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Autor Thema: Belfalas  (Gelesen 22506 mal)

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  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Die Illusion von Sicherheit
« Antwort #15 am: 6. Jul 2021, 15:02 »
Sie brauchten nicht lange, um Serelloth und Belegorn zu finden. Beide standen etwas abseits der Straße, und Serelloth hatte die Hand des Jungen genommen, wohl damit er ihr nicht davonlief - wozu Belegorn allerdings keinerlei Anstalten zu machen schien. Die Waldläuferin blickte zu der Scheune hinüber, die nun nur noch aus einem rauchenden Trümmerhaufen bestand, der noch ein wenig glühendes Licht von sich gab. Nach und nach erstarb das Leuchten und es wurde dunkel.
"Und was jetzt?" wollte Serelloth wissen. "Der Mistkerl ist entkommen, nicht wahr?"
"Ist er," sagte Hilgorn trocken. "Selbst ihr Waldläufer würdet ihn wahrscheinlich nicht mehr aufspüren können."
"Wir müssen zurück nach Dol Amroth, und dem König berichten, was geschehen ist... und dafür sorgen, dass Belegorns Ansprüche wieder eingesetzt werden," sagte Aerien leise.
Serelloth ließ Belegorns Hand los und schloss Aerien in den Arm. Diese ließ sich die Umarmung nur zu gerne gefallen. Sie fühlte sich seltsam geborgen und stellte fest, dass sie es vermisst hatte, jemanden um sich zu haben, den sie einfach in den Arm nehmen konnte. Die meisten Gondorer kamen ihr dafür zu... förmlich und respektvoll vor. Es tat ihr gut, dass Serelleth gerade bei ihr war, aber Aerien merkte auch, wie sehr ihr Narissa fehlte.
"Ich wusste, dass du uns nicht verraten hast," sagte Serelloth leise. "Das hast du damals, auf Tol Thelyn nicht, und du hast es auch heute nicht getan."
Aerien nickte zaghaft. "Ich... sollte mir wohl endlich eine neue Familie suchen," versuchte sie es mit einem schwachen Scherz.
"Du hast längst eine," sagte Serelloth. "Du bist für mich wie eine Schwester, und... Minûlîth sieht dich wie ihre eigene Tochter an. Von Narissa ganz zu schweigen... jeder weiß, wie wichtig du ihr bist. Ich weiß, dass die Insel immer ein Zuhause für dich bereithalten wird."
"Ich... ich weiß," sagte Aerien, und sie wusste, dass die Waldläuferin natürlich Recht hatte. Aber warum fühlte es sich dann trotzdem so falsch an, dass sie, Aerien, ein Mädchen aus Mordor, das Recht haben sollte, ein freies Leben in Frieden zu führen? "Und dennoch ist... Narissa nun fort. Und... da ist noch etwas..."
"Narissa ist fort?" wollte Serelloth erstaunt wissen. "Ich habe schon die ganze Zeit über fragen wollen, wo sie wohl steckt, denn eigentlich seid ihr beiden doch unzertrennlich..."
"Sie... sie ist nach Harad gegangen," erzählte Aerien leise. "Sie wollte... die Angelegenheit mit ihrem Vater zu Ende bringen."
"Und weiter?" hakte Serelleth nach. "Du hast gesagt, es gäbe da noch etwas...?"
Aerien brauchte eine ganze Weile, bis sie sich imstande dazu sah, die Worte über die Lippen zu bringen. Als sie sprach, war ihre Stimme nicht mehr als ein kaum hörbares Wispern. "Narissa hat meine Mutter getötet," sagte sie. "Als wir aus Mordor flohen, da..."
Serelloths Antwort bestand daraus, Aerien noch enger zu umarmen. "Ich verstehe zwar die Umstände nicht, aber... denkst du nicht, sie hatte einen guten Grund dazu?"
"Lass uns... jetzt nicht davon sprechen," sagte Aerien. Sie spürte, wie ihr allein der Gedanken an das Thema die Kehle zuschnürte. "Ich erzähle dir später alles, in Ordnung?"
"In Ordnung," sagte Serelleth überraschend sanft. "Natürlich."

Eine ganze Weile sagte niemand etwas. Schließlich war es Belegorn, der das Schweigen brach. "Du bist nicht wie dein Bruder," sagte er zu Aerien. "Du bist kein... Bastard." Er nickte ihr zu, und sie sah in seinem Blick, dass er ihr keine Schuld an dem Geschehenen gab.
"Danke, Belegorn," sagte Aerien und meinte es auch so. "Es tut mir Leid, dass du in diese ganze Sache mit hineingezogen worden bist. Und ich bin froh, dass dir nichts fehlt..."
"Ich muss noch viel stärker werden, damit so etwas nie mehr passieren kann," sagte der Junge entschlossen. "Wirst du mir beibringen, wie man kämpft, Onkel Hilgorn?"
Hilgorn blickte auf seinen Neffen herab und selbst im Dunkel der Nacht konnte Aerien sehen, dass er einerseits überrascht, aber auch erfreut war. "Das werde ich, Belegorn," sagte er. Und es kam Aerien beinahe so vor, als hätte sich ein bewegter Unterton in die Stimme des Generals geschlichen. "Das werde ich..."

