Hallo Community und hallo Edain-Team,
ich verfolge die Edain-Mod schon seit langem (seit Version 3.1 glaube ich), habe früher auch öfters in den Foren hier geschrieben und habe stets die exakte Umsetzung der Vorlage, die Liebe zum Detail und die unfassbare Perfektion eurer Arbeit bewundert.
Ich habe in den Updates zur Version 4.0 gelesen, dass das Wirtschaftssystem, das Bausystem und das Einheiten-Kontersystem, also im Prinzip die grundlegenden Mechaniken des Spiels überarbeitet werden sollen. Da mir das meiste davon noch nicht in Stein gemeißelt zu sein schien und ich gerade so wie so nichts zu tun hatte, habe ich mir einige Gedanken gemacht in der Hoffnung, ich könnte euch vielleicht die eine oder andere Anregung liefern.
Ich bin das ganze von einer Spieldesign-Perspektive aus angegangen und habe vor allem die Verbesserung der Art und Weise, wie gespielt wird, in den Vordergrund gestellt.
Nicht erschrecken, der Post ist recht lang
Zunächst drei Dinge vorab:
Erstens habe ich SuM2 nie in wirklich großem Maße oder auf hohem Niveau im Multiplayer gespielt und bin nicht mehr allen Neuerungen und Feinheiten der aktuellen Version der Mod vertraut; es kann also durchaus sein, dass viele meiner Eindrücke nicht mehr aktuell oder schlichtweg falsch sind. Ich behaupte außerdem keinesfalls, dass die von mir hier erläuterten Dinge alle korrekt sind. Der größte Teil davon ist lediglich Theorie und ich habe keine Ahnung ob alles praktikabel ist.
Zweitens habe ich nie SuM1 gespielt, ich habe also keine Erfahrung mit dem Bausystem des Vorgängers.
Und drittens bin ich ein großer Fan von Blizzard's Starcraft-Reihe, weshalb ich es mir ab und zu nicht verkneifen konnte, Quervergleiche zu Brood War oder auch Starcraft 2 zu ziehen.
1. WirtschaftAktuelle Probleme:Prinzipiell fand ich die Wirtschaft von SuM 2, wie ihr ja anscheinend auch, immer schon recht langweilig. Der Aufbau der Wirtschaft ist sehr einfach gehalten, indem man einfach ein Gebäude platziert, das dann konstant und unendlich lange Ressourcen produziert. Durch den Gehöftradius wird man zwar gezwungen, die Farmen immer weiter weg zu platzieren und zu expandieren, aber dieser Zwang scheint zu gering, als dass er den Kampf um Platz für Ressourcenabbau zu einem zentralen Gegenstand des Spiels machen könnte.
Ich denke, ein grundlegendes Problem ist, dass eine wichtiger Grundsatz des RTS-Genres bei SuM2 und auch bei Edain nicht stark genug ausgeprägt ist: nämlich dass jemand, der für längere Zeit eine bessere Wirtschaft besitzt als sein Gegner, bei ansonsten gleichen Fähigkeiten in den allermeisten Fällen den Sieg davontragen sollte. Dies muss nicht für alle Völker/Match-Ups gelten und natürlich ist es auch bei Edain so, dass jemand, der nur fünf Gehöfte hat, gegen jemanden mit fünfzehn auf lange Sicht wenig Chancen haben wird. Doch denke ich, dass ab einer gewissen Zahl an Gehöften die Frage, ob der Gegner mehr Ressourcengebäude hat als man selbst, nur noch von geringer Bedeutung ist. Diese Art von Limit ist zunächst ganz normal und nicht unbedingt etwas Schlechtes, sonst würde das Spiel zu einem Wettbauen von Wirtschaftsgebäuden ausarten. Das Problem besteht darin, dass diese Zahl an Gehöften auf eine Fläche passt, die sich noch vergleichsweise komfortabel verteidigen lässt und darin, dass die Anzahl der von einer Fläche produzierten Rohstoffe zeitunabhängig ist und sich sogar durch das Leveln der Farmen noch steigert. Dadurch wird der Anreiz, über einen bestimmten Punkt hinaus zu expandieren, zu gering und es ist für den Spieler sinnvoller, in die dauerhafte Verteidigung dieses Gebietes zu investieren. Nur so kann "Bunkern" überhaupt zu einer sinnvollen Strategie werden.
Zu der relativ geringen Rolle der Wirtschaft im Spiel trägt zudem bei, dass im Lategame im Prinzip kein Nachteil darin besteht, alles mit Ressourcengebäuden vollzupflastern, wodurch das Zerstören von Farmen durch den Gegner in dieser Phase kaum noch ins Gewicht fällt. Zwar hat Harassment durchaus seinen Platz während des Early- bis Midgames, aber es wird mit fortschreitender Zeit immer weniger effektiv.
