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Autor Thema: Auf den Straßen von Umbar  (Gelesen 22746 mal)

Eandril

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Auf den Straßen von Umbar
« am: 13. Apr 2013, 18:39 »
...Edrahil aus dem Hauptquartier der Assassinen

Vor dem Anwesen erwartete ihn Aquan, der Anführer von Hasaels Leibgarde. Aquan wusste, dass er kam, und er hatte Hasael sicher bereits von dem geplanten Treffen berichtet. Dem Hauptmann gegenüber hatte Edrahil sich als einer von Hasaels Spionen ausgegeben, der eine wichtige Nachricht für seinen Herrn hatte. Nur so hatte er die Möglichkeit, in Hasaels Nähe zu gelangen.
Er näherte sich den Männern, die vor der Tür Wache standen, und verneigte sich knapp vor Aquan.
"Ich nehme an, unser Herr erwartet mich?", fragte er. "Er wird gleich herauskommen. Ich bitte euch aber, mir vorher alle Waffen auszuhändigen, verehrter Freund."
"Ich habe keine bei mir, ehrwürdiger Aquan, doch wenn ihr sicher gehen möchtet, so durchsucht mich."
Aquan nickte einem seiner Männer zu, und dieser tastete Edrahils Gewänder ab, ohne jedoch etwas zu finden. Er trat zurück sagte zu Aquan: "Er hat keine Waffen bei sich, ehrenwerter Hauptmann."
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und Hasael, Fürst von Umbar und Sultan der Quahtan trat, von zwei weiteren Leibwächtern heraus.

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Eandril

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Verrat
« Antwort #1 am: 12. Mai 2013, 11:36 »
Hasael war groß und breitschultrig, doch schien er ein wenig in die Breite zu gehen - vermutlich Spuren des bequemen Lebens als Herrscher von Umbar. Nichtsdestotrotz strahlte er, auch aufgrund des Krummschwertes, dass an seinem Gürtel hing, eine gewisse Gefährlichkeit aus, und Edrahil wusste, er musste sich in Acht nehmen.

Die Wachen fielen auf die Knie, auch Edrahil, obwohl es ihm mit seinem Bein schwer fiel, und senkten die Köpfe. Der Sultan bedeutete ihnen mit einer herrschaftlichen Geste, wieder aufzustehen, und fragte dann: "Nun? Was habt ihr für mich?"

Imrahil, vergebt mir, was ich hier tue, aber es ist einzig und allein zum Schutz und Wohlergehen Dol Amroths...
Er musste an seinen Sohn denken, den er nie kennengelernt hatte, und der nun weit fort in Gondor war, in den Reihen einer feindlichen Armee, und er wusste: Wenn Saleme herausfand, was er heute Abend getan hatte, dann würde sein Sohn mit ihm büßen müssen.
Vergib auch du mir, mein unbekannter Sohn, aber das Überleben Dol Amroths ist wichtiger als unser beider Leben.

"Großer Sultan, es gibt eine Verschwörung, euch noch am heutigen Abend zu töten!" Sofort nach diesen Worten schlossen die Leibwächter einen engen Ring um Hasael und Edrahil, und blickten misstrauisch über die leergefegten Straßen. Dabei schienen sie vergessen zu haben, dass sie selbst sämtliche Leute von den Straßen in der Nähe vertrieben hatten, um für die Sicherheit des Sultans zu sorgen. Hasael bedeutete Edrahil stumm, weiterzureden.

"Es gelang mir, mich in eine Gruppe von Attentätern einzuschleichen. Auf dem Rückweg zu eurem Palast lauern zwei dieser Attentäter, die euch mit Giftpfeilen töten wollen, auf den Dächern auf beiden Seiten der Straße.
Wenn das fehlschlägt, sollt ihr an einem geschmacklosen und absolut tödlichen Gift, dass in euer Essen gemischt wurde, und das vom Vorkoster nicht bemerkt werden kann, sterben.
Gelingt dies immer noch nicht, wird euer Gewandmeister, der auch zu ihnen gehört, versuchen euch zu töten, und sollte auch er scheitert, wird ein weiterer Attentäter euren Palast in Brand setzen, in der Hoffnung, dass ihr in den Flammen umkommt."

Während dieser Enthüllungen hatte Hasael nicht eine Miene verzogen. Sein Gesicht schien zu Stein erstarrt zu sein, als er antwortete: "Ihr habe gute Arbeit geleistet, Spion. Was würdet ihr mir raten?"
Es geht besser als erwartet... und nun kann ich sein Vertrauen endgültig gewinnen.

Obwohl es ihm zutiefst widerstrebte, sich vor diesem Südländer zu erniedrigen, erwiderte er: "Ich, Herr? Ich bin kein Ratgeber, nur ein einfacher Spion!"
"Ich befehle es euch aber. Ihr wisst, wie diese Attentäter denken, ihr werdet mir raten!"
Edrahil verneigte sich tief. "Ihr ehrt mich mit eurem Vertrauen in meine Fähigkeiten, Herr. Um euer Leben zu retten, rate ich euch, die Stadt zu verlassen. Erzählt mir nicht, auf welche Weise und wohin ihr geht, damit niemand es mir entlocken kann, sollte ich gefangen werden. Sodann entsendet einige eurer Männer, am besten die, die sich am leisesten und geschicktesten fortbewegen, auf die Dächer um die beiden auszuschalten, die dort lauern. Lasst auch euren Gewandmeister töten, und stellt Wachen um euren Palast auf, um den zu fangen, der das Feuer legen will. Wie das Gift in euer Mahlzeit gelangen sollte, entzieht sich leider meiner Kenntnis, aber ich schwöre euch, den Verantwortlichen zu finden."
Hasael nickte zufrieden, und gab seinen Leibwächtern ein Zeichen. "Wenn diese Sache vorüber ist, meldet euch in meinem Palast hier in Umbar. Ihr werdet für euren Erfolg belohnt werden... So ihr die Wahrheit gesagt habt."

Obwohl die Drohung nicht zu überhören war, war Edrahil zufrieden. Er hatte erreicht, was er wollte: Zugang zum Palast des Fürsten.
Er verneigte sich noch einmal tief vor Hasael und sagte: "Ich danke euch für eure Großzügigkeit, mächtiger Sultan.", während dieser sich bereits abwandte und mit seinen Leuten in den Straßen von Umbar verschwand... jedoch nicht in Richtung seines Palastes, sondern in Richtung des Nordtores, wie Edrahil vermutete hatte.

Edrahil blieb allein zurück, in dem Lichtfleck, der unter der Tür des Kaufmanns hindurch auf die nun dunklen Straßen kroch. Dann wandte er sich um, und humpelte in Richtung des Palastes davon. Er hatte noch eine persönliche Angelegenheit zu erledigen.

Es ist ein gefährliches Spiel... Aber für Dol Amroth, ist es die Gefahr wert.

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Eandril

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Tod ohne Bedeutung
« Antwort #2 am: 16. Jun 2013, 23:53 »
Als er den Palast schließlich erreichte, war der Mond bereits wieder untergegangen. Der Palast lag still in der Finsternis, und nichts rührte sich auf den Straßen. Chatara musste inzwischen ziemlich nervös sein, da es kein Zeichen für einen möglichen Erfolg gab, weder von Zuben und Erai, noch von der Schlange oder Hamid.
Von den Wachen, die Edrahil  geraten hatte aufzustellen, war zwar nichts zu sehen, aber das musste nichts heißen... Schließlich sollte der Attentäter nicht abgeschreckt, sondern gefangen werden. Allerdings verriet ihm die fehlende Betriebsamkeit rund um den Palast, dass Chatara noch nicht versucht hatte ein Feuer zu legen.

Anstatt weiter in Richtung des Palastes zu gehen, bog Edrahil in eine unscheinbare Nebengasse ab. Nach ein paar Biegungen befand er sich wiederum nahe des Palastes, und diesmal auf einer anderen Seite, in der Gasse, in der Chatara sich verstecken sollte. Wie erwartet, spürte er plötzlich ein Messer an der Kehle, und Chatara zischte von hinten: "Eine Bewegung, und ihr seid tot!"
"Kein Grund zur Aufregung.", erwiderte Edrahil gelassen, "Ich bin es nur." Die Klinge verschwand von seiner Kehle, und er wandte sich um.
"Was wollt ihr hier?", fragte sie. "Euch warnen.", antwortete er, und schloss dabei unter seinem Gewand heimlich die Hand um den Dolchgriff. "Wovor? Was ist geschehen?"

"Hasael hat Wind von dem Anschlag auf sein Leben bekommen. Wie es scheint, sind Zuben, Erai und Hamid gefangen und getötet worden, und nun hat er Wachen um den Palast aufgestellt, wahrscheinlich um zu verhindern, dass noch mehr Assassinen in seine Nähe kommen können."
"Aber... wie konnte das geschehen?", fragte Chatara, ehrlich schockiert. Zum ersten Mal seit langem sah Edrahil die ungerührte Maske, die ihr Gesicht normalerweise war, fallen. "Der Plan war gut... eigentlich perfekt. Jemand muss uns verraten haben. Wisst ihr, wer es war, Edrahil?"
Er blickte kurz zu Boden, sah ihr dann in die Augen, und antwortete: "Ja."
"Und wer war es? Sagt es mir, damit ich ihn töten kann." In ihren Augen loderte jetzt eine unbändiger Zorn, und das Verlangen nach Rache, und für einen winzigen Augenblick kamen Edrahil Zweifel an dem, was er hier tat.
"Ich war es."
In ihrer Überraschung zögerte sie nur einen Augenblick, einen Lidschlag lang, und das war ihr Verhängnis. Noch bevor ihr Dolch ganz aus der Scheide war, hatte Edrahil den seinen aus dem Gewand gezogen, und in einem Bogen quer über ihre Kehle gezogen, ein Kunststück, das er, mit der linken Hand, lange geübt hatte.

Chataras Hand fuhr von ihrem Dolch hoch zu ihrer Kehle, versuchte in einen letzten verzweifelten Versuch, ihr Leben zu retten, die klaffende Wunde zu schließen und das hervorsprudelnde Blut zu stoppen. "Wieso...", brachte sie noch mühsam hervor, dann brach sie zusammen und rührte sich nicht mehr.

Edrahil schob seinen blutigen Dolch in die Scheide und antwortete, während er auf die Tote herabsah: "Das bedeutet dir nichts... aber es war alles für Dol Amroth. Alles was ich tue ist für meine Stadt. Für micht hingegen ist dein Tod... ohne Bedeutung."
Er zog ein Blatt Papier, dass eine Wegbeschreibung zum Hauptquartier der Assassinen enthielt aus seiner Tasche und schob unter Chataras Gewänder. Dann schob er die Leiche langsam in Richtung des Palastes, bis er sicher war, dass die Wachen sie sehen konnten. Bevor sie jedoch reagieren konnten, humpelte er so schnell wie möglich in die andere Richtung davon. Er konnte es sich nicht leisten, aufgehalten zu werden, denn er hatte noch etwas zu erledigen... am Hafen.

Edrahil zum Hafen von Umbar...
« Letzte Änderung: 9. Okt 2016, 19:13 von Eandril »

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Rückkehr nach Umbar
« Antwort #3 am: 23. Okt 2013, 00:27 »
Edrahil, Nemsi und Qúanda aus den Bergen von Umbar...

Sie betraten die Stadt durch das Tor, durch das sie sie wenige Tage zuvor verlassen hatten. Diesmal brannte allerdings die Sonne heiß vom Himmel, und ein steter Menschenstrom bewegte sich sowohl nach Umbar hinein als auch aus der Stadt hinaus.
Als sie die erste Straßenkreuzung hinter dem Tor erreicht hatten, nickte Edrahil Nemsi und Qúanda zu, und beide wandten sich jeweils in eine andere Richtung. Schon bald waren sie in der Menge untergetaucht, und Edrahil war allein... so allein, wie man sein konnte, wenn offenbar ganz Umbar auf den Beinen war.

Nichtsdestotrotz machte er sich zielstrebig auf den Weg zum Palast Hasaels, den er auch problemlos erreichte. Jetzt allerdings würde die Schwierigkeiten erst anfangen...

Edrahil zum Palast Suladans...

Editiert von Cirdan. Bitte denke an die Verlinkung :P
« Letzte Änderung: 6. Feb 2014, 12:14 von --Cirdan-- »

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Erklärungen
« Antwort #4 am: 16. Aug 2015, 12:04 »
Edrahil und Saleme vom Fürstenpalast...

Am Morgen nach seiner Befreiung folgte Edrahil Saleme durch die Straßen von Umbar. Die Assassinin war wie üblich so tief verschleiert dass ihr Gesicht nicht sichtbar war, und Edrahil war hinter einem Falschen Bart und einer Kapuze verborgen. Darüberhinaus trug er Handschuhe, um seinen fehlenden Finger zu verbergen, sowie einen Gehstock. Dieser kam ihm - abgesehen von seinem Beitrag zur Tarnung - auch sehr gelegen, denn nach der gestrigen Flucht schmerzte sein Bein stärker als zuvor.
Die Nacht hatten sie in einem weiteren Versteck von Salemes "Organisation" verbracht, das dem ersten das Edrahil kennengelernt hatte, stark ähnelte. Als er seine Verwunderung Saleme mitteilte hatte diese nur spöttisch gelacht und geantwortet: "Glaubt ihr, dass wir nur ein einziges Versteck in dieser Stadt haben? Auch mit diesem hier kennt ihr noch längst nicht alle, und in Anbetracht gewisser... Taten scheint es auch besser so zu bleiben."
Diese Aussage brachte Edrahil zum Nachdenken, und so fragte er nun, als sie zielstrebig durch die Straßen von Umbar gingen: "Warum habt ihr mich befreit?" Saleme am Straßenrand stehen und erwiderte: "Ich dachte, das hätte ich euch bereits gesagt."
"Das habt ihr.", bestätigte Edrahil. "Aber in Anbetracht dessen, dass ich eine ganze Menge eurer Leute ans Messer geliefert und eines eurer Verstecke verraten habe erscheint es mir doch etwas schwer zu glauben."
Saleme seufzte und erwiderte: "Ach Edrahil... glaubt ihr, ich hätte euch sofort ein Dutzend meiner besten Leute zur Verfügung gestellt? Das waren, mit wenigen Ausnahmen, frische Rekruten. Nur dadurch konnten ihr sie so hintergehen. Die einzigen, die schon ein bisschen wertvoller für mich sind, sind ausgerechnet die, die überlebt haben: Azeem, Nemsi und Qúanda - die übrigens die Aufgabe, die ihr ihnen gegeben habt, gewissenhaft ausgeführt haben."
"Und was ist mit der Schlange? Sie sollte Hasael vergiften, aber ich habe ihn nur gewarnt und sie dabei nicht erwähnt."
Salemes Augen blitzten spöttisch auf, und sie erwiderte: "Nun, die Schlange ist ein Sonderfall - aber das werde ich euch vielleicht später irgendwann verraten. Auf jeden Fall ist sie entkommen und erfreut sich bester Gesundheit."
Edrahil nickte und wollte weitergehen, doch Saleme hielt ihn auf.

"Wo wir gerade schon dabei sind: Ich hatte euren Erfolg nie eingeplant. Hasael sollte nicht sterben - noch nicht."
Edrahil sagte nichts. "Hasael drohte die ganze Zeit über keine Gefahr, denn ich habe ebenso mit euch gespielt wie ihr mit mir - allerdings hatte ich den Heimvorteil und war euch durchaus überlegen. Leider hat keiner von uns mit dem wahren Verräter gerechnet..."
"Nun, es wäre auch noch zu früh gewesen, um Hasael zu töten.", meinte Edrahil und zuckte mit den Schultern. "Wie ihr gesehen habt, habe ich das ebenfalls erkannt."
Damit beendete er das Gespräch, und sie gingen weiter.

Nach einer Weile fragte Edrahil: "Wohin gehen wir überhaupt?"
"Wir suchen einen Mann auf, der uns von Nutzen sein könnte - ein Schreiber."
Edrahil verzog das Gesicht. "Ein Schreiber? Wozu sollte ich einen Schreiber brauchen."
"Dieser Schreiber ist etwas besonderes.", erwiderte Saleme. "Einige Zeit nach seiner Ankunft in der Stadt hat er angefangen, sein Geld als Fälscher zu verdienen, und darin scheint er sehr begabt zu sein. Damit hat er verschiedene Kontakte zur Unterwelt der Stadt, die ihr ausnutzen könntet."
"Und wie heißt euer Wunderschreiber?", fragte Edrahil ironisch.
"Nun, ob es sein wirklicher Name ist weiß ich nicht... Er nennt sich Bayyin."
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:05 von Fine »

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Der Schreiber
« Antwort #5 am: 26. Aug 2015, 11:14 »
Der Schreiber lebte in einem Zimmer in einem heruntergekommenen Haus, dass sich an die Stadtmauer von Umbar schmiegte. Edrahil und Saleme wurden von einer alten Frau empfangen, die die Besitzerin des Hauses zu sein schien und ihnen mit einer überraschenden Selbstverständlichkeit den Weg zu Bayyins Zimmer wies - offenbar war sie an Besucher für den Schreiber gewohnt, selbst wenn diese wie Saleme maskiert waren.
Bayyin selbst saß in seinem Zimmer hinter einem kleinen Tisch mit einer Kerze und schrieb konzentriert. Er blickte kaum auf, als Edrahil den Raum betrat, und sagte: "Bitte wartet einen Augenblick, ich bin gleich für euch da." Edrahil warf Saleme, die hinter ihm durch die Tür getreten war, einen Blick mit hochgezogenen Augenbrauen zu und lehnte sich dann mit verschränkten Armen an die Wand neben der Tür. Saleme blieb mit hinter dem Rücken verschränkten Armen stehen wo sie war und für einige Augenblicke war nur das Kratzen von Bayyins Feder zu hören.

Schließlich legte Bayyin die Feder ab und hob zum ersten Mal wirklich den Blick. "Jetzt bin ich für euch da, mein Herr und äh...", er schien kurz über Salemes tief verschleierten Anblick zu stolpern, "... meine Dame. Was kann ich für euch tun?"
Edrahil machte ein paar Schritte nach vorne und beugte sich zum Schreiber hin, die Hände auf den Tisch gestützt. "Jetzt gerade? Nichts. Aber wir würden euch gerne in unsere Gemeinschaft aufnehmen, denn ein talentierter Mann wie ihr..." Er wurde unterbrochen, denn Bayyin war abrupt aufgestanden und erwiderte heftig: "Wie oft muss ich es noch klarstellen? Ich arbeite nicht exklusiv für irgendeine Organisation, und ich will auch keiner Gemeinschaft beitreten, dazu bin ich nicht hier. Es ist mir egal wer in dieser Stadt wen betrügt, also verkaufe ich auch keine Informationen. Wenn ihr einen Auftrag für mich habt dann bitteschön, aber..."
Diesmal unterbrach Edrahil ihn: "Ihr macht da einen Fehler, denke ich. Wie sind keine Gemeinschaft von Verbrechern die darauf aus sind sich zu bereichern."
"Aha.", meinte Bayyin ironisch. "Und was seid ihr dann? Die edelmütigen Rächer der Armen und Schwachen? Glaubt nicht, dass es noch niemand mit dieser Lüge bei mir versucht hat."
Edrahil schüttelte den Kopf, nahm die Kapuze ab erwiderte: "Ihr irrt euch sehr, Schreiber.  Mein Name ist Edrahil von Linhir, und ich bin hier im Auftrag Fürst Imrahils von Dol Amroth. Und ich will ehrlich sein: Unser Ziel ist nicht weniger als der Sturz Hasaels und Suladans, und die Befreiung Harads von Saurons Einfluss. Wenn euch eure Aufgabe wichtiger erscheint als das... bitte sehr, dann werde ich euch nicht weiter belästigen." Er richtete sich auf, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wartete auf Bayyins Antwort. Diese lies tatsächlich ein wenig auf sich warten, denn der Schreiber schien angestrengt nachzudenken.
"Wenn das tatsächlich euer Ziel ist...", begann er schließlich. "Euer Ziel ist ehrenhaft und wert dafür zu kämpfen, ja. Aber ich kann mir nicht sicher sein, dass ihr tatsächlich die Wahrheit sagt, denn auch mit dieser Lüge haben bereits Leute versucht, mich anzuwerben. Also nein, solange ihr mir nicht beweisen könnt dass ihr tatsächlich ehrlich wart... solange werde ich mich euch bestimmt nicht anschließen."
"Nun, wenn euch mein Wort nicht genügt... mehr kann ich nicht bieten.", erwiderte Edrahil. "In diesem Fall verabschiede ich mich und danke euch für eure Zeit."

Vor der Tür sagte er leise zu Saleme: "Das lief ja weniger gut. Seid ihr sicher, dass ihr diesen Schreiber unbedingt haben wollt?" "Ja.", erwiderte Saleme ebenso leise, und sagte dann deutlich lauter: "Nun, wir haben noch ein paar Kontakte. Der nächste ist eine hochinteressante junge Frau... angeblich hat sie weiße Haare, könnt ihr euch das vorstellen?" Edrahil war sich sicher, dass Bayyin die letzten Worte gehört haben musste, denn aus dem Augenwinkel sah der durch die halboffene Tür, wie der Schreiber plötzlich den Kopf hob und ihnen intensiv nachblickte.
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:05 von Fine »

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Eandril

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Ein geheimnisvolles Mädchen
« Antwort #6 am: 6. Sep 2015, 01:50 »
Narissas Start:

Sie waren schon einige Straßen vom Bayyins Quartier entfernt, als Edrahil leise zu Saleme sagte: "Er folgt uns, nicht wahr?" Die Assassinin nickte unauffällig, und erwiderte mit einem belustigten Unterton: "Ja, allerdings nicht besonders geschickt."
"Ihr wisst etwas über ihn, dass ihr mir nicht verraten habt, oder?", fragte Edrahil.
"Nun... ja. Besser gesagt, ich vermute einiges. Meine Vermutungen stellen sich übrigens in den meisten Fällen als zutreffend heraus, und die Tatsache dass er uns folgt deutet bereits an, dass ich mich keineswegs irre."
"Ihr vermutet, dass Bayyin und unser nächster Kontakt sich kennen." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, und so gab Saleme auch keine Antwort. Dafür stellte Edrahil doch eine Frage: "Werdet ihr mir wenigstens verraten wie dieses weißhaarige Mädchen heißt? Das wäre praktisch zu wissen, wenn ich gleich mit ihr reden soll."
"Der Name dieses Mädchens ist Narissa... auch wenn die Bezeichnung Mädchen viel zu harmlos für sie klingt. Wenn sie die ist für die ich sie halte, dann hat sie in ihrem kurzen Leben bereits Dinge getan und erlebt, die ihr euch nicht einmal vorstellen könnt.", erwiderte Saleme.
Edrahil schnaubte belustigt. "Ich kann mir eine ganze Menge Dinge vorstellen." "Wir werden sehen..." Saleme blieb vor der Tür einer heruntergekommenen Hütte, die sich an die Stadtmauer drückte, stehen. "Wir sind da.", sagte sie, und deutete eine einladende Geste in Richtung der Tür an. Edrahil seufzte - er mochte es nicht, einem neuen Kontakt derart unvorbereitet entgegenzutreten - und öffnete dann die Tür. Der winzige schäbige Raum war leer bis auf ein Strohlager in einer der Ecken und einen schiefen Tisch, auf dem eine einzelne Kerze brannte. Doch trotz der brennenden Kerze war niemand zu sehen... Reflexartig wandte Edrahil sich um, und sah sich einer jungen Frau gegenüber, die offenbar in eben diesem Moment vom gegenüberliegenden Dach gesprungen war. Die Frau hielt einen Dolch in jeder Hand, doch Edrahil fielen vorerst nur ihre kurzen, unregelmäßig geschnittenen Haare auf - sie waren völlig weiß.

