Aus der Sicht des Halblings
Noch einmal richtete sich Erchirion an Faramir und erklärte, dass er hoffte Faramir würde sich bald entscheiden zurück nach Gondor zu kommen, denn auch Erchirion wollte schnellstens wieder zurück nach Dol Amroth. Außerdem berichtete der Prinz von Dol Amroth von dem Heer, welches Imrahil unter Elphir ausgesendet hatte um Linhir zurück zu erobern.
Diese Information erweckte bei den meisten Ratsmitgliedern großes Interesse und Pippin wunderte sich, dass Dol Amroth offenbar so stark war, um den Feind angreifen zu wollen. Es freute Pippin zu tiefst und er empfand große Sympathie zu den edlen Männern aus Dol Amroth, die er einst schon in Minas Tirith gesehen hatte.
„Sauron spielt mit euch“, erklärte Saruman zu Erchirion gewandt, „jede Hoffnung die ihr hegt sein Land zurück zu erobern, wird sich zu eurem Nachteil erweisen. Selbst wenn die Armee bis nach Linhir vorstoßen kann, wäre es kein Erfolg für euer Volk. Ihr lauft in eine Falle und Sauron wird siegen in Linhir. Ihr werdet sehen; Sauron hat für alles einen Plan.“
Eine kurze Pause machte Saruman und fuhr dann an den rechtmäßigen Statthalter von Gondor gewandt fort: „Faramir, Gondor ist verloren. Es gibt nichts was dieses Land noch retten könnte. Eure Rückkehr würde nichts bewirken und ihr würdet zusammen mit Gondor untergehen. Bleibt in Rohan. Einzig unser Bündnis, unsere gemeinsame Armee ist in der Lage den Feind zu besiegen.“
Während Sarumans Rede blickte Pippin in die meergrauen Augen Erchirions und beobachtet, wie er leicht den Kopf hin und her schüttelte. Als der Zauberer geändert hatte, ergriff Erchirion das Wort: „Ich habe schon von eurer Weisheit und eurem Wissen gehört, doch hier irrt ihr euch, denn mein Bruder wird in Linhir Erfolg haben, Gandalf.“
Pippin schluckte. Er hoffte, sich verhört zu haben, aber auch die anderen Teilnehmer des Rates waren ebenso überrascht wie Pippin.
Nach einer bedrückenden Stille erklärte Elrond, dass der Zauberer in ihren Reihen nicht Gandalf der Weiße, sondern Saruman war.
„Es ist noch schlimmer um das Fürstenhaus von Dol Amroth bestimmt, als ich geahnt hatte“, nutze Saruman die Gelegenheit für sich, „sie haben keine Ahnung was außerhalb ihrer Grenzen vor sich geht. Es ist schon überraschend, dass Erchirion den Weg hierher gefunden hat.“ Ein schauriges, altes Lachen ging von Saruman, während alle anderen Ratsmitglieder schweigend da saßen. „Ich bin wahrhaftig nicht Gandalf, der Narr“, fuhr Saruman fort, „und ich möchte auch nicht mit ihm verwechselt werden. Ich bin Saruman! Ich bin der, der im Norden die Orks und Geschöpfe der Nebelberge zu einer Armee vereint hat und jetzt nur noch nach einem Ziel suche, wo ich erneut im Kampf siegen kann.“
Pippin verspürte große Lust aufzuspringen und von seinem Dolch aus den Hügelgräberhöhen Gebrauch zu machen. Vielleicht hatte er die Waffe grade für diese Tat bekommen, überlegte Pippin. Merry hatte seinen Dolch auf den Pelennorfeldern ruhmreich eingesetzt gegen den Hexenkönig von Angmar. Konnte es sein, dass sein Dolch für Saruman gedacht war?
Nach einigen zur Vernunft aufrufenden Worten von Elrond, erhob sich Faramir und ging an einen Tisch, auf dem Papier, Feder und Tinte lagen. Faramir erklärte, dass er seine Frau und Rohan jetzt nicht im Stich lassen könnte, auch wenn er sich stark nach seiner Heimat sehnte.
„Ich schätze es sehr, dass mein Onkel das Amt des Statthalters übernommen hat. Mit meinem Segen soll er auch weiterhin Gondor führen und ich hoffe, dass es ihm mit meinem Zuspruch in Zukunft leichter fallen wird. Ich werde eine Urkunde erstellen, die Imrahil von Dol Amroth und seine Nachkommen, bis zur Rückkehr des Königs oder des Hauses Hurin, bemächtigt das Amt des Statthalters inne zu haben.“ Daraufhin griff Faramir zur Feder und begann zu schreiben.
Der Rat, wieder unterbrochen wie es Pippin schien, besprach sich währenddes in kleinen Gruppen.
Interessiert bemerkte Pippin, wie sich Thranduil und Elrond wieder gegenüberstanden und sich unterhielten. Zu großer Freude Pippins, benutzen die Beiden die Allgemeinsprache und nicht, wie zuerst von Pippin vermutet, eine Sprache der Elben. Während der Hobbit Faramir dabei zusah, wie er das Papier beschrieb, hörte er unauffällig den beiden großen Elbenfürsten zu.
Pippin hörte Thranduil berichten, wie dieser in Lorien durch die Dunedain des Nordens von der Flucht abgehalten wurde. Wie Saruman auf ihn zu kam, seine Pläne offenbarte und um ein Bündnis suchte. Thranduil erzählte Elrond, dass Saruman zunächst plane Sauron im Norden zu bekämpfen, im Düsterwald und dass das Waldlandreich an die Elben zurückgegeben werden sollte, nachdem es Saurons Hand entrissen wurde.
„Welche Nachricht schickte Cirdan der Schiffsbauer einst durch alle Lande Mittelerdes?“, frage Thranduil den Herrn von Bruchtal und beantwortete die Frage selbst: „Cirdan erklärte, dass die fünf Istari nach Mittelerde geschickt wurden, um die freien Völker gegen Sauron zu unterstützen.“ Thranduil machte eine kurze Sprechpause, in der er sich umsah um zu überprüfen, ob niemand ihr Gespräch mit anhörte. Den Hobbit übersah der Elb und sprach leise weiter: „Was ist, wenn derjenige, den wir zum Verräter erklärten, seinem Auftrag nie untreu geworden ist? Niemand kennt Sarumans ganze Absichten und seine Pläne, die er in den letzten Jahren schmiedete, aber vielleicht war vieles davon bewusst von ihm ausgeführt, damit er heute in dieser Position ist und mit seiner Armee und uns als Verbündeten gegen Sauron vorgehen kann.“
Hinter Pippin gab es eine lautere Auseinandersetzung zwischen Erkenbrand und Elfhelm, wodurch der Hobbit die Antwort von Elrond nicht verstehen konnte. An dem Gesichtsausdruck von Elrond, konnte Pippin allerdings erkennen, dass dieser nicht mit den Worten von Thranduil einverstanden schien.
Nach einem kurzen, abschätzendem Blick über die Schulter zu den Hauptmännern Rohan, merkte Pippin, dass Faramir mit schreiben fertig war. Eowyn umarmte ihren Mann und küsste ihn auf die Stirn. Danach übergab Faramir Erchirion die versiegelte Urkunde mit den besten Glückwünschen.
Der Prinz von Dol Amroth dankte und verließ mit seinem Knappen die Ratshalle.
Pippin kam es so vor, als wollte Erchirion keine Sekunde länger als nötig in Sarumans Nähe sein.
Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war und alle auf ihren Plätzen saßen, begann der Rat von neuem über das Bündnis zu diskutieren. Saruman forderte von Eowyn und Faramir Angaben wie viele Rohirrim für eine Offensive zur Verfügung standen und wer diese anführen würde.
„Von einer Frau erwarte ich wahrlich nicht, dass sie in den Krieg zieht“, spottete Saruman über Eowyn, aber wenn ihr, Faramir, ehemaliger Statthalter von Gondor, das Volk Rohans im Kampfe anführen würdet, würde unser Feind sicher erzittern.“
Faramir verkündete, dass sich seine Interessen zu den größten Teilen nach Osten richteten und er bei einem Kampf im Norden um Dol Guldur nicht teilnehmen würde, genauso wenig wie Eowyn. Aber Erkenbrand meldete sich freiwillig, um die Rohirrim im Kampf anzuführen, was mit großem Zuspruch aufgenommen wurde.
„Es zeichnet sich allmählich ab, dass der größte Teil des Rates einen Angriff auf Dol Guldur als das aussichtsreichste und lohnenswerteste hält“, sprach Eowyn zum Rat, „wenn dies der Fall ist und das Heer nach Norden zieht, muss ich als Königin von Rohan an die Grenzen nach Osten denken. Cyneric hat uns vorhin von einfallenden Orks berichtet und wo eine Gruppe Orks sind, sind auch noch mehr. Wir werden einige Krieger brauchen, um diese Grenze ausreichend sichern zu können. Zudem haben wir ohnehin nicht viele Männer und wir brauchen ebenso noch viele, die die verbleibenden Felder bestellen.“
Pippin nickte zustimmend, ohne das es wirklich jemandem auffiel. Aber er wollte unbedingt zustimmen, dass auch an den Schutz von Rohan und die Versorgung von Lebensmittel gedacht werden musste.
Bei dem Gedanken an Essen knurrte Pippin der Magen.