Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor

Fornost: In der Stadt

(1/6) > >>

Fine:
Gandalf, Belen, Rilmir und Kerry mit dem Sternenbund von der Feste der Dúnedain


Die Gruppe versammelte sich auf einer Anhöhe, die sich im Westen der alten Stadt Fornost erhob und blickte auf die Stadt hinab.
"Früher kam nahezu niemals jemand hierher, bis auf die Dúnedain," sagte Belen. "Totendeich nannten es die Menschen von Bree. Sie sagten, es spuke in den Ruinen und Geister gingen darin um. Und jetzt seht es euch an."
Die Stadt war voll von Aktivität. Rauch stieg an vielen Stellen auf und wies auf Lagerfeuer hin. Überall sahen sie behelfsmäßige Unterstände: zwischen den alten Mauern waren neue Holzkonstruktionen zu sehen und einige der Straßen waren mit Überhängen aus dicken Stoff überdacht worden. Am großen Tor war ein reges Kommen und Gehen von Menschen die hier nun wohnten. Fornost hatte durch die Flüchtlinge aus Rohan, Gondor und Thal zu neuem Leben gefunden und war wieder eine Heimat für viele Menschen.

Gandalf hüllte sich in seinen grauen Mantel. Er befürchtet wohl, wieder für Saruman gehalten zu werden, folgerte Kerry. Das könnte einen ziemlichen Aufruhr verursachen. Und zuviel Aufruhr sollten wir besser vermeiden.
Sie legten das letzte Stück zum Tor zurück und traten den Wachen entgegen. Es waren ganz eindeutig Diener Sarumans. Auf ihren runden Schilden war das Zeichen der Weißen Hand zu sehen.
Belen hob die Hand. "Grüß' euch, Freunde," sagte er. "Wie ich sehe ist die Stadt weiterhin gut bewacht."
Die Wächter schienen unbeeindruckt. "Parole?" verlangte der eine.
"Golden fallen die Blätter im Wald," antwortete Belen.
Sein Gegenüber nickte, doch sein Blick blieb misstrauisch. "Ihr Waldläufer dürft 'rein," knurrte er. "Aber was ist mit denen beiden da? Die Kleine und der alte Graubart? Wer sind die? Was haben die mit euch zu schaffen?"
"Der Alte ist mein Vater," erklärte Belen. "Er ist etwas wirr im Kopf, aber er geht schon in Ordnung. Und was das Mädchen betrifft...", Verschwörerisch senkte er die Stimme und fuhr fort. "Sie wird mir und meinen Brüdern dabei dienlich sein, die... kleinen Freuden des Lebens zu genießen," sagte er und setzte ein schiefes Grinsen auf.
Das meint er doch nicht ernst. Das ist doch... dachte Kerry und wollte schon protestieren, doch Rilmir hielt ihr geschwind den Mund zu. Wehe, wenn das kein Scherz war, dachte sie und blickte finster zu Belen hinüber.
Er schien es gar nicht zu bemerken. "Oho, ich verstehe," sagte der Wächter und ließ seinen Blick über Kerrys Figur gleiten. "Nun denn. Herein mit Eurer fröhlichen Gesellschaft, Waldläufer."

Sie passierten das Tor und gingen die Hauptstraße entlang. Überall sahen sie Menschen, die Not litten. Es schien einfach nicht genug zu Essen und genug warme Kleidung für alle zu geben.
"Wir müssen diesen armen Leuten helfen," sagte Kerry voller Mitleid.
"Das werden wir, Kerry," antwortete Gandalf, der neben ihr ging. "Sobald ich nicht mehr wirr im Kopf bin," fügte er in Belens Richtung hinzu.
"He, Mithrandir, es hat funktioniert, oder nicht?" wehrte sich dieser mit einem für ihn ganz untypischen Grinsen im Gesicht.
"Kerry, mein Mädchen, ich befürchte, du färbst auf die guten Dúnedain ab. Jetzt versuchen sie auch schon, witzig zu sein," sagte Gandalf und stieß ein tiefes Seufzen aus, von dem sich Kerry nicht ganz sicher war ob es echt war oder nicht.
Kerry kicherte. Diese Reise würde also doch einigen Spaß machen. Sehr gut.

Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Menschen in Fornost zu. Die unterschiedlichsten Leute waren auf den Straßen der Stadt unterwegs, die nun wahrlich nicht mehr leer genannt werden konnte. Sie sah Rohirrim, von denen nur die wenigsten noch Pferde zu haben schienen. Auch viele Gondorer, Menschen die ihrer Freundin Magrochil ähnelten, konnte sie entdecken. Und dann waren da noch Menschen, die entfernte Verwandte der Rohirrim zu sein schienen, jedoch zumeist dunkleres Haar besaßen.
"Sie kommen aus Thal, einer Stadt weit im Osten von hier," erklärte Rilmir. "Die wilden Ostlinge haben sie erobert. Es heißt, dass nun einer der Ringgeister über die Menschen von Langen See herrscht."
"Ich weiß durchaus wo Thal liegt," gab Kerry zurück. "Es ist traurig zu sehen, dass all diese Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind hier nun in solchem Elend leben. Und Sarumans Schergen machen ihre Lage ganz sicher nicht besser."

Die Gruppe erreichte einen zentralen Platz innerhalb Fornosts, auf dem eine Art Markt entstanden war. Dort handelten die Bewohner der Stadt mit dem wenigen, das sie aus ihrer Heimat hatten retten können oder das sie in den Gegenden um Fornost jagen, sammeln oder finden konnten. Hier hielt Belens Gruppe an.
"Wie gehen wir jetzt vor, Gandalf?" fragte Kerry. Doch der Zauberer schien ihr nicht zuzuhören. Er blickte in die sie umgebende Menge und schien etwas zu suchen. Dann plötzlich erhellte sich sein Gesicht und er ging zu einem der Stände hinüber. Dort bot ein düster dreinblickender Mann mit grünem Umhang erlegtes Wild aller Art an. Gandalf trat an den Stand und stützte sich auf seinen Stab.
"Ja, das Fleisch ist frisch, ja, es stammt aus den Wäldern in der Gegend, und nein, ich gewähre keine Sonderpreise. Wir haben alle mit unseren eigenen Problemen zu kämpfen," sagte der Mann ohne aufzublicken. Er bekommt wohl immer dieselben Fragen gestellt, dachte Kerry.
"Und wie sieht es mit sehr alten Freunden aus? Bekommen die Eure Jagdbeute etwa billiger?" wollte Gandalf schmunzelnd wissen.
Jetzt blickte der Mann auf und die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. "...Mithrandir? Bist du's wirklich?"
"Ich bin's, Mablung. Es ist ein weiter Weg von Minas Tirith, als wir uns zuletzt trafen, nicht wahr?"
"Woher kennst du ihn, Mithrandir?" fragte Belen. "Wer ist dieser Mann?"
"Oh, er ist einer der Dúnedain des Südens, mein guter Belen. Ein äußerst mutiger Waldläufer, der viele Jahre mit Faramir, dem Sohn des Truchsessen, gegen die Horden Mordors gekämpft hat. Ich kenne ihn schon lange. Ihr könnt ihm vertrauen."
"Wer sind deine Freunde, Mithrandir?" wollte Mablung wissen.
"Dies sind Belen, der Anführer des Bunds der Sieben Sterne, sowie seine treuen Gefährten. Und dazu die junge Kerevalline."
Ich bin genauso treu wie jeder andere hier, dachte Kerry, die sich übergangen fühlte, doch sie schaffte es, den Mund zu halten.
"Wir sind hier, um gegen Sarumans Einfluß in Eriador vorzugehen," fuhr Gandalf fort. "Und wir brauchen deine Hilfe."
Mablung nickte. "Kommt am besten mit. Ich bringe euch an einen sicheren Ort. Es ist nicht weit."
Der Dúnadan des Südens ging voran und die Gruppe folgte ihm tiefer in die alte Stadt hinein.

Fine:
Sie folgten Mablung durch die Straßen Fornosts. Die Häuser und Gebäude türmten sich zu beiden Seiten immer höher hinauf.
"Wir kommen ins alte Adelsviertel," sagte Rilmir andächtig. "Hier lebten die Edlen und Mächtigen Arnors. Ah, der vergangene Glanz des Nördlichen Königreiches!"
Er blieb stehen und schloss für einen Moment die Augen.

"Königsland, im grünen Norden
Gold'ne Schätze tief verborgen
Sahst du lange Jahre Frieden
Wurdest doch geteilt von Kriegen.