"Narissa, nehme ich an?", fragte er so ruhig wie möglich, und warf dabei Saleme einen Seitenblick zu. Diese stand so unbewegt wie immer neben ihm, als wäre Narissas plötzliches Auftauchen für sie nicht im Geringsten überraschend gewesen. "Wüsste nicht was euch das angeht.", erwiderte die junge Frau abweisend. "Aber ihr schnüffelt hier herum, also was sucht ihr hier?" Während sie sprach beobachtete Edrahil aufmerksam ihr Gesicht. Es war ein hochinteressantes Gesicht - einerseits schmal und fein gezeichnet, andererseits aber hart und abweisend. Es war schwer zu benennen. Durchaus ein hübsches Gesicht, dachte Edrahil, wenn auch die Nase etwas zu schmal und der Kiefer zu kantig ist, um wirklich schön zu sein. Ihn verwunderten auch die verblüffend grünen Augen - die Bewohner Harads hatten seiner Erfahrung nach eher dunkle Augenfarben. Vielleicht númenorische Vorfahren? Das könnte eine Möglichkeit sein, warum Saleme so interessiert an diesem dürren Ding war.
Er riss sich auch seinen Gedanken und antwortete: "Wir suchen nach euch." "Und warum solltet ihr das tun?", erwiderte Narissa, und fuhr mit kalter Stimme fort: "Nach mir zu suchen kann böse enden..." Für einen Moment schien sie den Faden verloren zu haben, und so sagte Edrahil mit einem beruhigenden Lächeln: "Wir können durchaus auf uns aufpassen. Wir..." Er konnte nicht weitersprechen, denn mit einem Mal schlug er rückwärts gegen das raue Holz der Hüttenwand, und einer von Narissas Dolchen befand sich an seiner Kehle. Er hatte ihre Bewegung nicht einmal wahrgenommen, so schnell war sie gewesen. "So?", fauchte sie ihn an, "Ihr könnt also auf euch aufpassen? Ihr könnt euch ja nicht einmal vor mir verteidigen."
"Lass ihn los, Kind.", sagte Saleme mit sanfter Stimme, in der aber eine leichte Drohung mitschwang. "Lass ihn los, oder du könntest es bereuen." "Achja?", fragte Narissa spöttisch. "Was wollt ihr denn..." Diesmal war sie es, die nicht weiterkam, denn Saleme bewegte sich noch schneller als Narissa zuvor. Plötzlich lag die junge Frau mit den weißen Haaren rücklings und entwaffnet im Straßenstaub, und Saleme kniete ungerührt über ihr und ihr hielt ihr das eigene Messer an die Kehle. "Du bist sehr gut ausgebildet worden... aber dir fehlt noch eine ganze Menge Übung, bevor du es zur Meisterschaft bringst." Narissas Antwort bestand in dem Versuch ihr ins Gesicht zu spucken - allerdings blieb es bei dem Versuch, denn Saleme versetzte ihr blitzschnell eine kräftige Ohrfeige, die ihren Kopf zu Seite riss. "Und diese Wut müssen wir auch unbedingt loswerden, denn..."
Diesmal war sie es, denn Bayyin hatte es in seiner Rolle als stummer Beobachter offenbar nicht mehr ausgehalten. Er stürmte aus seinem Versteck in einer winzigen Nebengasse hervor und rief: "Narissa!" Dann wollte er sich auf Saleme stürzen, wurde jedoch von Edrahil aufgehalten, der ihm ins Ohr knurrte: "Ihr wollt euch doch nicht weh tun, Schreiber." Mit Bayyins Auftritt hatte Narissa schlagartig aufgehört, sich unter Salemes Griff zu wehren, und nun sah sie vom Boden rücklings zu dem Neuankömmling auf. "Bayyin?", fragte sie, und zum ersten Mal hörte Edrahil ein leichtes Zittern in ihrer Stimme. "Was... was machst du denn hier?" Saleme entließ sie aus ihrem Griff und streckte ihr eine Hand entgegen um ihr aufzuhelfen. Zögernd ergriff die weißhaarige Frau die Hand und stand auf. "Wunderbar.", sagte Saleme, und Edrahil konnte ihre Zufriedenheit aus ihrer Stimme heraushören. "Es ist doch immer schön, wenn sich alte Bekannte wiedersehen. Ihr habt doch sicher eine Menge zu besprechen, und wie es sich trifft haben mein Freund Edrahil und ich ebenfalls eine Menge mit euch zu bereden. Ich schlage als vor, dass wir uns in dieses... Haus zurückziehen, wo wir ungestört miteinander sprechen können."
Narissa warf Bayyin einen raschen Blick zu. Bayyin zuckte nur resigniert mit den Achseln und nickte dann knapp. Edrahil folgte ihnen als letzer in die Hütte. Auch wenn er sich davor hütete, es zu zeigen: Er war gespannt, was es mit diesen beiden wirklich auf sich hatte, und ob Saleme mit ihren Vermutungen, was auch immer diese sein mochten, richig gelegen hatte.
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:04 von Fine »

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Rohirrim

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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #7 am: 27. Jan 2016, 00:24 »
Zarifas Einstieg

„Aber was können wir tun?“
Eine schwierige Frage angesichts der Tatsache, dass Zarifa und Ziad nur zwei Obdachlose Diebe in einer Großstadt waren und Ziad nach seiner langen Zeit in Gefangenschaft ein wenig Zeit brauchte, um wieder zu Kräften zu kommen. Stunde um Stunde redeten die beiden in ihrem Zelt und Stunde um Stunde drehten sie sich dabei im Kreis. „Wir müssen möglichst weit oben in der Kette ansetzen. Die Mächtigsten Personen Umbars müssen gestürzt werden. Dann können wir etwas verändern.“ „Und wer genau soll das sein?“ „Nun, der Mächtigste ist wohl der Fürst Hasael, aber an den kommen wir wohl so schnell nicht ran. Sein Palast ist zu gut gesichert. Wir müssen beim Geld ansetzen. Die mächtigsten Kaufleute Umbars unterstützen Hasael. Wenn wir uns irgendwie ihren Reichtum zu eigen machen könnten, hätten wir ganz neue Möglichkeiten, während Hasael gleichzeitig Macht einbüßen würde.“ „Aber wie sollen wir das anstellen? Es geht hierbei nicht darum ein kleines bisschen Essen oder eine Geldbörse mit ein paar Münzen zu stehlen. Wir haben überhaupt keine Erfahrung in solcherlei Dingen und beim kleinsten Fehler sind wir geliefert.“ „Wir bräuchten Unterstützung.“ „Aber wo sollen wir die herbekommen? Wir können wohl kaum einfach so Flugblätter aushängen“ „Wir könnten ein Zeichen setzen. Indem wir einen reichen Sack demütigen zeigen wir den kleinen Leuten, dass es Hoffnung gibt. Wir können ja wohl kaum die einzigen sein, die unter der aktuellen Herrschaft leiden. Die Leute trauen sich nur nicht den Mund aufzumachen“ „Das ist richtig, aber auch hier stellt sich die Frage, wie wir das anstellen sollen. Ich denke wir sollten eher im Geheimen arbeiten.“ „Aber was wollen wir im geheimen bewirken?“

So ging es noch eine ganze Zeit weiter. Schließlich wurde ihnen klar, dass sie zu zweit dem Fürsten oder dessen engsten Vertrauten in deren Palast ungefähr so gefährlich werden konnten, wie eine Fliege, die vor den Fenstern des Palastes vor sich hin summt. Vielleicht ein bisschen nervig, aber in keiner Weise bedrohlich oder gar gefährlich. Gefährlich wäre es nur für die Fliege selber, denn auf sie wartete als Strafe für die Störung vermutlich der Tod. Also beschlossen die beiden, sich erst einmal ein wenig auf der Straße umzuhören und nach potenziellen Verbündeten zu suchen. Mit diesem Entschluss legten die beiden sich schlafen. Bei Zarifa blieb zumindest dieses Vorhaben jedoch lange Zeit erfolglos. Stunden vergingen, während sich die junge Südländerin immer wieder hin und her wälzte, während sie über alles nachdachte. Neben dem Feuer des Enthusiasmus, welches das Vorhaben des Aufstandes in ihr entfacht hatte, schlich sich nun ein neues Gefühl in die Gedanken Zarifas. Was wenn sie scheiterten? Die Narben an ihrem Rücken fingen auf einmal ungewöhnlich stark an zu brennen, während sie sich an ihre früheren Strafen zurückerinnerte. Sie versuchte diese Gedanken zu verdrängen, doch es gelang ihr nicht recht. Ihre Gedanken flitzen zwischen Gefängnissen, Peitschenhieben und einem zahnlosen Grinsen hin und her. Doch dann wiederum dachte die junge Haradrim an Ziad und daran wie sehr sie drauf brannte etwas zu verändern. Und das Risiko eines weiteren Zellenaufenthalts war  es allemal wert. Doch würde sie diesmal erneut mit Einzelzelle und Peitschenhieben durchkommen? Oder wartete am Ende gar der Tod auf sie?

Sie kauerte allein in einem völlig kahlen Raum. Es gab keine Fenster und von den feuchten Wänden ging ein modriger Geruch aus. Die verschlossene Tür vor ihr war der einzige Ausweg. Kälte sowie die Angst um das eigene Schicksal ließen sie erschaudern. Wie würde es jetzt mit ihr weitergehen?
Von außerhalb der Tür hörte sie immer wieder Schritte. Patrouillierende Wachen? Wann würden sie sie aus ihrer Zelle holen und was würde dann mit ihr geschehen? Man hatte ihr nichts gesagt. Die Männer draußen redeten und lachten gelegentlich. Bildete sie es sich nur ein, oder hörte sie sie über „die süße Diebin“ sprechen?
Ein Schlüssel dreht sich im Schloss. Die junge Südländerin erschauderte als sie hörte wie die Tür quietschend aufging, als sie fühlte wie ihr Angstschweiß über den Rücken rann, als sie sah wie sich vor ihr ein großer, dicker Mann mit zahnlosem Grinsen aufbaute und als sie die Tränen auf ihre Zunge schmeckte. Das Grinsen des Mannes wurde breiter und er streckte seine Hand nach ihr aus.
Erschrocken fuhr Zarifa aus dem Schlaf. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, sie atmete schwer und sie schwitzte am ganzen Körper. Doch sie lag in ihrem Bett. Unversehrt.

Zarifa und Ziad bleiben am selben Ort
« Letzte Änderung: 7. Mai 2017, 23:19 von Rohirrim »
RPG:
Char Zarifa in Rhûn

Eandril

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Überzeugungsarbeit
« Antwort #8 am: 14. Sep 2016, 10:40 »
Edrahil schloss die Tür der Hütte hinter sich und tauchte den einzigen Raum somit in ein schummriges Halbdunkel, in dem Narissas Haare geradezu zu leuchten schienen.
Die muss sie dringend färben, sonst kommt sie nie ungesehen irgendwo rein, dachte er bei sich, während Saleme das Wort an die beiden jungen Leute: "Also, offenbar war meine Vermutung, dass ihr euch bereits kennt, zutreffend. Von daher gehe ich davon aus, dass der Rest meiner Vermutungen ebenfalls stimmt."
"Achja?", entgegnete Narissa feindselig, und ihre Schultern spannten sich an. "Was vermutet ihr denn so?" Saleme seufzte, setzte sich vorsichtig auf die Kante des kleinen Tisches und verschränkte die Arme.
"Ihr seid die Enkelin Hadors von der Weißen Insel, wo ihr in Künsten der Spionage und Attentate ausgebildet wurdet. Euer Freund Bayyin dagegen kommt aus Aïn Séfra, wo er Bibliothekar war, bis die Bibliothek niedergebrannt ist. Ihr wart gemeinsam auf der Weißen Insel als Suladans Truppen sie angriffen und zerstörten, und ihr seid beide entkommen."
Narissa entspannte sich kein bisschen, und auch der Schreiber - oder Bibliothekar - Bayyin wirkte weiterhin angespannt. "Woher wisst ihr von der Insel? Ich dachte, niemand außer uns wüsste davon!", fragte das Mädchen, offenbar zornig das jemand anderes ihr Geheimnis kannte.
Ihr Zorn erregte jedoch nur Heiterkeit bei Saleme, die in amüsiertem Tonfall erwiderte: "Ich habe viele Spione und weiß vieles. Eure Insel war weder so unbekannt noch so unbedeutend wie ihr glauben mögt. Und außerdem..." Die Spionin unterbrach sich, und Edrahil war klar, dass die mehr wusste als die Narissa mitteilen wollte.
Bevor das Mädchen nachhaken konnte, sagte er mit aller Autorität die er sich im Lauf der Jahre angeeignet hatte: "Die Insel mag in Harad nicht unbekannt sein, aber in Gondor hat noch niemand davon gehört. Was hat es damit auf sich?"
"Das ist eine Geschichte für eine andere Zeit.", meinte Saleme. "Fürs erste genügt euch zu wissen, dass diese beiden ebenso Suladans und Mordors Feinde sind wie wir."
Oder zumindest ich, fügte Edrahil in Gedanken hinzu. Auch wenn er glaubte, dass Saleme momentan tatsächlich auf seiner Seite stand, war er bei dem größeren Spiel, dass sie spielte, nicht so sicher. Im entging auch nicht, dass Narissa sich bei der Erwähnung Suladans noch mehr verkrampfte als zuvor. Es schien irgendeine Verbindung zwischen dem Sultan und diesem dünnen Mädchen zu geben - wahrscheinlich war es nur die Tatsache, dass Suladan ihre Heimat niedergebrannt hatte. Dennoch hatte Edrahil auch hier das Gefühl, dass Saleme mehr wusste als die preisgab.
Und was diese Insel angeht... Auch wenn er die Wahrheit gesagt hatte, er hatte tatsächlich noch nie davon gehört,  deuteten Narissas Aussehen und der Name ihres Großvaters doch ziemlich eindeutig auf eine númenorische Abstammung hin. Zwar floss gerade in Küstennähe in ziemlich vielen Haradrim númenorisches Blut, schließlich hatten die Númenorer einst hier gesiedelt und Umbar gegründet, doch nur die wenigsten nahmen immer noch Namen wie Hador an. Dies deutete darauf hin, dass Narissas Volk sich seiner westlichen Wurzeln noch immer immer erinnerte und sie in Ehren hielt.

Jetzt rührte sich der junge Schreiber, der bislang kein Wort gesagt hatte. "Ich glaube euch.", sagte er, und erntete dafür einen entsetzten Seitenblick von Narissa. "Edrahil kommt mit Sicherheit aus Gondor - so wie er spricht und aussieht. Dort leisten sie Mordor noch immer Widerstand, und warum sollte er hierher kommen, wenn nicht um Suladan zu stürzen?" Er richtete das Wort jetzt direkt an Edrahil, nicht an Saleme, wie Edrahil mit gewisser Genugtuung feststellte. "Ich weiß zwar nicht, was ihr mit einem Schreiber und Bibliothekar anfangen wollt, aber wenn ihr mich haben wollt - ich stehe euch zur Verfügung."
Auf Narissas Gesicht malten sich Schrecken und Unglauben ab, und bevor sie etwas sagen konnte, griff Edrahil ein: "Bayyin muss mit Sicherheit noch einige Sachen aus seiner Unterkunft einsammeln." Der Schreiber nickte. "Ich schlage vor, dass Saleme ihn dahin begleitet und ihn dann zu unserem Versteck führt. "Wenn Saleme verwundert war, zeigte sie es mit keiner Regung, und so fuhr Edrahil fort, direkt an Narissa gewandt: "Und da du nicht viele Habseligkeiten zu besitzen scheinst, begleite ich dich direkt dorthin. Wenn du es dir auf dem Weg anders überlegst, sollte es dir ja nicht schwerfallen  mir zu entwischen.", schloss er mit einem Augenzwinkern.
Nach einem kurzen Zögern nickte das weißhaarige Mädchen.

Narissa und Edrahil in das Versteck...
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #9 am: 20. Sep 2016, 11:08 »
Narissa aus Edrahils Versteck...

Es war bereits früher Nachmittag, als Narissa das unscheinbare Haus verließ, dass Edrahil als Unterschlupf diente. Ihr Weg führte sie durch die glücklicherweise noch einigermaßen leeren Straßen, die sich nach der mittäglichen Hitze erst allmählich wieder füllten, zum Nordwesttor unterhalb des Fürstenpalasts.
Am Tor befanden sich einige Ställe in denen Reisende ihre Reittiere unterstellen konnten, und dort befand sich auch die graue Stute, die Narissa und Bayyin am Tag zuvor für ihre Reise nach Aín Sefra gekauft hatten. Sie betrat den Stall und stellte erleichtert fest dass der Besitzer tatsächlich so ehrlich war wie er gewirkt hatte, denn das Pferd stand noch in seiner Box.
Narissa löste den Knoten, mit dem die Stute an die Stallwand gebunden war, und strich ihr über den silbergrauen Hals. Das Pferd schnaubte leise, und blickte sie aus einem schwarzen Auge vertrauensvoll an, und Narissa fühlte plötzlich Dankbarkeit gegenüber Bayyin, denn den Großteil des Preises hatte er für sie bezahlt.
Sie führte die Stute aus dem Stall und gab dem Besitzer, der sie offenbar wiedererkannt hatte. Den Weg durch das Stadttor legte sie noch zu Fuß zurück, ihr Pferd am Zaumzeug führend, denn inzwischen war das Gedränge so dicht geworden, dass Reiten keinen Zweck hatte. Schließlich hatte Narissa jedoch das Tor hinter sich gebracht, und außerhalb der Stadtmauern zerstreute sich die Menge etwas. Sie schwang sich in den Sattel und rückte das Tuch, das sie sich um den Kopf geschlungen hatte um ihre auffälligen weißen Haare zu verbergen, zurecht. Auch das dünne helle Hemd, über das schräg über den Oberkörper ein schmaler Ledergurt verlief, war verrutscht. An dem Gurt steckten über ihrer Schulter zwei Dolche, und am Gürtel der um die Hüfte verlief, trug sie zwei weitere. Am Sattel hing Wasserschlauch, und den Beutel mit ihren Habseligkeiten und etwas Nahrung hatte sie vor sich quer über den Sattel gelegt und am Sattelknauf festgehakt.
Ihr Pferd stampfte ungeduldig mit dem Vorderhuf. Narissa beugte sich vor und flüsterte der Stute ins Ohr: "Die meisten Pferde haben Namen, heißt es. Also nenne ich dich Grauwind, und ich hoffe dass du dem Namen gerecht wirst." Sie setzte sich wieder auf und bedeutete Grauwind mit einem sanften Hackenstoß in die Flanken, sich in Bewegung zu setzen.
Die Stute wurde ihrem Namen mit Leichtigkeit gerecht, und schon bald hatten sie Umbar hinter sich gelassen.

Narissa nach Aín Sefra...
« Letzte Änderung: 4. Okt 2016, 18:32 von Eandril »

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Die Verfolgung aufnehmen
« Antwort #10 am: 7. Okt 2016, 11:59 »
Edrahil vom Hafen...
Valion und Valirë vom Anlegeplatz

Es dauerte nicht lange, bis Edrahil fand was er suchte. Als er schnellen Schrittes und schwer atmend aus einer Seitengasse auf die große Hauptstraße, die vom Hafen nach Norden führte, trat, sah er zwei gut gerüstete Gestalten, die sich einige Meter vor ihm mit größter Selbstverständlichkeit durch die Menge bewegten. Als ob sie es gewohnt waren, dass man ihnen Platz machte - was angesichts ihrer Waffen und Rüstungen auch meistens geschah. Die Tatsache, dass eine der beiden Personen zwei Kurzschwerter trug und die andere eine längere gebogene Klinge umgeschnallt hatte, rührte irgendetwas in seinem Gedächtnis, doch für den Moment kam er nicht darauf, was es war.
Er folgte den beiden in ausreichendem Abstand, erleichtert dass sie es tatsächlich nicht eilig zu haben schienen. So konnte er ein wenig durchatmen, und sein schmerzendes Knie etwas beruhigen. Während der ganzen Zeit behielt er die beiden aufmerksam im Auge, und wurde schließlich belohnt, als der Mann mit den zwei Kurzschwertern sich kurz umwandte um einen Lastenträger der ihn angerempelt hatte, zu beschimpfen.
"Oh nein", murmelte Edrahil vor sich hin, als er trotz der schwachen Beleuchtung Valion vom Ethir erkannte. "Der hat mir gerade noch gefehlt..."
Das neben Valion musste dann seine Schwester Valirë sein, die auch nicht viel besser als ihr Bruder war. Er erinnerte sich noch gut an die Streiche und Frechheiten der beiden, als sie Kinder gewesen waren, und nach allem was er wusste waren sie als Erwachsene nicht viel anders als damals. Er musste grinsen, als ihm ein Gedanke kam. Wie hofften diese beiden eigentlich, ihn, den Meister der Flüsterer in einer Stadt wie Umbar zu finden? Sie hatten Glück, dass er sie vorher gefunden hatte.
Das Grinsen verschwand auch nicht, als er beobachtete wie die Zwillinge eine Taverne am Straßenrand ansteuerten. Wenn er sie richtig einschätzte, würden sie es nicht mit ein paar Schlucken Wein gut sein lassen - und dann wären sie ihm hilflos ausgeliefert.


Verlinkung ergänzt
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:06 von Fine »

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Ein "kurzer" Zwischenstopp
« Antwort #11 am: 7. Okt 2016, 14:53 »
Den ganzen Weg vom Hafen die große Hauptstraße hinunter verbrachte Valion damit, sich einen Weg durch die Massen zu bahnen. Bereits nach wenigen Minuten wünschte er sich die sauberen und geregelten Straßen Dol Amroths zurück.
"Hier sind einfach zu viele Leute unterwegs," beschwerte er sich nachdem ihn ein Lastenträger angerempelt hatte.
"Sonderbar, dass die Sache am Hafen nicht mehr Schaulustige angelockt hat," kommentierte seine Schwester. "Als wäre es normal, dass hier ab und zu ein Schiff in Flammen aufgeht."
"Kein Wunder in der Stadt der Korsaren," meinte Valion und schob einen Mann beiseite, der ihm im Weg stand. "Hier scheint wirklich nur das Recht des Stärkeren zu gelten."

Sie legten keine besondere Eile an den Tag. Die Überfahrt von der Insel steckte ihnen noch in den Knochen und Valion hatte keine Lust auf eine anstrengende Sucherei.
"Wo mag sich Edrahil wohl herumtreiben?" überlegte er laut.
"Wahrscheinlich steht er hinter dem Thron des Herrn von Umbar und flüstert ihm vergiftete Worte ins Ohr," sagte Valirë mit einem Lächeln. "Der alte Spion suchte sich schon immer gerne einen Platz aus, von dem er alles überblicken konnte. Erinnerst du dich an die Sache mit dem Festessen?"
Valion nickte. Natürlich erinnerte er sich. Ganz Tolfalas hatte noch über ein Jahr vom berüchtigten "Braten-Vorfall" geredet. Es war das Meisterstück der Zwillinge und Erchirions gewesen.
"Hätte Edrahil nicht diesen Posten auf dem Turm aufgestellt, wäre die ganze Sache niemals herausgekommen," murrte er.
"Ein Erfolg war es aber allemal," sagte Valirë. "Ich wünschte, Amrothos wäre hier, damit ich ihn daran erinnern könnte!"
Sie lachten und zogen weiter die Straße entlang.

"Du schlägst also vor, zum Palast zu gehen?" wollte Valion einige Meter weiter wissen. "Was soll das bringen?"
"Na, überleg doch mal, kleiner Bruder. Edrahil hat seine Augen und Ohren überall, davon können wir ausgehen. Vielleicht er ja auch schon vom Vorfall am Hafen gehört, dort konnten wir aber nicht bleiben ohne Bekanntschaft mit dem hiesigen Kerker zu machen. Den Palast hingegen wird Edrahil sicherlich ganz besonders überwachen. Wenn wir uns also in der Nähe sehen lassen, wird er wahrscheinlich auf uns aufmerksam werden."
"Sehr wahrscheinlich sogar," stimmte Valion zu. "Also gut. Statten wir dem Palast einen Besuch ab."

Sie schlenderten ein Stückchen weiter bis Valion unerwartet stehen blieb.
"Wohin geht es denn überhaut zum Palast? In welche Richtung müssen wir gehen?" stellte er die Fragen die ihm in die Gedanken gestiegen waren.
Valirë verharrte einen Augenblick in ihrer Bewegung, dann drehte sie sich zum ihm um. "Das... ist eine gute Frage," sagte sie dann.
Sie kannten sich in Umbar nicht aus. Da die Straße von hohen Stadthäusern gesäumt war konnten sie auch nicht nach einem Gebäude Ausschau halten, das Ähnlichkeiten mit einem Palast hatte.
Valion kratzte sich grüblerisch am Kinn. Denke wie Edrahil, schoss es ihm durch den Kopf.
"Wir müssen uns einen Überblick verschaffen," verkündete er. "Kannst du irgendwo einen Turm oder etwas Ähnliches sehen?"
"Nein, ich kann nicht über den Rand dieser Häuser hinwegsehen," gab seine Schwester zurück.
"Dann müssen wir uns diese Informationen woanders beschaffen," entschied Valion. "Wie wäre es mit der Taverne da drüben? Dort könnten wir anfangen."
"Gute Idee, Bruder," sagte Valirë. "Ich bin sowieso am Verdursten."

Sie betraten eine kleine Schenke am Straßenrand. Der Raum war von einigen wenigen Gestalten bevölkert die am Tresen lehnten. Alle Augen wandten sich den Zwillingen zu als Valirë die Tür aufstieß. Die Blicken galten vor allem ihren Waffen und ihrem Auftreten. Das Gerede senkte sich zu einem Getuschel herab, doch ganz still wurde es nicht. Als sie den Tresen erreichten, begann die Lautstärke bereits wieder zuzunehmen und hatte kurz darauf wieder ihr vorheriges Niveau erreicht.
Der Schankwirt sagte etwas in einer südländischen Sprache, die Valion nicht verstand.
"Sprich Westron, Wirt," knurrte er. "Und beschaff' uns etwas zu trinken. Na los!" Er schob dem Mann mehrere goldene Münzen zu und dieser beeilte sich, der Bitte nachzukommen. Wenig später kehrte er mit diversen alkoholischen Getränken wieder. Valion nickte zufrieden.
"Suchen wir uns ein Plätzchen, vielleicht dort hinten in der Ecke bei den Sitzkissen," schlug er Valirë vor.
"In Ordnung. Trinken wir ein wenig und hören uns dann nach Edrahil und dem Weg zum Palast um," sagte sie.

Eine Stunde und viele Krüge später hatten die Zwillinge zwar nicht den Weg zum Palast, dafür aber einen Haufen neue Freunde gefunden. Auf Valions Schoß saß ein dunkelhaariges, leicht bekleidetes Mädchen und hauchte ihm Worte in einer Sprache Harads ins Ohr. Er stieß mit seinem Sitznachbarn an, einem umbarischen Händler aus der Oberstadt, und reckte das Gefäß der Runde entgegen, was laute "Prost!"- Rufe und begeisterte Laute zur Folge hatte. Valirë saß auf den Schultern eines breit gebauten Korsaren und leerte ihr Weinglas, um es dann mit voller Wucht gegen eine Wand zu schleudern. Die Zwillinge waren bester Laune.
"Hier weiß man offenbar noch, wie man Spaß hat!" rief Valion und schenkte sich neu ein.
Einige ihrer neuen Freunde hatten ihnen bereits versprochen, sie zum Palast zu führten, doch Valion und Valirë hatten beschlossen, dass solch eintönige Angelegenheiten warten konnten bis sie ihre Ankunft in Umbar angemessen gefeiert hatten. Edrahil und Lothíriel zu finden würde anschließend ein Kinderspiel werden...
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Eandril

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Der erste Kontakt
« Antwort #12 am: 7. Okt 2016, 15:46 »
Als die Zwillinge die Taverne betreten hatten, schlenderte Edrahil langsam die Straße auf und ab, gab vor sich für die Waren verschiedener Händler zu interessieren, und behielt dabei immer die Schenkentür im Blick.
Wie erwartet ließen sich die beiden längere Zeit nicht blicken - allerdings wurden die Geräusche aus der Taverne immer lauter und fröhlicher. Offenbar waren die anwesenden trotz der frühen Stunde bereits in Feierlaune. Schließlich hatte er auch den letzten Stand besucht, und beschloss die Schenke nun selbst aufzusuchen. Inzwischen mussten die Zwillinge genug getrunken haben, dass er mit ihnen leichtes Spiel hätte.

Er trat ins Dämmerlicht der Taverne und schloss möglichst leise die Tür hinter sich. Valion und Valirë auszumachen fiel ihm nicht schwer, denn aus ihrer Ecke drang mit Abstand der meiste Lärm.
"Wein", sagte er zum Wirt auf der anderen Seite des fleckigen Tresens, und schob ihm eine Silbermünze zu.
Der Wein war sauer und geschmacklos, und obwohl Edrahil unwillkürlich das Gesicht verzog, beschwerte er sich nicht. Schließlich war er nicht zum Vergnügen hier. Er lehnte sich mit dem Rücken an den Tresen und beobachtete die mit Sitzkissen ausgelegte Ecke, in der die Zwillinge vom Ethir sich anscheinend köstlich amüsierten.
Ein Weinglas, von Valirë geworfen, zerschellte klirrend an der Wand, und der Wirt hinter Edrahil murmelte etwas von "Die Wache rufen".
Bevor er jedoch zur Tat schreiten konnte, drehte Edrahil sich zu ihm um. "Die beiden gehören zu mir, und ich komme für den Schaden auf." Er legte ein paar Goldmünzen auf den Tresen, die der Wirt sofort einsammelte, und fügte hinzu: "Es gibt keinen Grund die Wache zu rufen, ich sorge dafür dass sie hier verschwinden." Jede einzelne Münze würde er sich von Valion zurückholen.
Der Wirt nickte mit griesgrämiger Miene, und antwortete: "Von mir aus, aber macht es sofort. Sonst muss ich doch die Wache rufen."

Edrahil stand auf, und ließ seinen Wein nahezu unberührt stehen. Er ging langsam entlang der Wand, doch seine Vorsicht war unbegründet, denn weder Valion noch Valirë schienen irgendetwas außerhalb ihrer unmittelbaren Umgebung wahrzunehmen. Vermutlich hätten sie es nicht einmal bemerkt, wenn Edrahil auf einem weißen Ross unter Trompetenklängen in die Taverne geritten wäre, aber Vorsicht war nun einmal seine Art.
Leise kam er von hinten auf Valion zu, der dem nicht weniger betrunkenen Händler neben sich zuprostete und zog unauffällig mit der linken Hand seinen Dolch. Weder Valion, der von dem sehr leicht bekleideten Mädchen auf seinem Schoss abgelenkt wurde, noch Valirë, die versuchte den Korsaren, auf dessen Schultern sie saß, mit den Fersen zum Tanz anzutreiben, bemerkten ihn. Edrahil ging hinter Valion in die Hocke und legte ihm dann mit einer raschen Bewegung den Dolch an die Kehle.
"Willkommen in Umbar, Valion Cirgon", sagte er leise, und fügte dann laut genug, um die Feiernden zu übertönen: "Alle, die nicht Valion oder Valirë heißen: Sofort raus. Der Wirt hat die Wache gerufen", log er schamlos. "Sie sind bereits auf dem Weg hierher, und wenn ihr nicht die nächsten Tage in einer Zelle verbringen wollt, solltet ihr auf der Stelle hier verschwinden."
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:07 von Fine »

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Neuigkeiten für den Herrn der Spione
« Antwort #13 am: 7. Okt 2016, 17:22 »
Als er das kalte Metall an seinem Hals spürte erstarrte Valion mitten in der Bewegung. Wie ein Schleier fiel die Trunkenheit von ihm ab und er konnte ganz klar erkennen, in welcher Lage er sich befand. Die Korsaren stoben auseinander und in erstaunlich kurzer Zeit waren die Zwillinge mit Edrahil alleine in der Taverne.
"Edrahil! Wie ... schön!" murmelte Valirë, ein schiefes Lächeln im Gesicht.
"Nimm die Klinge da weg bevor noch jemand verletzt wird, alter Mann," stieß Valion angespannt hervor.
"Eins nach dem anderen, mein Junge", gab Edrahil zurück, und machte keine Anstalten die Klinge von Valions Hals zu nehmen. "Zuallererst möchte ich wissen, in wessen Auftrag ihr hier in Umbar seid. Und zwar leise, wenn ich bitten darf."
"Was ist los? Warum denn so ...feindselig?" stammelte Valirë und ließ sich auf einen Stuhl gegenüber von Edrahil fallen. "Imrahil... schickt uns."
"Ganz genau," ergänzte Valion durch zusammgebissene Zähne. "Wir sind wegen Lothíriel hier. Sie wurde entführt. Wusste der große Herr der Spione das etwa nicht?"
Edrahil nahm langsam das Messer von Valions Hals, ohne die Haut auch nur ein winziges bisschen einzuritzen. "Ich bin nicht feindselig, sondern vorsichtig", sagte er an Valirë gewandt. "Aber so etwas kennt ihr jungen Narren wahrscheinlich nicht..." Er verstummte, als Valions Worte langsam zu ihm vordrangen.
"Sie wurde... WAS?" Für einen Augenblick vergaß er selbst, leise zu sprechen, fing sich aber gleich wieder. "Ich bringe Amrodin um...", brachte er durch zusammengebissene Zähne hervor, und meinte damit seinen Stellvertreter als Herr der Spione in Dol Amroth.

