherzigen. Doch gebt mir bitte vorerst ein Bier. Ich bezahle es auch sofort.“
Er verbeugte sich kurz vor dem Wirt, nahm das Bier und stellte sich dann an eine Seite des Raumes, wo ihn jeder gut sehen und hören konnte.
„Verehrte Herrschaften. Lang war wahrscheinlich euer Tag und ihr wollt nichts anderes tun, als heut Abend sich nicht lumpen zu lassen und zu sagen: Hoch den Humpen! Jaja, ich weiß… Durst wird erst durch Bier so richtig schön, auch in meinen jungen Jahren habe ich das schon erlebt.
So ein Bier ist schon was Feines… Doch gibt es eine Möglichkeit das Bier noch mehr genießen zu können… indem man sich eine Geschichte anhört, sogar eine wahre Geschichte!
Nichts sagen da hinten, ich weiß was gleich kommt: Die Vorurteile gegenüber uns Barden sind mir bekannt. Keiner von uns trinkt viel vor seinen Auftritten, deshalb vertraut uns keiner. Trau keinem, der nicht trinkt! heißt es immer… Darum habe ich mir von unserem werten Wirt das hier geholt.“
Er hob seinen Humpen empor, sodass ihn jeder sehen konnte, führte ihn danach an die Lippen und trank ihn rasch, ohne abzusetzen, aus. Es bitzelte leicht, doch er hatte noch nie Probleme mit Alkohol gehabt, was wohl an seiner elbischen Abstammung lag.
„Nachdem das geklärt ist würde ich gerne anfangen, falls ich einen von euch langweile, so soll er mir entweder noch ein Bier kaufen oder mich verprügeln. Wenn das mehrfach passiert, dürfte beides morgen früh denselben Effekt haben: Ich wache mit Kopfschmerzen und einem schrecklichen Gefühl in irgendeinem Straßengraben auf.

Bei meiner Geschichte beginnt es auch an genau so einem Tag… Olvir, damals noch Prinz von Rhûn begann den Tag damit, dass er müde die Augen öffnete und sich mit dem königlichsten aller Kater in einem Straßengraben, nicht unweit von hier, wiederfand.
Ja, ihr habt richtig gehört. Ein Prinz, jemand königlichen Geschlechts hat sich unter das gemeine Volk gemischt gehabt und sich mit ihnen betrunken. Es war ein großes Fest gewesen, wie jedes Jahr zur großen Sauronopferung.
Als er nun an diesem verhängnisvollen Tag nach einer durchzechten Nacht langsam zu sich kam, wusste er noch nicht, dass er in nur wenigen Tagen König des großen Rhûns sein würde. Und auch wusste er nicht, dass er seinen Kopf nicht auf einem Kissen ausruhte, sondern auf dem Bauch eines Bauern und die Wärme nicht von einer Decke, sondern von einem Soldaten kam, der dort eingeschlafen war. Zu dritt hatten sie die letzte Nacht durchgefeiert, getrunken gehurt und sich vergnügt.“

