Name: Zarifa
Geschlecht: Weiblich
Rasse: Mensch, Haradrim
Alter: 19 (Geboren 3003 D.Z)
Geburtsort: Umbar
Start:
Straßen von UmbarAussehen:
- Leicht bräunliche Hautfarbe
- Lange, zerzauste, braune Haare
- 1,67m groß
- Sehr dürr
- Weißes, schmutziges Laken mit Löchern für Kopf und Arme als Kleidung
- Aufgeschürfte Knie
- Braune Augen
- Narben am ganzen Körper
Charakter:
Zarifa bewegt sich in ihrem Leben zwischen zwei starken Motivationen. Einerseits hat sie aufgrund jahrelanger Einsamkeit auf der Straße vom Umbar einen sehr starken Selbsterhaltungstrieb entwickelt. Sie ist immer bereit anderen zu Schaden, wenn es die Situation erfordert. Auf der anderen Seite hat sie jedoch in den letzten paar Jahren eine immer größer werdende Wut auf die bestehende soziale Ungerechtigkeit ausgebildet und hat es sich zum Ziel gesetzt, die Gesellschaft umzustrukturieren, auch wenn sie aufgrund ihrer eigenen, sehr schlechten finanziellen Situation kaum dazu kommt ihre Vorstellungen umzusetzen. Dennoch ist zu beobachten, dass die junge Südländerin lieber ein hohes Risiko eingeht und Reiche Leute bestiehlt, anstatt einfache Leute, die ein leichtes Ziel bieten würden.
Seit der Wiederentdeckung ihres alten Freundes , hat sich ihr Wunsch, die Gesellschaft umzustrukturieren, deutlich verstärkt. Sie ist inzwischen viel stärker dazu bereit, ihr eigenes Wohl zurückzustellen, wenn es darum geht die Situation für ihre Leidensgenossen zu verbessern.
Fertigkeiten:
Stärken:
- Unbemerkt bleiben, verstecken, schleichen
- Stehlen
- Improvisieren
- Sehr schnell Rennen
- Klettern
- Schlösser knacken
- Lügen
- Jagen
- Gute handwerkliche Fähigkeiten
- Überlebenskünstlerin
Schwächen:
- Keinerlei Fähigkeiten im Umgang mit Waffen
- Im Kampf ohne Waffen nur sehr bedingt zu gebrauchen
- Im Umgang mit anderen teilweise unbeholfen, sofern diese ihre Ansichten nicht teilen
- Kann nicht lesen und schreiben
Ausrüstung:
Kleines Messer, Dietrichset, kleiner Hammer.
Geschichte:
Zarifa lauerte hinter einer Ecke. Die Dämmerung war bereits angebrochen und es wehte ein leichter Wind durch die Straßen von Umbar. Noch herrschte ein reges Treiben auf dem Markt der Stadt, doch das würde sich bald ändern. Dies war die optimale Zeit für Zarifa um zuzuschlagen. Sie hatte den ganzen Tag noch nicht gegessen und sie spürte eine beißende Leere in ihrem Magen. Sie brauchte dringend noch eine Mahlzeit an diesem Tag. Ein Händler, der langsam damit begann seine Sachen zu packen, fiel der dürren Südländerin ins Auge. Auf seiner Verkaufsfläche lag noch eine bunte Mischung an frischem Obst und Gemüse. Daraus konnte man sich mit Sicherheit eine gute Mahlzeit zusammenstellen.
Zarifa begann, die Umgebung genauer zu analysieren. Auf dem Weg von ihrer Position zu dem ausgeguckten Händler waren noch eine Menge Leute unterwegs, die ihren abendlichen Einkauf erledigten. Auffällig war dabei ein edel gekleideter Mann, der intensiv die Ware eines Rüstungsschmiedes begutachtete. Die vielen Leute um diesen Mann herum boten eine gute Möglichkeit, um unterzutauchen.