"Ihr wusstet es tatsächlich nicht," sagte Valion abschätzig und stand langsam auf. Er ging zu seiner Schwester hinüber und zog ein Fläschchen aus seiner Tasche. "Trink, Valirë. Wird Zeit, dass du wieder geradeaus schauen kannst."
Sie leerte das Gefäß in einem Zug und verzog das Gesicht. Doch ihr Blick klärte sich einige Augenblicke später.
"Also gut, Edrahil," sagte Valion, der sich den Hals rieb. "Da Ihr uns nun gefunden habt eher wir Euch finden könnten ist es umso besser. Habt Ihr irgendetwas mitbekommen, was auf Lothíriels Ankunft in Umbar hindeuten könnte? Sie wurde vor einer Woche per Schiff aus Dol Amroth entführt."
"Noch nichts", antwortete Edrahil unwillig. "Aber das mag daran liegen, dass ich hier meine Haut riskiert habe und sogar bis in Hasaels Kerker gegangen bin, während ihr in Gondor auf der faulen Haut gelegen habt." Er atmete tief durch, und versuchte den Zorn zu beherrschen, der ihn bei Valions ersten Worten gepackt hatte. Die Zwillinge waren schon immer dreist gewesen, und dass sich über sich selbst ärgerte weil er nichts davon gewusst hatte, machte Valions Spitze noch schlimmer.
Mit einem bedeutungsvollen Blick auf den Wirt, der nun hinter seinem Tresen schmutzige Gläser auswischte, fügte er hinzu: "Wir sollten unter vier - Verzeihung, sechs - Augen weiterreden. Aber zuerst möchte ich wissen, wie der Fürst darauf gekommen ist, ausgerechnet euch auf die Suche nach seiner Tochter zu schicken."

Edrahilr steckte den Dolch, den er bislang in der Hand gehalten hatte, zurück in die Scheide. "Ich könnte zwar ein paar Kämpfer zur Unterstützung gebrauchen, aber mir wäre jemand lieber gewesen, der weiter als bis zum nächsten Glas Wein denken kann," sagte er.
Valion verschränkte die Arme, doch es war Valirë die antwortete: "Was soll das denn bitte bedeuten? Wir waren auf der Suche nach Informationen."
"Imrahil schickt uns, weil wir die beste Option für ihn waren. Wir haben die Anduin-Mündungen zurückerobert und sogar einen von Saurons geflügelten Schatten in die Flucht geschlagen. Ihr werdet Lothíriel aufspüren, wie Ihr es immer getan habt, und dann helfen wir Euch, sie zu befreien. Ein Schiff wartet außerhalb der Meerenge von Umbar auf mein Signal."
Valirë nickte. "Kennt Ihr denn einen Ort wir ungestört sind? Dann könnt Ihr uns dort in euren meisterhaften Plan einweihen."
Edrahil biss zornig die Zähne zusammen, als er Valion von der Rückeroberung Ethirs erzählt hatte. Der Junge versuchte tatsächlich sein unbedachtes Handeln, dass den brüchigen Waffenstillstand mit Mordor gehörig ins Wanken gebracht hatte, als eine gute Tat darzustellen. Edrahil fragte sich, ob Valion wirklich so naiv war, das zu glauben, oder ob er ihn bewusst anlog. Eigentlich war bei ihm beides zu erwarten.
Edrahil ging trotz seines Ärgers für den Moment darüber hinweg, und sagte: "Ich kenne tatsächlich einen Ort, wo wir ungestört sind, auch wenn ich fürchte dass er nicht mehr lange geheim sein wird, wenn ihr erst einmal dort gewesen seid..." Er seufzte, und ging zur Tür der Schenke. "Also los."
"Na komm, Valirë," sagte Valion und zog seine Schwester vom Stuhl hoch. Gemeinsam verließen sie die Taverne und folgten Edrahil zurück auf die Straße und durch das Gewirr der Stadt.


Edrahil, Valion und Valirë zu Edrahils Versteck
« Letzte Änderung: 11. Okt 2016, 09:57 von Fine »
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Die Jagd
« Antwort #14 am: 10. Okt 2016, 20:06 »
Valion und Valirë aus Edrahils Versteck


Die Zwillinge betraten die Straße und blickten sich um. Es war voll, voller noch als vor einer Stunde als Edrahil sie hier entlang geführt hatte. Der Junge, der Edrahil alamiert hatte, zog an Valirës Arm. "Hier, hier!" rief er und lief in Richtung einer der Seitengassen los. Eilig folgten sie ihm, die Waffen griffbereit. Es ging um mehrere Ecken, und je näher sie kamen, desto lauter hörten sie den Aufruhr von mehreren aufgeregten Stimmen.

"Lasst mich in Frieden, ihr Hunde!" Das war Bayyins Stimme. Sie umrundeten im Laufschritt die letzte Ecke, die Schwerter gezogen. Da war der Schreiber, von fünf vermummten Gestalten an die Wand gedrängt und. Seine Peiniger hatten Dolche und Krummsäbel auf ihn gerichtet und waren offensichtlich drauf und dran, Bayyin ernsthaft zu verletzen. Valion erfasste die Lage mit einem schnellen Blick, nickte seiner Schwester unmerklich zu und handelte dann, ohne zu zögern. Seine linke Klinge verließ dank einer gut geübten Bewegung des Handgelenks seinen Griff, drehte sich in der Luft und durchbohrte den Kopf des vordersten Banditen. Ehe sich die anderen von ihrem Schock erholt hatten waren die Zwillinge schon heran. Valirë schwang Gilrist in einem geschwungenen Bogen nach oben und ein weiterer Mann brach tot zusammen, eine tiefrote Linie vertikal über seinen Körper. Valion parierte einen schlecht gezielten Schlag und verpasste dem Dritten einen heftigen Fausthieb, drehte sich um die eigene Achse und zog dabei sein zweites Schwert aus der Leiche seines ersten Opfers. Auch seine rechte Hand war nicht untätig geblieben und als er neben Bayyin zum Stehen kam fehlte dem dritten Banditen der Kopf.

Die letzten beiden Räuber nahmen Ausreiß.
"Sie haben meine Tasche! Da sind all meine wichtigsten Aufzeichnungen und Schriften drin!" rief Bayyin verzweifelt.
"Verfolge du diese Banditen weiter, kleiner Bruder," sagte Valirë. "Ich bringe unseren Freund hier in Sicherheit und beschütze ihn."
Valion nickte und nahm die Verfolgung auf. Erst einige Meter später fiel ihm Valirës Betonung auf, doch er hatte nun wirklich keine Zeit um umzukehren.
"Komm, Schreiber," hörte er die Stimme seiner Schwester hinter sich verklingen. "Finden wir einen Ort, an dem es sicher ist."

Valion sah die beiden übrigen Banditen vor sich am Ende der Gasse nach rechts abbiegen. Er griff seine Schwerter fester und sprintete hinterher. Die Jagd ging weiter durch Hinterhöfe, über Leitern und Dächer, und Valion holte anfangs beständig auf. Doch er kam nie nah genug an die Fliehenden heran, um sie zu erwischen. Er hatte zwar den Vorteil, jung und ausdauernd zu sein, doch seine Gegner kannten sich in der Stadt aus und waren ausgeruht, während Valion seit der Ankunft in Umbar nicht geschlafen hatte. Die Gassen der Stadt waren wie ein Labyrinth, doch er konnte sich gerade keine Gedanken darüber machen, wie er den Weg zurück finden würde. Valion unterdrückte den Schmerz, der sich in seinen Seiten auszzubreiten begann, und verdoppelte seine Anstrengungen.

Erneut erkletterten die Räuber vor ihm eine wackelige Leiter und wollten gerade über den Rand des Daches verschwinden, als die letzte Sprosse unter dem zweiten Kerl abbrach und er mit einem Schrei abstürzte. Mehrere Meter tief fiel er und kam krachend unten an, keine Regung mehr von sich gebend. Seine Hand erschlaffte und ließ den Griff von Bayyins Tasche los, die Valion aufhob. Schnell hängt er sie sich um und suchte nach einem anderen Weg nach oben. Zu seiner Linken fand er eine Treppe, die auf ein nahegelegenes Dach führte. Drei Stufen auf einmal nehmend sprintete er nach oben, nahm Anlauf und überquerte die tief unter ihm liegende Gasse mit einem beherzten Sprung. Sein letzter Gegner erwartete ihn bereits, einen teils überraschten, teils abschätzenden Blick im Gesicht.
"Na komm schon, du gondorischer Hund," spie er aus und zog seinen Krummsäbel.
"Du willst die Tasche? Dann hol sie dir, Südländer!" gab Valion zurück und ließ die kleinere seiner Klingen locker in der linken Hand kreisen.
Wie Raubtiere umkreisten sie einander vorsichtig auf dem breiten Dach unter den heißen Strahlen der Mittagssonne.
"Mein Name ist Mustqîm," prahlte der Bandit. "Meine Klinge wird heute dein Blut trinken!"
"Du irrst dich," konterte Valion, machte einen Ausfallschritt zur Seite und ließ beide Klingen auf Mustqîm zu schnellen. Doch dieser wich gewandt aus und nutze Valions Bewegung selbst zum Angriff. Valion konnte gerade noch den Arm hochreißen und den auf seinen Kopf gezielten Schlag parieren. Ohne innezuhalten presste er seine Klinge gegen die des Gegners und führte mit der zweiten einen niedrig gezielten Stich gegen die Beine des Banditen. Dieser sprang rückwärts, sammelte sich einen winzigen Augenblick und stürzte sich dann erneut auf Valion.

Valion kam der Zweikampf lange vor, doch in Wirklichkeit tauschten sie nur wenige Minuten lang Hiebe und Paraden aus. Beide mussten sie diverse kleinere Schnitte und Schürfwunden hinnehmen, doch schließlich gelang es Valion, Mustqîms Säbel mit seinem linken Schwert festzunageln und ihm mit der flachen Seite seiner zweiten Klinge einen heftigen Schlag auf den Unterarm zu versetzen, sodass dieser schmerzerfüllt aufschrie und reflexartig seine Waffe fallen ließ. Sofort richtete Valion beide Schwertspitzen auf Mustqîms Gesicht und drängte ihn rückwärts, bis zum Rand des Daches.
"Du bist geschlagen, Umbar-Abschaum," stieß er schwer atmend hervor.
"Ich sagte doch, mein Name ist Mustqîm, nordländischer Barbar," gab der Bandit ebenso angestrengt zurück.
"Rede! Was wollten deine Spießgesellen und du von Bayyin?"
"Einem Hund aus Gondor muss ich nicht antworten," sagte Mustqîm und spuckte aus.
"Das werden wir ja sehen," antwortete Valion, doch da machte der Bandit unvermittelt einen Schritt rückwärts - über den Rand des Daches hinweg. Als Valion eilig nach unten blickte, sah er wie Mustqîm auf dem von dickem Stoff überdeckten Dach eines der vielen Stände an der Straße landete, dieses mit sich riss und sich unten angekommen geschickt abrollte. Zu allem Unglück grenzte die Straße direkt an einen sehr belebten Marktplatz und der Bandit warf Valion ein gehässiges Nicken zu, eher er in der Menge verschwand.

Valion atmete schwer aus. Immerhin, die Tasche hatte er zurückerlangt und der Schreiber war gerettet worden. Doch er würde keine Antworten oder Gründe des Angriffs für Edrahil haben und konnte sich bereits gut vorstellen, dass der Herr der Spione darüber nicht allzu erfreut sein würde. Er sprang zurück auf das angrenzende Dach und nahm die Treppe nach unten in die Gassen. Mehrere Minuten irrte er dort umher und versuchte, sich an den Weg zu erinnern, den er während der Jagd genommen hatte, doch es war zwecklos. Gerade als er aufgeben und sich irgendwie einen Weg zum Hafen bahnen wollte fiel ihm ein bekanntes Gesicht am Straßenrand ins Auge. Es war der Junge, der sie zu Bayyin geführt hatte.
"He, du da!" rief er und ging zum dem Jungen, der an einer Wand lehnte, hinüber. "Weißt du, wo ich Bayyin und meine Schwester finde?"
"Ja, weiß ich," sagte der Junge, doch dann hielt er inne und blickte Valion erwartungsvoll an. Mehrere Augenblicke vergingen, doch erst als er die Hand ausstreckte verstand dieser und ließ eine Münze hineinfallen. Der Junge nickte und fuhr dann fort, als hätte es die kleine Pause nie gegeben. "Komm mit!" rief er und lief los, gefolgt von Valion.

Sie mussten nur um wenige Ecken biegen bis sie vor einer Tür standen. Der Junge warf Valion einen seltsamen Blick zu und verschwand wieder im Gewimmel der Straße. Verwundert trat Valion ein und fand im Inneren seine Schwester in einem weichen Sessel sitzend vor, in kaum mehr als eine Pelzdecke und mehrere Leinentücher gehüllt. Er verdrehte die Augen.
"Bei allen sieben Sternen, Valirë, was hast du dir dabei gedacht?"
Sie lachte zur Antwort. "Entspann' dich, kleiner Bruder. Alles ist gut."
"Wo ist Bayyin?" verlangte Valion zu wissen.
Valirë deutete auf die zweite Tür im Raum, die in einen weiteres Zimmer führte und offen stand. "Er schläft. Es geht ihm gut, den Umständen entsprechend. Keine Sorge: Edrahil wird nichts davon erfahren."
Valion seufzte. "Natürlich wird er davon erfahren. Komm schon, es ist Edrahil. Er findet es immer heraus."
Seine Schwester ließ die Schultern unmerklich ein wenig sinken. "Nun... vielleicht wird er das. Aber es ist mir egal."
Valion setzten sich zu ihr an den Tisch. "Hast du wenigstens bekommen, was du wolltest?," was seine Schwester mit einem Nicken beantwortete. "Also gut. Hier ist Bayyins Tasche. Wir warten, bis er sich erholt hat, und dann bringen wir ihn und seinen Besitz zurück zu Edrahil."
Er schloss für einen Moment die Augen und spürte nun die Schmerzen und Strapazen der Jagd, als das Adrenalin nachließ. Während Valirë seine Wunden verband dachte Valion über den Feind nach, den er heute kennengelernt hatte. Er fragte sich, ob er vielleicht eines Tages erneut die Klingen mit Mustqîm kreuzen würde....

Ungefähr eine halbe Stunde später erwachte Bayyin. Den ganzen Weg zurück zu Edrahils Versteck blieb sein Kopf hochrot und er vermied es, Valirë in die Augen zu sehen, die ein Lächeln im Gesicht trug. An ihrem Ziel angekommen öffnete der Schreiber die Tür mit dem geheimen Signal und sie traten ein.


Valion, Valirë und Bayyin zu Edrahils Versteck
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Der Bibliothekar
« Antwort #15 am: 13. Okt 2016, 15:35 »
Valion und Valirë aus Edrahils Versteck


Valirë legte eine Hand über die Augen um sie vor der tiefstehenden Sonne abzuschirmen.
"Es wird nicht mehr lange dauern bis zur Dämmerung," sagte sie.
"Dann sollten wir uns auf schnellstem Weg zum Fürstenpalast begeben," entschied Valion. "Wenn es stimmt was der Schreiber über diesen Wahab gesagt hat sollte er in der Taverne unterhalb des Palastes zu finden sein, wenn die Dunkelheit anbricht."
Seine Schwester nickte. "Gehen wir", sagte sie kurzangebunden. Sie verhielt sich untypisch für ihr normales Auftreten, was Valion verwunderte. Offenbar hatten Edrahils Worte einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Da sie von Bayyin eine Wegbeschreibung zu ihrem Ziel erhalten hatten mussten sie sich dieses Mal nicht auf die Hilfe der Straßenkinder verlassen. Obwohl der Abend immer näher rückte war das Gedränge auf den großen Straßen nach wie vor groß. Valion kam es sogar so vor, als wären die Menschen sogar noch mehr geworden als weniger. Doch sie wussten wohin sie gehen mussten, denn Bayyins Angaben waren sehr präzise gewesen.
Sie kamen auch an dem überfüllten Marktplatz vorbei, auf dem Valion Mustqîm verloren hatte. Er hielt die Augen nach dem Mann offen, konnte jedoch keine Spur von ihm entdecken.
Natürlich, dachte er. Dieser Bandit ist gerissen. Er würde sich nicht einfach offen zeigen. Das hat er mit Edrahil gemeinsam.
Die Zwillinge verließen den Markt in östlicher Richtung und bogen auf eine weitere breite Straße ein, an deren Ende nun der Fürstenpalast in Sicht kam. Je näher sie kamen, desto mehr Stadtwachen begegneten ihnen. Viele warfen den beiden misstrauische Blicke zu, doch offenbar hatte keiner Lust oder Zeit, sich mit Valion und Valirë anzulegen.

Wie Bayyin gesagt hatte, fanden sie direkt unterhalb der Mauern des Palastes eine Taverne, die einen deutlich gehobeneren Eindruck machte als die, in der sie Edrahil zum ersten Mal getroffen hatten. Vor dem Eingang stand ein griesgrämiger Rausschmeißer, der einen einzigen Blick auf die Zwillinge warf und sich augenblicklich bedrohlich vor ihnen aufbaute.
"Keine Waffen," knurrte er. "Wenn ihr 'rein wollt, kommt unbewaffnet wieder."
"Immer mit der Ruhe, mein Freund," sagte Valion beschwichtigend. "Wir werden dir keine Probleme bereiten." Er löste seinen Gürtel, an dem seine Schwerter hingen, und trat auf den Mann zu, um sie ihm zu reichen. Als der Rausschmeißer die Hand danach ausstreckte machte Valion einen schnellen Schritt nach vorne und verpasste dem Korsaren einen gut gezielten Schlag gegen die Schläfe. Ehe er mit lautem Getöse zu Boden fallen konnte fing Valion den Bewusstlosen ab und legte ihn vorsichtig mit dem Rücken gegen die Mauer gelehnt ab, sodass er wie schlafend aussah. Er blickte sich rasch um, doch der Menschenstrom hatte seine Aktion vor unfreundlichen Blicken bewahrt. Zumindest rief niemand nach der Wache oder brach in Panik aus. Diesmal waren sie unauffällig geblieben.

Sie traten ein und warfen einen Blick in den Schankraum der Taverne. Drinnen lag eine dunstige Schicht aus seltsam riechendem Rauch, die von den vielzähligen Wasserpfeifen auf den Tischen und Sitzgelegenheiten aufstieg. Zwar war es dadurch schwerer, Gesichter und Personen zu erkennen, doch das kam den Zwillingen nicht ungelegen.
"Dort hinten," wisperte Valirë und lenkte Valions Blick auf eine Nische in der hinteren Ecke des Schankraums. Ein Mann saß dort, sein Gesicht von einer Kerze beleuchtet. Soweit Valion es erkennen konnte passte er auf Bayyins Beschreibung. Sie näherten sich vorsichtig, doch Valirë hielt ihren Bruder zurück.
"Lass mich vorgehen," raunte sie ihm zu. "Schleich dich von der Seite an."
Sie ließ sich auf den Stuhl gegenüber ihres Ziels fallen und räkelte sich, während Valion einen Bogen um einen benachbarten Tisch schlug und sich der Ecke vorsichtig aus einem Winkel näherte, aus dem der Mann ihn nicht sehen würde (so hoffte er).
"Was soll das? Ich habe keine Begleitung bestellt," sagte Wahhab halb erstaunt, halb verärgert.
"Bibliothekar Wahhab, richtig?" sagte sie und beugte sich zu ihm hinüber, doch dieser machte eine abwehrende Geste und schob Valirës Hand beiseite.
"Der bin ich, aber ich sagte bereits, ich brauche keine Gesellschaft," meinte er in abweisendem Ton.
Valirë betrachtete den Tintenfleck, den seine Berührung auf ihrem Arm hinterlassen hatte. "Ich habe vielleicht ein anderes Angebot für Euch," sagte sie dann. "Ihr solltet es Euch anhören."
"Ich habe kein Interesse an Angeboten dieser Art," antwortete Wahab und machte Anstalten, aufzustehen.
"Oooh, aber ich bestehe darauf," säuselte Valirë - und in diesem Moment legte Valion dem Bibliothekar die Klinge seines kürzeren Schwertes an den Hals.
Wahab erstarrte. "Was wollt Ihr von mir?" stieß er hervor. Valion sah, wie der übergewichtige Mann zu schwitzen begann.
Ein Feigling also, dachte er. Hervorragend..
"Wir brauchen Zugang zur fürstlichen Bibliothek," flüsterte er Wahab ins Ohr. "Und Ihr werdet ihn uns beschaffen."
Wahab sträubte sich. "Ich kann nicht... wenn der Fürst davon erfährt..."
"Das wird er nicht, wenn Ihr den Mund haltet," gab Valion zurück. "Ihr werdet mit niemandem auch nur ein Wort darüber verlieren, dann wird Euch nichts geschehen. Wie gelangt Ihr in den Palast? Habt Ihr einen Schlüssel?"
"N-nein, ich... die Palastwachen kennen mich, sie lassen mich am Eingangstor passieren..." stammelte der Bibliothekar.
"Gibt es einen geheimeren Zugang?" fragte Valirë.
Wahab antwortete nicht. Valion presste die Klinge enger an seinen Hals und ein Blutstropfen lief darüber. "Er wird nicht reden," raunte er seiner Schwester zu. "Finden wir jemanden, der mitteilsamer ist. Dieser hier hat keinen Nutzen mehr für uns..."
"Wartet, wartet!" keuchte der Bibliothekar. "E-es gibt noch einen Eingang... verborgen hinter einer falschen Wand am Fuße des Turmes, in dem sich die Bibliothek befindet. M-man braucht einen Schlüssel..."
"Also doch ein Schlüssel. Habt Ihr ihn bei euch?" verlangte Valion zu wissen.
"In meiner Tasche," antwortete Wahab. "Aber... wenn dort Eindringlinge bemerkt werden wird man wissen, dass ich ihnen geholfen habe!"
"Man wird keine Eindringlinge bemerken," versichterte Valirë lächelnd. "Nicht, wenn Ihr den Mund haltet und schön brav seid. Falls nicht... werden wir davon erfahren, und Eure Strafe wird schlimmer als alles sein, was euch der Fürst je antun könnte."
"I-ich werde nichts verraten!" brachte Wahab hervor.
"Gut. Wenn alles reibungslos abläuft, werdet Ihr vielleicht sogar eine Belohnung erhalten. Ihr hört von uns," sagte Valion und nahm die Klinge von Wahabs Hals.

Gemeinsam mit seiner Schwester verließ er die Taverne wieder und machte sich auf den Rückweg zu Edrahils Versteck. Wahabs Schlüssel hatte er sich mit einem kurzen Band um den Hals gehängt. Valirë war erneut ungewöhnlich still während sie die immer noch vollen Straßen durchquerten.
"Was ist denn mit dir los?" wollte Valion schließlich wissen.
Valirë warf ihm einen seltsamen Blick zu. "Edrahil ist ganz anders, als wir ihn in Erinnerung hatten, nicht wahr?" sagte sie leise.
"Nein, eigentlich ist er ziemlich genau so wie früher," widersprach Valion. "Gerissen, heimlichtuerisch und stets über alles Wichtige im Bilde."
"Ich meine..." Valirë seufzte leise. "Irgendetwas an ihm hat sich verändert, oder zumindest meine Wahrnehmung davon. Ich sollte ihm eine schallende Ohrfeige dafür verpassen und wütend auf ihn sein, dass er mich quasi dazu einsetzt, mein Aussehen für seine Zwecke zu verwenden, aber ich bin's nicht." Sie machte eine Pause und blickte zu Boden.
"Denkst du... er wird stolz darauf sein, was ich heute erreicht habe?"
"Was wir erreicht haben," korrigierte Valion, der aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Die Stimme seine Schwester hatte einen Klang angenommen, den er noch nie bei ihr gehört hatte. Sie wird doch wohl nicht etwa...
Er warf einen alarmierten Blick in Valirës Gesicht und fand seinen Verdacht bestätigt.
"Schlag' dir das aus dem Kopf," sagte er. "Du wirst dir damit nichts als Ärger einhandeln...."

Sie bogen in die Straße ein, die zu Edrahils Versteck führte. Valion war gespannt darauf, was der Spion zu ihren Ergebnissen sagen würde. Er griff nach dem Schlüssel...
...doch dieser war verschwunden. Valion hielt mitten in der Bewegung inne.
"Gondorischer Hund!" zischte eine allzu wohlbekannte Stimme. "Suchst du vielleicht das hier?" Am Eingang einer Seitengasse stand Mustqîm, den Schlüssel Wahabs höhnisch erhoben. "Komm und hol' ihn dir!" rief der Bandit und sprintete los.
Die Zwillinge fluchten und nahmen die Verfolgung auf...
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Die zweite Jagd
« Antwort #16 am: 16. Okt 2016, 17:16 »
Bereits zum zweiten Mal an diesem Tag tauchte Valion in das Gewirr der kleinen Gassen und versteckten Passagen Umbars ein. Bereits zum zweiten Mal verfolgte er den selben Dieb. Und bereits zum zweiten Mal gelang es ihm nicht, nah genug an Mustqîm heranzukommen um ihn zu erwischen. Der Unterschied zur vorherigen Jagd war jedoch der, dass diesmal seine Schwester bei ihm war. Und dieser Unterschied erwies sich als entscheidend.

"Bleib' an ihm dran, kleiner Bruder!" rief Valirë ihm zu und bog ohne weitere Vorwarnung in eine enge Seitengasse ab. Doch Valion blieb keine Zeit um sich darüber zu wundern. Er biss die Zähne zusammen und beschleunigte seinen Lauf um endlich zu Mustqîm aufzuschließen. Doch auch der Bandit schien schneller zu werden. Sie bogen dicht hintereinander in einen Gang ein, der in eine Unterführung einer der großen Straßen Umbars mündete. Der Verfolgte und sein Verfolgter tauchten ins Dunkel des Tunnels ein und ihre Schritte hallten laut im Dunkeln wider. Gegen das Licht am anderen Ende sah Valion von Mustqîm nur eine schwarze Silhouette vor sich. Der Bandit erreichte den Ausgang, preschte hindurch - und stolperte über Valirës ausgestrecktes Bein, das sie ihm gestellt hatte. Mustqîm strauchelte und schlug der Länge nach hin. Als Valion herankam hatte seine Schwester dem Banditen bereits den Schlüssel entrissen und hielt ihm die Spitze ihres Schwertes an den Nacken.
"Woher wusstest du, wohin er laufen würde?" wunderte sich Valion.
Seine Schwester zeigte die Gasse entlang, die vom Tunnelausgang geradeaus in östlicher Richtung verlief. Als Valion ihrem Fingerzeig folgte, sah er in der Ferne die Türme des Palast des Fürsten vor sich.
"Ich nahm an, dass er dorthin will und dem Bibliothekar zurückgeben will, was wir ihm abgenommen haben. Hab' ich recht, Abschaum?" sagte sie in Richtung des Banditen.
"Zurückgeben?" echote dieser. "Nein, nein. Ihr missversteht meine Absichten. Ich hätte ihm den Schlüssel nur im Austausch gegen eine ordentliche Bezahlung überlassen."
"Nun, dieses Geschäft ist hiermit geplatzt," gab Valirë lächelnd zurück.