Eure Lösung: wieso sie gut ist und wo noch Potential wäre:Ihr habt euch dazu entschieden, das System aus SuM1 wieder einzubauen, wo man feste Bauplätze für Wirtschaftsgebäude hatte. Zunächst kann ich dieser Entscheidung umfassend zustimmen. Durch die Freiheit, die Bauplätze auf der Map zu positionieren, könnt ihr plötzlich viel, viel besser kontrollieren, wie schnell die Wirtschaft wachsen soll und wie schnell man gezwungen ist, zu expandieren. Solltet ihr zum Beispiel merken, dass zu viel gebunkert wird, könnt ihr die Bauplätze weiter auseinander platzieren, um das Spiel offener zu gestalten.
Ich denke, ganz entscheidend für das Gelingen dieses Systems wird die Art und Weise sein, auf die ihr die Bauplätze in die Maps integriert. Ich glaube nicht, dass es ausreichen wird, sie auf den bisherigen Maps quasi ohne Änderungen zu verteilen, oder es wird zumindest nicht so effektiv sein. Ihr solltet die Chance nutzen und in Erwägung ziehen, einige Maps, rein für den Multiplayer und speziell auf das neue Wirtschaftssystem zugeschnitten, von Grund auf neu zu erstellen. Ein Multiplayer-Strategiespiel steht und fällt mit seinen Maps.
Zum Beispiel wird Starcraft: Brood War bekanntermaßen nachgesagt, es besäße eine perfekte Balance zwischen den drei Rassen. Dies wird meist dem guten Spieldesign und den Balance-Patches von Blizzards erfahrenem Entwicklerteam zugeschrieben. Was dagegen weniger bekannt ist, ist die Tatsache, dass der letzte Patch mit größeren Balance-Änderungen für Brood War gerade einmal 2001 herauskam (also eineinhalb Jahre nach Release) und sämtliche späteren Schwankungen in der Balance und Entwicklungen im Metagame, die innerhalb der letzten 10 Jahre doch enorm waren, allein durch die Entwicklung neuer Maps ausbalanciert wurden.
Der Effekt von Maps auf die Balance und das Spielgeschehen im Allgemeinen wird oftmals extrem unterschätzt. Bitte versteht mich nicht falsch, ich möchte auf keinen Fall ausdrücken, dass die momentan in der Mod enthaltenen Maps in irgend einer Weise schlecht seien, oder dass ich es gar besser machen könnte. Ich denke lediglich, dass das Bauplatzsystem von neuen, speziell darauf zugeschnittenen, Maps extrem profitieren könnte. Bis jetzt sind die meisten Maps doch fast nahezu auf einem Höhenniveau und relativ offen, damit das Platzieren der bisherigen Gehöfte nicht zur Qual wird. Mit dem neuen (alten) System könnten die Maps deutlich enger gestaltet und unterschiedliche Höhenniveaus besser eingesetzt werden, ohne dass befürchtet werden muss, dass man keine Gehöfte mehr platzieren kann. Ich weiß natürlich nicht, inwiefern solches Balancing für SuM2 funktionieren könnte oder ob es probiert würde, aber es könnte sich definitiv lohnen, neue Dinge in dieser Richtung zu probieren.
Ich denke auch, dass in den Maps eventuell der Schlüssel zu der Debatte liegen könnte, die schon immer ein bisschen in den Foren hier geschwelt hat, nämlich dem Konflikt zwischen Single- und Multiplayerspielern. Man könnte einige Maps machen, die speziell auf gut ausbalancierte Multiplayerspiele ausgelegt sind und andere eher für Singleplayerspieler, die erstmal in Ruhe aufbauen wollen und dann möglichst große Armeen in epischen Schlachten aufeinander treffen lassen. Der Unterschied zwischen diesen Maps läge dann vor allem in der Verteilung der Bauplätze, d.h. auf den MP-Maps wären die Bauplätze für die Gehöfte weiter auseinander, um Bunkern zu verhindern und die Bedeutung einer guten Wirtschaft und von Harassment über das ganze Spiel hinweg hoch zu halten, während sie auf den SP-Maps eher dichter beieinander wären, um einen komfortablen Start zu gewährleisten.