So erzählte Mallos weiter, während es draußen immer dunkler wurde und die Ehefrauen zuhause mit dem Essen auf ihre Männer warteten, blieben sie in der Kneipe und hörten ihm zu. Keiner hatte Lust sich diese Geschichte entgehen zu lassen, jeder wollte noch bis zum End bleiben.
„Und das war die Geschichte von Olvir, ehemaliger König von Rhûn.“, beendete Mallos tief in der Nacht seine Geschichte. „Und nun stellt euch vor, was in der damaligen Zeit alles nach einem Abend wie heute hätte passieren können. Am Ende könntet ihr neben unserem König aufwachen! Doch leider erscheint es mir nicht sehr wahrscheinlich, dass jemandem von euch das passieren könnte… die Könige des alten Reiches waren anders. Und ich weiß nicht, ob ich neben unserem derzeitigen Herrscher, einem Nazgul aus Mordor, aufwachen will. Ich galube das Erlebnis wäre nicht sehr berauschend.“
Habt dank, dass ihr mir so lange gelauscht habt, obwohl es spät wurde. Zum Schluss bitte ich euch alle um eine kleine Spende.“
Er zog einen kleinen Sack aus einer Tasche und reichte ihn dem ihm am nächsten Stehenden. Während der Beutel sich langsam füllte begann langsam ein immer lauter werdendes Gemurmel und der Wirt kam langsam zu Mallos. „Ich muss zugeben, dass ich euch unterschätzt habe“, gestand er mit seiner kehligen Stimme. „Wollt ihr morgen Abend wieder kommen?“
„Ich weiß nicht.“, antwortete Mallos. „Es freut mich aber dennoch, dass mein Auftritt euch gefallen hat, irgendwann werden wir uns bestimmt wieder sehen.“
„Gefallen?“, lachte er leise. „Ich bin kein Freund von großen Worten, jedoch haben deine es geschafft die Leute anzusprechen und ich hab so viel an einem Abend verdient, wie schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr. Auch wenn der letzte Kommentar wohl nicht hätte sein müssen. Ich bin kein Mann der Worte, aber das könnt’ man schon als Hetzerei gegen unsere Herrscher ansehen.“
„Jeder sieht das, was er sehen will, werter Herr. Ich habe nur die Wahrheit gesagt – so sehr mich der Sieg über den Westen erfreut und so glorreich die Zukunft Rhûns auch sein mag… Was ich über die damalige Zeit erfahren habe, war trotzdem in meinen Augen schöner, dort waren wir alle gleich, auch wenn die Herrscher noch geherrscht haben. Sie waren trotz allem deutlich näher am Volk.“
Dass es nur dieser eine König war, das verschwieg Mallos lieber. Fast alle anderen Könige waren schon immer so gewesen – arrogant und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht.
Sobald er seinen Beutel, deutlich schwerer als vorher, wieder hatte verabschiedete er sich kurz und huschte anschließend rasch aus der Kneipe und verschmolz mit der Dunkelheit.
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 10:57 von Fine »

Rohirrim

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Re:Kneipe "Der humpelnde Säufer"
« Antwort #1 am: 6. Apr 2013, 23:23 »
Bijan von den Straßen von Gortharia

Bijan öffnete die Tür und betrat die Kneipe. Es war schon spät, und die Kneipe war gut gefüllt.

„So, dann wollen wir doch mal sehen, ob es hier weitere Hinweise gibt. Ich könnte den Wirt fragen, ob er sich an den Barden erinnert. Vielleicht kann er mir auch einen Namen geben. Aber ich darf keinen Verdacht erregen. Wenn ich ihn sofort frage, wird er denken, dass ich ihn verhöre. Ich muss erst sein Vertrauen gewinnen.“

Bijan ging auf die Theke zu, und zog dabei einige Blicke auf sich. Viele Gäste waren auf einmal nervös, und es war für eine volle Kneipe ziemlich ruhig. Niemand wollte in Gegenwart eines Soldaten etwas falsches sagen.. Bijan spürte die Blicke in seinem Rücken, als er sich dem Wirt näherte. Er setzte sich auf einen Platz direkt an der Theke, und bestellte ein Bier. Nachdem er dieses zur Hälfte geleert hatte begann er ein Gespräch, während es in der Kneipe langsam wieder lauter wurde.

„Das ist wirklich ein verdammt gutes Bier. Eine Schande, dass ich nicht vorher schon mal hier war.“ „Schön dass es ihnen schmeckt. Darf ich ihnen noch eins einschenken?“ „Aber gerne. Und ich bin gerade nicht im Dienst. Bitte nennen sie mich Bijan.“ „Also gut, Bijan. Dürfte ich wohl fragen, warum ein ehrenhafter Soldat Rhûns abends in dieser schäbige Kneipe trinkt?“ „Wie schon gesagt, ich bin nicht im Dienst und ich suchte etwas Unterhaltung für den Abend. Apropos Unterhaltung. Treten hier ab und zu auch Barden auf?““ Hin und wieder kommt mal einer, aber das kommt nicht häufig vor. Barden sind heutzutage relativ unbeliebt. In der letzten Zeit waren bloß zwei Barden hier, und der erste wurde von den Gästen verprügelt.“ „Und was war mit dem zweiten?“ „Nun das war ein besonderer Barde. Er hat es irgendwie geschafft alle Gäste in seinen Bann zu ziehen. Niemand ging, bevor er fertig war. Es war erstaunlich.“ „Worum ging es denn in seiner Geschichte?“, fragte Bijan und versuchte dabei so beiläufig wie möglich zu klingen. Trotzdem zitterte der Wirt etwas bei seiner Antwort. „Nun, es ging um die früheren Könige Rhûns. Ich kann mich aber nicht mehr so genau an den Ablauf erinnern. Es ist schon etwas länger her.“
Da meldete sich plötzlich ein sichtlich betrunkener Gast zu Wort. Er erinnerte sich ebenfalls an den Barden. Er behauptete, dass der Barde von den alten Königen geschwärmt hat. Sie seien viel besser gewesen als unsere heutigen Herrscher.