Valion packte Mustqîm am Kragen und zog ihn hoch, ihn gegen die Wand pressend. Valirës Schwertspitze wanderte dabei an die Kehle des Banditen.
"Für wen arbeitest du?" verlangte Valion zu wissen. "'Raus mit der Sprache, Südländer!"
Dieser spuckte aus. "Ich arbeite nur für das hier," sagte er und deutete auf seinen Gürtel, an dem ein mit Münzen gefüllter Beutel hing. "Wer sich die exzellenten Dienste von Mustqîm dem Verschlagenen leisten will muss tief in die Tasche greifen!"
"Also bist du nicht nur ein Bandit, sondern ein käuflicher Bandit," folgerte Valion. "In Gondor hängt man deinesgleichen am Galgen auf. Doch hier scheint dies ja ein angesehener Beruf zu sein."
"Ein guter Dieb ist stets angesehen, bei seinen Freunden als auch bei seinen Feinden," prahlte Mustqîm.
Valirë musterte den Mann zweifelnd. "Schätze bei dir handelt es sich dann wohl eher um ein mittelmäßiges Exemplar..."
Mustqîm zog verärgert die Brauen zusammen, doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck und er sagte: "Tja, was soll ich sagen. War nett, mit euch beiden zu plaudern. Doch ich denke, ich sollte jetzt gehen."
"Was soll das heißen?" fragte Valion, doch da begann der Bandit laut zu rufen: "Wache! Wache! Ich werde ausgeraubt!"

Die Zwillinge fuhren herum. Am östlichen Ende der Gasse war eine Gruppe von Stadtwächtern aufgetaucht, die sich offenbar gerade auf einem Streifzug befanden. Mustqîm musste sie gesehen und seine Chance erkannt haben. Die Wachen kamen bereits herangestürmt.
"Ich empfehle mich, ihr gondorischen Hunde," zischte Mustqîm und schubste die überraschte Valirë heftig beiseite als die Zwillinge aufgrund der Wachen einen Augenblick unachtsam waren. Blitzschnell verschwand er in einem Hauseingang.
"Los, los, los!" rief Valion seiner Schwester zu und sie begannen zu rennen. Keiner der beiden hatte Lust, Bekanntschaft mit den Stadtwachen und dem Kerker Umbars zu machen.

Zwar waren sie etwas schneller als die Stadtwächter, doch diese waren in der Überzahl und schnitten Valion und Valirë wieder und wieder den Weg ab. Außerdem kannten sich die Wachen in der Stadt aus, wohingegen sich die Zwillinge ihren Fluchtweg willkürlich suchten. Sie wussten nicht, in welchem Stadtteil sie sich befanden. Während sie durch eine weitere enge Gasse hetzten blickten sie sich immer wieder nach markanten Gebäuden um, doch sie konnten weder Hafen noch Palast ausmachen und erkannten auch sonst keine Wegpunkte ihrer vorherigen Reisen durch Umbar wieder. Was ihnen allerdings auffiel war, dass sie allmählich in eine Gegend kamen, in der die Häuser älter und prachtvoller wurden. Offenbar kamen sie ins Adelsviertel der Korsarenstadt. Sie bogen um eine scharfe Ecke und kamen auf eine Straße, auf der weniger Menschen als auf den Hauptstraßen unterwegs waren. Kurz bevor die sie verfolgenden Stadtwachen ebenfalls um die Ecke bogen ging zu ihrer Linken eine Tür auf und eine Hand winkte sie zu einem kleinen Verschlag herüber.
"Hier hinein, schnell!" rief eine ihnen unbekannte Stimme. Ohne zu zögern folgten sie der Anweisungen und rannten über die Schwelle. Hinter ihnen schlug die Tür zu und es wurde dunkel.

Valion keuchte vor Anstrengung, doch er versuchte, seinen Atem zu beruhigen und so leise wie möglich zu sein. Draußen hörten sie die Wachen verwirrte Rufe ausstoßen. Ihre Beute schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Schließlich begannen die Stadtwächter, gegen die Türen der Häuser zu pochen und Einlass zu verlangen. Auch die Tür durch die die Zwillinge gekommen waren war darunter, doch als von drinnen keine Reaktion kam und sie sahen, dass die Tür fest verriegelt und im Verschlag kein Licht war zogen die Wache nach einigen Minuten ab und Stille senkte sich über die Straße und den Verschlag herab.

Ein Licht flammte ohne Vorwarnung auf als jemand eine Öllampe entzündete. Sie erhellte das Gesicht einer Frau mit dunklen Haaren und Augen, aber hellerer Haut als bei den meisten Menschen, die die Zwillinge in Umbar bisher gesehen hatten.
"Es sollte jetzt sicher sein," sagte die Frau und musterte sie mit einem Blick, der zu gleichen Teilen aus Neugierde und Berechnung bestand.
"Ihr müsst die beiden Gondorer sein, von denen ich kürzlich gehört habe," sagte sie. "Geschwister, wie ich sehe. Wie lauten eure Namen?"
Valion erwiderte den Blick mit Misstrauen. "Erst nennt Ihr uns Euren Namen," sagte er. "Weshalb habt Ihr uns geholfen? Wo sind wir hier?"
"Eines nach dem Anderen," erwiderte sie. "Ihr befindet euch im Adelsviertel Umbars, genauer gesagt auf meinem Grundstück. Mein Name ist Minûlîth, von Haus Minluzîr."
"Valion und Valirë vom Ethir, aus Gondor, wie Ihr ja bereits erkannt habt," sagte Valirë.
Minûlîth nickte bedächtig. "Nun, ich heiße euch beide willkommen. Doch ich schlage vor, wir sprechen an einem etwas gemütlicheren Ort weiter als in diesem engen Verschlag, den meine Diener als Abstellkammer verwenden. Die Luft sollte jetzt rein sein."

Sie stand auf und öffnete vorsichtig die Tür, spähte hinaus und winkte den Zwillingen aufmunternd zu. Valion und Valirë folgten Minûlith zurück auf die Straße und zur Tür des großen Anwesens, auf dessen Gelände der kleine Verschlag, in dem Minûlîth sie versteckt hatte, stand. Sie schloss das große Eingangsportal auf und führte sie ins Innere.


Valion, Valirë und Minûlîth zu Minûlîths Anwesen
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Eandril

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Der Bote
« Antwort #17 am: 16. Okt 2016, 22:00 »
Edrahil aus seinem Versteck...

Auf seinem Weg zu dem Boten begegnete Edrahil zwei Straßenkindern, die versuchten ihm Informationen zu verkaufen. Beides war nicht der Rede wert, trotzdem erhielten beide ihre Belohnung und Edrahil schärfte ihnen überdies ein, die Augen nach einem Mann namen Mustqîm offen zu halten, und ihm alles was sie über den Banditen erfuhren, sofort zu erzählen.

Schließlich erreichte er einen unscheinbaren Laden, der sich an die östliche Stadtmauer schmiegte und Ketten aus Glasperlen und Falschgold verkaufte - oder zu verkaufen schien, denn wie Edrahil von Bayyin wusste, war das hauptsächliche Geschäft des Inhabers ein vollkommen anderes. Er betrat den kleinen Laden, der trotz der späten Stunde noch geöffnet und erleuchtet war, und sagte zu dem gelangweilt wirkenden jungen Mann hinter dem Tresen: "Ich hätte gern einen Diamanten." Dabei handelte es sich um die Parole, die der Schreiber ihm zuvor verraten hatte, und sein Gegenüber lebte sichtlich auf. "Natürlich, mein Freund. Er kostet nur zehn Silber."
Edrahil entspannte sich innerlich, als er den zweiten Teil der Parole erkannte. Der Mann kam hinter seinem Tresen hervor und zog einen Vorhang, hinter dem sich ein schmaler Gang verbarg, zur Seite. "Bitte hier entlang." Edrahil humpelte durch den Raum und durch die Öffnung in den Gang, und hinter ihm wurde der Vorhang sofort wieder zugezogen. Er folgte dem Gang, an dessen hölzernen Wänden eine einzige Fackel hing, um eine Ecke und sah am Ende eine Tür unter der Licht hervor drang. Nachdem er leicht angeklopft hatte, ertönte eine Stimme: "Wer ist da?"
Edrahil wusste, wenn er jetzt die falsche Antwort gab, würde er den Gang nie wieder verlassen - zumindest nicht lebend. "Wollen sie zufällig Schuhe kaufen?", fragte er, und hinter der Tür hörte er wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde. Dann zwei, drei Schritte, die Tür öffnete sich und vor Edrahil stand ein kleiner, dunkelhäutiger Mann, der deutlich jünger war als erwartet.
"Seid ihr der Bote?", fragte er, und sein Gegenüber deutete eine kleine Verbeugung an.  "In Person. Bitte, kommt doch herein. Stoßt euch nicht den Kopf an, ihr Leute aus Gondor seit alle solche Riesen."
Edrahil nickte nur stumm, und ließ sich in dem Sessel gegenüber des Schreibtischs, auf dem sich riesige Papierberge auftürmten, nieder. Er hatte wohl verstanden, warum der Bote seine Herkunft erwähnt hatte: Der Mann zeigte sein Wissen, und drohte damit gleichzeitig.
"Also." Der Bote setzte sich Edrahil gegenüber, stützte die Ellbogen auf den Tisch und blickte ihn über die gefalteten Hände hinweg an. "Was verschafft mir die Ehre?"

Edrahil zog die Briefe aus seinem Gewand, und warf sie vor dem Boten auf den Tisch. "Einige Briefe, die möglichst schnell ihren Empfänger erreichen sollen." Der Mann nahm den kleinen Stapel mit einer gemächlichen Bewegung, und las mit unbewegter Miene die darauf geschriebenen Namen der Empfänger. "Der Schmuggler Izem... Teijo... Farnaka... As'ar... tz tz, eine illustre Gesellschaft." Im Gesicht des Boten rührte sich kein Muskel, als er fortfuhr: "Nun, das wird nicht billig."
Edrahil nickte mit ebenso unbewegter Miene, und warf einen Beutel auf den Tisch der beim Aufprall vielsagend klimperte. Nach einem kurzen Blick hinein sagte der Bote: "Wie es aussieht, werden wir uns einig. Spätestens Morgen werden die Briefe ihre Ziele gefunden haben."
"Ich verlasse mich auf euren guten Ruf", gab Edrahil zurück. Er wollte gerade aufstehen, als er beschloss ein Risiko einzugehen. Der Bote, dessen eigentlicher Name zumindest Bayyin unbekannt gewesen war, sorgte zwar hauptsächlich nur dafür, dass prekäre Botschaften diskret in die richtigen Hände gelangten, doch soweit Edrahil wusste, betätigte er sich auch als Verkäufer von Informationen und spürte, gegen entsprechendes Entgelt natürlich, sogar gesuchte Personen auf. "Eines noch...", sagte er zögerlich. "Habt ihr schon einmal von einem Mann namens Mustqîm gehört?"
Der Bote tat, als müsste er nachdenken. Dann sagte er: "Nein, tut mir Leid, da kann ich euch nicht helfen."
"Könnte ich eure Hilfsbereitschaft irgendwie anregen?", fragte Edrahil nach, und ein flüchtiges Lächeln huschte über das Gesicht seines Gegenübers. "In dieser Angelegenheit kann ich euch tatsächlich nicht helfen, weil ich selbst nichts weiß." Das Eingeständnis schien den Boten zu ärgern, doch Edrahil glaubte ihm nicht vollständig.  Er legte einen weiteren Geldbeutel vor sich auf den Schreibtisch, ließ aber die Hand darauf liegen. Der Bote seufzte.

"Na gut, wenn ihr es wirklich wissen wollt... Ich weiß nichts gesichertes über diesen Mann, obwohl ich tatsächlich schon von ihm gehört habe. Die einen behaupten, er wäre ein Flüchtling aus Gondor der sich den Namen Mustqîm nur zur Tarnung zugelegt hätte. Die anderen, dass er ein ehemaliges Straßenkind ist, das mit der Flotte nach Norden gesegelt ist und nun zurückgekehrt ist. Und wieder andere sagen, er wäre ein Attentäter den Suladan geschickt hat um unseren Fürsten zu töten."
Edrahil schob ihm widerwillig den Geldbeutel zu, und der Bote zuckte mit den Achseln. "Tut mir leid um euer Geld, ihr wisst so gut wie ich, dass das vermutlich alles Unsinn ist."
"Man kann eben nicht immer Glück haben", erwiderte Edrahil mit einem falschen Lächeln. "Habt ihr vielleicht auch von einem Kontakt zwischen diesem Mustqîm und Teijo gehört?"
Das Gesicht seines Gegenübers wurde abweisend. "Zu dieser Sache kann und werde ich euch nichts sagen. Ihr könnt euren Geldbeutel stecken lassen, denn das fällt unter das Briefgeheimnis, dass ich meinen Kunden zusichere." Edrahil stand auf und rückte seinen Mantel zurück. "Es war ja nur eine Frage", sagte er gleichmütig. "Ich freue mich jedenfalls, dass ihr meinen Besuch hier ebenso diskret behandeln werdet."

Er verließ das Hinterzimmer ebenso wie er gekommen war, und warf dem jungen Mann im Vorraum eine Münze zu, die dieser geschickt auffing. Dann trat Edrahil wieder hinaus auf die nächtlichen Straßen von Umbar, und machte sich auf den Heimweg.

Edrahil in sein Versteck...
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:07 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

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Der Fürst von Umbar
« Antwort #18 am: 23. Okt 2016, 12:39 »
Edrahil, Valion und Valirë aus Edrahils Versteck


Die Zwillinge folgten Edrahil auf dessen Weg zum Hafen. Obwohl es Vormittag war, war nun etwas weniger auf den Straßen los. Valion fragte sich, ob heute vielleicht ein besonderer Tag war, an dem weniger gearbeitet wurde als sonst, doch ehe er Edrahil danach fragen konnte blieb dieser ohne Vorwarnung stehen, blickte sich wachsam um und setzte dann hastig die Kapuze seines Umhangs auf. Edrahil schien plötzlich erstaunlich großes Interesse an den Waren eines Obsthändlers zu haben und musterte dessen Stand eindringlich.
Valion warf seiner Schwester einen verwunderten Blick zu, doch diese deutete hinter ihn und machte ein alarmiertes Gesicht. Er dreht sich um und sah eine große Gruppe Menschen die Straße entlang auf sich zugehen. Inmitten von schwer gesrüsteten Palastwachen ging ein eindeutig haradisch aussehender Mann mit dichtem Bart, der jedoch die prunkvollen Gewänder eines Adeligen von Umbar trug.
"Macht Platz für den Fürsten von Umbar und Herrn der Quahtan!" rief der vorderste der Gardisten, offenbar ihr Anführer. Die Zwillinge eilten zu Edrahil hinüber und versuchten, ihn vor den Blicken des Fürsten abzuschirmen. So viel hatten sie verstanden: Edrahil wollte nicht erkannt werden. Und wie immer würde er gute Gründe dafür haben.

Als der Fürst und seine Leibwächter vorbeizogen warf der Anführer der Palastwache Valion einen misstrauischen Blick zu, und streifte ebenfalls kurz Valirës Gesicht. Doch der Mann blieb nicht stehen sondern begnügte sich damit, den Zwillingen wortlos zu verstehen zu geben, dass sie ihm besser nicht in den Weg geraten sollten. Angespannt sahen sie zu, wie die Prozession die Straße hinuntermarschierte und um eine Ecke bog.
"Das war Hasael," sagte Valirë unnötigerweise.
"Und mein guter Freund Aquan, der Anführer der Palastgarde," stieß Edrahil zwischen den Zähnen hervor.
"Wisst ihr, wo sie hingehen?" fragte eine neue Stimme, auf der Höhe von Valions Unterarm. Er trat überrascht einen Schritt zurück, genau wie Edrahil und Valirë.
"Túor! Was machst du denn hier?" platzte Valirë mit einer Mischung aus Überraschung und Verärgerung heraus.
Túor machte eine verschwörerische Geste. "Psssst, Valirë! Dieser Name ist geheim. Wenn ich das Haus verlasse, heiße ich Minluzîr, nach dem Vorfahren meiner Mutter."
"Und wo ist deine Mutter?" fragte Valirë streng.
"Hier," sagte Edrahil trocken und zog die Plane beiseite, die den Obststand den er als Deckung verwendet hatte überspannte. Dahinter kam eine schlanke Frauengestalt zum Vorschein, die sie offensichtlich belauscht hatte. Edrahil nickte zufrieden. Offensichtlich hatte er sein Gespür für Gefahren und Geheimnisse nicht verloren.
"Herrin Minûlîth, nehme ich an?" sagte er und deutete eine spöttische Verbeugung an.
Die Frau lächelte. "Sehr gut, Meister Edrahil, Ihr enttäuscht meine Erwartungen wahrlich nicht. Ich bin Minûlîth, Tochter Azgarzîrs. Erfreut, Euch endlich kennenzulernen."
"Die Freude ist ganz meinerseits," antwortete Edrahil. "Ich hörte, Ihr habt ebenfalls ein Interesse an Hasaels Sturz." Seine Stimme war nun beinahe zu einem Wispern geworden.
Statt einer Antwort nickte Minûlîth nur.
"Was tut Ihr hier?" fragte Valion. "Sagtet Ihr nicht, dass Tú... das Euer Sohn in der Sicherheit Eures Anwesens bleiben sollte?"
"Er muss lernen, auf sich Acht zu geben und die Künste, die sein Vater und das Volk der Insel beherrscht, ebenfalls erlernen," antwortete Minûlîth. "Doch dies ist nicht der rechte Augenblick für Gespräche. Zu viele neugierige Augen und Ohren. Wir werden uns wiedersehen, Edrahil, und das schon bald. Ich wünsche Euch einstweilen viel Erfolg bei eurem... Treffen."
Sie ergriff Túor an der Hand und verschwand mit ihm in einer Seitengasse.

"Also, das war interessant," sagte Valirë.
"Eher beunruhigend," korrigierte Edrahil. "Wir sind zu unvorsichtig gewesen. Hasael oder Aquan hätten mich beinahe erkannt, und eure neue Freundin hat uns auch nicht gerade unauffällig wirken lassen. Wir müssen zusehen, dass wir zum Hafen kommen. Es wäre unseren Zwecken nicht sehr dienlich, wenn ich als Gastgeber zu spät zu meiner eigenen Feier erscheine."
Und so setzten sie ihren Weg durch die Straßen fort. Unterwegs hörten sie aus den Gesprächen der Stadtbewohner allerlei Gerüchte. Eines besagte, dass sich rebellische Stammesführer und Häuptlinge im Norden in einer Wüstenstadt versammelten, um einem verstoßenen Prätendenten die Treue zu schwören .
"Rebellenabschaum," zischte ein Quahtan-Krieger, der sich mit einem Korsaren unterhielt. "Der Sultan wird sich ihrer bald annehmen und sie unter seinem Stiefel zerquetschen."
Außerdem hörten sie davon, dass es im Süden Handelsdispute geben sollte, die dafür sorgen könnten, dass noch weniger Waren den Weg in Umbars Hafen finden würden. Edrahil jedoch hatte es eilig, und so blieb keine Zeit, um groß auf das Gerede der Leute zu achten. Also beschleunigten sie ihre Schritte noch einmal und schlugen den Weg zum Hafen ein.

Sie erreichten die Unterstadt und konnten in der Ferne bereits die Masten der großen Handelsschiffe über die hier etwas niedrigeren Dächer ragen sehen. Edrahil blieb hier noch einmal stehen.
"Wenn das Treffen beginnt, will ich, dass ihr nichts ohne meine ausdrückliche Anweisung tut. Bleibt einfach hinter mir stehen, haltet Eure Waffen griffbereit und seht bedrohlich aus. Im besten Fall müsst ihr sonst nichts tun. Wenn mein Plan aufgeht werden wir bald über einige neue Möglichkeiten, wie wir gegen Hasael vorgehen können, verfügen."
Valion nickte und schaute zu seiner Schwester, die wie bereits vor einigen Tagen den gleichen seltsamen Ausdruck im Gesicht hatte.
"Wir werden dich.. ich meine, wir werden Euch nicht enttäuschen," sagte sie mit einem untypischem Leuchten in den Augen.
Edrahil kniff die Augen zusammen und knurrte: "Das würde ich euch auch schwer raten." Dann setzte er seinen Weg fort, und die Zwillinge folgten ihm.


Edrahil, Valion und Valirë zum Hafen
« Letzte Änderung: 25. Okt 2016, 09:51 von Fine »
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Im Verbrecherviertel
« Antwort #19 am: 29. Okt 2016, 00:22 »
Valion und Valirë vom Hafen Umbars


Erstaunlicherweise gelang es den Zwillingen, Farnaka und seinen Männern ungesehen durch die belebten Straßen Umbars zu folgen ohne dass dieser sie bemerkte. Sie hatten sich in braune Umhänge gehüllt und deren Kapuzen aufgesetzt und immer einen guten Abstand zu Farnaka gehalten, blieben jedoch gerade nah genug an ihm dran, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Bald schon stellten sie fest, dass der Unterweltanführer in Richtung eines der zwielichtigeren Viertel Umbars untewegs war.
"Ich wusste nicht, dass in dieser Stadt voller Abschaum noch ein Viertel geben kann, gegen das der Rest der Stadt geradezu anständig wirkt," kommentierte Valirë als sie an baufälligen Häusern vorbeikamen und die Straßen mehr und mehr von eindeutig zwielichtigen Gestalten bevölkert wurden. Glücklicherweise schien es bisher keiner der Bewohner des Viertels darauf angelegt zu haben, die Zwillinge aufzuhalten oder überfallen zu wollen.

Sie folgten Farnaka und seinen Männern bis zu einem größeren Haus am Rande eines Platzes, der wohl einst in den Tagen, als Gondor die Stadt beherrscht hatte, ein stiller Rückzugsort gewesen war, an dem man dem geschäftigen Treiben Umbars entfliehen konnte. Heute war von dem kleinen Park in der Mitte des Platzes nichts als eine überwucherte Wildnis geblieben, an deren Rändern verschlagen aussehende Männer herumlungerten und einen streitsüchtigen Eindruck machten. Valion kam es vor, als wäre dies ein Ort, an dem sich Schmuggler und Hehler trafen, um fragwürdige Ware auszutauschen. Und war nicht Farnaka selbst ein einflussreicher Schmuggler und Rivale von Izem? Hier waren sie offenbar an der richtigen Adresse.
Das Haus, in dem Farnaka verschwunden war, machte einen gut gesicherten Eindruck. Es lehnte mit der Rückwand an die Stadtmauer Umbars, die östlich davon verlief und besaß einen Hinterausgang, der direkten Zugriff auf den Wehrgang der Mauer bot. Es würde schwierig sein, dort hinauf zu gelangen, falls Farnaka zu fliehen versuchte. Vor dem Haupteingang standen bezahlte Schläger herum, ein halbes Dutzend an der Zahl, und die Zwillinge bezweifelten nicht, dass es im Inneren noch mehr von ihnen geben musste. Sie verstecken sich hinter einem wild wuchernden Baum im Park und berieten sich im Flüsterton.
"Wie lautet dein Plan?" fragte Valion seine Schwester.
"Sieht nach einer harten Nuss aus," flüsterte Valirë zurück. "Denkst du, eine Ablenkung würde funktionieren?"
"Nicht die Art von Ablenkung, die du dir vorstellst," schätzte Valion die Lage ein. "Du kannst vielleicht einen oder zwei von ihnen mit deinem Augenaufschlag ablenken, aber der Rest wird trotzdem wachsam bleiben."
Valirë schob beleidigt die Lippe vor. "Du unterschätzt mich, kleiner Bruder," schmollte sie, wurde aber gleich darauf wieder ernst. "Aber es sieht so aus als ob du diesmal Recht hättest. Es sind einfach zu viele."
"Wie sollen wir also vorgehen?" überlegte Valion. "Siehst du vielleicht ein unbewachtes Fenster oder etwas, das wir als Eingang benutzen können?"
"Nein, nicht einmal.... Moment, das da vorne könnte vielleicht funktionieren." Sie lenkte seine Aufmerksamkeit auf einen kleinen Balkon, der sich im dritten Stock befand. "Wir bräuchten nur ein Seil, und etwas Dunkelheit..."
Valion blickte zum Himmel hinauf, dann auf die Stelle, auf die Valirë gezeigt hatte. "Du bist verrückt," kommentierte er. "Der Plan gefällt mir. Also gut, ziehen wir's durch!"

Die Zeit bis zur Dämmerung verbrachten sie damit, ein Seil aufzutreiben und die Wachen genau im Auge zu behalten. Keiner der Schläger warf je einen Blick auf die oberen Stockwerke, was ihrem Plan sehr zugute kam. Valion beobachtete, wie immer wieder ein neuer Wachmann aus dem Haus kam und einen der draußen stehenden Menschen ersetzte. Es schien kein richtiges System dahinter zu stecken sondern basierte offenbar ausschließlich auf den Launen Farnakas, der seine Leute so einteilte, wie er es gerade für richtig empfand.
Er spürte eine sachte Berührung an der Schulter, und Valirë kniete sich neben ihn, ein langes Tau in den Händen. Er fragte nicht, woher sie es hatte, sondern nickte nur anerkennend. Jetzt konnte die nächste Phase ihres Planes beginnen. Er schnallte seinen Schwertgürtel ab und legte ihn neben die Wurzeln des Baumes, hinter dem sie sich versteckt hatten. Immer darauf bedacht, außer Sicht der Wachposten zu bleiben kletterte er geschickt den Stamm hinauf, das Seil um den Oberkörper gebunden. Es war nun dunkel genug, dass er in der Baumkrone unsichtbar blieb, wenn er keine schnellen Bewegungen machte. Valion befestigte das Seil am oberen Teil des Stammes in der Krone und half Valirë hinauf, die ihm seine Schwerter zurückgab.
"Also gut, versuchen wir es," sagte er und band das Seil wieder los, dann formte er daraus ein Lasso und ließ es locker aus dem Handgelenk im einem kleinen Bogen wirbeln. Zweimal musste er neu ansetzen, da Blätter und Äste im Weg waren, doch beim dritten Versuch gelang es ihm, genug Schwung aufzubauen, sodass er das Lasso in Richtung des hervorstehenden Dachgiebels schleudern konnte, der direkt oberhalb des kleinen Balkons lag und nur wenige Meter vom vorderen Ende des Astes entfernt war, auf dem die Zwillinge standen. Dennoch war es eine weite Distanz, die sie mit einem einfache Sprung niemals überqueren könnten. Also würden sie es auf etwas waghalsigere Art versuchen.
"Bist du bereit?" fragte er in Valirës Richtung. Diese nickte, stellte sich neben ihn und hielt sich mit beiden Armen an ihrem Bruder fest. Er spannte sich an, ergriff das Seil mit beiden Händen, und stieß sich vom Ast ab, der ihn leicht in die Höhe federn ließ. Der Schwung trug ihn mühelos über den Abgrund hinweg, viel leichter als er gedacht hatte - zu weit! Ehe er das Seil loslassen und sich auf dem Balkon abrollen oder auch nur reflexartig reagieren konnte schnellte die Hauswand auf die Zwillinge zu - und mit einem ohrenbetäubenden Krachen durchbrachen sie die dünne hölzerne Tür, die vom Balkon ins Innere des Hauses führte. Der Raum, der dahinter lag, war verlassen, doch noch immer hatten sie genug Schwung, um bis zur Rückwand des Zimmes geschleudert zu werden, wo sie polternd zum Liegen kamen.

