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Die Chroniken von Sturm und Licht - Leseprobe

(1/1)

Azaril:
Seid gegrüßt,

heute will ich euch eine Leseprobe des Buches zur Verfügung stellen, an welchem ich nun schon seit geraumer Zeit arbeite und mit welchem ich mich wohl in Kürze an einige Verlage wenden werde.

Es ist - wer hätte es gedacht? - ein Fantasy-Roman, mit allem, was zu diesem Begriff gehört: Eine eigene Welt, Magie, altbekannte Fantasiewesen wie Elfen und Zwerge, aber auch neu erfundene, eigene Kreaturen.

Die Ausgangssituation grob zusammengefasst, geht es um den Elfen Legil, der die Spur einer Attentäterin der Dunkelelfen zurückverfolgt, die ihn angegriffen hat, während zugleich ein alter Feind aus einem Volk im hohen Norden erneut den Elfen den Krieg erklärt, wobei der Kampf gegen diesen Feind eher um den Bruder des oben genannten Protagonisten zentriert ist.
Zudem gibt es einen weiteren, etwas losgelösteren Handlungsstrang um den menschlichen Dieb Tacitus, der unerwartet zu Ansehen, Reichtum und einem Titel gelangt und dadurch mit völlig neuen Problemen konfrontiert wird.

Aber jetzt ohne weitere Umschweife zur eigentlichen Leseprobe, dem Prolog (nicht wundern, dass dieser noch nicht so viel mit der oben geschilderten Handlung zu tun hat, es ist wie gesagt nur der Prolog):