“Diesen Mann dort zu bestehlen ist die beste Möglichkeit. Der Händler ist ein einfacher, ehrlich arbeitender Mann. Er hat es nicht verdient, dass ich ihm seine Lebensmittel stehle. Dieser Mann dort sieht allerdings aus als hätte er mehr Geld, als er ausgeben kann. Und er scheint sehr vertieft in die Ware des Schmieds zu sein.“In ihrem Kopf setze sich Stück für Stück der Plan zusammen. Zarifa war trotz ihres jugendlichen Alters schon sehr erfahren, was solche Situationen anging, sodass das Schmieden eines solchen Plans für sie reine Routine war. Ohne noch lange zu überlegen machte sie sich auf den Weg. Angst verspürte sie keine. Sie war es inzwischen einfach so gewohnt Leute zu bestehlen, um ihr eigenes Überleben zu sichern, dass sie nicht mehr groß über die Risiken nachdachte. Schuld verspürte sie auch keine. Wenn es irgendwie ging, verschonte sie das einfache Volk und die Reichen hätten ohnehin mehr Geld, als sie verdienten. Unauffällig bewegte sie sich durch die Leute. Niemand nahm Notiz von der ärmlich aussehenden Haradan. Sie war es gewohnt, von anderen Leuten einfach übersehen zu werden. Schließlich erreichte sie den Rüstungsschmied, wo der edel gekleidete Mann nach wie vor sehr beschäftigt damit war, eine Rüstung zu begutachten. Zarifa erblickte seinen Geldbeutel und ohne weitere Zeit verstreichen zu lassen, zückte sie ihr Messer und schnitt den Geldbeutel des Mannes ab.
Das alles ging so schnell und flüssig vonstatten, dass es niemandem auffiel und bevor der Bestohlene überhaupt hätte reagieren können war Zarifa schon längst wieder im Marktgeschehen untergetaucht.
Sie bahnte sich nun weiter den Weg durch die Gänge, bis sie schließlich den Obst- und Gemüseverkäufer erreichte, den sie sich im Vorfeld ausgeguckt hatte. Der Händler sah Zarifa etwas misstrauisch an, als sie den gestohlenen Geldbeutel zückte. Schließlich sah sie in ihrem zerschlissen und schmutzigem Bettlaken, welches sie als Kleidung verwendete, nicht gerade so aus als würde sie Geld besitzen. Da sie ihm aber ganz korrekt eine nicht zu geringe Menge an Essen abkaufte, stellte er keine weiteren Fragen. Profit ist in Umbar einfach wichtiger, als die Frage wo das Geld herkommt.
Als Zarifa gerade dabei war ihre Mahlzeit einzupacken, hörte sie einen Mann laut aufschreien. „Jemand hat mein Geld gestohlenen! Findet den Dieb!“ Zarifa war sofort alarmiert. Sie als arme, obdachlose Frau würde mit Sicherheit schnell verdächtigt werden. Sie packte schnell all ihre Sachen zusammen und bewegte sich schnellen Schrittes fort von dem Mann, den sie bestohlen hatte. Sie nutzte vor allem die wenig bevölkerten Seitengassen des Marktes, wo sie niemand wahrnahm. So schaffte sie es schließlich vom Markt zu entkommen.
Sie ging zurück zu ihrem Schlafplatz, einer Art Zelt, das sie selber aus allen möglichen Sachen zusammengebastelt hatte, die sie in die Finger bekam. Sie machte es sich so bequem, wie es ihr möglich war und begann zu essen, während sie einen Schmetterling beobachtete, der an ihrem Zelt vorbeiflog.
So sah ein ganz normaler Tag im Leben von Zarifa aus. Von ihren Eltern schon im ersten Lebensjahr auf den Straßen von Umbar ausgesetzt musste die junge Südländerin lernen, auf sich selbst aufzupassen und zu überleben um jeden Preis! Anfangs hatte sie allerdings noch etwas Hilfe. In ihren frühesten Erinnerungen tauchte immer wieder ein Mann auf. An seinen Namen konnte Zarifa sich nicht erinnern, doch sein Gesicht konnte sie klar und deutlich vor ihrem geistigen Auge sehen. Und auch wenn sie insgesamt nur wenige Erinnerungen an den Mann hatte, so wusste sie, dass sie ihm sehr dankbar sein musste. Er war es, der Zarifa in ihren ersten Lebensjahren half zu überleben. Das war ihr heute klar. In ihren Erinnerungen aßen die Beiden zusammen, lachten zusammen und spielten zusammen. Doch heute war die junge Südländerin allein. Der Mann war schon vor vielen Jahren verschwunden. An die Umstände konnte sie sich nicht erinnern. Doch sie hatte oft darüber nachgedacht und erklärte es sich heute so, dass er wohl gestorben sein musste.
Als Obdachloser in Umbar lebt es sich nicht leicht und auch Zarifa war dem Tod schon sehr Nahe gewesen. Oft hatte sie bei ihren Diebstählen auch einfach viel Glück gehabt. Zwei Mal wurde sie auch erwischt, was beide Male mehrere Tage Kerker und eine nicht zu geringe Anzahl Peitschenhiebe auf den nackten Körper nach sich zog. Einige Narben an ihrem Körper erinnern Zarifa noch heute daran.