Alle Luft wurde Valion aus der Lunge gepresst und er blieb einen Augenblick regungslos liegen. Der Aufprall und ihr Eintritt in Farnakas Haus war so laut gewesen, dass jederzeit eine Reaktion erfolgen musste. Er schüttelte sich, rappelte sich auf und sah nach seiner Schwester, die sich ächzend auf die Beine zog.
"Das hat ja gut funktioniert," stieß sie hervor. An ihrer Stirn war eine Platzwunde, und Valions Rücken fühlte sich an, als stünden die Muskeln in Brand. Abgesehen davon schienen sie jedoch bis auf viele, viele Prellungen, blaue Flecken und Schürfwunden keine allzu ernsten Verletzungen davongetragen zu haben. Sie zogen ihre Waffen und bezogen gegenüber der Tür Stellung, durch die jeden Moment alle im Haus befindlichen Schläger Farnakas gestürmt kommen mussten. Sie warteten, angespannt und in Erwartung eines harten Kampfes. Doch die Minuten vergingen, und nichts regte sich.
"Meinst du, wir sind vielleicht doch unbemerkt geblieben?" fragte Valirë in die Stille hinein.
"Unsinn, das Krachen war so laut, es hätte einen Toten aus seinem ewigen Schlaf erweckt," gab Valion zurück und spitzte die Ohren. "Hörst du das?" wisperte er. Und tatsächlich drangen aus dem unteren Stockwerk nun eindeutig Kampfgeräusche zu ihnen herauf.
"Scheint, als hätten die schon ohne uns angefangen," kommentierte Valirë. "Los komm, sehen wir es uns an!"

Sie riss die Türe auf, die das Zimmer mit dem Rest des Hauses verband, gerade als draußen eine vertraute Gestalt vorbeihuschte. Es war Farnaka, der offensichtlich auf der Flucht vor irgend etwas war.
"Hinterher!" rief Valion und die Zwillinge nahmen die Verfolgung auf. Sie eilten eine gewundene Treppe hinauf und kamen in einen großen Raum, der direkt unter dem Dach des Hauses zu liegen schien, denn die Wände liefen über ihnen im rechten Winkel zusammen. Sechs grobschlächtige Männer hatten hier Stellung bezogen, und Farnaka eilte an ihnen vorbei, auf die Tür auf der Rückseite zu.
"Da geht es wahrscheinlich nach draußen, auf die Mauer!" schlussfolgerte Valirë. "Er entkommt!"
Doch als Farnaka an der Tür riss, regte sich nichts. Sie war verschlossen, was dem Schmuggler einen derben Fluch entlockte. "Tötet sie! Macht sie fertig!" rief er außer sich vor Zorn seinen Männern zu, die ihre Waffen zogen und auf die Zwillinge losgingen. Ehe diese jedoch dazu kamen, ihre Schwerter einzusetzen huschte eine schwarze Gestalt zwischen ihnen vorbei und begann einen tödlichen Tanz mit den Schlägern. Valion hatte noch nie gesehen, wie sich jemand so bewegte. So schnell waren die Bewegungen dass die Gestalt im Halblicht des nur von einer schwachen Lampe an der Decke erhellten Raumes eher wie ein hin- und her springender Schatten wirkte. Hiebe schienen daran abzugleiten. Sechsmal blitzten die beiden langen Klingen der Gestalt auf, und sechsmal fiel ein Schläger tot zu Boden. Die Gestalt blieb stehen und Valion konnte nun erkennen, dass es sich um eine Frau handeln musste, die in eng anliegende schwarze Kleidung und einen ebenso dunklen Umhang gekleidet war. Eine Kapuze bedeckte den Kopf und ein Halstuch, das bis über die Nase hinauf gezogen war, die untere Hälfte des Gesichts. Dazwischen leuchteten zwei braune Augen hervor, die die Zwillinge einen kurzen Augenblick musterten, sich dann jedoch Farnaka zuwanden, der verzweifelt versuchte, die Türe hinter sich zu öffnen. Der Schmuggler machte den Mund auf, doch eher er um sein Leben betteln konnte zog die linke Klinge der Frau eine rote Linie über seine Kehle und er brach tot zusammen.

"Beeindruckend," sagte Valion, und die Gestalt drehte sich wieder um. "Macht es dir etwas aus, wenn wir Farnakas Kopf mitnehmen? Wir haben den Auftrag, ihn bei einem Bekannten abzuliefern."
"Ihr könnt ihn haben," sagte die Frau und zog ihren Mundschutz weg, was ein schmales Gesicht mit kleiner Nase und spitzem Kinn enthüllte. "Ihr seid die Zwillinge aus Gondor von denen es so viele Gerüchte in der Stadt gibt," stellte sie fest. Es war keine Frage.
"Die sind wir," bestätigte Valirë. "Da du weißt wer wir sind wäre es nur höflich, uns auch deinen zu verraten. Immerhin haben wir für die Ablenkung gesorgt, die es dir ermöglichte, in Farnakas Haus einzudringen."
Die Frau legte den Kopf schief, schien jedoch zuzustimmen. "Ja, dafür habt ihr meinen Dank. Ohne eure waghalsige Aktion wären die Wachposten nicht für den kurzen Moment abgelenkt gewesen, der mir gereicht hat um sie zu überwältigen. Man nennt mich Ta-er as-Safar," sagte sie und reichte Valirë die Hand. Sie schlug die Kapuze zurück, was ihre schulterlangen braunen Haare enthüllte. "Wir sollten nicht hierbleiben. Zwar glaube ich nicht, dass irgendjemand entkommen ist, aber..."
Die Tür, durch die Farnaka hatte fliehen wollen, schlug überraschend auf, und eine Stimme unterbrach sie: "Also, wen haben wir denn hier? Zwei gondorische Hunde und eine Auftragsmörderin? Seht Ihr, Kommandant, wie ich es euch gesagt hatte: Hier wurde soeben ein schändlicher Mord verübt!"
Es war Mustqîm, der nun gefolgt von einer großen Gruppe Stadtwächtern den Raum betrat. "Der arme Farnaka," sagte Mustqîm und stupste die Leiche mit dem Fuß an. "Wie gut, dass es nun Gerechtigkeit für seinen Tod geben wird!"
Ta-er und die Zwillinge wichen mit gezogenen Schwertern langsam in Richtung der Treppe zurück während immer mehr Wachen in den Raum strömten...
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Eandril

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« Antwort #20 am: 30. Okt 2016, 00:21 »
Edrahil aus seinem Versteck...

~~Edrahil~~

Auch wenn Edrahil nicht genau wusste, wo Farnakas Versteck lag, hatte er keine Schwierigkeiten es zu finden... er musste schließlich einfach nur den Stadtwächtern folgen. Es war handelte sich um eine relativ große Gruppe, die in dem sehr zwielichtigen Viertel zweifellos für Aufsehen sorgte. Edrahil folgte den Wächtern in sicherem Abstand, bis sie einen verwahrlosten Platz erreichten an dem mehrere abweisend wirkende Häuser mit verschlossenen Fensterläden standen. Offensichtlich hatten sie ihr Ziel erreicht, denn die Gruppe hielt zielstrebig auf eines der Häuser zu, und einer der Wächter trat schwungvoll die Tür ein. Edrahil lehnte sich ein Stück entfernt an eine Hauswand, und hörte zu seinem Entsetzen Kampfgeräusche und Schreie aus einem der oberen Stockwerke dringen, während unten noch die Stadtwache das Haus betrat.
"Tja, sieht aus als würde es Farnaka endgültig an den Kragen gehen", sagte neben ihm Teijos Stimme.
"Ich dachte nicht, dass ihr persönlich kommt", erwiderte Edrahil, ohne seine Überraschung zu zeigen. Der Ostling, der ein leicht gebogenes Schwert auf dem Rücken und ein Kettenhemd trug, lächelte ein gefährliches Lächeln. "Ihr habt gesagt, ich sollte mein besten Männer schicken. Und dazu gehöre auch ich selbst."
Edrahil nickte, ohne das Lächeln zu erwidern. Teijo tat vermutlich nichts, was ihn selbst in Gefahr bringen konnte, ohne einen Hintergedanken.
"Glaubt ihr, eure Leute sind dort drin?"
"Oh ja", erwiderte Edrahil, während er das Haus fixierte. Inzwischen waren die Kampfgeräusche verstummt, und eine merkwürdige Stille hatte sich über den Platz gelegt.
"Sie mögen ja gut sein, aber gegen so viele Stadtwachen kommen sie nicht an. Und außerdem..." Teijo deutete nach oben, wo sich die Stadtmauer direkt an das Haus anschloss. Dort marschierte ein weiterer Trupp Wächter, die von einem Mann der eindeutig nicht der Stadtwache angehörte, angeführt wurde.
"Wie es aussieht, nimmt euer spezieller Freund Mustqîm auch an der Feier teil", meinte  Teijo. "Das ist er nämlich." Edrahil stieß einen kurzen Fluch aus, und sagte dann: "Teilt eure Männer auf. Die Hälfte geht mit euch durch das Haus, die anderen mit mir auf die Mauer." Teijo zog eine Augenbraue in die Höhe. "Mit euch? Ihr seht nicht so aus, als wärt ihr im Kampf besonders nützlich."
"Deshalb wollte ich ja eure besten Männer", erwiderte Edrahil ohne eine Miene zu verziehen. "Abgesehen davon kann ich auf mich aufpassen." Teijo zuckte nur mit den Schultern, gab seinen Männern Befehle und sagte dann während er bereits auf Farnakas Versteck zuging: "Ist ja eure Beerdigung."
"Es darf keiner der Wächter überleben", rief Edrahil, der seiner Gruppe in Richtung des nächsten Maueraufgangs folgte ihm nach. "Ansonsten weiß Hasael noch heute Nacht, dass wir zusammenarbeiten." Teijo zog sein Schwert, und seine weißen Zähne blitzten als er breit grinste.
"Darauf, mein lieber Edrahil, könnt ihr euch verlassen."

~~Valion~~

Die Zwillinge hatten ihre Schwerter gezogen und hielten sich bereit. Ta-er huschte zur Treppe, doch gleich darauf schüttelte sie den Kopf.
"Im Untergeschoss sind noch mehr von ihnen. Der Weg ist versperrt," sagte sie.
"Ihr dachtet doch nicht etwa, ich würde euch so einfach davonkommen lassen wie letztes Mal," meinte Mustqîm genüsslich. "Nein, nein, meine nordländischen Freunde. Ihr geht nirgendwo hin." Hinter ihm schloss der letzten Stadtwächter die Tür und verriegelte sie wieder.
"Du vergisst eines, Mustqîm," gab Valion zurück. "Nicht wir sind hier drin mit dir eingesperrt - du bist hier drin mit uns eingesperrt."
"Ich halte sie an der Treppe auf! Kümmert ihr euch um die hier im Raum!" rief Ta-er und schleuderte ein Wurfmesser die Stufen hinab, was ein lautes Poltern nach sich zog.
"Tanzen wir," raunte Valirë und machte einen Ausfallschritt nach vorne als die Gardisten auf sie zustürmten. Zwei von ihnen liefen ins Leere, und die Elbenklinge schnitt wie Butter durch die Panzerung, die sie am Rücken trugen und die offenbar keine allzu gute Qualität aufwies. Valion wirbelte um seine eigene Achse, parierte dabei mehrere Hiebe gegen seinen Oberkörper und kam mit einem Tritt aus der Drehung zum Stehen, der einen Gardisten gegen zwei seiner Kollegen krachen ließ. Gewandt tauchte er unter einem weiteren Schlag hinweg, schnitt den beiden zu Boden gefallenen Gardisten die Kehlen durch, und stand nun Mustqîm und dem Kommandanten der Wachen gegenüber, die an der Tür durch die sie gekommen waren Posten bezogen hatten.
"Komm, lass uns herausfinden, wer die bessere Klinge führt, Korsarenabschaum!" rief er herausfordernd und führte einen Hieb geben Mustqîm. Dieser jedoch drehte sich weg und zog seinen Säbel, mit dem er Valions zweites Schwert abblockte. Ein heftiger Zweikampf entbrannte, in den sich der Kommandant der Stadtwache nur selten einzumischen wagte. Valion musste zähneknirschend zugeben, dass der Bandit gut war. Immer wieder ließ Mustqîm seine Schläge ihr Ziel verfehlen indem er sich auf unerwartete Art und Weise aus ihrer Bahn bewegte. Er schien für diese Art von Kampf geboren zu sein: Ohne Regeln, auf engem Raum, und mit vollem Körpereinsatz. Er verpasste Valion mit der freien Hand einen Fausthieb, der den Gondorer rückwärts gegen einen Stadtwächter taumeln ließ. Schnell fing er sich wieder und stach den Mann nieder, mit dem er zusammengeprallt war. Ein schneller Blick zeigte ihm, dass sich Valirë ihre Feinde mit weit ausholenden Schlägen vom Leibe hielt und bereits drei Gardisten gefällt hatte.
Die scheinen hier wirklich keine besonders gute Ausbildung zu erhalten, dachte er während er einem der Stadtwächter seine Klinge durch die ungeschützte Stelle zwischen Brustpanzer und Helm rammte.
Sie hatten sich deutlich besser geschlagen als er sich erhofft hatte. Nur noch fünf Gardisten waren übrig und scharten sich um ihren Kommandanten, die Waffen in Richtung der Zwillinge erhoben.
"Ihr verliert doch nicht etwa schon die Lust am Kampf, meine Herren?" spottete Valion.
Doch ehe Mustqîm oder der Kommandant antworten konnten, wurde hinter ihnen die Türe brutal eingetreten.

~~Edrahil~~

Einer von Teijos Männern versetzte der verschlossenen Tür einen harten Tritt auf Höhe des Schlosses, der das Holz splittern und die Tür aufschwingen ließ. Edrahil und seine Begleiter blickte in die verdutzten Gesichter der Zwillinge und ihrer Gegner, und Edrahil deute eine spöttische Verbeugung an.
"Guten Abend meine Herren - und Dame." Er verkniff es sich, Valirë zuzuzwinkern, und fuhr stattdessen fort: "Ich muss eure Unterhaltung leider unterbrechen." Er blickte auf die am Boden liegende Leiche Farnakas, und sagte an Valion gewandt: "Nun, wenigstens den Teil meines Auftrags hast du ausgeführt."
Valion stockte kurz, und erwiderte dann langsam: "Das war nicht..." Bevor er zu Ende sprechen konnte, stolperte eine Frau mit zwei langen Klingen rückwärts in den Raum, verfolgt von weiteren Stadtwachen, die ihrerseits von Teijo und seinen Männern zurückgedrängt wurden. So ergab sich eine merkwürdige Situation: Valion, Valirë und die Unbekannte waren von Stadtwachen umzingelt, die ihrerseits von Edrahil, Teijo und ihren Männern eingeschlossen waren.
"Edrahil von Linhir?", fragte der einzige Mann unter den Stadtwachen, der nicht ihre Rüstung trug, und Edrahil seufzte. "Es scheinen mehr Leute meinen Namen zu kennen als mir lieb ist. Aber glücklicherweise kenne ich den euren ebenfalls. Mustqîm, nehme ich an?" Bevor der Mann auch nur nicken konnte, sprach Edrahil weiter.
"Nun, ihr seid ein glücklicher Mann, Mustqîm. Ihr seid der einzige eurer Partei, der diesen Ort lebendig verlassen wird."
Er nickte Teijo auf der anderen Seite des Raumes zu, und trat dann rasch einen Schritt zur Seite um die fünf Kämpfer hinter sich durch die Tür zu lassen.

~~Valion~~

Die Stadtwachen, die sich nun ihrerseits mit einer Überzahl an Gegnern konfrontiert sahen, warfen Edrahil und Teijo flehende Blicke zu, doch als sie sahen, dass sich an der Aussage des Herrn der Spione nichts ändern würde verhärteten sich die Gesichtsausdrücke der Männer und sie machten sich bereit für ihr letztes Gefecht. Es war schneller vorbei, als Valion erwartet hatte. Er selbst musste nichts tun als zwei wilde, verzweifelte Hiebe zu parieren. Den Rest übernahm die geheimnisvolle Ta-er as-Safar, die mit wirbelnden Klingen Feind um Feind niederstreckte und überall gleichzeitig zu sein schien. Doch auch Valirë sorgte noch einmal dafür, dass allen Anwesenden eindrücklich klar wurde, dass mit ihr nicht zu spaßen war, als sie zwei Köpfe rollen ließ und sich danach unbeeindruckt das auf ihr Gesicht gespritzte Blut abwischte.
"Edrahil!" rief sie und ein Lächeln breitete sich auf ihrem hübschen Gesicht aus. "Wie immer gerade rechtzeitig!"
Valion verdrehte die Augen. Offenbar hatte es sich seine Schwester tatsächlich in den Kopf gesetzt, den Herrn der Spione beeindrucken zu wollen. Er hoffte inständig, dass der Grund dafür nicht das war, was er vermutete.
Eine Hand tippte ihm auf die Schulter. Es war Ta-er. "Habt Dank, Valion. Wir werden uns wiedersehen, wenn die Zeit reif ist. Bis dann hoffe ich, Ihr gebt auf Euch und Eure Schwester Acht."
"Ihr ebenso, Ta-er as-Safar," erwiderte er. Die Frau drehte sich um und huschte zwischen zwei von Teijos Männern hindurch und verschwand die Treppe hinab.
Valion wandte sich Mustqîm zu, den Edrahil inzwischen entwaffnet hatte. "Ich schätze, das hast du dir etwas anderst vorgestellt, Bandit," spottete er.
"Gondorischer Hunde," gab dieser an Edrahil und Valion gewand und wütend zurück. "Ihr werdet schon sehen, was du davon hast. Genießt euren kleinen Triupmh. Er wird nicht anhalten."
"Wir werden sehen," antwortete Valion. "Wir werden sehen..."

Edrahil, Valion, Valirë und Mustqîm zum Hafen...
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:09 von Fine »

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Eandril

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Der Abend des Festes
« Antwort #21 am: 16. Nov 2016, 21:04 »
Edrahil und die Zwillinge vom Hafen...

Der Abend des Festes war klar und mild, und die Feierlaune der Bewohner Umbars auf den Straßen war deutlich zu spüren. Doch über allem glaubte Edrahil eine gewisse Unruhe und Zorn zu spüren, der sich, wie er hoffte, mit Hilfe seiner Verbündeten auf Hasael richten würde.
Als er gefolgt von Bayyin und den Zwillingen den kleinen Platz im Norden der Stadt, nahe des Fürstenpalastes betrat, waren am östlichen Himmel bereits die ersten Sterne zu sehen, obwohl die Sonne im Westen noch nicht völlig versunken war. In dieser Gegend lagen größere Häuser und Anwesen, die Adligen oder reichen Händlern gehörten, und auf den Straßen war deutlich weniger festliche Betriebsamkeit zu spüren als in den anderen Vierteln, die sie auf ihrem Weg durchquert hatten. Auch wenn Edrahil ein wenig mehr Betrieb als Deckung lieber gewesen wäre, hatte es doch den Vorteil, dass er Minûlîth und ihre Schwester sofort erspähen konnte. Beide trugen prachtvolle Kleider in einem samtigen, dunklen Blau, und erinnerten Edrahil an die festlich gekleideten Damen bei Festen am Hofe Dol Amroths. Auch wenn er solche Anlässe nie wirklich genossen hatte, fühlte er sich beim Anblick der Schwestern dennoch angenehm in seine Heimat zurückversetzt. Es war in diesem Moment, dass ihm bewusst wurde wie sehr er Umbar, mit seinen staubigen, überfüllten Straßen eigentlich satt hatte.
"Edrahil", grüßte Minûlîth ihn mit einem knappen Nicken. Auch wenn sie und Edrahil bislang gut zusammengearbeitet hatten, stand die Tatsache dass Edrahil ihr nicht offen vertrauen wollte, noch immer zwischen ihnen. Doch Edrahil konnte nicht anders, denn er hatte sich sein Misstrauen gegenüber nahezu jedem über die Jahre angewöhnt und würde es nicht ausgerechnet in einer fremden, feindlichen Stadt aufgeben.
"Wie schön, dass ihr es einrichten konntet", erwiderte er, und Lóminîth meinte: "Um nichts in der Welt würde ich ein solches Ereignis verpassen wollen... und meinen Verlobten habt ihr ja auch mitgebracht." Sie zwinkerte Valion zu, der zu Edrahils Überraschung leicht errötete. Bei dem Ruf, den der Erbe des Ethirs sich in Gondor erarbeitet hatte, hätte Edrahil erwartet dass Valion sich weniger leicht von einem hübschen Gesicht aus der Fassung bringen lassen würde. Doch offenbar hatte Lóminîth Valion mehr beeindruckt, als der Junge sich selbst oder gar Edrahil gegenüber zugeben wollte. Edrahil hoffte nur, dass Lóminîth tatsächlich auf ihrer Seite stand, und nicht versuchen würde, Valion für ihre Zwecke zu benutzen.

"Nun gut", sagte er. "Ich hoffe, alle wissen, was sie zu tun haben?" Zufrieden bemerkte er das Nicken und die gemurmelte Zustimmung ringsum. Er ließ den Blick ein letztes Mal durch die Runde schweifen, über Minûlîth und ihre Schwester zu Valion und Valirë, die seinen Blick entschlossen erwiderten, und schließlich zu Bayyin, der sich in seiner Haut kein bisschen wohlzufühlen schien. Eigentlich war Edrahil dagegen gewesen, den Schreiber ausgerechnet an diesem Abend in die Palastbibliothek einzuschleusen - schließlich wäre nach Hasaels Sturz noch Zeit genug, den Reisebericht zu finden. Doch Bayyin hatte ihn überzeugt, dass dieses Ziel zu wichtig war, um es vom Erfolg ihres heutigen Planes abhängig zu machen, und so war Bayyin nun ebenfalls an Bord.
"Also gut. Dann lasst uns an die Arbeit gehen. Mögen die Valar mit uns allen sein." Eigentlich war Edrahil kein besonders gläubiger Mensch, und machte sich keine großen Gedanken darüber ob die Valar nun mit ihm waren oder nicht. Doch am heutigen Abend konnten sie jeden Beistand, ob nun göttlich oder nicht, sicherlich gebrauchen.

Edrahil, Valion, Valirë, Minûlîth, Lóminîth und Bayyin zum Palast des Fürsten...
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:10 von Fine »

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Eandril

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Der Sturz des Fürsten
« Antwort #22 am: 20. Nov 2016, 17:19 »
Edrahil, Bayyin, Valirë und Lothíriel aus dem Palast des Fürsten

Draußen auf den Straßen war das von Edrahil erwartete Chaos ausgebrochen, und an mehreren Orten stieg Rauch in den Himmel auf.
"Was geht hier vor sich?", fragte Lothíriel, die direkt hinter ihm auf die Straße hinausgetreten war. "Eure Befreiung war nur ein Teil unseres Plans", erklärte Edrahil, während Valirë als letzte den Palast verließ und die Tür hinter sich verschloss. "Was ihr hier vor euch seht, ist Hasaels Sturz."
"Zumindest hoffentlich", mischte sich eine Edrahil wohlbekannte Stimme in das Gespräch ein. Auf der anderen Seite der Straße stand Teijo, lässig an eine Hauswand gegenüber der Palastmauer gelehnt, mit einigen seiner Männer. "Was treibt ihr hier eigentlich, Edrahil? Sieht nicht danach aus, als würde das zu eurem Plan gehören, Hasael das Lebenslicht auszupusten."
Edrahil fixierte den Ostling aufmerksam, seufzte dann und sagte: "Ihr wusstet Bescheid, nicht wahr?" Teijo grinste breit, und ließ seine perfekten weißen Zähne sehen. "Ich wusste, dass Hasael die Prinzessin von Dol Amroth gefangen hielt, und konnte mir denken, dass ihr versuchen würdet sie zu befreien - was euch anscheinend gelungen ist. Meinen Glückwunsch." Er wandte sich Lothíriel zu, und deutete eine Verbeugung an. "Es ist mir eine Ehre, euch kennen zu lernen. Ich bin Teijo, ein ehrenhafter Händler und Geschäftsmann."
"Womit er sagen will, dass er Diebe, Mörder und Schläger an jeden vermietet, der ihn ausreichend bezahlt", knurrte Edrahil. "Was hat dieser Auftritt hier zu bedeuten?" Dass Teijo über Lothíriel Bescheid gewusst hatte, sich aber entschlossen hatte dieses Wissen nicht zu teilen, war beunruhigend. Edrahil fragte sich, ob der Ostling Verrat geplant hatte, vielleicht sogar für Suladân arbeitete.
Teijo warf seinen Dolch in die Luft, fing in locker wieder auf und erwiderte: "Nichts bedeutendes. Ich wollte lediglich einmal der wunderschönen Prinzessin von Dol Amroth begegnen, und euch mitteilen dass in der Stadt bislang alles nach Plan läuft."
Seine Worte waren beruhigend, dennoch gefiel Edrahil die Tatsache nicht, dass er so wichtige Informationen einfach verschwiegen hatte - vor allem, da ein Mann wie Teijo wissen musste, dass Edrahil dadurch auf gar keinen Fall mehr vertrauen würde.
"Hasaels Männer laufen wie die Hasen", fuhr Teijo fort. "Bis auf die, die eingesehen haben, dass ihr Fürst in dieser Stadt keine Zukunft mehr hat, und sich uns angeschlossen haben. Und da ich gerade sonst nichts zu tun hatte dachte ich, dass ich dafür sorge dass ihr sicher an euer Ziel kommt."
"Das ist... äußerst fürsorglich von euch", sagte Edrahil langsam, und Teijo breitete grinsend die Arme aus. "Was soll ich sagen, ich kann einfach nicht anders."
Bevor er jedoch weitersprechen konnte, stieß Valirë einen warnenden Ruf aus. Aus Richtung des Palasttores näherte sich eine Gruppe bewaffneter Männer, die einen engen Kreis bildeten. Sofort pfiff Teijo auf zwei Fingern, und weitere seiner Leute traten aus den Seitengassen hervor, auch hinter der sich nähernden Gruppe.

Von Teijos Leuten eingeschlossen blieben die Soldaten stehen, und Edrahil erkannte den Mann sofort, denn sie in die Mitte geschlossen hatten.
"Edrahil?", keuchte Hasael, Fürst von Umbar und Scheich der Quathan erschrocken auf, und Edrahil lächelte grimmig. "Hasael. Und meinen guten Freund Mustqîm habt ihr auch dabei, wie schön. Ich fürchte, eure Herrschaft über Umbar endet in diesem Moment."
Hasael wirkte gehetzt, sein Blick wanderte von rechts nach links, doch es gab keinen Fluchtweg für ihn.
"Hört mal, Edrahil... wir können uns doch bestimmt über alles einigen. Wie viel zahlt euch euer Fürst? Ich zahle mehr." Zur Antwort schnaubte Edrahil verächtlich.
"Ich arbeite nicht für Bezahlung." Hasael leckte sich nervös die Lippen, und wechselte einen Blick mit Mustqîm, der ihm, wie Edrahil auffiel, verdächtig ähnlich sah.
"Es wird mir eine Freude sein, euch persönlich an euren Neffen Qúsay - der mit euch sicherlich einiges zu bereden hat - auszuliefern", fuhr Edrahil genüsslich fort. Er wusste, dass es gefährlich war einen Triumph auszukosten bevor er gesichert war, doch in diesem Fall konnte er nicht anders. Wie sollte Hasael ihm jetzt noch entkommen?
"Fragt ihn nach Valion", sagte Valirë leise, was Edrahil wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Wenn Hasael hier war musste das bedeuten, dass Valion gescheitert war - obwohl Edrahil aus der Tatsache, dass Hasael eindeutig vor jemandem floh anstatt sich vor dem von Teijo angezettelten Aufstand in seinem Palast zu verschanzen schloss, dass Valion zumindest vermutlich noch am Leben war.