Als PDF

Ein weißer Schatten stürmte vorüber.
Schnee hüllte die Welt ein. Eine weiße Schicht, nicht höher als ein Daumen lang, bedeckte den Boden des Tales, die Hänge der Berge und die Äste der Nadelbäume, deren grüne, spitze Blätter selbst zu dieser Jahreszeit ihre Farbe nicht verloren und sich hartnäckig an die dürren Zweige klammerten, die sich unter der Last des gefrorenen Wassers beugten und jederzeit abzubrechen drohten.
Lange, spitze Eiszapfen, in denen sich das Mondlicht spiegelte, hingen wie ein Dickicht aus nach unten gerichteten Speerspitzen von den Ästen, bedrohlich und zugleich wundersam anzusehen. Manche waren matt und trübe, andere so klar wie Kristallglas, manche dünn wie der Schaft eines Pfeiles, andere dick wie der Schaft eines Speeres. Hin und wieder fiel einer der Eiszapfen herab und zerschlug klirrend auf dem felsigen Boden, einige blieben jedoch ganz, als hätte ein sanftmütiger Gott sie aufgefangen.
Es war noch nicht lange her, dass der Winterhimmel seine Schleusen geöffnet und begonnen hatte, hunderte und tausende kleiner, weißer Flocken auf die Erde herabregnen zu lassen, wo sie auf dem gefrorenen Boden liegen blieben und sich über Stunden hinweg anhäuften, bis das raue, graue Bergland sich in ein weiches, weißes verwandelte.
Langsam und träge wurden die Schneeflocken vom Wind durch die Luft getrieben, sodass sie auf wirren Pfaden gen Boden sanken. Ab und an strich eine stärkere Böe über den abschüssigen Grund des Tals, ließ die Flocken in schnellem Rhythmus tanzen und wirbelte den bereits gefallenen Schnee sachte auf, der sich andernorts wieder herabsenkte wie eine weiche Federdecke, die von einer sorgenden Mutter auf ihr schlafendes Kind gelegt wird.
Der Winterregen besaß eine friedliche Schönheit, doch war er auch kalt und feucht. Schönheit, so sagten die Weisen, könne jeglichem Lebewesen, welches sie zu erkennen vermochte, das Herz wärmen, eine tiefe innere Wärme, die sich durch nichts ersetzen ließ. Aber so angenehm sie auch sein mochte, konnte die innere Wärme doch nicht vor dem Kältetod bewahren, mit dieser Eigenschaft war allein die Hitze des Feuers bedacht.
Feuer, dachte sie verbittert. Feuer hatten wir zuletzt, bevor die Dunklen kamen.
Feuer bedeutete nicht nur Wärme, sondern auch Licht. Licht, zumindest davon gab es hier ein wenig. Es war kein wärmendes, rotes Licht wie man es vor den Flammen genießen konnte, sondern ein kaltes, der strahlende Schein des Mondes und der Sterne, der sich den Weg durch eine Lücke in der dichten Wolkendecke bahnte und den Neuschnee silbern und weiß zum glitzern brachte.
Die Wolken jedoch wurden stetig vom Winde voran getrieben, sodass die Lücke bald schwand und mit ihr das silberne Licht, welches das halbkreisförmige Tal für wenige Augenblicke beleuchtet hatte. Wo soeben noch grüne Bäume gestanden waren, verloren die Nadeln ihre Farbe. Das Funkeln auf der ebenmäßigen, jungen Schneedecke erlosch mit dem letzten Strahl des Lichtes, die Welt versank in nächtlicher Dunkelheit.
Nur die Berge veränderten sich nicht. Majestätisch und hoch ragten ihre Silhouetten vor ihr auf, eine unüberwindbare Mauer aus Stein und Fels und Eis, die sich seit Jahrtausenden hier befand und sich noch in Jahrtausenden hier befinden würde, wenn der Winter schon unzählige Male wieder gegangen und erneut gekommen war.
Der Morgen lag noch in weiter Ferne, noch keine Stunde war es her, dass das letzte Licht des Tages verschwunden war, lange nachdem die Sonne hinter die Berge gesunken und von ihnen verdeckt worden war. Auch beim Sonnenuntergang hatte es geschneit, wie schon seit dem frühen Morgen. Nun war alle Helligkeit und Freundlichkeit gewichen, geblieben waren Dunkelheit und Angst.
Würde es jemals wieder einen Morgen geben?
Das Pferd stürmte an den Bäumen vorüber in das Tal hinein, eine Reiterin klammerte sich verzweifelt an dem ledernen Sattel fest. Schweiß klebte an den Flanken des Tieres und Schaum hatte sich vor seinem Mund gebildet, nichtsdestotrotz galoppierte die Stute weiter. Ihr Fell besaß die selbe Farbe wie die verschneite Landschaft um sie herum, ein makelloses Weiß, nur an den Hufen durch getrockneten Schlamm unterbrochen.
Der Schnee, soeben noch eine vollendete Schicht ohne Makel, wurde aufgewirbelt unter den Hufen der Stute, die ihre Nüstern vor Anstrengung und Furcht aufgebläht hatte und in kurzen Stößen atmete. Es bedurfte keines Fährtenlesers, um die tiefen Spuren zu erkennen, die das große Pferd im Neuschnee hinterließ, jeder Narr hätte der Fährte folgen können.
Lauf!, rief die Frau auf dem Sattel ihrem panischen Reittier in Gedanken zu. Renne, renne, lauf schneller!
Als hätte es ihre Gedanken gehört, legte das Pferd noch einen Zahn zu, preschte auf das Tal und die Berge zu, als sei ein Rudel blutrünstiger Wölfe hinter ihm her. Nun, in gewisser Weise war genau das der Fall.
Das Tal lag am Rande des Gebirges, ein runder Einschnitt in die Berge, um den sich die großen, grauen Riesen herum drücken wie das Meer um eine Landzunge. Es war unverkennbar, dass der Ort ein Teil des Gebirges war, mit seinen zahlreichen Hügeln und Kratern ähnelnden Vertiefungen erinnerte er sie an den Mond, der bis vor wenigen Minuten noch das Tal erhellt hatte. Nur wenn es ein Mond war, dann nur ein halber, denn das Tal war nur zur Hälfte von Bergen eingefasst, im Süden öffnete es sich zur großen Ebene von Kurdalak hin, wo sich das Land langsam abflachte und das Gebirge in immer ebener werdenden Ausläufern endete.
Es wuchs nur wenig auf dem felsigen Grund des Halbmondtals, vor allem zu dieser Zeit, in der es in einen weißen Mantel gehüllt war, welcher das wenige Gras verdeckte, das hier im Sommer vielleicht spross. Lediglich einige Fichten und Kiefern ragten krumm und einsam über dem Boden auf, weit weniger als auf den Hängen der umliegenden Berge, deren Boden fruchtbarer als der des Tales zu sein schien.
Hatte sie dieses Tal irgendwann einmal auf einer Karte gesehen? Besaß es einen Namen? War irgendein Entdecker vor Jahrtausenden hier gewesen und hatte es nach sich benannt? Wahrscheinlich hatte sie das alles einmal gewusst, vor nicht allzu langer Zeit, doch nun erinnerte sie sich nicht mehr. Wie hätte sie sich auch erinnern sollen, nach allem, was geschehen war? Ihre Gedanken waren auf das Überleben fokussiert, nicht auf Geographie.
Überleben. Wie konnte sie hoffen zu überleben? Verzweifelt warf sie einen Blick auf das Bündel, das vor ihr im Sattel lag, ein kleines Kind, eingewickelt in wärmende Felle, aus denen nur sein Gesicht hervorschaute. Es schlief, es schlief schon seit Stunden, und bekam nichts mit von der Jagd und dem Tod. So friedlich, so... so klein. Elyen widerstand dem Drang, es zu berühren und ihm sanft über die rosigen Wangen zu streichen. Die Zärtlichkeiten mussten warten, bis die Gefahr vorüber war.
Ihre Stute war ein schnelles, kräftiges Pferd aus avalanischer Zucht, und sie hatte ihr bestes gegeben. Dennoch wurde sie nun langsamer, nachdem sie so viele Stunden durchgehalten hatte und scheinbar unermüdlich voran galoppiert war. Elyen zürnte ihrem tapferen Reittier nicht, denn es hatte mehr getan, als sie jemals von ihm hätte erwarten können. Ebenso wenig verspürte sie in diesem Moment Angst oder Verzweiflung. Mit nüchterner Klarheit stellte sie fest, dass sie verloren hatte.
Elyen tätschelte die Stute sanft am Hals und sprach ihr Mut zu, während sie langsam an Geschwindigkeit verlor. Aus dem Galopp wurde Trab, aus dem Trab schließlich Stillstand. Zitternd und heftig schnaubend machte das Pferd den letzten Schritt und brach unvermittelt auf der Stelle zusammen. Die Reiterin packte ihr Bündel und sprang ab, bevor das sterbende Tier sie unter sich begrub. Der Schnee dämpfte ihren Aufprall und empfing sie mit einer Kälte, die ihr im ersten Moment den Atem raubte.
Sie schloss die Augen und umklammerte das schlafende Kind, während die Wärme aus ihrem Körper strömte wie Wasser aus einem löchrigen Becher. Ihr tapferes Reittier versuchte verzweifelt, sich wieder aufzurichten, doch der lange Ritt durch die winterliche Kälte hatte es seiner letzten Kräfte beraubt, so dass es mit einem beinahe menschlichen Schrei wieder zusammensackte und im Schnee liegen blieb, wo es mit gequälten Atemzügen verendete.
Elyen stemmte sich hoch und strich der Stute sanft über die Nüstern, denen der Atem in Stößen entwich und kleine Wölkchen in der eisigen Luft bildete. "Bald ist der Schmerz vorbei", versprach sie dem Pferd, während sie ihren Dolch zur Hand nahm und ihn an die Kehle des Tieres legte. Mit einem kurzen, aber tiefen Schnitt setzte sie dem Leiden ihrer treuen Stute ein Ende. Blut spritzte im Takt des schwächer werdenden Pulses aus der klaffenden Wunde und brachte den Schnee zum Schmelzen, wo es ihn traf. Schließlich tat das Pferd einen letzten, gequälten Atemzug und starb.
In diesem Augenblick riss die Wolkendecke erneut auf und ließ für kurze Zeit das Mondlicht auf die Berge fallen, die groß und mächtig über ihr aufragten, mit Hängen in Grau und Weiß und Grün. Versonnen blickte sie zu den fernen Gipfeln, während das Blut auf ihre Reitkleidung sickerte, und wünschte sich, sie wäre dort, weit und noch weiter über dem Halbmondtal, wo niemand sie erreichen konnte außer die Vögel im Himmel.
Nun einfach die Augen zu schließen, nichts wäre einfacher gewesen. Nur ein wenig ruhen, eine kleine Pause nach den Strapazen der letzten Stunden. Der Schnee war weich wie ein Federbett, genau richtig, um sich auszuruhen... und nie wieder aufzustehen. Nein, dachte sie. Wenn ich hier die Augen schließe, werde ich sie nicht mehr öffnen. Die Kälte würde sie einlullen, ihr ein Gefühl von Geborgenheit geben, und langsam, aber mit unerbittlicher Sicherheit, würde sie ins Jenseits hinüber dämmern.