Sie kehrten einstweilen zum Anwesen Gilanors zurück, wo sie Damrod und Ladion trafen. Rasch fasste Hilgorn die Ereignisse für die beiden zusammen. Sie berieten sich knapp, dann wurde entschieden, dass sie trotz der fortgeschrittenen Zeit noch weiter bis nach Tíncar reiten würden. Ladion hatte zwar vorgeschlagen, dass sie die Nacht hier verbringen sollten, denn Belegorn war sichtlich müde und der Weg zurück nach Tíncar war noch ein paar Stunden weit, aber sowohl Hilgorn als auch Damrod rieten davon ab. Stattdessen liehen sie sich von Gilanors Leuten Pferde, und Hilgorn nahm seinen Neffen zu sich in den Sattel, wo er ihn stützen konnte, falls der Junge unterwegs einschlafen sollte. Auch Aerien und Serelloth teilten sich ein Pferd, und unterwegs sprachen sie leise miteinander weiter über das Thema, das sie bei ihrem Wiedersehen nach Aeriens Rettung aus der brennenden Scheune begonnen hatten.
"Es gab nur diesen einen Ausweg aus Mordor heraus," erklärte Aerien gerade. "Alle anderen Wege waren uns versperrt, und wir waren nur durch Karnûzîrs Opfer überhaupt aus dem Dunklen Turm entkommen. Ich war mir sicher, dass die Verfolger, die man uns ohne Zweifel hinterher schicken würde, annehmen würden, dass wir versuchen würden, zurück zu dem verborgenen Weg im Südwesten von Nurn zu gelangen. Doch dieser Weg ist nun nicht mehr geheim. Sicherlich haben die Diener des Roten Auges herausgefunden, wo er sich befindet. Und sie wussten, dass alle anderen Wege bewacht waren. Mir blieb nur die Hoffnung, dass die Stummen Wächter am Pass von Durthang noch immer unter der Gewalt meines Vaters stünden. Und wie sich herausstellte, war das wahr."
"Also seid ihr nach Durthang gegangen? Deiner ehemaligen Heimat?"
"Ich... bin dort geboren und aufgewachsen," sagte Aerien. "Und meine Mutter wartete dort auf mich. Irgendwie muss sie geahnt haben, dass mich mein Weg wieder nach Durthang führen würde. Sie... verletzte mich mit einer Morgul-Klinge. Sie schien wirklich zu glauben, dass der Tod das Beste für mich wäre. Ich glaube fast, dass sie... so verzerrt das auch klingen mag... aus Liebe zu mir gehandelt hat. Als ich wieder erwachte, da... hatten wir bereits Ithilien erreicht. Ich weiß noch immer nicht, wer mich aus dem Gemach meines Vaters zurück durch diesen Tunnel zu den anderen gebracht hat. Es muss also wirlklich Narissa gewesen sein. Und sie... hat meine Mutter getötet. Vermutlich hat sie mitangesehen, wie... wie diese mir die Klinge in den Bauch stieß..."
"Aerien, ich hätte an Narissas Stelle dasselbe getan. Diese Frau war nicht mehr deine Mutter, verstehst du?"
Aerien versuchte zu nicken. "Aber warum... warum hat sie es mir dann so lange verschwiegen? Dass ich es nun auf diesem Wege herausfinden muss... schmerzt noch mehr als der Fakt, dass sie meine Mutter getötet hat. Denkst du, sie vertraut mir nicht? Denkst du, sie schämt sich dafür? Wenn sie doch nur ehrlich zu mir gewesen wäre... ich hätte ihr diese Tat doch niemals nachtragen können. Jetzt... bin ich mir nicht mehr sicher, was ich denken soll."
"Du bist noch durcheinander von den heutigen Ereignissen und brauchst Ruhe," sagte Serelloth sanft. "Ich bin mir sicher, es gibt eine gute Erklärung für Narissas Handeln. Wenn du sie wiedersiehst, werde ich dir beistehen, in Ordnung? Wir werden sie gemeinsam fragen, warum sie das geheim gehalten hat. Aber bis wir uns nicht in Dol Amroth ein wenig ausgeruht haben, solltest du nicht mehr daran denken. Wir haben sicherlich noch eine ganze Menge anderer Dinge zu tun, nicht wahr?"
"Ja... das stimmt wohl," sagte Aerien langsam. "Je eher wir wieder zurück in Dol Amroth sind, desto eher... findet dieses Chaos vielleicht ein Ende."
Innerlich spürte sie, wie sie an diesen Satz selbst nur zum Teil glaubte. Balákans Angriff sowie der falsche Edrahil hatten ihr die Illusion geraubt, in Gondor vor Angriffen aus dem Land des Schattens sicher zu sein. Erneut kam sie zu der Überzeugung, immer wieder eine Gefahr für jene zu sein, in deren Nähe sie sich aufhielt, und sie warf sich selbst vor, nicht mit Narissa nach Harad gegangen zu sein. Doch nun war es dafür zu spät, denn sicherlich war Narissa schon mitten in den Wirren des Krieges verschwunden und sie jetzt noch aufzuspüren, würde vermutlich ein Ding der Unmöglichkeit sein...


Hilgorn, Aerien, Serelloth, Damrod und Belegorn nach Dol Amroth
« Letzte Änderung: 26. Mär 2022, 11:57 von Fine »
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