Er kam nicht dazu, Valirës Bitte auszuführen, denn im selben Moment sprang eine Gestalt in einem hellroten Kleid aus einem der Fenster des Palastes, und Edrahil erkannte trotz der Dunkelheit sofort die geheimnisvolle Ta-er, die er bereits in Farnakas Haus gesehen hatte. Im nächsten Augenblick wurde der Grund für ihren plötzlichen dramatischen Auftritt offenbar, denn aus dem zerbrochenen Fenster folgten ihr weitere schwarzgekleidete Gestalten, und Ta-er, die katzengleich auf der Straße gelandet war, hob ihre Schwerter.
Die allgemeine Verwirrung nutzten Hasaels Soldaten dazu, aus der Umkreisung durch ihre Feinde auszubrechen, und griffen geschlossen Teijo und seine Männer an, während Ta-ers Verfolger, die immer mehr wurden, sich auf beide Parteien gleichzeitig stürzten.
Valirë zog ihr Schwert Gilrist zum wiederholten Mal an diesem Abend und warf sich in den Kampf, während Edrahil Lothíriel packte und unsanft in einen Hauseingang zog. Bayyin tauchte hinter einem mit Wasser gefüllten Fass ab, wobei er seine Schriftrolle wie einen unbezahlbaren Schatz umklammerte.
Von seiner geschützten Position aus beobachtete Edrahil den Kampf und versuchte zu verstehen, was vor sich ging. Ta-ers Verfolger schienen beiden Seiten feindlich gegenüber zu stehen, denn sie griffen sowohl Hasaels Soldaten als auch Teijo und seine Männer an. Valirë hatte sich zu dem Ostling gesellt und kämpfte Rücken an Rücken mit diesem gegen die unbekannten Angreifer.
Der Kampf war nur kurz, denn Teijos Männer waren bei weitem in der Überzahl, doch als Edrahil aus seinem Versteck wieder hinaus auf die Straße trat, stellte er fest dass die Auswirkungen keineswegs gering gewesen waren: Hasael und Mustqîm fehlten, und unter den Leichen der fürstlichen Soldaten konnte er die festliche Kleidung der beiden nicht entdecken.
Er stieß einen kurzen Fluch aus, und sagte: "Wer immer das war, er wird dafür büßen." Er ließ seinen Blick über den Kampfplatz schweifen, der mit Leichen übersät war. Hasaels Leibwachen waren sämtlich gefallen, ebenso wie die unbekannten Angreifer und viele von Teijos Leuten. Auch Ta-er in ihrem roten Kleid lag regungslos am Boden, die Augen geschlossen und auf ihrem Kleid breitete sich ein dunkler Fleck aus. Teijo schien vollkommen unverletzt zu sein, während Valirë einen langen aber ungefährlich aussehenden Schnitt am linken Arm davongetragen hatte.
"Hasael?", fragte sie, während sie sich den verletzten Arm hielt, und Edrahil schüttelte düster den Kopf. "Nein. Wie es aussieht haben er und Mustqîm das Durcheinander genutzt um zu entkommen."
"Ich werde meine Leute benachrichtigen, nach ihm Ausschau zu halten", warf Teijo ein. "Aber ich fürchte es ist zu spät und er wird entkommen."
"Tut es trotzdem", erwiderte Edrahil müde. Zwar hatten sie Erfolg gehabt und Hasael als Fürsten von Umbar gestürzt, doch solange er lebte und in Freiheit war, stellte er eine Gefahr für sie dar. "Wir sollten hier verschwinden, wer weiß wer noch auftaucht und ein Wort in dieser Angelegenheit mitreden will."
"Was ist mit Ta-er?", fragte Valirë, die neben der Frau in die Hocke gegangen war und ihr zwei Finger an den Hals gelegt hatte. "Ihr Herz schlägt noch."
Edrahil zuckte mit den Schultern. "Lass sie liegen. Was kümmert sie uns, diese Katastrophe war schließlich ihre Schuld."
"Aber... sie hat Valion und mir in Farnakas Haus geholfen! Und sie hat auch jetzt auf unserer Seite gekämpft", protestierte Valirë, und Edrahil schloss kurz die Augen.
"Meinetwegen, nimm sie mit. Auf deine Verantwortung, Valirë." Er wandte sich um und blickte in die Runde. "Sonst noch jemand?"
"Ja, ich", ließ Teijo vernehmen, und zog einen der schwarzgekleideten Angreifer auf die Füße. "Der hier ist ebenfalls nicht tot, sondern nur bewusstlos. Und ich könnte mir vorstellen, dass er ein paar interessante Dinge zu erzählen hat."
Edrahil erkannte den Bewusstlosen sofort: Es war Azeem, einer von Salemes Assassinen, mit dem er selbst vor einiger Zeit zusammengearbeitet hatte. Er erinnerte sich an Salemes Drohungen an dem Tag, als Mustqîm entkommen war, und verspürte plötzliche eine kalte Wut auf seine ehemalige Verbündete. "Nehmt ihn ebenfalls mit", sagte er knapp. "Aber fesselt ihn vorher."

Sie erreichten den vereinbarten Treffpunkt nur wenig später, und mit Erleichterung stellte Edrahil fest, dass Valion, Minûlîth und Lóminîth bereits dort waren und auf sie warteten. "Lothíriel, wie schön dich zu sehen", begann Valion im Plauderton, doch als er die Gruppe genauer betrachtete, verschwand das Lächeln auf seinem Gesicht wie weggewischt. "Was ist denn mit euch passiert?"
"Wir hatten einen kleinen Zusammenstoß mit Hasaels Männern und einem Trupp Assassinen", erklärte Edrahil, hob aber die Hand als Valion den Mund öffnete, um etwas zu erwidern. "Aber das hat Zeit. Bis die Lage in der Stadt sich beruhigt hat, sollten wir uns einen sicheren Ort suchen."
"Mein Haus ist euer Haus", warf Minûlîth ein. Edrahil blickte ihr einen Moment nachdenklich in die Augen, und sie erwiderte den Blick standhaft. Dann nickte er, und sagte: "Also gut. Lasst uns hier verschwinden."

Edrahil, Valion und die ganze Gruppe in Minûlîths Anwesen
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Flucht ins Chaos
« Antwort #23 am: 9. Jan 2017, 13:36 »
Edrahil, Minûlîth, Lothíriel, Bayyin, Valirë, Lóminîth, Arannis, Túor und Valion aus Minûlîths Anwesen


Nur wenige Minuten später fand sich die kleine Gruppe auf der Straße vor Minûlîths Anwesen zusammen. Es war keine Zeit geblieben um Teijo oder anderer ihrer Verbündeten zu benachrichtigen da Hasaels Soldaten bereits in die Stadt eingedrungen waren und ein noch größeres Chaos verursachten, als es Umbar am Tag des Fests der Seewinde und des Sturzes seines Fürsten erlebt hatte. Valirës Beobachtungen und hastigem Bericht nach kam das Heer aus dem Osten. Dort lag das Stammesgebiet der Quahtan, Hasaels Stamm, und dahinter lag Qafsah, die große Stadt und Festung Sûladans. Edrahil hatte die Vermutung geäußert, dass Hasael in den zehn Tagen seit seiner Flucht aus Umbar mit großer Hast ein schlagkräftiges Heer zusammengezogen hatte.
"Umbar ist zu wichtig für Sûladans Krieg, um es zu ignorieren," erklärte Edrahil während die Gruppe durch die Straßen der Stadt eilte. Sie bewegten sich grob in nördliche Richtung, denn sowohl Hafen als auch das östliche Haupttor Umbars mussten inzwischen vor Feinden wimmeln. "Sûladan und Hasael können es sich nicht leisten, diese strategisch wichtige Festung kampflos aufzugeben. Damit verlören sie den wichtigsten Hafen an der Westküste Harads."
"Immerhin wird diese Truppenbewegung vielleicht Streitkräfte abziehen, die sich ansonsten Qúsays Heer in den Weg gestellt hätten," befand Minûlîth, die den Schnitt an ihrem Kopf inzwischen verbunden hatte. "Hasaels Sturz wird vielleicht doch kein fruchtloses Unterfangen bleiben,"
"Erst einmal müssen wir Herrin Lothíriel und die anderen sicher aus der Stadt schaffen," knurrte Edrahil und schubste grob einen Mann beseite, der der Gruppe im Weg stand. Das allgemeine Chaos in Umbar hatte zum Ausbruch mehrerer Feuer geführt und überall waren kleinere Kämpfe zwischen Hasaels Soldaten, der Stadtwache und Banditen, Schlägern und anderen Kriminellen ausgebrochen. Offenbar stand zwar der Großteil der Gardisten wirklich auf der Seite des zurückgekehrten Fürsten, doch Valion sah auch einige von ihnen Seite an Seite mit Männern kämpfen, die zu Teijos Untergrundorganisation gehörten. Er vermutete, dass dabei vor allem die Bezahlung dahintersteckte.

Auf einem der kleineren Marktplätze gerieten sie zum ersten Mal in ein Gefecht, dem sie sich nicht entziehen konnten. Hasaels Soldaten hatten hier gerade die Überhand über ihre Feinde gewonnen, als Edrahils Gruppe den Platz betrat. Offenbar hatte Hasael den Kommandanten seiner Streitmacht Beschreibungen Edrahils und seiner Verbündeten gegeben, denn als die Soldaten sie sahen, riefen sie: "Dort sind sie!" und verwickelten die Gruppe in einen heftigen Kampf. Valion und Valirë zogen ihrer Schwerter und versuchten, Lothíriel, Arannis, Bayyin, Túor und Lóminîth vor den Angreifern zu schützen. Minûlîth und Edrahil schlossen sich dem Gefecht an, welches schließlich durch das Eintreffen einer kleinen Gruppe von Männern in den schweren Rüstungen der Palastgarde entschieden wurde. Mit ihren kunstvoll gefertigten Hellebarden drängten die Palastwächter die Haradrim-Krieger Hasaels für einen kurzen Augenblick zurück und verschafften Edrahils Gruppe die Gelegenheit, den Marktplatz zu überqueren.
"Geht weiter, Ratsherrin!" riefen sie Minûlîth zu. "Wir halten diese Hunde auf!"
"Den Winden sei Dank dass es noch treue Menschen wie diese gibt," stieß die Adelige dankbar hervor. "Kommt weiter! Wir dürfen jetzt nicht stehen bleiben."

Túor, die Augen vor Aufregung und Furcht weit aufgerissen, rannte neben seiner Mutter her, so schnell ihn seine Beine trugen. Valion hoffte, dass der Junge der Situation unbeschadet entgehen würde, denn er hatte ihn trotz seiner schier endlosen Fragen über die Insel lieb gewonnen. Während er mit seinem rechten Schwert einen Haradrim-Krieger erstach, der sich ihnen in den Weg gestellt hatte, dachte Valion daran, wie die Lage nur so gründlich hatte schiefgehen können. Noch an diesem Vormittag hatte er sich bereits in vollster Sicherheit gewähnt und von seiner triumphalen Rückkehr nach Dol Amroth und zum Ethir geträumt. Wieso nur haben wir Hasael nicht verfolgt? Wir hätten niemals zulassen dürfen, dass er dem Fest der Seewinde entkommt. All dies hätte verhindert werden können! Er zog die Klinge aus dem Körper des Toten und stieß die Leiche in den Straßengraben während die Gruppe weiterrannte. Für den Bruchteil einer Sekunde blieb Valion stehen und sammelte sich. Keine Zeit für Zweifel, rief er sich selbst zur Vernunft. Erst einmal müssen wir es aus der Stadt hinaus schaffen.

Als die nördliche Stadtmauer gerade in Sicht kam erklang hinter ihnen ein Schrei. Es war Arannis, die auf den letzten Metern etwas zurückgefallen war. Die Tochter von Hasaels Vorgänger war in ihrer Eile gestürzt und wollte sich gerade wieder aufrappeln als überraschend eine große Gruppe der Soldaten ihres ungeliebten Ehemannes aus einer Seitengasse kamen und sie umringten.
"Arannis!" rief Minûlîth erschrocken. "Wir müssen ihr helfen!"
"Nein!" rief ihr ihre Freundin zu. "Geht und rettet euch! Es bleibt keine Zeit!"
"Sie hat Recht," sagte Edrahil und bedeutete der Gruppe, weiter in Bewegung zu bleiben. "Wir können jetzt nichts für sie tun."
"Geht!" rief Arannis wieder. Valion stellte fest, dass die Frau nicht wirklich danach aussah, als wäre sie verzweifelt... sondern eher so, als hätte sie einen Plan. Er rannte weiter.

Edrahil kam als Erster an der Mauer an und führte die Gruppe so schnell es ihm sein Bein erlaubte noch ein Stück an dem hoch aufragenden Bauwerk in westlicher Richtung entlang, bis er zu einem unscheinbar aussehenden Holzverschlag kam, der an die Mauer gebaut worden war.
"Das müsste die Stelle sein, die Izem mir beschrieben hat," sagte er zufrieden und zog einen Schlüssel hervor, mit dem er die Tür des Schuppens eilig aufschloss. Dahinter kam ein Tunneleingang hervor. Edrahil legte Valion die rechte Hand auf die Schultr und schärfte ihm ein: "Ihr nehmt den Tunnel und wenn ihr ihn hinter euch lasst, folgt ihr der Bucht weiter nach Nordwesten, bis die Landzunge so dünn wird, dass ihr die nördliche Küste sehen könnt. Dann haltet ihr Ausschau nach Kapitän Veantur - er muss in den nächsten Stunden mit seinem Schiff dort vorbeikommen. Bring Lothíriel in Sicherheit! Hast du das verstanden?" fragte er eindringlich.
Valion nickte, doch Verwirrung bemächtigte sich seiner Gedanken. "Geht Ihr denn nicht mit uns?" fragte er den Herrn der Spione.
"Minûlîth und ich haben noch etwas in der Stadt zu tun. Wir haben etwas Wichtiges vergessen und müssen uns jetzt darum kümmern."
Die Adelige, die gerade ihre übrigen Begleiter durch den Tunneleingang winkte, nickte zustimmend. "Wir kommen nach, sobald es geht. Jetzt eilt euch!"

Gefolgt von seiner Schwester betrat Valion den Tunnel und ließ Umbar hinter sich.


Lothíriel, Valirë, Bayyin, Túor, Lóminîth und Valion zum Kap Umbar
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Eandril

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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #24 am: 9. Jan 2017, 20:23 »
Sobald Bayyin als letzter den Tunnel betreten hatte, schloss Edrahil die Tür hinter ihm und drehte den Schlüssel im Schloss herum, denn er wollte verhindern, dass Valion oder Valirë es sich anders überlegten, und doch in die Stadt zurückkehrten.
"Wir haben etwas wichtiges vergessen...", meinte Minûlîth mit spöttisch hochgezogener Augenbraue. "Etwas besseres ist euch nicht eingefallen." Von der Verzweiflung, die sie noch Momente zuvor ausgestrahlt hatte, war nichts mehr zu spüren - offenbar hatte Minûlîth sich mit dem Gang der Ereignisse abgefunden. "Nein", gab Edrahil zu, und zog die Adlige am Arm mit sich. Trotz seiner anfänglichen Ablehnung ihr gegenüber war Edrahil inzwischen froh darüber, sie an seiner Seite zu wissen.
"Habt ihr einen Plan?", fragte Minûlîth nach, während sie durch eine menschenleere Seitengasse eilten, und Edrahil schüttelte den Kopf. "Nein - das heißt, nicht wirklich."
"Also eine Idee?" Bevor er antworten konnte, zog Minûlîth ihn in einen Hauseingang. Für einen Moment verharrten sie regungslos, während auf der Straße ein Trupp Soldaten mit Schlangenemblemen vorbei eilte, genau in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
"Gut, dass wir den Tunnel wieder verschlossen haben", meinte Edrahil, während sie weitergingen. Im Gehen rieb er sich den schmerzenden Oberschenkel, und sprach weiter: "Alleine werden wir Hasael nicht nocheinmal auf die gleiche Art vertreiben können. Dieses Mal werden wir Hilfe von außen brauchen."
"Qúsay?" Minûlîth wich einem edel gekleideten Mann aus, der immer wieder nervöse Blicke über die Schulter warf. "Keine schlechte Idee, aber wir müssen auch irgendwie Kontakt herstellen können."
"Das ist der nächste Schritt", erwiderte Edrahil. In seinem Kopf begann sich allmählich ein Plan zu formen, was sehr zu seiner Beruhigung beitrug. Als er und Minûlîth zurückgeblieben waren, hatte er noch überhaupt keine Vorstellung davon gehabt, was er in Umbar tun würde. Doch inzwischen begann er klarer zu sehen.

Sie erreichten den Treffpunkt, den Edrahil mit Teijo ausgemacht hatte ohne Zwischenfälle. Inzwischen wimmelte allerdings die ganze Stadt von Hasaels Soldaten, und die Kämpfe zwischen ihnen und den wenigen ratstreuen Truppen schienen allmählich abzuebben. Von mehreren Stellen stieg Rauch zum Himmel auf.
Teijo erwartete sie bereits in dem kleinen verlassenen Innenhof, und sagte zur Begrüßung: "Nun sitzen wir mächtig in der Scheiße, nicht wahr?"
"Ich hätte es anders formuliert, aber ja", erwiderte Edrahil, und ergriff die ausgestreckte Hand des Ostlings. Während der letzten Tage hatte er mit Teijo diesen Treffpunkt verabredet für denn Fall das etwas schiefging - und dieser Fall war nun deutlich früher als erwartet eingetreten.
"Also, haben wir einen Plan?" Zum zweiten Mal verneinte Edrahil: "Nein, noch nicht. Könnt ihr Boten aus der Stadt schicken?"
Teijo hob die Schultern. "Vermutlich, allerdings erst, wenn sich die Lage in der Stadt etwas beruhigt hat. Im Augenblick ist noch zu viel auf den Straßen los."
Edrahil wollte etwas erwidern, stockte aber als er Minûlîth starr nach Norden blicken sah, die Hände vor den Mund geschlagen. Er folgte ihrem Blick und sah Rauch ganz in der Nähe aufsteigen.
"Das ist mein..." "Anwesen", beendete Edrahil den Satz für sie, denn dieser Treffpunkt lag ganz in dessen Nähe. "Es tut mir..." Er wurde unterbrochen, als Minûlîth ohne Vorwarnung los rannte, in Richtung der Rauchsäule. Edrahil ächzte, und folgte ihr so schnell sein lahmes Bein es erlaubte.

Edrahil und Minûlîth in Minûlîths Anwesen...
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Rohirrim

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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #25 am: 7. Mai 2017, 23:14 »
Zarifa und Ziad von den Straßen von Umbar

„Hast du es schon gehört? Im Palast des Fürsten soll es zu Kämpfen gekommen sein. Hasael und seine Anhänger sind auf der Flucht“, erklärte Ziad, während er das Zelt betrat.
„Was? Du verarschst mich doch?“, erwiderte Zarifa.
„Nein, ich bin ganz sicher. Heute war doch das große Fest im Palast und dabei haben anscheinend einige Verschwörer zugeschlagen.“
„Aber... Was? Wie? Und wieso haben wir nichts davon mitbekommen?“
„Naja, wer sich gegen den Fürsten verschwört, wird das ganze doch wohl kaum auf der Straße herumerzählen oder? Ich kann dir nicht genau sagen, was passiert ist, aber die ganze Stadt ist auf den Beinen. Komm steh auf, wir müssen da raus und sehen was los ist. Vielleicht können wir ja sogar helfen.“
Ziad half Zarifa auf die Beine und gemeinsam verließen sie das Zelt.

Wie jeden Tag in den letzten Wochen hatten Zarifa und Ziad den Tag damit verbracht sich auf den Straßen umzuhören und irgendeinen Ansatz zu finden, wie man den Adel dieser Stadt stürzen konnte. Doch sie waren kaum einen Schritt weiter als an jenem Tag, an dem Zarifa ihren alten Freund und Mentor aus dem Haus eines Kaufmanns gerettet und mit ihm gemeinsam den Beschluss gefasst hatte, einen Aufstand anzuzetteln. Sie hatten versucht Verbündete zu finden, Vertraute von Hasael ausfindig zu machen und Schwachstellen im Palast zu finden. Doch keine ihrer Aktionen schien sie großartig voranzubringen. Es gab ein paar einfache Leute, die mit ihrer Sache grundsätzlich sympathisiert hatten, aber niemand schien bereit sich ihnen wahrhaftig anzuschließen. Es gab einige Kaufmänner und Adelige, die Hasael unterstützten, doch diese waren alle unantastbar. Gestützt durch die undurchdringlichen Strukturen der Politik. Und es gab sogar eine Hand voll Möglichkeiten in den Palast zu kommen, doch für zwei Obdachlose waren diese ungefähr so realisierbar, wie für einen Hobbit der Versuch den einen Ring in den Schicksalsberg zu werfen. Zarifa hatte bereits den Glauben an ihren Plan verloren und sie hatte gespürt, dass es Ziad ähnlich ergangen war. Die Strukturen der Stadt waren einfach zu festgefahren, zu groß, zu organisiert, um wirklich etwas verändern zu können. Sie hatten zwar von dem Fest heute gehört, doch als Obdachlose hatten sie natürlich keine Möglichkeit, an eine Einladung zu kommen.
Doch anscheinend hatten andere diese Möglichkeit genutzt. Es war schon den ganzen Abend etwas lauter als üblich in der Stadt gewesen und Ziad hatte sich ansehen wollen, was vor sich ging. Er hatte den Eindruck gehabt, der Lärm hätte eine andere Ursache als einfach nur Betrunkene, die vom Fest zurückkamen. Und anscheinend hatte er Recht gehabt. Zarifa konnte es immer noch nicht fassen.

Hasael ist auf der Flucht? Gestürzt? Und wir haben nichts davon mitbekommen? Wochenlang haben wir an Türen gelauscht, mit Leuten geredet, den Markt beobachtet und sind keinen Schritt weiter gekommen.Und jetzt sind wir überflüssig geworden?

Neben ihrer Euphorie verspürte Zarifa auch eine leichte Enttäuschung darüber, dass sie nichts bewirkte hatte. Möglicherweise war dies das Ziel, aber was ist das Ziel ohne den mühevollen Weg wirklich wert? Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie sich vorgenommen, etwas zu bewegen. Etwas für andere zu tun. Nicht einfach nur an sich selber zu denken. Und nun stellte sich heraus, dass all das umsonst gewesen war. Andere, vermutlich deutlich mächtigere Leute hatten es vor ihr geschafft. Je mehr die junge Südländerin über die Situation nachdachte, desto bestärkter wurde sie in dem Wunsch, Hasael persönlich die Kehle durchzuschneiden. Und was wenn die Verschwörer gar nicht besser waren als Hasael? Vielleicht waren es ja einfach nur verfeindete Adelige, die sich genauso wenig um die einfachen Leute scherten. Vielleicht waren sie genauso machthungrig und geldgeil wie der Fürst und die Verschwörung diente nur dem Ziel, die eigene Macht zu vergrößern. Doch das würde sie nicht zulassen. Möglicherweise ergab sich ja jetzt eine Gelegenheit, die Dinge selber in die Hand zu nehmen.

„Wo gehen wir hin?“, fragte Zarifa. „Zum Palast?“
„Falls wir dort hinkommen, ja. Aber sie dich mal um. Die ganze Stadt geht auf die Barrikaden“, antwortete Ziad und deutete auf den aufsteigenden Rauch in der Ferne.

Erst jetzt realisierte Zarifa, wie laut es eigentlich war. Ziad hatte recht. In der Stadt herrschte Chaos. Scheiben wurden eingeschmissen, Feuer wurden entfacht und Leute rannten schreiend durch die Straßen. Ohne genau zu wissen warum, überkam Zarifa plötzlich eine Woge der Begeisterung. Irgendetwas fühlte sich richtig an.
„Du hast Recht. Beim Palast können wir momentan vermutlich ohnehin nicht viel ausrichten. Lass uns stattdessen ins Kaufmannsviertel gehen. Wenn wir jetzt im Chaos zuschlagen, sind diese reichen Bastarde uns hilflos ausgeliefert. Die Wachen werden alle in Palastnähe sein. Niemand ist dort um sie zu schützen. Wir wissen nicht, wer die Verschwörer sind und ob sie besser sind als Hasael, aber wir wissen, dass diese Dreckssäcke im Kaufmannsviertel die Triebkraft der Unterdrückung sind. Dort können wir etwas bewirken“, meinte Zarifa und erstmals seit dem Abend, an dem sie Ziad gerettet hatte, verspürte die junge Südländerin wieder dieses lodernde Feuer in sich. Den unumstößlichen Wunsch die Oberschicht der Stadt bezahlen zu lassen. In der Ferne flog ein Schmetterling von dem aufsteigenden Rauch weg.
« Letzte Änderung: 10. Mai 2017, 23:45 von Rohirrim »
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #26 am: 12. Mai 2017, 00:46 »
Im Kaufmannsviertel herrschte Chaos. Scheiben waren zerbrochen, Läden ausgeplündert und von überallher ertönten Schreie. Einiges davon ging auf das Konto einer jungen Südländerin, die gerade einen Stein durch ein Fenster eines besonders reichen Kaufmanns geworfen hatte und sich anschließend daran machte dessen Besitz auszuplündern. An ihrer Seite war ein älterer Mann, der ihr hinterher eilte und dabei brüllte: „Diese Stadt gehört euch nicht mehr. Diese Stadt gehört uns!“ Diesem Ausruf folgte begeisterter Jubel einiger Umstehender. Es wirkte, als wäre das gesamte Kaufmannsviertel von armen Leuten übernommen worden, die die Gelegenheit der Vertreibung von Hasael nutzten, um sich aus ihrem Elend zu befreien.

Die Überlegung von Zarifa war aufgegangen. Im Kaufmannsviertel befanden sich keinerlei Wachen. Die mussten alle beim Palast sein. So war es für sie und Ziad ein Leichtes gewesen, Scheiben einzuschmeißen und Diebstähle zu begehen. Niemand konnte sie aufhalten. Die Kaufleute flohen, während andere arme Leute angetrieben von den Parolen der Randalierer sich dem Aufstand anschlossen. Die reichen Leute flohen aus ihren Häusern, während es um sie herum klirrte und knallte. Zarifa war voll in ihrem Element. Jahre der Armut, des Frustes und des Hasses auf die Oberschicht entluden sich, während sie schreiend einen Stein hinter einem Kaufmann hinterherwarf und ihn an der Schulter traf. Nichts anderes hatten diese ausbeutenden Bastarde verdient. Diese Schweine, die in ihrem Reichtum schwelgten, während vor ihren Augen Leute verhungerten. Jetzt bekamen sie den Zorn jener zu spüren, die sie so lange ignoriert oder sogar gedemütigt hatten. Die junge Haradan verspürte förmlich ein Feuer der Euphorie, während sie kurz innehielt und dabei zusah, wie Kaufleute aus ihrer Wohnung gezerrt wurden und Leute, die vermutlich seit Tagen nichts gegessen hatte sich an den Speisekammern bedienten. Alles war so, wie es sein sollte.

