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Autor Thema: Am Berg Galharg  (Gelesen 5767 mal)

Tom Bombadil

  • Gesandter der Freien Völker
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  • Beiträge: 357
Am Berg Galharg
« am: 26. Feb 2009, 18:58 »
Nerblogs Start

Nerblog schleppte seine müden Füße Schritt um Schritt weiter in Richtung der
untergehenden Sonne. Nördlich von ihm erhob sich majestätisch ein ihm fremder Gipfel gegen den von vielen bunten Farbtönen besprenkelten Himmel. Nerblog blieb kurz stehen, um nachzudenken. An den Hängen dieses Berges würde er Schutz vor den aus dem Westen kommenden Winden und einen geeigneten Platz für das Nachtlager finden. Er wandte sich also dem Berg zu, auf dessen Kuppe er bei genauerem Hinsehen ein Zelt erkennen konnte. Der Fuß der Erhebung lag etwa zwei Meilen vor ihm. Nerblog legte eine schnellere Gangart ein. Er musste den Schutz des Hangs noch vor Einbruch der Nacht erreichen, denn das Reisen in der Nacht war gefährlich.
Finstere Kreaturen trieben sich in diesen Tagen auch westlich des Großen Stroms herum. Sie ähnelten den Orks, doch hatten sie eine kräftigere Statur und waren besser ausgebildet. Manchmal ritten sie sogar wolfsähnliche, gigantische Geschöpfe mit blutrünstigen Mäulern, mit denen sie fliehende Bauern aus Gondor jagden.
Neun Jahre streifte er nun schon in der Wildnis der Braunen Lande, welche östlich des Anduin lagen, umher, mit keinem dauerhaften Besitz außer seinem Speer. Vor etwa einem halben Jahr, wenn er die Zahl der Monde korrekt gezählt hatte, hatte er den an einer flacheren Stelle weiter im Norden überquert. Nerblog hatte den Speer mit allerlei verschlungenen Schnitzereien verziert, und seine eiserne Spitze hielt er stets sauber und vor allem scharf. Viele Leiber hatte sie bereits durchstoßen, Ork-Leiber und andere.
Der Flüchtlingsstrom aus Gondor war erst seit wenigen Monaten zu betrachten, genau wie der Anblick der Gnark'urks, wie Nerblog die hochgezüchteten Orks in seiner Heimatsprache getauft hatte. Der Ostling fragte sich häufig, welchen Grund diese Ereignisse wohl hatten.
Die Sonne verschwand nun gänzlich hinter dem Horizont und die Nacht brach über das Land herein. Nerblog sah auf. Der Berg lag nun direkt vor ihm. Es handelte sich wahrlich um keinen hohen Berg, doch als Hügel konnte man ihn nicht mehr bezeichnen. Die nicht besonders Steilen Hänge waren von sich im Westwind wiegenden Wiesen bedeckt, die Nerblog in der Dunkelheit einen gespenstischen Anblick boten.
Plötzlich drang Geschrei an Nerblogs Ohr. Es kam von rechts. Der Ostling fuhr herum und wog seinen Speer abschätzig in der Hand. Dann schlich er sich langsam näher.
Vor ihm tat sich eine große Senke auf, in der jemand, vermutlich Flüchtlinge, ihr Lager aufgeschlagen hatten. Sie waren so intelligent gewesen, kein Lagerfeuer anzuzünden, doch scheinbar hatten die Gnark'urks sie entdeckt. Drei von ihnen marschierten mordend durch das Lager und schnappten sich alles Wertvolle, was sie tragen konnten. Voll Abscheu betrachtete Nerblog die Szenerie, doch er wagte nicht, gegen drei Gnark'urks gleichzeitig anzutreten. Vielleicht würde sich dennoch etwas nützliches bei den Leichen der Fliehenden finden. Nachdem die Plünderer wieder in Richtung Berg abgezogen waren, stieg Nerblog selbst in Senke hinab. Die Zelte hatten die Urks mit ihren schwarzen Klingen aufgeschlitzt und umgeworfen und überall lagen tote Körper, von alten Männern, Frauen, Kindern. Kampffähige, junge Männer waren nicht zu sehen.
"Gondor führt Krieg", schlussfolgerte Nerblog, "und es ist am verlieren." 