Doch heute war sie eine absolute Überlebenskünstlerin. Mit der Zeit wurden schwierige Diebstähle zur Routine. Und wenn es mal brenzlig wurde, konnte sie entweder fliehen oder sich auf beeindruckende Weise aus der Sache herausreden. Auch jagen hatte sie gelernt, falls zu viele Wachen in der Stadt patrouillierten, um einen Diebstahl zu verüben.
Alles in allem ging es Zarifa so gut, wie es einer Obdachlosen in Umbar nur gehen konnte. Sie war abgemagert und schwach, doch hatte sie immer genug zum Leben. Und vor allem war sie frei- freier als alle anderen Menschen in dieser Stadt. Sie tat, was immer sie wollte und wann immer sie es wollte. So auch an jenem Tag...
Es war einer von diesen besonders heißen Tagen in Umbar, an denen Zarifa froh war sich nicht an irgendwelche Kleidungsnormen halten zu müssen. Die Frauen in ihren langen und mehrschichtigen Gewändern waren definitiv nicht zu beneiden. Sie selbst trug wie immer ein von ihr präpariertes weißes Laken mit Löchern für Kopf und Arme. Sie besaß insgesamt drei von diesen. Eines war sehr lang und sie trug es meist nachts, wenn es kälter wurde. Die anderen beiden trug sie abwechselnd tagsüber, wobei beide Laken schon sehr in die Jahre gekommen und dementsprechend schmutzig, ausgefranst und sehr zerschlissen waren.
Ihr heutiges Gewand reichte ihr bis zum Oberschenkel. An mehreren Stellen hatte das Laken kleinere Löcher und ein großer Riss reicht von dem rechten Armloch senkrecht runter bis zu ihrer Hüfte. Doch das war ihr bei einem solchen Wetter nur gut. Jeder noch so Windzug, den sie auf ihrer Haut spürte, tat bei dieser Hitze unheimlich gut. Und da sie von den Leuten ohnehin nicht beachtet wurde, war eine solche Kleidung überhaupt kein Problem. Ihren Werkzeugbeutel, in dem sich ein Dietrichset, ein Schraubenzieher, ein kleiner Hammer und ein kleines Messer befanden, hatte sie innerhalb des Lakens festgebunden. Während Zarifa in diesem Aufzug schwitzend und durstig durch die Straßen von Umbar lief dachte sie nach:
„Ich brauche schnellstmöglich etwas zu trinken. Bei einer solchen Hitze verliere ich viel Wasser. Am besten breche ich irgendwo ein und bediene mich dort. Einige Leute haben ohnehin mehr Wasser als sie trinken können. Am besten gehe ich in den Norden der Stadt. Im Kaufmannsviertel wimmelt es nur so vor reichen Kaufleuten, die mehr Wasser haben, als sie jemals trinken könnten. Dort kann ich mich doch bestimmt irgendwo unbemerkt bedienen.“Langsam und beinahe unbemerkt lief die junge Haradan Richtung Norden der Stadt und mit jedem neuen Straßenabschnitt wurden die Häuser und die Gewänder der Leute um sie herum edler. Einige sahen herablassend auf Zarifa herab, doch die meisten würdigten sie wie üblich keines Blickes. Dies war ihr Lieblingsjagdgebiet. Viele der reichsten Kaufleute aus ganz Harad hatten hier einen Sitz, während die meisten Wachen jedoch in der Umgebung des Palastes im Osten zu finden waren. Das hieß zwar nicht, dass es im Kaufmannsviertel einfach war, in ein Haus einzubrechen, aber es könnte auch deutlich schwieriger sein. Wie sie es gewohnt war, begann Zarifa Gespräche der Händler zu belauschen. Ihr Ziel war es, die Adresse eines der Kaufleute hier draußen herauszubekommen. Zwar befanden sich in diesem Viertel fast in jedem Haus Wachen und Angestellte, aber ohne den Hausherren innerhalb des Anwesens, war es für Zarifa in jedem Fall leichter. Schon bald wurde sie fündig. Sie beobachtete zwei Männer, wie sie einen Handel abschlossen. Worum es dabei ging, wusste sie nicht, aber das war ohnehin irrelevant. Viel wichtiger war, dass einer der Männer ein Päckchen an einen jungen Mann, der anscheinend für ihn arbeitete, weitergab und ihm befahl, dieses nach Hause zu bringen. Zarifa musste also nur diesem Mann folgen und würde dann ein Haus ohne seinen Herrn vorfinden.
