Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Linhir

Marwans Residenz

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Eandril:
Nachdem Dírar und Qúsay das Zimmer verlassen hatten, ging Hilgorn zu Elphirs Bett hinüber und kniete sich neben den Prinzen.
"Wie fühlst du dich?", fragte er. "Schon bedeutend besser, wenn auch nicht so, als könnte ich Bäume ausreißen.", antwortete Elphir mit einem schiefen Lächeln. "Dieser letzte Teil, über das Reich Eryan und den möglichen Krieg mit Harad... das war interessant."
Hilgorn zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. "Harad ist groß, und dieses Eryan liegt noch im Osten davon. Ich denke nicht, dass das für uns von Bedeutung sein kann."
Elphir richtete sich auf seinem Bett auf und stütze sich auf die Ellbogen. "Ich denke du irrst dich.", sagte er, und fuhr auf Hilgorns fragenden Blick hin fort: "Die Welt ist größer geworden als noch vor wenigen Jahren. Vor dem Ringkrieg kümmerten wir uns nur um unsere eigenen Grenzen, und das einzige andere Volk mit dem wir Kontakt hatten, waren die Rohirrim im Norden. Aber jetzt... wir stehen einem Feind gegenüber, den wir alleine niemals zu besiegen hoffen können. Wir brauchen mehr Verbündete, und Qúsay könnte einer von ihnen werden."
Hilgorn nickte langsam, denn er glaubte zu verstehen. "Ich glaube, Qúsay hat sehr große Ambitionen..." Er wurde von Túrin unterbrochen, der unbemerkt zu ihnen getreten war.
"Die hat er tatsächlich, mein Prinz. Verzeiht, dass ich euch unterbreche, aber wie ihr wisst, war ich mit Qúsay am Hafen als er Abdul-Aziz verfolgte. Nachdem er diesen getötet hatte, riefen Qúsays Gefolgsleute ihn zum Malik der Haradrim aus - was so etwas wie ein Großkönig zu sein scheint."
Bei Túrins Worten setzte Elphir sich auf und schwang die Beine über die Bettkante, allerdings schien ihm zum Aufstehen noch die Kraft zu fehlen. "Es ist, wie ich es mir gedacht hatte: Qúsay wird nicht in Umbar halt machen, sondern versuchen, ganz Harad unter seine Herrschaft zu bringen. Ein Krieg in Harads Osten muss ihn also interessieren - und damit auch uns. Wir müssen Qúsay helfen seine Ziele zu erreichen, denn er ist unsere einzige Möglichkeit, Verbündete in Harad zu finden."
"Es sei denn, Edrahil hat in Umbar Erfolg.", wandte Hilgorn ein.
Elphir seufzte. "Du traust Qúsay immer noch nicht wirklich über den Weg, oder?"
Hilgorn schüttelte den Kopf. "Ich möchte es, wirklich. Aber... ein Teil von mir kann einfach nicht. Sicherlich, er hat dich geheilt, aber... er braucht Dol Amroth, und diese Bündnis hätte nicht gehalten, wenn du hier gestorben wärst."
"Du hast Recht, er braucht uns - aber weniger als wir ihn brauchen.", erwiderte Elphir darauf. "Und könntest du irgendwelchen Verbündeten, die Meister Edrahil vielleicht in Umbar auftreibt denn mehr vertrauen? Nein, ist die Antwort, das könntest du nicht."

"Vielleicht hast du Recht...", sagte Hilgorn langsam. "Ich... ich werde mit Qúsay zusammenarbeiten, selbst wenn ich ihm jetzt noch nicht vertraue."