Tapf're Streiter dienten dir
Hohe Herren wohnten hier
Edle Damen, starke Wälle
Das Licht des Westens strahlte helle

Der Winter ist zu dir gekommen
Deinen Glanz hat er genommen
Kämpftest mutig bis zum End'
Um Fornost, wo jetzt Schatten sind.

Tief ist der Fall Arnors!"
Der Dúnadan senkte den Kopf und ging langsam weiter. Auch die übrigen Mitglieder des Sternenbundes setzten sich wieder in Bewegung. Mablung, der weiter vorausgegangen war, winkte ihnen zu und bedeutete ihnen, sich zu beeilen.

"Der Schmerz über den Untergang des nördlichen Königreiches ist auch nach all den Jahren bei den Erben dieses Landes noch immer nicht geschwunden," sagte Gandalf leise. "Ich verstehe nun besser, wie Saruman sie ködern konnte. Der Aussicht, den alten Glanz Arnors wiederherzustellen muss äußerst schwer zu widerstehen gewesen sein. Es war zu viel für den jungen Helluin."
"Es ist doch schon so lange her," wunderte sich Kerry, die Rilmirs Gesang sonderbar berührt hatte. Dennoch konnte sie nicht verstehen, wieso die Dúnedain einem Verräter folgen würden.
"Die Erben Númenors sind langlebig, Kerry," erklärte der Zauberer. "Und ihr Gedächtnis reicht über Generationen zurück. Die Dúnedain haben schon immer oft zurückgeblickt auf das, was vergangen ist. Selbst als Arnor noch Bestand hatte, trauerten sie dem Untergang von Westernis, der Insel von der sie einst kamen nach. So sind sie nun einmal."
"Wir können viel von unserer Vergangenheit lernen, Mithrandir," äußerte sich Belen, der vom Ende der Gruppe aufgeschlossen hatte. "Wir machen die meisten Fehler nur einmal."
"Das ist auch gut so, mein lieber Belen," antwortete Gandalf.
"Ihr solltet euch angewöhnen, mich als Aravorn II. anzusprechen," stellte Belen richtig. "Ich bin der Träger des Elendilmirs des Nordens und der rechtmäßige Erbe Isildurs." Er zeigte auf den Stern, den er auf der Stirn trug.
"Überhöhe dich in deinem Stolz nicht," sagte Gandalf scharf. "Du bist der bessere Anführer, doch dein Anspruch wiegt nicht stärker als der Helluins. Und der Junge ist gewiß nicht jenseits aller Rettung. Noch besteht Hoffnung, dass er seine Fehler erkennt."
"Das bezweifle ich," erwiderte Belen.
"Wir werden sehen," meinte der Zauberer. "Und auch über den Verbleib Aragorns ist uns nichts bekannt. Vielleicht kehrt er eines Tages zu uns zurück."
"Ich war dort, Mithrandir," sagte Belen mit fester Stimme. "Ich war dort, als die Heere des Westens von Saurons stählerner Faust zermalmt wurden. Ich war dort, als Aragorn uns ins Verderben führte. Nur wenige sind entkommen. Aragorn war nicht darunter. Er ist gefallen oder geriet in Gefangenschaft."
Der Waldläufer warf ihnen einen letzten düsteren Blick zu, dann setzte er sich zu Mablung an die Spitze der Gruppe.

Sie durchquerten noch immer das alte Adelsviertel Fornosts. Die großen Häuser und Anwesen standen weitestgehend leer, denn sie waren zu groß und zu zerstört, um sie gegen die Kälte der Nächte ausreichend zu beheizen. Die Menschen, die nach Fornost gekommen waren hatten sich vor allem in den kleineren Häusern in der Nähe des Großen Tores einquartiert.
"Wer ist dieser... Aragorn, von dem ihr gesprochen habt?" wollte Kerry wissen.
Gandalf sah sie einen Moment lang mit traurigem Blick an. "Er war der Anführer der Dúnedain und der Erbe des Thrones von Gondor. Und vor allem war er mir ein sehr guter Freund. Doch er riskierte alles, um den Schatten Saurons von der Welt zu nehmen - und verlor. Aber es war nicht sein Versagen, nicht seine Schuld, dass es dazu kam dass er nun tot oder verschollen ist."
Der Zauberer hielt inne und stützte sich schwer auf seinen Stab.
"Was meinst du damit, Gandalf? Ich verstehe nicht!" fragte Kerry verwirrt.
"...es war meine Schuld," antwortete Gandalf leise.