Unauffällig folgte sie dem jungen Mann und schon nach wenigen Minuten hatten sie ihr Ziel erreicht. Ein Haus mittlerer Größe, mit 3 Stockwerken, einem kleinen Vorgarten und umrundet von einem Zaun - Ein gutes Ziel. Der junge Mann ging durch das Tor zum Vorgarten und klopfte an der Tür. Eine junge Frau, vermutlich eine Angestellte des Kaufmanns, sprach kurz mit dem jungen Mann, nahm das Paket entgegen und schloss die Tür dann wieder. Der junge Mann ging zurück durch den Vorgarten und verschwand.
Zarifa beobachtete nun einige Minuten lang das Haus und überlegte, wie sie dort reinkommen sollte. Sie musste vermuten, dass sich mehrere Bedienstete und vielleicht sogar ausgebildete Wachen in dem Gebäude befanden. Sie schlich ein wenig um das Grundstück herum und erhaschte einen Blick auf die Rückseite des Hauses und einen kleinen, aber sehr ordentlichen Garten. Ein Gärtner verrichtete dort seine Arbeit, aber ansonsten war niemand außerhalb des Hauses. Zarifa wagte es, über den Zaun zu klettern und die Lage hinter einigen Büschen hockend weiter zu beobachten. Es dauerte nicht lange, bis sich die erhoffte Gelegenheit bot. Auf der linken Seite des Hauses öffnete sich ein Fenster im 1. Stock. Zarifa vergewisserte sich kurz, dass der Gärtner nicht in ihre Richtung blickte und schlich sich näher heran. Bevor sie hochkletterte, musste sie zuerst sichergehen, dass die Person, die das Fenster geöffnet hat, sich nicht mehr im Raum befindet. Sie lauschte einen Moment und hörte eine Tür zugehen. Das war für sie das Zeichen.
Während Zarifa hochkletterte verspürte sie keine Angst. Dazu hatte sie bei so etwas einfach schon zu viel Routine. Aber eine gesunde Anspannung machte sich doch breit. Das war auch notwendig, denn wer einen solchen Einbruch auf die leichte Schulter nahm, war schnell gefasst. Für den Fall, dass sich doch noch jemand in dem Raum befand, den sie gleich betreten würde, musste sie schnellstmöglich reagieren und sich entweder verstecken oder fliehen, bevor sie gefasst würde. Doch sie hatte Glück. Der Raum, anscheinend eine Art Abstellkammer, war leer. Langsam und nahezu lautlos schlich die junge Südländerin vorwärts in Richtung Tür und lauschte dabei gespannt nach Schritten oder Stimmen, bereit zur Not sofort hinter dem Bücherregal zu verschwinden, das ihr bereits beim Einsteigen als mögliches Versteck aufgefallen war. Doch sie hörte nichts, also öffnete sie die Tür und schlich den darauf folgenden Gang entlang, mit Augen und Ohren immer auf der Suche nach Verstecken, Schritten und Stimmen.
Hier im Haus war es zwar etwas kälter als draußen, aber dennoch war es unangenehm, insbesondere wenn man in eben dieses Haus einbrach und ohnehin schon etwas nervös war. Zarifa schwitzte am ganzen Körper und brauchte daher um so dringender Wasser. Während sie eine Treppe nach unten schlich, hörte sie aus dem Erdgeschoss Stimmen. Von wo genau konnte Zarifa nicht ausmachen. Nach kurzem Überlegen kam sie zu dem Schluss, erst einmal den Keller zu durchsuchen, denn von dort kamen die Stimmen garantiert nicht.
Sie schlich die nächste Treppe hinunter und wollte die dahinterliegende Tür öffnen, musste jedoch feststellen, dass diese abgeschlossen war. Für eine erfahrene Einbrecherin stellte das aber natürlich kein Problem da. Sie griff in die Tasche, die sich die junge Südländerin in die Innenseite ihrer Kleidung genäht hatte und zog ihr Werkzeug zum Schlösserknacken heraus. Immer darauf achtend, dass die Stimmen nicht näher kamen, machte Zarifa sich an dem Schloss zu schaffen und es dauerte nur einige Sekunden, bis es klickte und die Tür sich öffnete. Zarifa schlich hindurch und fand sich in einem engen Gang wieder. Hier war es viel schmutziger als im Rest des Hauses und Licht gab es hier kaum. An den Wänden sammelte sich der Staub und der Boden wurde wohl auch schon seit längerer Zeit nicht mehr gewischt. Das war jedoch gar nicht so ungewöhnlich. Die reichen Leute kümmerten sich nur um den sichtbaren Teil des Hauses, um bei anderen Eindruck zu schinden. Den Keller betraten meist nur die Angestellten des Hauses, also gab es keinen Grund, diesen ordentlich zu halten. Zarifa schlich vorwärts und erkannte, dass es auf der rechten Seite des Ganges zwei Türen gab. Hinter einer dieser Türen befand sich womöglich eine Speisekammer. Sie schlich näher heran, lauschte an der Tür, und als sie sich sicher genug war, dass sich niemand dahinter befand, öffnete sie sie langsam. Und sie hatte Glück. Zwar war dies nicht die Speisekammer, aber zumindest befand sich hier in einer Art Waschkammer ein großer Eimer Wasser. Nachdem sie mit einem kleinen Schluck überprüft hatte, dass es sich hier wirklich um reines Wasser handelte, begann sie große Schlücke daraus zu nehmen. Das tat gut. Je trockener der Mund, desto mehr weiß man ein paar Schlücke kühlen Wassers zu schätzen.
