Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Weit-Harad

In der Nähe von Ain Salah

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Fine:
Narissa, Valion, Edrahil, Qúsay, Valirë, Erchirion, Dírar und Beregond mit dem Heer des Malikats von der Mehu-Wüste


Valion hatte sich nach dem Gespräch mit seinem Onkel direkt auf die Suche nach Edrahil gemacht, um ihm die Neuigkeiten zu berichten, doch es war ihm nicht gelungen, den Herrn der Spione rechtzeitig vor dem Abmarsch der Malikats-Streitmacht zu finden. Erst als sich das Heer der freien Haradrim bereits in Bewegung gesetzt hatte, erfuhr Valion von seiner Zwillingsschwester, dass Edrahil sich in der Gesellschaft des Fürsten Qúsay befand, der an der Spitze der Armee ritt, wohl um einige Pläne zu besprechen.
Dann wird Onkel Tórdurs Nachricht eben warten müssen, dachte sich Valion, während er sich den übrigen Gondorern bei der Nachhut anschloss. Er konnte sich zwar denken, was Edrahil davon halten würde, die Überbringung wichtiger Neuigkeiten auf später zu verschieben, doch Valion war ebenso klar, dass er den Alten nicht bei seiner "Arbeit" stören sollte.

Da sie nun als Teil einer großen Streitmacht ritten, die zu zwei Dritteln aus Fußsoldaten bestand, ließen Valion und Narissa ihre Pferde im Schritttempo gehen und konnten sich ein wenig unterhalten, während sie entlang einer staubigen Straße langsam in etwas weniger öde Gefilde kamen. Sie hatten nun die Mehu-Wüste hinter sich gelassen und näherten sich den Umlanden der Stadt Ain Salah. Hier und da sahen sie kleinere Zeltsiedlungen oder Gehöfte in der Ferne, denn das Land war hier nicht mehr so trocken, dass sich nichts anbauen ließe. Dennoch war es warm - sehr warm. Die Sonne blickte von einem wolkenlosen Himmel auf die Streitmacht herab, und obwohl der Winter Harad noch immer fest im Griff hatte, war es hier im Süden dennoch deutlich wärmer als in Gondor.
"Hier kennt man wohl keinen Schnee, was?" fragte Valion seine Reisegefährtin.
Narissa schüttelte den Kopf. "Ich habe bis ich in Rohan gewesen bin gar nicht gewusst, wie Schnee überhaupt aussieht," erzählte sie. "Auch auf der Weißen Insel wird es nie so kalt wie in den Ländern im Norden. Dennoch kann man in der Wüste durchaus frieren, wenn es Nacht wird..."
"Ja, das hab' ich gemerkt," sagte Valion und erinnerte sich an ihren Ritt von Tol Thelyn durch die Einöde. "Aber mal eine andere Sache... was kannst du mir über diese Stadt erzählen, gegen die das Heer nun zieht?"
"Ain Salah?" Narissa zog die Brauen ein wenig zusammen, und Valion hätte schwören können, dass für einen Sekundenbruchteil ein Schatten über ihr Gesicht gezogen war. "Ach, es... ist im Grunde genommen eine Stadt wie es viele in Harad gibt," sagte die Weißhaarige dann leichthin. "Sie besitzt einfache Wälle aus Lehm und Stein und wird von einer Mischung aus vielerlei Stämmen bewohnt. Ain Salah lebt vom Handel, denn es ist ein wichtiger Wegpunkt zwischen den Reichen im Osten und denen auf der Westseite Harads."
Valion nickte verstehend, doch ehe er Narissa weitere Fragen stellen konnte, gerieten die Soldaten vor ihnen in sichtliche Unruhe. "Was ist da denn los?" wunderte sich Valion.
Erchirion und Valirë, die ein Stück hinter ihnen geritten waren, schlossen zu Narissa und Valion auf. "Irgendetwas scheint an der Spitze des Heeres zu geschehen," sagte Erchirion. "Lasst uns einen Bogen um die Marschkolonne schlagen, sie überholen und nachsehen."

Sie brauchten eine Weile, um die große Zahl von Kriegern alle hinter sich zu lassen, doch noch ehe sie ganz an der Spitze angekommen waren, sahen sie schon, was den Aufruhr verursacht hatte. Am Horizont erhob sich eine Staubwolke, ganz ähnlich derer, die das Heer der freien Haradrim verursachte. Eine zweite Streitmacht näherte sich ihnen und stellte sich ihnen in den Weg. Und als Valion die vorderste Reihe der Krieger hinter sich gelassen hatte, sah er die roten Banner, auf denen die schwarze Schlange Sûladans prangte. Ein Heer der saurontreuen Haradrim war ihnen aus Ain Salah entgegengekommen, um Qúsays Krieger zur Schlacht zu stellen.
Erneut kam Bewegung in die Reihen der freien Haradrim, als Qúsay und seine untergebenen Kommandanten die Streitmacht hastig in eine grobe Schlachtordnung brachten. Die Gondorer sammelten sich ein wenig abseits, bis ihnen von einem reitenden Boten ein Platz an der rechten Flanke der Schlachtordnung zugewiesen wurde.
"Ich werde das Spektakel aus sicherer Entfernung beobachten," sagte Edrahil, der nun kurzzeitig wieder zu ihnen gestoßen war. Er deutete auf einen nahe gelegenen Hügel. "Von dort sollte ich den Schlachtverlauf gut im Blick behalten können."
"Und ich komme ebenfalls mit," beschloss Narissa. "Große Schlachten sind nichts für mich - die eine, die ich in Kerma erlebt habe, hat mir schon gereicht. Ich gehe mit Edrahil und sorge dafür, dass kein Feind ihm zu nahe kommt."
Erchirion wollte es dabei nicht belassen, und gab den beiden eine zehnköpfige Eskorte mit, wodurch sich die Anzahl der an der Schlacht teilnehmenden Gondorer auf nurmehr ein Dutzend reduzierte.
"Endlich kommt etwas Bewegung in diesen Krieg," sagte Valirë und zog ihr langes Elbenschwert. Gekonnt ließ sie die Klinge hinter dem Rücken kreisen, dann schleuderte sie die Waffe in die Luft und fing sie lässig mit einer Hand auf.
Auch Erchirion und Valion zogen ihre Waffen. Der Prinz trug eine Rüstung, Valion musste allerdings mit seiner festen, ledernen Reisekleidung Vorlieb nehmen, denn seine eigene Rüstung war in Dol Amroth geblieben. Immerhin hatte er daran gedacht, sich von einem der Quartiermeister ein Kettenhemd zu leihen, weshalb er nicht allzu defensiv würde kämpfen müssen - das war ohnehin nicht sein Stil. In jeder Hand ein Schwert haltend nahm er seinen Platz in der Schlachtreihe ein. Nominell besaß Erchirion das Kommando über den gondorischen Trupp, doch Valion wusste, dass der Prinz selbst nur wenige Schlachten miterlebt hatte. Und das Dutzend Gondorer war zwar kampferprobt, aber als Einheit zu klein, um wirklich von taktischer Bedeutung zu sein. Sie würden versuchen, alle Feinde zu besiegen, die sich ihnen entgegenstellten; mehr Strategie hatte Valion nicht im Sinne.

Qúsays Heer besaß mehrere Signalgeber, die sich großer, aus den Stoßzähnen der mächtigen Mûmakîl gefertiger Hörner bedienten, um die Befehle des Heerführers an seine Krieger weiterzugeben. Ein Soldat, der sich neben Valion eingereiht hatte, und sich knapp als Beregond vorstellte, erklärte Valion hilfreich die einzelnen Signale, die die freien Haradrim verwendeten. Beregond hatte an den Schlachten um Ain Séfra und Umbar teilgenommen und kannte daher Qúsays Vorgehensweise.
"Sobald alles auf Position ist, halten wir unsere Stellung, so lange wir kein Signal hören. Ein einzelner Hornstoß ist das Signal zum Vorrücken, zwei Hornstöße signalisieren den Befehl zum Rückzug."
"Und was passiert bei drei Horntönen?"
"Das bedeutet, dass sich das Zentrum ein wenig zurückfallen lassen soll, die Flanken aber vorrücken und um jeden Preis angreifen sollen, um den Feind in der Mitte in die Zange zu nehmen," sagte Beregond. Er trug Schwert und Schild, und deutete auf die nahende feindliche Armee, die keine zweihundert Meter mehr entfernt war, aber zum Stehen gekommen war. Beregond hob den Schild über den Kopf, als er sah, wie die meisten Haradrim ihre Schilde bereits angehoben hatten. "In Deckung," fügte der Gondorer noch hinzu, dann prallte bereits der erste Pfeil gegen seinen Schild.
Valion blieb nichts anderes übrig, als sich zu Boden zu werfen und sich so klein wie möglich zu machen. Mit einem Pfeilhagel vor Beginn der Schlacht hatte er nicht gerechnet, und er hatte keinen Schild, um sich zu schützen. Rings um ihn prasselten die Pfeile auf das Heer Qúsays ein, welches den Beschuss aus den hinteren Reihen, wo die Bogenschützen standen, längst erwidert hatte. Valion, der noch immer auf dem Boden kauerte, spürte, wie die Erde erbebte, als seine Position von rechts von Qúsays Kamelreitern überholt wurde, die gegen die feindliche Kavallerie ausritten. Ein Pfeil erwischte Valion an der Schulter, blieb jedoch zwischen den Kettengliedern hängen und piekste ihn so nur ein wenig. Dann hörte der Beschuss glücklicherweise auf, und ein lauter Hornstoß war zu hören.
"Auf geht's!" brüllte Valirë, die den Pfeilhagel offenbar hinter Erchirions breitem Schild schadlos überstanden hatte. Valion sprang auf die Beine, und marschierte gemeinsam mit den übrigen Gondorern los. Er sah, wie sich die feindlichen Reihen noch nicht rührten, wohl waren sie von dem plötzlichen Vormarsch der freien Haradrim etwas überrascht worden. Valion fragte sich noch, ob es in den Schlachten in Harad üblich war, zunächst eine lange Zeit Pfeilbeschuss auszutauschen und ob es zu Qúsays Strategie gehörte, mit dieser Tradition zu brechen, als wie auf ein unsichtbares Zeichen hin alle verbündeten Krieger in einen Laufschritt verfielen, die Waffen erhoben, und die letzten fünfzig Meter bis zum Feind in einem gewaltigen Ansturm überwanden. Dann prallten die Schlachtreihen in einem gewaltigen Getöse aufeinander.

Valions erster Gegner war ein Speerträger, dessen Waffe er mit einem schnellen Schwerthieb kurzerhand halbierte, um danach mit dem zweiten Schwert die ungeschützte Stelle am Hals des Kriegers zu durchbohren. Ein schneller Tritt ließ den tödlich Verletzten beiseite kippen. Hinter Valion drängten weitere Gondorer nach vorne, die meisten kämpften mit Schwert und Schild, einige verwendeten ebenfalls Speere, die jedoch im Gegensatz zu den einfacheren Waffen aus Harad vollständig aus Metall gefertigt waren, und hohl waren, damit sie nicht zu schwer wurden. Ein solcher Speer flog an Valion vorbei und bohrte sich mitten durch die Brust eines weiteren Gegners. Valion sprang vor und riss die Waffe heraus, dann reichte er sie dem nachrückenden Krieger, der den Speer ursprünglich geworfen hatte. Als Valion sich umblickte, entdeckte er Beregond, der von zwei säbelschwingenden Haradrim bedrängt wurde, und griff in den Kampf ein. Aus der Drehung heraus hieb er dem einen Krieger den Kopf ab, der zweite fand sein Ende durch Beregonds gut gezielten Schwertstoß in den Hals.
Die erste Wucht des Ansturms, die die gesamte Flanke, zu der die Gondorer gehörten, ein tiefes Stück in die feindlichen Schlachtreihen hatte eindringen lassen, war mittlerweile verflogen. Die feindlichen Truppen hatten sich von dem Schock erholt und kämpften verbissen um jeden Meter. Allerdings hatte Valion mehr und mehr den Eindruck, dass sich die freien Haradrim hier leicht in der Überzahl befanden. Dennoch war es ein harter Kampf, und im Laufe der Schlacht erlitt Valion mehrere kleinere Schnitte an Stellen, wo ihn das Kettenhemd nicht schützte. Einmal wurde er von einem heftigen Schildhieb zu Boden geworfen, und von seiner Schwester gerettet, die mit wirbelnder Klinge genug Raum schuf, dass Valion aufstehen und seine Stellung halten konnte. Valirë war für die meisten Haradrim ein sichtlich unerwarteter Eindruck. Ihr langer Zopf fegte wie eine Peitsche hin und her, während sie flink von einem Feind zum nächsten rauschte. Das lange Elbenschwert gab ihr genügend Reichweite, um ihre Feinde auf Abstand zu halten, und der Fakt, dass eine Frau solche Kampfeslust an den Tag legte, verschaffte ihr immer wieder genug Verblüffung ihrer Feinde, dass sie deren kurzes Zögern auf tödliche Art und Weise nutzen konnte. Dies war der Vorteil daran, gegen Menschen zu kämpfen. In der Schlacht auf dem Pelennor waren die Zwillinge nur Orks gegenüber gestanden, die keinen Unterschied zwischen ihren Feinden oder Opfern machten.
Nach ungefähr einer Stunde waren die Schlachtreihen an der rechten Flanke, wo Valion stand, so ineinander verkeilt, dass niemand mehr vorwärts kam. Valion hatte viele Gegner getötet, aber noch immer hielten die feindlichen Reihen stand. Doch dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Aus der Ferne trug der Wind über den Schlachtenlärm drei klare Hornstöße zu ihnen herüber, und beinahe im selben Moment sah Valion, wie die feindliche Ordnung sich aufzulösen begann, und die geordneten Reihen ins Chaos gerieten. Später erfuhr er den Grund dafür: Die Kamelreiter hatten die feindliche Reiterei in die Flucht geschlagen und war nun in einem wilden Ansturm in den Rücken der gegnerischen Flanke gekracht. So eingekeilt zwischen den Gondorern, den freiharadischen Fusssoldaten und der Kavallerie im Rücken begann die Moral der Saurontreuen zu bröckeln. Und Qúsays Krieger hatten eine klare Anweisung erhalten: Vorrücken, um jeden Preis, und dann ins Zentrum schwenken. Schlachtrufe wurden gebrüllt, Banner in die Luft gereckt, und ein jeder warf sich, die letzten Kraftreserven mobilisierend, noch einmal ins Gefecht. Auch Valion und Valirë packten ihre Waffen und schlugen sich ihren Weg durch die sich auflösende feindliche Schlachtordnung frei, bis der feindliche Flügel sich bald darauf vollständig in die Flucht schlagen ließ.

Das Zusammenbrechen der Flanke markierte das Ende der Schlacht bei Ain Salah. Eine große Panik breitete sich im feindlichen Heer aus, als der rechte Flügel der freien Haradrim und Gondorer das Zentrum flankierte und sich auch die bewährten Kamelreiter erneut in die Schlacht stürzten. Als sich das Feindheer in Richtung Osten zurückzuziehen begann, waren wieder Hornstöße zu hören, diesmal waren es zwei.
"Qúsay will von einer Verfolgung der Fliehenden absehen," bemerkte Beregond, der sich schwer auf seinen Schild stützte. Er war unverletzt geblieben, aber ziemlich außer Atem.
"Vielleicht hofft er, dass die Stadt sich dank dieser Milde leichter einnehmen lassen wird," überlegte Valion.
"Ich schätze, wir werden es sehen, wenn wir dort sind," sagte Beregond.
Valion sah nach seiner Schwester, die drauf und dran gewesen war, die Verfolgung entgegen der Befehle ganz alleine aufzunehmen, und von Erchirion gerade noch daran gehindert worden war. Sie hatte ein Stück ihres Zopfes verloren und trampelte gerade auf der Leiche desjenigen herum, der offenbar daran Schuld war.
"Sieht ganz so aus, als hätte unser guter alter Edrahil die Schlacht schadlos überstanden," merkte Erchirion mit einem angestrengten Grinsen an, und deutete in Richtung des Hügels.
Als Valion hinsah, nickte er zustimmend, denn von Ferne sah er Reiter unter dem Banner Gondors herankommen, und deutlich konnte er Narissas weißes Haar daneben hervorleuchten sehen...

Eandril:
"Das sieht doch gar nicht so schlecht aus", meinte Narissa, während sie auf die ineinander verkeilten Heere hinunterblickte. Sie verstand nicht allzu viel von Strategie und Taktik - jedenfalls nicht in einem solchen Ausmaß - doch Qúsays Truppen waren denen des Gegners sichtlich überlegen.
Edrahil, der sich neben ihr auf einem toten Baumstamm niedergelassen hatte, nickte langsam, die Hände auf seinen Gehstock gestützt. "Wenn es unserer Reiterei gelingt, ihnen in den Rücken zu fallen, sieht es schlecht für sie aus. Ich schätze, dass Qúsay genau das vorhat."
Narissa zog mit der Stiefelspitze Kreise in den staubigen Boden. Sie war froh, nicht dort unten auf dem Schlachtfeld sein zu müssen, obwohl sie sonst nicht vor einem Kampf zurückschreckte. Doch eine Schlacht war etwas anderes. Man war Teil einer Masse und kaum ein Krieger konnte hoffen, entscheidenden Einfluss auf den Ausgang des Kampfes zu haben. Sie schüttelte den Kopf, wandte sich vom Schlachtfeld ab und blickte stattdessen Edrahil an. Der Alte wirkte äußerlich so entspannt, als säße er irgendwo im Garten des Palastes von Dol Amroth bei einem Glas Wein, nicht auf einem staubigen Hügel kaum eine Meile von einem Schlachtfeld entfernt.
"Du hast wenig zu meinem Bericht zu sagen gehabt", sagte sie schließlich, und Edrahil wandte ihr langsam den Kopf zu.
"Was gab es dazu zu sagen? Der Plan ist aufgegangen und ihr habt euren Auftrag ausgeführt."
Narissa ließ sich neben ihm auf den toten, von der Sonne gebleichten Baumstamm fallen. "Ich weiß nicht. Ein 'Gut gemacht' wäre doch nett gewesen."
"Weder du noch Aerien sind Kinder, die Lob benötigen", gab Edrahil zurück, und seufzte. "Aber... ich bin sehr zufrieden. Euer Auftrag war schwierig, manche würden sagen, gar unmöglich. Um ehrlich zu sein, habe ich euren Erfolg für nicht allzu wahrscheinlich gehalten. Und trotzdem wart ihr erfolgreich, also wenn es dir etwas bedeutet: Gut gemacht." Narissa musste lachen. "Das hat offenbar Überwindung gekostet."
Edrahil ging nicht weiter auf ihre Worte ein, sondern sagte stattdessen: "Ich frage mich allerdings, wie es kommt, dass Valion vom Ethir dich nach Harad begleitet hat - und nicht Aerien." Er warf ihr einen durchdringenden Blick, dem Narissa rasch auswich, zu.
"Sie... wollte Gondor nicht schon wieder verlassen", erklärte sie, den Blick auf ihre Stiefelspitzen gerichtet. "Und Aragorn - der König, sollte ich wohl sagen - hielt es für sinnvoller, dass sie in Gondor bleibt. Offenbar irgendein Gefühl."
"Ich halte es nicht für besonders klug, euch zu trennen. Gemeinsam habt ihr das scheinbar Unmögliche möglich gemacht, doch alleine... nun, wir werden sehen. Und das ist der einzige Grund?" Mit seinen letzten Worten hatte Edrahil einen wunden Punkt getroffen, denn Narissa hatte das Gefühl, dass der Schatten von Aeriens Mutter noch immer zwischen ihnen stand.
"Selbst wenn es nicht der einzige Grund wäre", gab sie zurück. "Du wärst nicht meine erste Wahl über Beziehungsprobleme zu sprechen, Edrahil. Es wundert mich, dass es dich überhaupt interessiert."
Edrahils steinerner Gesichtsausdruck veränderte sich kein bisschen als er antwortete: "Mich interessiert der Gemütszustand meiner... Agenten, um ihre Einsatzfähigkeit einschätzen zu können. Weiter nichts."
Narissa schnaubte verächtlich und kickte einen kleinen Stein von der Hügelkuppe den Abhang hinunter. "Wenn es das ist: Ich bin so einsatzfähig wie gewohnt."
"Gut." Edrahil erhob sich ein wenig mühsam, und deutete auf das Schlachtfeld hinab. "Vielleicht ist das bald von Nöten." Narissa folgte seinem Blick und erkannte, das genau das eingetreten war, was Edrahil vermutet hatte: Qúsays Reiterei hatte es geschafft, die gegnerische Kavallerie aufzureiben, und war den Fußsoldaten in den Rücken gefallen. Gerade in diesem Augenblick begannen sich die Reihen des Feindes aufzulösen, und vom Schlachtfeld wehten drei klare Hornstöße heran.
Narissa sprang ebenfalls auf die Füße. "Na also. Ich hoffe, Valion und seine Schwester haben die Schlacht gut überstanden."
"Das hoffe ich allerdings auch", bemerkte Edrahil trocken. "In einer so unbedeutenden Schlacht zu fallen wäre ein unwürdiges Ende für Valion und Valirë vom Ethir."

In der Zeit, in der Narissa und Edrahil ihre Pferde bestiegen hatten, hatten sich die feindlichen Schlachtreihen beinahe vollständig aufgelöst, und als sie sich dem Schlachtfeld näherten ertönten zwei weitere Hornstöße. Das feindliche Heer zog sich rasch und ungeordnet in östlicher Richtung gen Ain Salah zurück, während das Heer des Malikats offenbar darauf verzichtete, die Verfolgung aufzunehmen.
Nur kurze Zeit später erreichte die kleine Truppe die Stelle, an der Prinz Erchirion und seine Gondorer sich in der Schlachtaufstellung befunden hatten - Narissa, die beschlossen hatte ihre Leibwächter ein wenig hinter sich zu lassen an erster Stelle. Als sie Grauwind zügelte stellte sie überrascht fest, dass Edrahil sich nur knapp hinter ihr befand, und ihre Leibwache erst allmählich aufschloss.
"Ich hätte nicht gedacht, dass du so ein guter Reiter bist", bemerkte sie widerwillig anerkennend, während Edrahil mit einem Ächzen vom Pferd stieg. "In letzter Zeit konnte ich einige Erfahrung sammeln", gab er zurück, und blickte dann zu Erchirion, der gerade einen prüfenden Blick über seine Männer schweifen lies.
"Verluste?"
"Einer gefallen, der Rest teilweise leicht verwundet", gab der Prinz zurück. Er selbst hatte offenbar eine Wunde an der Schulter davon getragen und dort färbte sich der Stoff unter seinem Kettenhemd rötlich. Es schien allerdings nicht besonders ernst zu sein.
"Ich hätte nicht gedacht, dass Qúsay sie einfach so davonkommen lässt", merkte Valirë an. Sie versetzte dem Leichnam eines der feindlichen Haradrim einen Tritt, und zeigte mit der freien Hand das ausgefranste Ende ihres Zopfes vor. "Nicht, nachdem sie mir eine so schlimme Wunde zugefügt haben."
Narissa musste grinsen. Sie hatte noch nicht viel Gelegenheit gehabt, Valirë kennenzulernen, doch selbst ohne die äußerliche Ähnlichkeit wäre sie sehr offensichtlich Valions Schwester gewesen. Valion machte eine Kopfbewegung in Richtung der flüchteten Armee. "Wenn wir die Pferde nehmen, können wir sie sicher einholen und du kannst deine Haarpracht rächen, Schwesterchen."
Edrahil beachtete die beiden nicht, und wandte sich stattdessen an Erchirion. "Ich nehme an, dass Qúsay euch so bald wie möglich sprechen wollen wird - und mich auch."
Erchirion sah an seiner blutbespritzten Rüstung hinunter. "Kein sonderlich angemessener Aufzug, aber vielleicht ist er zufrieden zu sehen, dass ich nun schon das zweite Mal Blut für ihn vergossen habe. Ich komme."
Einer der Männer, die Edrahil und Narissa begleitet hatten, überließ dem Prinzen sein Pferd, und nur wenig später waren sie in der Menge des siegreichen Heeres verschwunden.
Valion schüttelte den Kopf. "Ich komme einfach nicht dazu, ihm zu sagen, was mein Onkel mir erzählt hat", sagte er, während er seine blutigen Klingen kurzerhand an der Kleidung eines gefallenen Gegners abwischte. "Und am Ende darf ich mir wieder die Vorwürfe deswegen anhören."
"Und mein Verlobter lässt mich einfach mitten auf einem Schlachtfeld stehen um sich der Politik zu widmen", ergänzte Valirë. "Besonders ritterlich ist das nicht."
"Machst du dir viel aus Ritterlichkeit?", fragte Narissa, die inzwischen abgesessen war, und tätschelte Grauwinds Hals. Valirë grinste. "Kein bisschen. Aber er könnte es doch wenigstens versuchen, oder?"
"Vielleicht hat er sich einfach daran erinnert, dass du vollkommen freiwillig hier bist", sagte Valion wie zu sich selbst, und stieß mit einem Ruck seine Klingen in die Scheiden zurück. "Glaubt ihr, wir finden irgendwo im Lager etwas zu trinken? Schlachten machen durstig."

Eandril:
"Ihr scheint die Schlacht unbeschadet überstanden zu haben. Meinen Glückwunsch", begrüßte Edrahil Qúsay, der auf einer niedrigen Erhöhung stand und das Schlachtfeld überblickte. Die ersten Geier kreisten bereits, doch die Menschen, die noch nach Verwundeten und Beute suchten, schienen sie abzuschrecken. Schon bald würden sie sich allerdings zu ihrer Mahlzeit niederlassen.
Der Malik fixierte Edrahil mit einem durchdringenden Blick aus seinem dunklen Auge. "Bei euch kann man sich nie sicher sein, ob etwas ein Kompliment oder eine Beleidigung war."
Edrahil glitt vom Pferderücken hinunter, und benötigte einen Augenblick, sein Gleichgewicht wiederzufinden, als sein linkes Bein unter seinem Gewicht nachzugeben drohte. "Der Menge an Blut auf eurer Rüstung nach zu urteilen, habt ihr euch den Kämpfen keineswegs ferngehalten", erwiderte er schließlich. "Es war also nicht als versteckte Beleidigung gemeint."
Qúsay nickte nur stumm, und wandte sich an Erchirion. "Ich danke euch für eure Unterstützung in dieser Schlacht, Prinz. Sie hat einmal mehr gezeigt, was wir erreichen können, wenn unsere Völker zusammenstehen."
"Nun ja", meinte Erchirion, und fuhr sich mit der Hand durch die noch immer schweißfeuchten Haare. "Ich glaube nicht, dass meine Männer der Schlacht eine entscheidende Wendung gegeben haben. Dennoch... ich stimme zu. Nur gemeinsam werden wir dem Schatten im Norden die Stirn bieten können."
Edrahil unterdrückte ein Lächeln über Erchirions meisterhafte Andeutung. Qúsay verzog ebenfalls keine Miene, sondern neigte leicht den Kopf. "Es wird mir eine Freude sein, eure Hilfe schon bald zu vergelten. Sobald meine Stellung hier gesichert ist - und Suladân tot ist."
"Dazu hätte ich etwas zu sagen", ergriff Edrahil das Wort. "Erinnert ihr euch an eine junge Frau namens Narissa? Ich habe sie einst von Umbar aus nach Aín Sefra geschickt, und bei dieser Gelegenheit hat sie euch einen uralten Treueid geschworen, wenn ich mich recht erinnere..."
Qúsays Miene, die zunächst verständnislos gewesen war, hellte sich bei seinen letzten Worten ein wenig auf. "Allerdings erinnere ich mich. Sie erzählte mir Suladân wäre ihr Vater?"
"Vollkommen richtig", bestätigte Edrahil. "Allerdings tut man gut daran, diese Tatsache ihr gegenüber nicht allzu häufig zu erwähnen. Sie hat hier in Harad und in Mordor selbst große Taten geleistet, und..."
Qúsay unterbrach ihn. "Mordor?"
"Sie ging nach Mordor um den König von Gondor aus der Gefangenschaft zu befreien - erfolgreich", fasste Edrahil kurz zusammen. "Wie dem auch sei, ihre Fähigkeiten und ihre persönliche Verbindung mit Suladân könnten dabei helfen, euren Krieg schneller unblutiger zu beenden als wenn ihr Qafsah am Ende mit Gewalt einnehmen müsstet."
"Durch Mord", stellte Qúsay, der offenbar schnell begriffen hatte, fest, und verzog ein wenig das Gesicht. "Nicht besonders ehrenhaft."
"Nun, wenn Ehre den Tod tausender auf dem Schlachtfeld wert ist..." Neben Edrahil zuckte Erchirion spürbar zusammen. "Ich denke jedoch, dass wir im kommenden Krieg gegen den Schatten jeden einzelnen Krieger brauchen können."
"Der Gedanke gefällt mir nicht sonderlich", gab Qúsay zurück, offenbar nicht beleidigt - zumindest zeigte er es nicht offen. "Doch ich werde darüber nachdenken, denn eure Worte sind nicht einfach abzuweisen. Ich..."
Er brach ab, als sein Blick auf drei Reiter fiel, die in raschem Tempo über das Schlachtfeld herankamen.

Bei näherem Hinsehen stellte sich der vorderste der Reiter als Dírar heraus, der von zwei Soldaten mit dem Wappen des Malikats begleitet wurde. Er sprang in einer flüssigen Bewegung von seinem schnaubenden Pferd, und verneigte sich tief vor Qúsay. "Der Rat von Ain Salah hat Vertreter gesandt um mit euch zu verhandeln, Malik", sagte er dann förmlich. "Sie bitten darum, euch treffen zu dürfen."
Qúsay zog eine Augenbraue in die Höhe. "Noch auf dem Schlachtfeld? Sie müssen wirklich beeindruckt sein. Lasst sie kommen."
Es dauerte nicht lange, bis die Vertreter der Stadt herbeigekommen waren - drei Männer in wertvollen Seideroben, einer sehr dick und kurzatmig, einer alt und ohne ein einziges Haar auf dem Kopf und jünger und schlanker als die anderen. Trotz seiner Jugend schien der letzte der Anführer der Gruppe zu sein.
"Ihr steht vor Qúsay bin Nazir bin Qasim al Qahtani-Qasatamiyun, Scheich der Qahtan, Fürst von Umbar und Malik der Haradrim", sagte Dírar, der sich zu Qúsays rechter postiert hatte, mit klarer Stimme. "Was habt ihr zu sagen?"
Alle drei Männer verneigten sich, die beiden älteren mit sichtlicher Mühe. "Im Namen der großen und mächtigen Stadt Ain Salah bitten wir um Verhandlungen mit dem Malik Qúsay", antwortete der jüngste, und bestätigte damit Edrahils Vermutung. "Mein Name ist Yukrid al-Yazath, und ich spreche im Namen unseres Rates."
"Ich erkenne euch als Vertreter der Stadt an, und auch eure Bitte um Verhandlung", erwiderte Qúsay. Edrahil, der wie Erchirion ein wenig abseits stand, kam nicht umhin den Kontrast zwischen den Vertretern der Stadt in ihren Seidenroben auf der einen Seite und Qúsay in seiner noch immer blutbespritzten Rüstung auf der anderen zu bemerken. Er respektierte den Mut dieser drei Männer, sich direkt nach der Schlacht mitten ins feindliche Heer zu begeben - wenn Qúsay beschloss, gegenüber Ain Salah keine Gnade zu zeigen, wäre ihr Leben als erstes verwirkt.
"Wir... haben uns von den Worten des Sultans von Qafsah und seiner Diener in die Irre führen lassen", ergriff nun der dickste der Männer das Wort. "Doch am heutigen Tag haben wir die Macht des Malik erkannt und seinen Anspruch auf die Führung der Völker des Südens."
"Dafür, dass es so lange gedauert hat, seit ihr nun doch überraschend schnell zu dieser Erkenntnis gekommen", gab Qúsay in sanftem, aber unterschwellig bedrohlichem Tonfall zurück. "Wer garantiert mir, dass ihr bei meiner ersten Niederlage nicht ebenso schnell eure Meinung ändert und euch wieder Suladân anschließt?"
"Wenn ihr es wünscht, wird der Rat euch selbstverständlich den Treueid schwören", sagte der älteste Mann mit samtweicher Stimme.
"Den selben Treueid, den ihr Suladân geschworen habt?", fragte Qúsay ungerührt. "Den Treueid, den ihr damit brechen würdet? Nein. Ich habe mich entschlossen, Ain Salah gegenüber Gnade walten zu lassen - nur deshalb habe ich den Rückzug eures Heeres zugelassen - doch ich brauche mehr." Er tippte, offenbar unbewusst, mit dem Finger auf den Griff seines Schwertes, doch die Geste verfehlte ihre Wirkung nicht.
"Selbstverständlich würde... der Stadtrat Geiseln stellen, wenn ihr dies wünscht", bot Yukrid al-Yazath, dem sichtlich unwohl zumute war, an.
"Gut. Ihr werdet meinem Heer außerdem die Tore öffnen sobald wir die Stadt morgen erreichen, und es für einige Tage beherbergen - und in dieser Zeit selbstverständlich versorgen. Wenn der Krieg vorüber ist und ihr mir eure Treue gehalten habt, werdet ihr angemessen entschädigt werden." Yukrid al-Yazath schluckte sichtlich, nickte aber. "Es wird geschehen, Malik."
Qúsay warf einen Blick in Edrahils Richtung, und Edrahil formte stumm mit den Lippen einen Namen. Qúsay lächelte gefährlich, und wandte sich wieder den Botschaftern zu. "Eines noch. Sollte mein Vetter Calmacil von Umbar sich in Ain Salah befinden, werdet ihr ihn mir ausliefern."
Dieses Mal zuckten alle drei Männer sichtlich zusammen, und Edrahil stellte zufrieden fest, dass er mit seiner Vermutung offenbar direkt ins Schwarze getroffen hatte. Das Verschwinden von Hasaëls drittjüngstem Sohn hatte ihm einiges Kopfzerbrechen bereitet, doch eine Flucht nach Ain Salah war naheliegend gewesen. Er hatte vermutet, dass Calmacil versucht hatte, die Stadt zu einem Gegenangriff auf Qúsay zu bewegen - zumindest teilweise erfolgreich, wie die gerade erst vergangene Schlacht zeigte.
Nach einem unangenehm zähen Schweigen verneigte sich Yukrid al-Yazath schließlich tief. "Er befindet sich tatsächlich in unserer Stadt. Wenn die Nachricht von der Niederlage auf dem Schlachtfeld ihn noch nicht zur Flucht bewegt hat, wird er euch gehören."
Qúsay nickte, wenn auch offenbar nicht ganz zufrieden. Immerhin bestand die Wahrscheinlichkeit, dass sein junger Vetter frühzeitig von der Niederlage erfuhr und noch vor der Rückkehr der Botschafter aus Ain Salah fliehen würde. In diesem Fall hätte der Malik nichts gewonnen, denn der Rat würde seine Hände in Unschuld waschen. Dennoch sagte er: "Kehrt in eure Stadt zurück und unterrichtet euren Rat über meine Bedingungen. Wir werden bei Sonnenaufgang nach Ain Salah marschieren - finden wir die Tore geschlossen vor, werden wir das als Ablehnung meiner Bedingungen deuten und mit der Belagerung beginnen."
Alle drei Botschafter verneigten sich erneut. "Selbstverständlich, oh Malik."
Qúsay entließ sie mit einer gebieterischen Geste, und wandte sich an Dírar, sobald sie außer Hörweite gelang waren. "Sende Späher in die Gebiete rund um Ain Salah aus. Calmacil wird versuchen zu fliehen - vielleicht nach Qafsah, oder zu den Verrätern nach Kerma, oder wer weiß wohin. Vielleicht können wir ihn abfangen." Dírar verneigte sich, und eilte davon.
"Wenn ihr erlaubt...", ergriff Erchirion das Wort. "Ich möchte euch im Namen Dol Amroths und Gondors zu eurem Sieg und zur Einnahme von Ain Salah gratulieren."
Qúsay atmete tief durch, und schien sich endlich ein wenig zu entspannen. Im gleichen Moment beschloss Edrahil, die Forderung des Königs noch ein wenig länger geheim zu halten - es schien ihm im Augenblick kein günstiger Moment zu sein.
"Morgen werden wir sehen, wie es mit der Einnahme von Ain Salah tatsächlich aussieht", erwiderte Qúsay, und lächelte kaum merklich. "Aber ich danke euch, Erchirion - ein Sieg war dies tatsächlich."

Fine:
Tatsächlich fanden Narissa, Valion und Valirë im Lager des siegreichen Malikatsheeres etwas zu trinken, denn Qúsays Quartiermeister wussten gut genug, dass die Krieger ihren Sieg gebührend feiern wollten und dies ihnen auch gestattet wurde. Die Nachricht, das sich die Stadt Ain Salah kampflos ergeben hatte, breitete sich bald darauf im Lager aus, und sorgte für eine noch bessere Stimmung, denn nun würden sie nach der Belagerung von Umbar nicht gleich die nächste langwierige Belagerung vor sich haben.

Als es Abend geworden war, saßen Valion und seine Schwester mit Narissa an einem Lagerfeuer und ließen es sich ein wenig gut gehen. Das Heerlager war voller Aktivität, denn ein Teil der Streitmacht würde direkt in Ain Salah untergebracht und versorgt werden, während der Rest im Lager verbleiben würde, denn für eine vollständige Unterbringung in den Häusern Ain Salahs war das Heer zu groß. Doch alle Krieger kamen in den Genuss der Verpflegung, die aus der Stadt ins Lager gebracht worden war, und die Abwechslung auf dem sonst recht einseitigen Speiseplan wurde von jedermann euphorisch begrüßt. Es gab Wein und Met und die unterschiedlichsten Säfte, und dazu eine große Auswahl an einheimischen Spezialitäten, die ihren Weg auf die Teller der Krieger fanden. Valion lernte rasch die gewisse Schärfe zu schätzen, die die hiesigen Haradrim beinahe jedem ihrer Gerichte hinzufügten und nahm sich vor, eine Probe der Gewürze mit nach Gondor zu nehmen.
„Der Feldzug läuft ja wirklich gut,“ sagte Narissa mit vollem Mund. „Wenn das so weitergeht, könnte in zwei oder drei Wochen schon alles vorbei sein und Qafsah erobert sein.“
„Wer weiß?“ sagte Valirë. „Mich würde es freuen, ehrlich gesagt bin ich diese endlosen Wüsten schon so langsam etwas Leid.“
„Harad ist mehr als nur Wüste,“ sagte Narissa. „Im Süden gibt es stark bewaldete Dschungelgebiete, und Sümpfe, und an der Ostküste sind die Länder viel fruchtbarer als hier im Westen.“
„Was leben hier denn für Stämme in der Gegend?“ wollte Valion von der offensichtlich ziemlich ortskundigen Narissa wissen.
„Die Qahtan - Qúsays Stamm, außerdem die Qarwaliden, und noch ein paar kleinere Stämme, die meistens unter der Vorherrschaft Umbars gelebt hatten,“ erklärte Narissa prompt. „Das Gebiet, das wir jetzt betreten haben, der Beginn der Harduin-Ebene, wird von einer Mischung unterschiedlicher Völker bewohnt, ebenso wie die Stadt Ain Salah. Und südlich von uns liegt das Reich von Ta-Mehu.“
„Und all diese Stämme sind Qúsay ergeben?“ hakte Valion nach.
„Soweit ich es weiß schon... allerdings habe ich im Heer keinen einzigen Krieger aus Ta-Mehu gesehen - eigentlich sind sie bekannt für ihre Reiter und Streitwägen.“
„Dafür gibt es einen einfachen Grund,“ sagte eine neue Stimme, und ein Mann trat ans Feuer. Valion erkannte seinen Onkel, Tórdur. „In Ta-Mehu ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Sie werden Qúsay so schnell nicht helfen können... falls sie der Sache des Malikats überhaupt treu bleiben werden.“
„Ob König Músab etwas damit zu tun hat?“ fragte sich Narissa, doch ihr laut gedachte Gedanke ging ein wenig unter, als Valirë aufsprang und ihren Onkel fest in die Arme schloss. „Du verdammter Mistkerl,“ sagte sie grinsend. „All die Jahre kein Wort von dir, und dann tauchst du einfach so in einem dreckigen Kriegslager in Harad wieder auf?“
„Zu meiner Verteidigung, ich hatte mich zuerst deinem Brüderchen offenbart,“, erwiderte Tórdur und lachte, als er Valirë umarmte. „Hab‘ gesehen wie du gekämpft hast, Kleine.  Wirklich nicht übel, meinen Respekt hast du. Jetzt weiß ich, was passiert wäre, wenn meine Schwester Míleth damals ihren Willen durchgesetzt hätte, bei den Rittern in die Lehre zu gehen.“
„Wo hast du all die Jahre gesteckt?“ wollte Valirë nun doch etwas vorwurfsvoll wissen. „Du hast so viel verpasst, und außerdem wirst du dringend zuhause gebraucht!“
„Ich habe ihm schon vom Tod des Alten erzählt,“ wandte Valion ein.
„Und ich hab ihm schon versprochen, dass ich nach dem Krieg heimkehren werde,“ sagte Tórdur. „Aber zuerst hab‘ ich noch etwas zu erledigen. Hast du schon mit Edrahil sprechen können, Junge?“
„Nein,“ musste Valion gestehen. „Er ist nach der Schlacht sofort weitergeritten, wohl ist er jetzt irgendwo in Ain Salah.“
„Vielleicht sage ich es ihm besser doch selbst,“ murmelte Tórdur nachdenklich, dann löste er sich von seiner Nichte. „Haltet die Ohren steif, ihr zwei. Und du auch, Mädchen,“ meinte er mit einem Blick auf Narissa, als würde er sie gut kennen, dann marschierte er in Richtung der Stadt davon.

Narissa schien neugierig geworden zu sein und bestürmte die Zwillinge eine Weile mit Fragen über Nan Faerrim und ihre Familie, welche vor allem Valirë nur zu gerne beantwortete. Valion entging dabei nicht, wie Narissa seine Schwester ansah. Bewunderung und Respekt waren in ihren grünen Augen zu erkennen, wenn er sich nicht sehr täuschte.
„Du hast von Anfang an einfach immer gemacht, was du wolltest,“ stellte Narissa fest, nachdem sie erfahren hatte, wie die Zwillinge aufgewachsen waren. Man musste nicht gerade Edrahil heißen, um ihr ansehen zu können, dass sie sich Ähnliches gewünscht hätte.
„Ich lasse mir nichts vorschreiben,“ sagte Valirë und stupste Narissa kameradschaftlich an. „Bis jetzt hat mich mein Glück noch nie im Stich gelassen.“
„Dein Glück, oder meine tatkräftige Unterstützung, Schwesterchen,“ warf Valion grinsend ein.
„Ich nehme mir eben, was mir gefällt. Ist das so schlimm?“ fuhr Valirë fort. „Solange dabei niemand zu schaden kommt, der es nicht verdient hat....“
„Ach, also hatten all diese armen Ehefrauen es verdient, betrogen zu werden?“ stichelte Valion.
Valirë funkelte ihn an und Narissa musste lachen. „So so, jetzt lerne ich also deine wahre Seite kennen,“ meinte sie zu Valions Zwillingsschwester.
Diese verschränkte die Arme vor der Brust. „Und wenn schon. Ich stehe dazu, und, wer weiß, vielleicht habe ich mich ja mittlerweile gebessert? Ihr könnte ja mal Erchirion fragen...“
„Das mache ich, verlass‘ dich drauf,“ sagte Valion prompt. Er freute sich zwar, dass sich Narissa so gut mit seiner Schwester verstand, immerhin waren die beiden sich in vielerlei Dingen recht ähnlich, aber dass Valirës vielzählige Bettgeschichten ebenfalls auf Narissa abfärbten, wollte er nun wirklich nicht.
„Und jetzt tu nicht so scheinheilig, kleiner Bruder. Bevor du deine Verlobte getroffen hast, warst du selbst nicht gerade ein Eunuch, ganz im Gegenteil.“
Narissa kicherte. „Ihr beiden scheint es ja wirklich faustdick hinter den Ohren zu haben, ihr zwei,“ sagte sie. „Ich hätte gar nicht gedacht, dass es in Gondor so zugehen kann.“
„Die meisten Adeligen sind genauso langweilig wie du es erwarten würdest,“ sagte Valirë und strich sich über den Nacken. „Wir sind eben die Ausnahme.“ Sie beugte sich vor und fixierte Narissa mit einem raubtierhaften Blick, der Valion Böses ahnen ließ. „Und was ist mit dir, Narissa? Du bist doch bestimmt auch keine Jungfrau mehr.“
Die sonst so selbstbewusste Narissa wurde tatsächlich ein wenig rot um die Nase, doch einschüchtern ließ sie sich nicht. „Und wenn es so wäre?“
„Dann würde ich dich dazu beglückwünschen, dein Leben gut gelebt zu haben,“ sagte Valirë zufrieden.
„Sie ist übrigens vergeben, du kannst jedwede Pläne, sie irgendwelchen Gondorern vorzustellen also gleich wieder begraben,“ warf Valion ein.
„Ach? Ist das so? Hm,“ kam es amüsiert von Valirë, die jedoch anscheinend beschlossen hatte, nicht weiter auf das Thema einzugehen.