Mehr wollte er dazu nicht sagen. Kerry folgte den Dúnedain, die sich vor einem eisenbeschlagenen Tor versammelten. Mablung zog einen großen Schlüssel hervor und begann, es zu öffnen.
"Wo habt Ihr den Schlüssel her?" wollte Belen wissen. "Lange Jahre haben wir versucht, alle Türen in Fornost zu öffnen um verborgene Schätze unseres Volkes zu bergen und in Sicherheit zu bringen. Doch dieses Tor blieb uns stets verschlossen, denn der Schlüssel wurde nie gefunden!"
"Oh, der?" sagte Mablung. "Er stammt aus Gondor, aus der Weißen Stadt. Vermutlich kam er mit Earnur aus dem Norden dorthin, als dieser Arnor in der Stunde seiner größten Not zu Hilfe kam."
"Earnur kam zu spät," erwiderte Belen. "Er konnte nur noch den Sieg des Hexenkönigs zunichte machen. Doch das Nordreich war bereits gefallen."
"Das stimmt wohl," antwortete der Dúnadan des Südens. "Doch seid froh, dass er überhaupt kam. Denn sonst stünden wir nun im Zentrum des finsteren Reiches von Angmar und wären von Feinden umgeben. Der Schlüssel fand sich in den Archiven von Minas Tirith. Earnur oder einer seiner Gefolgsleute müssen ihn hier in Fornost gefunden und diese Tür damit verschlossen haben."
"Was ist denn da drinnen?" wollte Kerry wissen, die ungeduldig wurde.
"Kein Gold oder Schätze," sagte Mablung. "Sondern etwas viel Besseres. Ihr werdet es gleich sehen."


Gandalf, Belen, Rilmir, Mablung und Kerry mit dem Sternenbund Innere der alten Halle

Fine:
Rilmir, Finnabair und Kerry aus dem Versteck des Sternenbundes


"Wonach suchen wir?" fragte Kerry als sie das alte Adelsviertel verlassen hatten und in die bewohnteren Stadtteile kamen.
"Haltet eure Augen offen und versucht herauszufinden, wie die Lage der Menschen hier in der Stadt ist," antwortete Rilmir. "Mit den Waffen aus der Rüstkammer können wir viele Männer und Frauen ausrüsten, doch Schwerter nützen wenig wenn der Mut und der Wille fehlen. Wenn die Menschen nicht bereit sind, sich gegen Saruman zu erheben oder zuviel Angst vor den Schergen des Zauberers haben ist unser Vorhaben zum Scheitern verurteilt bevor es richtig begonnen hat. Wir müssen also herausfinden, wie stark die Diener der Weißen Hand in Fornost vertreten sind und wie groß die Bereitschaft der Menschen hier ist, etwas gegen die Umstände in denen sie sich befinden zu unternehmen."
"Ich habe gesehen, wie sie auf die Gegenwart der Dúnedain reagieren," sagte Finnabair. "Sie nehmen an, alle Waldläufer dienen Saruman. Diese Angst könnte nützlich sein."
"Das ist nicht der Weg zu dem ich raten würde," gab Rilmir zurück während sie um eine Ecke bogen und auf den großen Marktplatz kamen. "Ich weiß, dass dieser Krieg Belen verändert und sein Herz hart gemacht hat. Sprich nicht von solchen Dingen vor ihm. Ich fürchte, es wird sonst nicht mehr lange dauern bis ihm jegliche Mittel recht sind, um sein Ziel zu erreichen. Ich denke..."
Rilmir brach ab und blieb stehen. "Wartet. Wartet. ich kenne diesen Mann. Ihr beide, bleibt hier! Ich muss alleine mit ihm reden. Ich bin gleich zurück."
Damit eilte er durch die Menschenmenge auf eine Gestalt am anderen Ende es Platzes zu, deren Gesicht unter einer dunklen Kapuze verborgen war. Verdutzt blieben Finnabair und Kerry stehen und blickten einander ratlos an. Als sie wieder in Rilmis Richtung schauten war der Waldläufer nirgends zu sehen.