Ich darf nicht sterben! Erschöpft erhob sich Elyen, erst auf ein Knie, dann schwankend auf die Beine, bis sie schließlich zitternd neben der Leiche ihres Pferdes stand und nach Süden spähte, wo sie weit und breit nur die tiefen Spuren erkennen konnte, die ihre Stute im Schnee hinterlassen hatte. Gerne hätte sie sich der Illusion hingegeben, sie würde nicht mehr verfolgt, aber angesichts dieser deutlichen Fährte war es mehr als unwahrscheinlich, dass die Jäger aufgegeben hatten.
Sie bückte sich und hob ihr Bündel auf, das in Felle gewickelte Kind, dessen Wangen von der Kälte gerötet waren. "Bald ist es vorbei", flüsterte sie dem Jungen zu. "Bald werden wir in Sicherheit sein. Niemand wird dir wehtun."
Behutsam wiegte sie ihn hin und her, wie sie es schon so oft getan hatte, an wärmeren, helleren, fröhlicheren Orten. Beinahe hätte sie sogar begonnen, ein beruhigendes Lied zu summen, ehe ihr wieder einfiel, in welcher Gefahr sie sich befand. Was hätte ihm ein Lied auch genutzt, wo er doch schlief? Mir friert schon der Verstand ein.
Der erste Schritt war der schlimmste. Sie setzte ihren kalten Fuß, den fast jegliches Gefühl verlassen hatte, nur ein kurzes Stück vor sich. Schnee umschloss die nackte Haut und brachte sie zum Keuchen. Um Stiefel anzuziehen, war ihr keine Zeit geblieben, denn die Flucht war überstürzt erfolgt. So musste sie barfuß durch den Schnee waten und hoffen, dass ihre Füße nicht erfroren, ehe sie einen sicheren Unterschlupf fand, in dem sie ein Feuer machen konnte.
Wie viel Zeit war nun vergangen, seit sie Hals über Kopf das Lager verlassen hatte, während die Flammen heiß und tödlich in den Himmel loderten? Sie erinnerte sich daran, wie kräftige, wohltuende Finger ihr die Füße massiert hatten, derweil sie ihr Kind in den Schlaf sang. Alle hatten sie ihrer lieblichen Stimme gelauscht, bis die friedliche Atmosphäre innerhalb eines Augenblickes zu Asche zerfiel und es nur noch warmes Blut und eisigen Frost gab.
Eine einzelne Träne rann ihr über die Wange, eine Träne für ihre Gefährten, ihre treuen Freunde, eine Träne für die Toten. Wie gerne hätte sie sich all ihre Trauer und ihren Schmerz aus dem Herzen geschrien, wie gerne wäre sie einfach weinend und schluchzend hier stehen geblieben, bis ihre Verfolger sie fanden und erlösten. Nein, ermahnte sie sich erneut. Du musst kämpfen! Du musst leben!
Abermals tat sie einen zögerlichen Schritt, weiter nun, und schneller. Sie strafte die Kälte mit Missachtung und ignorierte Erschöpfung und Trauer. Mit der wenigen Kraft, die ihr geblieben war, wanderte sie gen Norden, weiter in das Tal hinein, wo sie den Dunklen zu entkommen hoffte. Ihren Sohn trug sie auf den Armen, er schlief noch immer.
Elyen zog neue Stärke aus dem Zorn, den sie auf jene verspürte, die ihre Gefährten getötet hatten und nun versuchten, sie und ihren kleinen, unschuldigen Jungen ebenfalls umzubringen. Vor ihrem inneren Auge beschwor sie erneut die Geschehnisse des letzten Abends herauf, versuchte sich an die Gesichter der in schwarze Mäntel gehüllten Angreifer zu erinnern, die so überraschend über sie hergefallen waren und deren Speere und Schwerter eine blutige Ernte eingefahren hatten.
Sobald sie dem Gemetzel entkommen war und sich ihre Gedanken ein wenig geordnet hatten, war in ihr die Frage aufgekeimt, wie die Feinde unbemerkt bis zum Lager gelangt waren. Stets hatte einer aus ihrer kleinen Reisegesellschaft Wache gehalten, damit sie nicht von anderen, feindlich gesinnten Reisenden überrascht werden konnten. Sie hatte vergessen, wer an jenem Abend, zu jenem Zeitpunkt mit der Wache an der Reihe gewesen war, aber was spielte das schon für eine Rolle? Wer auch immer in dieser Pflicht versagt hatte, war von den Dunklen bestimmt nicht verschont worden.
Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass die Häscher noch nicht zu ihr aufgeschlossen hatten. Nun, da ihr Pferd gestorben war, würde es wohl nicht mehr lange dauern, bis sie die dunklen Reiter am Horizont erblicken würde. Elyen erschauderte bei dem Gedanken, wie sie von ihnen durch das Tal gehetzt wurde, um schließlich aufgespießt auf einer Lanze oder enthauptet von einem Schwert im Schnee zu landen.
Vielleicht hätte sie einfach stehen bleiben und dem Tod ins Auge blicken sollen, denn welcher Sinn lag darin, dieses Tal zu durchqueren, wenn sie an dessen Ende ohnehin getötet werden würde? Vielleicht erfror sie ja, bevor die Klingen der Angreifer sie ins Jenseits schicken konnten. Erfrieren war ein angenehmer Tod, darin waren sich alle Bergbewohner einig. Kurz vor dem Ende, so hieß es, kam die Wärme zurück und erleichterte den Abschied.
Sie blieb nicht stehen, sondern marschierte weiter. Der Kältetod war eine verlockende Möglichkeit, die sie unter anderen Umständen vielleicht ergriffen hätte, aber es ging um mehr als nur ihr eigenes Leben. Es ging auch um das Leben ihres Sohnes. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, ihn sterben zu lassen.
Die Kälte kroch ihre Beine hinauf und brachte sie zum Zittern. Lange würde sie nicht mehr durchhalten, nicht im Schnee, nicht im Winter. Elyen versuchte, dem beißenden Frost und der nagenden Angst zu entgehen, indem sie sich in Erinnerungen flüchtete an ihre Freunde und an schönere Tage, die lange schon in der Vergangenheit lagen. Nacheinander zählte sie in Gedanken ihre Gefährten auf und dachte an deren schönste Seiten.
Jorugil, fiel ihr der Name eines Freundes ein, Jorugil aus Ostolin. Ein von sich selbst überzeugter Schönling, der jedem Mädchen, dem er begegnete, schöne Augen machte, Elyen bildete da keine Ausnahme. Seine stetigen Schmeicheleien und Prahlereien hatten sie jedoch stets unbeeindruckt gelassen. Übermäßige Angeberei und schamlose Verführung waren keine Eigenschaften, die sie bei Männern suchte. Lediglich sein Talent im Umgang mit Speeren hatte ihr Interesse zu wecken vermocht.
Jorugil hatte ihr einst seine Art des Fischens gezeigt, ganz ohne Angelrute oder Fischernetz. Alles, was er dazu brauchte, war ein Spieß oder besser noch ein richtiger Speer. Er stellte sich ins Wasser, erinnerte sie sich, meist am Ufer des Kristallflusses, und verharrte dort eine halbe Ewigkeit, bis die Fische sich an seine Gegenwart gewöhnt hatten und näher kamen... dann stach er blitzschnell zu, schneller, als das Auge ihm folgen konnte, und nur einen Wimpernschlag später zappelte sein Fang auf der Spitze des Speeres. Elyen hatte es auch ein paar Mal versucht, aber sie war nie auch nur annähernd schnell genug gewesen, geschweige denn geduldig genug, um den richtigen Zeitpunkt abzuwarten.
Alle seine Verführungskünste hatten ihm letztlich bei ihr nicht weitergeholfen, sehr wohl aber bei anderen, weniger standhaften Frauen, wie beispielsweise Sivilee, eine Kindheitsfreundin Elyens, die ebenfalls teil ihrer Reisegruppe gewesen war. Sivilee war Jorugils Charme schon bei deren erster Begegnung erlegen und hatte sich in ihn verliebt, aber letztlich waren die beiden nicht mehr als gute Freunde geworden, auch wenn sie sich anscheinend zumindest auf körperlicher Ebene sehr nahe gekommen waren. Elyen hatte während der Reise mehrmals gehört, wie sie einander unter der Decke beglückten. Doch jetzt beglückten sie nur noch die Krähen. Das hieß, sofern die Dunklen ihre Leichen nicht verbrannt hatten. Aber warum hätten sie damit kostbare Zeit verschwenden sollen? Es war wesentlich leichter und zeitsparender, die Leichen einfach für die Aasfresser liegen zu lassen.
Elyen zwang sich, ihre Gedanken wieder in andere Richtungen zu lenken, zurück zu ihren Freunden. Simple Freundschaften und unverbindliche körperliche Beziehungen wie die von Jorugil und Sivilee hatte auch Elyen viele Jahre ihres Lebens festen Bindungen vorgezogen. Nicht wenige Verehrer hatten den Weg in ihr Bett gefunden, aber sie alle dienten ihr lediglich als Zeitvertreib, als kurzweiliges Vergnügen, und ja, es mochte sein, dass sie durch ihre kalte, pragmatische Art manch ein verliebtes Herz gebrochen hatte. So jedenfalls war es gewesen, bevor sie Lianol kennengelernt hatte.
Der dritte im Bunde ihrer kleinen Reisegesellschaft war ein hoch gewachsener Mann mit goldblondem Haar, welches ihm weit über die Schultern reichte. Glatt und glänzend war es gewesen, und hatte nach Feuer gerochen, nach wilden, verlangenden Flammen. Und seine Augen, seine wunderschönen, dunkelblauen Augen, hatten Elyen in Sekundenbruchteilen in ihren Bann geschlagen wie noch nie etwas anderes zuvor. Stets war er höflich gewesen, ein Kavalier, ganz anders als Jorugil. Frauen gegenüber benahm er sich so galant, dass eine jede von ihnen ihm sehnsüchtige Blicke zuwarf, und doch war er zurückhaltend, wenn es um mehr als ein paar höfliche Worte ging. Bestimmt hegten nicht wenige Jungfrauen in Faenuvyl den Wunsch, ihre Unschuld an ihn zu verlieren, dessen war sie sich sicher.
Nun, Elyen war keine Jungfrau mehr gewesen, als sie ihm begegnet war, und sie hatte ihn nicht mehr entkommen lassen, nachdem sie erst begonnen hatte, ihn zu begehren. Lianol war zu Beginn von ihrem offenen, beinahe schamlosen Wesen überrumpelt worden und hatte sich nahezu widerstandslos von ihr verführen lassen. Ihn als guten Liebhaber zu bezeichnen, wäre eine maßlose Untertreibung gewesen. Erst sehr spät hatte Elyen festgestellt, dass aus ihrem anfänglichen Begehren mehr geworden war. Ein Gefühl hatte sich in ihrem Herzen eingenistet, das sie unbedingt hatte vermeiden wollen, aus Angst davor, von jemandem abhängig zu werden.
Versonnen musterte sie das Gesicht ihres in Felle eingewickelten Sohnes, und tatsächlich gelang ihr dabei sogar ein Lächeln. Schwarze Haare sprossen auf seinem kleinen Kopf, die Augen waren im Schlaf geschlossen, aber sie wusste, welche Farbe sie besaßen.
"Du wirst einmal groß und kräftig und schön sein wie dein Vater", sagte sie dem Säugling voraus. "Und die Frauen werden in deinen blauen Augen ertrinken wie ich einst in seinen."
Es gab noch einen, fiel ihr ein. Der vierte Gefährte. Kargumil, der Jäger. Mit seinen beinahe zwei Metern überragte er sogar Lianol, und sein Körper war furchterregend muskulös. Stets trug er einen riesigen Eibenbogen mit sich herum, der ihm beinahe bis zur Stirn reichte. Eine schwere, unhandliche Waffe, die zu spannen scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit darstellte. Elyen hatte es einmal versucht, Lianol und Jorugil sogar mehrmals, aber lediglich Kargumil vermochte den Bogen zu spannen. Bei ihm sah es so leicht aus, als würde er einen dünnen Zweig biegen.
Kargumil hatte eine Schweigsamkeit zu eigen, die fast schon unheimlich war. Er sprach so gut wie nie, war jedoch ein überaus aufmerksamer Zuhörer, kaum jemals entging ihm auch nur der kleinste Teil eines Gespräches, das in seiner Hörweite geführt wurde. Mischte er sich ein, was selten genug vorkam, so waren seine Worte wohlüberlegt und besonnen, doch niemals zeigte er große Gefühle.
Leistung war Kargumils höchstes Gebot. Immer wollte er der Beste sein, in allen Fertigkeiten zur Meisterschaft gelangen. Schneller als Jorugil wollte er sein, und stärker als Lianol, und tatsächlich schien es, als hätte er diese beiden Ziele erreicht. Der Charme des Ersten und die entwaffnete Höflichkeit des Zweiten fehlten ihm jedoch vollkommen. Was Sivilee anging, so behauptete Kargumil so manches Mal, er übertreffe sie in allem, worin man sich messen konnte, allerdings hatte Elyen niemals feststellen können, dass er über denselben Liebreiz verfügte wie ihre langjährige Freundin.
Und Elyen... in einer Sache hatte er ihr zu keiner Zeit das Wasser reichen können. Kargumil mochte einen großen, schweren Bogen besitzen, und er verstand sich durchaus sehr gut auf den Umgang mit dieser Waffe, doch niemals hatte er im Bogenschießen eine solche Meisterschaft erlangt wie Elyen.
Ihr Bogen war kleiner, gefertigt aus Liandornholz, von nahezu perfekter Ausführung. Die meisterhaften Bogenmacher in Silberherz hatten ihn für einen hohen Preis angefertigt, und die Investition hatte sich wahrlich gelohnt. Dennoch machte der Bogen nicht den Schützen, sondern der Schütze den Bogen. Elyen schoss seit ihrer frühen Kindheit und wagte, sich zu den besten lebenden Bogenschützen dieser Welt zu zählen. Sie hatte seit Jahren niemanden mehr getroffen, der mit ihr gleichziehen konnte, wenn es darum ging, weit entfernte, bewegliche Ziele zu treffen. Sie war eine Meisterin und sie war unglaublich stolz darauf.
Ach, was gäbe sie nun dafür, einen Bogen und einen gefüllten Köcher zu besitzen! All die Übungen, all die Wettkämpfe mit dem Jäger, aber jetzt, da sie ihre Waffe am dringendsten brauchte, besaß sie den Bogen nicht mehr. Wahrscheinlich war er mit dem Rest des Lagers verbrannt, während sie hastig auf ihr Pferd gesprungen war und dabei nur an ihren Sohn gedacht hatte.
"Wenn du alt genug bist, lehre ich dich, mit dem Bogen umzugehen", versprach sie dem Säugling, den scheinbar nichts aufzuwecken vermochte. So friedlich und nichtsahnend bist du, mein Kleiner. Schlafe weiter, wach nicht auf, bald ist es vorbei.
Für ihn musste sie weitermachen, Schritt für Schritt vorangehen, den Bergen entgegen. Ihr Sohn war ihr Halt, das Letzte, wofür sich noch zu leben lohnte. Er allein war der Grund, warum sie nicht schon längst aufgegeben hatte, obwohl ihr ein schreckliches Schicksal gewiss war.
Hoffnung hält selbst den Verzweifeltsten am Leben. Hoffnung lässt einen immer wieder aufstehen, wie oft man auch zu Boden gestoßen wird. Hoffnung ist der Antrieb in der Finsternis zwischen Trauer und Hass. Hoffnung leuchtet selbst in ausweglosen Situationen heller als die Sterne, der Mond, die Sonne. Mögen noch so viele Wolken den Himmel bedecken, so gibt es doch noch jenes eine Licht, welches Hoffnung genannt wird.
Jorugil war tot, seine Brust durchbohrt von der Lanze eines Feindes, sein Speer und sein flinker Arm konnten ihn nicht retten, welch ein talentierter Mann war an ihm verloren gegangen! Sivilee war tot, auch dessen war sich Elyen sicher, obwohl ihre Freundin noch gelebt hatte, als sie geflüchtet war. Die Dunklen würden ihren Spaß mit ihr gehabt haben, bevor sie sie getötet hatten. Lianol war tot, zwei Pfeile, drei Schwerter und eine Lanze hatten dies Werk vollbracht. Lianol, den sie geliebt hatte. Lianol, der Vater ihres Sohnes. Lianol... sie zwang sich, nicht mehr an ihn zu denken. Und schließlich Kargumil, der Wache gehalten hatte, wie ihr nun wieder einfiel. Er musste als erster gestorben sein.
Sie fiel.
Lauf, Elyen!, geisterte die Stimme eines Toten durch ihren Kopf, gefolgt von grausamen Bildern. Blut sprudelte aus der Wunde in seiner Brust, aber er schien es nicht zu bemerken. Mit einem wütenden Aufschrei brach er den Schaft des Pfeiles ab und zog sein Schwert.
Lauf, Liebste, bring dich und Legil in Sicherheit! Lianol wehrte einen mit einem Kavallerieschwert geführten Schlag ab, während der feindliche Schütze einen weiteren Pfeil auflegte und auf Elyen zielte, die starr vor Schreck noch immer auf dem Baumstumpf saß.
Elyen! Er warf sich vor sie, als der Pfeil von der Sehne schnellte. Erst jetzt erwachte sie aus ihrer Starre, packte ihren Sohn und floh. Und sie blickte zurück. Sie wünschte, sie hätte es nicht getan, aber Elyen hatte einen Blick zurück geworfen und war Zeugin des Todes ihres Geliebten geworden.
Der Schnee fühlte sich kalt an auf ihrem Körper. Elyen lag auf der feinen, weißen Schicht, schluchzte und begann zu weinen. Seit so vielen Jahren hatte sie nicht mehr geweint, nicht mehr, seit ihre Mutter gestorben war, aber nun konnte sie all die Tränen des letzten Jahrhunderts nicht mehr halten, sodass sie wie eine Flut aus ihr hervorbrachen.
Lianol ist tot. Sie hatte es während des Ritts verdrängt, als sie keine Zeit hatte, darüber nachzudenken, doch jetzt kam die Erkenntnis umso heftiger über sie. Sie sind alle tot. Woher kamen die Dunkelelfen? Schwerfällig erhob sie sich, wobei sich ihr Sichtfeld drehte und ihr übel wurde, aber sie schaffte es, nicht sofort wieder umzukippen. Wie oft würde sie noch aufstehen können, ehe ihre Beine es nicht mehr zuließen? Einmal, zweimal, dreimal? War das wichtig?
Sie stolperte mehr, als dass sie ging. Tränen rannen ihr ungehindert aus den Augen und verwischten Berge, Bäume und Hügel zu undeutlichen Schemen. Die Kälte fuhr mit jedem Atemzug schneidend durch Nase, Mund, Hals und Brust. Niemals hätte sie geglaubt, Kälte könnte solchen Schmerz hervorrufen, aber sie tat es und hörte damit nicht auf.
Elyen presste ihren Sohn fest an sich, aber sie fühlte seine Hitze nicht mehr, denn alle Wärme war aus ihr gewichen, sodass sie nur noch zittern konnte. Selbst die kleinen Wolken ihres schwachen Atems schienen kleiner zu werden, dünner, undeutlicher. Die Wärme kommt zurück, wenn ich sterbe, erinnerte sie sich selbst, doch mittlerweile zweifelte sie an dieser Aussage. Wie konnte es noch etwas anderes als tödlichen Frost geben, hier im Halbmondtal, im tiefsten Winter? Wo war die ersehnte Wärme?
Die Hügel waren steil und rutschig vom Eis, daher musste sie bei jedem Schritt um ihr Gleichgewicht kämpfen. Nach oben war es leichter, doch ging sie auf der anderen Seite eines Hügels herunter, kam es nicht selten vor, dass sie ins schlittern geriet und beinahe stürzte. Wenn sie sich hier ein Bein brach, wäre alle Hoffnung verloren, daher setzte sie ihre Schritte mit Bedacht, obwohl ihr das viel zu langsam ging. Bei dem Tempo würden die Dunklen sie einholen, noch bevor sie den Fuß der großen Berge erreicht hatte.
Es waren der Berge drei. Drei riesenhafte Ungetüme aus Stein, die das Halbmondtal umgaben, einer höher als der andere. Ihre Gipfel waren Spitz, einer davon sah aus wie ein gekrümmter Finger, doch ihre Flanken gingen ineinander über als wären sie einst ein einziger Berg gewesen, der von einem Gott in drei Teile gespalten worden war. Im Osten lag der höchste von ihnen, der seine Nachbarn drohend überragte. Der Krummfingerberg war der westliche, ein hässliches Ding, dessen Hänge an manchen Stellen beinahe senkrecht verliefen. Der Mittlere schließlich war der niedrigste der drei. Flach und weit auslaufend war er, vielleicht gab es dort einen Weg aus dem Tal heraus ins Gebirge.
Es mochten Minuten oder Stunden vergangen sein, als die Hügel endlich den Bergen wichen und sie das nördliche Ende des Tales erreichte, wo sie einen Weg zu finden hoffte, der ihr die Flucht ermöglichte. Auf der letzten Anhöhe blickte sie noch einmal zurück, noch immer war niemand zu sehen. Elyen hielt den Blick lange genug nach Süden gerichtet, um sicherzugehen, dass die Reiter nicht gerade in einer Senke waren, dann wandte sie sich wieder gen Norden, bevor sie noch auf dieser Stelle festfror.
Was sie sah, ließ die Flamme ihrer Hoffnung zu einem kleinen Kerzenlicht werden, das in der Winterkälte ums Überleben kämpfte wie sie selbst. Was aus der Ferne flach und begehbar gewirkt hatte, war aus der Nähe ein stark abschüssiger Hang, den man im Sommer vielleicht hätte erklimmen können, ohne die Hände zu benutzen, nicht aber im Winter, wenn Schnee und Eis die Berge bedeckten. Sie zweifelte nicht daran, es alleine irgendwie über den Berg schaffen zu können, nur war sie nicht allein.
"Vilia!", rief sie die Göttin ihres Volkes an. "Lass es nicht so enden!"
Vilia ließ sich nicht zu einer Antwort herab, nur der Wind sang sein winterliches Lied, als wolle er sie verhöhnen. Mit einem wütenden Schrei, in den sie all ihre Verzweiflung steckte und der sie heiser machte, noch ehe er verklungen war, sank sie auf die Knie und hämmerte mit der rechten Faust auf den Boden, bis diese von pochendem Schmerz heimgesucht wurde. Legil schlief auf ihrem linken Arm ungerührt weiter. Wie sehr sie ihren Sohn um seine eiserne Ruhe beneidete!
So saß sie dort, am Ende des Tals, gefangen zwischen Feinden und Bergen, und hatte keine Tränen mehr übrig und keine Hoffnung. Die Kerzenflamme bäumte sich ein letztes Mal auf und erlosch flackernd, Dunkelheit senkte sich auf ihr Herz. Die lange zurückgedrängte Erschöpfung übermannte sie nun und raubte ihr die letzten Kräfte, doch es war ihr egal. Wozu brauchte eine Tote noch Kraft?
Unablässig sank neuer Schnee vom Himmel zur Erde herab, ließ sich auch auf ihren Haaren nieder und ihrer Haut, wo er nicht mehr schmolz, denn ihr Körper war bereits zu kalt. Ihre Lippen fühlten sich erfroren an und auch ihre Hände und Füße spürte sie kaum noch. Elyen wusste, dass sie den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben würde, und das erfreute sie ungemein.
Ich werde wieder bei Lianol sein, zusammen mit unserem Sohn. Uns dreien war nur eine kurze gemeinsame Zeit auf dieser Welt vergönnt, aber im Jenseits werden wir ewig zusammen sein. Hoffentlich ist es dort warm, hoffentlich gibt es dort keinen Winter, keinen schneidenden Wind, keinen Schnee. Ihr gefiel der Gedanke eines Landes, in dem ewiger Sommer herrschte. Wenn sie zum Zeitpunkt ihres Todes nur fest genug davon träumte, würde es dann wahr werden?
Der silberne Mondenschein konnte im ewigen Kampf mit den Wolken einen weiteren Sieg für sich verbuchen. Ungehindert drang das kalte Licht durch eine plötzlich aufreißende Lücke in der Wolkendecke und beleuchtete die Felswand vor ihr, deren steiniges Grau an wenigen Stellen das Weiß der Schneedecke durchbrach. Ein schmaler Überhang, kaum länger als ihr Arm, verhinderte, dass der Schnee einen winzigen Spalt im Stein bedeckte, der wie der Eingang einer kleinen Höhle wirkte. Allerdings war der Riss im Berg zu klein, sie würde nicht hindurchpassen.
Oh danke, Vilia!, dachte sie verbittert. Eine Höhle, um mich zu verstecken und mich warm zu halten, aber sie ist zu klein für mich!
Es war nicht gerecht! Stundenlang war sie zuerst geritten und dann gelaufen, in ständiger Angst vor den Dunkelelfen, die sie verfolgten. Zu keiner Zeit war sicher gewesen, wie weit sie es schaffte, doch bei den Bergen, so hatte sie geglaubt, wäre sie in Sicherheit.
Wie hatte sie jemals denken können, es gebe noch so etwas wie Sicherheit? Wie Rettung? Wie Überleben? Selbst wenn es einen Pass über den Berg gegeben hätte oder eine richtige Höhle, was hätte die Dunklen davon abgehalten, sie zu suchen? Früher oder später, das wurde ihr nun klar, wäre sie gefunden oder eingeholt worden, ganz gleich welche Verstecke und Wege das Gebirge für sie bereit gehalten hätte.
Und nun wurde sie auch noch von der Göttin verhöhnt, indem diese ihr einen Blick auf die kleinste Höhle gewährte, die Elyen jemals gesehen hatte.
Frustriert schloss sie die Augen, bereitete sich auf den ewigen Schlaf vor, nicht ohne zuvor einen letzten Blick auf den Spalt in der Felswand zu werfen, in welchen sie sich nicht einmal hätte hineinzwängen können, wenn sie abgemagert und dürr gewesen wäre. Der Unterschlupf war höchstens groß genug für einen Fuchs oder einen Schneehasen oder einen... Säugling.
Aufgelöst, aufgeregt, voller Erleichterung, Freude, Dankbarkeit schlug Elyen die Augen wieder auf. Wäre sie nicht am Ende ihrer Kräfte gewesen, sie wäre aufgesprungen und hätte einen Freudentanz aufgeführt. Sie dankte Vilia für ihre Gnade, schüttelte den Schnee ab und begann wieder zu weinen, doch dieses Mal waren es Tränen der Freude.
Augenblicklich entflammte das Hoffnungsfeuer mit neuer Stärke und schwoll an, bis es zu groß für eine Kerze war und Holzscheite als Nahrung benötigte anstelle eines Dochtes. Hektisch erhob sie sich... und knickte sofort wieder ein. Ihre steif gefrorenen Beine gehorchten ihr nicht richtig, jede Bewegung fiel ihr schwer und verursachte Schmerzen, doch sie dachte nicht daran, noch einmal aufzugeben.
Sie stützte sich mit der Hand ab, mit welcher sie zuvor den Boden mit Schlägen eingedeckt hatte, und kroch auf den Knien zu der Spalte, die ihr der Mond enthüllt hatte. Wie ein dreibeiniges Tier, dessen Hinterläufe verkümmert waren, bewegte sie sich voran, wobei ihr bei jedem Schritt die Sinne zu schwinden drohten und ihr mehrmals kurz Schwarz vor Augen wurde.
Schließlich erreichte sie allen Widrigkeiten zum Trotz den Riss in der Felswand, hinter dem sich tatsächlich ein kleiner Hohlraum befand, der selbst für einen Zwerg als Unterschlupf zu klein gewesen wäre. Nicht jedoch für einen Säugling.
"Hier... bist du... in Sicherheit", krächzte Elyen mit leiser, kraftloser Stimme und legte ihren Sohn in die winzige Höhle. Ungeschickt streifte sie ihren silbernen Ring vom Finger, ein eher schlichtes Schmuckstück, in das seltsame, geschwungene Runen eingraviert waren, und legte ihn neben das Kind. Der dunkelviolette Edelstein des Ringes wirkte in der Nacht fast schwarz, wie ein Neumond, nur ungleich schöner.
"Wenn er alt genug ist, musst du ihm den Ring geben, versprich mir das, Elyen", hatte Lianol von ihr gefordert, als er ihr das Schmuckstück schenkte. Auf ihre Frage nach der Herkunft und der Bedeutung des Ringes hatte er nur geantwortet, er sei ein Erbstück. Mein Sohn ist noch nicht alt genug, aber den Ring gebe ich ihm trotzdem.
Elyen betrachtete das Kind ein letztes Mal lange und schweigend, musterte sein kleines Gesicht, seine spitzen Ohren, sein schwarzes Haar. War es eine Torheit, ihn hier zurückzulassen? Wie sollte ein Säugling alleine in einer kleinen, kalten Höhle überleben? Sie überließ ihn dem Tod, indem sie ihn hierließ. Nahm sie ihn jedoch mit, würde sie ihn einem weit schlimmeren Schicksal überantworten. Die Dunklen dürfen ihn nicht bekommen. Lieber lasse ich ihn hier erfrieren, als dass ich mit ansehe, wie sie ihm die Kehle durchschneiden. Tot sind wir so oder so.
Es war eine gewaltige Überwindung, die Elyen viel und noch viel mehr abverlangte, sich abzuwenden und ein wenig Schnee vor dem Höhleneingang aufzuschichten, um ihn zu verdecken. Noch weit mehr Überwindung kostete es sie, ihrem Sohn endgültig den Rücken zuzukehren und ihn zu verlassen. Alles in ihr sträubte sich dagegen, jede Muskelfaser, jeder Nerv, jedes Härchen auf ihrer Haut und jede Arterie in ihrem Körper schien sich dagegen aufzulehnen, fortzugehen und ihn zurückzulassen, aber Elyen drängte ihre Bedenken und besorgten Gefühle gleichermaßen beiseite. Nach Westen würde sie sich wenden, das beschloss sie nun, um die Dunkelelfen von Legil wegzulocken.
Sie konnte nach wie vor nicht richtig laufen, kam aber dennoch irgendwie voran, mit einer Mischung aus Kriechen und Robben. Auf allen Vieren entfernte sie sich immer weiter von dem Spalt im Felsen, schien dabei kaum von der Stelle zu kommen, wenngleich sich mit der Zeit die Umgebung um sie herum wandelte, was ihre Vermutung bestätigte, dass sie noch nicht angehalten hatte.
Ein einzelner, einsamer Baum hatte auf dem Hügel Wurzeln geschlagen, auf dem sie sich befand, als sie die dunklen Schemen am Horizont erspähte, in südöstlicher Richtung. Seit sie von der Spalte aufgebrochen war, hatte sie regelmäßig zurückgeblickt und darauf gehofft, die Verfolger zu erblicken, damit diese sie endlich töteten, und nun war es endlich so weit.
Mindestens zehn, stellte sie fest, bevor sie weiterkroch. In dunkle Mäntel gehüllt waren sie, wie im Lager, und hoch zu Ross. Ihre Pferde waren große, schnelle Streitrösser, schneeweiße Schimmel und Rappen so schwarz wie die lichtlosen Höhlen tief unter den Bergen. Die Reiter waren allesamt bewaffnet, das wusste sie, auch wenn sie auf diese Entfernung die Art der Waffen nicht genau erkennen konnte. Einige Lanzen, viele Schwerter, ein oder zwei Bögen, schätzte Elyen.
Nur wenige Schritte trennten sie noch von dem Baum auf der Hügelkuppe. Sobald er in Reichweite war, umklammerte sie den Stamm mit beiden Händen und zog sich an ihn heran. An den Baum gelehnt wartete sie, gefühllos und taub. Sie fühlte nicht die raue Rinde an ihrem Rücken und spürte nicht die Unebenheiten im Boden. Aus Interesse stach sie sich mit einem Zweig, der in der Nähe herumlag, sanft in beide Beine, aber sie nahm die Berührungen des Holzes nicht wahr. Meine Beine sind schon tot, wurde ihr klar. Und ich folge ihnen bald.
Die Reiter schlossen schnell zu ihr auf. Binnen weniger Minuten erreichten sie die Anhöhe mit dem einsamen Baum und ritten zu Elyen hinauf. Zwölf, zählte sie. Fünf von ihnen besaßen tatsächlich kurze Kriegslanzen, ein jeder trug ein Schwert bei sich, zwei der Feinde besaßen Bögen, genau wie sie vermutet hatte. An eine Flucht wäre also auch mit Beinen nicht zu denken gewesen, sofern sie nicht mit einigen Pfeilen im Rücken enden wollte.
Die Dunklen blieben im Halbkreis vor ihr stehen und beobachteten sie von oben herab. Nach nur wenigen Augenblicken entschied ihr Anführer, dass sie keine Gefahr darstellte, und stieg ab. Seine Leute taten es ihm gleich, manche hastig, andere so gemächlich, als hätten sie alle Zeit der Welt, was gar nicht so unwahrscheinlich war.
Der Kommandant der kleinen Schar Dunkelelfen war ein selbst für die Maßstäbe der Elfen eigentümlich schlanker Mann mit hellblondem Haar, welches ihm bis zur Taille reichte und aus dem die für Elfen typischen langen, spitz zulaufenden Ohren ragten. Als einziger der Gruppe trug er einen vollen Plattenpanzer, gefertigt aus reinem Silberstahl, der im Mondlicht wunderschön glänzte und funkelte. Ein schwarzer Umhang, der von einer silber-goldenen Brosche in Form eines Tigers am Hals zusammengehalten wurde, umhüllte ihn wie ein lebendiger Schatten. Die Kapuze hatte er zurückgeschlagen, sodass Elyen sein Antlitz erkennen konnte. Die Gesichtszüge des Dunkelelfen wirkten edel, doch die grauen Augen kündeten von ungezähmter Grausamkeit und hätten ihr wohl einen kalten Schauer über den Rücken gejagt, wenn ihr nicht ohnehin schon bitterkalt gewesen wäre. Diese Augen lächelten nicht oft, der schmale Mund nur wenig öfter. Von diesem Mann durfte sie keine Gnade erwarten.
