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Autor Thema: Aus den Schatten in den Schatten  (Gelesen 19006 mal)

Khamul

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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #30 am: 12. Mär 2008, 15:30 »
Neues Kapitel, neues Glück:

Zwei einsame Reiter:
   
Elohir war gerade auf dem Weg zu den Stallungen, wo sein Pferd schon aufgezäumt auf ihn wartete. Es war ihm eine willkommene Abwechsung, nach Minas Tirith zu reiten. Obwohl er nichts gegen die Menschen hatte, war es doch anstrengend für ihn, den ganzen Tag unter schwitzenden Männerleibern zu arbeiten. Doch was noch schlimmer war: Der Schweiß der Menschen brachte seinen eigenen Körper auch zum Schwitzen, was für einen Elben ein großer Makel war. Seit dem Scheiden seiner Mutter aus Mittelerde hatte Elohir sich geschworen, die Ehre der Elben gebührend zu vertreten, doch nun besudelte er sie mit seinem eigenen Schweiß! Doch nun wäre es vorbei, denn er würde nach Minas Tirith gehen, wo er endlich seine Schwester wiedersehen konnte. Dort wäre er weit weg von den schwitzenden Leibern der Dunedain.
Als Elohir die Stallungen betrat, erwartete ihn eine Überraschung: Sein Bruder Elladan stand in dem Gebäude und tätschelte einem Pferd die Nüstern.
„Glaubst du wirklich, du könntest deinem eigenen Bruder wegschleichen? Ich habe mir schon gedacht, dass du gleich Heute aufbrechen würdest!“
Die beiden Brüder lächelten sich an. Elladan war wirklich ein Meister darin, Elohir zu durchschauen. „Ich werde unsere Schwester von dir grüßen“, wehrte dieser die Frage seines Bruders ab. Elohir war gerade nicht nach Rechtfertigungen zu Mute. Elladan schien dies gemerkt zu haben, deswegen ging er auf den Themenwechsel ein: „Du vermisst sie sehr, nicht wahr?“
„Vater sagte immer, in ihr sei die Schönheit Luthiens wiedergeboren...“
„Und wie diese hat auch sie sich in einen Menschen verliebt!“, scherzte Elladan. Elohir bemühte sich, das Lächeln seines Bruders zu erwidern. Die Beiden waren zwar gute Freunde Aragorns gewesen, doch er war sterblich. Würde er sterben, was früher oder später sicherlich passieren würde, würde auch Arwen Undomiel, die schönste Blüte des Stammbaumes der Elben, vergehen.
Elohir reichte seinem Bruder die Hand zum Abschied. „Ich werde jetzt in die weiße Stadt reiten. Wenn du mir noch etwas zu sagen hast, so ist dies deine letzte Gelegenheit dazu, Bruder.“ Elladan erwiderte den Abschied mit einem kräftigen Händedruck und sagte: „Kehre wohlbehalten wieder, dies ist alles, was ich von dir will.“
Gemeinsam bepackten die Brüder noch sein Pferd, dann schwang sich Elohir darauf. Während er aus den Stallungen ritt, warf er seinem Bruder noch einen Blick zu. Er konnte nichts aus dem Gesicht seines Bruders ablesen, doch dies war ihm auch einigermaßen egal. Er würde endlich seine Schwester wieder sehen! Ob sie wohl schon Kinder geboren hatte? Hatten sie wohl spitze Ohren, so wie Elben? Mit diesen Gedanken ritt er schnell wie der Wind in Richtung Rohan.

Am Abend machte Elohir an einer Waldlichtung Rast. Er befand sich unweit der Wetterspitze, der Ruine des einstigen Wachturms Amon Sûl. Dort hatte sich einst einer der sieben sehenden Steine, der Palantiri befunden, doch während des Krieges mit Angmar wurde der Turm zerstört. Der Palantir war dann nach der Zerstörung von Fornost mit einem Schiff untergegangen. Der Sieg über Angmar war schon mehr als tausend Jahre her, dennoch erinnerte sich Elohir noch daran, als wäre es erst gestern gewesen. Er war an der Seite Glorfindels geritten, als sie den Hexenkönig und den Rest seines Heeres verfolgt hatten. Während Glorfindel gegen den Hexenkönig von Angmar gekämpft hatte, war Elohir in einen Kampf mit einigen Hügelmenschen verwickelt gewesen. Er hatte gerade noch gesehen, wie der Hexenkönig vor Glorfindel und Earnur von Gondor geflohen war. Earnur war von seinem Pferd abgeworfen worden, und hatte den Hexenkönig verfolgen wollen, doch Glorfindel hatte zum Prinzen Gondors gesagt: „Verfolge ihn nicht! In weiter Ferne liegt noch sein Ende und von keines Mannes Hand wird er fallen!“
Mit diesen Gedanken kehrte Elohir wieder in die Wirklichkeit zurück. Er nahm einen Bissen von seinem Lembasbrot, als er eine Gestalt in der Dunkelheit bemerkte. Sie kam aus südlicher Richtung direkt auf  ihn zu. Er hätte kein Feuer machen dürfen! Schnell zog Elohir sein fein geschmiedetes, leicht gebogenes Elbenschwert und ging einige Schritte auf die Gestalt zu. „Wer bist du?!“, rief er in die Dunkelheit hinein. Die Gestalt war nun schon beinahe vor ihm, und er konnte erkennen, dass es ein kleiner Reiter war – ein Kind! Und es war schlecht um das Mädchen und ihr Pferd bestellt! Beide waren abgemagert und müde, also packte Elohir das Pferd an den Zügeln und führte es zu seinem eigenen. Nachdem der dem Pferd zu Trinken gegeben hatte, hob er das Mädchen aus dem Sattel und setzte es ans Lagerfeuer.
„Wie ist dein Name?“, fragte er das Menschenmädchen, während er ihm ein Stück Lembas gab. Das Mädchen nahm das Brot dankbar an, sah Elohir jedoch fragend an. Sie schien ihn nicht verstanden zu haben.
Elohir betrachtete das Mädchen genauer. Woher kam sie. Es schien ihm so, als wäre ihre Haut gelblich. Gehörte sie etwa zum Volk der Ostlinge? Als sie das Lembas aß, bemerkte Elohir noch ihre rote Zunge. Nun gab es keine Zweifel mehr für Elohir! In der rauen Sprache der Ostlinge fragte er das Mädchen: „Wie ist dein Name?“
Wieder sah das Mädchen ihn an. Dann öffnete sie den Mund und sagte langsam: „Ich heiße Mirianda...“
« Letzte Änderung: 15. Mär 2008, 17:48 von Khamul »
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Khamul

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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #31 am: 18. Mär 2008, 19:50 »
Hier kommt ein kleiner Machtkampf zwischen zwei Orks - Viel Spaß dabei!

Der gescheiterte Triumph:

Das Sonnenlicht blendete Boltans Augen. Es war schon beinahe Mittag, denn nun leuchtete die Sonne unglaublich hell, wie sonst nie am Tag. Er befand sich gerade in Minas Morgul, der schwarzen Stadt. Sie war unbewohnt und verfallen gewesen, als sie vor zwei Tagen hier angekommen waren. Einen Tag hatten sie noch geruht, die Verwundeten und Toten gezählt, und ihre Vorräte aufgefrischt, dann waren sie zwei Tage lang nach Minas Morgul marschiert. So waren sie nun schon zwei Tage hier, denn Khamûl wollte noch Katapulte bauen lassen, bevor sie den direkten Angriff auf Minas Tirith, die weiße Stadt wagten.
Von Minas Morgul aus konnte man gut auf Minas Tirith blicken, manchmal glaubte Boltan sogar, das blinken einer blanken Waffe erkennen zu können. Ihre Anwesenheit war sicher bemerkt worden. Welcher Späher übersah schon ein so riesiges Heer wie das von Saurons Mund?
Boltan streckte sich. Er hasste Sonnenlicht, mindestens genauso wie er Khamûl hasste. Dieser Geist war aufs brutalste hinterhältig! Er hatte bestimmt irgendwelche Spione in der Stadt, denn immer wusste er alles, was Boltan machte! Vielleicht war es ja, weil er seinen Körper verlassen konnte, doch das glaubte Boltan nicht. Khamûl müsste ständig außerhalb seines Körpers sein, um so viel über Boltan in Erfahrung bringen zu können, wie er wusste.
Unûar war auch unausstehlich. Der Halbork war von Saurons Mund in die Schmiedekunst unterwiesen worden und war nun der Oberste, wenn es darum ging, die Katapulte zu bauen. Was hatte Boltan seinem Meister angetan, dass er ihm so unwichtig geworden war? Hatte Saurons Mund gar noch erfahren, dass Boltan sein Gespräch mit Khamûl belauscht hatte? Hatte es ihm am Ende noch Boltan berichtet? „Nein“, versuchte er, sich selbst zu beruhigen: „Er hat dich nicht gesehen. Du bildest dir nur ein, vernachlässigt zu werden. Du bist doch schon oberster Feldherr.“ Eigentlich stimmte das nicht Khamûl war über ihm, doch er wollte im Moment nicht daran denken. „Führst du Selbstgespräche?“, fragte ihn eine kräftige Stimme von Hinten. Boltan ahnte Schlimmstes. Er wandte sich um, und seine dunklen Vorahnungen wurden bestätigt: Unûar war hinter ihn getreten. Der Halbork hatte ein verschlagenes Grinsen auf seinem Gesicht, während er Boltan von Oben hinab betrachtete.
Boltan konnte sich die Beleidigung nicht verkneifen und sagte in einem sehr unfreundlichen Ton zu Unûar: „Wie ist denn die Luft da oben?“ Dieser war nämlich zwei Köpfe größer als er.
Das Grinsen des Halborks erstarrte zu einer grässlichen Fratze. Er war sichtlich bemüht, nicht gleich ein Opfer seiner Wut zu werden und auf Boltan einzuprügeln. „Wenn du nicht höher gestellt wärest als ich, dann würde ich dir sofort deinen Schädel einschlagen...“, stieß er hinter zusammengepressten Zähnen hervor, während er drohend seine schwere Keule hob.
Sollte er Unûar noch weiter reizen? Boltan entschied sich dafür, denn so bekäme er die Chance dazu, diesen aufgeblasenen Muskelberg selbst aus dem Weg zu räumen. Darum erwiderte dem Halbork frech: „Kannst du es etwa nicht ertragen, dass mein Schädel im Gegensatz zu deinem nicht hohl ist?“
Unûars gesamter Körper bebte vor Zorn. Noch immer mit zusammengepressten Zähnen stieß er hervor: „Du dreckiger, kleiner...“
Boltan empfand es als Spaß, den Halbork zu reizen und ihm dabei zuzusehen, wie er sich vergeblich selbst zu beherrschen versuchte. Er setzte mit einer weiteren Beleidigung nach und sagte mit vorgetäuscht kinderhafter Stimme: „Ja, was will er denn, der große böse Onkel Unûar?“
Nun war dem Halbork die Geduld geplatzt. Er hob seine Keule über seinen Kopf und wollte Boltan damit treffen. Der Angriff Unûars kam jedoch so langsam, dass es Boltan ein Leichtes war, der Keule seines Gegners zu entgehen. Schon hatte er seine Axt aus der Lederschlaufe an seinem Rücken gezogen und rief dem Halbork zu: „Erinnerst du dich noch an deine erste Fechtstunde bei mir? Lass dich nicht von deinem Zorn leiten! Er wird dich nur irreführen!“
Unûar schwang seine Keule wieder über seinem Kopf und brüllte Boltan: „Du hast mir nichts zu sagen!“, entgegen, während er auf ihn zusprang.
Boltan sprang zur Seite und setzte gleich darauf mit einem Hieb seiner Axt nach. Seine Waffe hinterließ einen Schlitz in der Brust seines Gegners, welcher sofort wütend aufschrie und versuchte, ihn mit seiner Faust zu erwischen. Wieder wich er aus und war sogleich wieder außerhalb der Reichweite der Keule Unûars. „Hör auf zu tanzen und kämpf endlich!“, rief dieser ihm entgegen. Boltan wusste, dass er durch pure Körperkraft nicht gewinnen konnte. Es wäre purer Selbstmord, sich auf ein Kräftemessen mit seinem Gegner einzulassen, denn seine Axt war weder zum Parieren feindlicher Hiebe geeignet, noch war eine Keule eine Waffe, die man gefahrlos abwehren konnte.
Nun schwang Unûar seine Keule mit aller Wucht hin und her, sodass Boltan vor ihm zurückweichen musste, um nicht von der Waffe seines Gegners zermalmt zu werden. Der Halbork nutzte den neu gewonnenen Platz und zog seine Peitsche aus seinem Gürtel. Unûar hieb mit seiner Keule auf Boltan zu, sodass dieser ausweichen musste, doch dann setzte er mit seiner Peitsche nach, welche sich um Boltans linken Fuß schlang.
Wenn er jetzt nichts tat, dann war alles aus! Unûar würde ihn einfach zu sich heranziehen und ihn dann erschlagen! Um dies zu verhindern sprang Boltan auf den Halbork zu und rammte ihm den Dorn an der Spitze seiner Axt in den Bauch. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen ging sein Gegner in die Knie. Jetzt konnte Boltan ihn endlich aus dem Weg räumen! Mit einer Drehung befreite er seine Axt aus dem Bauch Unûars und nutzte diese noch für einen Angriff auf den Hals seines Gegners. Er würde ihn köpfen und aus seinem Schädel eine Trinkschüssel machen! Die Schneiden seiner Axt waren nur noch Zentimeter vom Hals Unûars entfernt, als plötzlich ein schwarzes Schwert auftauchte und Boltans Axt abblockte. Der Ork war geschockt. Das schwarze Schwert war von einer Hand in einem Goldenen Handschuh geführt worden, und diese war in einem schwarzen Ärmel. Boltan wagte es kaum, genauer hinzusehen, wer es war, um zu wissen, wer ihn um seinen Triumph gebracht hatte: Khamûl.
Er musste sich irgendwie da rausreden, ansonsten würde der Geist ihn töten! „E-er hat mich zuerst angeg-griffen...“, stotterte er, doch Khamûl brachte ihn mit einem seiner tödlichen Blicke zum Schweigen. Langsam sagte er: „Ich weiß, dass er es verdient hätte, von dir getötet zu werden, aber ich brauche ihn noch. Er ist mein Katapultmeister!“
Boltan musste jetzt aufpassen, dass nicht er seiner Wut erlag. Dieser Geist hatte ihn mit Absicht seines Triumphes beraubt, darin war er sich sicher! Khamûl ließ ihn beobachten und bespitzelte ihn! Der Ork hasste diesen Geist. Was hatte er ihm jemals getan?
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #32 am: 27. Mär 2008, 17:08 »
Nach längerer Pause gibt's endlich wieder Neues:

Feiges Piratenpack:

Schon seit fünf  Tagen belagerten sie Umbar. Sie befanden sich zwar schon in der Stadt, aber die Haradrim leisteten noch immer erbitterten Widerstand gegen das Heer von König Elessar. Am ersten Tag der Schlacht schon war er schwer von Pfeilen verwundet worden. Man hatte ihn zu Radagast dem Braunen gebracht, welcher ihn schnell wieder geheilt hatte. Nun kämpfte er wieder in der Vordersten Reihe der Zwerge mit.
Gimli kämpfte noch immer mit seiner einschneidigen Axt und seinem großen Schild, um sicherer vor den Pfeilen der Haradrim zu sein. Diese Wüstenmenschen waren gute Bogenschützen, doch noch schlimmer als sie waren die Korsaren. Sie waren allesamt ruppige, ungewaschene Krieger, die ständig nach Rum stanken. Mit ihren Entermessern und Säbeln kämpften sie wie Berserker, und obwohl sie nicht so gut gerüstet waren wie die Zwerge und die Soldaten Gondors, schienen sie ihre Wunden nicht so sehr zu spüren. Wahrscheinlich lag das am Rum, sie waren wohl allesamt betrunken.
Mit einem Hieb in dessen Brust streckte Gimli einen Korsaren nieder, duckte sich hinter seinem Schild vor weiteren Hieben, und schlug wieder mit seiner Axt weiter auf seine Gegner ein. Die Verteidiger waren zwar in der Unterzahl, doch die engen Straßen von Umbar machten es unmöglich, wirklich effektiv im Nahkampf zu agieren.
Zirka tausend Krieger aus dem Heer Aragorns waren während dieser erbitterten Schlacht schon gefallen, unter ihnen auch etliche Zwerge vom Erebor und Menschen aus Thal. Noch nie hatte Gimli an einer so in die Lämge gezogenen Schlacht teilgehabt wie an dieser. Immer wieder zogen sich ermüdete Krieger aus dem Heer Aragorns zurück, während die Ausgeruhten schon nachrückten.
Gimli machte einen Satz nach Vorne, direkt in seine Feinde, und schwang seine Axt wie ein Berserker über dem Kopf. Den überraschten Korsaren stand noch der Schreck über den plötzlichen Angriff Gimlis in den Augen, während sie sterbend zu Boden sanken. Einige Zwerge und Soldaten Gondors rückten hinter ihm auf, während er sich zurückzog, denn seine Kräfte begannen schon, ihn zu verlassen. Nach einem kräftigen Schluck Wasser und einem Stück Brot wäre er wieder bereit, um weiter zu kämpfen.
Mit seinem Schild deckte er seinen Rücken, während er zur Versorgungsstelle eilte. Kein Pfeil wurde auf ihn verschossen, er hatte auch nicht wirklich damit gerechnet. Die Bogenschützen der Haradrim waren vielzu sehr mit den Soldaten an der Front beschäftigt, als dass sie sich mit den müden Kriegern beschäftigen könnten! Umbar war eher schachbrettartig aufgebaut, doch die meisten Straßen waren verhältnismäßig eng dafür, dass dies eine so große Stadt war. Die meisten Bewohner waren gleich bei Beginn des Angriffes zu den Schiffen geflohen, der Hafen stand nun angeblich mehr. Aragorn befürchtete jedoch, dass die Einwohner Umbars um Hilfe gebeten hatten, und bald mit Verstärkung kommen würden. Gimli hatte noch nie sonderlich viel für Schiffe übrig gehabt, deswegen konnte er nicht viel dazu sagen.
In einige der nun leer stehenden Häuser hatte Aragorn einen Versorgungspunkt für sein Heer eingerichtet, wo nun alle Vorräte untergebracht worden waren. Auch einen Brunnen gab es dort, es fehlte nur noch Bier, und schon wäre dieser Ort direkt angenehm – zumindest  so lange, bis man sich nach seiner Heimat zu sehnen begann. Gimli hatte nur selten in seinem Leben Heimweh verspürt, oft war ihm sogar langweilig in den Eisenbergen oder am Erebor, vor Allem dann, wenn er nichts Neues zu Schmieden hatte. Mit der Zeit hatte er auch am Bergbau ein wenig die Interesse verloren, denn es gab wenig Neues zu entdecken in den Minen des einsamen Berges. Die glitzernden Grotten von Helms Klamm waren da anders, sie schienen Gimli so unglaublich schön und voller Überraschungen. Sogar Legolas hatte dies zugeben müssen, als er mit ihm gemeinsam dort gewesen war. Der darauffolgende Besuch mit dem Elben in Fangorn hatte dem Zwerg nicht gefallen. Er mochte diesen scheinbar toten Wald nicht recht.
Gimli stieß gegen einen Soldaten Gondors, der ihm entgegen kam. Er wollte diesen soeben anschreien, dass er gefälligst aufpassen sollte, als er merkte, dass es Aragorn war. Der König Gondors lächelte ihn an.
„Nun, Gimli, mein alter Freund? Du musst wohl sehr müde von der Schlacht sein?“
„Wir rücken Zoll um Zoll vor, und haben weitaus weniger Verluste als unsere Feinde!“
Aragorn sah genau in die richtung, aus der Gimli gerade eben gekommen war. Den Hafen verteidigten die Korsaren wie eine verletzte Wölfin ihre Welpen. Gerade in dieser für sie so auswegslosen Situation waren die Seeräuber am gefährlichsten, da sie wirlkich gnadenlos kämpften und auf nichts, aber auch gar nichts, Rücksicht nahmen. Nachdenklich murmelte der König Gondors: „Wir müssen den Hafen so schnell wie möglich nehmen, ansonsten wird die Verstärkung für die Korsaren noch rechtzeitig eintreffen, um das Blatt in dieser Schlacht zu wenden...“
Aragorn wollte soeben weitergehen, als Gimli ihn noch einmal mit folgenden Worten zurückhielt: „Pass auf dich auf, Aragorn!“
„Mögen deine Axt scharf und dein Mut ungebrochen sein, mein Freund.“, antwortete Aragorn, und dan ging er in Richtung Hafen. Das war doch nicht seine Art, er schwang doch sonst nie Sprüche von Zwergen herum!
War die Situation wirklich so auswegslos? War die Verstärkung der Korsaren wirklich schon so nahe?
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #33 am: 29. Mär 2008, 23:07 »
Dieses Kapitel wird euer Bild von den Menschen Gondors wohl auf ewig verunstalten:

Zivilisiert unzivilisiert:

Imrahil war gerade mit fünf Soldaten unterwegs, um die Häuser Umbars zu durchsuchen. Sie sollten die noch verbliebenen Bewohner gefangen nehmen, sodass sie dem Heer König Elessars nicht in den Rücken fallen konnten. Die Häuser der Stadt hatten so ziemlich alle denselben Bau: Das unterste Stockwerk war aus festen Ziegeln, doch die oberen Stockwerke waren aus Holz gezimmert. Überall hier war es feucht, und allem haftete ein leichter Modergeruch an.
Die Schlacht schien ewig zu dauern, und er hatte es einfach nicht mehr ertragen können, immer nur zu kämpfen. Sein jetziger Auftrag war jedoch auch nicht viel ehrenvoller. Wehrlose Frauen und Kinder gefangen zu nehmen war zwar in seinen Augen nicht richtig, aber so konnte er wenigstens der Schlacht entfliehen.
Viele Häuser waren schon durchkämmt worden, ohne Ergebnisse. Bei so einer Suche musste man sich ganz auf seine Sinne und sein Gefühl verlassen. Die meisten der Haradrim, die Umbar bewohnten, waren wohl in der Nähe von Brunnen getrieben, daher marschierte er mit den Soldaten zum nächsten Brunnen.
Irgendwie war er sich nicht mehr sicher, ob diese Begegnung, die er mit Niniel gehabt hatte, der Wahrheit entsprochen hat. War dies wieder so ein Traum gewesen, wie der vom Schatten des Ostens? Obwohl, wer schlief schon ein während einer Schlacht? Imrahil war noch nie vor dem Ereignis vor fünf Tagen bewusstlos gewesen, daher wusste er nicht, ob man während einer Bewusstlosigkeit träumen konnte. Es war ihm zwar alles so real vorgekommen, doch auch in Träumen erschien einem vieles als wirklich.
Unwillkürlich musste er lächeln. Seine Brustplatte hatte er noch nicht ersetzt, daher wurde er hinter vorgehaltener Hand scherzhaft „Der Fürst mit dem zerschnittenen Herz“ genannt. Wie Recht sie damit hatten! Zu seiner Erleichterung tuschelten die fünf Soldaten hinter ihm nicht, denn ansonsten hätte er glauben können, es ginge um ihn. Wie so oft freute ihn die Disziplin der Soldaten Gondors, die den Haradrim wohl in jeder Hinsicht überlegen waren!
Der Marsch näherte sich seinem Ende zu, denn der Brunnen, den Imrahil zu erreichen suchte, war schon in Sichtweite. Umbar war eine verschachtelte Stadt mit unzähligen engen Gassen, in denen man sich leicht verirren konnte. Imrahil jedoch hatte einen sehr guten Orientierungssinn, der ihn noch nie verlassen hatte. Sie waren nun unweit des Heerlagers nahe dem Hafen, aber dennoch so weit vom Hafen entfernt, dass kein Schlachtenlärm mehr zu ihnen vordrang. Nun waren sie am Brunnen angelangt. Dieser stand inmitten eines größeren Platzes, an dem sich vier Straßen kreuzten. Umgeben war dieser Platz von mehreren normalen Häusern, doch im Südwesten, direkt an der Straße, von der sie gekommen waren, befand sich ein Gasthaus. Imrahil wandte sich zu den fünf Soldaten, die ihn begleiteten, zu. Er deutete auf die zwei, die ihm am Nächsten waren, und befahl ihnen: „Ihr zwei werdet mir dabei behilflich sein, das Gasthaus zu durchsuchen!“, und zu den anderen dreien: „Und ihr durchsucht währenddessen die Häuser!“
Mit den zwei Soldaten im Schlepptau ging Imrahil direkt auf das Gebäude zu. Es war weitaus größer als die anderen Häuser in dieser Straße, außerdem hing ein Schild, auf dem in der Schrift und Sprache der Haradrim: „Zur zischelnden Wüstenschlange“ Stand. Während Imrahil die Tür aufstieß, zog er sein Schwert. Niemand befand sich in der Gaststube, doch es roch noch nach frischem Bier. Hier hatte erst vor kurzem jemand Bier gebraut oder getrunken!
„Ich durche das obere Stockwerk, ihr seht hier unten nach!“, befahl Imrahil knapp. Die Gaststube war ziemlich groß, überall standen Stühle und Tische, jedoch so geordnet, dass es den Anschein hatte, jemand hätte gerade erst aufgeräumt. Dem Eingang direkt gegenüber war die Ausschank, und direkt daneben befand sich eine Treppe. Dieser folgte Imrahil in den oberen Stock. Von der Treppe ausgehend führte ein enger Gang nach Links und nach Rechts, an dem sich viele Türen befanden. Dies waren wohl die Gästezimmer. Er wandte sich nach Rechts und stieß gleich die erstbeste Tür auf. Im dahinter liegenden, sehr kleinen Raum befand sich nichts Weiteres als ein Bett und ein Beistellkästchen, auf dem eine Öllampe stand. Viel mehr hätte darin auch keinen Platz gefunden.
Auch im nächsten Raum befand sich nicht mehr als ein Bett und ein Beistellkästchen, und als Imrahil die Tür zum dritten Raum öffnen wollte, hörte er von Unten einen gedämpften Aufschrei und kurz darauf das Scheppern von Metall. Die beiden Soldaten hatten wohl jemanden in der Küche aufgestöbert, der sich nun mit den Kochtöpfen zu wehren versuchte!
Mit gezücktem Schwert stieß er die Tür auf, und fand auch diesen Raum leer vor. Weiterhin ertönten Schreie von Unten zu ihm hinauf. Die Stimme gehörte eindeutig zu einer Frau. Wahrscheinlich wollte sie sich nicht gefangen nehmen lassen. Imrahil verließ den Raum wieder. Drei weitere Räume durchsuchte er erfolglos, doch plötzlich wurde das Schreien der Frau zu einem kaum noch hörbaren Wimmern, und ein anderes Geräusch gesellte sich dazu – das Lustvolle Stöhnen eines Mannes! Imrahil ahnte schrecklichstes. Er stürmte die Treppe hinunter, vorbei an der Ausschank, direkt durch eine offene Tür, aus der die Geräuschen kamen.
Der Raum, den er durch die Tür betreten hatte, war tatsächlich eine Küche, doch nicht die Kochtöpfe hatten so gescheppert! An den Wänden des relativ großen Raumes standen Tische, und an einer Ecke war eine Feuerstelle. Vor der Feuerstelle jedoch lag eine Frau mit zerrissenen Kleidern, die von einem nackten Mann am Boden festgehalten wurde – einem der beiden Soldaten! Der Mann vergewaltigte diese Frau, und der andere Soldat war auch im Raum, und zog sich gerade aus. Als die beiden jedoch Imrahil bemerkten, wirkten sie merklich geschockt. Der Fürst von Dol Amroth spürte brodelnde Wut in sich aufsteigen. Vor kurzem noch hatte er die Disziplin der Soldaten Gondors gelobt, und nun?
„Ihr beide!“, brüllte er die Soldaten an: „Lasst die Frau in Ruhe und nennt mir eure Namen!“ Der ausgezogene ließ die Frau los und ging von ihr runter. Imrahil konnte erkennen, dass er schon in sie eingedrungen war. Ihn würde sicherlich die härtere Strafe treffen! Der Soldat, der sich gerade ausgezogen hatte, als Imrahil gekommen war, antwortete als Erster auf dessen Frage. Er schien noch ziemlich jung zu sein, er hatte kurzes schwarzes Haar und keinen Bart: „Ich bin Barahir von Minas Tirith. Ich...“ Mit einer barschen Geste brachte Imrahil Barahir zum Schweigen. Nichts rechtfertigte eine Vergewaltigung! Die Frau versuchte so gut es ging, mit ihren zerrissenen Kleidern ihre Blöße zu verdecken, und kroch weg vom nackten Soldaten, dem wohl das Wort in der Kehle stecken geblieben war. Lange schwarze Haare hatte die Frau, und sie wirkte sehr jung, während der nackte Soldat offensichtlich schon älter als dreißig Winter war. Seine Haare waren blond, und er hatte außerdem einen Vollbart.
„Muss ich dir deine Worte erst aus der Kehle schneiden, treuloser Hund, du!?“, drohte er dem Nackten mit erhobenem Schwert. Endlich antwortete dieser: „Ich bin Beregost aus Dagorland.“ Imrahil konnte seinen Zorn nicht mehr länger an sich halten. Unbeherrscht und in wilder Wut schrie er: „Beregost und Barahir! Warum glaubt ihr, habt ihr das Recht, eine wehrlose Frau zu vergewaltigen! Ihr sagt, die Haradrim seien Barbaren, und dann handelt ihr selbst wie sie! Was würden eure Frauen dazu sagen, wenn sie davon erfuhren?“
Die beiden Soldaten schienen sich tief in den Boden zu schämen, und keiner der beiden wagte es, Imrahil in die Augen zu sehen.
„Seht mich an und antwortet mir!“, herrschte er sie an. Sie sollten seinen Gesamten Zorn zu spüren bekommen für ihre Treulosigkeit und Unbeherrschtheit. Imrahil würde die beiden bestimmt nicht ungeschoren davonkommen lassen!