"Nun... ich schätze, wir sollten hier auf ihn warten, wie er gesagt hat," sagte Kerry achselzuckend.
Finnabair blickte finster drein. "Das gefällt mir gar nicht," wisperte sie. "Es sieht Rilmir nicht ähnlich, so unüberlegt draufloszustürzen."
"Der Dúnadan weiß schon, was er tut," antwortete Kerry.
"Das weißt du nicht. Du kennst ihn doch kaum!" gab Finnabair scharf zurück. "Obwohl du ihm nachläufst wie ein Kätzchen kannst du dennoch nicht hinter sein Äußeres blicken."
"Ich laufe ihm nicht..." setzte Kerry an, doch die Rhudaurerin schnitt ihr das Wort ab.
"Du hängst einem Traum nach und mischst dich in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen. Der Sternenbund hat keine Zeit für Liebeleien und Mädchen wie dich. Es gibt wichtige Dinge, die erledigt werden müssen!"
"Wie kannst du das sagen, Rothaar? Du gehörst nicht einmal zu den Dúnedain. Du solltest genausowenig hier sein wie ich," wagte Kerry zu antworten.
Finnabair blickte ihr scharf in die Augen - und versetzte ihr eine schallende Ohrfeige. Die Rhudaurerin packte Kerry an den Schultern und schüttelte sie. "Du Heuchlerin! Was verstehst du schon von Liebe?" rief sie hitzig. "Du weißt nicht wie es ist, in Ungewissheit zu leben, getrennt von deinem Verlobten, der alles für dich aufgegeben hätte. Wer würde sich für dich auf zwei fürchterliche Bestien stürzen, selbstlos und ohne Furcht? Wer würde in jeder Lage für dich einstehen? Du hast kein Recht - kein Recht mir zu sagen, ich gehörte nicht zu den Dúnedain, denn mein Herz gehört ihnen schon lange!"
Sie beruhigte sich wieder etwas und atmete tief aus. Finnabair ließ Kerry los und blickte sie aus ihren tiefgrünen Augen an. "Du bist nichts weiter als ein Klotz an Rilmirs Bein," sagte sie. "Das ist keine Liebe. Wahre Liebe ist es, für den Geliebten sogar bis ins Land der Schatten zu gehen um ihn von dort zu befreien." Sie machte einen Schritt rückwärts und wandte sich ab. "Und das werde ich auch," fügte Finnabair leise hinzu, als sie davonstürmte.

Kerry war sprachlos und hielt sich die schmerzende Wange. Sie konnte nicht verstehen, was da gerade passiert war. Nie war sie jemandem mit Finnabairs Temperament begegnet. Und doch spürte sie, dass mehr hinter dem Ausbruch steckte, als nur das hitzige Gemüt der Rhudaurerin. Wahre Liebe ist es, bis ins Land der Schatten zu gehen, hatte Finnabair gesagt. Und was hat der Satz mit den fürchterlichen Bestien zu bedeuten?
Jemand tippte ihr auf die Schulter und riss sie aus ihren Gedanken. Es war Mablung.
"Heda, Kerevalline - das ist doch dein Name, richtig?" sagte der Waldläufer aus dem Süden.
"Ja - Gondorer...?"
"Mablung. Ich heiße Mablung. Es stimmt also, dass du... nicht so gut mit Namen bist," sagte Mablung schmunzelnd.
Kerry schüttelte den Kopf. "Was willst du?"
"Ich habe gerade mit Rilmir gesprochen. Er sagt, er wird noch einige Zeit brauchen. Ich werde dich zurück zur Rüstkammer bringen, wenn du möchtest."
Kerry überlegte einen Moment und stimmte dann zu. "Na gut. Gehen wir."
Hier herumzustehen wird meiner Stimmung wohl nicht zuträglich sein. Vielleicht kann mir ja jemand im Versteck erklären, was mit Rothaar passiert ist.
Unter der heißen Nachmittagssonne kamen sie durch die Straßen, die weiterhin sehr voll waren wieder in das leerere Viertel des Adels. Kerry fiel auf, dass die meisten Menschen eher bedrückt dreinblickten obwohl sie an diesem Tag nur wenige Schergen Sarumans gesehen hatte, die an ihren Schilden gut erkennbar waren. Die Weiße Hand Sarumans war darauf zu sehen.
Weiße Hand, schwarze Absichten, dachte Kerry.
Nachdenklich und besorgt machte sie sich mit Mablung auf den Rückweg zur Rüsthalle.


