Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Lothlorien

Nordgrenze Lóriens / Furt der Nimrodel

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Eandril:
Oronêl, Celebithiel und Pallando mit der Elbenstreitmacht aus Caras Galadhon


Als Oronêl und Celebithiel die nördliche Grenze des Waldes erreichten, war die Sonne bereits aufgegangen.
An der Furt der Nimrodel herrschte rege, nahezu hektische Betriebsamkeit. Überall waren Elben damit beschäftigt, Barrikaden an der Furt zu errichten, oder behelfsmäßige Flets in den Bäumen zu befestigen, auf denen sich Bogenschützen postieren konnten. Trotz der Betriebsamkeit war Oronêl ein wenig überrascht, denn er hatte fast erwartet, mitten in eine Schlacht zu geraten.

"Oronêl, Celebithiel!", hörte er eine ihm bekannt vorkommende Stimme rufen, und tatsächlich kam ihnen Orophin mit einigen Grenzwächtern entgegen. "Es ist gut, dass ihr hier seid. Faendir und Antien werden ebenfalls bald eintreffen, aber was ist mit Amrûn? Wo ist er?"
"Amrûn... wird nach Westen fahren. Er wird nicht kommen.", brachte Oronêl mühsam heraus. Auf Orophins Gesicht zeichnete sich Betroffenheit ab. "Nun, dann wird unsere Aufgabe noch schwerer, als sie eigentlich schon ist. Auch von König Thranduil und der Herrin Galadriel haben wir noch nichts gehört, seit wir die Vorhut von Sarumans Heer entdeckt und die Hörner geblasen haben. Ich fürchte, viele werden nicht kommen, und wir werden nicht standhalten können."
"Es gibt noch immer Hoffnung", meinte Celebithiel, "doch sie wird immer schwächer."
"Oh, seht nur.", sagte Orophin plötzlich, "da kommt deine Tochter, Oronêl."

Oronêl fuhr herum und tatsächlich: Unter den Bäumen kam eine Schar Elben heran, mit Mithrellas an der Spitze und Ladion neben ihr. Er lief ihr entgegen, fasste sie an der Hand und fragte: "Was tust du hier? Es ist nicht sicher, hier zu sein!"
Sie schüttelte seine Hand ab und erwiderte: "Ich tue das selbe wie du. Ich werde um meine Heimat kämpfen und notfalls für sie sterben."
"Nein, ich bitte dich, tu mir das nicht an. Wenn ich heute hier fallen sollte, werde ich mit dem Gedanken sterben, dass du in Sicherheit bist. Ich möchte dich schützen!"
"Aber auch ich möchte meinen Teil zur Verteidigung dieses Landes leiste, Vater. Ich kann gut genug mit dem Bogen umgehen, um in der Schlacht von Nutzen zu sein!"
"Daran zweifle ich nicht, aber...", meinte Oronêl, wurde aber von Radagast, der plötzlich hinter einem Baum hervortrat, unterbrochen.
"Dein Vater hat Recht, Mithrellas. Es gibt einen Ort, an dem du mehr bewirken kannst. Geh nach Caras Galadhon, und überzeuge alle, die noch dort sind und keine Krieger sind, ihre Stadt zu verlassen und nach Süden zu fliehen, fort von Sarumans Horden, denn ich fürchte, wir werden ihn hier nicht aufhalten können."
Er hob die Stimme und fuhr fort: "Doch verzweifelt nicht, Elben des Goldenen Waldes, obwohl Saruman übermächtig erscheint. Noch mehr werden hierher kommen, und dann können wir Sarumans Horden aufhalten."

Vexor:
Celebithiels zierliche Hände tauchten tief in das klärende Wasser Nimrodels. Als die Tropfen ihr Gesicht benetzten fuhr eine starke Woge der Wehmut durch ihren Körper.

So ist er gekommen…der Tag an dem uns der Mut verlässt? An dem alles Schöne in Mittelerde zu Grunde geht und wir uns vor lauter Schmach und Schande in die hintersten Winkel dieser Welt zurückziehen müssen?

