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Schatten von Angmar

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Lord of Mordor:
Schicksale

Die Armee eilte weiterhin unaufhaltsam in Richtung Süden. Fornost rückte immer näher. Doch die zusätzlichen Energiereserven neigten sich ebenso unaufhaltsam ihrem Ende zu.
Die mentale Verfassung der Krieger beruhigte sich etwas. Sie dürsteten nicht mehr nach Blut, waren aber dennoch gespannt auf die bevorstehende Schlacht.

Adamin schrieb:

„Ich soll was!?!“, gellten Dûrmarths Worte durch die Schlachtreihen.
„Yakmilch besorgen.“, antwortete Gulzár ruhig, wenn auch etwas belustigt über Dûrmarths verblüfften Gesichtsausdruck, „Ich möchte dem Kind vor der Schlacht einen Stärkungstrank verabreichen. Aber dafür benötige ich die Milch eines Yaks aus Rhudaur.“
„Ihr wollt doch nicht allen Ernstes das Kind in die Schlacht mitnehmen, Meister!“
„Natürlich nicht, aber es soll dennoch bei Kräften sein, falls etwas Unvorhergesehenes geschieht.“
„Es würde Wochen dauern, bis nach Rhudaur zu reiten. Wie soll ich jetzt dorthin kommen?“
„Bis nach Rhudaur musst du nicht. Ich bin mir sicher, einer der Hügelmenschen von dort hat sich etwas dieser schmackhaften Milch als Proviant eingepackt. Frag einfach unter den Kriegern nach.“
„Und wieso muss grade ich diese Aufgabe erledigen? Dies könnte jeder andere genauso gut erledigen!“
„Weil ich mir nur bei dir sicher sein kann, dass du dieser Aufgabe gewachsen sein wirst.“
Mit offenem Mund und schüttelndem Kopf entfernte sich Dûrmarth, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Gulzár lächelte. Die Aufgabe mochte verrückt klingen, doch Dûrmarth sollte lernen, auf abstrakte Weise denken zu können. Wenn es einen nicht mehr überraschte, plötzlich Yakmilch besorgen zu müssen, konnte einen nichts mehr überrumpeln.

„Auf was für eine lächerliche Odyssee schickst du deinen Trolljungen da, Gulzár?“, ertönte Zaphragors bleierne Stimmte hinter ihm, „Und wieso verschwendest du weiterhin so viel Zeit und Mühe für dieses kleine Balg? Ich habe die letzten Tage nur über diese eine Frage nachgedacht, aber der Sinn der Sache erschließt sich mir immer noch nicht.“
Eine Handbewegung des Hexers genügte, um das Kind aus Gulzárs Sattel emporzuheben und vor sich zu halten. Gulzár ließ ihn gewähren.
Zaphragor musterte sie von oben bis unten:„Sie ist so schwach und zerbrechlich... Ein Wimpernschlag von mir würde genügen und sie würde wieder zurück in die Dunkelheit stürzen, aus der du sie errettet hast... Wie soll dieses kleine Geschöpf Angmar zum Siege verhelfen...?“
Mit großen Augen blickte das Mädchen starr in die kalten Pupillen des Hexers.

Dann fasste sie Zaphragor an die Nase.

„Was zum!?-“, schrie der Hexer auf. In ganz Angmar gab es nur eine unbedeutend kleine Anzahl an Personen, die sich nicht vor ihm fürchteten. Wie konnte ausgerechnet dieses Mädchen dazugehören? War sie wirklich so kühn, oder einfach nur naiv, wenn nicht sogar dumm? Energisch schüttelte er sie und zog sie von seinem Gesicht weg, doch das Kind lachte nur und ließ seine Nase nicht los.
Gulzár lächelte bei dem Anblick, den die beiden boten und hob langsam seine Hand. Als würde ein unsichtbarer Faden an ihr hängen, wurde das Mädchen durch die Luft zurück zu Gulzár gezogen.
„Ich freue mich über deine Beherrschung Zaphragor. Jedes andere Wesen hätte in dieser Situation schon längst seinen Kopf oder seinen Verstand verloren.“
Der am meisten gefürchtete Krieger Angmars fuhr sich mit der Hand über das Gesicht: „Ich will das Gör nie wieder zu Gesicht bekommen, andernfalls entscheide ich früher, wer dem Hexenkönig dienlicher ist!“
„Oh, das könnte sich leider als etwas schwierig erweisen, da ich für die Durchführung meines Plans nicht auf deine Fähigkeiten als Hexer verzichten kann.“
„Dein Plan?!“, Zaphragor blickte wutentbrannt auf, „Schluss mit den Spielchen Gulzár! Als rangnächster Hexer verlange ich, dass du mir auf der Stelle erklärst, was du vorhast!“
Als hätte er nichts anderes erwartet, erklärte Gulzár sich einverstanden, übergab das Kind an Calya und begann mit Zahpragor seinen Plan zu rezitieren.
Anfangs war der Hexer skeptisch, doch mit der Zeit fand er immer mehr Gefallen an dem Vorhaben. Nun stimmte er zu, dass dieses Kind mehr zum Untergang Arthedains beitragen würde, als so mancher General des Heeres.