Für die MP-Maps könnte das richtige Ausbalancieren dieser Bauplatzdichte möglicherweise recht schwierig werden. Sind die Bauplätze zu einfach zu erhalten, wird die Wirtschaft im LG wieder zur Nebensache und Harassment lohnt sich nicht mehr, sind sie zu weit entfernt ist es möglicherweise zu schwer eine gute Wirtschaft aufzubauen und man sieht die ganzen schönen Lategame-Einheiten der Mod nur selten. Eine Lösung hierfür könnte möglicherweise sein, dass ein Bauplatz für ein Gehöft nicht unendlich lange Rohstoffe liefert, sondern dass diese begrenzt sind (also x Rohstoffe pro Platz, die dann abgebaut werden). Dies macht zum einen logisch Sinn und zum anderen wird so ganz natürlich Bunkerstrategien oder zu passivem Spiel vorgebeugt ohne dass teure Lategame-Einheiten oder -Helden nur noch selten zu sehen sind. Auch könnte man dies für einige Maps, die eher auf Singleplayer ausgerichtet sind ausschalten.
Auch hätte dies zur Folge, dass das Ressourcenmanagement eine zusätzliche Tiefe bekäme und im späten LG, wenn die Rohstoffe langsam knapp werden und man auf die hart umkämpften Rohstoffplätze in der Mitte der Karte zurückgreifen muss, Harassment wieder zu einer sehr potenten Strategie wird.
2. BausystemAktuelle Probleme:Ihr habt vor allem zwei Gründe dafür genannt, wieso ihr das Bausystem aus SuM1 wiedereingeführt habt, also das reine Bauen auf vorbestimmten Bauplätzen, die erobert werden müssen.
Der eine Grund war das Vorbeugen vor vielen Strategien, die auf eine Weise OP waren oder den Spielspaß zerstörten. Genannt wurden von euch hier das Proxyen (also das Bauen außerhalb der eigenen Basis in der Nähe des Gegners) von Verteidigungsstrukturen wie Türmen oder Mauern, das Bunkern mit vielen Verteidigungsanlagen auf engem Raum und das Bauen von Unterstützungsgebäuden direkt an der Front.
Der andere Grund war, dass ihr das Festungs- und Belagerungsfeeling aus SuM1 vermisst habt, das in SuM2 durch die Wahllosigkeit der Gebäudeplatzierung und das Fehlen einer Festungsmauer einfach nie so richtig aufkommen wollte.
Lösungsmöglichkeiten:Zunächst möchte ich noch einmal sagen, dass ich SuM1 nie gespielt habe und deshalb keine Bezugsmöglichkeit habe.
Ich denke, dass es relativ sicher ist, dass ihr mit eurer sehr drastischen Lösung die beiden oben genannten Ziele erreichen werdet. Die Frage ist nur: Zu welchem Preis? Mir persönlich erscheint ein komplettes System auf der Basis von festem Bauen sehr einschränkend in der Spielweise. Zwar wird ohne Frage das Balancing einfacher und die oben genannten Strategien können verhindert werden, allerdings beengt es einen gleichzeitig sehr und verhindert viele kreative Ideen zur Nutzung von Gebäuden und macht viele der einzigartigen, wundervollen Konzepte zu den Mechaniken der verschiedenen Völker wieder kaputt.
Ich plädiere für eine Mischlösung: Die Einführung der Festung um den Startplatz der Völker finde ich gut und ich erhoffe mir davon abwechslungsreichere Schlachten mit richtigem Filmfeeling, so wie wir das alle wollen. Auch die Einführung der festen Bauplätze für Ressourcengebäude finde ich sinnvoll wie oben ja bereits diskutiert. Außerhalb der Festung jedoch würde ich mir wünschen, dass das freie Bauen bestehen bleibt. Dies würde bedeuten, dass die bisherigen Mechaniken für Völker wie Isengard oder Lothlorien bestehen bleiben könnten und dass weiterhin der Kreativität der Spieler freien Lauf gelassen wird.
Was die genannten OP-Strategien angeht: Ich bin bei Weitem kein Experte, aber sind sie wirklich OP? Türme und Mauern in der Nähe des Gegners zu bauen ist eine große Investition und ich hätte gedacht, dass man mit einer guten Antwort darauf, eine solche Strategie recht problemlos abwehren könnte und dann eher vorne wäre.
Der Schlüssel zur Lösung des Bunker-Problems liegt ganz einfach in der Wirtschaft und den Maps. Investiert der Gegner viel in Defensive für einen kleinen Bereich, so sollte bei einem funktionierenden Wirtschaftssystem dazu in der Lage sein, die restliche Karte in Besitz zu nehmen und ihn schließlich mit schierer Masse überwältigen können. Um quälend lange und nervige Verteidigungskriege zu vermeiden, könnte oben ausgeführter Vorschlag der Abschaffung der unendlichen Ressourcenprodunktion helfen. Außerdem könnten Maps mit mehr Wegen zum Gegner dabei helfen, dessen Verteidigungsanlagen zu umgehen und ein offeneres Spiel zu fördern.
