Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Fangorn

Nordöstliche Grenze des Fangorns

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Gnomi:
Nîdanadh aus Fangorn - im Wald


Wie lange wanderte er schon so umher? Stunden? Tage? Wochen? Er wusste es nicht. Der Wald hatte schon lange von ihm Besitz ergriffen und er hätte nicht einmal mehr sagen können, ob es Morgen oder Abend war. Dass es nicht Nacht war konnte er sagen, da die Sonne schien. Oder war es der Mond? Durch die dichte Schicht aus Blättern und Ästen schien nur ein blasser Dunst, gerade genug, dass man die Hand vor Augen erkennen konnte.
Nîdanadh musste schon tief im Wald sein, zumindest schloss er dies aus den Lichtverhältnissen. 
Seinen ganzen Weg über hatte er das Gefühl, dass ihn vereinzelte Bäume beobachteten und mit den Ästen raschelten. Doch keiner dieser komischen Wesen schien sich ihm gegenüber feindselig zu verhalten.
Immer weiter lief er durch den dunklen Wald. Hinter jedem Baum erschienen zwei neue Bäume, hinter jeder Pflanze kamen zwei weitere Pflanzen zum Vorschein. Gräser schauten nur vereinzelt aus dem Boden, der sonst fast nur von Pilzen und anderen lichtscheuen Gewächsen besiedelt war. Die meiste Zeit spürte er unter seinen Füßen kleine halb vermoderte Äste.
Stunden – oder doch Tage? – später lichtete sich auf einmal langsam der Wald. Es war immer noch dunkel, doch die Äste ließen mehr Licht durch und Nîdanadh erkannte, dass es Nacht war. Vereinzelte Sterne schickten ein leicht bläuliches Licht und erhellten den dunklen Wald. Immer weiter lief er durch den nächtlichen Wald und erkannte nun Bäume und andere Pflanzen, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Doch alle wirkten niedergeschlagen, nirgendwo erblickte er auch nur eine Pflanze, die Freude am Leben zu haben schien. Es war ein ungewohntes Gefühl, die Traurigkeit war er gewohnt, seit dem schicksalhaften Tag hatte er mit ihr gelebt, hatte sich nie mit ihr angefreundet, doch die Trauer hielt seine Hoffnung am Leben. Im dunkeln der letzten Zeit hatte er die geballte Trauer der ältesten Lebewesen gespürt, aber sie nie gesehen, er hatte nur gefühlt, dass ständig um ihn herum tiefste Trauer herrschte… nun sah er sich in einem Wald wieder, der keine Hoffnung mehr hatte und auf den Tod wartete. Selbst diese Bäume und Pflanzen sind anscheinend gefühlsstärker als Menschen… Ihre Trauer… so tief und so erdrückend habe ich sie nie von anderen Menschen wahrgenommen, anscheinend müssen die Elben hier sehr gute Arbeit geleistet haben…
Auf einmal war der Wald zu Ende. Von einer Sekunde auf die nächste stand er im Freien. Verwirrt blieb er stehen und blickte sich um.
Vor ihm war eine riesige freie Fläche. Vereinzelt lagen gefällte Bäume, manche schon halb vermodert, andere frisch gefällt. Alles war übersät mit vereinzelten Baumstümpfen.
Alle kleineren Pflanzen waren zertreten und dem Erdboden gleichgemacht.
Weit weg erkannte er einen kleinen Mauerring mit einem hohen schwarzen Turm in der Mitte. Von dort musste die Zerstörung ausgegangen sein… Auf den Feldern erkannte er nun auch vereinzelte Zeltlager mit kleinen Feuerstellen davor.
„He, was machst du hier?“
Blitzschnell drehte sich Nîdanadh um und suchte den Besitzer der kratzigen Stimme und erkannte einen kräftigen Ork vor sich stehen. Binnen einer Sekunde bemerkte auch dieser, dass er keinen Freund vor sich hatte und zog eine große Axt, die an seiner Seite hing, während Nîdanadh bereits mit gezogenem Schwert vor ihm stand, doch er wartete ruhig den Angriff des Orks ab. Dieser machte langsam einen Schritt auf ihn zu. Als Nîdanadh immer noch keine Regung zeigte zögerte er verunsichert.
Danach kniff er seine Augen zusammen und stürzte sich mit einem Kampfschrei auf seinen Feind.
Blitzschnell wich Nîdanadh ihm aus und blieb wieder ruhig stehen. Er wollte sehen, wie der Ork verzweifelt. Die Trauer in den Bäumen… er hatte sie gespürt, als ob es seine eigene gewesen wäre und nun wollte er sie rächen. Der Übeltäter sollte leiden, leiden wie es die Bäume im Fangorn taten.
Schon stürzte sich sein Gegner mit einem weiteren Schrei auf ihn. Ohne Probleme parierte Nîdanadh den Hieb und griff nun seinerseits mit einfachen Kombinationen den Ork an. Selbst diese genügten schon um den Arbeiter in Verzweiflung zu bringen. Mit Müh und Not schaffte er es die einzelnen Schläge zu parieren. Nîdanadh strengte sich nicht wirklich an, sein Feind war ein ungeübter und schlecht bewaffneter Kämpfer. Nach einigen Hieben schließlich zielte das Schwert auf einen der beiden Arme.
Bevor sich der Ork wehren konnte zischte das Schwert durch die Luft und zerschnitt Sehnen, Fleisch, brach knackend den Knochen und durchtrennte schließlich vollkommen den Arm. Vor Schmerz brüllend schrie er auf und lies seine Axt fallen, woraufhin Nîdanadh ihm den zweiten Arm ebenfalls abtrennte. „Nun geh“ befahl er seinem Gegner. „Und erzähle allen, was passiert wenn man anderen so großes Leid zufügt, ich werde nicht zulassen, dass noch mehr Unheil geschieht, mein Leben ist verwirkt und ich werde nie Ruhe finden. Doch dieser Wald hat das Leben verdient.“
Der Ork drehte sich um und rannte, stolperte, konnte sich nicht auffangen und stürzte. Ungelenk rappelte er sich auf und rannte weiter.
Als das Schmerzensgeheul nur noch leise zu vernehmen war blickte Nîdanadh auf und suchte eine Wasserquelle. Der Kampf hatte ihm gezeigt, dass er schon lange nichts Flüssiges mehr getrunken hatte. Doch wo er auch hinblickte, nirgends war Wasser aufzufinden. Seufzend machte er sich in Richtung des Gebirgszuges im Osten auf. Wo ein Gebirge war, gab es auch meist Flüsse, die dieses verließen.
Ein kleiner Rand des Mondes war noch zu sehen, als Nîdanadh schließlich am Gebirge ankam und auch rasch einen größeren, langsam fliesenden Fluss vorfand.
Vorsichtig watete er in das eiskalte Wasser, bis sein Unterkörper vollständig unter Wasser war.
Das Wasser tat gut und zögernd entspannte sich schließlich auch sein gesamter Körper. Danach schöpfte er vorsichtig ein bisschen Wasser aus dem Fluss und trank es. Er spürte, wie das Wasser seine trockene Kehle befeuchtete, dann im Hals hinunterfloss und sich schließlich in seinem Bauch der Körpertemperatur anpasste… Immer mehr Wasser trank er, bis ihn plötzlich ein harter Schlag am Rücken traf.
Ruckartig drehte er sich um und erkannte was ihn gerammt hatte:
Ein Körper eines Menschen oder eines Elbes, er konnte es nicht sicher sagen.

