Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor

Fornost: Die alte Palastanlage

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Curanthor:
Mathan vom Versteck des Sternenbundes (+ Halarîn, Faelivrin, Adrienne, Acharnor, Fanael, Angatar, Asea)

Seine Schritte führten ihn auf die lange Straße, die geradewegs in die alte Anlage führten. Zwischenzeitlich hatte er seine Rüstung abgelegt und trug nun bequemere Kleidung. Er erinnerte sich, wie er vor langer Zeit öfters hier war und wie sehr sich die Stadt verändert hatte, was ihn etwas trüb stimmte. Die vorgezogene Mauer war schon längst umgekippt, das schwere Eisentor war verschwunden und die kleine Wachkammer wo sich die Ankömmlinge immer vorgestellt hatten war zur Hälfte eingestürzt. Der Elb bemerkte, dass die Straße sauber gemacht wurde und folgte dieser bis zu der großen Treppe. Rasch nahm er die Stufen doppelt und stand vor dem großen doppelflügeligen Tor, von dem eins nur halb in den Angeln hing. Vorsichtig drückte er den intakten Torflügel auf und befand sich in der riesigen Empfangshalle. Es roch muffig, nach Staub und etwas Blut. Die Kämpfe hier vor einiger Zeit waren noch nicht ganz vergessen, dennoch wurden die Leichen entfernt und das Blut etwas mit Sand bedeckt. Seine Schritte beschleunigten sich und er bog in den westlichen Teil des Gebäudes ein. Die langen Gänge waren verschont geblieben und scheinbar war hier niemand in langer Zeit durchgekommen. Die Fußspuren auf dem Boden zeigten Mathan, dass er auf dem richtigen Weg war. Er grinste, als er Adriennes Fußspuren erkannte, denn die der beiden Elben waren so gut wie kaum sichtbar. Sein Weg endete als der Gang plötzlich in einem kleineren Innenhofe endete, der von einem kleinen Brunnen in der Mitte dominiert wurde. Dort stand auch der beladene Karren und Acharnor winkte ihm zum Gruß. „Hab eine Abkürzung genommen“, grinste er stolz. Mathan nickte und erkundigte sich, wo die anderen waren. „Im Garten“, antwortete er nur und machte ein beleidigtes Gesicht, „Ich darf noch nicht rein.“
Der Elb runzelte die Augenbrauen und schüttelte den Kopf, dann trat er an das größere Tor, das gegenüber dem Gange lag, aus dem er gekommen war. Ehe er es öffnen konnte schwang es nach Innen auf und Faelivrin stand vor ihm, die gerade ein Bündel Blumen in der Hand hatte. Er bemerkte, dass seine Tochter ihre schwarze Rüstung abgelegt hatte und nun ein eisblaues Kleid mit goldenen Stickereien trug. Sie lächelte und drei Elben gesellten sich zu ihr, die ihm unbekannt waren. „Das ist meine Leibwache, Vater.“ Mathan blickte die Drei an und bemerkte sofort, dass sie unbewaffnet waren und sich dabei unwohl fühlten. Es waren ein größerer, mürrisch dreinblickender Mann mit dem Namen Angatar, ein kleinerer Elb der Fanael gerufen wurde, sowie eine etwas zurückhaltend wirkende Elbe, Asea.  Sie grüßten ihn mit ehrfurchtsvoller Zurückhaltung, was Mathan einen Moment irritierte. Er fing sich rasch: „Schön euch kennenzulernen“, grüßte er die Avari zurück und erkundigte sich bei seiner Tochter wo Halarîn war. Warme Hände legten sich über seine Augen und verdeckten sie, ein Kichern ertönte. Er grinste. „Lass das“, sagte er mit gespielter Strenge und zog Halarîn ohne große Anstrengung nach vorn, direkt in seine Arme. Sie verharrten einen Moment und blickten sich in die Augen, seine Gattin errötete kurz als sie zu den anderen Anwesenden bemerkte. Die Leibwache von Faelivrin wirkte etwas verdattert, sagte jedoch nichts und seine Tochter scheuchte sie sogleich davon.  Die drei Avari zerstreuten sich und gingen ihren Aufgaben nach. Dabei gaben sie Mathan den Blick auf den Garten frei, den er vor einigen Tagen wiederentdeckt hatte. Halarîn stellte sich neben ihn und ergriff seine Hand. „Was denkst du, wird ihr gefallen?“, fragte sie leise und blickte zu ihm auf. Er lächelte als Antwort und  zog sie eng an sich heran. Halarîn schmiegte sich an ihn und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Der Obstgarten war wie verwandelt, rechts und links waren die überdachten Gänge gesäubert und die Rosenranken zurechtgeschnitten. Der große Marmorplatz in der Mitte, der von zwei schmalen Wassergräben durchzogen wurde, erstrahlte beinahe makellos. Die Obstbäume dahinter trugen ihre Blüten und verbreiteten einen angenehmen Duft. Die raffiniert angelegten Beete waren ebenfalls von dem gröbsten Unkraut befreit und die drei Avari machten sich daran auch die unzähligen Blumentöpfe wieder herzurichten.
„Ich denke, dass das so schnell nicht vergessen wird.“, sagte Mathan geistesabwesend und zog Halarîn zur Seite, als Acharnor mit einigen Waldläufern dutzende Feuerkörbe herbeitrug. Die Menschen staunten und blickte sich eine Weile lang um, bis Adrienne herbeigeilt kam. „Bewegt euch, stellt die Körbe in einer Reihe ausgehend zum Platz und bildet einen großen Kreis in der Mitte.“  schon sauste sie wieder davon und reinigte den letzten Teil eines der Wassergräben. Dass sie dabei mit den Händen den Dreck herausrupfte störte sie nicht. Mathan war sichtlich überrascht von der Veränderung und Halarîn grinste ihn an. „Durch die Hilfe von Faelivrins Leibwache sind wir sehr viel schneller vorangeschritten“, sie blickte zu der Sonne, die schon langsam den Himmel rot färbte, „bald ist es soweit.“, sagte sie mit einem berührenden Unterton. Mathan legte ihr wortlos eine Hand auf dem Bauch und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie blieben so einige Augenblicke lang stehen, als Faelivrin wieder zu ihnen kam. Ein kurzer Blick genügte ihr und sie machte kehrt um sich an den letzten Vorbereitungen zu beteiligen. Mittlerweile senkte sich die Sonne immer weiter dem Horizont entgegen und ließ die Schatten länger werden. Acharnor befeuerte zusammen mit einigen Sternenbundlern bereits die Feuerkörbe und vertrieb damit die aufkommende Dunkelheit. Adrienne lief zwischen den überdachten Gängen hin und her, dabei hing sie überall Laternen auf, die eine gemütliche Atmosphäre verbreiteten. Einer der beiden Avari ging ihr dabei zur Hand und schon bald war kaum ein Fleck des Obstgartens unbeleuchtet.