Nachdem sie sich ausgiebig bedient hatte, beschloss sie, sich noch auf die Suche nach etwas Essbarem zu begeben. Vielleicht war die Speisekammer ja im Nebenraum. Wie gewohnt vorsichtig schlich sie in den nächsten Raum. Die Stimmen aus dem Erdgeschoss waren hier nicht zu hören. Offensichtlich hatte noch niemand die ungebetene Besucherin bemerkt. Und so begibt sich Zarifa in Richtung des nächsten Raums und öffnet die Tür. Und was sie dort sah, verschlug ihr kurzzeitig den Atem. Und das will schon was heißen, wo sie doch so erfahren ist, was Einbrüche angeht. Dies war nicht die Speisekammer des Hauses, sondern etwas, das aussah wie eine Folterkammer. Im hinteren Bereich des Hauses befand sich eine Streckbank und von den Wänden hingen diverse Instrumente, deren genauen Zweck Zarifa hoffentlich niemals kennenlernen würde. Und schlimmer noch: Sie war in diesem Raum nicht allein. Ein Mann kauerte in einer Ecke, Hände und Füße in Ketten gelegt und mit einem nackten Oberkörper voller Narben. Er schlief offensichtlich gerade. Folterkammern waren zwar nicht wirklich ungewöhnlich in Umbar, aber irgendetwas an dieser Situation lies Zarifa den Angstschweiß auf der Stirn stehen. Sie wusste nicht genau, was es war, aber dieser Mann dort in der Ecke löste in Zarifa irgendetwas aus. Fieberhaft überlegte sie, ob sie diesen Mann schon einmal gesehen hatte. Es kam ihr so vor, aber sie konnte sich nicht erinnern.
Während die junge Südländerin so dastand und überlegte, was sie tun sollte, regte sich der Mann. Zunächst entflohen ihm nur einige Schnarcher, doch dann sah es so aus, als würde er aufwachen. Zarifa wollte weglaufen, doch irgendetwas hielt sie zurück. Das beunruhigte sie nur noch mehr, denn so etwas war ihr schon seit Ewigkeiten nicht mehr passiert. Ängstlich verharrte sie auf der Stelle direkt in der Tür, während der Unbekannte die Augen öffnete. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke und plötzlich wusste Zarifa, wer ihr gegenüber in Ketten lag. Es war dieser Mann, an den sie sich kaum erinnerte, ja von dem sie nicht einmal mehr den Namen kannte. Nur einige Bilder in ihren Erinnerungen zeigten ihn. Diese waren jedoch so deutlich, dass es für die junge Haradan keinen Zweifel gab. Diese Augen, diese Nase und diese braunen Haare - Es war der Mann, der ihr vermeintlich durch die Kindheit geholfen hatte, der Mann, an den sie am häufigsten in ihrem Leben gedacht hatte, ohne jedoch sicher zu wissen, woher sie ihn kannte.
Und jetzt kauerte eben dieser Mann vor ihr in der Ecke und starrte sie an. Er wirkte überrascht, aber ansonsten war seine Miene unergründlich. Er gab keinen Mucks von sich. Wenn auch nach wie vor ängstlich, beschloss die junge Südländerin das Schweigen zu brechen:
„Weißt du wer ich bin?“
Der Mann musterte Zarifa genauestens. Er sah sehr nachdenklich aus. Schließlich fragte er mit schwerer, kratziger Stimme:
„Bist du Zarifa?“
„Das bin ich tatsächlich. Ich erinnere mich verschwommen an dich, allerdings muss ich leider zugeben, dass ich deinen Namen nicht mehr weiß.“
„Ziad, ich bin Ziad. Wie bist du...?“
„Ich bin hier eingebrochen, um Wasser zu stehlen. Aber was zur Hölle machst du hier?“
„Ich hatte eines Tages den selben Plan wie du heute und wurde gefasst. Anstatt mich der Wache zu übergeben, behielt mich der Mann hier in seiner privaten Folterkammer. Er liebt es seine... Werkzeuge an mir auszuprobieren.“
Mit den letzten Worten wurde seine Stimme immer schwerer. Zarifa überlegt, was zu tun war. Sie war sich sicher, dass sie Ziad von diesem Ort befreien wollte. Das Knacken der Fesseln sollte für sie kein Problem darstellen, doch es würde schwierig sein aus dem Haus zu entkommen, ohne dass sie jemand bemerkte. Ziad war körperlich in schlechter Verfassung und es befanden sich noch Leute im Haus. Außerdem würde sie ungern gehen, ohne vorher etwas zu essen. Aber viel Zeit blieb ihr für all das vermutlich nicht.