Die Armee marschierte. Die letzte Energie des Zaubers verschwand in dem Moment, als Fornost aus den morgendlichen Nebelschleiern auftauchte.
Dennoch begannen die Streitkräfte schneller zu marschieren. Als wollten sie die Festung endlich erreichen, liefen sie nach vorn, fluchten und ließen die Kriegshörner erklingen.
Gulzár kümmerte es nicht, denn an ein unauffälliges Aufmarschieren war nie gedacht worden. Die Menschen sollten ruhig wissen, dass ihre Schlächter angekommen waren.

Schließlich ließen die Hauptmänner den Befehl zum Anhalten ausrufen und zum letzten Mal schlug die Armee ihr Lager auf. Nahe genug, damit die Menschen sie sehen konnten, aber dennoch nicht in der Reichweite ihrer Bögen.
Einige Zelte wurden aufgebaut, Gruben ausgehoben und das Aufbauen der Belagerungsgeräte vorbereitet.
Mit einer müden Armbewegung zog Dûrmarth den Vorhang zu Gulzárs Zelt zur Seite. Der Hexer stand bei einem niedrigen Tischlein, auf dem einige Kristallphiolen und andere Behälter lagen. Das Mädchen spielte auf der Schlafstatt mit dem Stoffball.
Der Gardist trat ein und händigte seinem Meister einen abgewetzten, ledernen Trinkschlauch aus.
„Hier, Meister. Es hat lange gedauert, bis ich endlich einen Hügelmenschen gefunden habe, der nicht schon längst seine persönlichen Vorräte aufgebraucht hat. Und dieser wollte sich dann nicht so einfach von seiner Milch trennen... Aber schließlich habe ich sie doch noch bekommen.“
Gulzár nahm den Schlauch freudig entgegen. „Ahh, genau zur rechten Zeit. Ich danke dir Dûrmarth. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.“
Ohne weitere Verzögerung, wollte der Hexer sein Werk beginnen und griff nach einem silbernen Becher. 
Der Gardist wollte sich zum Gehen abwenden, zögerte allerdings plötzlich: „Meister... Was ist eigentlich meine Rolle in dieser Geschichte?“
Augenblicklich stellte Gulzár seine Arbeiten wieder ein und lauschte seinem früheren Schützling, ohne ihn zu unterbrechen.
„Ich meine... Was tue ich hier eigentlich? Momentan spiele ich nur das Kindermädchen, den Laufburschen für euch. Ich mag das Mädchen ja irgendwie, aber trotzdem denke ich nicht, dass das die Aufgabe eines schwarzen Gardisten sein sollte. Und Zaphragor... Ich weiß, dass er mich als Trolljungen bezeichnet. Ich habe Ogol-Úan vor einem unwürdigen Tod gerettet. Nun dient er mir. Was ist daran falsch? Wieso sieht er in mir nicht den loyalen Krieger von Angmar, der ich bin?!“
Dûrmarth hatte sich ein wenig in Rage geredet.
Langsam drehte sich Gulzár zu ihm um und sah ihn verständnisvoll an: „Das sind viele Fragen, die dich da quälen, mein junger Freund. Aber alles der Reihe nach... Was deine Rolle in dieser Geschichte ist, kann ich dir nicht sagen. Wahrscheinlich kann dir das niemand auf ganz Mittelerde sagen. Aber von Laufbursche und Kindermädchen kann keine Rede sein. Du hilfst mir, dem Kind die Schönheit Angmars zu offenbaren, für welche die anderen Menschen Arnors zu verblendet sind. Und wenn sich die Hexer Angmars mit ihr ‚abgeben’, kann ein schwarzer Gardist wohl kaum zu hochgestellt für diese Aufgabe sein.“, er lächelte ihn an, „Und was den Troll angeht... Wenn du es für richtig gehalten hast, war dir und Ogol-Úan diese Fügung wohl vorbestimmt. Zaphragor kann seine Meinung darüber haben, was allerdings deine wahren Fähigkeiten nicht schmälert, oder? Du wirst sehen, sobald du ihm im Kampf beweisen kannst, was in dir steckt, wird er dein Potential akzeptieren.“
Dûrmarth schien etwas erleichtert, nachdem er sich seine Sorgen von der Seele geredet hatte: „Ich danke euch Meister.“
Mit einer fließenden Handbewegung straffte Gulzár seine Kutte und griff nach seinem Stab. Er räusperte sich: „Na gut, genug mit diesem ganzen verweichlichten Getue! Mal sehen, wie wir dir sonst noch helfen können. Zieh dein Schwert.“
Sofort hatte Dûrmarth Rûthreg aus seiner Scheide gezogen. Von außen hörte man das leise Wimmern eines Akolythen, als Gulzár begann, die Klinge zu verhexen. Langsam flößte er dem kalten Stahl die Kraft der gebrochenen Seele ein und versiegelte sie vorübergehend darin.
„Nun ist die Klinge scharf genug, um selbst andere Waffen damit zu spalten und sie wird nicht mehr schartig oder stumpf. Der Zauber wird sich höchstwahrscheinlich bis zum Ende der Belagerung halten. Hoffentlich genügend Zeit, um dich zu beweisen... Wenn du mich nun meiner wohl verdienten Ruhe überlassen würdest...“
Dûrmarth bestaunte sein Schwert, welches noch kurz in einem grünen Schleier glühte. Dann fing er sich wieder, verbeugte sich leicht und verließ das Zelt.