„Woher haben wir eigentlich die ganzen Sachen? Laternen, sogar Tische und ein paar Stühle“, fragte einer der Sternenbundler, der ein Verband um den Kopf trug.
Halarîn erklärte ihm, dass einige der Flüchtlinge die Dinge zur Verfügung gestellt hatten. Der Mann schien das etwas zu verwirren und sie machte ihm mühsam klar, dass es auch einige Leute gab, die Handwerklich geschickt waren. Mathan wandte sich mit einem Schmunzeln ab und durchquerte den Garten, bis er vor einer halb verfallenen Hütte stand. Nach einigen Suchen fand er auch, das was er in Erinnerung gehabt hatte: eine Silberschale, die in einem Tuch eingeschlagen unterhalb der Hütte versteckt war. Mit einem Grinsen erinnert er sich, dass die Schale von einer Magd hier versteckt worden war. Scheinbar hat sich nie jemand darum gekümmert und Plünderer waren eher an dem Inhalt der Schatzkammer interessiert, als an einem Obstgarten. Er drückte die Schale einem der Elben in die Hand, der sich sofort daran machte sie zu säubern. Faelivrin stellte gerade zwei Stühle in die Mitte des Platzes, Acharnor und Adrienne einen kleinen Tisch dahinter. Einige Neuankömmlinge blieben am Tor stehen und blickten sich erstaunt um, drei von ihnen waren in Mathans Truppe gewesen. Sie erblickte ihn und winkten zum Gruß, den er erwiderte. Er trat zu ihnen und bat sie auf die Sachen der Gäste zu achten, woraufhin sie zustimmten. „Ich will hier keine Waffen sehen und keine Rüstung, sei es Brustpanzer oder Beinschützer.“, sagte er Elb und schnallte seine Schwerter ab. Die vier blickten ihn an und wartete, doch der Elb behielt seine Waffen und wandte sich ab. Er trat an den Tisch und legte die Waffen dort ab, Halarîn tat es ihm gleich und legte ihre Bögen sorgfältig daneben, Faelivrin tat es ihnen gleich. Die drei Elben nickten sich zu und stellten sich nebeneinander wartend vor den Tisch. Adrienne, ihr Bruder und die drei Avari schafften gerade zum Abschluss der Vorbereitungen das Bier und sonstige Verpflegung heran. Als diese bei den überdachten Gängen untergebracht war, gesellten sie sich zu ihnen und warteten auf den Rest der Gäste. Es dauerte auch nicht lange, bis die Ersten erschienen.