Jeder in der Bar, der das mitbekommen hatte, verstummte nun und starrte den betrunkenen Gast an. „Nun, kennt irgendjemand den Namen dieses Barden?“, fragte Bijan in die Stille hinein. „Er hat seinen Namen nicht genannt.“, antwortete der Wirt. „Dann werde ich wohl weiter suchen müssen.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen verließ Bijan die Kneipe. Es war inzwischen schon tiefste Nacht, und er hatte immer noch nichts herausgefunden. Frustriert ging er in den nächsten Gasthof, um sich ein Zimmer zu nehmen. Doch er würde nicht aufgeben. Er musste diese Untergrundbewegung finden und ihr helfen. Am nächsten morgen würde er erneut nach Hinweisen suchen.

Bijan in die Straßen von Gotharia
« Letzte Änderung: 4. Mai 2013, 22:58 von Rohirrim »
RPG:
Char Zarifa in Rhûn

Gnomi

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Re:Kneipe "Der humpelnde Säufer"
« Antwort #2 am: 11. Apr 2013, 17:48 »
Nachdem der Lärmpegel wieder normal geworden war zog Mallos vorsichtig sein Schwert zwischen den Beinen des Wirtes hervor. "Gut gemacht.", lobte er ihn anerkennend, während er unter der Theke hervorkam. Dieses Mal war er  nur als Gast hier gewesen, doch der Wirt hatte ihn erkannt und als der Soldat kam, war er auf Nummer sicher gegangen, denn wahrscheinlich war dem Wirt sein Geschäft doch wichtiger, als ihn zu schützen. Doch anscheinend gab es eine Sache, die ihm noch wichtiger war.
"Hier... nimm das Geld und vergiss, dass ich heute hier war. Ich denke die Soldaten wären auch nicht sehr zuvorkommend, wenn sie erfahren würden, dass du sie belogen hast." sagte er leise, sodass nur der Wirt ihn hörte und warf ihm ein paar Münzen hin. "Du wirst mich hier nie wieder sehen. Sollte ich jedoch erfahren, dass du mit dem König Kontakt aufnimmst, dann wirst du ein Messer spüren."
Ohne weiter Zeit zu verschwenden zog Mallos sich die Kapuze tiefer ins Gesicht und verließ den humpelnden Säufer.