Der Wald lag in vollkommener Stille. Die Reinheit des Waldes schmerzte sie. Wie würde es sein, wenn Saruman und seine Schergen hier einfallen würden? Wenn die Frühjahrsblumen verwelken und die Bäume verdorren und die faulige Hand des Todes nach dem Herz des goldenen Waldes greifen wird.
Sie seufzte, während sie sich auf einem Stein niederließ und anfing ihr rotblondes Haar zu flechten. Die Abendsonne fiel wie ein Wasserfall durch die hohen Wipfel und tauchte den Quellfluss in schimmerndes Gold. Etwas blendete ihre smaragdenen Augen und sie erkannte Narya, leuchtend rot um ihren Hals. Ein schweres Lächeln huschte über ihre Lippen als sie an Gandalf dachte, der in Sicherheit bei Tom und Goldbeere im Alten Wald verweilte.

„Oh Celebithiel…silbergekrönte Elbenmaid…so nennt man dich jetzt nicht wahr?“, vernahm die Elbe den grausamen Hauch einer vertrauten Stimme. „Es war Gandalf Graurock, der dir diesen Namen gab, oder irre ich mich da?“
Das Mark gefror ihr in den Knochen ehe sie erkannte, wer da zu ihr sprach. Von einem eisigen Wind aus dem Westen wurden seine Worte getragen. Voller Hohn und Verachtung, wie an dem Tag in Isengart, als er Gandalf überfiel und zu alter Macht fand.
„Saru-man…?“, hauchte sie atemlos. Ein bellendes Lachen durchzog den frühen Abend und es schien fast so, als würde sich die Sonne vor Angst zurückziehen, denn Celebithiel saß nun in Dunkelheit.
„Flieh du wunderschöne Elbe! Flieh und rette dein bedauernswertes Leben…wen hast du denn noch? Mithrandir ist nur noch ein kriechender Schatten seiner selbst, der edle Heerführer Glorfindel wird bald das Schicksal aller Lebewesen Mittelerdes teilen…ebenso die vermaledeite Herrin des goldenes Waldes…sie wird mit ihren geliebten Wäldern brennen!“
Wieder dieses Bellen, welches Celebithiels Ohren quälte. Dennoch verließ sie nicht der Mut und instinktiv umklammerte sie Narya.
„Was willst du Saruman? Rache? Rache für deinen Verrat an deinem Auftrag? Verrat an der Welt, die zu beschützen geschworen hattest? Wirst du in diesem Leben nicht mehr für deine Taten zur Rechenschaft gezogen, so werden es die großen Herren in Valinor am Ende aller Zeiten für uns tun! Schon einmal wurdest du besiegt…es wird uns wieder gelingen! Wer von der Vergangenheit nicht lernt, muss verdammt sein sie zu wiederholen.“
Einen Moment schwieg der Wind und kein Lüftchen regte sich. Celebithiel war allein mit ihrem Herzschlag. Allein mit sich und dem Schall der Worte, der noch durch ihren Kopf geisterte.
„Dann sollst du verdammt sein, wie die anderen!“

Eandril:
Der Abend brach an, und die letzten goldenen Sonnenstrahlen berührten die Baumwipfel des Goldenen Waldes, als Oronêl eine Bewegung auf einer entfernten Hügelkuppe in Richtung des Tors von Moria zu sehen glaubte.
Und tatsächlich: Auf der Kuppe stand plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, eine weiße Gestalt, die auf einen Stab gestützt auf die Verteidiger Lothlóriens hinunter blickte.
"Saruman...", flüsterte Oronêl. Niemand außer ihm schien die Gestalt bemerkt zu haben, denn niemand blickte in ihre Richtung.
"Oronêl Galion...", wisperte eine Stimme. Er fuhr herum, doch da war niemand. "Ich habe schon einiges von dir gehört... Einen Nazgûl zu vernichten ist eine große Tat. Deine Familie muss stolz auf dich sein... wir wollen doch hoffen das ihnen nichts zustößt!"
"Du kannst mir nicht drohen, Saruman! Sie alle sind außerhalb deiner Richweite.", stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
"Bist du dir da so sicher?" Ein höhnisches Lachen. Die Sonne verschwand endgültig hinter den kalten, gleichgültigen Gipfel des Nebelgebirges. "Mein Arm reicht weiter, als du dir vorstellen kannst, kleiner Elb."

Und plötzlich waren die Hänge im Nordwesten schwarz von Gestalten, an ihrer Spitze der weiße Zauberer. Nun hatten auch die anderen Verteidiger die Ankunft ihres Feindes bemerkt, und doch rührten sich die wenigsten.
"Sieh meine Macht, Oronêl Galion von Lórien! Was könnt ihr dagegen aufbieten?"
Oronêl wollte antworten, wollte widersprechen, doch die Worte kamen nicht über seine Lippen.
"Warum müssen wir gegeneinander kämpfen, wenn ihr doch nicht siegen könnt? Wir haben einen gemeinsamen Feind: Sauron ist der wahre Feind, den wir zusammen bekämpfen sollten. Und das ist noch immer möglich, denn ich bin gnädig, auch jenen gegenüber, die sich mir widersetzen wollen.
Komm zu mir, Oronêl, dann werde ich das Leben deiner Tochter verschonen, und wir können gemeinsam kämpfen."
Die Worte erschienen Oronêl so klug und weise... er musste darauf hören, es war das richtige. Er machte einen Schritt vorwärts, und noch einen, und noch einen... Orophin blickte ihn verwundert an, als er an ihm vorbeikam... und dann fasste ihn jemand am Arm.
Er fuhr herum und wollte die Hand abschütteln, und er blickte Celebithiel kurz ins Gesicht.

Sie sollte mit mir kommen, dann wird auch sie überleben... Sie müssen alle mit mir kommen.

Er wollte etwas sagen, doch sie berührte seine Hand mit dem Ring den sie an einer Kette um den Hals trug, und plötzlich lichtete sich der Nebel in seinem Geist.
"Besser?", fragte sie nur, und er konnte nur nicken.

So leicht lässt man sich verführen... niemals hätte er Lórien verschont!

Oronêl wandte sich der feindlichen Armee zu. "Nun, Freund Oronêl? Was ist nun?", fragte die samtweiche Stimme wieder, doch plötzlich erschien sie ihm widerlich, wie Gift das zäh von der Spitze eines Dolches troff.
"Ich werde nicht kommen.", sagte er leise, "Und wenn ich dafür sterben muss: Ich werde mich dir niemals beugen!"
"Dann muss es wohl so sein, Oronêl Galion. Sei verdammt, und alles, was du liebst mit dir!"
Die weiße Gestalt hob ihren Stab, und die Armee der schwarzen Gestalten begann sich zu bewegen. Langsam, aber unaufhaltsam marschierte Sarumans Armee dem Saum des Goldenen Waldes entgegen.