Nerblog stöberte ein wenig herum, bis er neben drei Fässern ein zischendes Geräusch vernahm. Er hielt inne und sah sich bedächtig um, doch in der immer schwärzer werdenden Finsternis konnteer nichts erkennen. Er packte seinen Speer wieder fester.
"Ist da jemand?", fragte Nerblog mit nicht ganz ruhiger Stimme in die Nacht. "Ei... Ein Mensch!", rief eine männliche Stimme ganz in der Nähe. Hinter den Fässer rappelte sich ein dunkler Schatten auf.
"Ich... Ich dachte ihr sei ein Uruk!", meinte der Schatten erleichtert, doch die Stimme war von tiefer Trauer belegt. Nerblog ließ den Speer sinken.
"Wer seid ihr?", erkundigte er sich.
"Mein Name ist Elebert, Igberts Sohn. Ich war Gelehrter in Minas Tirith, doch die Lage dort ist nun unerträglich. Die Orks stehen seit Monaten vor den Toren und die Weiße Stadt hat keinen Köng. Welch ein Glück, dass das Reitervolk", der Schemen nickte ihm zu, "mit stolz erhobenen Haupt gegen die Bedrohung ankämpft."
"Reitervolk?", erwiderte Nerblog unwissend.
"Na, die Rohirim!"
Nerblog zuckte die Achseln. Er hatte keine Ahnung, wovon Elebert sprach. "Was ist in Gondor passiert?", fragte er stattdessen.
"Das wisst ihr nicht? Es gab einen Angriff auf die Stadt, den ersten konnten wir abwehren, doch dann zog König Elassar, der Denethor abgelöst hatte, mit allen verbliebenen Soldaten in Richtung Mordor. Die Orks schlugen sie, und über das Schicksal des Königs ist nichts bekannt. seitdem wurde die Lage immer aussichtsloser. Deshalb sind wir geflohen."
Das letzte Wort ging in einem Wimmern über. Schluchzend ließ sich Elebert auf eines der Fässer fallen und verbarg das Gesicht hinter den Händen. Nerblog seufzte. Er würde seinem Findling gerne mal in die Augen sehen, doch die Nacht tat ihm den Gefallen nicht. Es blieb dunkel.
"Meinen Sohn haben sie eingezogen", wimmerte Elebert. Er ist in Osgiliath gefallen. Seine Frau wurde beim Sturm von einem Ork erschlagen. Ich und mein Enkel sind aus Minas Tirith geflohen. Aber die Fluten des Anduin haben ihn bei der Furt mit sich gerissen. Mein ganzes Leben hat keinen Sinn mehr! Meine Familie- ausgelöscht und ich alter Greis kann nichts mehr zur Befriedigung meiner Rache tun!"
Nerblog wandte sich von dem weinenden Mann ab und deutete auf den Gipfel des Berges. "Dort oben ist wahrscheinlich ihr Lager." Er sah zu Elebert hinüber. "Was ist? Holen wir sie uns gemeinsam?"
"Ich? Ich bin ein alter Mann und meine Knochen würden wahrscheinlich brechen, wenn ich auch nur ein Schwert anhebe."
"Dann wird dir die Rache verwehrt bleiben und du deine Ere nicht im Kampf zurückgewinnen."
"Rache, Ehre! Sie sind bedeutungslos für einen gebrochenen Mann!"
Nerblog schmunzelte. Ähnliches hatte er sich vor Jahren auch schon überlegt. Doch ihm kam eine andere Frage in den Sinn, die er unbedingt loswerden wollte.
"Wisst ihr, wo sich das Heer der freien Völker aufhält?"
"Nicht wirklich. Nur, dass es viel weiter im Norden liegt", antwortete Elebert.
"Im Norden also", murmelte Nerblog nachdenklich. "Ich bin müde", sagte er dann. "Ich lege mich jetzt hier am Rand der Senke schlafen. Gute Nacht."
Elebert sah ihm hinterher, als er über die Leichen stieg und dann auf einem freien Platz ein Wolfsfell ausrollte, auf das er sich legte. Als Elebert, dachte, er sei bereits eingeschlafen, riet Nerblog ihm: "Ihr solltet euch ebenfalls hinlegen. Morgen wird ein harter Tag."
"Wer hat behauptet, dass ich euch folgen würde?", empörte sich Elebert.
"Ihr seid ein alter, gebrechlicher Mann mitten im Feindesland, der keinen Kampfgeist mehr besitzt. Habt ihr eine Wahl?", erwiderte Nerblog gähnend.
Stille breitete sich aus und der Ostling schlief ein.