So glücklich war Zarifa in ihrem Leben noch nicht gewesen. Sie suchte Ziads Blick, doch der blickte nur stumm geradeaus und rannte plötzlich wie von der Tarantel gestochen los. Die verwirrte Zarifa rannte ihm hinterher und sah dabei zu, wie ihr Freund einen weiteren Kaufmann umstieß, der gerade aus seinem Haus gekommen war. Zarifa erkannte das Haus. Es war das Haus, aus dem sie vor einigen Wochen Ziad befreit hatte. Und sie begriff, was Ziad so plötzlich aus der Fassung gebracht hatte. Er hatte den Mann wiedergesehen, der ihn über 15 Jahre lang gefangen gehalten hatte. Seit dem Abend der Befreiung hatte Ziad den Mann nicht mehr erwähnt und Zarifa hatte sich gehütet, das Thema anzusprechen. Sie wusste, dass Ziad mit den Erfahrungen zu kämpfen hatte und wollte ihm das Thema nicht aufzwingen. Vermutlich hatte er versucht es zu verdrängen. Und jetzt hatte er ihn wieder gesehen. Schutzlos und verängstigt, wie er aus seinem Haus gekommen war, umgeben von Aufständischen. Zarifa sah aus einiger Entfernung dabei zu, wie sie Ziads Zorn nun entlud. Immer weiter trat er auf den um Gnade winselnden Mann ein. Die junge Haradan ging näher ran. Etwas an diesem Anblick ließ das Feuer in ihr ein wenig abflachen, wie ein Windstoß mitten durch ihr Herz. Ziad war komplett außer sich und trat immer weiter auf den am Boden liegenden Mann ein, dessen Gesicht inzwischen komplett blutverschmiert war.

„Bitte... nein... hab Gnade“, röchelte der Kaufmann, doch Ziad ignorierte ihn. Der Mann hörte auf zu sprechen. Eine Blutlache ergoss sich über den Boden. Ein lautes Knacken war zu hören. Zarifa blickte zu dem Haus des Kaufmanns und sah einen Jungen aus dem Fenster schauen. Er war kaum älter als 6 Jahre alt. Eine Träne kullerte über seine Wange.

„ZIAD!“, schrie Zarifa und zog ihren Freund von dem Kaufmann weg. „WAS? WAS WILLST DU?“, schrie er zurück. Er war wahnsinnig. Seine Augen waren geweitet, sein Gesicht zerfurcht und Sabber lief aus seinem Mund. „Es ist genug. Er ist tot.“
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #27 am: 18. Mai 2017, 16:17 »
„Es tut mir leid, okay? Als ich diesen Mann wiedergesehen hatte, konnte ich nicht mehr klar denken. Ich verspürte nur noch Hass. Blinden Hass. Diese Person hatte mich 16 Jahre lang gefangen gehalten und mich dabei hungern lassen und misshandelt. Wie hättest du da wohl reagiert? Ich habe versucht diese Zeit zu vergessen, aber als ich dieses Gesicht plötzlich wiedersah, kam alles wieder hoch. All die Schmerzen, all die Verzweiflung und all die Hoffnung, jemand möge mich von meinem Leid erlösen.“
Ziad hatte Tränen in den Augen. Die Situation im Kaufmannsviertel hatte sich inzwischen etwas beruhigt und Zarifa sah ihren Freund mit einem unergründlichen Blick an.

„Schon gut, ich kann dich verstehen. Ich konnte das ganze nur nicht länger mit ansehen. Es war der Anblick dieses Jungen, der mich fertig gemacht hat. Ich konnte nicht einfach nur tatenlos rumstehen,“ antwortete Zarifa, jedoch ohne die Wut in ihrer Stimme verbergen zu können. Die letzten 15 Minuten hatten die junge Haradan sehr aufgewühlt. Auf der einen Seite hatte der Kaufmann zweifelsohne seine gerechte Strafe erhalten. Er war ein schrecklicher Mann gewesen und seine Verbrechen gegenüber Ziad waren unentschuldbar. Und dennoch hatten Ziads Handlungen zur Folge gehabt, dass ein unschuldiger Junge seinen Vater verloren hatte. Sie selbst war ohne Vater aufgewachsen und nur dank Ziad, der sie gewissermaßen adoptiert hatte, war sie heute überhaupt am Leben. Wie würde es dem Jungen nun ohne Vater ergehen? Hatte er noch eine Mutter? Oder war er jetzt ein Waise, komplett auf sich allein gestellt? Taten sie überhaupt das Richtige oder sorgten sie mit ihrem rebellischen Verhalten letztlich nur für noch mehr Leid in der Welt?

„Natürlich hast du recht. Hätte ich gewusst, dass sein Sohn zusieht, hätte ich den Kaufmann auch niemals zu Tode prügeln können. Aber das ändert nichts daran, dass er seine gerechte Strafe erhalten hat. Es ist nicht meine Schuld, dass das Kind einen so scheußlichen Vater hatte“, sagte Ziad mit fast schon flehender Stimme. Er schien auch nicht fassen zu können, was er getan hatte.
„Der Junge kann aber auch nichts für seinen Vater“, gab Zarifa trocken zurück. Sie wusste selber nicht, warum sie so aufgewühlt war. Auf rationaler Ebene konnte sie Ziad absolut verstehen und sie wollte ihn auch eigentlich aufmuntern. Ihm Zuspruch geben. Ihm sagen, dass sie sich genauso verhalten hätte. Doch das Bild des weinenden Jungen vor ihrem geistigen Auge hielt sie davon ab.

Es begann zu regnen.
„Komm!“, sagte Zarifa tonlos. „Lass uns in einem verlassenen Haus Unterschlupf suchen.“
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #28 am: 19. Mai 2017, 22:56 »
„Willst du auch ein bisschen Wein?“, fragte Ziad. „Der ehemalige Besitzer dieses Hauses hat einen ganzen Vorrat in seinem Keller.“ „Nein danke. Ich trinke keinen Alkohol“, gab Zarifa zurück. Die beiden Haradrim hatten sich in ein leerstehendes Haus im Kaufmannsviertel von Umbar zurückgezogen. „Ach komm schon. Du bist 19 Jahre alt und wir haben allen Grund zum Feiern. Hasael ist geflohen und wir haben das Kaufmannsviertel übernommen. Darauf sollten wir anstoßen“, meinte Ziad,während er die Flasche entkorkte.
„Nein, ich will nicht!“
„Warum denn nicht?“
„Ich habe schon zu viele Schnapsleichen auf den Straßen verenden sehen, um nicht zu wissen, was Alkohol anrichten kann. Ich rühre dieses Zeug nicht an“, erklärte Zarifa.
„Okay, wenn du meinst. Ich für meinen Teil brauche das jetzt.“ Und so schenkte Ziad nur für sich etwas ein und begann zu trinken.

Es waren inzwischen ca. 5 Stunden vergangen, seitdem Ziad zu Zarifa ins Zelt gestürmt kam und ihr von den Unruhen am Palast erzählt hatte. Die Lage im Kaufmannsviertel hatte sich ein wenig beruhigt. Viele Kaufmänner waren geflohen und ihre Häuser waren besetzt worden. Zarifa dachte immer noch ein wenig betrübt über den Jungen, der nun seinen Vater verloren hatte nach.

Die ganze Zeit über habe ich die Reichen dieser Stadt nur als das Böse gesehen. Als Sklavenhalter, als Ausbeuter, als verwöhnte und grausame Dreckssäcke, die es verdient hatten, dass man sie bestahl, verletzte und sogar tötete, wenn sie es verdient hatten. Ich habe nie darüber nachgedacht, dass viele dieser Leute  vermutlich auch gute Familienväter sind. Sie verdienen Geld, um ihren Frauen und Kindern ein schönes Haus und etwas zu Essen bieten zu können. Damit ihre Kinder nicht wie ich selber auf der Straße aufwachsen müssen. Einen solchen Familienvater zu bestehlen bedeutete, immer auch seine Familie zu bestehlen. Ihn zu töten bedeute, ihn für immer seiner Familie zu entreißen. Und dennoch, was hätte Ziad denn tun sollen? 16 Jahre der Folter einfach vergessen, nur weil der Mann einen Sohn hatte? Nein, der Mann hatte es verdient zu sterben. Ein wirklich guter Familienvater würde sich allen Menschen gegenüber gutherzig verhalten, anstatt seiner Familie gegenüber eine Maske aufzusetzen, um dann in seinem Keller sein wahres Gesicht zu zeigen. Ist doch klar, dass dann irgendwann was zurückkommt. In einer Welt, die sich nicht in Arme und Reiche gliedert, muss auch kein Familienvater damit rechnen bestohlen zu werden. In einer Welt, in der es keine Sklavenhaltung gibt, muss auch kein Familienvater damit rechnen, bei einem Sklavenaufstand ums Leben zu kommen. Und in einer Welt, in der Menschen einander nichts Grausames antun, muss auch kein Familienvater damit rechnen, aus Rache getötet zu werden. Aber bis es so weit ist, kann ich nicht jeden Schaden verhindern. Der Junge tut mir immer noch Leid, aber wenn es sein soll, wird er schon durchkommen.   

„Bist du etwa immer noch sauer auf mich? Oder warum sagst du nichts?“, wollte Ziad wissen.
„Nein, ich war nie wirklich sauer auf dich. Ich war einfach nur aufgewühlt. Ich schätze, es hat mich einfach umgehauen, als ich plötzlich gesehen habe, dass es Leute gibt, die um den Tod dieses grausamen Menschen trauern. Aber keine Sorge, ich hab mich beruhigt“, antwortete Zarifa.
„Alles klar, das kann ich verstehen. Also, was machen wir jetzt?“, fragte Ziad sichtlich erleichtert über Zarifas entspannten Tonfall.
„Genieß du deinen Wein. Ich gehe zurück zu unserem Zelt und hole unser Zeug rüber. Vielleicht erfahre ich dabei ja auch etwas neues“, sagte Zarifa und stand auf. „Und dann schlafe ich erstmal gründlich aus.“
„Alles klar, aber sei vorsichtig“, mahnte Ziad.
„Ich bin immer vorsichtig. Hast du mir ja schließlich beigebracht“, sagte Zarifa lächelnd und verließ das Zimmer.
« Letzte Änderung: 19. Mai 2017, 23:00 von Rohirrim »
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #29 am: 25. Mai 2017, 23:28 »
Nachdem sie das Haus verlassen hatte, lief Zarifa zurück durch die Straßen des Kaufmannsviertels in Richtung der ärmeren Stadtviertel, wo ihr Zelt stand. Sie war schon ziemlich müde, doch ihr wäre nicht wohl dabei gewesen, das Zelt in dieser Nacht allein zu lassen. Sie besaß zwar kaum etwas und schon gar nichts Wertvolles, aber alles was sie besaß, hatte einen Nutzen für sie. Ihr Dietrichset, mit dem sie fast jedes Schloss knacken konnte, ihr Hammer, mit dem sie oftmals kleine Dinge zerstörte und ihr kleines Messer, das sie im Zweifelsfall zur Selbstverteidigung nutzen konnte. Das Messer trug sie immer bei sich, doch die anderen beiden Gegenstände befanden sich noch im Zelt zusammen mit ihrer Kleidung, die sie ebenfalls mitnehmen wollte. Und auch das Zelt selber wollte Zarifa gerne mitnehmen. Jetzt wo sie ein Haus besetzt hatte, brauchte sie das zwar nicht mehr unbedingt, aber etwas, das die junge Haradan selber nicht ganz verstand, verband sie mit diesem Zelt. Und außerdem könnte sie es ja eines Tages wieder brauchen.

Die Situation in der Stadt hatte sich beruhigt, wodurch jetzt die Schäden, die durch den Aufstand entstanden waren, deutlich hervorstachen. Wo man auch hinsah waren Scheiben zerbrochen, Wände beschmiert und Türen aus den Angeln gerissen worden. Es roch stark nach Rauch. Zarifa lächelte. So gefiel ihr das Kaufmannsviertel viel besser. Als sie an dem Haus des von Ziad getöteten Kaufmanns vorbeikam schluckte sie kurz, zwang sich dann jedoch an etwas anderes zu denken, was ihr angesichts der Tatsache, dass die Leiche weggeräumt worden war auch einigermaßen leicht fiel. Stattdessen dachte sie über die Zukunft nach. Was würde nun mit Umbar geschehen. Würde es wirklich so werden, wie sie es sich wünschte, oder wird einfach jemand anderes Hasaels Platz einnehmen?

Während die junge Haradan durch die Straße wanderte viel ihr die anscheinend deutlich erhöhte Anzahl an Festen auf. Die Gasthäuser waren alle gut besucht und die Leute, die ihr auf der Straße begegneten, besangen den Sturz des Herrschers der Stadt. Fast alle schienen betrunken zu sein. Während die meisten jedoch glücklich und zufrieden wirkten, waren einige Leute auch sehr aggressiv gestimmt. Sie brüllten sich gegenseitig an und auch eine Schlägerei konnte Zarifa beobachten. Kurz bevor die junge Südländerin dann die Gasse erreichte, in der sich ihr Zelt befand, wurde sie von einer Gruppe älterer Männer bepöbelt.
„Hey Süße, komm doch mal rüber. Wir wollen was mit dir machen“, lallte einer der drei Männer. Zarifa wollte einfach schnell an der Gruppe vorbeigehen, doch die anderen beiden stellten sich ihr in den Weg. „Warum hast du es denn so eilig? Komm her und trink einen mit uns.“
„Nein danke, ich verzichte“, gab Zarifa angewidert zurück. Selbst wenn sie gerade Lust auf etwas zu trinken hätte, verstärkte der Gestank, der aus dem Mund des sprechenden Mannes kam definitiv nicht den Drang dies ausgerechnet hier bei dieser Gruppe zu machen.
„Ach komm schon“, sagte der Mann, der sich direkt vor sie gestellt hatte leicht schwanken.
„Wir haben doch allen Grund zum Feiern. Hasael ist fort und die Wachen sind nicht hier.“
„Und das bedeutet“, sagte der andere vor ihr stehende Mann mit einem lauten Hickser „dass wir machen können was wir wollen. Und wir wollen jetzt, dass du etwas mit uns trinkst.“
„Und wenn du uns diesen Gefallen nicht erwiderst, können wir auch andere Seiten aufziehen“, sagte nun wieder der direkt vor ihr stehende Mann und packte dabei ihren Arm. Zarifa schlug ihn weg und wich einen Schritt zurück.
„Na komm, jetzt hab dich doch nicht...“, begann der Mann, doch als er einen Schritt nach vorne machen wollte, stolperte er über seine eigenen Füße und viel zu Boden. Der andere Mann erschrak, drehte schnell sich zu seinem gefallenen Kameraden und wollte ihm helfen. Allerdings war diese plötzliche Bewegung anscheinend zu viel für seinen betrunkenen Körper, was sich in einer Ladung Erbrochenem direkt auf seinem am Boden liegenden Freund manifestierte.
„Ups, tschuldigung“, hickste der Mann, während sein Freund sich fluchend aufrichtete. Der dritte Mann, der Zarifa zu Beginn angesprochen hatte ignorierte das Geschehene und blickte Zarifa an. Die junge Haradan zog gedankenschnell ihr Messer.
„Bleib zurück“, sagte sie warnend und ging halb wütend, halb belustigt an der Gruppe vorbei, die sich nun gegenseitig Vorwürfe machte.
Und für die Freiheit solcher Leute kämpfe ich, dachte Zarifa kopfschüttelnd, während sie sich ihrem Zelt näherte.
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #30 am: 16. Jun 2017, 23:35 »
„Wer zur Hölle zieht so etwas denn bitte freiwillig an? Das Teil wiegt doch mehr als ich.“
Zarifa und Ziad machten sich gerade einen Spaß daraus, die Kleidungsstücke aus dem Haus, das sie inzwischen seit zwei Tagen besetzt hatten, anzuprobieren. Zarifa hatte sich gerade in einem besonders extravaganten Kleid vor den Spiegel gestellt. Es war rot, mit einer Reihe von Perlen verziert und für Zarifa mindestens acht Nummern zu groß.
„Ich würde allerdings auch davon ausgehen, dass die Besitzerin um einiges mehr wiegt als du“, entgegnete Ziad mit einem Lächeln.
„Auch wieder wahr“, antwortete Zarifa. „So gut, wie die Speisekammer gefüllt ist, würde es mich nicht wundern, wenn ihr dieses Kleid sogar noch zu klein ist. Davon könnten doch locker alle Obdachlosen der Stadt eine ganze Woche lang von Leben.“
„Du sagst es. Es ist einfach pervers, dass eine einzige Familie so viele Sachen besitzt. In dem Kleiderschrank da sind doch auch locker genug Kleidungsstücke für das gesamte Armenviertel. Beziehungsweise sogar doppelt so viel, wenn man die Größe bedenkt. Aus der Menge Stoff, die du gerade anhast, könnte man doch mindestens zwei Kleider für normale Frauen machen“, meinte Ziad. „Falls ich normal bin, mindestens drei“, entgegnete Zarifa, und zog das Kleid von ihrem Bauch weg, um deutlich zu machen, wie viel Platz zwischen Körper und Kleid war.
„Meinst du normal jetzt im körperlichen oder im geistigen Sinne?“ „Macht das bei der Frage einen Unterschied?“ „Auch wieder war. An dir ist einfach nichts normal“, sagte Ziad und beide lachten.

„Es ist einfach so eine Verschwendung, wenn man mal darüber nachdenkt. So viele Klamotten und kein Stück ist für normale Menschen brauchbar. Es gibt nur diese viel zu großen und schweren Kleider, diese viel zu schweren, weil viel zu stark verzierten Hüte und diese furchtbaren Schuhe mit Absätzen. Welcher normal denkende Mensch denkt sich denn: 'Hey, meinen Füßen geht es viel zu gut. Ich hätte viel lieber ein paar Schuhe, das mir beim Herumlaufen so viele Schmerzen wie möglich bereitet.' Da fehlt doch nur noch ein Nagelbrett als Sohle, sodass man wirklich überhaupt nicht mehr darin laufen kann“, redete sich Zarifa in Rage.
„Haha, du hast recht. Aber vielleicht können wir ja zumindest einige der Sachen noch weiterverwenden. Das Kleid da hat so einen dicken Stoff, da könnte man vielleicht ne Decke oder so draus machen. Oder Flicken für dein altes Zelt, falls wir es doch noch mal brauchen“, meinte Ziad glucksend.
„Gute Idee. Und wo ich gerade so darüber nachdenke ... einige dieser hässlichen Vasen da vorne, würden doch bestimmt gute Kochtöpfe abgeben. Und die Regale auf denen die stehen bräuchte man dann auch nicht mehr, die könnte man dann als Brennholz weiterverwenden.“
„Ja, die Idee ist gar nicht schlecht“, sagte Ziad. „Den ganzen Plunder, den die reichen Leute nur besitzen, weil er angeblich schön aussieht, zu Dingen umfunktionieren, die vielen Menschen tatsächlich einen Nutzen bringen würden. Wir könnten vielleicht eine Art Tauschmarkt daraus machen. Jeder kann sich etwas nehmen, das er braucht und dafür etwas anderes hinstellen, was er nicht braucht. Und manche Sachen könnten auch einfach allen gehören. Diese riesigen Vasen im anderen Zimmer wären doch zum Beispiel prima als öffentliche Mülleimer geeignet.“
„Ja“, meinte Zarifa nun hellauf begeistert. Bis eben hatte sie das ganze noch für einen halb ernst gemeinten Witz gehalten, doch Ziad hatte recht. Die Idee war tatsächlich genial. „Und dann könnte man auch noch weiter denken. Zum Beispiel könnte man die Zäune zwischen den Gärten hier abreißen und die dadurch entstehende Fläche zu einer öffentlichen Parkanlage umfunktionieren. Aus dem Holz der Zäune kann man dann im Park ein großes Lagerfeuer machen, wo alle zusammenkommen können“, redete sich die junge Haradan in einen Rausch.
„Jaja, das klingt ja alles schön und gut, aber bevor du dich zu sehr begeistern lässt, lass mich dich daran erinnern, dass wir immer noch nicht wirklich wissen, wie es weitergeht. Gestern hieß es, es würde ein neuer Rat eingesetzt. Wir wissen aber immer noch nicht genau was das heißt“, warf Ziad ein.
„Ja, du hast ja recht. Wahrscheinlich werden die neuen Machthaber genau so kacke wie die Alten. Nur der Name ändert sich. Und wahrscheinlich die Leute, mit denen sie Krieg führen. Dass von unten jeder Krieg gleich aussieht, ist diesen Arschlöchern wahrscheinlich gar nicht klar. Aber naja, erstmal sind wir hier. Und so schnell kriegt man uns hier auch nicht weg. Immerhin ist so ziemlich das ganze Viertel von Leuten wie uns besetzt. Und man wird ja wohl noch träumen dürfen. Wer weiß, vielleicht geht ja zumindest ein Teil meiner Wünsche in Erfüllung“, entgegnete Zarifa.
„Hoffen wir es. Zumindest hat der Aufstand hier im Kaufmannsviertel gezeigt, wie mächtig die kleinen Leute sein können, wenn nur die leise Hoffnung auf Besserung besteht. Mehr brauchte es vorgestern Nacht nicht.“

Plötzlich hörten sie von draußen ein lautes Klopfen gefolgt von einem lauten Ruf:
„ÖFFNEN SIE UMGEHEND DIE TÜR!“
„Das ist bei unseren Nachbarn“, sagte Zarifa erschrocken. „Los, schnell, wir müssen nachsehen, was vor sich geht“, ergänzte sie und wollte schon loslaufen, verhedderte sich dabei jedoch im Saum ihres Kleides und fiel zu Boden. In dem dadurch entstehenden Haufen Stoff war nur noch mit Mühe eine menschliche Gestalt zu erkennen, die mit gedämpfter Stimme sagte: „Okay, vermutlich sollte ich mir zuerst wieder Klamotten für Menschen anziehen.“ 
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #31 am: 19. Jun 2017, 22:36 »
„Im Namen des Rates von Umbar befehle ich ihnen, dieses Haus unverzüglich zu räumen. Ansonsten schrecken wir auch vor Gewalt nicht zurück.“
„Im Namen des was bitte?“
„Im Namen des neu gegründeten Stadtrates von Umbar. Habt ihr etwa gedacht, nur weil sich in der politischen Führungsriege einiges verschiebt, könntet ihr einfach machen was ihr wollt?“ Dieses Haus gehört einer Kaufmannsfamilie und sie fordert es zurück. Ich fordere hiermit zum letzten Mal auf unverzüglich, das Haus zu verlassen. Und seid froh, dass ich heute einen guten Tag habe, sonst lägt ihr schon lange am Boden.“

Zarifa und Ziad beobachteten den Dialog zwischen einer Stadtwache, die von zwei weiteren Wachen flankiert wurde und zwei ärmlich aussehenden Leuten, anscheinen ein Pärchen, die ziemlich verdattert in der Tür standen. Das konnte einfach nicht wahr sein. Gerade mal zwei Tage nach dem Aufstand hatte sich bereits ein neuer Rat gegründet, der nichts Besseres zu tun hatte, als die Interessen der Reichen zu vertreten. Und jetzt wurden die armen Leute wieder aus den Häusern betrieben. Würde es ihnen auch so gehen? Es sah nicht danach aus, denn zumindest liefen die Wachen an ihrem Haus vorbei und klopften zwei Häuser weiter erst wieder an. Es wurden also noch nicht alle Häuser geräumt.

„So darf das Ganze nicht enden. Wir müssen uns mit den Leuten, die gerade aus ihren Wohnungen gezerrt wurden, zusammentun. Es können nicht alle Kaufleute hierher zurückkehren. Einige sind mit Sicherheit geflohen oder vielleicht tot. Das können wir nutzen. Wir können die Häuser für unsere Zwecke besetzen.“

„Das kann doch alles nicht wahr sein. Schau dir das an. Die Leute werden teilweise brutal aus den Wohnungen gezerrt. Wir müssen etwas tun“, meinte Ziad.
„Das werden wir“, antwortete Zarifa. „Weißt du noch, was wir versucht haben, bevor es zu dem Aufstand kam? Vor gerade einmal drei Tagen sind wir noch wie die blöden durch die Stadt geirrt und haben nach Verbündeten gesucht. Jetzt kriegen wir die. Die Leute sind sauer und verzweifelt. Sie hatten die Aussicht auf ein besseres Leben und jetzt wird es ihnen wieder genommen. Die Leute brauchen Hoffnung,und wir werden sie ihnen geben. Wir besetzen die verbleibenden Häuser hier gemeinsam. Wenn wir zusammenhalten, kriegt uns die Stadtwache hier nicht so schnell weg. Je mehr Leute wir sind, desto mehr können wir bewirken. Vielleicht schaffen wir es mit all diesen Leuten, wirklich etwas zu bewirken.“
„Alles klar, dann los. Lass uns mit den Leuten reden.“

Zarifas Plan ging zumindest teilweise auf. Aufgrund der angestauten Wut und der kurzzeitigen Aussicht auf Besserung, die ihnen wieder genommen worden war, waren viel mehr Leute als zuvor bereit Zarifa und Ziad zuzuhören. Die Leute wollten den neuen Rat nicht akzeptieren. Es gab zwar einige Vertreter des einfachen Volkes im Rat, doch die hatten genau so viel zu sagen, wie der Aufseher der Orks in Mordor. Beide sollten es tunlichst vermeiden, den wahren Herrschern zu widersprechen. Und in Umbar waren die Herrscher immer noch reiche Kaufleute und Adelige. Im Grunde hatte sich mit Hasaels Abgang also nichts geändert, die Zahl der Arschlöcher mit Macht hatte sich nur vergrößert. Das einfache Volk und die Unterschicht wollten das nicht mehr akzeptieren. Daher war es für Zarifa und Ziad einfach, Leute für ihre Sache zu gewinnen. Sie besetzten die Häuser im Kaufmannsviertel, die nicht zurückgefordert wurden, und nutzten diese als Basis. Dort war genug Platz für alle. Und der Rat hatte zu viel zu tun, um die Leute aus Häusern zu vertreiben, auf die niemand Anspruch erhob. Daher wurden sie geduldet, allerdings eher zähneknirschend und vermutlich nur vorübergehend. Doch fürs erste reichte das. Sie konnten planen, wie sie vorgehen wollten, bei ihrem Versuch endlich ein wirklich gerechtes System herzustellen. Sie belauschten Ratsmitglieder, um ihre Pläne zu erfahren und Informationen bezüglich möglicher Verbündeter und offensichtlicher Feinde im Rat zu erhalten. Sie bestahlen Kaufleute, die ihnen offensichtlich feindlich gesinnt waren, und nutzten das, um sich selbst zu versorgen. Da sie alle zusammenhielten, wurde keiner von ihnen je erwischt. Zwar hatten sie noch Schwierigkeiten, einen wirklichen Durchbruch zu schaffen, doch sie würden es schaffen. Eines Tages.
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #32 am: 3. Jul 2017, 20:02 »
Freudestrahlend lief Zarifa die Straßen des Kaufmannsviertels entlang. Sie kam gerade von einem inoffiziellen Gespräch mit einem Ratsmitglied zurück. Die letzten Tage hatten die Hausbesetzer damit verbracht sich gegen die Schikanierungen des restlichen Kaufmannsviertels zu behaupten und gleichzeitig Ratsmitglieder zu finden, die ihrer Sache gewogen waren. Es stellte sich dabei schnell heraus, dass der Rat zwar geschlossen das Regime Hasaels abgelehnt hatte, jedoch im Bezug auf die Zukunftsvorstellungen für die Stadt große Uneinigkeit bestand. Es gab es im Rat jene, die kaum besser als Hasael selbst waren; die nur auf den eigenen Profit aus waren und sich einen Dreck um die eigentlichen Belange der Stadt scherten. Andere wiederum, schienen sich durchaus für die Belange des einfachen Volkes zu interessieren, allerdings trauten sie sich nicht, offen dafür zu arbeiten. Und dann gab es eine kleine Minderheit, die wirklich gewillt schien, die Situation zu verbessern. Insbesondere ein Mann hatte sich dabei hervorgetan. Dieser wurde dabei belauscht, wie er Wachen befahl die Hausbesetzer vorläufig in Frieden zu lassen, bis eine langfristige Lösung gefunden wurde. Er schien sich auch vor dem Rat dafür einzusetzen, die leerstehenden Häuser für Obdachlose zu nutzen. Nachdem sie diesen Mann einige Zeit beobachtet haben, kamen sie zu dem Schluss, dass es sicher war, zu ihm Kontakt aufzunehmen. Und genau das hatte Zarifa gerade getan.