Der Rest der Truppe trug lediglich normale Mäntel, die sie vor der Kälte schützten. Keine Frauen befanden sich unter ihnen, sondern ausschließlich Männer. Viele besaßen schwarzes Haar, drei jedoch konnten sich hellblonden, fast weißen Haares rühmen wie ihr Anführer. Bei den Dunkelelfen herrschten die Gegensätze. Weiße und schwarze Pferde, aber nichts dazwischen, hellblonde und schwarze Haare, aber nichts dazwischen, dunkle oder helle Augen, aber nichts dazwischen. Umso beunruhigender war der Umstand, dass des Kommandanten graue Augen weder als hell noch als dunkel bezeichnet werden konnten und somit überhaupt nicht dem Schema gewöhnlicher Dunkelelfen entsprachen.
"Das ist die Frau?", fragte einer der Häscher. "Sie sieht halb tot aus."
"Weil sie halb tot ist, du Narr", knurrte ein anderer. "Sie ist barfuß und ohne wärmenden Mantel den ganzen Weg von ihrem Lager bis hierher marschiert. Ein Wunder, dass sie nicht schon längst erfroren ist."
"Hat sie uns überhaupt bemerkt?", fragte ein dritter Dunkelelf. "Ihr Blick scheint in die Leere zu starren."
"Werden wir jetzt philosophisch, Gairun?", spöttelte der Erste. "Natürlich hat sie uns bemerkt, aber du hast wohl Probleme, selbst solch einfache Fakten zu erkennen."
"Halte deine spitze Zunge zurück", erwiderte derjenige, der Gairun genannt worden war, deutlich erzürnt. "Oder es wird mir ein Vergnügen sein, dich um sie zu erleichtern."
Der Anführer trat vor. Sofort verstummten alle Gespräche. Sogar Elyen wagte es plötzlich nicht mehr, auch nur einen Ton von sich zu geben. Mit einem Mal war es unheimlich still. Sogar die Pferde waren verstummt und schienen angespannt den Atem anzuhalten, die Augen nervös auf den Elfen mit den edlen Gesichtszügen gerichtet. Seine Ausstrahlung war enorm.
Mit seinen kalten, grauen Augen musterte er Elyen und ließ dabei mit nichts erkennen, was er in diesem Moment empfand. Waren es Verachtung, Zorn oder gar Trauer? Selbst wenn er bei ihrem Anblick Liebe oder Begehren empfunden hätte, hätte man es ihm wahrscheinlich nicht angesehen. Schließlich wandte er sich an die beiden Dunklen, die zuvor gestritten hatten.
"Richtet sie auf, damit ich ihr in die Augen sehen kann, wenn ich sie befrage", befahl er mit einer kräftigen Stimme, die das Befehlen definitiv gewohnt war. Ohne ein Wort des Widerspruchs kamen die Dunkelelfen zu ihr und zerrten sie mit ihren blassen, hellen Händen auf die Beine. Als sie jedoch losließen, fiel Elyen kraftlos vor ihnen in den Schnee.
"Ihre Beine sind abgestorben", stellte Gairun fest. "Sie kann nicht stehen."
"Dann haltet sie aufrecht", befahl der Anführer, in dessen Gesicht kurz Verärgerung aufblitzte. Erneut wurde sie von ihren Feinden gepackt und auf ihre leblosen Beine gezerrt, dieses Mal jedoch ließen sie nicht los. Der Befehlshaber der Schar kam näher, bis sein Gesicht so nahe an dem ihren war, dass sie seinen Atem auf der klammen Haut spüren konnte. Warm und zum Glück geruchlos war sein Odem, wobei sie sich nicht sicher war, ob ihre Nase überhaupt noch funktionierte.
"Du bist Elyen." Es war eine Feststellung, keine Frage. Sie wunderte sich, woher er ihren Namen kannte. "Kannst du noch sprechen?"
"Nein", krächzte sie leise, aber er hörte es dennoch.
"Nun gut", sagte er, aber er hätte es genauso gut auch schlecht finden können, das hätte an seinem Gesichtsausdruck und Tonfall vermutlich rein gar nichts geändert. "Mein Name ist Cion, wenngleich das für dich nicht die geringste Rolle spielt, denn du wirst in Bälde tot sein", fuhr er im selben gleichgültigen Ton fort. "Ich bin der Hohe Meister von Aemolin. Du solltest dich geehrt fühlen, mich kennenzulernen."
"Für mich... bist du nur... ein Mörder!", fauchte Elyen ihren Kontrahenten mit zittriger Stimme an. Sie hatte noch nie von ihm gehört. Hoher Meister? Was sollte das überhaupt sein? Und die Stadt Aemolin, von der er sprach, existierte schon seit Jahrhunderten nicht mehr, oder etwa doch? "Steck dir... deinen Titel... sonst wo hin!"
"Ich bin nicht hier, um mir bedeutungslose Vorwürfe aus dem Munde eines halb erfrorenen Weibes anzuhören", meinte Cion ungerührt. "Sag, wo ist der Junge?"
Legil. Sie suchten ihren Sohn. Sicher war er bei dem Überfall auf das Lager gesehen worden, aber nur aus der Ferne. Sie konnten nicht wissen, ob der Säugling ein Junge oder ein Mädchen war. Es sei denn, die hatten schon vor ihren Überfall von ihrem Kind erfahren. Aber von wem? Und warum fragte Cion nun so gezielt nach ihm? Worum ging es hier?
"Welcher... Junge?", fragte Elyen unschuldig, obwohl sie nicht einen Moment glaubte, die Dunklen würden ihr diese Lüge abkaufen. Es ging nur darum, zeit herauszuschinden. "Ich war... allein, nachdem ihr... alle meine Gefährten... getötet habt."
Cions Augen verengten sich zu Schlitzen, als er sie bedrohlich ansah. Es war offensichtlich, dass er ihr kein Wort glaubte, aber er ließ sich nicht provozieren, sondern behielt seine konzentrierte Gelassenheit bei. "Ich schätze es nicht, wenn man mich anlügt", erklärte er leise und drohend. "Wir alle hier wissen, dass das nicht die Wahrheit ist. Ich frage dich noch einmal in aller Höflichkeit: Wo ist der Junge?"
Elyen hatte nicht vor, jemals das Versteck ihres Sohnes preiszugeben. Sollte dieser grauäugige Abschaum von einem Elfen doch so oft fragen, wie es ihm beliebte, das würde nichts an ihrer Antwort ändern. Mit ein wenig Glück starb sie, ehe er ihr Legils Aufenthaltsort entlocken konnte. Das wäre ein Triumph, der ihrer Leiche bestimmt ein Lächeln aufs Gesicht zaubern würde.
"Es gibt keinen... Jungen", beharrte sie stur. Kein Feuer und keinen Mantel würden ihr die Dunkelelfen gewähren. Sie würde schon bald erfrieren. Bis dahin musste sie durchhalten, durfte nichts verraten. Niemals.
Cion zog einen Dolch. Eine schlichte Waffe aus Silberstahl, deren Heft mit schwarzem Leder umwickelt war. Die Klinge war gerade und mörderisch scharf, man musste kein Waffenexperte sein, um das zu erkennen. Elyen schenkte dem Dolch nicht mehr Aufmerksamkeit als dem Schnee, der um sie herum noch immer zu Boden rieselte. Die Feinde wollten ihre Angst sehen, aber sie würde ihnen diesen Wunsch nicht erfüllen.
"Normalerweise bevorzuge ich effektivere Foltergeräte, aber da wir nicht in Aemolin sind, müssen wir mit dieser primitiven Art eines Folterwerkzeugs vorlieb nehmen", verkündete der Anführer. "Für gewöhnlich wird damit begonnen, dem Gefangenen Finger und Zehen abzuschneiden, nur bezweifle ich, dass diese Methode ihre Wirkung bei dir noch entfalten würde. Fangen wir also mit dem Gesicht an. Ich nehme an, deine Augen sind noch nicht erfroren? Ich gebe dir eine letzte Gelegenheit, dir den Schmerz zu ersparen, bevor ich von meinem Dolch Gebrauch machen werde. Wo ist der Junge?"
Sie spuckte ihm ins Gesicht. Angewidert wischte er sich den kalten Speichel von der hellen Haut und säuberte seine behandschuhte Hand an der dunklen Reithose. Doch noch immer zeigte sich keine Regung in seinem Gesicht, er behielt seine ruhige, beinahe teilnahmslose Gelassenheit bei. Lediglich seine Augen sprühten vor Zorn. "Das war höchst unklug."
Der Stich erfolgte so unglaublich schnell, dass Elyen der Schmerz erst ereilte, als Cion den Arm schon wieder von ihrem Gesicht zurückgezogen hatte. Verdutzt starrte sie erst auf das Blut an der Spitze des Stahls, dann begann sie zu schreien. Ihr linkes Auge war eine flammende Hölle. Es war ihr, als würde ihr jemand einen brennenden Scheit ins Antlitz drücken, doch so sehr sie sich auch wand und aufbäumte, die unerwartete und heftige Pein ließ sie nicht mehr los. Kraftlos versuchte sie, ihre Hände zu befreien, um sie sich vors Gesicht zu schlagen, doch die beiden Dunkelelfen lockerten ihren Griff nicht um geringsten. Kalt und unbewegt beobachteten sie Elyen in ihrer Qual und taten nichts.
Warmes Blut lief über ihre Wange und erstarrte auf ihrer Haut, doch strömte unablässig neues aus der Wunde. Schließlich drückte ihr jemand einen dreckigen Stofffetzen gegen das Auge und entlockte ihr damit noch einen Schrei, dennoch war sie froh über die geringe Linderung, die das kalte Tuch brachte.
Cion war noch nicht fertig mit ihr. Dieses Mal stach er nicht zu, sondern schlitzte ihr Gesicht auf, von Links nach Rechts über beide Wangen und die Nase. Auch diese Wunde brannte, doch erreichte der Schmerz nicht annähernd den Grad, den er beim Verlust ihre Auges erreicht hatte. Daher biss sie sich auf die Lippe und schluckte den Schrei hinunter. Noch einmal würde sie ihm diesen Triumph nicht gewähren, sie vor Schmerz kreischen zu hören.
"Nun hast du eine kleine Kostprobe der Schmerzen erhalten, die ich dir zufügen kann, Weib." Der Anführer der Dunkelelfen klang ungeduldig. Bald lässt er seinem Zorn freien Lauf, dann wird er mich umbringen. "Wenn du mir sagst, wo dein Kind ist, erspare ich dir weitere Qualen."
Als würde sie ihm das glauben. Elyen musste zwar zugeben, dass Cion sich meisterlich auf die Kunst des Lügens verstand, aber das änderte nichts daran, dass sie ihm nicht ein Wort abkaufte. Er würde definitiv nicht mit der Folter aufhören, sobald er die Antwort auf seine Frage bekommen hatte. Erst müsste sie ihren Sohn verraten, dann ihre Freunde, schließlich ihr Volk. Cion würde sie zwingen, ihm alles zu erzählen, was sie über ihre Heimat und deren Verteidigung wusste, damit die Dunkelelfen dieses Wissen bei ihrem nächsten Angriff nutzen könnten. Informationen waren die Währung des Schattenkrieges.
"Wo ist der Junge?", fragte der Hohe Meister noch einmal. Er packte ihr Kinn, das Blut ignorierend, das daran herunter lief, und hob ihren Kopf an, sodass sie ihm direkt in die grauen Augen blicken musste. "Wo ist er?"
Dort, wo du ihn niemals finden wirst, Bestie!, wollte sie sagen, um ihn zu provozieren, aber dazu kam es nicht.
"Sie wird es uns nicht verraten", antwortete ein Anderer an ihrer statt. Einer der beiden Bogenschützen. Er trat vor seinen Kommandanten und zog dessen Blick auf sich. Elyen war zu schwach, um ihren Kopf zu dem Mann zu drehen, der gesprochen hatte, doch seine Stimme kam ihr vage bekannt vor. Kurz darauf sprach er noch einmal.
