Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Rhovanion

Ebene von Celebrant

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--Cirdan--:
Es war keinesfalls angenehm mit einem Sack über dem Kopf hinten auf einem Pferd zu sitzen, stellte Eddy schnell fest. Der Entführer vor Eddy verbot ihm an sich festzuhalten und der junge Breeländer, blind und orientierungslos, hatte jede Sekunde angst herunterzufallen.
Wenig beruhigte Ed dann, dass die Dunedain auch ohne Säcke über den Köpfen offenbar ebenfalls schlecht sahen, da die Nacht inzwischen vollständig hereingebrochen war. "Es ist nicht mehr weit", sprach einer der Schergen Saruman, um die anderen Männer in der Dunkelheit zu beruhigen. Mit dieser Aussage behielt er recht, denn schon bald hielten sie und Ed wurde von dem Pferd heruntergezogen.

Eddy hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Er dachte nur an den freundlichen Zwerg, der nun seinetwegen ebenfalls in dieser misslichen Lage war und er ärgerte sich über sich selbst, wie dumm es gewesen war zu glauben, dass er entkommen könnte. Ed konnte sich nicht vorstellen, was ihm für seine Flucht als Bestrafung drohte und im Moment wollte er es auch gar nicht wissen.
"Schlaft jetzt!", befahl einer der Männer. "Ich habe hunger", rief Ed instinktiv und es stimmte, er hatte seit einer Ewigkeit nichts mehr gegessen, "in meinem Beutel, den ihr mir abgenommen habt sind meine Vorräte." "Der da drüber?", fragte ein anderer Dunadan neben ihm, der wahrscheinlich auf seinen Beutel zeigte. "Woher soll ich das wissen?", wollte Eddy grade antworten, als der Mann über Ed stolperte. "Nehmt mir endlich diesen Sack vom Kopf", keuchte Eddy, der den Fuß des Mannes immer noch im Magen spürte, "bei der Dunkelheit kann ich sowieso nichts sehen."
Niemand half ihm, niemand nahm ihm den Sack vom Kopf, stattdessen durchsuchte der Dunadan offenbar seinen Beutel. "Guten Proviant hast du, aber wem gehört diese rote Schleife hier?" Ed stutzte, da er die Schleife völlig vergessen hatte. Er hatte sie bereits eingepackt, als er damals aus Archet aufgebrochen war. "Die gehört meiner Freundin", erklärte Eddy nachdenklich und erinnerte sich an Lilly, wie sie mit der Schleife im Haar durch die Sonne getanzt war.
Der Dunadan lachte gehässig, während von etwas weiter entfernt die Stimme des Zwerges Aivari erklang: "Warum habt ihr Sie verlassen?"
Eddy überlegte ob er antworten sollte, was ihm grade durch den Kopf ging. Schlimmer kann es eh nicht mehr werden, entschied der Breeländer: "Weil Männer wie diese mir Lügen erzählten und mich unter falschen Versprechen aus meinem Dort in fremde Länder und Kriege lockten."
Kurz darauf befahl der Hauptmann die absolute Nachtruhe, verbot Essen und Trinken für die Gefangenen und ließ die Fesseln und Säcke noch einmal nachziehen.
Auch in dieser äußerst unbequemen Position dauerte es nicht lange, bis Eddy eingeschlafen war.

Am nächsten Morgen wurde Eddy unsanft geweckt. Ihm wurden einige wenige Vorräte aus seinem Beutel gegeben. Zum Essen durfte er den Sack von seinem Kopf endlich abnehmen. Ed fand sich in einem provisorischen Nachtlager der Dunedain wieder. Er nickte Aivari, der an einem Stück Brot knabberte, kurz zu und erkannte dann nicht weiter hinter dem Zwerg die alte Frau mit dem Spitznamen Elea. Ihr Knie war notdürftig abgewunden.
Es dauerte nicht lange, da bemerkte Ed bei den Dunedain eine Aufbruchsstimmung. Das Lager wurde abgebaut und die Pferde gesattelt. Auch Eddy und Aivari wurden wieder hinter zwei Reiter auf die Pferde gesetzt.