Mablung und Kerry zurück zum Versteck des Sternenbunds

Melkor.:
Ardóneths Gruppe von Imladris


Fornost, die alte Hauptstadt Arnors. Schon vom Weitem konnte man selbst im Dunkeln dicke Rauchschwaden und das helle Flackern der Lagerfeuer sehen. Die alten Mauern wurden spärlich wieder aufgebaut. Selbst jetzt, in tiefster Nacht, gab es großes Gedrängel am Tor. Einige Männer schienen Wache zu schieben. Schnell drängelten sich die Waldläufer durch das große Tor in die Stadt.

Sie durchquerten die verschmutzen Straße Fornost mit Eile. Überall liefen Flüchtlinge auf der Suche nach Essen durch die Stadt. Doch jeder, dem die Waldläufer zu nahe kamen, flüchtete sich schnell in einer der Nebenstraßen und kauerten ängstlich am Boden.
"Wovor haben diese Leute Angst?" fragte Elrádan irritiert.
"Ich glaube sie denken wir wären auch Schergen des 'Scharkers'." meinte Gilbárd.

Sie liefen weiter, etwas orientierungslos durch die alten Gassen des Totendeich. Schließlich kamen sie auf den Markt. Dutzende Menschen schliefen dort angereiht auf den Straßen. Sämtliche Lichter der bewohnten Häuser waren längst erloschen, doch in einen flackerte ein schwaches Licht. Ardóneth lief auf die Tür zu und klopfte dreimal fest an die Tür.  Ein Dúnadan machte mürrisch die Türe auf.
"Wie kann ich Euch helfen" fragte er schläfrig.
"Mablung, Ihr hier ?" bemerkte Ardóneth überrascht, denn er erkannte den Mann aus seinen Tagen in Minas Tirith. Er bat die Gemeinschaft ins Haus und nach einem kurzen, freudigen Gespräch gab Mablung, an Mitglied des Sternenbunds zu sein.

"Wir hörten von Elrond von diesem Bund. Ich und meine Männer wollen euch beim Kampf gegen 'Scharker' helfen. Könnt Ihr uns zum Hauptquartier bringen?" schlug Ardóneth schließlich vor. Ohne zu zögern trat Mablung durch die Tür und winkte die Dúnedain zu sich. Im schnellen Gang führte er sie zum versteckten Quartier, jedoch schaute er sich bei jeder Nebenstraße zweimal um, zu groß war die Gefahr Spione des 'Scharkers' den Weg zum Versteck des Sternenbundes zu offenbaren.

"Hier ist es" flüsterte Mablung. Außerhalb des Gebäudes saßen zwei Gestalten auf einer steinernen Bank, die Ardóneth als Gandalf und Belen erkannte, und besprachen das weitere Vorgehen
"Wir haben Gäste" bemerkte Gandalf.
Völlig überrascht sah Belen acht Dúnedain und hinten ein ihm bekanntes Gesicht. "Vetter, du lebst?" rief er voller Freude und umarmte Ardóneth  "Was führt euch hierher?"
Ardóneth erklärte seine Beweggründe, Eriador wieder zu befreien. Auf Wunsch Belens richteten sich die Waldläufer seiner Gruppe als Wachposten in der Nähe des West-Tores ein. Schließlich legten sich alle Waldläufer außer Belen, Gandalf und Ardóneth schlafen, zu viel war zu erzählen.

Melkor.:
Am frühen Morgen schon wurde Ardóneth geweckt.
"Ardóneth, Belen schickt mich. Ihr sollt ihn umgehend treffen" bat ihn Mablung, der scheinbar schon seit langem wach war. Ardóneth sah sich um und zog sich dann sein Kettenhemd über. Was will mein Vetter denn zur dieser frühen Stunde von mir, dachte Ardóneth.  Es muss wohl wichtig sein.

Schließlich verließ er das alte Gebäude am West-Tor, in dem er übernachtet hatte. Draußen auf der Straße fand er Belen vor, scheinbar schon putzmunter und gerade mit dem Frühstücken beschäftigt.
"Guten Morgen, wo sind die anderen ?" begrüßte Ardóneth Belen freundlich.
"Die schlafen wohl noch" antwortete dieser und biss in ein Stück Brot.
"Ich habe eine Aufgabe für dich, Vetter: Es heißt, Orks würden in einem der Viertel Fornosts für Angst und Schrecken sorgen. Findet heraus,  was an den Gerüchten dran ist, haltet euch jedoch verdeckt," befahl er.