Um die Uhrzeit war zum Glück nicht viel los und in dem Matsch vor der Tür konnte er die schweren Stiefelabdrücke leicht erkennen und folgte ihnen. Schon nach mehreren Kurven sah er den Soldaten wieder und erkannte, wie er in ein kleines Gasthaus ging. Was sucht ein Soldat des Königs in einem Gasthaus? Warum schläft er nicht in der Kaserne? Und warum ausgerechnet in so einem schäbigen?
Entweder kannte sich der Krieger hier nicht aus oder er wollte sich umbringen. Denn gerade in dem Haus, in dem er sich niedergelassen hatte passierte es nicht selten, dass Gäste nicht mehr herauskamen. Vor allem aber ein Soldat des Königs würde die Nacht wohl nicht lebendig überstehen. Er wartete kurz vor dem Eingang, bis er eine Tür direkt über sich aufgehen hörte. Er hat also eines der beiden Zimmer, die zur Straße hin zeigen... Immerhin: Er wird einfacher entkommen können, falls er die Möglichkeit dazu hat... Falls... Schweren Herzens betrat er darum ebenfalls das Gasthaus. In dem dunklen Licht konnte er anfangs niemanden erkennen, doch nach wenigen Momenten kam eine dunkle Gestalt aus einem Hinterimmer hervorgehuscht. "Sie wünschen mein Herr?"
"Ein Zimmer. Wenn Möglichkeit mit Sicht auf die Straße."
"Wie sie wünschen mein Herr. Eines unserer beiden Zimmer, die zur Straße gerichtet sind, ist belegt, doch das andere ist noch frei" hörte er die dunkle Gestalt sagen. Durch das Licht war es leider unmöglich sein Gesicht zu sehen. Doch Mallos war sich sicher, dass er ein böse lächelnden Mund sehen würde. Zwei Gäste in einer Nacht, davon einer ein Krieger... das versprach eine lukrative Nacht zu werden. Rasch bezahlte er das Geld und ließ sich sein Zimmer zeigen. Auf dem Weg in sien Zimmer hörte er aus dem Nachbarzimmer ein leises Blechgeräuscht. Er zieht sich also grad die Rüstung aus... Lebt also noch, das ist gut. Dann waren sie schon bei seinem Zimmer:
 Ein Bett, ein kleiner Ecktisch, ein Stuhl und ein Schrank - das war alles, was es in seinem Zimmer gab.
Kaum, dass er allein war nahm er den Stuhl und stellte ihn vor den Schrankeingang, sodass er die Türen blockierte. Dieses Haus war alt... und jeder Schrank hatte eine verborgene Öffnung, sodass man von verborgene Gänge hinein kam. Er selbst hatte dieses Haus vor Jahrzehnten schon häufiger besucht und diese Wege benutzt. Doch heute Nacht wollte er nicht, dass jemand anderes über diesen Weg hinein kam. Er setzte sich vor die Tür und fing das Warten an. Ich will wissen wieso er mich sucht. Hat der König schon Angst vor mir bekommen und ist er in seinem Auftrag unterwegs? Tot hilft er mir auf jeden Fall nicht und ich würde ihn gerade noch etwas beobachten. Vielleicht finde ich so mehr heraus. Doch wenn ich ihn heute Nacht retten muss... dann werde ich ihn direkt befragen. Ohne ihn vorher noch zu beobachten.


Mallos in die Straßen von Gotharia
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 10:57 von Fine »

Rohirrim

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Re: Kneipe "Der humpelnde Säufer"
« Antwort #3 am: 12. Apr 2019, 19:46 »
Ceyda aus dem Anwesen der Kontios

Seit mehreren Stunden saß Ceyda bereits im humpelnden Säufer und dachte trübsinnig über ihr Leben nach. Seit ihrer Rückkehr aus Gorak erschien es ihr, als würde das Leben nur noch so an ihr vorbeiziehen. Und wenn sie ehrlich zu sich selber war, musste sie zugeben, dass es vorher auch nicht wirklich besser gewesen war. Bereits seit dem Tod ihres Ehemanns Jari fühle sie sich leer und antriebslos. Sie hatte geglaubt, relativ schnell darüber hinwegkommen zu können. Schließlich waren sie damals ohne ihre Einwilligung verheiratet worden, weil Jari sich in sie verliebt hatte. Und auch wenn sie dankbar gewesen war, für die Chance von dem Bauernhof nahe Balanjar runterzukommen, hatte sie ihm gegenüber nie so empfunden. Oder doch? Hatte dieser Mann ihr vielleicht doch bedeutet, als sie selber hatte zugeben wollen? Ceyda wusste nicht, was sie denken sollte. Sie hatte Jari immer eher als guten Freund betrachtet, doch hier saß sie nun, betrunken und über die Leere sinnierend, die sein Tod in ihrem Leben hinterlassen hatte.
Als Ceyda nach Gortharia gekommen war, hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, den Armen und Schwachen der Stadt mit ihrem neu gewonnen Wohlstand zu helfen. Sie hatte Geld gespendet, entflohenen Sklaven geholfen sich zu verstecken, den Einfluss ihrer neuen Familie genutzt, um andere Adelige auf ihre Seite zu ziehen. Sie hatte mit allen möglichen Leuten gesprochen, die ähnliche Ideen wie sie hatten. Branimir, Dragan, Rhiannon, Ulfang, Fiora und sogar Alatar, wobei sie aus dessen Absichten nie wirklich schlau geworden war. Doch seit ihrer Rückkehr aus Gorak hatte sie mit quasi niemandem mehr gesprochen. Sie hatte sich komplett zurückgezogen, war kaum noch ausgegangen, hatte Javed nicht mehr gesehen und hatte sich generell überhaupt keinen Spaß mehr gegönnt. Selbst ihre regelmäßigen Schachspiele mit Nizar, dem Vater von Jari, hatte sie vernachlässigt. Was war nur los mit ihr? Warum konnte sie ihr Leben nicht einfach weiterleben und all die Dinge tun, die ihr eigentlich so am Herzen lagen? Sie hatte persönlich mitbekommen, dass der Fürst von Gorak umgebracht worden war und gehört, dass auch ein weiterer Fürst das des Reichs vorzeitig das Zeitliche gesegnet hatte. Und doch hatte sie, abgesehen von der Rettung einiger Sklaven aus Gorak, nichts deswegen getan. Ihr früheres Ich hätte in einer solchen Situation versucht etwas herauszufinden, denn es war offensichtlich, dass mehr als bloß hinter diesen Todesfällen steckte. Doch aus irgendeinem Grund, war ihr all dies gleichgültig geworden. Selbst die Sklaven, die sie gerettet hatte, hatte sie einfach bei erster Gelegenheit weitergeleitet und sich anschließend komplett aus der Sache rausgehalten.