kolibri8:
Gegen Mittag, nach einigen Stunden Schlaf, trafen sich Qúsay und Dirar im Wohnsaal des Anwesens. Einige zerfetzte Banner, die man aus dem Feldlager und der Schlucht geborgen hatte, wurden von zwei Haradrim in Körben hereingebracht und auf den Tisch gestellt, während sich die Dirar und Qúsay unterhielten.
„Wie geht es nun weiter Qúsay?“, fragte Dirar seinen Herrn.
„Ich habe am Mittsommertag in zwei Wochen ein Treffen unserer Verbündeten in Aín Sefra einberufen. Die nomadischen Stämme sollen außerdem ihre Familien über den Harnen nach Harondor bringen - zur Sicherheit. In Aín Sefra wird dann mein Königtum, das Marwan heute Morgen ausgerufen hat, hoffentlich durch eine Wahl bestätigt.“
Qúsays Blick wanderte zum dem Tisch herüber und er fuhr nachdenklich fort: „Ein Königtum, das eines Symbols bedarf.“
Mit diesen Worten ging Qúsay zu dem Tisch und zog einige Banner aus den Körben, die er auf dem Tisch ausbreitete.
„Ist dir schon einmal aufgefallen, dass die Stämme Harads einige, man kann fast sagen, Lieblingsfarben haben?“ fragte Qúsay Dirar, der jedoch den Kopf schüttelte, also fuhr Qúsay fort und klärte ihn auf: „Grün war ein die Farbe des ersten großen Reichs in Harad, deshalb führen Stämme wie die Quahtan, Abd al-Qay oder die Banu Qainuqa grüne Banner.“
Bei diesen Worten deutete er auf die zerfetzten Reste eines grünen Banners.
„Schwarz wird nicht nur von unseren Freunden den Lahmiden verwendet sondern auch von den Banu Abbas und der Stadt Umbar. Weiß tragen die Lihyaniten, die Stadt Najran und die Quraiza. Letztlich ist Rot schlechthin die Farbe der Haradrim, wir färben unsere Kleidung rot, unsere Banner, und oft auch unsere Haut. Dennoch ist Rot auch die Farbe Suladans.“
Qúsay überlegte kurz. Dann legte er die Stoffstreifen so aneinander, dass sie ein vierfarbiges Banner ergaben: Schwarz, Rot, Grün und Weiß.
„Ein Banner, in dem sich alle Haradrim wieder finden können, muss also aus diesen Farben bestehen“, er hielt wieder einen Moment überlegend inne.
„Aus der Dunkelheit der Unterdrückung durch Blut und Hoffnung in eine strahlende Zukunft“, sagte Qúsay schließlich.
„Aber Qúsay, das Rot reicht bei weitem nicht für einen ganzen Streifen“, witzelte Dirar. Auch wenn dies mehr als Witz, denn als ernste Aussage gemeint war, Recht hatte er dennoch: das einzige rote Tuch in dem Korb war der klägliche Recht eines Schlangenbanners Suladans, das in der Schlucht nahezu vollständig verbrannt war. Qúsay nahm daraufhin ein Messer und schnitt die Buchstaben M-L-K aus dem Tuch, die er dann auf den mittleren grünen Streifen legte.
„Nun kann jeder Haradrim, der des Lesens mächtig ist, erkennen, dass dieses Banner dem Malik gehört.“
Qúsay sah Dirar sichtlich zufrieden an.
„Nun, hol’ eine der Sklavinnen, wenn sie ihr Geld wert ist, wird sie nähen können.“ Dirar nickte und verließ den Raum. Momente später kam er wieder mit einer schwarzen Sklavin aus Fern-Harad und wies sie an das Banner zu nähen. Während die Sklavin nähte unterhielten sich Qúsay und Dírar weiter.

„Der Majles soll am 23. Juni stattfinden?“ fragte Dirar, und Qúsay nickte und so fuhr Dirar fort: „Das ist in weniger als zwei Wochen. Selbst für unsere schnellsten Reiter ist es ein Ritt von mehr als einer Woche bis nach Aín Sefra, wenn du vorher noch nach Dol Amroth willst, sollten wir sobald wie möglich aufbrechen.“
Qúsay nickte zustimmend.
„Du hast Recht, einen Teil des Weges könnten wir mit dem Schiff zurücklegen, einige Handelsschiffe der Kinahhu liegen hier vor Anker, doch das Meer ist dieser Tage tückisch, dieser Sturm macht das befahren des Meeres jetzt unmöglich, und die Kinahhu sind nicht so begnadete Seefahrer wie die Menschen Umbars.“
Qúsay sah durch das Fenster nach draußen, die Sonne schien zwar wieder, und die Straßen waren fast wieder trocken, doch pfiff noch immer ein starker Wind durch die Gassen und Straßen Linhirs.
„Die Männer sollten sich so lange wie möglich ausruhen. Vielleicht sollten wir heute Abend, nach der Versammlung des Heeres, ein Fest unseres Sieges und unserer Gäste zu Ehren geben“, sagte Qúsay nachdenklich.
„Ja, das würde den Männern bestimmt gefallen“, antwortete Dirar.
„Sag, hatte Abdul-Aziz nicht sogar ein Kamel herbringen lassen?“
Dirar nickte.
„Nun ein würdiger Anlass um ein Kamel zu schlachten ist es allemal,“  fuhr Qúsay fort und sah nach dem Stand der Sonne: „Eine leichte Mahlzeit heute Mittag und ein Mahl, das die ganze Stadt versorgen soll heute Abend, ja ich denke so machen wir es. Dann schicke die Boten rund, die Stadt soll darauf vorbereitet werden.“
Dirar nickte, und verließ den Raum. Einem Moment war Qúsay wieder für sich allein – die Sklavin beachtete er nicht wirklich – dann trat Marwan in den Raum.
„Du willst eine Feier veranstalten?“, sagte er, kaum dass er die Türschwelle übertreten hatte.
„Nun, in schwierigen Zeiten wie diesen wäre das eine willkommene Abwechslung“, fuhr Marwan fort. Dann erblickte er die Sklavin, die das Banner nähte, und fragte interessiert: „Was wird das?“
Qúsay sah ihn einen Moment an und antwortete dann:
„Ein Symbol!“