Gulzár seufzte und wand sich wieder dem silbernen Becher zu. Dafür, dass der Junge ein Krieger war, stellte er sich erstaunlich viele Fragen. Er entkorkte den Trinkschlauch und roch vorsichtig daran. Ein leicht säuerlicher Geruch stach ihm in die Nase. Resignierend entleerte er den Schlauch in den Becher und nahm ein kleines Fläschchen zur Hand.
Vorsichtig tropfte der Hexer etwas von der klaren Flüssigkeit daraus in den Becher, bis der säuerliche Geruch verschwand. Er mengte weitere Wässerchen und Pulver in den Becher, teils um die Milch schmackhafter zu machen, teils um einen magischen Trank darin zu brauen. Unterschiedlichste Kräuter, Wurzeln und andere Sekrete vermischte er und murmelte unentwegt dunkle magische Formeln. Mit einem Fingerschnippen ließ Gulzár eine kleine grüne Flamme unter dem Becher aufflammen und erhitzte so die Milch. Schließlich fehlte nur noch eine Zutat. Eine Ingredienz, die den reinen Willen dem Hexenkönig zu dienen beinhaltete. Langsam erhob der alte Hexer sein schärfstes Messer, schnitt sich in den Finger und ließ einen Tropfen seines Blutes in den Becher fallen. Sofort sprach er einen weiteren Zauberspruch, um den Trunk zu vollenden.
Jeder, der hiervon trank, würde seine Seele Angmar verschreiben und ohne zu zögern jeden Treueschwur auf die Eisenkrone leisten, sofern sein eigener Geist schwach genug sein würde.

Mit einem leisen Zischen verging die grüne Flamme - der Trank war nun fertig.
Gulzár hob den verzierten Becher auf und wandte sich zu dem Mädchen auf seinem Bett, welche anscheinend von der Prozedur nichts mitbekommen hatte. Einen Moment zauderte er. Wagte er es tatsächlich, den Frieden des Kindes zu brechen und ihre verspielte Unschuld in Gehorsam und Untertänigkeit zu verwandeln? Hatte sie dieses Schicksal verdient?
Doch dann dämmerte es ihm, dass ihr Schicksal, wie das seine sein würde.
Ihr Leben wäre dem Hexenkönig verschrieben und seine Herrschaft würde ihre Existenz in den Glanz des Triumphes tauchen. Mit diesen Anlagen könnte sie eines Tages zu der mächtigsten Hexe Angmars aufsteigen, nachdem Gulzárs Zeit schon lange abgelaufen war. 
Langsam setzte er sich zu ihr auf die Schlafstatt und hielt ihr den Becher mit der vermeintlichen Yakmilch hin. Ohne zu zögern nahm sie ihn und begann zu trinken.
Und der Zauber entfaltete seine Wirkung.