"Zweifellos hatte sie ihren Jungen bei ihrer Flucht dabei, aber wo auch immer er nun steckt, von ihr werden wir den Aufenthaltsort nicht erfahren, Erhabener. Sie ist zu hartnäckig. Nehmt ihr das andere Auge, nehmt ihr die Ohren, schneidet ihre Wangen auf und häutet ihr Gesicht, das wird nichts ändern. So, wie ich sie kenne, wird sie ihn an einem Ort versteckt haben, den sie selbst nicht wiederfindet. Wir verschwenden hier nur unsere Zeit, Erhabener."
Cions Blick wanderte zwischen ihr und dem Schützen hin und her. Diese Stimme... Elyen war sich sicher, dass sie sie kannte. Aber der Mann, dem sie gehörte, war doch tot. Oder etwa nicht?
"Was schlägst du also vor, Kargumil?", fragte Cion, der keineswegs erfreut über die Worte seines Untergebenen war. "Was sollen wir tun?"
Kargumil! Elyen traute den Worten des Dunkelelfen nicht, sie traute ihren Ohren nicht, die die Stimme als die seine erkannt hatten, und sie mochte auch ihrem verbliebenen Auge nicht trauen, als sie nun doch den Blick hob und den Mann erkannte, von dem sie geglaubt hatte, er sei ein Freund. Kargumil, er ist es tatsächlich. Der schweigsame, große, besonnene Kargumil, an dem ich nie gezweifelt habe. Vilia, lass dies einen Traum sein, und lasse mich aus diesem Traum erwachen!
"Sie töten und nach ihrem Sohn suchen", schlug der hochgewachsene Jäger vor. "Das verspricht mehr Erfolg als eure jetzige Strategie, Erhabener."
"Mir erscheint es sinnvoller, sie erst zu verhören, bevor wir mit der Suche beginnen", erwiderte Cion geringschätzig. Er schien nicht viel auf Kargumils Vorschläge zu geben. "Vielleicht kann sie uns wirklich nichts sagen, aber sollen wir wirklich riskieren, dass sie uns wichtige Informationen vorenthält?"
"Und wie sollte das gehen?", wollte Kargumil wissen. "Sie ist halb erfroren und aufgrund eurer Folterkünste halb verblutet. Wie lange, glaubt ihr, wird sie noch am Leben bleiben? Fügt ihr einen weiteren Schnitt zu und sie wird sterben. Sicher habt auch ihr das erkannt, Erhabener."
"Ich gebe zu, ich bin vielleicht etwas brutal mit ihr umgesprungen", gestand Cion. "Nichtsdestotrotz scheint sie mir noch in gutem Zustand zu sein. Zumindest gut genug, um noch eine Weile zu überleben. Aber während wir hier reden, sickert das Leben aus ihr heraus, Kargumil. Willst du dafür verantwortlich sein, dass ich meine Befragung nicht zu Ende bringen konnte?"
"Das liegt nicht in meiner Absicht, Erhabener", beteuerte der Verräter. "Ich dachte lediglich, ich sollte meine Bedenken äußern, sie erschienen mir wichtig."
"Genau da liegt das Problem", erklärte Cion und stieß ihm einen Finger gegen die Brust. "Du denkst zu viel. Überlasse das Denken jenen, die es wahrlich beherrschen, Späher."
Elyen schloss ihr Auge. Der Tod stand mit seiner Sense direkt hinter ihr, das spürte sie, und wartete nur auf den richtigen Moment. Cion hatte Recht. Während die Dunkelelfen über die Weiterführung ihrer Folterung stritten, verließ sie das Leben. Ich gehe, aber mein Sohn bleibt hier. Möge Vilia ihm die Hilfe zuteil werden lassen, die sie mir versagte.
Leider ließ sich der Tod noch ein wenig Zeit. Elyen drehte ihren Kopf zur Seite, als Cion sein blutiges Werk fortsetzen wollte, aber natürlich war das vergebliche Mühe, die Handlung einer Verzweifelten. Von mir wird er nichts mehr hören. Niemals. Der Kommandant hob seinen Dolch, dessen Schneide bereits nicht mehr silbern, sondern rot glänzte. Es erzürnte sie, ihr Blut an der Waffe des Feindes zu sehen, und es erzürnte sie, so wehrlos zu sein. Liebend gerne hätte sie ihm noch einmal ins Gesicht gespuckt, einen blutigen Klumpen Speichel, der rote Spuren auf seinem kalten Antlitz hinterlassen hätte.
"Ich sehe nicht, dass... du das Denken beherrschst, Erbärmlicher", erlaubte sich Elyen zu spotten. Der Mut der Verzweiflung und der von Cion geweckte Zorn gaben ihr einen Teil ihrer Kraft zurück. Außerdem hatte sie nichts mehr zu verlieren außer ihrem Sohn, und der war erst wirklich sicher, wenn sie tot war. Daher wagte Elyen diesen letzten Versuch, ihn in Rage zu bringen, damit er sie ins Jenseits schickte. "Wer hier... ist zum wahren Denken fähig... außer mir? Niemand, so scheint es, denn... ihr seid... Abschaum!"
Cion schlug ihr ins Gesicht, wobei seine Hand mit ihrem Blut getränkt wurde. "Schweig still", befahl er. "Gefangene sprechen nur, wenn ich sie dazu auffordere."
"Verzeih... den Einspruch, aber du hast... mich dazu aufgefordert, Armseliger", widersprach Elyen. Das Blut in ihrem Mund schmeckte nach Kupfer und Salz, eigentlich kein schlechter Geschmack, denn es war ein Anfang, ein erster Schritt auf dem Weg zum endgültigen Tod. Dennoch hätte sie weitaus lieber vom Blut des Dunkelelfen gekostet. "Du stelltest mir... eine Frage, ehe der Verräter unser Gespräch unterbrach. Wenn du... mich fragst, Abscheulicher, solltest... du Kargumil für diese Unverschämtheit... die Zunge nehmen. Er ist ohnehin so schweigsam, da wird es... nicht weiter auffallen."
"Sie redet wirr", warf Kargumil ein, bevor Cion über ihren Vorschlag nachdenken konnte. "Wäre sie noch bei klarem Verstand, würde sie vor Furcht zittern, doch die Kälte hat offenbar sogar ihre Angst einfrieren lassen. Glaubt ihr wirklich, Erhabener, dass ihr noch verwertbares Wissen aus ihr hinaus pressen könnt?"
Cion war nicht überzeugt, das war unschwer zu erkennen. Dennoch schien er kurz über das neueste Argument des Jägers nachzudenken, obwohl Elyen ihm davon abgeraten hatte. Als er die Stirn runzelte, wagte sie erneut zu hoffen.
"Bist du dir vollkommen sicher, dass sie nichts Nützliches weiß?", fragte er schließlich. "Dieses Weib kann noch spotten, warum sollte sie sich also nicht erinnern können?"
"Ich habe bereits gesagt, dass sie ihr Kind wahrscheinlich an einem Ort versteckt hat, den sie selbst nicht wiederfinden kann, Erhabener", erklärte der große Dunkelelf erneut. "Und was gibt es über Iradon zu sagen, was unsere Spione nicht schon längst berichtet haben? Welchen Sinn hat es, immer wieder dieselben Informationen zu erfragen? Ja, Erhabener, ich bin mir sicher, dass sie für uns keinen Zweck mehr erfüllt."
Bedächtig nickte der Kommandant. Schweigend bedeutete er den beiden Kriegern, die sie noch immer aufrecht hielten, sie fallen zu lassen. Mit einem dumpfen Geräusch landete Elyen im Schnee vor dem Baum, an dessen Stamm sie sich sofort wieder erschöpft lehnte. Nun war es also vorbei, Kargumil hatte es beendet, nun würde man sie endlich töten. Sie gab sich nicht der kindischen Illusion hin, der Jäger hätte aus Freundschaft gehandelt. Lediglich Reue mochte im Spiel gewesen sein, doch auch daran hegte sie ernsten Zweifel.
"Also gut, Späher, du hast mich überzeugt", bekannte der grausame Anführer der kleinen Schar, um dessen Mundwinkel ein winziger Hauch von boshafter Belustigung spielte. "Wir ziehen ab."
Wortlos bestiegen die Dunkelelfen ihre Pferde und saßen locker in den Sätteln, während sie darauf warteten, dass auch Cion seinen Platz auf seinem Ross einnahm, einem Rappen, der ebenso boshaft wirkte wie sein Herr. Das Tier beäugte Elyen mit einem Blick, den man nur als unheimlich bezeichnen konnte, viel zu schlau und niederträchtig für ein Pferd.
Als Kargumil ebenfalls aufsteigen wollte, hielt der grauäugige Dunkelelf ihn jedoch zurück. "Du nicht", verbot Cion dem Jäger und reichte ihm seinen Dolch. "Jemand muss es zu Ende bringen. Ich erwarte, meinen Dolch vor Anbruch des Tages wieder in Händen zu halten. Du willst mich doch nicht enttäuschen, Kargumil, oder etwa doch?"
"Nein, Erhabener", piepste Kargumil so ängstlich, wie sie ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Er nahm den Dolch und hielt ihn wie eine Kakerlake, die er so schnell wie möglich loswerden wollte, die sich aber an ihn festgeklammert hatte und nicht willens war, loszulassen.
"Gut", sagte Cion, noch immer so gefühllos und kalkulierend wie zu Beginn. Er stieg in den Sattel und wandte sich an seine anderen Untergebenen. "Wir reiten in östliche Richtung!"
Als die Dunkelelfen fort waren, stand Kargumil allein auf der Hügelkuppe, den Dolch in der Rechten, und starrte auf seine Füße hinunter. Er wagte offenbar nicht, sie anzusehen. Schnee hatte sich auf seinen rabenschwarzen Haaren niedergelassen und auch auf seinen muskelbepackten Schultern, die in diesem Moment so schwach wirkten wie die eines kleinen Kindes. Der Jäger machte keine Anstalten, den Befehl seines Herrn auszuführen.
"Worauf... wartest du?", fragte Elyen. "Beende, was du... angefangen hast, Verräter."
Kargumil blickte auf und sah ihr aus gequälten dunklen Augen ins Gesicht. Von dem einstigen Gefährten, der immer nach der besten Leistung gestrebt hatte und der ein selbstverständlicher Teil ihres Lebens gewesen war, war nichts geblieben. Alles nur Maskerade, alles nur Lug und Trug eines Dunkelelfen.
"Ich wollte das nicht", behauptete der Bogenschütze. Die Verzweiflung in seiner Stimme mutete ziemlich echt an. Entweder war Kargumil ein Meister der Schauspielkunst oder er meinte es aufrichtig. "Es war zu früh..."
"Zu früh?", brauste Elyen auf. "Zu früh? Ach, wann... wolltest du... uns dann den Klingen... deiner Freunde überantworten? In... einem Jahr? In Zwei? Wenn... wenn Legil erwachsen gewesen wäre? Ich... habe dir vertraut! Lianol, Jorugil, Sivilee, wir... haben dir alle... vertraut! Aber du hast... uns betrogen... und belogen... all die Jahre und Jahrzehnte."
"Elyen..."
"Spar dir die Worte!" Sie konnte seine Stimme nicht mehr hören. Die Stimme eines Verräters. Wie konnte ich ihn jemals als Freund bezeichnen? Es war zu früh. "Nun schneid mir endlich... die Kehle durch, falscher Freund, dann... haben wir die Sache hinter uns."
Kargumil trat an sie heran und bückte sich zu ihr herunter, legte ihr den Dolch an den Hals, wollte sich noch einmal rechtfertigen, doch Elyens Blick verbot ihm jegliche Worte. Zumindest hatte er noch den Anstand, zu schweigen und sich elend zu fühlen.
Dann schnitt er der Elfe die Kehle durch.
Würde mich über Feedback sehr freuen! :)