Eandril:
Gegen Mittag trafen sich Hilgorn, Turin und der wieder genesene Elphir auf dem kleinen Innenhof des Hauses. Qúsay und sein Berater Dirar hatten sich in den Wohnsaal zurückgezogen um sich zu beraten, und so wollten auch die Gondorer ihre eigene Beratung abhalten. Sie ließen sich auch einigen Bänken nieder, die in einer Ecke des Innenhofes in der Nähe eines kleinen Brunnens standen, und Elphir begann: "Was meint ihr, was sollten wir als nächstes tun? Sollten wir das Heer in die Stadt holen und weiter vorrücken, vielleicht nach Pelargir?"
"Die Kontrolle über den Anduin zu haben könnte uns sehr nützlich sein...", begann Hilgorn, doch Turin unterbrach ihn: "Wir können nicht weiter nach Osten vorrücken."
Elphir sah ihn überrascht an. "Und wieso nicht? Wir haben hier gerade einen großen Sieg errungen, unsere Feinde sind auf der Flucht und wir haben Qúsay mit seinen Männern an unserer Seite. Wenn nicht jetzt, wann dann?"
"Verzeiht, dass ich euch das noch nicht erzählt habe, aber gestern erschien mir nicht der richtige Zeitpunkt dafür: Sauron hat gedroht, den König zu töten, wenn auch nur ein Soldat Gondors den Fuß über den Gilrain setzt.", erwiderte Turin.
Hilgorns Mut sank. In der Erregung über ihren Sieg in der Schlucht und die Eroberung Linhirs hatten sie vollkommen vergessen, dass der Dunkle Herrscher König Elessar in seiner Gewalt hatte. "Dann sind uns die Hände gebunden." Er schüttelte mutlos den Kopf. "Allerdings frage ich mich, warum Sauron mit diesem Druckmittel nicht auch noch verlangt, dass wir uns nach Dol Amroth zurückziehen und Belfalas in seiner Hand lassen."
"Vielleicht... vielleicht fürchtet er, wir könnten eine solche Forderung trotz dieses Druckmittels ablehnen.", überlegte Elphir. "Wenn wir uns nicht zurückziehen und er seine Drohung war machen müsste, dann hätte er seine Geisel verloren und wäre gezwungen gegen uns zu kämpfen."
"Und wenn schon.", war Hilgorn ein. "Warum sollte er sich davor fürchten? Hier in Linhir haben wir nicht gegen die Truppen Mordors, sondern nur gegen seine Verbündeten gekämpft. In Dol Amroth haben wir ihn geschlagen, ja. Aber das ist uns auch nur gelungen, weil der Nazgûl gefallen ist, und keinem Menschen wäre das gelungen."
"Ich glaube ebenfalls nicht, dass Sauron Grund hätte, sich vor uns alleine zu fürchten.", meinte Turin. "Aber wir wissen nicht, was in anderen Teilen Mittelerdes vor sich geht. Vielleicht droht ihm Gefahr aus dem Norden? Und auch die Lage in Harad muss ihm Sorgen machen, denn wenn Qúsay das Land tatsächlich unter seine Kontrolle bringen kann, hat Mordor einen seiner wichtigsten Verbündeten verloren."
Wiedereinmal war Hilgorn von Turin überrascht. Er hatte den Mann für einen einfachen Soldaten gehalten, aber er zeigte, dass er einen guten Blick für größere Zusammenhänge besaß.