Endlich gibt es jemanden in der Führungsriege der Stadt, der sich für uns einsetzt. Jemanden, dem nicht einfach scheißegal ist, wie es den einfachen Leuten geht. Und er sagt, es gibt noch mehr Leute im Rat, die seine Meinung teilen. Er will durchsetzen, dass wir in den leerstehenden Häusern bleiben dürfen. Hoffentlich hat er Erfolg dabei. Möglicherweise können wir ihm sogar helfen. Wir könnten ihm feindselig gesinnte Ratsmitglieder unter Druck setzen. Sie ausspionieren, schmutzige Geheimnisse aufdecken und an die Öffentlichkeit tragen.

Überwältigt von den positiven Erlebnissen bei dem Gespräch, hing Zarifa ihren Gedanken nach. Dabei fiel ihr zum ersten Mal wirklich auf, wie schön es hier im Kaufmannsviertel eigentlich war. Die Sonne schien, die Fenster schimmerten im Licht und an ihrem Gesicht flog ein Schmetterling vorbei. Zarifa konnte es kaum erwarten, Ziad und den anderen von dem Gespräch zu erzählen. Sie näherte sich allmählich dem Haus, das sich quasi als Hauptquartier der Hausbesetzer herauskristallisiert hatte. Dort gab es ein riesiges Wohnzimmer, in dem die Leute bestimmt schon gespannt auf Zarifas Rückkehr warteten.
Noch bevor die junge Haradan jedoch bei dem Haus angelangt war, merkte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Normalerweise wurde es in Hörweite des Hauses deutlich lauter als im Rest des Kaufmannsviertels, weil dort so viele Leute lebten und es sich gut gingen ließen. Es wurden zu jeder Tageszeit Lieder gesungen und Alkohol konsumiert. Doch jetzt lag eine nahezu gespenstische Stille über der Straße. Hatte der Rat nun doch einen Weg gefunden, die Leute zu vertreiben? Oder war etwa ein Gesetz zur Ruheeinhaltung durchgepeitscht worden?
Zarifa beschleunigte ihre Schritte. Schnell war sie bei dem Haus angelangt, öffnete leise die Tür und schlich Richtung Wohnzimmer. Sie hörte Stimmen.

„Aber wir müssen doch irgendwas tun! Wir können doch nicht einfach hier herumsitzen und es geschehen lassen.“
„Was willst du denn machen? Dich mit Küchenmessern bewaffnet einer Armee entgegenstellen? Wir werden alle sterben, wenn wir es wagen, Widerstand zu leisten.“
„Ich stimme zu. Wenn wir uns einmischen, geraten wir nur zwischen die Fronten. Bis auf ein paar wenige Verbündete im Rat, sind wir auf uns allein gestellt.“

Zarifa erkannte in der letzten Wortmeldung Ziads Stimme. Sie stieß die Tür auf.
„Was ist passiert?“, fragte sie mit zitternder Stimme. Sie hatte Angst vor der Antwort.
„Hasael ist zurück. Er steht mit einer Armee vor den Toren“, erklärte Ziad in verbittertem Ton.
„Woher weißt du das?“
„Die beiden Neuen da drüben haben Aufregung am Stadttor mitbekommen. Anschließend sahen sie, wie ein großer Mann mit langen, schwarzen Locken zu den Wachen hinkte und ihnen etwas flüsterte. Daraufhin zogen sie ab, und der Mann verließ die Stadt, anscheinend auf dem Weg zu Hasael.“
Zarifa erstarrte. Es war, als würde ihr Inneres zu Eis gefrieren. Sie wusste, wer der Mann war. Und das bedeutete nichts Gutes. Ziad warf ihr einen besorgten Blick zu. Er verstand, genauso wie sie.
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #33 am: 22. Jul 2017, 22:17 »
Sie waren verraten worden. Während Zarifa mit verbundenen Augen, gefesselten Händen und Fußfesseln eine Straße entlang geführt wurde, machte sie sich unentwegt Vorwürfe, denn es war ihre Schuld. Voller Tatendrang hatte sie die Leute mobilisiert, hatte versucht die Situation in Umbar zum Besseren zu wenden. Sie hatte geglaubt, endlich etwas bewirken zu können und dabei völlig vergessen, vorsichtig und unentdeckt zu bleiben. Sie sofort bereit gewesen, einem Ratsmitglied zu vertrauen, weil es ihre Ansichten zu teilen schien. Sie hatte sich von einer besseren Zukunftsvorstellung blenden lassen und bezahlte nun den Preis. Einen schrecklichen Preis. Früher hatte sie niemandem vertraut. Hatte immer aufgepasst, dass man sie niemals erwischte. Und jetzt war sie auf einen ganz billigen Trick reingefallen. Sie hätte es besser wissen müssen. Diese reichen Bastarde waren alle gleich. Keiner von ihnen scherte sich um diejenigen, die weniger besaßen als sie. Sie versuchten nur diejenigen zu beeindrucken, die mehr besaßen als sie.
Und genau das hatte das Ratsmitglied getan -  der Mann mit den langen, schwarzen Locken und dem verletzen Bein. Er hatte sich ihr Vertrauen erschlichen, indem er ihnen das Blaue von Himmel versprochen hatte, nur um dann in dem Moment, da Zarifa ihm alles über die aufständischen Hausbesetzer erzählt hatte, sein wahres Gesicht zu zeigen. Er war direkt zu Hasael gerannt und hatte ihm alles erzählt. Vermutlich im Austausch gegen Geld.
Da ihre Augen für ihre Umgebung im Augenblick blind waren, sah Zarifa vor ihrem geistigen Auge noch einmal umso klarer, was geschehen war. Wie auf einmal etwa 10 Wachen an die Tür ihres Hauptquartiers klopften, wo sie immer noch alle versammelt waren. Wie die Wachen befahlen, sie sollten sich ergeben. Wie einer der Neuen, dessen Name Zarifa nicht kannte, sich weigerte und versuchte zu fliehen. Wie das gegen die Wand spritzte, als er von einem Schwert durchbohrt wurde. Wie sie selbst entsetzt und mit Tränen in den Augen Ziads Blick suchte. Wie dieser selbst ratlos und weinend den Kopf schüttelte.
Das konnte alles nicht wahr sein. Gerade als es so aussah, als würde es endlich bergauf gehen, brach alles in sich zusammen. Was hatte Hasael jetzt mit ihnen vor? Das Ratsmitglied wollte genaue Informationen über Anzahl und Altersstruktur innerhalb der Hausbesetzer haben, angeblich um den Rat mit Zahlen und harten Fakten überzeugen zu können. Doch nun, da Zarifa von dem Verrat wusste, beunruhigte sie das sehr. Was will Hasael mit einer Gruppe von Obdachlosen und wieso will er wissen, wie alt die sind? Etwas Gutes konnte das jedenfalls nicht bedeuten.
Neben sich konnte Zarifa Ziad atmen hören. Da hatte sie ihren alten Freund und Mentor gerade erst befreit und nun war er ihretwegen wieder gefangen. Wieso hatte sie das nur getan? Wieso hatte sie nicht nachgedacht? Wieso hatte sie einem Mann vertraut, der eindeutig mehr Geld besaß, als ihm zustand?

„Wir sind da“, hörte Zarifa eine Wache von vorne rufen. „Los, bringt die Gefangenen zu den Kutschen. Aber zählt vorher durch. Nicht dass schon jemand vor der Reise verloren geht.“
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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #34 am: 7. Aug 2017, 00:32 »
Zarifa wurde die Augenbinde unsanft heruntergerissen. Sie waren außerhalb der Stadt. Etwa dreißig gefesselte Männer und Frauen standen in einer Reihe vor einem edel gekleideten Mann, der von einer Leibgarde umgeben war. Dabei konnte es sich nur um einen Vertreter Hasaels handeln. Hinter dem Mann standen eine Reihe an Kutschen und etwas weiter links stand der Mann mit den langen, schwarzen Locken und dem verletzten Bein. Ein Gefühl des Hasses, wie Zarifa es noch nie zuvor verspürt hatte, überkam sie. Hier ging es nicht um Ungerechtigkeit oder soziale Missstände. Hier ging es um Verrat.

„Unsere Geschäftspartner aus Gorak werden bald hier sein. Zählt noch einmal durch!“, befahl der edel gekleidete Mann und sofort gehorchte einer seiner Wachen dem Befehl.
„Nochmal vielen Dank für die Einfädelung des Geschäfts, Yasin. Du hast dir deine Belohnung redlich verdient“, sagte er im Anschluss zu dem Mann mit den schwarzen Locken.
„Vielen Dank, Sir.“
„Ah, da sind sie ja endlich. Dann kann es also losgehen. Sind alle da?“
„Ja Sir, genau 30, wie abgesprochen.“
„Perfekt!“

Zarifa gefiel überhaupt nicht, worauf das hinauslief. Geschäftspartner aus Gorak? Von Gorak hatte sie noch nie etwas gehört. Wo lag das? Und warum interessierten sich Leute aus Gorak für Obdachlose aus Umbar? Um was für eine Art von Geschäft ging es dabei? So sehr Zarifa auch überlegte, ihr fiel nur eine Möglichkeit ein. Eine überaus schreckliche Möglichkeit. Sie sollten alle als Sklaven nach Gorak verkauft werden. Ihr graute es allein bei der Vorstellung. Eingesperrt, ohne Rechte und ohne Freiheit. Und das gerade jetzt, wo es so ausgesehen hatte, als würde sich alles zum Besseren wenden. Gerade jetzt, wo sie erstmals in ihrem Leben das Gefühl hatte, ein wirklich gutes Leben zu leben, sollte ihr das Einzige weggenommen werden, an das sie sich Jahre lange geklammert hatte. Was ihr jahrelang Hoffnung und Mut gemacht hatte: Ihre Freiheit. Ihre Freiheit stand auf dem Spiel, ebenso wie die Freiheit all dieser Leute, deren Hiersein sie allein zu verantworten hatte. Und wie musste es Ziad erst gehen? Er hatte seine Freiheit gerade erst wieder erlangt und jetzt wurde sie ihm wieder genommen.
Eine einsame Träne kullerte Zarifas Gesicht herunter, während sie beobachtete, wie die Geschäftsleute aus Gorak ankamen, Geld übergeben wurde und noch einmal geprüft wurde, ob alle da waren.

„Dann kann es ja sofort losgehen. Los, bringt sie in die Kutschen.“
„Hey, Moment mal. Ich hatte doch um eine spezielle Belohnung gebeten“, warf der Mann namens Yasin ein.
„Das stimmt. Das ist der Mann, der unser Geschäft hier heute möglich gemacht hat. Ihr erinnert euch?“
„Achja... nun gut, ihr habt eine Stunde. So lange können wir warten. Um wen ging es nochmal?“
„Die kleine, braunhaarige da“, sagte Yasin und deutete mit einem gierigem, fast wahnsinnigem Blick auf Zarifa. Sofort wurde die junge Haradan gepackt und aus der Reihe gezogen.
„NEIN! LASST SIE IN RUHE!“, schrie Ziad, während der versucht sich von seinen Fesseln und den Wachen zu befreien. „IHR HABT KEIN RECHT DAZU.“
„Kein Recht? KEIN RECHT?!“, fragte Yasin lachend.
„Offensichtlich besteht hier ein Missverständnis, was eure Position angeht. Lass es mich erklären: Ihr seid Nichts. Ihr seid Maden. Ihr seid Gesindel, das unsere schöne Stadt besudelt. Kein Mensch schert sich um euch. Niemand wird euch vermissen. Und niemand wird euch nachtrauern. Ich kann mit euch machen, was immer ich will. Wir alle können mit euch machen, was immer wir wollen. Denn wir besitzen etwas, das ihr niemals haben werdet: Geld. Euer einziger Nutzen besteht darin, den Leuten mit Geld zu dienen. Und das werdet ihr alle tun. Und die Kleine hier wird das jetzt schon auf besondere Weise tun.“
„DU DRECKIGER BASTARD! DAS LASSE ICH NICHT ZU!“, schrie Ziad und es gelang ihm tatsächlich, dem Griff der Wache, die ihn gepackt hatte, zu entkommen und auf Yasin zuzustürzen. Allerdings war er immer noch gefesselt, doch er versuchte alles, um Zarifa irgendwie von Yasin wegzubekommen.

„PACKT IHN!“, schrie Yasin und sofort kamen drei weitere Wachen herbei und zogen Ziad zurück. Die Szene hatte inzwischen auch die Aufmerksamkeit des Geschäftsmanns aus Gorak erregt, der nun langsam, auf einen Gehstock gestützt auf Ziad zuging.

„Soso, was haben wir denn hier? Wird hier etwa jemand aufmüpfig?“
„Und was geht dich das an?“
„Nun, eine ganze Menge. Immerhin habe ich euch soeben im Namen meines Herrn für eine ganze Menge Geld erworben. Ihr seid daher das Eigentum meines Herrn und ich bin für euch verantwortlich. Aber mein Herr schätzt es überhaupt nicht, wenn sein Eigentum aufmüpfig ist, versteht ihr?“
„Nun, dann wird ihm das hier wohl auch nicht gefallen.“
Ziad spuckte dem Mann ins Gesicht und versuchte sich im Anschluss wieder von den Wachen zu befreien. Doch es gelang ihm nicht. Es waren zu viele. Der Mann aus Gorak blieb indes ganz ruhig, wischte die Spucke mit einem Tuch aus seinem Gesicht und sprach ganz ruhig weiter:
„Nein, das würde ihm in der Tat überhaupt nicht gefallen. Und ich denke, dies ist der perfekte Zeitpunkt, um einmal ganz deutlich klarzustellen, um was es hier geht. Ihr seid unsere Sklaven. Ihr gehört uns. Das bedeutet, ihr habt unseren Befehlen zu gehorchen. Ihr redet nur, wenn ihr dazu aufgefordert werdet. Und ihr werdet euch niemals... ich wiederhole: NIEMALS gegen uns auflehnen. Ist das klar?“, fragte er mit bedrohlicher Miene zu Ziad gewandt? Ziad sagte nichts. Er blieb einige Sekunden lang ruhig stehen, bevor er dem Mann erneut ins Gesicht spuckte.
„Wie bedauerlich. Nun, dann wollen wir doch mal sehen. Du bist bereits über vierzig. Dein Temperament ist offensichtlich nicht im Zaum zu halten. Und du siehst ziemlich abgemagert aus. Damit bist du geradezu prädestiniert für...“

„NEIN!“ Diesmal war es Zarifa, die geschrien hatte. Sie hatte das Geschehen an der Seite von Yasin beobachtet und jetzt hatte sie eine schreckliche Ahnung wo das hinführen würde. Sie riss sich von Yasin los, der sie nur ganz locker festgehalten und selber gespannt zugesehen hatte und versucht irgendwie Ziad zu helfen, doch aufgrund ihrer Fesseln erreicht sie dabei überhaupt nichts und wurde schließlich von einer der drei Wachen, die Ziad im Zaum hielten, gepackt.
„Ach nein, wie rührend. Ist das dein Vater?“, fragte der Mann zu Zarifa gewandt. Sie schüttelte den Kopf. Mehr brachte sie im Moment nicht zustande. Die Wache tat ihr mit einem sehr festen Griff weh.
„Nun, hier scheint offensichtlich dennoch eine emotionale Beziehung zu bestehen. Stellt die beiden einander gegenüber und haltet sie fest. Führt die anderen Sklaven wieder aus den Kutschen und stellt sie in einer Reihe auf, sodass sie das hier mitansehen können. Sorgt dafür, dass keiner von ihnen sich vom Fleck bewegt. Das wird ihnen allen eine Lehre sein.“

Sofort wurde den Befehlen des Mannes Folge geleistet. Wachen aus Umbar und Wachen aus Gorak arbeiteten zusammen, um alle festhalten zu können. Der Geschäftsmann aus Umbar und Yasin sahen dem Schauspiel gespannt zu.

„Hier bekommt ihr nun eine kleine Kostprobe von dem zu sehen, was euch blüht, wenn ihr Widerstand leistet. Denkt an diese kleine Szene zurück, wenn euch mal wieder nach Freiheit sehnt und ihr die Flucht ergreifen wollt. Oder wenn ihr versuchen wollt, zu fliehen“, sagte der Mann aus Gorak und stellte sich nun direkt hinter Ziad, während er Zarifa direkt in die Augen blickte. Zahlreiche Tränen quollen nun aus ihren Augen. Sie fühlte sich hilflos. Sie war wütend, traurig und resigniert zugleich.
„Sieh genau hin, meine Hübsche. Dein Freund hier hat seinen Rang überschätzt. Wenn du nicht das gleiche Schicksal erleiden willst, wirst du von jetzt an gefälligst alles tun, was dir Befohlen wird, ist da klar?“
Zarifa antwortete nicht. Sie konnte nicht hinsehen. Stattdessen blickte sie auf ihr weißes Tuch, dass sie sich selber zu einem Kleid zurechtgeschnitten hatte.
Sie hörte, wie der Mann aus Gorak einen Dolch zog. Nach einer kurzen Pause folgte ekelerregendes Geräusch. Ziad keuchte und rote Blutflecken breiteten sich auf Zarifas Kleidung aus.
„SIEH HIN!“, brüllte der Mann aus Gorak und augenblicklich zog die Wache, die sie festhielt ihren Kopf an den Haaren nach oben. Sie sah den Dolch aus Ziads Brust hervorstechen. Und anschließend sah sie ihrem Freund in die Augen. Dem Mann, der sie gerettet hatte. Dem Mann, der wie ein Vater zu ihr gewesen war. Eine einzelne Träne floss aus seinem Auge und seine Wange herunter.
„Gib nicht auf. Niemals“, hauchte er. Dann zog der Mann aus Gorak den Dolch heraus und Ziad wurde losgelassen. Er fiel augenblicklich zu Boden.
„Nein... bitte nicht... ZIAD ANTOWORTE MIR“, kreischte Zarifa hysterisch. Sie wusste eigentlich, dass es keinen Zweck hatte, doch sie wollte es nicht wahr haben. Ziad konnte einfach nicht Tod sein. Das konnte er einfach nicht.
„Wie bedauerlich“, sagte der Mann aus Gorak. „Jetzt ist mein Dolch völlig mit Blut verdreckt. Du, Mädchen. Du wirst ihn säubern.“ Er kam auf Zarifa zu. Ihr war schlecht. Ihre Verachtung für diesen Mann war nicht in Worte zu fassen.
„Mach deinen Mund auf.“
Zarifa rührte sich nicht.
„Mach deinen Mund auf, habe ich gesagt. Oder soll ich diesen Dolch auch noch in deine Brust rammen?“
Zarifa öffnete ihren Mund. Was sollte das jetzt? Wieso konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Der Mann legte den Dolch in Zarifas Mund.
„Und jetzt... mach ihn sauber.“ Zarifa erstarrte. „Du hast mich verstanden. Mach ihn sauber oder ich stecke den Dolch doch noch woanders hin“, sagte er mit einem fiesen Grinsen im Gesicht.
Sie hatte keine Wahl. Ihr Hass auf die gesamte Situation war auf ein so immenses Maß angestiegen, dass sie fast vergaß, um Ziad zu trauern. Als sie jedoch den Geschmack seinen Blutes auf der Zunge spürte, viel es ihr jedoch schlagartig wieder ein, und sie musste sich fast übergeben. Sie wollte hier weg. Einfach nur weg. Sie wollte so lange rennen, bis ihr Körper aufgab. Sie wollte sich ins Gras legen und dort für immer liegen bleiben. Sie wollte einfach alles vergessen. Für immer schlafen, ohne zu träumen. Sie wollte... Sterben?
„Na also, geht doch. Du bist also doch ein braves Mädchen. Und jetzt wirst du mit Yasin mitgehen und alles tun, was er sagt. Anschließend wirst du wieder hierherkommen. Yasin? Du hast eine Stunde Zeit. Keine schweren oder gar tödlichen Verletzungen. Viel Spaß.“

Yasin packte Zarifa und schleifte sie mit. Sie wehrte sich nicht.

Zarifa nach Harondor
« Letzte Änderung: 16. Jan 2019, 13:47 von Fine »
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Eandril

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Re: Auf den Straßen von Umbar
« Antwort #35 am: 27. Feb 2020, 18:43 »
Edrahil und Hírilorn von Vor der Stadt

Der Platz hinter dem großen Tor von Umbar war voller Toter, Sterbender und Verwundeter. Männer des Malikats trieben Grüppchen der Verteidiger zusammen und nahmen ihnen die Waffen ab, während immer mehr Soldaten ins Innere der Stadt strömten. Nur kurz nachdem Edrahil und Hírilorn unter dem mächtigen Torbogen hindurch getreten waren, erblickte im flackernden Licht der Fackeln einen wohlbekannten, dunkelblonden Haarschopf.
Er rief Valirës Namen, und sie trafen sich am südlichen Rand des Platzes, unter den Mauern eines herrschaftlichen Anwesens.
"Bevor ihr fragt: Ich bin mit Erchirions Erlaubnis hier - oder auf seinen Befehl, wenn euch das besser gefällt", begann Valirë. Ihr Gesicht glänzte vor Schweiß und auf ihrer Rüstung klebte Blut, doch sie schien unverletzt. "Da ich mich als einzige halbwegs in Umbar auskenne, hat er mich mit ein paar Männern durch die Stadt zum Tor geschickt, und den Hafen angegriffen um von uns abzulenken." Sie setzte eine verschwörerische Miene auf, und fügte hinzu: "Unter uns gesagt war es meine Idee, und ich musste ihm ganz schön zusetzen, dass er sein Einverständnis gibt. Aber wir haben es geschafft, das Fallgitter geöffnet und die Jungs am Tor so durcheinander gebracht, dass die anderen durchbrechen konnten."
Edrahil nickte knapp. "Sehr gut. Wo ist Qúsay?"
Valirë verdrehte die Augen, und erwiderte: "Danke, Valirë, gute Arbeit, Valirë. Qúsay hatte auch kaum einen Blick für uns übrig, und ist gleich mit seiner Leibgarde in Richtung Palast weitermarschiert, und... brennt da etwas?"
Edrahil wandte sich in die Richtung um, in die sie blickte. Tatsächlich schien eines der Gebäude in der Nähe der Mauern Feuer gefangen zu haben, und dichte Rauchschwaden stiegen in den Nachthimmel auf. Soldaten und Stadtbewohner rannten hektisch durcheinander.
"Hírilorn", sagte Edrahil nur knapp, und der Angesprochene eilte ohne in weiteres Wort in Richtung des Brandes davon. Edrahil wandte sich wieder Valirë zu.
"Entschuldigung. Gut gemacht", sagte er, und Valirë grinste. "Wer seid ihr, und was habt ihr mit Edrahil gemacht?"
Edrahil ging nicht weiter darauf ein, und sagte stattdessen: "Wir müssen zum Palast. Du und der Rest deiner Truppe, sofern sie nicht verwundet sind, kommen mit mir."
Tatsächlich waren von Valirës Trupp nur noch sechs Männer einsatzbereit - drei waren gefallen, und sechs weitere waren zu schwer verwundet, um noch von großem Nutzen zu sein.
Gerade als Edrahil zum Palast aufbrechen wollte, kehrte Hírilorn zurück. "Niemand weiß, wie das Feuer entstanden ist", berichtete er atemlos. "Aber sie können es nicht löschen, denn es hat zu lange nicht geregnet. Und... mindestens zwei Brunnen sind wie über Nacht versiegt."
Bei Hírilorns letzten Worten beschlich Edrahil ein äußerst ungutes Gefühl. "Kommt mit. Wir müssen zu Qúsay - und zwar sofort."

Auf den Straßen Umbars herrschte ein heilloses Chaos. Zwar wurde entlang des Weges zum Palast im Zentrum der Stadt nicht mehr gekämpft, da Qúsays Truppen dieses Gebiet bereits unter Kontrolle hatten, doch inzwischen breiteten sich an mehreren Stellen Brände aus, und Stadtbewohner und Soldaten drängten sich in den Straßen. So brauchten Edrahil und seine Begleiter deutlich länger, um den Weg zum Palast zurückzulegen, als ihm lieb war.
Da der direkte Weg zum Palast schließlich doch versperrt war - Qúsays Soldaten hatten einen Trupp Verteidiger auf einer Kreuzung eingekesselt - wählte Edrahil schließlich den längeren Weg um den Palast herum, der auch an dem geheimen Eingang zum Palast vorüber führte. Edrahil hatte zwar nicht vor, diesen Eingang zu nehmen, und dennoch wurden sie aufgehalten, als ihnen eine unter einem Kopftuch verborgene Gestalt mit einem Kind an der Hand aus der unsichtbaren Seitentür heraus geradezu vor die Füße stolperte.
Sie blickte erschreckt auf, und presste eine Hand gegen die Brust. "Edrahil? Seid ihr das?"
Edrahil bedeutete den Soldaten, die instinktiv ihre Waffen gezogen hatten, mit erhobener Hand zurückzubleiben, und trat selbst vor.
"Ja. Aber ihr seid mir gegenüber im Vorteil." Als Antwort streifte die Frau das Kopftuch ab, und enthüllte eine Flut langer schwarzer Haare. Edrahil hob eine Augenbraue. "Fürstin Arannís."
Hasaels Gemahlin sah nicht gut aus. Sie war blass, und über ihr Gesicht zogen sich sichtliche Tränenspuren. "Ich glaube, eine Fürstin bin ich nicht mehr", erwiderte sie. "Bitte... ihr müsst mir helfen, bevor Qúsay uns tötet."
Edrahil warf dem Kind, dass sie an der Hand hielt einen Blick zu, und sie erklärte: "Menelmir, mein jüngster Sohn - und vielleicht mein einziger." Ihr Stimme bebte, und sie kämpfte sichtlich damit, die Tränen zurückzuhalten. "Bitte, Edrahil. Meneldur haben sie getötet, ich habe keine Ahnung, wo Calmacil ist. Ich... ich habe Angst, dass sie uns auch töten."
"Natürlich werden wir..." begann Valirë, doch Edrahil hob die Hand um sie zurückzuhalten. Sie warf ihm einen verständnislosen Blick zu, doch die Entscheidung fiel Edrahil alles andere als leicht. Schließlich sagte er: "Wenn Gondor euch Schutz bietet, Arannís, könnte das unser Bündnis mit Qúsay gefährden. Ich... Ihr werdet mir einen Eid leisten, hier und jetzt. Ihr erkennt Qúsays Anspruch auf Umbar an und schwört, dass weder ihr noch euer Sohn je etwas unternehmen werdet, die Herrschaft Qúsays oder seiner Nachfahren zu gefährden."
"Ich schwöre es", erwiderte Arannís ohne auch nur einen Wimpernschlag zu zögern. "Das... das alles ist mir gleich, wenn ihr uns nur beschützt."
Edrahil nickte mit zusammengebissenen Zähnen. "Also schön. Valirë, du und deine Männer bringen Arannís und ihren Sohn zu den Schiffen. Erkläre Erchirion die Situation, und bewahrt ansonsten absolutes Stillschweigen darüber."
"Wird gemacht", antwortete Valirë, die erleichtert wirkte. "Kommt mit uns, Arannís."
Edrahil blieb alleine mit Hírilorn zurück, der sagte: "Ich will euch nicht hinterfragen, aber... denkt ihr nicht, dass Qúsay diese Neuigkeiten schlecht aufnehmen wird, sobald er davon erfährt?"
"Sicherlich, er wird nicht begeistert sein. Aber ich denke, sobald sich die Lage beruhigt hat, wird er einsehen, dass es die beste Wahl war."

Edrahil und Hírilorn zum Fürstenpalast
« Letzte Änderung: 27. Feb 2020, 18:48 von Eandril »

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