       
« Letzte Änderung: 12. Feb 2016, 10:30 von Fine »
manana

Tom Bombadil

  • Gesandter der Freien Völker
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Re: Am Berg Galharg
« Antwort #1 am: 26. Feb 2009, 19:40 »
Die ersten Sonnenstrahlen, die in die Mulde fielen, kitzelten Nerblogs krumme Nase und brachten ihn zum Niesen. Er streckte sich kurz und stand auf. Bei Tageslicht sah das Gemetzel um ihn herum nicht gerade schöner aus. Wo war Elebert? Nerblog ließ seinen Blick über das verwüstete Lager schweifen und fand den Alten auf der anderen Seite, wo dieser sich gähnend von seinem Nachtlager erhob.
Nerblog musterte ihn eingehend. Der Greis hatte ein von tiefen Falten durchfurchtes Gesicht und trug graue Haare und hatte die für Gondor typischen blauen Augen.
"Frühstücken wir, Herr... wie heißt ihr eigentlich?" Elebert blickte zu ihm hinüber und zuckte zusammen, als er ihn sah.
"Ein... Ein Ostling!", entfuhr es ihm entsetzt und solperte rückwärts über ide Stoffdecke, auf der er geschlafen.
Nerblog warf ihm einen vernichtenden Blick zu und rollte sein Wolfsfell wieder zusammen. "Frühstück gibt es nur dann, wenn wir was zu Essen haben."
"Scher dich zum Teufel, Abschaum!", rief Elebert ihm zu. Er versuchte, den Rand der Mulde zu erklimmen, doch es gelang ihm nicht. Nerblog ging zielstrebig auf ihn zu und packte ihn am Kragen.
"An deiner Stelle würde ich zukünftig etwas freundlicher zu mir sein. Du kannst hier draußen nicht überleben, du alter Sack! Halte dich an mich, führ mich nach Norden, oder stirb!" Nerblog ließ ihn loß, packte seine restlichen Sachen zusammen und stellte sich auf den Rand der Mulde und drehte sich nach dem Greis um.
Elebert klemmte sich einige Schriftrollen unter den Arm und folgte Nerblog auf einem flacheren Weg aus der Mulde.
"Was sind das für Papiere?", wollte Nerblog wissen.
"Schriftrollen, die ich aus Minas Tirith retten konnte. Uruks interessieren sich nicht für alte Runen und Zeichen. Sie sind extrem wertvoll. Auf keinem Fall, werde ich sie zurücklassen!"
Nerblog zuckte die Achseln. Sie brachen auf. Die beiden umgingen den Berg weitläufig und wanderten dann über die grasigen Hügel nach Nordwesten.
"Wieviel sind diese Schriftrollen wert?", erkundigte sich Nerblog, als sie gerade an einer flacheren Passage waren.
"Mehrere tausend Goldstücke. Warum fragst du, Ostling? Du willst doch nicht etwa..."
Nerblog machte eine abwehrende Geste. "Nein, sicher nicht."
"Wie kommt einer wie du eigentlich in die Ostfold?", fragte Elebert schließlich. Die Frage hatte ihm siche rschon den ganzen Morgen auf dem Herzen gelegen.
Da erzählte Nerblog ihm seine Geschichte, während sie immer nach Norden wanderten und Nerblog war froh, dass er sie endlich einmal jemandem erzählen konnte. Am Nachmittag verschwand der Berg aus ihrem Blickfeld.


Nerblog und Elebert nach Ebenen vor Fangorn
« Letzte Änderung: 12. Feb 2016, 10:38 von Fine »
manana