Ohne große Überraschung stellte Edrahil fest, das Chatara vortrat, um ihn herum zu führen.
Nun gut... schaden wird es nicht.
Während sich der Rest der Gruppe in einen Gang links von Edrahil zurück zog, führte Chatara in geradeaus. Sie betraten einen Raum, der von Waffen und Rüstungen nur so über zu quellen schien. "Dies ist unsere Waffenkammer. Diese Waffen und Rüstungen stehen allen zur Verfügung, auch wenn wir alle unsere eigenen Ausrüstung besitzen. Doch hin und wieder, werden auch diese hier gebraucht." Edrahil sah sich um und entdeckte Waffen aller Art: Krummschwerter, Dolche in allen Formen und Größen, Äxte, ja sogar Schwerter der Art Gondors, zweifellos Beute aus den endlosen Kriegen der Haradrim mit Gondor.
Chatara führte ihn nun durch eine Öffnung in der linken Wand, und sie betraten einen weiteren Raum, der von einem großen runden Tisch beherrscht wurde. An den Wänden standen mehrere mit Büchern gefüllte Regale, und auf dem Tisch lag eine Karte, die Edrahil für einen Stadtplan von Umbar hielt. "Dies ist unser Versammlungszimmer.", erläuterte Chatara. "In den Regalen bewahren wir Akten über alle möglichen wichtigen Personen in der Stadt und ganz Harad auf... sogar von einigen aus Gondor. Auch ihr seit hier vertreten, Edrahil, genau wie euer Fürst Imrahil." Edrahil nickte, denn er hatte nichts anderes erwartet, auch wenn es ihn schockierte, mit welcher Leichtigkeit sie Dol Amroth offensichtlich völlig ausspioniert hatten.
Darum werde ich mich kümmern müssen, wenn ich wieder dort bin...
"Sagt mir, wie finanziert ihr dies alles hier? Es muss doch teuer sein, so versteckt zu leben, ganz abgesehen von Bestechungsgeldern...", meinte er. "Nun, da ihr ja jetzt gewissermaßen zu uns gehört," begann Chatara und grinste ihm verschwörerisch zu, "kann ich euch wohl guten Gewissens informieren. Unserer Organisation gehören einige Bordelle in dieser Stadt, unter anderem auch das, unter dem wir uns hier befinden. Außerdem sorgen wir für die Sicherheit einiger Händler, und lassen uns das selbstverständlich gut bezahlen. Aber ich schlage vor, wir setzen unsere Führung fort." Damit betraten sie den nächsten Raum, aus dem Edrahil feuchte, warme Luft entgegen schlug.
"Hier haben wir unser Bad. Das Wasser kommt von tief unter der Stadt und ist immer warm. Natürlich haben wir auch kaltes Wasser, dass aus der Wasserleitung kommt, aber so etwas kennt ihr im Norden natürlich nicht." Und auch wenn es Edrahil keineswegs gefiel, so hatte sie doch recht: Weder in Dol Amroth noch in einer anderen Stadt Gondors gab es eine Frischwasserleitung. Alles Wasser musste erst von einem Brunnen ins Haus geholt werden.
Der niedrige Raum wurde von einer einzelnen Laterne erhellt, die zwischen den beiden Wasserbecken an der Wand hing. Das eine Becken, zweifellos das mit dem warmen Wasser, war geneigt, so dass man auf der einen Seite im Wasser liegen konnte, ohne unterzutauchen, während es dem Badenden auf der anderen vermutlich bis zur Brust reichte.
"Wie ich sehe, bereitet euch euer Bein Probleme.", meinte Chatara mit einem vielsagenden Blick auf sein linkes Bein, das noch immer leicht zitterte. "Vielleicht solltet ihr ein Bad nehmen, das könnte helfen, euer Bein zu entspannen, das warme Wasser wirkt manchmal Wunder." Edrahils erster Reflex war, das Angebot sofort schroff abzulehnen, um keine Schwäche zu zeigen, doch die Schmerzen in seinem Bein waren mittlerweile so stark geworden, dass er es nicht tat.
"Das werde ich tun. Würdet... würdet ihr bitte den Raum verlassen." Sie zwinkerte ihm zu, und noch bevor er sich über diese Geste wundern konnte, hatte sie den Raum bereits verlassen.
Er zog sich aus, dankbar dafür, dass er keine Hose, sondern ein südländisches Gewand trug, denn das Ausziehen einer Hose wäre ihm mit seinem Bein schwer gefallen, und ließ sich in das flache warme Wasser gleiten.
Er legte sich auf den Rücken und schloss die Augen, ließ die Wärme sein Bein umschmeicheln und fühlte, wie sich seine Muskeln langsam entspannten.
Er wusste nicht, wie lange er dort im Wasser gelegen hatte, als er plötzlich kühle Hände auf seiner Brust spürte. Erschrocken öffnete er die Augen, und neben im kniete Chatara. Nackt. "Was um alles...", setzte er an, doch sie ergriff seine Hand und führte sie an ihre Brust, und er hörte auf zu denken.
Hinterher lagen sie nebeneinander im warmen Wasser. "Was hatte das zu bedeuten?", fragte Edrahil schließlich.
"Seid nicht verletzt, aber nicht viel.", antwortete Chatara. "Jeder Mann hier ist schon mit jeder Frau hier in diesem Bad gewesen. Es ist nichts besonderes."
Diese Eröffnung schockierte ihn. "Aber... warum?", fragte er.
"Nun, das ist ganz einfach. Jeder hier hat seine Bedürfnisse, und so werden sie erfüllt, denn wessen Bedürfnisse erfüllt sind, der arbeitet besser. Und dadurch, das keiner einen festen Partner hat, vermeiden wir zu enge Bindungen. Wir müssen einander zwar vertrauen, aber unsere Bindung darf nicht so weit gehen, dass wir für den anderen unser Leben riskieren. Der Verlust von zwei Assassinen darf nicht riskiert werden, selbst wenn dafür einer sicher stirbt." Damit erhob sie sich und begann, sich anzukleiden.
"Ruht euch noch eine Weile aus. Ich glaube, ihr habt es jetzt nötiger als vorher.", hörte er sie spöttisch sagen, dann schloss er wieder die Augen und ließ sich ins tiefere Wasser gleiten. Er wollte nichts mehr hören.