Fine:
Ein schöner Text, in dem guten Stil geschrieben den man mittlerweile von dir gewohnt ist. Es war ein wahrer Lesegenuss, vielen Dank dafür!

Zwei kleine Rechtschreibfehler habe ich gefunden:


--- Zitat von: Azaril am 31. Mär 2016, 18:36 ---Ihre Stute war ein schnelles, kräftiges Pferd aus avalanischer Zucht, und sie hatte ihr Bestes gegeben.
--- Ende Zitat ---


--- Zitat von: Azaril am 31. Mär 2016, 18:36 ---Ihre Gipfel waren spitz, einer davon sah aus wie ein gekrümmter Finger.
--- Ende Zitat ---

Abgesehen davon ist alles fehlerfrei.
Zum Inhaltlichen: Es werden einige Hinweise auf die Welt, die du erschaffst gegeben, aber, wie es einem Prolog angemessen ist, nur "angeteast", was in mir die Frage nach den genaueren Hintergründen weckt - du schaffst es also bereits, deine Welt interessant zu machen und mich in ihren Bann zu ziehen. Die Handlung des Prologs an sich ist auf eine gute Art und Weise linear, man kann ihr sehr gut folgen und sich gut in die Situation hineinversetzten da du detailreich beschreibst, was geschieht, und dabei aber auch Elyens Gefühle, Gedanken und Aktionen aus ihrer Sicht nicht zu kurz kommen lässt.

Sehr gelungen finde ich die Tatsache dass du es bis zu einem gewissen Punkt hin offen lässt, ob Elyen vielleicht doch noch überleben wird. Das erzeugt Spannung. Dass das Kind nicht sterben wird war ab dem Augenblick klar in dem du seinen Namen genannt hast (da du oben darauf hingewiesen hast, wie dein Protagonist heißt). In dem Fall war mir dann klar, dass Legil weder sterben noch von den Dunklen entdeckt werden würde. Dass der Jäger ein Verräter war kam überraschend, auch wenn man an seinen ersten Sätzen schon erahnen konnte, dass er nicht ganz so böse ist wie er in jenem Moment erschien.

Der Text macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Es wäre interessant zu erfahren, wie die Reaktion der Verlage an die du dich wenden möchtest, ausfällt. Ich persönlich würde mir das Buch wohl zulegen :)

Eine inhaltliche Frage stellt sich mir noch: Wenn Elynes Pferd vor Erschöpfung stirbt, müssten dann nicht auch die Pferde ihrer Verfolger ähnliche Probleme haben?

Azaril:
Vielen Dank für das positive Feedback, Fine! :)


--- Zitat von: Fine am  1. Apr 2016, 09:47 ---Sehr gelungen finde ich die Tatsache dass du es bis zu einem gewissen Punkt hin offen lässt, ob Elyen vielleicht doch noch überleben wird. Das erzeugt Spannung. Dass das Kind nicht sterben wird war ab dem Augenblick klar in dem du seinen Namen genannt hast (da du oben darauf hingewiesen hast, wie dein Protagonist heißt). In dem Fall war mir dann klar, dass Legil weder sterben noch von den Dunklen entdeckt werden würde. Dass der Jäger ein Verräter war kam überraschend, auch wenn man an seinen ersten Sätzen schon erahnen konnte, dass er nicht ganz so böse ist wie er in jenem Moment erschien.

--- Ende Zitat ---
Ob Elyen sterben wird oder nicht, ist eine der Fragen, auf die sich der Prolog stützt, und die ich so lange wie möglich offen halten wollte, um die Spannung zu erhalten. Wenn mir das also gelungen ist, kann ich zufrieden sein. :)
Gut, dass du das mit dem "böse" ansprichst, denn du hast recht, der Verräter ist in diesem Fall tatsächlich nicht grundweg böse. Ich persönlich schrecke oftmals vor den Begriffen gut und böse zurück und versuche, in meinen Geschichten niemanden so darzustellen, dass er einzig und allein eine dieser Extremen verkörpert. Das Leben ist immerhin nicht Schwarz und Weiß, sondern besteht aus hunderten verschiedenen Grautönen. ;)


--- Zitat von: Fine am  1. Apr 2016, 09:47 ---Der Text macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Es wäre interessant zu erfahren, wie die Reaktion der Verlage an die du dich wenden möchtest, ausfällt. Ich persönlich würde mir das Buch wohl zulegen :)

--- Ende Zitat ---
Schön, dann habe ich ja schon einen Käufer! xD Mal abgesehen von den ganzen Familienmitgliedern, die mir einen Kauf schon zugesichert haben. Aber jetzt muss ich erstmal abwarten, ob ich überhaupt eine Antwort von einem der Verlage bekomme.


--- Zitat von: Fine am  1. Apr 2016, 09:47 ---Eine inhaltliche Frage stellt sich mir noch: Wenn Elynes Pferd vor Erschöpfung stirbt, müssten dann nicht auch die Pferde ihrer Verfolger ähnliche Probleme haben?

--- Ende Zitat ---
Naja, ich dachte mir das so, dass sie ihr Pferd eben durchgehend zu einem rasenden Galopp antreibt, weil sie ja Angst hat und unbedingt entkommen will, und dadurch reitet sie das Tier im Grunde zu Tode. Die Dunkelelfen dagegen müssen lediglich der deutlichen Spur im tiefen Schnee folgen, und sind, nachdem Elyen zu Fuß weitergeht, ohnehin schneller, auch ohne zu galoppieren. Natürlich können sie nicht wissen, dass Elyens Pferd irgendwann stirbt, aber das Tal, in das Elyen geritten ist, war ja auch so etwas wie eine Sackgasse und außerdem war den Dunklen natürlich klar, dass ihre Beute nicht für immer ein hohes Tempo beibehalten kann.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Dunkelelfen hatten es einfach nicht nötig, ihre Pferde so sehr anzutreiben, dass diese dem Tode nahe kamen. Sie konnten sich gewissermaßen Zeit lassen.

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