Ah, grandioser Unsinn
Die südamerikanischen Hochkulturen haben ein paar äußerst intelligente Riten durchgeführt, zum Beispiel jedes Jahr ein paar hundert der schönsten Kinder ihren Sonnengöttern zu opfern. Generell haben sie ihre religiösen Vorstellungen mit großem Enthusiasmus dazu genutzt, auf Steinpyramiden Menschen in Stücke zu schneiden, zu verbrennen oder auf andere kreative Art und Weise umzubringen. Kannibalismus kam auch hin und wieder vor. Allem in allem haben sie jeden erdenklichen Blödsinn geglaubt, was in der menschlichen Geschichte nicht sonderlich ungewöhnlich ist. Zu behaupten, sie hätten sich in allem geirrt (wir kommen zum Beispiel ganz gut ohne das Kinderopfern zurecht, seltsamerweise) AUSSER in ihrer "Astronomie", die nicht minder erstaunlich ist als ihre anderen Überzeugungen, halte ich nicht für sinnvoll: mit genügend Glauben und Größenwahn könnte man jeder möglichen abstrusen Idee besondere Bedeutung als kosmisches Prinzip zuschreiben.
Und dazu auch noch die nette Aussage, ihre Astronomie wäre eventuell sogar unserer heutigen überlegen... Ich glaube gern, dass sie uns was Astrologie anbelangt in den Schatten stellen konnten, aber Astronomie ist leider etwas schwieriger. Von unserem heutigen Beobachtungshorizont hätten die ziviliserten Indianer von damals nur träumen können. Das einzige, was sie beobachten konnten, waren Planetenbewegungen und eventuell den ein oder anderen Kometen. Von den Sternen und der Sonne dürften sie bei ihren Messungen nicht viel relevantes und zuverlässiges erfahren haben können.
Die Bewegungen der Planeten können wir mit Newton ohne weiteres auf 10 Milliarden Jahre vorrausberechnen, ohne dass uns dabei Messungenauigkeitsfehler in die Quere kommen. Keiner der Planeten wird uns wohl in den nächsten drei Jahren etwas antun.
Was könnte also sonst noch eine absolut fatale Flutwelle auslösen? Ein Asteroid, der Kurs auf die Erde hält? Da die im Sonnensystem enthaltenen Asteroiden und Meteoriden schon seit einer Weile auf ihren Bahnen um bestimmte Himmelskörper eingependelt sind, müsste ein solcher Felsbrocken, der plötzlich auftaucht von außerhalb des Sonnensystems kommen. Und da zwischen den Sonnensystemen nicht allzu viel Materie unterwegs ist, müsste er aus einem anderen Sternensystem kommen. Er hätte also schon zahlreiche Lichtjahre hinter sich gebracht. Alles schön und gut, aber wieso sollten wir einen fetten Asteroiden, der schon in drei
Jahren bei uns ankommt, nicht langsam mal mit unseren Teleskopen bemerken? Asteroiden sind ziemlich langsam, verglichen mit dem Licht. Wenn wir gerade zufällig in die richtige Richtung sehen, können wir ihn auch schon auf große Entfernung hinweg bemerken. Und weil er so langsam ist, dürften wir ihn zufälligerweise schon eine Weile bevor er ankommt bemerken.
Und selbst wenn wir von einem Asteroiden übertölpelt werden würden, heißt das noch nicht, dass die Mayas davon Ahnung gehabt haben könnten. Wenn man Planetenbewegunen beobachtet, kann man nichts von Asteroiden von außerhalb des Sonnensystems ahnen. Außerdem war von einem großen Stein, der vom Himmel fällt, ja nicht die Rede.
Die Sonnenzyklen sollen uns vernichten - also vieleicht eine gewaltige Protuberanz?
Hier greift wieder das Arument, dass das Sonnenkilma nicht so einfach zu beobachten und vorherzusagen ist. Das Beobachten kriegen wir mitlerweile recht gut hin, aber um das, was die Sonne macht, Jahrhunderte im Vorraus zu berechnen, fehlen uns die notwendigen Messysteme. Was wir mit Sateliten und tonnenschweren Mega-rechnern nicht schaffen, schafft auch keine poststeinzeitliche Hochkultur, so viele Kinder sie auch opfert.
Und das ist noch nicht alles: Die Mayas haben die französische Revolution mit folgenden Hinweisen vorrausgesagt: "Es wird ungefähr da politische Unruhen geben." (sinngemäß). Toll. Es gibt IMMER politische Unruhen. Das mal 30 Jahre lang Friede-Freude-Eierkuchen herrscht, ist nur in lokal stark begrenztem Rahmen möglich. Und jetzt kommen sie mit "genau am 21.12.2012 geht die Welt unter, weil wir alle ertrinken". Fein. Warum? Weil die Sonne, deren Bobachtung durch das Wetter massiv verfälscht wird, laut Mayas, die vom Boden aus mit rein mechanischen Instrumenten beobachtet haben, gewisse Zyklen durchläuft, die in diesem Ereignis münden.
Und dann haben sie auch noch ihren eigenen Untergang vorhergesagt? Nein! Die südamerikanischen Hochkulturen glaubten unglücklicherweise in bestimmten Prophezeiungen an mächtige, weiße Gestalten, die mit einem Blitz töten konnten, die zu ihnen kommen und ihnen Heil bringen würden. Anschließend kamen vergleichsweise weißhäutige Spanier mit ihren Gewehren, sahen verblüfft auf die voller Erfurcht am Boden kriechenden Menschen und schlugen zu. Natürlich erwartete sie nicht überall der gleiche Empfang, religiöse Überzeugungen schwappen unkontrolliert umher und setzen sich an unterschiedlichen Orten fest. Aber einmal angenommen, sie hätten den Tag ihres Untergangs vorausberechnet, waren auf alles gefasst. Dann kommen mörderische, unglaublich mächtige Soldaten aus einem fernen Land und die Mayas, Inkas und Azteken handeln mit ihnen und beschenken sie mit ihrem Vertrauen. Oh, bestimmte Mayas haben auch in einigen Fällen den spanischen Eroberern Drogen angeboten und sie während ihres Rausches verspeißt, was die Spanier nicht gern gesehen haben. Ich bezweifle allerdings, ob das wirklich eine ernste, vorbereitete Abwehrreaktion gegen die Eindringle war.
Allem in allem ist es mit diesen Vorhersagen, die die Mayas angeblich getroffen haben sollen, nicht sehr weit her - ihre Glaubwürdigkeit scheitert an inneren logischen Fehlern und dem Fehlen von grundsätzlichen Vorraussetzungen. Leuten, die solchen Weltuntergangsprohezeiun
gen vorbehaltlos und ohne weitere Recherchen glauben, sollte man eigentlich mal die technischen Errungenschaften abnehmen und sehen, wie sie durch Kinderopferungen an ihr E-mail-postfach kommen. Ich bin aber optimistisch, dass diese Unaufgeklärtheit im Begriff ist, auf einige wenige Irre zurückzuschrumpfen. Allein schon durch die relativ seriöse Schulbildung, die jeder hinter sich zu bringen hat, wird ein Großteil des Aberglaubens ausgemerzt, und dafür bin ich richtig dankbar.
Einen schönen restlichen nachmittag allerseits, la-la-la-lasst euch nicht verarschen
MfG,
euer
Hata