„Wir können später weiterreden. Jetzt müssen wir erst einmal sehen, dass wir etwas zu Essen bekommen und dann schleunigst von hier verschwinden. Weißt du zufällig, wo sich hier im Haus die Speisekammer befindet?“, fragte die junge Südländerin, während sie weiterhin fieberhaft nachdachte.
„Ja, das weiß ich. Als ich vor einigen Jahren hier einbrach, wurde ich in der Speisekammer gefasst. Sie ist direkt die Treppe hoch auf der rechten Seite. Aber Vorsicht, der davorliegende Raum ist sehr groß und vermutlich auch ziemlich wichtig. Wenn sich jemand in diesem Raum befindet sitzt du in der Speisekammer in der Falle, falls sich das nicht in all den Jahren geändert hat. Reinkommen ist nicht das Problem, aber das Rauskommen ist umso schwieriger. So wurde ich damals auch gefasst. Und wozu das führt, siehst du ja. Jahrelang eingesperrt in dieser Kammer, wenig zu Essen und ab und zu ein bisschen Folter“ Die Stimme von Ziad brach erneut ab, während Zarifa ihren Entschluss fasste.
„Ich hol dich hier raus, versprochen. Ich breche kurz in die Speisekammer ein, komme dann mit etwas Essen zurück und wir verschwinden von hier. Vertrau mir, ich werde das schon schaffen.“
Und mit diesen Worten verließ die junge Südländerin den Raum, während Ziad ihr noch ein „Viel Glück“ hinterhermurmelte. Langsam die Treppe wieder heraufschleichend achtete Zarifa ganz penibel auf Stimmen, Schritte und andere Geräusche. Doch sie hörte nichts. So schlich sie weiter in den von Ziad erwähnten Raum. Dieser wahr ziemlich groß und es befand sich ein großer Tisch in der Mitte. Der Speisesaal? Egal, es blieb keine Zeit darüber nachzudenken. Schnell entdeckte Zarifa die Tür, die Ziad beschrieben hatte. Und er hatte recht gehabt. Zurzeit war der große Raum leer, doch sobald sie in der Speisekammer war, konnte sie nur hoffen, nicht entdeckt zu werden. Sie musste sich beeilen. Sie betrat die Speisekammer und verschaffte sich schnell einen Überblick. Hier gab es definitiv genug für sie und Ziad, allerdings konnte sie nicht allzu viel mitnehmen. Sie musste also am besten schon hier etwas essen, bevor sie etwas für Ziad mit nach unten nahm. Schnell schnappte sie sich ein wenig Obst und Gemüse und verspeiste dies in für normale Menschen rekordverdächtiger Geschwindigkeit. Zarifa hatte schon früh gelernt sehr schnell zu essen, da sie oftmals nur wenig Zeit hatte, bevor man sie entdecken würde. Doch diesmal raste ihr Herz noch ein wenig schneller als gewöhnlich. Schließlich ging es hier nicht nur um sie, sondern auch um die Freiheit des einzigen Menschen, der sich jemals für sie eingesetzt hatte. Und auch wenn sie ihn seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte, wusste sie doch, dass dieser Mann dort unten im Kerker ihr einst das Leben gerettet haben musste. Und sie wollte sich nun um jeden Preis dafür revanchieren. Sie wollte Ziad aus den Fängen dieses skrupellosen, reichen, unmenschlichen Kaufmanns befreien. Die junge Südländerin spürte, wie sie beim Essen immer wütender wurde. Nicht nur auf diesen Kaufmann, sondern allgemein auf die reiche Oberschicht dieser Stadt, die sich einen Dreck um den unteren Teil der Bevölkerung scherte. Es war so ungerecht. Wo man geboren wird entschied, wer man war, nicht die Fähigkeiten, die man mit sich bringt. Und wenn man auf der Straße aufwächst, besteht keinerlei Möglichkeit zu überleben, ohne Verbrechen zu begehen. Diese Leute hatten es verdient, ausgeraubt zu werden. Sie wären in der Position etwas zu verändern, indem sie denen etwas geben, die zu wenig haben, doch stattdessen kümmern sie sich nur um sich selbst, darum, dass immer die frischesten Luxusspeisen bei ihnen aufgetischt werden und die allerneueste Mode für sie zum Tragen bereitsteht. Und wenn ihnen mal jemand niederen Ranges in die Quere kommt, dann wird er eingesperrt und für die Befriedigung irgendwelcher krankhafter Triebe missbraucht. Ob dies nun ein Einzelfall war oder nicht, scherte Zarifa nicht. Was Ziad widerfahren war, war nicht die Verkettung irgendwelcher unglücklicher Umstände sondern lediglich die Extremform eines strukturellen gesellschaftlichen Problems, nämlich dass die Oberschicht Umbars die Unterschicht nicht als gleichwertige Menschen, sondern als irgendetwas zwischen Tier und Mensch ansah. Doch sie würde das nun beenden.