Er griff ihren Geist von innen an und verschleierte ihre Sinne.
Jeder Faser ihres Kopfes wurde die Schönheit Angmars vorgeführt und dass diese Schönheit sterben würde, wenn sie ihr nicht dienen würde. Sie sah die eiserne Maske des Hexenkönigs vor ihrem inneren Auge und allmählich nahm sie dieses Gesicht als ihren Erretter aus der Finsternis an.
Das Ritual wäre beinahe vollkommen gewesen, doch dann geschah etwas, dass Gulzár nicht erwartet hatte.
Die kindliche Seele des Mädchens gab sich nicht geschlagen. Ihre Unschuld und der Glaube an das vermeintlich Gute ließen sich nicht vernichten. Mit einem Mal wollte sie den Becher absetzen und fliehen. Dies konnte der Hexer nun jedoch nicht mehr zulassen.
Mit sanfter Gewalt drückte er ihr den Becher an den Mund und hielt mit seiner anderen Hand ihren kleinen Kopf umklammert. Wenn ihr Wille sich nicht unterdrücken ließ, gab es nur noch eine Möglichkeit.
Wieder sprach Gulzár einen Zauberspruch. Von draußen drang der spitze Aufschrei eines Akolythen in das Zelt. Zum ersten Mal seit langer Zeit verschwendete der Hexer die gesamte Opferseele für eine Hexerei, denn er wollte sichergehen, dass alles gelang. Mithilfe der dunklen Magie zog Gulzár jeden Aspekt ihres Geistes, der sich ihm verwehrte, aus dem Kopf des Mädchens heraus. Vor seinen Augen spielten sich plötzlich seltsame Szenarien ab.
Er sah eine Frau, die ihn mit gütigem Gesichtsausdruck ansah. Dann sah er einen Mann, der stolz dreinblickte. Und er sah weitere kleine Kinder, die alle zu ihm stürmten. Schließlich flogen Bilder von mannigfaltigen Landschaften an ihm vorbei. Schneebedeckte Berge, ruhige und unberührte Wälder, ein strahlend blauer Winterhimmel.

So schnell, wie sie gekommen war, ebbte die Bilderflut wieder ab. Mit einem dumpfen Aufschlag fiel der leere Becher zu Boden. Erschöpft ließ Gulzár das kleine Mädchen los und stütze sich mit einer Hand ab. Er bemerkte, dass eine rabenschwarze Haarsträhne in den blonden Locken des Kindes erschienen war.
Calya öffnete hektisch den Zelteingang und stürmte hinein, dicht gefolgt von Zaphragor. „Was hast du getan Gulzár?!“, rief die Hexe aus. Mit einem Mal erhob sich das Mädchen und lief mit leeren Augen zielstrebig aus dem Zelt hinaus.
„Ich gab dem Kind die Loyalität und das Vertrauen zu Angmar, wie auch wir sie besitzen...“, Gulzár stand ebenfalls auf und die Hexer folgten dem Kind nach draußen.
Das Mädchen war auf direktestem Wege zum Hexenkönig gelaufen und stand nun allein vor ihm. Als wäre die Zeit stehen geblieben musterten sie sich mehrere quälend lange Sekunden, als wären sie Kontrahenten. Dann fiel das Mädchen auf die Knie und senkte ihren Kopf.
„Der Untergang von Fornost ist nun besiegelt...“, sagte Gulzár mit Grabesstimme.