Eandril:
Als der weiße Zauberer das Zeichen zum Vorrücken gab, kam plötzlich wieder Bewegung in die an der Furt versammelten Elben. Die Bogenschützen nahmen ihre Plätze auf den Flets auf den Bäumen am Flussufer ein, und die Nahkämpfer, von denen es nach Oronêls Meinung viel zu wenige gab, bildeten eine Reihe entlang der Furt.
Sarumans Horden verschwanden hinter einer Kuppe, nur um sofort wieder an ihrer Spitze zu erscheinen.
Oronêl packte Hatholdôr, die immer noch an seinem Gürtel befestigt war, und musste einen leichten Schwindel bekämpfen.
Es geschieht tatsächlich... Saruman greift den Goldenen Wald an.
Er spürte seine Hände feucht werden, und wandte sich noch einmal an Celebithiel, die neben ihm stand. "Ich bin froh, dass du hier bist.", sagte er. "Ich wünschte nur... ich wünschte nur Amrûn wäre auch noch bei uns." Sie lächelte ihn traurig an und erwiderte: "Ich ebenso, aber Amrûn hat seinen Weg gewählt. Eines Tages werden wir ihn wiedersehen, spätestens in Valinor."
"Und das tröstet mich. Dort werde ich sie eines Tages alle wiedersehen. Amdír, Amroth, meine Eltern, Calenwen, Amrûn... Deshalb habe ich keine Angst mehr, in dieser Schlacht zu fallen, zumindest nicht um mich selbst, denn ich fürchte eher um Lórinand... Lórien."
Sarumans Horde war nun nicht mehr weit entfernt, und inzwischen konnte man die Laute, die die Orks von sich gaben, hören.
Oronêl sah sich um, und stellte fest, dass sich inzwischen auch der blaue Zauberer Pallando zu der Schar der Verteidiger gesellt hatte. Dafür war Radagast verschwunden, und Oronêl glaubte auch zu wissen, warum: Radagast war nicht für eine Schlacht geschaffen, er war eher ein weiser Ratgeber und Freund der Natur, kein Krieger. Doch als er wieder auf die andere Seite der Furt blickte, sah er, dass Radagast ihnen doch noch einen Schutz hinterlassen hatte: Dort war der Boden von verschlungenen Ranken, die mit langen Spitzen Dornen besetzt waren, bedeckt.
Das würde Sarumans Orks zwar nicht lange aufhalten, aber es würde ihren Vormarsch verlangsamen, und so den Bogenschützen mehr Zeit zum schießen geben.
"Danke, Radagast.", flüsterte er leise.
Dann erreichte der Feind den letzten Hügel vor dem Rand das Waldes, und schon strömten die Orks wie eine unaufhaltsame schwarze Flut den letzten Abhang hinunter.

Vexor:
Celebithiels blaue Augen huschten durch die Reihen der Elben, welche zitternd ihr hölzernen Bögen mit den filigranen Verzierungen hielten. Sie sah, wie die weichen Lippen ihrer Landsmänner bebten im Angesicht der schwarzen Woge, die auf sie nieder preschte wie ein verheerendes Gewitter.
Sie haben den Mut verloren. Die Angst lähmt sie. Die Angst lähmt uns alle. Die Angst lähmt mich!

Um ihren Hals baumelte das Schmuckstück, in welchem das Licht Telperions gefangen war! Dem Licht des heiligen Baumes Valinors und schmerzhaft stach es ihr in die Brust, dass das Gegenstück - Laurelin - nicht da war. Es zierte Amrûns Hals, welcher ihnen nicht in die Schlacht gefolgt war.
Oronêl hatte sein Schwert bereits gezogen und erwartungsvoll blickte er sie an. Jeder suchte ihren Blick. Den Blick nach der Hoffnungsträgern. Der Hüterin eines der drei Elbenringe.
Doch wer bin ich? Ich bin niemand anderes als ihr! Nicht mehr oder weniger wert...

Die knorrige Hand des blauen Zauberers bohrte sich um ihre Schulter und sie blickte in die emotionslosen Augen Pallandos.
"Saruman, dieser Teufel..", murmelte er, während er Stab und Schwert zückte und Celebithiel wortlos aufforderte es ihr gleich zu tun.
Noch immer zitterte ihre Hand. Zitterte vor dem Schwert, welches ihr von Glorfindel ihrem Verlobten gegeben worden war.
Doch dann war auf einmal alles ganz klar, so als hätte man einen Schleier von ihrem Gesicht genommen und das Leuchten Naryas an ihrem Finger, erfüllte sie selbst mit Mut.

"So kommt meine Brüder und Schwestern! Verteidigen wir erneut dies goldene Land! Lassen wir Sarumans verpestete Stimme nie wieder in unseren heiligen Stätten erklingen!"
Voller Zorn zückte sie das rubinbesetzte Schwert und fast von selbst suchte es sich sein Ziel und spaltete den Kopf des erstbesten Orks, welcher mit gelbstichigen, scharfen Zähnen auf sie zu gerannt gekommen war.

Die Schlacht um das Schicksal Lóriens hatte begonnen.

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