Als sie fertig gegessen hatte, schnappte Zarifa sich zwei Leibe Brot, Schinken und einen Laib Käse. Nicht das beste Essen, aber es ging darum satt zu werden, und da war dies die beste Möglichkeit. Die junge Südländerin lauschte an der Tür, ob es sicher war rauszugehen. Das Essen hatte sie unter die Arme geklemmt. Es war relativ schwierig so zu laufen, doch sie musste ja nur runter in den Keller. Wenn sie Ziad befreit hatte, konnten sie auf der Flucht beide etwas tragen. Vorausgesetzt sie schaffte es überhaupt. Stimmen konnte Zarifa jedenfalls keine wahrnehmen. Und auch sonst waren keine Geräusche zu hören. Der Raum vor ihr schien leer zu sein. Hoffentlich täuschte sie sich nicht. Darauf bedacht ja kein Geräusch zu verursachen, drückte Zarifa die Tür auf und erschrak. Auf der anderen Seite des Raumes stand ein Mann mit dem Rücken zu ihr, der aussah wie ein Hausdiener. Er rührte sich nicht und starrte in Richtung einer anderen Tür, die aus dem Raum hinausführte. Wartete dieser Mann auf den Hausherrn? Das würde bedeuten, dass sie seine baldige Ankunft erwarteten. Und das würde bedeuten, dass Zarifa sich sehr beeilen musste. So schnell es ihr möglich war, schlich sie zurück in Richtung der Treppe. Der Mann bemerkte sie nicht. Er blickte sich nicht um und war weit genug weg, sodass er sie nicht hören konnte. So gelang es Zarifa unbemerkt zurück in den Keller zu Ziad zu schleichen.
„Wir müssen uns beeilen“, sagte die junge Südländerin, während sie das Essen kurz ablegte und ihre Dietriche aus der eingenähten Tasche holte. „Der Hausherr kehrt bald zurück und wenn er bemerkt, dass du weg bist sollten wir schon weit weg sein. Essen können wir bei meiner Schlafstätte.“, erklärte sie, während sie die Handschellen und Fußfesseln von Ziad knackte. Das verursachte zwar einige Geräusche, aber solange sich niemand sonst im Keller befand, dürfte niemand was bemerken. Als Ziad befreit war, half Zarifa ihm auf die Beine. Dieser hatte Mühe sich auf den Beinen zu halten und schien mit der ganzen Situation etwas überfordert zu sein. Doch es blieb keine Zeit für tiefschürfende Gespräche. Ein „Danke“ konnte Ziad gerade noch herausbringen, bevor Zarifa, ihm einen Laib Brot in die Hand drückte und losschlich.
„Ich gehe voran und sehe nach ob die Luft rein ist. Das Fenster auf der linken Seite hinter dieser Treppe war gerade eben offen. So können wir entkommen.“, erklärte die junge Haradrim ihren Plan.