Lord of Mordor:
Die Ruhe vor dem Sturm

In Fornost neigte sich langsam die letzte friedliche Nacht des Nordens dem Ende zu…

Rabi und Eru schrieben:

Das glitzernde, goldfarbene Licht der Morgensonne strahlte in all seiner Pracht in das teuer geschmückte Zimmer, durchbrach die weißen, wehenden Gardinen und ließ den Raum lichterloh aufflammen. Die fröhlichen Farben tanzten an der Wand und warfen ihre Schatten quer durch den Raum. Ein wunderschönes Lied in einer fremden Sprache, die so alt wie die Welt selbst zu sein schien, wurde von einer prachtvoll gekleideten Person am Fenster leise und überhörbar gesungen. Doch die spitzfindigen Ohren eines Hobbits überhörten nichts so schnell.
Die Wärme, die Sancho spürte und die ihn sanft einhüllte, war so angenehm und einzigartig, dass er niemals wieder aufstehen wollte. Das flauschige, schneeweiße, viel zu große Bett stand in einem der vielen wunderschön verzierten Räume in den Häusern der Heilung in Fornost. Ein Flötenspieler spielte eine harmonische, sehr melancholische Melodie, die genau in die Strophen des fremden Liedes überzulaufen schien. Diese Melodie, dieses blendende und doch so atemberaubende Licht, die singende Person vor dem Fenster und das einzigartige Gefühl von Geborgenheit ließen Sanchos Herz erwärmen und er fühlte sich besser als je zuvor.
Nach einer knappen Drehung über den wärmenden Bettbezug, erkannte der Hobbit einen golden verzierten Kessel, auf einem kleinen Tischchen neben dem Bett stehen, aus dem ein wohlriechender Duft aufstieg, bis hoch zur Decke schwebte und sich dann in alle Richtungen verteilte, nur um sogleich wieder abzusinken und den ganzen Raum mit diesem Aroma zu beseelen.
Doch der Hobbit war sich bewusst, dass diese unbeschreiblichen Momente nicht ewig andauern konnten. Ein kurzes Murren ging ihm über die Lippen und er stieß sich mit den Armen vom weichen Bett ab, um sich aufzurichten. Ein kurzer, überschaulicher Blick vergewisserte ihm, dass alle anderen Betten im Raum auch noch bewohnt waren.
Sogleich verstummten sämtliche Klänge und ein paar Sekunden lang herrschte Stille, wunderbare Stille. Nur die Schatten im Raum blieben ständig weiter in Bewegung, der Wind wehte den aromatischen Duft der frischen Blüten durch die Zimmer und aus dem nächsten Fenster wieder heraus, um ihre Blütenpollen in der Luft herumzuwirbeln.
Eifrig warf Sancho die dünne Bettdecke von seinem Nachthemd, das er sich am vorigen Abend noch angelegt hatte, und sprang rasch auf. Dabei wandte sich die prachtvolle Person, an den müden Hobbit, der sich noch einmal kurz streckte und dabei gähnte, um sogleich wieder stramme Haltung anzunehmen. Er sah nämlich, dass er vor keiner geringen Persönlichkeit stand. Der Prinz Arnors selbst, stand hier direkt vor ihm. So viel hatte er nun schon von diesem hochgelobten Mann gehört, doch nie hatte er sich erträumt ihm gegenüber zustehen. Und so verhielt er sich jetzt auch.
Doch der Königssohn schmunzelte nur und kniete darnieder, um auf Sanchos Augenhöhe zu sein. Prinz Aranarth war nämlich selbst für Dunedáinmaße sehr groß. Sein prachtvolles, anmutendes Auftreten verunsicherte den Hobbit. Warum wurden sie von so einer hochrangigen Person "begrüßt", wenn man dies als Begrüßung werten konnte?
Der Prinz trug ein bläuliches Gewand, an den Rändern gold und silbern verziert und eine gräuliche Hose, aus unbezahlbar teurem Stoff. Seine blonden, schulterlangen Haare wehten im sausenden Wind und erschienen im Sonnenschein noch glänzender, als sie es ohnehin schon waren. Über der Stirn trug er eine Art Haube mit silberner Spitze mit kleinen, weißen Edelsteinen besetzt. Sein Blick war freundlich und gewissenhaft und seine tiefblauen Augen schienen Sancho wie das weite Meer.
„Ich begrüße euch in Fornost Erain, der nördlichen Stadt, junger Hobbit. Ihr hattet einen langen, wohlverdienten Schlaf nach der schweren Reise aus eurer Heimat hierher.“, wurde Sancho von ihm begrüßt, während er seine Hand auf Sanchos Schulter niederlegte, um ihm zu vergewissern, dass seine Beweggründe durchaus auch freundschaftlich waren. Diese Art Aranarths verschaffte ihm auch unter seinem eigenen Volk hohes Ansehen.
Sein Augenmerk ruhte tief in Sanchos unsicherer Mimik, als lese er aus ihr allein alles heraus. Nachdem Sancho jedoch in seiner Verschwiegenheit nicht in der Lage war zu antworten, ergriff der Prinz erneut das Wort.
„Nun, ihr fragt euch sicher, was meine Beweggründe für diese morgendliche Begrüßung sind, nicht wahr?", sprach er und wandte sich dann von dem Hobbit ab, um zurück ans Fenster zu gehen. Die Sonne schickte noch immer in all ihrer Pracht ihre Boten des Lichts durch das Fenster ins Zimmer und ließ das Gewand des Prinzen erstrahlen.
Sancho nickte nur und schlich dann mit müden Beinen hinter dem Prinzen her.
„Ich komme anstelle von Alámmakil, der für seinen Teil noch wichtige Gespräche mit den anderen Offizieren und Generälen führt, bei denen ich nicht zwangsmäßig anwesend sein muss.“
Mittlerweile hatten sich viele weitere der müden Hobbits im Raum versammelt und lauschten den Worten des Prinzen. Fosco begab sich direkt neben Sancho und lächelte ihm fasziniert über diesen Dunédain zu.
Der Prinz drehte sich erneut langsam vom Ausguck des Fensters weg und schaute den vor ihm versammelten Hobbits einzeln in die Augen. „Deshalb bin ich nun dafür zuständig“, begann er und holte eine große Rolle Pergament hervor, um diese sogleich auszurollen, und sie den Hobbits zu zeigen. „euch eure Posten für die bevorstehende Schlacht zuzuweisen. All dies ist auf diesem Stück Pergament verewigt.“