Ardóneth weckte und sammelte seine Gruppe und verließ das Haus, in dem sie sich für die Nacht eingerichtet hatten. Er hatte nun seine erste Aufgabe erhalten, doch wusste er nicht recht, wo er mit der Suche anfangen sollte.
"Vielleicht weiß jemand auf dem Markt mehr" schlug Gilbárd vor.
So eilten sie durch die alte Hauptstadt Arnors. Selbst heute hunderte Jahre nach ihrer Zerstörung konnte man die Pracht des vergangenen Königreichs noch erkennen, jedoch wurde er durch die korrupten Dúnedain sehr in Mitleidenschaft gezogen.

Als sie die Marktgasse betraten hörten sie schon vom weiten die schreienden Verkäufer, die ihre Waren anpreisen wollten. Auf dem Markt herrschte reges Treiben. Hunderte Menschen liefen auf den großen Platz umher. Jedoch waren überall Wachen, mit einem weißen Symbol das aus einer weißen Hand bestand, welches auf die Armschienen, die Schilde oder den Brustpanzer aufgemalt waren.
Keiner der Waldläufer jedoch hatte auch nur den Hauch einer Idee wo sie mit der Suche nach den Orks oder den Gerüchten beginnen sollten. Schließlich kam Fulthien auf eine brillante Idee.
"Wir fragen einen der Wachen! Diese werden sicher wissen wo dieses Viertel sein sollte, jedoch... wir bräuchten ein Opfer... damit die List auch aufgehen kann."
Kiárd, Kilians Bruder meldete sich freiwillig, und zog seine Kleider bis auf das Unterhemd aus. Hoffentlich geht das auch gut für ihn aus, dachte Ardóneth.
"Wir haben den Befehl, diesen Unruhestifter zu entsorgen; wohin soll er gebracht werden?" sagte er schroff als sie Kiárd vor die Wachen geschleift hatten.
" Bringt ihn ins 'Viertel' zu den Orks," befahl einer der Wächter schadensfreudig.
Killian versuchte genauere Hinweise zu erfragen, jedoch waren seine Bemühungen vergeblich. Die Gruppe wusste aber nun immerhin, dass wirklich Orks in der Stadt waren und sich um jene Unruhestifter kümmerten, die den Dúnedain im Wege waren.

Schließlich teilten sie sich auf um weitere Informationen zu suchen. Nach einer Weile trafen sie sich wieder auf den Markt und dort hielten sie ihre Lagebesprechung.
Hanvar meinte, die Orks seien in einem der Westviertel, schließlich hätte er dort eine große Mauer und viele Wachen gesehen.
"Das ist ein Anfang. Also auf zum Westviertel," befahl Ardóneth.
Kiárd, der immer noch als Opfer diente, war nun von seinen Gefährten umstellt. Die Täuschung war perfekt. Sie erreichten das Westviertel und passierten ein großes, gut bewachtes Tor.
"Es klappt" bemerkte Avel.

Schließlich waren sie in einem schmutzigen menschenleerem Viertel angekommen. In er Luft hing ein beißender Verwesungsgeruch.
"Ich glaube, hier sind wir richtig," sagte Fórtorg und hielt seine Nase zu.
In einer dunklen Ecke übergaben die Waldläufer ihrem 'Opfer' wieder seine Habseligkeiten. Nun bestand die Gruppe wieder aus neun kampfbereiten Waldläufer. Sie schlichen immer weiter in das dunkle Viertel und dann endeckten sie eine Schar Orks, die um ein Lagerfeuer standen. Zudem erkannten sie auch einen großen stämmigen Dunländer der mitten auf einen sporadisch gebauten Thron saß. Überall lagen Knochen und Waffen herum.

Sie wussten jetzt, wo die Orks in der Stadt versteckt waren.
"Die schaffen wir!" flüsterte Fulthíen. Auch Ardóneth wusste dies, hatte jedoch nur den Befehl erhalten, das Viertel zu erkunden. Er verneinte also.
"Wir gehen zurück, wir erstatten Belen Bericht!"
Sie verließen das Viertel wieder. Zufälliger Weise war gerade wenige Momente zuvor Wachwechsel, so konnten sie das Tor ungehindert passieren.

Es war bereits später Nachmittag. Im Gleichschritt liefen sie zurück zum Markt. Dort herrschte selbst jetzt noch reges Treiben. Schließlich folgten sie dem Weg zum Hauptquartier, sicherlich erwartete Belen den Bericht schon sehnsüchtig.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln