Dieses Kapitel wird euer Bild von den Menschen Gondors wohl auf ewig verunstalten:
Zivilisiert unzivilisiert:
Imrahil war gerade mit fünf Soldaten unterwegs, um die Häuser Umbars zu durchsuchen. Sie sollten die noch verbliebenen Bewohner gefangen nehmen, sodass sie dem Heer König Elessars nicht in den Rücken fallen konnten. Die Häuser der Stadt hatten so ziemlich alle denselben Bau: Das unterste Stockwerk war aus festen Ziegeln, doch die oberen Stockwerke waren aus Holz gezimmert. Überall hier war es feucht, und allem haftete ein leichter Modergeruch an.
Die Schlacht schien ewig zu dauern, und er hatte es einfach nicht mehr ertragen können, immer nur zu kämpfen. Sein jetziger Auftrag war jedoch auch nicht viel ehrenvoller. Wehrlose Frauen und Kinder gefangen zu nehmen war zwar in seinen Augen nicht richtig, aber so konnte er wenigstens der Schlacht entfliehen.
Viele Häuser waren schon durchkämmt worden, ohne Ergebnisse. Bei so einer Suche musste man sich ganz auf seine Sinne und sein Gefühl verlassen. Die meisten der Haradrim, die Umbar bewohnten, waren wohl in der Nähe von Brunnen getrieben, daher marschierte er mit den Soldaten zum nächsten Brunnen.
Irgendwie war er sich nicht mehr sicher, ob diese Begegnung, die er mit Niniel gehabt hatte, der Wahrheit entsprochen hat. War dies wieder so ein Traum gewesen, wie der vom Schatten des Ostens? Obwohl, wer schlief schon ein während einer Schlacht? Imrahil war noch nie vor dem Ereignis vor fünf Tagen bewusstlos gewesen, daher wusste er nicht, ob man während einer Bewusstlosigkeit träumen konnte. Es war ihm zwar alles so real vorgekommen, doch auch in Träumen erschien einem vieles als wirklich.
Unwillkürlich musste er lächeln. Seine Brustplatte hatte er noch nicht ersetzt, daher wurde er hinter vorgehaltener Hand scherzhaft „Der Fürst mit dem zerschnittenen Herz“ genannt. Wie Recht sie damit hatten! Zu seiner Erleichterung tuschelten die fünf Soldaten hinter ihm nicht, denn ansonsten hätte er glauben können, es ginge um ihn. Wie so oft freute ihn die Disziplin der Soldaten Gondors, die den Haradrim wohl in jeder Hinsicht überlegen waren!
Der Marsch näherte sich seinem Ende zu, denn der Brunnen, den Imrahil zu erreichen suchte, war schon in Sichtweite. Umbar war eine verschachtelte Stadt mit unzähligen engen Gassen, in denen man sich leicht verirren konnte. Imrahil jedoch hatte einen sehr guten Orientierungssinn, der ihn noch nie verlassen hatte. Sie waren nun unweit des Heerlagers nahe dem Hafen, aber dennoch so weit vom Hafen entfernt, dass kein Schlachtenlärm mehr zu ihnen vordrang. Nun waren sie am Brunnen angelangt. Dieser stand inmitten eines größeren Platzes, an dem sich vier Straßen kreuzten. Umgeben war dieser Platz von mehreren normalen Häusern, doch im Südwesten, direkt an der Straße, von der sie gekommen waren, befand sich ein Gasthaus. Imrahil wandte sich zu den fünf Soldaten, die ihn begleiteten, zu. Er deutete auf die zwei, die ihm am Nächsten waren, und befahl ihnen: „Ihr zwei werdet mir dabei behilflich sein, das Gasthaus zu durchsuchen!“, und zu den anderen dreien: „Und ihr durchsucht währenddessen die Häuser!“
Mit den zwei Soldaten im Schlepptau ging Imrahil direkt auf das Gebäude zu. Es war weitaus größer als die anderen Häuser in dieser Straße, außerdem hing ein Schild, auf dem in der Schrift und Sprache der Haradrim: „Zur zischelnden Wüstenschlange“ Stand. Während Imrahil die Tür aufstieß, zog er sein Schwert. Niemand befand sich in der Gaststube, doch es roch noch nach frischem Bier. Hier hatte erst vor kurzem jemand Bier gebraut oder getrunken!
„Ich durche das obere Stockwerk, ihr seht hier unten nach!“, befahl Imrahil knapp. Die Gaststube war ziemlich groß, überall standen Stühle und Tische, jedoch so geordnet, dass es den Anschein hatte, jemand hätte gerade erst aufgeräumt. Dem Eingang direkt gegenüber war die Ausschank, und direkt daneben befand sich eine Treppe. Dieser folgte Imrahil in den oberen Stock. Von der Treppe ausgehend führte ein enger Gang nach Links und nach Rechts, an dem sich viele Türen befanden. Dies waren wohl die Gästezimmer. Er wandte sich nach Rechts und stieß gleich die erstbeste Tür auf. Im dahinter liegenden, sehr kleinen Raum befand sich nichts Weiteres als ein Bett und ein Beistellkästchen, auf dem eine Öllampe stand. Viel mehr hätte darin auch keinen Platz gefunden.