Auf dem sehr neu und bräunlich aussehenden Pergament konnte man dunklere braune, jedoch feine Striche erkennen. Bei genauerem hinsehen konnte man die Umrisse Fornosts erkennen. Und auch jede Menge anderer Striche und Streifen, das waren allem Anschein nach alle anderen Truppen. Der Prinz ging vom Fenster weg, plötzlich wurde der Raum ein wenig dunkler, da sein glänzendes Gewand nicht mehr den ganzen Raum in ein angenehm warmes Gold tauchten. Er ging zu einem Tisch und legte dort die Karte drauf, er glättete sie mit seiner Hand indem er ein paar Mal darüberstrich und begann gleich darauf zu sprechen.
"Kommt bitte her, setzt euch hier zu Tisch.", die Hobbits gingen auf den Prinzen zu und kletterten beide auf die Sessel hinauf, diese für die Hobbits schon sehr hoch waren. Sie setzten sich bequem hin und lehnten sich beide auf den Tisch, sie stützten sich dabei mit den Ellbogen ab. Der Prinz blickte beiden Hobbits einmal tief in die Augen und streckte dann seinen Zeigefinger aus, auf dem ein wunderschöner Ring in Gold auch mit Edelsteinen verziert zu erkennen war. Er zeigte auf die Karte und zwar auf die erste Mauer. Er fuhr mit seinem Finger über die gesamte Mauer rüber. Und begann mitten drinnen zu reden: "Eure Posten wären hier, die gesamte Mauer entlang. Da ihr im Nahkampf wahrscheinlich nicht so viel ausrichten könntet wie unsere Garde.", Sancho blickte den Prinzen nun zornig an und sprach zu ihm: "Ihr wollt damit doch nicht sagen, das wir Hobbits keine guten Krieger sind.", Sancho behielt aber trotzdem seinen guten Ton und seine Manieren. "Nein, nein, nein Herr Hobbit, was denkt ihr den über mich." Es kehrte kurz Stille ein, der Blick von Sancho wurde wieder etwas netter und er wartete bis der Prinz wieder sein Wort erhebte. "Also gut. Falls wir es nicht schaffen sollten die erste Mauer zu halten, flüchtet ihr mit euren Truppen auf schnellstem Wege über diese Mauer...", der Finger des Prinzen ging über die Mauer auf der rechten Flanke dahin, "... und stationiert euch hier in der Nähe der Wohngebiete.", der Prinz hielt seinen Finger auf sehr leicht gezeichneten, aber sehr vielen braunen Strichen seinen Finger an und tippte ein paar mal auf diese Stelle. "Sollten wir auch diesen Ring verlieren, gibt es zwei Möglichkeiten von diesem Ring zu flüchten.", der Finger des Prinzen glitt über die Karte etwas nach unten in Richtung des zweiten Tores. "Der erste Weg ist ein alter Geheimweg, doch dieser ist sehr schwer zu erreichen und ihr müsstet euch bis dorthin wieder zurückkämpfen.", er zeigte einer eingezeichneten Treppe bis zum dritten Ring hinauf. "Oder ihr geht so schnell wie möglich, wie es unsere Garde tun wird, in Richtung des dritten Tores und lauft schnell hinein.", der Prinz blickte nochmal beiden Hobbits in die Augen, er konnte erkennen das sie entschlossen waren diesen Kampf zu gewinnen. Ein leichtes Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit, "Ist alles klar soweit?", beide Hobbits reagierten sehr langsam sie blickten noch einen Moment auf die Karte und dann mussten sie ihren Kopf ein wenig schütteln, als ob sie fast geschlafen hätten. Nachdem sie den Prinz angeschaut hatten wechselten sie ihren Blick schnell und sahen sich gegenseitig in die Augen. Fosco zeigte mit seinem Kopf das Sancho etwas sagen sollte: "Ja, bis jetzt ist alles klar, doch was machen wir falls wir auch den dritten Ring verlieren?".
Der Prinz hatte diese Frage erwartet und schluckte tief, das Grinsen in seinem Gesicht wurde wieder zu einer ernsten Mine. "Wenn der dritte Ring fällt, haben wir nur noch den Thonsaal und dort können uns dann nur noch die Valar helfen. Allerdings… es gibt aus dem Thronsaal einen Fluchtweg. Diesen werden die Zivilisten und mein Vater benutzen, und, falls es nötig werden sollte, auch die übrigen Sokdaten.", er nickte leicht und es schien fast so, als würde der Prinz glasige Augen bekommen. Er öffnete seine Hand und schlug mit der gesamten Schlagfläche auf den Tisch. "So, und nun werte Hobbits. Macht bitte eure Freunde bereit, bald wird die Armee Angmars hier ankommen. Und wir müssen sie empfangen wenn sie kommen.", er blickte nun zuerst Fosco tief in die Augen, dieser sah das es der Prinz todernst meinte. Er nickte ohne ein Wort zu sagen und dann sah er Sancho direkt in die Augen. "Alles klar“, sagte dieser. „Wir werden unsere 'Krieger' bereit machen."
Der Prinz erwiderte die Worte schmunzelnd: "Wunderbar, dann werde ich euch nicht weiter stören." Er rollte das Pergament wieder zusammen und klemmte es unter seinen Arm. Daraufhin öffnete er die Tür und drehte sich wieder zu den Hobbits um, die noch immer bei dem Tisch saßen, bevor er den Raum verließ.
Ein letztes, hoffnungsvolles Lächeln glitt noch einmal über seine Lippen, als er die Tür hinter sich schloss.