„Was ist mit ihr?“, fragte Eddy mit Blick auf Elea und drei Dunedain, die zurückblieben, „kommen sie nicht mit?“ Einer der Männer bejahrte und Ed hakte nach bis er eine genauere Antwort bekam. „Unser Herr befahl die flüchtige Frau nicht wieder mit zurückzubringen“, erklärte der Mann, „sie ist die Mutter unseres Hauptmannes Helluin. Sie verdreht ihm den Kopf und hält ihn von seinen Aufgaben ab. Sie wird nach Moria gebracht, wo sie sich nützlich machen kann.“
Eddy wollte widersprechen, die Männer umstimmen, aber nichts was er sagte, überzeugte die Dunedain. Er selbst war durch Moria gegangen. Eddy wusste wie schrecklich dieser Ort war; dunkel, mit tiefen Abgründen und Scharen von Orks und Schlimmerem.
„Behaltet meinen Sohn im Auge“, rief Elea Eddy nach, als er davon ritt. Das werde ich, dachte Ed, ich werde ihm erzählen was hier geschehen ist. Seine Mutter wird von seinen eigenen Leuten in die Stollen des Nebelgebirges gebracht.
Im gleichen Moment hoffte Ed, dass er überhaupt die Gelegenheit bekommen würde, mit Helluin zu sprechen. Desto näher sie sich dem Lager der Orks vor dem Düsterwald näherten, umso ängstlicher wurde er.

Eddy und Aivari als Gefangene der Dunedain ins Orklager vor dem Düsterwald
Elea nach Moria

Rohirrim:
Cyneric und Zarifa aus Thranduils Hallen

Zarifa war verwirrt. Sie konnte weder genau beschreiben, was in den letzten 24 Stunden passiert war, noch konnte sie sich in irgendeiner Form eine Meinung dazu bilden. Sie hatte zum ersten Mal in ihrem Leben Elben gesehen. Und nicht nur einen Einzelnen, sondern gleich eine ganze Stadt, oder wie auch immer man dieses Ding, das sie gerade verlassen hatten auch nennen mochte. Sie waren das Fremdartigste und Merkwürdigste, das Zarifa in ihrem Leben bisher gesehen hatte. Den Menschen so ähnlich und doch so vollkommen anders. Nichts an diesem Volk ergab für Zarifa Sinn. Ein Volk, das anscheinend freiwillig eine Königin verehrt? Eine Königin, die nicht einmal Königin sein will? Eine Königin, die in einem Moment schlimmer als jeder menschliche Herrscher ihre Erhabenheit und ihre Machtposition heraushängen lässt und im nächsten Moment ganz normal mit Cyneric redet? Eine Königin, die erst streng Erklärungen und Verbeugungen fordert und ihnen anschließend Kleidung und Essen spendiert? Essen, das einerseits besser schmeckte, als alles was sie in ihrem Leben je gegessen hatte und ihr doch am nächsten Morgen Magenschmerzen bereitete? Das alles ergab für die junge Haradan überhaupt keinen Sinn. Als sie in den Hallen des Waldlandreiches angekommen waren, hatte noch alles danach ausgesehen, als würden sie einen typischen Palast betreten. Zugegebenermaßen hatten ihr die Hallen optisch wesentlich besser gefallen als das, was sie bisher von menschlichen Tyrannen gewohnt gewesen war, doch alles andere war genau gleich gewesen. Wachen, die einen Schritt für Schritt beobachteten und lästige Fragen stellten. Misstrauen gegenüber Eindringlingen, Angst und Ehrfurcht gegenüber der herrschenden Person – Zarifa hatte sich bereits gefragt, wieso sie überhaupt mitgekommen und nicht schon längst umgedreht war. Das unangenehmste an diesem „Palast“ im Gegensatz zu den menschlichen Gebäuden war jedoch, dass die Elben alles viel genauer im Blick hatten. Die Wachen wirkten scharfsinniger, intelligenter und schienen eine deutlich bessere Beobachtungsgabe zu haben. Zarifa hatte es nicht gewagt, sich auch nur einen Schritt von Cyneric zu entfernen, geschweige denn in ihre alten Gewohnheiten zu verfallen und nach Gegenständen zum Stehlen zu suchen. Alles in allem war es ein Ort gewesen, den Zarifa durch und durch gehasst hatte.