Auch im nächsten Raum befand sich nicht mehr als ein Bett und ein Beistellkästchen, und als Imrahil die Tür zum dritten Raum öffnen wollte, hörte er von Unten einen gedämpften Aufschrei und kurz darauf das Scheppern von Metall. Die beiden Soldaten hatten wohl jemanden in der Küche aufgestöbert, der sich nun mit den Kochtöpfen zu wehren versuchte!
Mit gezücktem Schwert stieß er die Tür auf, und fand auch diesen Raum leer vor. Weiterhin ertönten Schreie von Unten zu ihm hinauf. Die Stimme gehörte eindeutig zu einer Frau. Wahrscheinlich wollte sie sich nicht gefangen nehmen lassen. Imrahil verließ den Raum wieder. Drei weitere Räume durchsuchte er erfolglos, doch plötzlich wurde das Schreien der Frau zu einem kaum noch hörbaren Wimmern, und ein anderes Geräusch gesellte sich dazu – das Lustvolle Stöhnen eines Mannes! Imrahil ahnte schrecklichstes. Er stürmte die Treppe hinunter, vorbei an der Ausschank, direkt durch eine offene Tür, aus der die Geräuschen kamen.
Der Raum, den er durch die Tür betreten hatte, war tatsächlich eine Küche, doch nicht die Kochtöpfe hatten so gescheppert! An den Wänden des relativ großen Raumes standen Tische, und an einer Ecke war eine Feuerstelle. Vor der Feuerstelle jedoch lag eine Frau mit zerrissenen Kleidern, die von einem nackten Mann am Boden festgehalten wurde – einem der beiden Soldaten! Der Mann vergewaltigte diese Frau, und der andere Soldat war auch im Raum, und zog sich gerade aus. Als die beiden jedoch Imrahil bemerkten, wirkten sie merklich geschockt. Der Fürst von Dol Amroth spürte brodelnde Wut in sich aufsteigen. Vor kurzem noch hatte er die Disziplin der Soldaten Gondors gelobt, und nun?
„Ihr beide!“, brüllte er die Soldaten an: „Lasst die Frau in Ruhe und nennt mir eure Namen!“ Der ausgezogene ließ die Frau los und ging von ihr runter. Imrahil konnte erkennen, dass er schon in sie eingedrungen war. Ihn würde sicherlich die härtere Strafe treffen! Der Soldat, der sich gerade ausgezogen hatte, als Imrahil gekommen war, antwortete als Erster auf dessen Frage. Er schien noch ziemlich jung zu sein, er hatte kurzes schwarzes Haar und keinen Bart: „Ich bin Barahir von Minas Tirith. Ich...“ Mit einer barschen Geste brachte Imrahil Barahir zum Schweigen. Nichts rechtfertigte eine Vergewaltigung! Die Frau versuchte so gut es ging, mit ihren zerrissenen Kleidern ihre Blöße zu verdecken, und kroch weg vom nackten Soldaten, dem wohl das Wort in der Kehle stecken geblieben war. Lange schwarze Haare hatte die Frau, und sie wirkte sehr jung, während der nackte Soldat offensichtlich schon älter als dreißig Winter war. Seine Haare waren blond, und er hatte außerdem einen Vollbart.
„Muss ich dir deine Worte erst aus der Kehle schneiden, treuloser Hund, du!?“, drohte er dem Nackten mit erhobenem Schwert. Endlich antwortete dieser: „Ich bin Beregost aus Dagorland.“ Imrahil konnte seinen Zorn nicht mehr länger an sich halten. Unbeherrscht und in wilder Wut schrie er: „Beregost und Barahir! Warum glaubt ihr, habt ihr das Recht, eine wehrlose Frau zu vergewaltigen! Ihr sagt, die Haradrim seien Barbaren, und dann handelt ihr selbst wie sie! Was würden eure Frauen dazu sagen, wenn sie davon erfuhren?“
Die beiden Soldaten schienen sich tief in den Boden zu schämen, und keiner der beiden wagte es, Imrahil in die Augen zu sehen.
„Seht mich an und antwortet mir!“, herrschte er sie an. Sie sollten seinen Gesamten Zorn zu spüren bekommen für ihre Treulosigkeit und Unbeherrschtheit. Imrahil würde die beiden bestimmt nicht ungeschoren davonkommen lassen!
P.S.: Feedback dazu bitte in das Thread: "Personen und Hintergründe" im RPG-Konzept.