Im Erdgeschoss angekommen blickte Zarifa sich um. Der Hausdiener stand immer noch mit dem Rücken zu ihnen. Hoffentlich würde er sie nicht hören. Zarifa winkte Ziad zu sich heran und bedeutete ihm leise zu sein. Er wirkte immer noch ein wenig schwach auf den Beinen. , doch er schaffte es die Treppe hoch. Doch um durch das Fester zu klettern brauchte er vermutlich Hilfestellung. Zum Glück waren sie im Erdgeschoss, sodass sie nicht noch großartig hinunterklettern mussten. Mit ständigen nervösen Blicken über die Schulter half die junge Haradrim ihrem alten Weggefährten beim Ausstieg aus dem Haus, in welchem er so lange festgesessen hatte. Mehr schlecht als recht gelang es ihnen schließlich auch und Ziad stand im Garten des Hauses, wo sich zum Glück zurzeit niemand aufhielt- zumindest nicht auf der Seite, wo sie sich gerade befanden. Zarifa kletterte nun weitaus leichtfüßiger aus dem Fenster und die beiden machten sich auf den Weg in Richtung Straße. Wenn sie es schafften ein paar Straßen hinter sich und dieses Haus zu bringen, waren sie vorläufig sicher. Doch rennen konnten sie nicht. Zum einen wäre Ziad dazu wohl nicht in der Lage und zum anderen würde es sehr verdächtig aussehen, wenn zwei offensichtlich Arme Leute mit ein wenig Essen in den Händen durch die Straßen des Kaufmannsviertels rennen würden. Besser war sich unbemerkt durch die Leute zu bewegen, die ihnen meist keines Blickes würdigten, solange sie nicht weiter störten. Doch erst einmal mussten Zarifa und Ziad unbemerkt das Grundstück verlassen. Sie schlichen durch einige Büsche, bis sie den Rand der Straße erreichten. Ein Blick zur Haustür sagte Zarifa, dass der Hausherr gerade sein Anwesen betrat. Das war knapp. Sie warteten kurz, bis die Tür sich schloss und verließen dann das Grundstück.
„Wir müssen leider noch ein wenig laufen, bis wir bei meinem Zelt sind. Bis dahin müssen wir einfach unauffällig bleibe, dann wird uns schon nichts passieren. Ich hoffen du hast noch die Kraft so lange zu laufen? So lange in Gefangenschaft zu sein tut der Muskulatur vermutlich nicht gerade gut.“, meinte Zarifa, während sie das Kaufmannsviertel langsam hinter sich ließen.
„Es fühlt sich in der Tat etwas merkwürdig an, aber es geht noch. Dem lieben Kaufmann war es anscheinend wichtig, dass ich überlebe. Er hat mir immer ausreichend zu Essen gebracht. Ohne die Ketten und die regelmäßigen Folterungen wäre es vermutlich wie Urlaub gewesen.“, antwortete Ziad in verbittertem Ton.
„Keine Sorge, ab heute wird es dir besser gehen. Ich besitze zwar nicht viel, aber dafür bin ich frei. Und das wirst du ab heute auch sein.“
„Ja, nochmals vielen Dank für meine Rettung. Ich hatte mich schon damit abgefunden, in diesem Keller den Tod zu finden. Aber wer hätte auch ahnen können, dass ausgerechnet du mich findest?“
„Vielleicht war es ja Schicksal“
So unterhielten sich die beiden, bis sie schließlich Zarifas Schlafstätte erreichten. Dort setzten sie sich und begannen ihr nicht gerade reichhaltiges Mahl zu sich zu nehmen. Währenddessen redeten sie über die Vergangenheit, angefangen bei ihrer gemeinsamen Zeit, als Zarifa noch ein Kind war. Ziad erklärte, dass er Zarifa als Baby eines Tages alleine, schreiend auf der Straße liegend, gefunden hatte. Er habe sie dort einfach nicht liegen lassen können, also hatte er sie mitgenommen und so gut er konnte aufgezogen. Er hätte ihr Essen gebracht und eines Tages angefangen ihr beizubringen sich selber etwas zu beschaffen. Und dann kam der Tag, an dem er gefasst wurde. Er habe dafür gebetet, dass Zarifa es schaffte zu überleben. Und so wie es aussah, waren seine Gebete erhört worden. Zarifa wiederum erzählte ihm alles über ihr Leben in den letzten Jahren und ihren immer weiter wachsenden Hass auf die Obrigkeit dieser Stadt, welcher mit dem heutigen Tag seinen Höhepunkt erreicht hatte. Ziad nahm diesen Gedanken begeistert auf und erzählte ihr alles über den Mann, der ihn gefangen gehalten hatte. Dieser habe ihn wie ein Tier behandelt, dass man benutzen konnte, wann immer man wollte. Diese Geschichte passte nur zu gut zu dem Bild, welches Zarifa sich von den Reichen machte. Und so begann sich im Laufe ihres Gesprächs ein gemeinsamer Gedanke herauszukristallisieren: „Wir müssen etwas verändern. Wir werden uns an der Obrigkeit dieser Stadt rächen.“
Zarifa in die
Straßen von Umbar
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