P.S.: Feedback dazu bitte in das Thread: "Personen und Hintergründe" im RPG-Konzept.
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #34 am: 2. Apr 2008, 18:50 »
Der Vogelschwarm:

Es war bereits Nachmittag. Jeden Tag wunderte er sich aufs Neue, wie die Bewohner von Umbar diese unglaubliche Hitze zur Mittagszeit überstehen konnten. Vielleicht wurde man so etwas ja auch mit der Zeit gewohnt, ebenso wie den Geruch von Vogelkot? Er musste schmunzeln. Lange Zeit hatte er unter den Adlern, den größten und mächtigsten Vöglen Mittelerdes gelebt. Von ihnen hatte er vieles gelernt, was ihm heute noch nützlich war. Außerdem hatte er in dieser Zeit enge Freundschaft mit Gwaihir, dem Fürsten der Adler, geschlossen. Von ihm hatte er auch gelernt, mit anderen Arten von Vögeln zu kommunizieren. Nun war er dankbar dafür, denn ansonsten würde König Elessar ungehindert in sein Verderben rennen. So war der König von Gondor wenigstens Gewarnt.
Radagast der Braune, der Freund der Tiere, wollte jedoch Gewissheit über das Nahen seiner Feinde haben, also verließ er das Lager, um die Möwen zu befragen. Oft waren seine Dienste gefragt worden während dieser erbitterten Schlacht, denn durch seine Magie vermochte er selbst schwere Wunden zu verschließen, als seien sie nie geschlagen worden. Richtigen Dank erhielt er nur selten für seine Taten, obwohl er bestimmt schon vielen Soldaten Gondors das Leben gerettet hatte. Nun lag es wieder an ihm, viele Soldaten vor dem Tod, ja vielleicht sogar König Elessar vor einer Niederlage zu bewahren. Dazu musste er aber zuerst einen Vogel finden, der um die Sache, welche er zu erfahren suchte, wusste.
Zielstrebig lenkte er seine Schritte gen Nordosten, denn dort war vor kurzem eine Schar Möwen niedergegangen. Wenn er glück hatte, waren sie von einem längeren Flug übers Meer zurückgekommen. Möwen waren erstaunliche Vögel, sie vermochten es, mehrere Tage, Wochen oder sogar Jahre in der Luft zu segeln, ohne jemals landen zu müssen. Welche Freiheit man wohl beim Fliegen verspürte? Radagast war schon oftmals auf einem Adler durch die Lüfte geritten, doch er war sich sicher, es wäre ein anderes Gefühl, aus eigener Kraft zu fliegen. Könnte er seine Gestalt verändern, würde er zum Vogel werden, und für alle Zeiten durch die Lüfte gleiten, in der unendlichen Freiheit des Himmels.
Als Radagast die Straße entlang ging, spürte er schon leicht die Gedankenwellen, die von den Vögeln ausgestrahlt wurden. Sie würden ihm den rechten Weg weisen! Leichte Andeutungen von Gefühlen und Gesprächen erfüllten die Luft überall, wo Vögel waren. Obwohl sie sich desöfteren durch ihr Gezwitschere verständigten, die Adler sogar sprechen konnten, so war ihnen doch die Gedankensprache das liebste Mittel zur Kommunikation. Jedem unwissenden blieben die Strömungen verborgen, doch wer gelernt hatte, sich auf sie zu konzentrieren und sie zu verstehen, sogar selbst zu verwenden, konnte mit jeglicher Art von Vogel sprechen. Radagast gehörte zu diesen wenigen, die selbst keine Vögel waren, aber dennoch deren Gedankensprache beherrschten.
Nun waren die Gedankenströme der Vögel unglaublich stark. Er musste ihnen ganz nahe sein. Er stand in einer engen Gasse, an beiden Seiten erhoben sich die Häuser steil in die Luft. Radagast konzentrierte sich. Er musste eine Gedankenbotschaft aufbringen, stark genug, sodass sie von allen Vögeln in der Nähe gehört werden konnte. „Wer ist der Anführer eures Schwarms?“, lautete die Botschaft Radagasts.
Während er auf eine Antwort wartete, nahm er leichte Gedankenwellen wie „Wer spricht hier zu uns?“ oder „Ein Mensch!“ wahr. Schließlich erhob sich eine der Möwen und kreiste über ihn.
„Ich bin die Anführerin dieses Schwarms. Was willst du von mir, Mensch?“, ertönte die Stimme der Möwe in seinem Kopf.
„Kommt dein Schwarm vom Meer und aus dem Südosten?“, sandte Radagast ihr in Gedanken. Nebenbei hatte er die Worte auch ausgesprochen, denn dies war für ihn noch immer gewohnter als die pure Unterhaltung in Gedankensprache.
Die Möwe ließ sich einige Zeit mit ihrer Antwort. „Warum sollte dir dies von Nutzen sein?“
Radagast hasste diese Meeresvögel! So unfreundliche Tiere hat er noch nie erlebt! Vielleicht half es, die Anführerin des Schwarms direkt darauf anzusprechen: „Ich will wissen, ob du viele schwarze Schiffe gesehen hast?“ Mit dieser Botschaft schickte er noch das Bild eines Korsarenschiffes mit.
„Warum sollte dir dies von Nutzen sein?“, gab die Möwe aprupt zur Antwort.
Er musste seinen aufsteigenden Zorn unterdrücken. Diese Schwingungen durften die Möwe nicht erreichen! Sie zielte doch nur darauf, ihn zu reizen! Es würde wohl nichts helfen, sie zu belügen, also blieb er weiterhin direkt: „In diesen Schiffen befinden sich Feinde von mir. Ich will wissen, wie weit sie von hier entfernt sind.“
Anstatt eine Antwort zu geben stieß die Anführerin ein Kreischen aus, worauf sich auch die anderen Mitglieder des Schwarms in die Lüfte erhoben. Einen weiteren solchen Ruf stieß sie aus, und die Möwen flogen wieder auf das Meer zu. Nur noch die Anführerin kreiste über Radagasts Kopf. „Was soll das?“, fragte Radagast sie. Er hatte sich seinen Zorn nicht mehr verkneifen können, jetzt würde sie sicherlich mit ihm spielen und sich an seinem Ärger erfreuen!
Tatsächlich spürte er einen Hauch von Belustigung in der nächsten Botschaft der Möwe: „Warum sind sie deine Feinde?“
Jetzt wurde es ihm aber zu bunt! Er gab sich keine Mühe mehr, seinen Zorn zu verbergen, außerdem schrie er die Botschaft und schickte ein Gedankenblid Gwaihirs mit: „Ich bin ein Freund des Adlerfürsten, und du wirst mir gefälligst eine Antwort geben, wenn ich dich etwas Frage!“
Wieder ließ sich die Möwe Zeit mit ihrer Antwort. Wenn sie jetzt wegfloge, dann wäre all die Mühe umsonst gewesen! „Ist ja gut“, ertönte schließlich die Stimme der Möwe in seinem Kopf: „Die Schiffe werden hier sein, wenn die Sonne das nächste Mal über den Rand der Welt hinaufklettert!“ Sofort darauf flog sie davon.
So nahe waren sie also schon... Radagast wusste nicht warum, aber er glaubte, noch eine Überraschung erleben zu werden. Ob sie positiv oder negativ sein würde, konnte er nicht erahnen.
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #35 am: 5. Apr 2008, 23:53 »
Im Zeichen der Schlange:

Die salzige Seeluft bekam ihm nicht gut. Sie war stark, obwohl die nächtliche Kühle den Geruch des Salzes ein wenig milderte. An Bord des schwarzen Korsarenschiffes gab es keine besondere Abwechslung im Speiseplan, und auch den ständigen Alkoholgeruch konnte er langsam nicht mehr ertragen. Er stand mitten am Deck des Schiffes, am Bug. Neben ihm tanzten gerade einige betrunkene Korsaren. Die Korsaren waren die barbarischsten Bewohner des Wüstenreiches Harad, obwohl sie angeblich von den Menschen Numenors abstammten. Doch was bedeutete schon Abstammung? Er griff in seinen Mantel und zog einen Brief hinaus. Gelesen hatte er ihn schon, doch er wollte sich vom Alltag auf dem Schiff vertreiben.
Er faltete ihn auf. Geschrieben war der Brief auf Pergament, wie es kein ähnliches in Harad oder Khand gab. Mit schwarzer Tinte stand darauf geschrieben:

„Mein lieber Freund Alatar

Ich war jahrelang nicht mit deiner Ansicht der Welt einverstanden und ermahne dich noch einmal: Du kannst die Valar nicht überlisten!
Vergiss nicht unsere Pflicht, die uns von Manwe auferlegt wurde! Wir sollten die Menschen vor dem Einfluss des Bösen beschützen, und nicht versuchen, den großen Feind aus der Leere zu befreien! Schon seit tausenden Jahren suchst du schon einen Weg, dein Vorhaben in die Tat umzusetzen, aber dennoch scheiterst du immer wieder daran! War nicht der Tod deines Zwillingsbruders Pallando schon ein Zeichen, stark genug, um dir zu beweisen, dass du nie zum Ziel kommen würdest?“


Schon legte er den Brief wieder beiseite. Pallando hatte ihm viel bedeutet. Gemeinsam waren sie beinahe an ihr Ziel angelangt, doch dann war es geschehen. Manchmal bedauerte, dass nicht er von dem grausamen Schicksal ereilt wurde, welches sein Bruder Pallando erleben hatte müssen. Er konnte sich noch an jede kleinste Einzelheit erinnern. An den Ausdruck in seinem Gesicht, an seine letzten Worte...

... „Unsere Taten waren Falsch... Tilge du meine Schuld!“...

Alatar hatte sich nicht an den letzten Wunsch seines Bruders gehalten, er hatte stur weitergearbeitet, war aber nicht weiter gekommen. Von Zeit zu Zeit fragte er sich, ob Pallando vielleicht vom Zorn der Valar getroffen worden war. Waren sie vielleicht um diese Zeit schon bemerkt worden? Nein, das war wohl nicht möglich, ansonsten hätte Aiwendil wohl davon gewusst...
Aiwendil war Alatar immer ein treuer Freund gewesen. Immer hatte er ein offenes Ohr für ihn gehabt. Olorin war immer zu sehr auf seine Aufgabe fixiert gewesen, und Curufin hatte Alatar und Pallando einfach so im Osten im Stich gelassen. Um dem allen noch die Krone aufzusetzen, hatte er die beiden noch dazu überredet, mit ihm mitzukommen. Laut einem früheren Brief von Aiwendil hatte sich Curufin dem Bösen zugewandt, und nach dem Einen Ring getrachtet. Hatte er vielleicht auch noch die Reise in den Osten geplant, um ihn und Pallando dort zurückzulassen, sodass sie ihm nicht mehr gefährlich werden könnten?
„Alatar?“
König Suladan von Harad war zu ihm getreten, während er in seinen Gedanken gesindet hatte. Der König war der eigentliche Grund gewesen, weshalb Alatar nun nach Umbar musste. Die Menschen aus Gondor hatten Umbar belagert, als König Suladan verwundet und aus der Schlacht gebracht worden war. Mittels einer Brieftaube war die Nachricht zu Alatar gedrungen, dass er zu einem der südlicheren Häfen kommen und den König heilen solle.
Nun stand er da, dem König Harads gegenüber. Der Mann sagte zu ihm: „Siehst du dies hier vorne? Umbar wird noch immer belagert. Noch kommen wir nicht zu spät.“ Alatar erkannte sofort die Absichten des Königs: „Soll ich eine Flutwelle hinaufbeschwören, sodass wir den Hafen ungehindert betreten können?“
Der König Harads machte ein nachdenkliches Gesicht: „Ich will deine Meinung dazu wissen, denn ich glaube, es wären zu viele Krieger, die noch im Hafen fechten, als dass wir es uns leisten könnten, so viele durch eine Flutwelle zu töten.“
Alatar unterdrückte einen leichten Anflug des Zornes. Suladan sprach immer so mit ihm, als wäre er dessen König, dabei war er es nicht! Es ging Alatar hierbei nur darum, einige der Menschen Gondors in den Tod zu schicken. Wenn er Glück hatte, wäre er dem Tod in dieser Schlacht nahe genug, um den Seelen der Menschen in irgendeiner Art und Weise in die zeitlose Leere folgen zu können.
In seinen langen Jahren des Studiums des Todes hatte Alatar gelernt, dass die Menschen bei ihrem Tod Arda verließen. Noch nie hatte er es geschafft, der Seele eines Menschen zu folgen, doch Pallando war wohl kurz davor gewesen. Vor seinem grausamen Tod hatte er keine Zeit mehr dazu gehabt, es Alatar zu sagen.
Alatar versuchte, die Bilder seines sterbenden Zwillingsbruders aus seinen Gedanken zu verbannen. Er wandte sich wieder an König Suladan: „Ihr solltet ohne meine Hilfe an Land gehen. Ich glaube, es sind noch genug Verteidiger in der Stadt.“
Schnell kam die Korsarenflotte der Stadt Umbar näher. Alatar sah schon die ersten Streifen der Sonne, die im Osten über den Horizont lugten. Plötzlich erschien wie zur Antwort auf das erste Sonnenlicht ein Lichtblitz am Hafen von Umbar. Sogar noch auf dem Schiff, welches mir noch zwei Schiffslängen von gut geschützten Eingang des Hafens entfernt war, spürte Alatar noch die Macht, die von diesem Blitz ausgestrahlt wurde.
Welches Wesen, dass kein Maia war, konnte solche Mächte entfesseln? Ist es etwa ein Maia gewesen, der diesen Blitz heraufbeschworen hatte?
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #36 am: 19. Apr 2008, 14:51 »
Nach langer Wartezeit kommt endlich wieder was Neues:

Magisches Aufeinandertreffen:

Radagast hatte sich ein Schwert umgegürtet. Er musste an die Front, um die Soldaten zu unterstützen! Die Sonne ging schon bald auf, und wenn die Möwe ihn nicht angelogen hatte, war die Korsarenflotte schon gefährlich nahe!
Während er sich einen Weg zwischen den Soldaten durchbahnte, zog er sein Schwert und rief: „Lasst mich durch! Ich werde eure Feinde zerschmettern!“
Tatsächlich machten die Soldaten Gondors ihm daraufhin Platz. Er musste nach Vorne, denn ansonsten würde sein Zauber auch seine Verbüundeten treffen, und das wollte er nicht riskieren! Eigentlich war sein Plan unvernünftig, denn er war kein besonders hervorragender Schwertkämpfer, doch er musste es wenigstens versuchen! Er konnte nicht einfach so tatenlos dabei zusehen! Kaum war er in der vordersten Reihe angelangt, begann er schon zu kämpfen. In der Linken seinen Stab, in der Rechten das Schwert, schlug er wie ein Berserker um sich, doch er war kein besonders begabter Fechter. Nur wenige der ungewaschenen Korsaren, die ihm in der engen Gasse gegenüberstanden, gingen durch seine Hiebe zu Boden, denn die meisten widerstanden seinen Hieben und wehrten sie ab. Schnell wurde Radagast von mehreren Seiten angegriffen, und wurde in die Defensive getrieben. Das war doch keine so gute Idee gewesen!
Aus den Augenwinkeln sah er das Messer eines Feindes auf ihn zurasen. Er konnte nicht ausweichen, er war gerade zu sehr mit seinen weiteren Gegnern beschäftigt! Radagast machte sich schon auf den Schmerz gefasst, während er weiterkämpfte, doch er wurde nicht in die Seite getroffen. Stattdessen tauchte König Elessar an seiner Seite auf, und er stieß seinen Kampfschrei: „Elendil! Elendil!“ aus. Auch Fürst Imrahil tauchte an Radagasts Seite auf, und beide schützten den Zauberer vor Schaden.
„Geht weg!“, rief Radaast den Beiden zu: „Mein Zauber wird auch euch erfassen, wenn ihr hier vor mir steht!“
König Elessar und Fürst Imrahil wichen jedoch keinen Schritt zur Seite, und der Fürst von Dol Amroth rief ihm zu: „Warne uns rechtzeitig, dann werden wir uns zu Boden werfen, um dem Zauber zu entgehen!“
Einen Moment lang zögerte Radagast. Er würde das Leben des Königs riskieren, und dieser hatte noch keinen Erben! Würde er aber zu lange warten, würde die Korsarenflotte mit der Verstärkung aus Weit-Harad eintreffen, und das wäre der Untergang für das Heer Gondors! Seine Entscheidung stand fest – er musste seinen Zauber ausführen!
Radagast steckte sein Schwert in die Scheide zurück, und umklammerte seinen Stab mit beiden Händen. Er konzentrierte sich voll und ganz auf seine inneren Energieströme, ließ sie durch seine Hände in seinen Stab fließen und bündelte sie darin. Schon begann der Stab zu leuchten, und Lichtblitze begannen, ihn zu umgeben. Ein wenig mehr Energie noch, dann wäre er bereit!
Wieder konzentrierte er sich voll und ganz auf seine magischen Kräfte. Ein wenig mehr würde er noch in seinen Stab Bündeln, dann wäre er soweit! Als er dann endlich genug Energei in seinem Stab zu haben glaubte, rief er König Elessar und Fürst Imrahil, die immer noch vor ihm kämpften: „Runter!“ zu.
Schnell warfen sich die Beiden zo Boden, und Radagast schleuderte die gesamte in seinem Stab gebündelte Energie in die Hafengasse, seinen Feinden entgegen. Einen Moment lang blendete ihn der Lichtblitz, den er selbst erzeugt hatte, und dann sah er das Ergebnis seines Angriffs:
Vor ihm lagen bis zum ausgang zum Hafen so viele tote Korsaren und Haradrim am Boden, dass man glauben könnte, der Boden wäre mit ihnen bepflastert. König Elessar rappelte sich wieder auf, und rief seinen Soldaeten zu: „Stürmt den Hafen!“ Sofort kam Bewegung in die Soldaten hinter Radagast, und auch er selbst rannte, um das Hafenbecken von Umbar zu erreichen. Beinahe leichtfüßig sprang er über tote Feinde, und die enge Gasse wurde immer weiter, bis er schließlich im Hafenbecken von Umbar war. Wie der Rest der Stadt war es eckig. Der Kai war aus Stein, der jedoch schon von Moos und Schimmel bewachsen war. Alle paar Meter ragte ein mit dicken Tauen umwickelter Stamm über den Kai, sodass Schiffe beim Anlaufen nicht beschädigt werde könnten.
Radagasts Blick wanderte zum einzigen Ein- und Ausgang des Hafens, direkt vor ihm. Er war so breit, dass gerade zwei nicht sehr große Schiffe nebeneinander hindurchfahren konnten, und war links und rechts von Mauern mit Geschütztürmen flankiert. Doch nicht die Geschütztürme fingen seine Augen ein – ein schwarzes Korsarenschiff durchquerte soeben den Eingang, und dahinter befanden sich unzählige weitere!
„Macht euch bereit!“, hallte ihm die Stimme von König Elessar ins Ohr, worauf er sich umblickte. Viele Soldaten, die aus der Gasse kamen, trugen Fackeln oder Fässer, in denen sich eine zähe schwarze Flüssigkeit befand – Pech!
Kaum war eines dieser Pechfässer zu Boden gestellt worden, eilten schon Bogenschützen herbei, um ihre Pfeilspitzen hinein zu tauchen, und sogleich mithilfe einer Fackel anzuzünden. König Elessar hatte glücklichwerweise an alles gedacht, was Radagast sehr beruhigte.
Radagast bemerkte etwas auf dem schwarzen Korsarenschiff, welches bedrohlich näher kam. Ein bärtiger Mann mit einem blauen Hut, gekleidet in weite, blaue Gewänder erschien am Bug. In seiner Rechten hielt er einen hölzernen Stab, der etwa genauso groß war wie er selbst.
„Bögen spannen!“, rief König Elessar, welcher sich neben Radagast stellte.
Der Mann in den blauen Gewändern hob seinen Stab in die Höhe. Radagasr spürte die magische Aura, die von ihm ausging. Könnte das etwa...?
„Feuer!“
Die Luft wurde von Surren erfüllt, und schon flogen die brennenden Pfeile direkt auf das Korsarenschiff zu. Plötzlich jedoch erhob sich eine Flutwelle vor dem Korsarenschiff, die die Brandpfeile der gondorianischen Soldaten verschlang, und sogleich auf den Kai zuraste. Radagast, von Schreck erfüllt, zog König Elessar zu sich heran und stieß seinen Stab kräftig auf den Boden, während er seine Zauberkraft durch ihn hindurchfließen ließ. Schon wurden er und der König von einer magischen Barriere umgeben, und das gerade noch rechtzeitig, denn sogleich erfasste die Flutwelle den Kai und riss die Soldaten dort von den Beinen. Nur Radagast und König Elessar, die in der Barriere wie durch eine Glaswand geschützt waren, blieben fest stehen. „Was ist das wieder für eine neue Teufelei?“, fragte König Elessar verwundert. Genau dieselbe Frage stellte sich Radagast auch:
Welch geringeres Wesen als ein Maia könnte eine solche Flutwelle beschwören? War der Mann in den blauen Gewändern denn tatsächlich...?
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #37 am: 26. Apr 2008, 10:54 »
Ich hoffe, dieses Kapitel gefällt euch^^

Wasser und Luft gegen Erde:

Der Lichtblitz blendete Imrahil einen Moment lang. Als er seine Umgebung wieder erkennen konnte, sah er, was Radagast getan hatte: Alle Feinde, die eben noch in der Gasse gestanden hatten, lagen nun tot, teilweise mit Entsetzen in ihren Gesichtern, auf dem Boden. Ja, sie lagen so eng beieinander, dass man glauben könnte, der Boden wäre mit ihnen gepflastert worden.
Imrahil blickte sich um. Die beiden nackten Männer unter den Soldaten reagierten sofort, und eilten zu ihm. Am liebsten hätte er Beregost und Barahir für ihr Verbrechen geköpft, doch während einer Schlacht war es verboten, ein Todesurteil auszusprechen. Stattdessen hatte er den Beiden eine Strafe auferlegt, die mindestens genauso schlimm war wie das Todesurteil: Sie sollten nackt, ebenso wehrlos wie die Frau, die sie vergewaltigt hatten, in vorderster Reihe kämpfen. Um die Gesetze Gondors nicht zu brechen, hatte Imrahil ihnen noch gestattet, Schwerter zu führen. Während Beregost sich zwei Kurzschwerter gewählt hatte, focht Barahir mit einem Zweihänder. Beide hatten schon mehrere Schnitte an ihrem Körper, doch bis jetzt hatten sie ihre Strafe mit Würde ertragen.
Imrahil selbst hatte eine neue Rüstung angelegt, die eines Ritters von Dol Amroth, der während der Belagerung von einem Pfeil ins Auge getötet worden war. Der stählerne Panzer passte ihm gut, und außerdem führte er sein Schwert und seinen Schild mit dem Wappen von Dol Amroth.
Schon hörte Imrahil die Stimme von König Elessar: „Stürmt den Hafen!“
Er winkte den beiden Ehebrechern, ihm zu folgen, und eilte daraufhin in den Hafen von Umbar. Das Hafenbecken war eckig, genauso wie der Rest der Stadt. Der Kai bestand aus Stein, und zirka jeden Meter war ein mit Tauen umwickelter Stamm, sodass Schiffe beim Einlaufen nicht beschädigt werden könnten. Als Imrahil schließlich zum Eingang des Hafenbeckens blickte, sah er mit Entsetzen, wie das erste Schiff der Korsarenflotte schon passierte. König Elessar hatte jedoch schon alles vorbereitet und ließ soeben Fackeln und Fässer mit Pech bringen, während er sich neben Radagast den Braunen auf den Kai stellte. Die Bogenschützen, die aus der Gasse gestürmt kamen, tauchten allesamt ihre Pfeile in das Pech und entzündeten es sogleich mithilfe der Fackeln.
Schon passierte ein zweites Schiff hinter dem ersten den Eingang des Hafens. Das große schwarze Schiff, welches als erstes den Hafen erreicht hatte, befand sich soeben in der Mitte desselben. Ganz vorne an seinem Bug bemerkte Imrahil einen alten Mann mit langem weißen Bart, der eine blaue Kutte und einen blauen Hut trug. Dieser erhob soeben seine Hände, für Imrahil wirkte dies so wie eine Art Beschwörung.
König Elessar befahl den Bogenschützen soeben, die Brandpfeile abzufeuern, als sich vor dem Schiff, auf dem der alte Mann stand, eine Flutwelle erhob. Diese verschlang die Pfeile der Bogenschützen und donnerte sogleich direkt auf den Kai zu. Imrahil konnte nichts weiter, als wie versteinert dastehen. Was war hier los? Träumte er etwa schon wieder? Wer oder was besaß die Macht, eine Flutwelle aus dem Meer zu beschwören?
Die Wassermassen erfassten Imrahil und rissen ihn von den Beinen. Die Luft wurde ihm aus seinen Lungen gedrückt, seine Augen schmerzten vom Salz im Meer und seine Rüstung drückte ihn zu Boden. Der Stahl an seinem Körper wirkte im Wasser so vielfach schwerer als an der Luft. Einen Moment lang schien die Flutwelle still zu stehen, doch plötzlich spürte er einen Sog in die Richtung des Meeres. Schier unendlich langsam zogen ihn die Wassermassen mit, um ihn im Hafenbecken zu ertränken.
Imrahil lag am Bauch, und langsam ging ihm die Luft aus. Verzweifelt versuchte er, sich am glatten Stein des Kais festzuhalten, doch seine Mühen waren vergebens, denn er fand keine Ritzen, und das Moos, welches hier überall wucherte, gab ihm keinen Halt. Plötzlich spürte er etwas an seinem linken Bein. Mit einer leichten Drehung in diese Richtung kam er dem Gegenstand, den er gespürt hatte, näher. Seine Füße wurden schon über den Rand des Kais gezogen, und Panik stieg in ihm hoch. Mit seinen Fingern krallte er sich an den Gegenstand, den er gespürt hatte, fest. Es war einer der mit Tauen umwickelten Stämme! Nun war er gerettet!
Seine Lungen leerten sich, und die Kraft wich langsam aus seinen Gliedern. Er durfte jetzt nicht aufgeben! Mit einem Arm hakte er sich in den rettenden Gegenstand ein. Langsam wurde der Sog des Wassers schwächer, und er spürte die angenehme Wärme der Luft außerhalb des Wassers wieder auf seinem Gesicht. Der darauffolgende Atemzug fühlte sich für ihn wie der erste seit Stunden an. Die frische Luft in seinen Lungen belebte seine Kräfte wieder, und er zog sich über den Rand des Hafenbeckens hinauf.
Wieder auf den Beinen bemerkte er zuerst sein Schwert, welches vor ihm auf dem Boden lag. Zum Glück war es nicht weggespült worden! Während Imrahil sich bückte, um seine Waffe wieder aufzuheben, hörte er das Surren von Pfeilen hinter ihm. Verdammt! Wie konnte er nur so dumm sein und das Schiff vergessen! Er musste fliehen! Imrahil rannte um sein Leben, während er hinter sich die Pfeile seiner Feinde auf den Boden aufschlagen hörte.
Er stolperte über eine Leiche. Das war Barahir, dem ein rot gefiederter Pfeilschaft aus der Brust ragte! So hatte diesen Frauenschänder endlich seine gerechte Strafe ereilt! Wieder schlugen Pfeile um ihn herum auf. Imrahil hatte nur noch eine Wahl: Er nahm den Leichnam Barahirs und verwendete ihn als Schutzschild gegen die Pfeile. Einige Pfeile schlugen in den toten Körper vor Imrahil, doch schon nach wenigen Momenten ging der Schlachtenlärm los. Er entschloss sich dazu, ebenfalls mitzukämpfen, und warf Barahir von sich fort.
Das erste der Korsarenschiffe hatte bereits angelegt, und die Feinde strömten schon hinaus aus dem schwarzen Rumpf. Die Bogenschützen zogen sich zurück, und wurden sogleich von Nahkämpfern, unter ihnen König Elessar, gedeckt. Auch Radagast den Braunen konnte er erkennen, der Zauberer hatte sein Schwert wieder gezogen. Imrahil eilte zu der ersten Angriffsreihe, ohne sich vorher zu vergewissern, ob Beregorst noch in der Nähe war. Sollte dieser Ehebrecher doch verrotten in der Wüste!
Nach wenigen Schritten erreichte Imrahil schon seinen ersten Gegner, den er mit einem schnellen Schwerthieb niederstreckte. Er kreuzte die Klinge mit einem weiteren Haradrim und stieß diesen von sich weg. Schnell wurden die Gegner mehr und die Kämpfe härter, doch glücklicherweise hatten die Haradrim keine der Königsskorpione mitgenommen.
Plötzlich wurde es jedoch still, und alle seine Gegner blickten ungläubig in die Richtung des ersten Schiffes der Korsarenflotte. Imrahil konnte nicht verstehen, was los war, und blickte ebenfalls dorthin. Der alte Mann in den blauen Gewändern und Radagast der Braune standen sich soeben gegenüber. Beide hatten ihre Holzstäbe drohend erhoben, und Radagast hielt noch in einer Hand sein Schwert. Doch anstatt mit seinem Schwert auf den Mann mit dem blauen Hut einzuschlagen, stieß er seinen Stab ruckartig nach Vorne. Obwohl der braune Zauberer seinen Gegner nicht berührte, stieß es ihn ruckartig nach Hinten, als sei er vom Hieb eines Trolls getroffen worden.
Auf dem Boden liegend, erhob der blau gekledete Mann ebenfalls seinen Stab, und auch Radagast wurde von einem unsichtbaren Hieb getroffen. Dieser andere Mann musste auch ein Zauberer sein, so wie Radagast!
Der blaue Zauberer rappelte sich auf und ließ seinen Stab über seinem Kopf kreisen. Imrahil spürte einen starken Luftzug, und plötzlich bildete sich eine Art Wirbelsturm, der Radagast mitriss. Was war hier nur los? Imrahil fragte sich wirklich, ob er nicht doch träumte.
Einen Moment später hatte sich der Sturm wieder aufgelöst, Radagast wurde gegen ein Korsarenschiff geschleudert und fiel ins Wasser.
Einige Herzschläge lang hielt noch die gespannte Stimmung an. Radagast hatte verloren! Jetzt mussten sie schnell handeln!
Während er mit einem Schwerthieb einem Haradrim den Kopf vom Hals trennte, rief er: „Kämpft!“
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #38 am: 31. Mai 2008, 10:14 »
Schatten in der dunklen Stadt:

Ulfgûl war schon seit Tagen nicht mehr zurückgekehrt, doch das war Khamûl egal. Was den Nazgûl mehr beunruhigte war, dass Saurons Mund einfach nicht den Angriff auf Minas Tirith wagen wollte. Die Orks hatten schon an die zwanzig Katapulte gebaut, und unzählige Belagerungsleitern fertig gestellt, doch immer wieder zögerte Saurons Mund den Angriff unter irgendeinem Vorwand hinaus. Khamûl verstand die Gedankengänge des Menschen nicht mehr. Zuerst wollte er die Tochter von König Ulfang lebend ziehen lassen, und nun wagte er es nicht, das schlecht bemannte Minas Tirith anzugreifen. Schon bei der Ankunft in Minas Morgul hatte Khamûl Hurgûl losgeschickt, um die Umgebung auszuspähen. Überlebende aus Dagorlad hatten Königin Arwen gewarnt, und sie hatte die Bauern aus den umliegenden Gehöften in die Stadt rufen lassen. Je länger Saurons Mund den Menschen Gondors die Zeit gäbe, sich zu sammeln, umso heftiger würde ihr Widerstand sein!
Wütend wandte Khamûl sich um. Hurgûl befand sich in seiner Nähe, so wie jedes Mal, wenn er nichts zu tun hatte. „Suche Boltan!“, befahl er der versklavten Seele des Fürsten von Dagorlad. Sofort glitt dieser an ihm vorbei, um seinen Befehl auszuführen. Solche versklavten Seelen waren immer die besten Diener, und Khamûl hatte sich ihrer immer gerne bedient. Mit dem Sturz Saurons waren jedoch alle ehemaligen versklavten Seelen so verblasst, dass sie zu nichts mehr imstande waren, und man sie nicht mehr aufspüren konnte, nicht einmal, wenn man selbst so ein Geisterwesen war, wie Khamûl.
Die meisten anderen Nazgûl waren ebenso wie Hurgûl gewesen, dachte Khamûl belustigt. Willenlos und ohne Verstand, unfähig zu eigenständigen Handlungen. Bei ihm selbst und dem Hexenkönig war das anders gewesen. Obwohl Sauron auch Kontrolle über die beiden ergreifen hatte können, waren sie trotz ihrer Versklavung Wesen mit eigenem Denkvermögen geblieben. Durch die Überreste der Macht des Einen Ringes war Khamûl durch den Sturz Saurons nicht verblasst wie Nebel im Wind, so wie die anderen Nazgûl und versklavten Seelen, er war sogar noch mächtiger geworden als je zuvor. Noch war er von Saurons Mund abhängig, und der Mensch glaubte tatsächlich, ihn wie eine Marionette verwenden zu können. Er biltete sich ein, Khamûl wäre willensschwach, so wie es alle anderen Nazgûl gewesen waren! Er würde sich noch wundern, wenn Khamûl ihn dann endgültig beseitigen würde! Noch war dieser Tag jedoch nicht gekommen, es galt noch, ihn abzuwarten. Zuerst musste Minas Tirith fallen, und jetzt, wo König Elessar sich auf einem Kriegszug in Harad befand, war dies am Einfachtsen. Davon musste er nur noch Saurons Mund überzeugen, und dann wäre es endlich soweit...
Khamûl würde sie dann töten, Saurons Mund und Boltan, ebenso wie er es mit Ulfang gemacht hatte, und selbst zum Anführer des Heeres, nein, zum Herrscher über Gondor und Rhûn werden. Falls König Elessar jemals wieder aus Harad zurückkehren sollte, würde er sein Königreich mit Gewalt wiedererlangen müssen, was ihm jedoch nicht gelingen würde. Denn auch wenn Elessar es schaffen würde, Minas Tirith zurückzuerobern, dann würde er noch immer nicht über Khamûl triumphieren. Khamûls Pläne nahmen schier teuflische Ausmaße an, er konnte nämlich unter keinen Umständen verlieren. Sollte es dem König Gondors tatsächlich gelingen, Gondor zurückzugewinnen, so wäre sein Reich stark geschwächt, und Khamûl hätte immer noch die Möglichkeit, von Rhûn aus Angriffe auf Gondor zu führen. Ihm würde außerdem noch die Möglichkeit offen stehen, sich mit den Kreaturen aus Moria zu verbünden, also würde Gondor früher oder später von der Übermacht seiner Feinde erschlagen werden.
Doch um all seine Pläne zu verwirklichen, musste Khamûl erst einmal Minas Tirith einnehmen! Daher setzte er sich sofort in Bewegung, um Saurons Mund in der Zitadelle von Minas Morgul aufzusuchen. Dies war ein halb verfallener Turm, der zur Zeit von Saurons Herrschaft noch von dunkler Magie umgeben  war. Khamûl erinnerte sich noch daran, wie der Hexenkönig den Zauber um die Zitadelle gelegt hatte, sodass Minas Ithil, wie es damals geheißen hatte, auf ewig ein Ort der Dunkelheit sein sollte. Auch wenn dieser Zauber nicht mehr direkt zu spüren war, hatte er Wirkung behalten. Die Menschen Gondors hatten es nicht gewagt, die schwarze Stadt erneut zu besiedeln, sondern hatten sie halb verfallen stehen lassen.
Minas Morgul war das dunkle Gegenbild von Minas Tirith, beide Städte waren an gegenüberliegenden Gebirgen gebaut, mit neun Verteidigungsringen. Minas Tirith war unüberwindbar, hieß es. Vor tausend Jahren hatte man dies über Minas Ithil gesagt, und dennoch war es von einem Heer aus Dol Guldur erobert worden, weil es zu schlecht bemannt gewesen war. Dasselbe würde mit Minas Tirith passieren!
Er passierte gerade das Tor zum siebten Mauerring, als ihm eine Idee kam: Er könnte nach der Eroberung Minas Tiriths Königin Arwen, anstatt sie zu töten, gewaltsam zu seiner Frau machen. Laut Hurgûl erwartete sie einen Sohn, und wenn Khamûl diesen erst einmal unter seiner Kontrolle hatte, so könnte er ohne große Kriege der Herrscher über Gondor werden. Khamûl blieb stehen und krallte seine goldenen Handschuhe in die schwarzen Zinnen, um seinen Plan reifen lassen zu können.
Würde er dem Prinzen von Gondor ein Lehrmeister sein, dessen Vertrauen gewinnen und ihm ein Freund sein, so könnte er, auch wenn König Elessar es schaffen sollte, Gondor zurück zu erobern, nach dessem Tod der Berater des Prinzen werden, und ihn als Marionette benutzen, um seine eigenen Ziele zu verwirklichen.
Khamûl spürte Hurgûl in seiner Nähe. Der Geist flüsterte ihm zu, wo Bolten zu finden war. Für den Nazgûl war eines klar: Wenn er wenigstens vorübergehend Boltans Vertrauen gewinnen könnte, so wäre es ihm bestimmt leichter, Saurons Mund von einem schnellen Angriff auf Minas Tirith zu überreden.
Noch immer waren seine Pläne unüberwindbar. Nur eine enorm schlechte Wendung des Schicksals könnte ihm noch alles umwerfen. So schlecht würde es jedoch sicherlich nicht kommen...
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Re: Aus den Schatten in den Schatten
« Antwort #39 am: 1. Jun 2008, 11:02 »
Orkliebe:

Boltan lag nackt in seinem Schlaflager, eine ebenfalls nackte Orkfrau an seiner Seite. Die einfachen Wolldecken, auf denen sie lage, waren nass und rochen stark nach Schweiß, welchen die Beiden in der letzten Nacht abgegeben hatten. Jedes Mal wieder war eine Liebesnacht ein neues Erlebnis für ihn, und die Orkfrauen behaupteten, noch beherrsche er es nicht vollständig. Allein das Gute Gefühl dabei war es schon wert, so etwas zu wiederholen, und mit jedem Mal verbesserte sich nicht nur er den Frauen gegenüber, sondern er wurde auch jedes Mal von einem stärkeren Lustgefühl durchströmt, wenn er es tat. Er konnte sich gar nicht mehr vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn er nie auf Orkfrauen getroffen wäre. Sein Geschlechtsteil wäre wohl vollständig verkümmert, und sein Leben wäre um eine Freude ärmer gewesen.
Wie viele Orks waren wohl so geboren worden wie er selbst, aus einer Grube entstiegen, sofort erwachsen, und ohne Orkfrauen. Wie viele von ihnen waren gestorben, ohne je die Freuden der Liebe erlebt zu haben, wie viele hunderte? Und warum hatte Saurons Mund keine Orkfrauen gezüchtet?
Boltan wandte sich zur Orkfrau, die zu seiner Linken lag. Ihr Name war Shilivia, sie war wunderschön und schien noch zu schlafen. Unter allen Orkfrauen, mit denen Boltan bis jetzt eine Liebesnacht gehabt hatte, war sie ihm am Liebsten gewesen. Ihr Gesicht wirkte trotz ihrer spitzen Zähne friedlich, und war mit einem Lächeln eingeschlafen, was sie noch schöner erscheinen ließ. Ihre Brüste zeichneten sich leicht unter der Decke ab. Dies war wohl der größte Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Orks, die Brüste.
Boltan beschloss, Shilivia nicht aufzuwecken, und erhob sich langsam aus dem Nachtlager. Er bewohnte ein halb verfallenes Haus im dritten Verteidigungsring von Minas Morgul. Diese Stadt hatte doch tatsächlich neun Verteidigungsringe! Wie viele Einwohner sie wohl beherbergen könnte? Boltan war sich sicher, dass die Stadt wieder aufgebaut werden würde, wenn der Kriegszug von Saurons Mund erst einmal erfolgreich abgeschlossen war. Es ließ sich gerade noch aushalten in den Häusern, die teilweise schon beinahe in sich zusammengestürzt waren. Diese Stadt würde einmal nur so florieren vor Orks, die geschäftig verschiedensten Handwerken nachgehen würden. In Friedenszeiten würde Minas Morgul bestimmt ein Ort für die Orks werden, in dem sie sich anderen Tätigkeiten als der Kriegsführung widmen könnten.
Nun war Boltan auf den Beinen und ging sofort hinüber zu seiner Kleidung. Um die Zeit bis zum Angriff auf die weiße Stadt nicht ungenützt verstreichen zu lassen, gab er immer wieder Fechtstunden. Sogar einige der Halborks nahmen dieses Angebot an, um nicht von Unûar herumkommandiert zu werden. Boltan lächelte. Wahrscheinlich ließ der aufgeblasene Halbork die Wut über seine Niederlage an seinen kleinen Arbeitern, die mit dem Bauen von Katapulten beschäftigt waren, aus. Schnell schlüpfte er in sein Hemd. Hoffentlich hatte überhaupt jemand erfahren, dass er Unûar besiegt hatte!
Plötzlich, während er sich sein Kettenhemd überstreifen wollte, spürte Boltan ein unangenehmes Kribbeln in seinem Bauch. Dieses Gefühl suchte ihn nur sehr selten heim, es war die Angst. Sein Herz begann zu rasen, seine Hände zitterten, und er konnte sich keinen Zentimeter weit rühren. Schon hörte er, wie die Tür zu seinem Haus geöffnet wurde. Das war mit Sicherheit Khamûl!
„Lass dich nicht unterkriegen von der Furcht!“, ermahnte er sich selbst in Gedanken: „Er will doch nur, dass du Angst vor ihm hast!“ Schon ertönte hinter ihm, wie er es befürchtet hatte, die Stimme des Geistes. Khamûl flüsterte beinahe, aber dennoch wirkten seine Worte mindestens ebenso bedrohlich, als würde er jemanden anschreien: „Wir geben uns also der Liebe hin, Fechtmeister? Wollt Ihr nicht lieber eurem eigentlichen Handwerk nachgehen, und endlich wieder kämpfen?“
Einen Moment lang blieb Boltan noch von Khamûl abgewandt und sammelte sich, um nicht beim nächsten Blick des Geistes zusammen zu zucken, so wie jedes Mal. Dann drehte er sich langsam Khamûl zu, sah ihm direkt in die Augen, und antwortete ihm mit fester Stimme: „Worauf wollt Ihr hinaus, Feldherr?“ Er spürte direkt, wie ihn der Geist mit seinen tödlichen Blicken musterte, doch er hiel stand. Ihm schien es beinahe so, als verforme sich die goldene Maske Khamûls zu einem Grausamen Lächeln, als dieser antwortete: „Ich bin kein Mann der großen Worte, also rede ich nicht lange drumherum...“
Eine kurze Pause, die dem Ork jedoch unendlich lange vorkam, da er von den Blicken Khamûls schier festgenagelt war, trat ein, bis dieser endlich weitersprach: „Die Warterei ist mir schon zu lange. Wenn wir noch länger zögern, dann werden sich die Menschen in Minas Tirith zu sehr gesammelt haben, und dann ist es zu spät, die Stadt noch zu erobern. Wir müssen Saurons Mund dazu überreden, den Angriff sofort zu starten!“
Die Argumente des Geistes klangen einleuchtend, doch Boltan glaubte, er verfolge einen Hintergrundgedanken, daher erwiderte er ihm: „Reden wir klar: Was springt für mich dabei raus, und was erhoffst du dir?“
„Ich erhoffe mir, dass unser Beider Meister zum Herrscher über die Menschen Gondors wird, und du wirst sein oberster Feldherr sein!“
Jetzt war der Ork ein wenig verwirrt. Er sprach seine Gedanken sofort aus: „Ihr werdet doch bestimmt auch Etwas haben wollen, Feldherr!“
„Ich werde die Herrschaft über das Königreich Rhûn, dessen rechtmäßiger König ich bin, erhalten! Durch meine Dienste unserem Meister gegenüber wird mein Reich mit dem von Saurons Mund eng verbunden sein, und gemeinsam werden unsere Reiche dereinst alle Menschen beherrschen!“
Noch immer war ihm nicht alles klar. War dieser Geist etwa vor seinem Tod der König von Rhûn gewesen? Bestimmt war ihm nur die Herrschaft über Rhûn nicht genug, und er würde auch nach dem Reich von Saurons Mund trachten, doch auch Boltan wollte einen Angriff auf die weiße Stadt starten, deshalb fragte er nicht, was ihm direkt auf der Zunge lag, sondern nickte nur kurz und sagte: „Ich werde gemeinsam mit Euch versuchen, unseren Meister von einem Angriff zu überzeugen. Lasst mich nur zuerst meine Kleidung anlegen, denn ich will nicht nackt vor Saurons Mund treten.“
Schnell wandte sich Boltan ab und legte seine Gewänder an. Als er zu guter Letzt seine Axt an der Lederschlaufe umgehängt hatte und sich umwandte, sah er, wie Khamûl sich über Shilivia beugte. Noch während er sich fragte, was der Geist wohl mit ihr vorhatte, berührte dieser sie, worauf sie im Schlaf zusammenzuckte, jedoch nicht aufwachte. Als sich Khamûl wieder Boltan zuwandte, sagte er tonlos: „Sie wird von dieser Nacht ein Kind erhalten.“
Woher wollte dieser Geist das denn wissen? War er etwa Hellseher? Boltan verkniff sich die Frage und sagte knapp: „Gehen wir.“
Für solche Fragen gab es später auch noch Zeit.
Vorsicht Männer! - Alles auf die Knie!
Die Hexen kommen - Stark wie nie!
Vorsicht Männer! - Gebet Acht!
Ab heute Nacht ist jede Nacht Walpurgisnacht!

- EAV: Die Hexen kommen