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Eandril:
Oronêl, Finelleth und Irwyne aus dem Versteck des Sternenbundes

Der Weg durch den verfallenen, von Staub und Schimmel bedeckten Palast war dazu geeignet auch die beste Laune zu trüben, doch Oronêl vertraute darauf, dass Mathan und Halarîn einen geeigneten Ort für ihre Feier gefunden hatten. Er wurde nicht enttäuscht, als sie am Ende eines langen Ganges in einen Garten hinaustraten, der Oronêl wie ein Bild aus vergangener Zeit erschien. Der Platz aus weißem Marmor schimmerte, als ob er gerade erst erbaut worden war, und auf dem Wasser in den schmalen Gräben glitzerte der Schein der sinkenden Sonne. Überall waren Blumen in Beeten und Töpfen zu sehen, und aus irgendeinem Grund standen selbst jetzt im Spätsommer die Obstbäume in voller Blüte. Über dem Garten lag ein verträumter Frieden, den Oronêl so lange nicht verspürt hatte - nicht seit Lothlórien.
"Ich freue mich, dass ihr gekommen seit", wurden sie von Halarîn begrüßt, die ein orangenes Kleid mit weiten Ärmeln und hohem Kragen, sowie eine Halskette mit einem einzelnen Ring daran trug. "Und ich freue mich, dass wir kommen durften", erwiderte Oronêl, und küsste sie leicht auf die Wange. "Wo ist Mathan?" Er blickte sich suchend um, und Halarîn sagte: "Oh, er sollte hier irgendwo in der Nähe sein..." Mit verschwörerisch gesenkter Stimme fügte sie hinzu: "Er ist schon ganz aufgeregt, auch wenn er versucht es sich nicht anmerken zu lassen."
"Aus gutem Grund." Mathan war leise hinter sie getreten, und legte seiner Frau einen Arm um die Taille. Mit dem anderen ergriff er den Arm, den Oronêl ihm zur Begrüßung entgegengestreckt hatte. "Man bekommt schließlich nicht jeden Tag eine neue Tochter. Ich freue mich jedenfalls, dass du meiner Einladung gefolgt bist - und Finelleth und Irwyne ebenfalls."
Finelleth neigte leicht den Kopf, und sagte: "Ich kenne Kerry nicht sehr gut, aber ich habe sie bei unserem Gespräch nach der Schlacht liebgewonnen - das scheinen Mädchen aus Rohan an sich zu haben." Sie warf Irwyne einen Seitenblick zu und lächelte. "Ich bin froh, dass ich hier sein darf", meinte diese leise. "Und der Garten ist wirklich wunderschön", fügte sie etwas scheu hinzu, und die Elben mussten lächeln.
"Wir hatten jede Menge Hilfe", meinte Halarîn, und Mathan ergänzte: "Bevor ihr weitergeht würde ich euch bitten, eure Waffen hier zu lassen, denn..."
"... dies ist ein Ort des Friedens und ihr möchtet den Krieg gerne fernhalten", beendete Oronêl den Satz für ihn, und Mathan nickte. Oronêl löste Axt und Dolch von seinem Gürtel und legte sie auf dem Tisch, auf dem bereits einige andere Waffen lagen. Finelleth legte ihr Kurzschwert dazu, ihre Axt und die Wurfmesser hatte sie gar nicht erst dabei gehabt, und Irwyne war von vornherein unbewaffnet gewesen. Sonst hatte Oronêl sich ohne seine Waffen in gewisser Weise nackt gefühlt, doch nicht an diesem Ort. Es war, als hätten Mathan, Halarîn und ihre Helfer ein Stück einer anderen, friedlicheren Welt zurückgeholt, und hier spürte Oronêl, wie sehr seine Seele sich nach Frieden und Stille sehnte. Es würde noch ein langer Weg bis dorthin zu gehen sein, doch jetzt, in diesem Garten glaubte er zum ersten Mal seit langem wirklich daran, dass es möglich war.
Er nickte Mathan zu, denn er traute seiner Stimme im Augenblick nicht, und ging langsam über den von Feuerschalen erhellten Marmorplatz, zwischen anderen Gästen, von denen ihm viele unbekannt waren, hindurch unter die Obstbäume, wo viele kleine Laternen ihr Licht verbreiteten.