Sie plauderten an diesem Abend noch bis spät in die Nacht hinein und verbrachten eine relativ unbeschwerte Zeit. Valion war froh: der Feldzug schien außerordentlich gut zu laufen, und Narissa hatte sogar den Verstand bewiesen, sich aus der ersten großen Schlacht herauszuhalten. Ein Auge auf sie zu haben und sie von tollkühnen Dummheiten abzuhalten schien sich als einfacher als gedacht herauszustellen.

Der Morgen kam und mit ihm die Nachricht, dass die Streitmacht der freien Haradrim drei Tage in Ain Salah bleiben würde, um die Vorräte aufzustocken, die Verletzten zu versorgen und neuen Krieger aus den umliegenden Stämmen zu rekrutieren, die sich nun allesamt Qúsay unterworfen hatten. So gestärkt wollte der Malik dann weiter in Richtung Qafsah, dem Herzen von Sûladans Reich vorstoßen, nachdem sich seine Soldaten ausgeruht und gestärkt hatten.
Valion und Narissa hatten beschlossen, sich in der Stadt ein wenig umzusehen, doch schon als sie auf die Tore zuritten fiel Valion auf, dass irgendetwas mit Narissa nicht zu stimmen schien. Sie war schweigsam und blickte finster drein. Seine Scherze, mit der er ihre sichtlich finstere Stimmung etwas auflockern wollte, stießen auf Ablehnung, und kaum waren sie durch das östliche Tor in die Stadt hinein geritten, sah Narissa sogar noch verbissener oder gar depressiver aus.
Was ist denn auf einmal in sie gefahren? dachte sich Valion...


Narissa und Valion nach Ain Salah

Eandril:
Edrahil, Narissa, Valion mit dem Rest des Heeres aus Ain Salah

Edrahil war ausnehmend schlecht gelaunt, als er ohne viel Federlesens das Zelt betrat, in dem Narissa und Valirë gerade ihre Lager bereiteten. Narissa war beim Geräusch der Zeltplane sofort auf die Füße gesprungen und hatte bereits einen ihrer Dolche in der Hand, während Valirë neben ihrem halbfertigen Lager hocken blieb und nur langsam zu Edrahil aufblickte.
"Der Malik verlangt euch zu sprechen", sagte Edrahil knapp. "Er duldet keinen Aufschub."
Valirë verdrehte die Augen und gähnte herzhaft. "Wir haben den ganzen Tag im Sattel verbracht. Hat das nicht bis morgen Zeit?" Auf Edrahils vernichtenden Blick hin verzog sie das Gesicht. "Schon gut, schon gut."
Edrahil nickte nur knapp, und warf dann einen Blick zu Narissa. Sie hatte den Dolch auf ihr Lager geworfen, doch ihr Gesicht wirkte noch immer angespannt. "Hast du in der Nacht dein Zimmer verlassen?", fragte Edrahil. Sie wechselte einen Blick mit Valirë. "Ja, um auf die Dachterrasse zu gehen. Wieso?"
"Nur auf die Dachterrasse. Du hast das Gebäude nicht verlassen?"
Narissa schüttelte den Kopf, wobei ihr eine weiße Haarsträhne vor die Augen fiel. Sie strich sie mit einer raschen Bewegung wieder nach hinten. "Nein. Geht es um das Feuer? Ich habe es vom Dach aus sehen können."
Edrahil hob nur eine Augenbraue zur Antwort, bevor er sich abwandte um im Gehen sagte: "Ich erwarte euch in Kürze in Qúsays Zelt. Trödelt nicht."
Er verließ das Zelt und bahnte sich seinen Weg zwischen halb aufgebauten Zelten und hin und her eilenden Soldaten hindurch, bis er Qúsays Zelt erreichte. Qúsay stand am Kopf eines Tisches, auf dem eine Karte dieser Region Harads ausgebreitet war, eine Hand locker auf dem Griff seines Schwertes und das Gesicht sichtbar angespannt. Bei ihm standen Dírar und zwei seiner hohen Offiziere, deren Namen Edrahil nicht kannte.
"Und?", fragte Qúsay leise, als Edrahil neben Dírar trat.
"Sie hat das Gebäude nicht verlassen, sagt sie", antwortete er ebenso leise. "Und ich glaube nicht, dass sie lügt." Ein Muskel auf Qúsays Wange zuckte als er zurück gab: "Die Frage ist, ob ich ihr ebenfalls glaube."