Doch nur wenige Minuten später hatte sich herausgestellt, dass sie gar nichts Stehlen brauchte, weil die Königin ihr und Cyneric sowieso Geschenke bereitete. Sie bekamen etwas zu Essen, die Möglichkeit ein Bad zu nehmen und sogar frische Kleidung – Zarifa konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte mal frische Kleidung angezogen hatte. Und dann auch noch etwas so Bequemes. War es wirklich so wie es schien? War Finneleth wirklich eine freundliche Königin, die ihre Untertanen und ihre Gäste gut behandelte? Zarifa erinnerte sich zurück an den Tag des Aufstandes in Umbar, als Ziad seinen ehemaligen Meister erschlagen hatte. Beim Gedanken an Ziad musste die junge Frau zunächst eine Träne unterdrücken. Doch dann wanderten ihre Gedanken weiter zu dem Sohn des Adeligen, der weinend dabei zugesehen hatte, wie sein Vater erschlagen wurde. Dieser Gedanke traf Zarifa wie ein Schlag. Sie hatte an jenem Tag feststellen müssen, dass auch grausame, Sklaven misshandelnde Adelige an anderer Stelle gutmütige Ehemänner und liebevolle Väter sein konnten. Und sie hatte die Frage gestellt, ob der Tod dieser Männer wirklich die Lösung war. Und nur ein paar Monate später saß sie hier auf einem Pferd Richtung Rohan – auf der Flucht, weil sie in Rhûn zwei Männer getötet hatte. Was, wenn diese Männer auch liebevolle Väter gewesen waren? Väter von Jungen, die nun Weisen waren?
Zarifa wurde schwindelig. Was waren das nur für Gedanken? Diese Männer waren grausam und hatten den Tod verdient. Was sie ihr angetan hatten konnte durch nichts auf der Welt wieder gut gemacht werden. Blitzartig schossen wieder Bilder in ihren Kopf. Ihr wurde schlecht. Die Erinnerungen an diese Ereignisse ließen sie nicht los.
„Lass das nicht zu. Denk an etwas anderes!“, versuchte die junge Frau verzweifelt wieder an etwas Glückliches denken. Doch es gelang ihr nicht. Ihr wurde schlecht.
„Zarifa, was ist denn los? Du siehst so blass aus?“ Cynerics Stimme hörte sich fern an. Vor ihren Augen wurde es schwarz.
„ZARIFA?“

Fine:
Dünne, kaum spürbare Schneeflocken rieselten über der leeren Ebene hinab, die unter einem grauweißen Himmel noch trostloser als an dem Tag wirkte, als Cyneric zuletzt hier gewesen war. Damals war es Frühsommer gewesen, und ein Heer war über die Felder des Celebrant marschiert, einem düsteren, ungewissen Schicksal entgegen. Heute, ein halbes Jahr später, war der Wintereinbruch gekommen, und Cyneric war beinahe allein. Nicht vollständig allein, denn Zarifa war bei ihm, doch ebenso gut hätte er seine Heimreise nach Rohan als einzelner Reiter antreten können. Zarifa lehnte sich gegen den Stamm der einsamen Birke, die inmitten der Ebene von Celebrant aufragte, unter der sie eine Rast eingelegt hatten und war so teilnahmslos wie eh und je. Die junge Südländerin starrte gedankenverloren in den Himmel hinauf und schien gar nicht richtig wahrzunehmen, dass es tatsächlich schneite. Cyneric vermutete, dass es das erste Mal war, dass Zarifa Schnee erlebte. Er fragte sich, welche Gedanken das Mädchen seit ihrem Aufbruch aus Finelleths Hallen im Waldlandreich so sehr beschäftigt hatten, dass sie noch verschlossener und wortkarger, als es für sie ohnehin normal war, geworden war.