Auch die Wirkung von Unterstützungsgebäuden wie Brunnen und Heldenstatuen an der Front sollte sich einfacher abschwächen lassen als durch das komplette Umkrempeln des Bausystems. Entweder könnte man einführen, dass Einheiten erst nach x Sekunden, in denen sie weder angegriffen wurden noch selbst angegriffen haben, geheilt werden oder an den Zahlen etwas ändern.
3. Einheiten-KontersystemDisclaimer:Mit diesem Abschnitt war ich eigentlich nicht wirklich zufrieden, da ich ihn sehr allgemein halten musste, da ihr noch nicht gesagt habt, wie weit ihr bei dem Redesign des Kontersystems gehen wollt und aus was es genau bestehen soll. Mir ist auch bewusst, dass zum einen sogar so begnadeten Moddern wie euch von der Spielengine gewisse Limits gesetzt werden und dass zum anderen das, was dieser Abschnitt implizit vorschlägt, die komplette Überholung sämtlicher Einheiten wäre und dass dies natürlich nicht passieren wird. Trotz allem habe ich den Abschnitt nicht gestrichen, wer weiß, vielleicht ist er ja doch zu etwas nütze.
Aktuelles Problem:Es ist die allerwichtigste Regel beim Einheitendesign in RTS-Spielen, dass jede Einheit neben einer Stärke auch eine Schwäche hat. EA hat es sich bei SuM dabei recht einfach gemacht und alles in einem Schere-Stein-Papier-System angelegt, in dem jeder Einheitentyp einen anderen kontert und von einem anderen gekontert wird. Dies sieht im Moment folgendermaßen aus:
Schwertkämpfer kontern Lanzenträger, werden von Bogenschütze gekontert
Bogenschützen kontern Infanterie, werden von Kavallerie gekontert
Kavallerie kontert Bogenschützen, wird von Lanzenträgern gekontert
Lanzenträger kontern Kavallerie, werden von Schwertkämpfern gekontert
Natürlich ist dies ein wenig vereinfacht dargestellt, da auch die Art der Panzerung (schwer oder leicht) und viele andere Dinge eine Rolle spielen. Trotzdem ist dieses Prinzip mehr oder weniger durchgängig angewandt. Diese recht simplen Zusammenhänge machen das Balancing sehr einfach, allerdings bekommt das Spiel dadurch viel weniger Tiefe als durch andere Systeme. Das liegt schlicht und einfach daran, dass es nicht sehr schwierig ist, auf das, was der Gegner tut zu reagieren. Baut er Lanzenträger baut man selbst Schwertkämpfer, baut er Bogenschützen baut man selbst Kavallerie usw. Man muss nicht gerade Auch kann dadurch das Earlygame zu einer Glückssache werden, da auch bei den verschiedenen Starts (also Reiter-Start, Bogi-Start etc.) ein Schere-Stein-Papier-Mechanismus besteht.
Vergleich zum Unitdesign von BW:Einheiten in BW hatten keine direkten Konterenheiten. Stattdessen hatten sie andere Schwächen. Entweder hatten sie zwar einen extrem starken AoE-Angriff und waren normal tanky, dafür aber sehr immobil (etwa Reaver, Lurker oder Tanks) oder sie hatten einen ordentlichen Angriff mit hoher DPS, waren sehr schnell, hielten dafür aber fast nichts aus (etwa Zerglinge, Hydras, Mutalisken, Marines, Vultures), oder aber sie waren sehr tanky, relativ mobil, hatten dafür aber keinen so guten Angriff wie vergleichbar teure Einheiten (eigentlich nur Dragoons). Darüber hinaus erlaubte fast jede Einheit ein unvergleichbar großes Micropotential. Die besten Spieler der Welt konnten aus Einheiten wie Mutalisken das bis zu 9-fache herausholen als ein 0815-Spieler. In Kämpfen von drei Zerglingen gegen drei konnten Spieler mit perfektem Micro 3 zu 0 gewinnen.
Dieses System ist selbstverständlich viel, viel schwerer zu balancen und kann, wenn es nicht ausgezeichnet ausbalanciert ist, sehr leicht nach hinten los gehen, aber es verleiht dem Spiel unvorstellbare Tiefe und erlaubt mehr Raum für Kreativität der Spieler.
Fazit:Mir ist natürlich bewusst, dass SuM2 und Starcraft so verschieden sind, wie zwei Spiele des selben Genres nur sein können. Trotzdem könntet ihr vielleicht das ein oder andere was Einheitendesign angeht von dort abschauen. D.h. das Kontersystem abschwächen und stattdessen Einheiten einbauen, die keine 1zu1-Kontereinheit haben, sondern eher durch andere Schwächen wie Mobilität ausbalanciert werden.
Soooo, ist doch sehr lang geraten.
Ich hoffe, ich konnte euch mit meinen umschweifigen Ausführungen hier vielleicht den ein oder anderen Denkimpuls liefern
Flash1