Narissa und Valirë betraten das Zelt, Narissa sichtlich angespannt und scheinbar jederzeit in Erwartung eines unerwarteten Angriffs. Das überraschte Edrahil nicht weiter, denn so hatte er sie bereits seit ihrer Ankunft in Ain Salah erlebt. Was ihn mehr verwunderte war das sichtlich schlechte Gewissen, das sich in Valirës Gesicht mehr oder weniger offen widerspiegelte.
Narissa verneigte sich ein wenig unbeholfen vor Qúsay. Sie räusperte sich. "Ihr... wünscht mich zu sprechen?"
"Gestern Nacht brach hier in der Stadt überraschend ein Feuer aus und zerstörte die Arena eines angesehenen Kaufmannes", erklärte Qúsay ohne Umschweife und ohne Narissa aus den Augen zu lassen. "Die ehrenwerten Ratsherren von Ain Salah haben Zeugen, die dich, Narissa, gestern bei dieser Arena gesehen haben und gehört haben wie du dir gewünscht hast, sie möge in Flammen aufgehen."
Narissa zuckte mit den Schultern. "Und? Werde ich beschuldigt, allein durch meine Gedanken Gebäude in Flammen aufgehen lassen zu können? Wenn dem so wäre sollten sich die ehrenwerten Ratsherren lieber in Acht nehmen, dass nicht ihre ganze Stadt in Kürze nur noch Asche ist."
Die bissige Ironie kam bei Qúsay offenbar nicht gut an, und Edrahil schüttelte unmerklich den Kopf. Sie ging viel zu aggressiv mit der Sache um, und das würde ihr nicht unbedingt zum Vorteil gereichen.
"Vorsicht", sagte Qúsay leise. "Ich habe den Rat nur mit Mühe überzeugen können, dass wir den Fall unter uns klären. Es hat mich eine nicht unbeträchtliche Summe an Bestechungsgeld gekostet, also erwarte ich mir ein wenig mehr Mitarbeit."
"Wenn ihr erlaubt", ergriff Edrahil das Wort, bevor Narissa womöglich zu einer weiteren hitzigen Antwort ansetzen konnte. "Valirë ist in der Lage zu bezeugen, dass Narissa das Gasthaus in der letzten Nacht nicht verlassen hat." Valirë verlagerte sichtlich unbehaglich ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen, nickte aber stumm.
"Das Wort einer Gondorerin wird dem Rat leider herzlich wenig bedeuten", seufzte Qúsay, und stützte beide Hände auf die Tischplatte. "Außerdem behaupten sie einen eigenen Zeugen zu haben, einen Gehilfen in diesem Gasthaus. Diese soll gesehen haben, wie Narissa etwa zwei Stunden nach Mitternacht von dieser Dachterrasse aus das Gebäude betrat - nicht lange, nachdem das Feuer ausgebrochen war."
Narissa biss sich auf die Unterlippe. "Das ist wahr", sagte sie schließlich. Valirë wich Edrahils Blick aus, und starrte stattdessen einen unsichtbaren Punkt auf der Zeltplane an. "Aber ich habe diese Dachterasse nicht einen Augenblick lang verlassen", ergänzte Narissa, doch Qúsay schüttelte den Kopf. "Ich fürchte ohne Zeugen dafür wird sich der Rat nicht überzeugen lassen." Er blickte Narissa nachdenklich an. "Irgendjemand muss die Ratsherren aufgehetzt haben, denn sie waren geradezu besessen davon, dich zu betrafen."
"Aber es gibt einen Zeugen." Aus dem Schatten in einer hinteren Ecke des Zeltes löste sich eine hochgewachsene Gestalt, und als er die Kapuze zurück schlug erkannte Edrahil Eayans Gesicht. Qúsay hatte sich abrupt aufgerichtet und die Hand auf den Schwertgriff gelegt, und Dírar und die beiden Offiziere hatten es ihm gleichgetan. Sie alle blickten Eayan misstrauisch an. Edrahil wartete ab. "Wer seid ihr, und wie kommt ihr hier herein?", ergriff Qúsay schließlich das Wort.
Eayan verneigte sich knapp. "Eayan al-Tayir, zu euren Diensten, Malik. Die Sicherheit eures Lagers lässt ein wenig zu wünschen übrig."
Auf Qúsays Gesicht wurde in rascher Folge Misstrauen von Verwirrung und schließlich Verstehen abgelöst.
"Ihr seid derjenige, den man den Schattenfalken nennt", sagte er. Eayan verneigte sich abermals knapp. "Schrecken aller Tyrannen Harads", fügte er mit einem kaum merklichen Lächeln hinzu. "Und ich kann bezeugen, dass Narissa das Dach des Gasthauses nicht verlassen hat und somit auch die ihr zu Last gelegte Brandstiftung nicht begangen haben kann, denn ich war mit ihr auf diesem Dach."
Qúsay, der den Schrecken von Eayans plötzlichem Auftauchen offenbar allmählich überwunden hatte, seufzte tief. "Ich fürchte, dass euer Wort dem Rat noch viel weniger bedeuten wird als das Valirës."
Eayan zuckte mit den Schultern. "Viel wichtiger ist in diesem Augenblick, dass ihr es glaubt."
Qúsay musterte ihn eingehend, bevor er nickte. "Das tue ich." Für einen Herzschlag lang erkannte Edrahil Überraschung auf Eayans Gesicht. Offenbar hatte der Schattenfalke diesbezüglich seine Zweifel gehabt.
"Wir können also gehen?", fragte Narissa, die seit Eayans Auftauchen geschwiegen hatte, und Qúsay machte eine zustimmende Handbewegung. "Da die Frage deiner Schuld offenbar geklärt, brauchen wir euch nicht mehr", sagte er an Narissa und Valirë gewandt. "Meister al-Tayir wird mir allerdings dabei behilflich sein einen Weg zu finden, auch den Rat davon zu überzeugen. Und ihr, Edrahil..."
Edrahil hob kurz die Hand. "Ich bitte euch, mir diesen Dienst zu erlassen. Es gibt andere Dinge, um die ich mich kümmern muss und ich denke ihr habt allen Rat, den ihr braucht."
Qúsays Blick wanderte kurz in Richtung Valirë, die noch immer die Zeltplane anstarrte, und er nickte knapp.

Sobald er und die beiden jungen Frauen sich einige Meter von Qúsays Zelt entfernt hatten, blieb Edrahil stehen und packte Valirë an der Schulter. "Du hast etwas verschwiegen", stellte er ruhig fest. "Etwas wichtiges?"
Valirë schüttelte den Kopf, und wich Edrahils Blick allerdings weiterhin aus. Narissa blickte langsam von einem zum anderen. "Valirë...", sagte sie schließlich leise. "Sag mir bitte, dass es nicht das ist, was ich denke." Valirë schüttelte erneut den Kopf. "Ich habe diese verfluchte Arena nicht angezündet, wenn du das meinst. Aber..." Sie brach ab.
"Aber?", fragte Narissa nach, lange bevor Edrahil es getan hätte.
"Aber sie weiß wer es gewesen ist", mischte sich eine neue Stimme ein, und Valion trat mit etwas betretener Miene zwischen zwei Zelten hervor.
Edrahil fragte sich stumm, wer wohl heute noch plötzlich aus seinem Versteck treten und sich mit neuen Informationen einmischen würde. "Nämlich ich", fügte Valion überflüssigerweise hinzu.
"Großartig, mein Junge", sagte Edrahil leise. "Eine wirklich großartige Idee. Niemand hätte erwarten können, dass uns eine so großartige und durchdachte Idee schaden könnte." Wider Erwarten senkte Valion den Blick nicht. "Nicht jede Handlung muss strategisch durchdacht werden, Edrahil, und das geht nicht immer. Wenn du auch nur die geringste Ahnung hättest, was Narissa uns über diesen Ort erzählt hat..." Er schauderte ein wenig. Narissa legte ihm stumm die Hand auf die Schulter und wich allen Blick aus.
Edrahil hielt seinen Zorn über Valions Handeln mit einiger Mühe im Zaum. "Ich hoffe, dass dich wenigstens niemand beobachtet hat."
Valion schüttelte den Kopf. "Niemand hat mich gesehen."
"Ist nicht etwas anderes viel interessanter?", ergriff Narissa leise das Wort. "Ich frage mich, wieso dieser Rat so fest von meiner Schuld überzeugt war. Warum interessieren sie sich überhaupt so sehr für mich? Eigentlich sollte ich für sie so unbedeutend sein wie ein einzelner Soldat in Qúsays Heer."
Ihre Worte machten Edrahil nachdenklich. "Du befürchtest, dass jemand den Rat mit Absicht gegen dich aufgebracht hat."
Narissa zuckte mit den schmalen Schultern. "Ich will mich nicht wichtiger machen als ich bin, aber für mich sieht es ganz so aus."
Edrahil blickte langsam von ihr zu den Zwilligen. "Keiner von euch wird noch einmal ein Wort hierüber verlieren", sagte er eindringlich. "Wir werden sehr vorsichtig sein müssen - Suladân ist nicht unser einziger, und vielleicht nicht einmal unser gefährlichster Feind."

Narissa, Qúsay, Valion und Edrahil mit dem Malikats-Heer zur Harduin-Ebene

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