"Was also sollten wir tun?", fragte Hilgorn.
Elphir sah für einen Moment zum Himmel auf und antwortete dann: "Wir werden das Heer aufteilen. Ein Teil wird hier in Linhir als Garnison stationiert, genug um die Stadt zu verteidigen. Wir müssen außerdem kleinere Trupps abstellen um die restlichen Übergänge über den Gilrain und das Hinterland bis hinauf nach Ethring zu sichern. Der Rest kehrt nach Dol Amroth zurück. Wahrscheinlich wird auch Qúsay nach Dol Amroth gehen wollen um sein Verlöbnis mit Lóthiriel zu besiegeln."
Bei den letzten Worten war Hilgorn unwillkürlich zusammengezuckt, denn der Gedanke die Tochter Imrahils mit einem Haradrim zu verheiraten gefiel ihm nach wie vor nicht.
"Schau nicht so unglücklich drein, Hauptmann.", sagte Elphir darauf mit einem Lächeln. "Ich hätte meine Schwester auch lieber mit einem Adligen aus Gondor oder vielleicht Rohan verheiratet gesehen, aber wir sind im Krieg, und wir müssen alle unsere Opfer bringen."

Eandril:
Die drei Männer saßen noch eine Weile still beisammen, bis Elphir plötzlich fragte: "Was ist eigentlich aus unserem Kontaktmann zu Qúsay, Merian, geworden? Ich habe ihn zuletzt in der Schlucht gesehen aber seitdem nicht mehr. Ist er in der Schlacht gefallen?"
Hilgorn schüttelte den Kopf. "Nein, er ist nach dem Angriff der Nazgûl zusammen mit Qúsay nach Linhir geritten um die Stadt zu sichern. Was dann mit ihm geschehen ist weiß ich nicht. Aber Turin, vielleicht wisst ihr mehr darüber? Ihr seid doch ebenfalls mit nach Linhir geritten."

Der Angesprochene sah aus, als wäre ihm äußerst unwohl bei dieser Angelegenheit, doch er antwortete: "Nun, wie es aussieht könnte Merian uns doch nicht ganz so treu sein wie es scheint - auch wenn ich das eigentlich nicht glauben kann und will. Aber nachdem wir Abdul-Aziz am Hafen gestellt hatten, bestieg er heimlich gemeinsam mit Fürst Angbor ein Korsarenschiff, vermutlich um diesen zu entführen. Als das Schiff davonsegelte stand Merian am Heck und winkte uns zu - deshalb glauben wir, dass er nicht gegen seinen Willen mitgenommen wurde."
Auch wenn Hilgorn Merian nie vollkommen vertraut hatte, fiel es ihm doch schwer das zu glauben. "Meint ihr nicht, Merian könnte gezwungen worden sein, sich auf diese Art und Weise zu zeigen? Sein Verrat würde jetzt keinen großen Sinn mehr machen, denn warum sollte er uns erst die Möglichkeit geben, Kontakt mit Qúsay aufzunehmen und Linhir zu erobern, nur um jetzt Angbor zu entführen, und das wo Angbor doch bereits in Gefangenschaft war?"

Túrin sah ihn nachdenklich an. "Vielleicht habt ihr Recht, Hauptmann. Ich habe ehrlich gesagt noch nicht wirklich darüber nachgedacht. Es wäre... es wäre mir auch lieber, wenn Merian uns nicht verraten hätte, denn er war mein Freund und ich habe ihm vertraut."
Bevor noch etwas anderes gesagt werden konnte öffnete sich die Tür zum Innenhof und Dirar kam heraus. Er verneigte sich vor Elphir und sagte: "Prinz Elphir, Hauptmann Hilgorn, Túrin... Mein Herr Qúsay wird heute Abend ein großes Fest anlässlich der Eroberung Linhirs und seiner Ausrufung zum Malik von Harad veranstalten. Ihr seid als Vertreter unserer Verbündeten aus Dol Amroth eingeladen, an diesem Fest teilzunehmen."
Elphir, der sich mittlerweile erhoben hatte, erwiderte: "Sagt Qúsay, dass uns diese Einladung ehrt, und dass wir uns dem Fest gerne anschließen werden."

kolibri8:
Das Banner war fertig als Qúsay am späten Nachmittag mit Dirar im Hausflur stand. Dirar trug das Banner, das an einen langen Speer befestigt und aufgerollt worden war.
„Die Männer haben sich auf dem Marktplatz versammelt, Qúsay“ berichtete Dirar.
„Gut, dann los“, sagte Qúsay und trat mit Dirar vor die Tür.

Qúsay und Dirar zum Marktplatz.

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