Als er den leblosen Leib an das Ufer gebracht hatte schaute er ihn sich genauer an. Es war ein Mensch, da war er sich nun sicher. Und er trug große Verletzungen und war total aufgeweicht.
Anscheinend hatte er einen harten Kampf hinter sich und war danach durch das halbe Nebelgebirge von diesem Fluss getragen worden.
Ein Mensch… wodurch hat er es verdient gerettet zu werden…. Nîdanadh hatte sich gerade abgewandt, als er auf einmal ein Husten hinter sich hörte. Als er sich umschaute sah er, dass  der Mensch große Mengen an Wasser aushustete und ihn mit leicht glasigen Augen anschaute.

Tom Bombadil:
Nerblog von Moria


Stöhnend kam Nerblog wieder zu Bewusstsein. Als er versuchte, mit einem tiefen Atemzug seine Lebensgeister wieder zu wecken, begann er heftig zu husten. Wasser spritzte aus seinem Rachen und sein Bauch schmerzte stechend, als sich sein Zwerchfell an- und wieder entspannte.
Blinzelnd schlug er die Augen auf. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Dem Ostling war eiskalt. Seine Kleidung war völlig durchnässt. Ein grauer Nebel hatte sich über seine Augen gelegt und er konnte nur Splitter seiner Umgebung erkennen. Plötzlich beugte sich eine schemenhafte Gestalt über ihn.
Nerblog versuchte, das Wesen von sich zu stoßen, doch seine Glieder gehorchten ihm nicht. War er gelähmt? Mit einem letzten, kräftigen, und äußerst schmerzhaften Husten- anfall wich die Betäubung von ihm. Er zitterte. Wo beim Streitkolben des Dunklen Herrschers war er?
Eine sanfte Brise strich durch sein verklebtes Haar. Warmes Sonnenlicht kitzelte seine Nase. Nerblog war nicht imstande, sich aufzurichten. Die Wunde am Bauch verhinderte seinen Versuch. Schmerzerfüllt verzog er das Gesicht und wälzte sich auf die Seite.
Er lag in einer etwas kahlen Wiese in der Nähe eines Waldrandes. Dutzende Baumstum- pfe ragten aus dem Boden.
In der Ferne sah er einen sehr hohen, schwarzen Turm. Rauchwolken gingen von seiner Umgebung aus und unzählige kleine Punkte wuselten vor seinem Tor herum. Nerblog erinnerte sich- Elebert hatte ihm davon erzählt: Dies war der Turm eines Zauberers, doch seinen Namen hatte Nerblog vergessen.
Die Sonne stand tief im Westen, während ihre Wärme allmählich das Eis aus Nerblogs Adern vertrieb. Dennoch machte er sich große Sorgen. Er lag wehrlos wie ein Säugling im Gras. Raubtiere aus dem Wald oder Feinde, die von dem Turm kamen, könnten ihn finden. Da kam ihm wieder die Kreatur in den Sinn, die sich vor einiger Zeit über ihn gebeugt hatte.
Er drehte sich auf die rechte Seite und sah einen sehr großen Menschen mit Vollbart, der ein recht verschlissenes Hemd trug. Darunter vermutete Nerblog sofort eine Rüstung. Der Kerl hockte im Gras und säuberte sein Schwert mit einer Art Lappen vom Blut. Nerblogs Blut?
Neben dem Hünen sammelte sich ein Rinnsal von Blut. Sofort fiel Nerblogs Blick auf seinen eigenen Körper, aber neben der alten Wunde am Bauch war kein Einschnitt zu erkennen. Als er wieder aufschaute, identifizierte er das Blut als schwarz. Der Ostling entspannte sich ein wenig. Allerdings war ihm der seltsam traurige Ausdruck im Gesicht des Mannes nicht geheuer.
Nerblog schalt sich einen Dummkopf. Er war nicht in der Position, wählerisch zu sein. Er würde die Hilfe des Menschen benötigen, um zu überleben. Der Hüne selbst schien Nerblog zu ignorieren.
"Hi....", würgte der verwundete Ostling hervor und spuckte noch ein wenig Wasser. "Hilfe!"   