„Noch einen Krug bitte“, sagte sie beiläufig zu der Bedienung, die gerade vorbeilief. Nach ihrem dritten Bier hatte sie aufgehört mitzuzählen, wie viele es heute gewesen waren und es war ihr auch egal. Sie befand sich in einer derart schweren Identitätskrise, dass nur der Alkohol ihr helfen konnte, vor Gedanken nicht völlig verrückt zu werden. Sie wusste nicht mehr, wer sie war oder besser gesagt, wer immer sie inzwischen war, sie mochte diese Person nicht. Es musste sich etwas ändern. Sie musste wieder die Person werden, die sie früher war. Sie musste endlich über Jaris Tod hinwegkommen. Doch wie kommt man über den Tod einer Person hinweg, die man höchstwahrscheinlich geliebt hat? Und wie kommt man mit dem Gedanken zurecht, dass man diese Person, während sie sich in Lebensgefahr befand, betrogen hatte? Ceyda schluchzte. Vielleicht waren diese Schuldgefühle es, die ihr am meisten zusetzten.

„Hey Süße!“, wurde Ceyda lallend aus ihren Gedanken gerissen. „Willst du dich nicht zu uns setzen?“ Ceyda blickte sich um und fand schnell die Gruppe von Leuten, aus der dieser Spruch gekommen war. Es waren die einzigen, die außer ihr noch hier waren. Alles Männer! Allesamt betrunken! Sie waren eher einfach gekleidet, sahen jedoch nicht aus, als würden sie komplett in Armut leben. „Na komm schon. Wir würden deinen Prachtkörper gerne aus der Nähe betra...betr... sehen.“ Ceyda unterdrückte ein Grinsen. Früher hatten sie derartige Sprüche genervt, doch inzwischen war sie es dermaßen gewöhnt, dass sie eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber solchen Leuten entwickelt hatte. „Nein, tut mir leid“, entgegnete sie. „Ich bleibe lieber alleine.“
„Ach komm, jetzt hab dich doch nicht so“, wurde der Tonfall der Männer langsam aggressiver. „Wir haben freundlich gefragt, aber wir können auch anders.“ Einer der Männer stand auf. Doch er war nicht der Einzige in der Kneipe, der sich in Bewegung setzte. Noch bevor irgendeiner der Männer Ceyda näher kommen konnte, hatten der Wirt der Kneipe und drei Bedienstete sich zwischen die Gruppe und Ceyda gestellt. Ceyda grinste. Sie hatte mit dem Wirt dieser Kneipe eine Vereinbarung getroffen, dass er sie beschützen würde, wenn sie mal alleine hier war. Und es war nicht das erste Mal, dass der Wirt diese Vereinbarung einhalten musste. Im Ausgleich dafür gab Ceyda immer ein außergewöhnlich hohes Trinkgeld.
„Die Dame wünscht, nicht von euch belästigt zu werden, also lasst sie gefälligst in Ruhe. Ansonsten schmeiße ich euch aus meiner Kneipe, ohne mit der Wimper zu zucken“, ergriff der Wirt nun das Wort und der Mann, der aufgestanden war, setzte sich wieder und auf einmal war die gesamte Gruppe sehr kleinlaut. Ceyda konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Schon gut. Ich bin mir sicher, diese Leute haben es nicht so gemeint. Bring ihnen einfach eine neue Runde Bier. Geht auf mich!“

Ceyda in die Straßen von Gortharia
« Letzte Änderung: 9. Dez 2019, 11:50 von Fine »
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