Sancho und Fosco sahen sich nun gegenseitig an. "Glaubst du, werden wir die Armee Angmars zurückschlagen?", fragte Fosco mit einem leichten Zweifel in der Stimme. Sancho sah in fast wieder böse an und antwortete hastig: "Was ist den das für eine Frage, Fosco? Ich kenne dich so nicht, ich kenne dich als mutigen Krieger und als Positivdenker? Warum sagst du sowas.", Fosco schmiss es fast vom Sessel, weil er sich bei den extrem lauten Worten von Sancho erschreckt hatte.
"Ja ich weiß, aber…"
Sancho unterbrach den Satz: "Nichts aber, wir werden gewinnen." Sancho ballte eine Faust vor seinem Gesicht und sprach weiter: "Wir sind Hobbits, wir werden sie besiegen!" Fosco ging vom Sessel herunter, um den Tisch herum zu Sancho. Er hielt ihm seine Hand hin: "Du hast vollkommen recht, wir sind HOBBITS, wir werden gewinnen!" Sancho gab Fosco die Hand, mit der er die Faust gemacht hatte und stieg auch vom Sessel herab. Sie gingen beide noch einmal zum Fenster. "Prägen wir uns diesen schönen Tag ein, wer weiß ob wir noch einmal in unserem Leben einen so schönen Sonnenaufgang sehen werden wie jetzt." sagte Fosco zu Sancho. Sancho antwortete nicht, er sah nur zum Fenster hinaus.
"So, nun machen wir uns bereit, ziehen wir unsere Kleidung an und holen unsere Freunde.", Fosco nickte und machte sich auf seine Kleidung anzuziehen, so wie Sancho.
Beide waren gleich schnell fertig und gingen zu ihren Schwertern, beide nahmen sie sich vom Boden und verankerten ihre Schwertscheiden in ihrem Gürtel. Sie gingen ohne etwas zu sagen bei der Tür hinaus in den Schlafsaal der übrigen Hobbits.
"HOBBITS, aufwachen. Wir müssen uns auf die Schlacht vorbereiten." Sancho hatte beide Hände in die Hüfte gestemmt und die Brust herausgestreckt. Er hatte die Aufgabe seine Hobbits zu motivieren, ihren Willen zu festigen. Alle Hobbits standen auf, sie waren noch immer in ihrem Gewand, das sie auf den Weg nach Fornost anhatten, an. Sie mussten nur alle ihre Waffe noch vom Boden aufheben, und am Gürtel befestigen oder den Bogen am Rücken. Dann mussten sie noch ihre Schlafmatten zusammenrollen und in ein Haus, manche sogar einfach neben die Wand legen.
Sie stellten sich in Reih und Glied, schön diszipliniert auf und warteten auf einige Befehle. Sancho drehte sich langsam um, so das er mit dem Rücken zu seinen Hobbits stand und zeigte mit ausgestreckter Hand auf die Mauer vor ihnen. "Wir ALLE müssen uns auf dieser Mauer stationieren, ich möchte es nicht sehen, das irgendjemand hier unten bleibt!" Sancho drehte sich wieder zu seiner Armee um, die ihm zustimmend zuriefen.