Sie waren nach dem Abschied von den Waldelben zunächst der Straße gefolgt, die in westlicher Richtung durch den Düsterwald führte. Die Elben hatten dafür gesorgt, dass der Weg gut passierbar war, weshalb Zarifa und Cyneric auch zu Pferde rasch voran gekommen waren. Am Waldrand hatten sie sich nach Süden gewendet und waren das Tal des Anduin hinab geritten, ungefähr dem Verlauf des Großen Stromes folgend. Den Fluss selbst hatten sie an den Nördlichen Untiefen überquert, um nicht zu nahe an Dol Guldur heran zu kommen. Aus der Ferne hatten sie unheilvollen Rauch über der Festung aufsteigen sehen. Mehrfach hatten sie in den verlassen wirkenden Gebieten zwischen den Waldlandreich und der Ebene von Celebrant Gestalten in der Ferne erspäht, hatten jedoch sämtliche Begegnungen vermieden. Die Geschwindigkeit ihrer Pferde hatte sich in den offenen Landen nahe des Anduins rasch bezahlt gemacht und sie waren in nur wenigen Tagen weit nach Süden gelangt. Cyneric war in dieser Zeit die meiste Zeit in Gedanken bei seiner Tochter gewesen, die laut Finelleths Worten gemeinsam mit Oronêl auf dem Weg nach Dol Amroth war. Cyneric hoffte, die beiden noch in Rohan einzuholen, ehe sie die Pfade der Toten betraten, die sie nach Gondor führen würden. Spätestens im Hargtal, das den einzigen Weg nach Dunharg und damit zu den Pfaden darstellte, würden sie Oronêls Reiseweg kreuzen, wenn ihnen das Glück beschieden war. Deshalb hatte Cyneric ein schnelles Reittempo vorgelegt, und Zarifa und sich selbst nur seltene Pausen gegönnt.

Cyneric plante in Gedanken bereits die nächste Etappe ihrer Reise, die die beiden über die steinerne Brücke am Fluss Limklar nach Rohan hinein führen würde. Er wusste, dass sämtliche Zugänge in die Riddermark bewacht waren, hoffte jedoch, dass man einen Gardisten der Königin, wie er noch immer einer war, dennoch einlassen würde. Er stellte sich gerade vor, wie es wohl in Aldburg gerade aussehen könnte, als er hörte, wie Zarifa hinter ihm ein würgendes Geräusch von sich gab. Er drehte sich um und riss erschrocken die Augen auf.
"Zarifa, was ist los? Du siehst so blass aus?" fragte er besorgt und kniete sich neben die junge Frau, die auf ihrer Satteldecke unter dem Baum saß und an den Stamm gelehnt in sich zusammen gesunken war. Ihr sonnengebräuntes Gesicht zeigte eine unnatürliche Blässe und ihr Blick ging ins Leere. Sie blinzelte mehrfach. Und dann, ohne Vorwarnung, schlossen sich ihre Augen ganz und ihr Kopf fiel auf ihre linke Schulter hinab.
"ZARIFA?" rief Cyneric und versuchte, das offensichtlich bewusstlose Mädchen zu wecken. Sie reagierte nicht auf seine Berührungen. Ihr Atem ging flach und in schnellen Stößen. Cyneric wusste nicht, was er tun sollte. Zarifa hatte in den letzten Tagen nicht sonderlich krank auf ihn gewirkt, weshalb er sich keinen Reim auf ihren Zustand machen konnte. Was er auch tat, es gelang ihm nicht, sie wieder ansprechbar zu machen.

Eines der Pferde schnaubte und brachte Cyneric damit auf die einzige Idee, die in seiner Lage noch Sinn ergab: Er musste Zarifa zu jemandem bringen, der ihr helfen konnte. Zu einem Heiler, wenn es denn einen solchen gab. Nachdem er diese Entscheidung getroffen hatte, begann Cyneric sofort mit den Aufbruchsvorbereitungen. Er sattelte die Pferde und lud das Gepäck auf das Pferd, auf dem Zarifa bisher geritten war. Dann setzte er das Mädchen behutsam vor sich auf Rynescéads Rücken und hielt sie mit einem Arm fest, damit sie nicht wieder herunter fiel. Als alles bereit war, ritt er los. So schnell es ging preschten die beiden Rösser über die Ebene von Celebrant dahin, während vor ihnen am Horizont die Nordgrenze Rohans auftauchte.


Cyneric und Zarifa nach Rohan

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