Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Eigene Geschichten
Das Haus Lenwe
Eandril:
Und er las von Amdír und Lórinand, von seinem Freund Oronêl und seinem Sohn Amroth, von der Abfahrt Ardirs und Nellas' nach Valinor, von Oropher und seinem Sohn Thranduil im großen Grünwald, von Malires Wanderung nach Lórinand und der Geburt ihres Sohnes Anvíron und ihrer Tochter Calenwen, von der Hochzeit ihrer Tochter mit Oronêl und der Geburt ihrer Tochter Mithrellas.
Und dann kam der Krieg über die Elben: Amdír, Oronêl und Malires Gemahl Rúmil zogen in den nicht enden wollenden Kampf gegen Saurons Orks, um Lórinands Grenzen zu schützen, und dort fiel Rúmil, doch Amdír und Oronêl überlebten und zogen in den Krieg des Letzten Bundes. In der Schlacht auf der Dagorlad fiel Amdír, und Oronêl kehrte mit den Elben von Lórinand und der Leiche seines Fürsten heim, noch bevor Sauron niedergeworfen war.
Und der Prinz las weiter, wie Calenwen Oronêl im Streit verließ und nach Westen fuhr, wie Oropher im Krieg gegen Sauron fiel, wie sich Amroth in Nimrodel verliebte, wie Oronêl und seine Tochter Mithrellas die beiden nach Süden begleiteten, und wie Mithrellas und Nimrodel im Weißen Gebirge verschwanden.
Dann las er von Amroths Tod und Oronêls vergeblicher Suche nach seiner Tochter, und von seinem Versteck in den Pinnath Gelin.
Und voller Erstaunen erschloss sich ihm endlich seine eigenen Verbindung zu diesen Elben, als er erfuhr, wie Mithrellas den Menschen Imrâzor heiratete und im Galador, einen Sohn und Gilmith, eine Tochter schenkte, und das Galador der erste Fürst von Dol Amroth wurde.
Und immer noch las er weiter, nun von den Taten Oronêls und Mithrellas' im letzten Krieg gegen Sauron, und von Oronêls Freunden, Amrûn und Celebithiel, und seinem Nachfahren Amrothos.
Als er das Buch zuschlug, stand plötzlich der Archivar neben ihm, wie aus dem Boden gewachsen.
"Und? Was hast du gelernt?", fragte er.
"Ich... ich bin mir nicht sicher, was ihr hören wollt.", antwortete der Prinz, der eigentlich keiner war.
Der Archivar seufzte und sank auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Tisches.
"Du hast viel gelesen und viel erfahren. Doch was haben all diese Elben gemeinsam, und was verbindet sie mit deinem Vater?"
"Die Abstammung.", antwortete der Prinz.
"Das ist richtig, aber nicht das wollte ich hören. Es ist der Stolz. Lenwe war stolz, Denethor war stolz, Ardir, Oronêl, Amdír, Amrothos, dein Vater, sie alle waren stolz!", erwiderte der Archivar, und seine Augen unter der Kapuze schienen den Prinzen zu durchboren.
"Stolz auf ihre Taten und stolz auf ihre Ahnen, und das mit Recht!", meinte der Prinz trotzig.
"Mag sein.", sagte der Archivar, und er klang müde, "Doch was hat es ihnen gebracht? Lenwes Stolz brachte ihm den Tod, Denethors Stolz führte zu seinem und dem Tod seiner Schwester auf dem Amon Ereb, Ardirs Stolz beraubte ihn seiner Eltern, Oronêls Stolz beraubte ihn seiner Frau und seiner Tochter, und auch Amdír wurde in der Schlacht auf der Dagorlad ein Opfer seines Stolzes. Der Stolz deines Vaters führte zur Zerstörung der Schwanenstadt, zu seiner Verbannung, seinem Tod, und deiner Gefangenschaft.
Nun sag mir, junger Prinz, was hat der Stolz deiner Vorfahren jemals gutes hervor gebracht?"
Der Prinz antwortete wütend: "Mein Vater war ein guter Mann!"
"Das ist wahr, und ich kannte deinen Vater besser und länger als jeder andere. Ich habe versucht, ihm seinen Stolz auszureden, doch was half es? Er lehnte sich gegen seinen rechtmäßigen König auf, und wozu das geführt hat, weißt du ja. Doch ich habe einst einem deiner Ahnen geschworen, sein Geschlecht zu beschützen, und du bist der letzte dieses Geschlechts."
Der Prinz betrachtete ihn argwöhnisch. "Wie alt seid ihr? Wer seid ihr?"
Der Archivar seufzte, schlug die Kapuze zurück, und offenbarte Elbenohren, deren Spitzen seine Haare durchstießen. "Einst war mein Name Ladion aus Lórien, und ich kannte Oronêl. Womöglich hast du auch meinen Namen in diesem Buch gelesen. Oronêl war es, dem ich den Schwur gab, und seitdem lebte ich in Dol Amroth, als Berater der Fürsten, und immer wusste nur der Fürst um mein Geheimnis und gab es vor seinem Tod an seinen Erben weiter. Doch dein Vater ist gefallen bevor er es dir sagen konnte.
Und nun, in Gedenken an die lange Freundschaft, die mich mit deinem Haus verbindet, sage ich dir: Lege deinen Stolz ab, unterwerfe dich dem König, denn er ist dein rechtmäßiger Herrscher. Dann wirst du trotz des Verrats deines Vaters Fürst von Dol Amroth werde. Begehe nicht den Fehler, der so vielen deiner Vorfahren so viel genommen hat."
Ladion sprach mit einer Eindringlichkeit, dass der Prinz nicht anders konnte, als ihm zu glauben.
"Ich werde darüber nachdenken.", antwortete er.
"Mehr kann ich nicht erwarten. Ich werde weiter an eurer Seite bleiben, bis zu dem Tag, an dem ihr Fürst von Dol Amroth werdet. Doch dann muss ich euch bitten, mich von meinem Schwur zu entbinden, denn ich sehne mich nach meinesgleichen, und bin diese Welt leid."
Und der Prinz schwor es.
Sieben Monate später stand der neue Fürst von Dol Amroth mit seinem Gefolge vor dem zerstörten Tor der Stadt. Über ihren Köpfen wehte das neue Banner von Dol Amroth. Es war geviertelt, und zeigte links oben und rechts unter den silbernen Schwan auf blauem Grund, den die Fürsten von Dol Amroth seit alters her im Wappen führten.
In den anderen Ecken war ein Baum mit goldenen Blättern auf ebenfalls blauem Grund zu sehen: Ein Zeichen für die Abstammung des Fürstenhauses von den Nachkommen Lenwes.
Der Fürst wandte sich nach Westen, zum Meer, und sah zu, wie das kleine Schiff den Hafen von Edhellond verließ, und sich nach Westen wandte. Er sah ihm nach, bis das Segel am Horizont verschwand.
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