Auch der Prinz beobachtete in einem anderen Gebäude wie die Hobbits alle kampfgewillt waren, sie waren sehr diszipliniert und sehr stolz, das konnte man ihnen ansehen. Die Hobbits liefen die Treppe entlang und stationieren sich auf der Mauer. Sie hatten nun nur noch zu warten, bis die Armee Angmars eintreffen würde. Ganz an der Spitze und ganz vorne an der Mauer standen Sancho und Fosco, die den Befehl zum Angriff geben würden.

Noch ehe die Nacht einbrach setzte ein eisiger, starker Schneefall ein, der den Verteidigern Fornosts noch einmal schwer zu schaffen machte. Nur wenige Augenblicke später erschallten wallende Hornstöße, die von weit weg zu kommen schienen, und welche die Ankunft der fürchterlichen Armee des Hexenkönigs ankündigten. Erst zehn, hundert, tausende Fackeln lichteten sich am Horizont aus dem Dunkel, wie winzige Sterne am Nachthimmel. Doch diese Nacht war alles anders, und selbst der verschleierte Himmel, der seine weißen Boten gen Erdboden schickte, schien sich heute auf die Seite des Feindes gestellt zu haben...

Lord of Mordor:
Hier endet die Schriftrolle. Ob die Gelehrten jener Zeit noch mehr über die Geschichte Angmars zu sagen vermochten, entzieht sich uns. Ihren Verlauf kennen wir freilich: Fornost fiel und Arnors Untergang konnten selbst die Heere Bruchtals und Gondor nicht mehr abwenden. Doch das Reich Angmar folgte seinen Feinden nach, heute zeugen nur noch Ruinen von der Herrschaft der Eisenkrone. Dem Hexenkönig war es gleich, er hatte seinen Auftrag im Norden erfüllt, den freien Völkern einen schweren Schlag versetzt.

Die Spur der Legenden Angmars, die Spur von Gulzar, Dûrmarth und Zaphragor, und die ihrer tapfersten Widersacher, verliert sich nach der Belagerung Fornosts. Fanden sie im kalten Norden ihr Ende, oder überlebten sie den Untergang Angmars? Wohin führte ihr Pfad nach diesem Wendepunkt der Geschichte? Hat es sie überhaupt je gegeben, jene Figuren, von denen allein diese Schriftrolle Zeugnis ablegt? Oder sind sie nichts als Ausgeburten der Schreckensgeschichten, die sich zu Zeiten Angmars im ganzen Land verbreiteten? Wir werden wohl nie Gewissheit haben...

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