Gnomi:
Nîdanadh ließ sich viel Zeit, während er langsam seine Augen von dem Schwert abwandte und den Menschen vor sich anschaute. Es hatte lange gedauert, bis der andere zu sich kam nachdem er das erste Mal gehustet hatte. Nîdanadhs Schwert blitzte wieder vollständig gesäubert auf. Er merkte, dass der Fremde seine Waffe kurz misstrauisch beäugte, bevor er sich wieder mit um Hilfe bittenden Augen an ihn wandte. 
Er kannte den Blick, es war ein blick den viele auf ihn warfen, immer wenn sie sich unsicher waren, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollten. Vor allem in Lorien hatte er den Blick oft gespürt. Er erinnerte sich an eine Gruppe Soldaten aus Gondor? Rohan? Auf jeden Fall hatten auch sie ihn vorsichtig beäugt und sich nicht getraut ihn anzusprechen. Sie waren unter ein paar Bäumen stehen geblieben und hatten gewartet, bis er vorbei gelaufen war, doch kaum hatte er ihnen den Rücken zugedreht, hatte er sie flüstern gehört.  Ähnlich fühlte er sich jetzt.
„Du willst also Hilfe...“, flüsterte er mehr zu sich, als zu dem anderem. „Doch ist dieses Leben wirklich so wertvoll, dass es sich lohnt zu helfen und Leben zu retten? Wäre es nicht manchmal schöner, wenn alles... alles einfach zu Ende wäre?“
Langsam erwachte er aus seinem Selbstgespräch und schaute dem Menschen vor sich direkt in die Augen.
„Sag mir, warum sollte ich einem Wesen wie dir, einem Menschen helfen? Nie hat euer Geschlecht etwas für mich getan und jetzt soll ich helfen?“

Tom Bombadil:
Nerblog versuchte, sich einen ungläubigen Gesichtsausdruck zu verkneifen, doch es gelang ihm nicht vollends. Was redete dieser Kerl denn da? Er war doch schließlich selbst ein Mensch... Oder nicht? Doch war er sich eindeutig im Klaren, dass er sich im Ton mit seiner einzigen Hoffnung nicht vergreifen durfte.
Nervös blickte er zu dem bärtigen Gesicht auf, das die Sonne verdunkelte. Der Mann hatte normale Ohren, er war also kein Elb oder irgendetwas anderes. Der traurige Ausdruck des Verlustes von etwas unschätzbar Wertvollem war ihm tief ins Gesicht eingegraben.
"Ich... Ich kann euch nichts als Gegenleistung bieten", begann er stockend. Es fiel ihm schwer, nach so langer Bewusstlosigkeit wieder fließend zu sprechen. "Ich kann euch nur bitten. Bitten, mich an einen sicheren Ort zu bringen."
Nerblog sah betroffen zu Boden. Es war nicht seine Art, Leute anzuflehen, doch die Situation kam ihm absurd vor; Er lag, unfähig, sich zu regen, im Gras vor einem kräftigen Mann in guter Verfassung und dieser weigerte sich, ihm zu helfen? Zugegeben, der Ostling kannte die Gewohnheiten des Westens schlecht, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass man hier so miteinander umging.
Immer mehr drängte sich der Verdacht in seinen Kopf, dass er es mit einem Spinner zu tun hatte. Es war höchste Vorsicht geboten. Nerblog wusste, der Faden, an dem sein Leben hing, spannte sich unumgänglich über diesen Hünen.
Er blickte wieder zu ihm auf und bemühte sich, einen möglichst flehentlichen Ausdruck in seine Augen zu legen. 

Gnomi:
Stirnrunzelnd schaute Nîdanadh den Mann vor sich an. Wie tief muss man gesunken sein, um einen fremden Menschen so anzuflehen...
„Sicher? Was ist für dich sicher?“ fragte er ihn. „Wenn du mit Orks und ihres Gleichen gut stehst, dann bist du hier sehr sicher, wenn ich nicht da bin. Wenn du hingegen mit ihnen auf Kriegsfuß stehst, dann solltest du gleich zurück in den Fluss springen.“
Langsam stand Nîdanadh auf. Er hatte dem Menschen das Leben gerettet, das genügte seiner Meinung. „Ansonsten ist etwas westlich von hier ein Wald. Doch wie lang man sich dort drinnen noch vor Orks verstecken kann... zumindest solltest du dort alles finden, was du brauchst, ich muss weiter. Doch du wirst es schaffen, ich weiß nicht, ob ich froh oder traurig darüber sein soll; du bist stark – obwohl du ein Mensch bist.“


Nînadadh nach Thal und Umgebung

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