Melkor.:
Ardóneth vom Versteck des Sternenbundes


Obwohl Ardóneth froh war, nun endlich wieder vollständig alleiniger Herr über seinen Geist und Körper zu sein, war er jedoch auch bestürzt.  Fast hätte er selbst dafür gesorgt, dass Fornost an Saruman zurückfiel. Er schwor sich, dass es nie mehr dazu kommen würde.
Nachdem er das feine Gewand aus Minas Tirith mit großer Mühe angezogen hatte, das sein Vater ihm mitgebracht hatte, begutachtete er sich in einem alten, gesprungenen Spiegel. Das Gewand war aus einem edlen blauen Stoff gewebt und mit einigen Silbernen Fäden an der Schulter verziert  Der Riss, der diagonal durch den Spiegel ging rief erneut ein Gefühl der Zerrissenheit in Ardóneth hervor. Kurzzeitig verweilte er, in Gedanken versunken, bei diesem Bild.
"Ardóneth bist du fertig ?" fragte eine Stimme an der Tür.
Ruckartig aber vorsichtig drehte er sich zur Tür. "Ich denke schon." beantwortete er die Frage seines Vaters.
Nachdem Argóleth seinen Sohn kurz gemustert hatte nickte er kurz. "Dein Mutter wäre sehr stolz auf dich." Er hielte kurz inne und fuhr dann fort: "Komm! Gilbárd und Elrádan und Belen warten bereits auf uns." 

Vor der Waffenkammer trafen sie die Gruppe von Ardóneth und schlossen sich der Runde an.
"Ah, Ardóneth, wie geht es dir?" fragte Fulthien, die den Verband, den Ardóneth um den linken Arm und die Schulter trug, begutachtete.
"Den Umständen entsprechend," antwortete der Gefragte. "Dieser Dunländer hatte wohl ordentlich Kraft..."
Fulthien nickte "Wir sind mit den Vorbereitungen fast fertig," erzählte sie ihm. "Unser neues Mitglied legt sich auch kräftig ins Zeug."
Ardóneth wusste sofort das es um Mallor ging. Scheinbar hatte er nun doch das Angebot von ihm angenommen. Mit einem eher gezwungenen Lächeln nickte er. Der Schmerz der durch die Schulter strahlte wurde von Stunde zur Stunde schlimmer. Argóleth, der nur gelauscht hatte unterbrach seinen Sohn: "Wir müssen weiter wenn wir pünktlich sein möchten," warf er ungeduldig ein.

Nachdem sich Ardóneth mit einer Entschuldigung von der Gruppe entfernte gingen die fünf Dúnedain zum Palast. Als sie ihn betraten fiel Ardóneth kurz zurück. Die Bilder aus seinen Traum kamen ihm wieder in Erinnerung. Dennoch konnte er sie dieses Mal zu seiner eigenen Verwunderung schnell wieder verdrängen.
"Ist alles in Ordnung?" fragte Elrádan seinen Freund. Ardóneth beantwortete die Frage mit einem kurzem "Ja" und ging dann weiter. 
Mathan und Halarîn warteten gemeinsam an einer offenen Tür.  Der Elb lächelte sie an. "Willkommen. Es ist schön, dass ihr gekommen seid." Mathan deutete eine Verbeugung an und blickte auf den verbundenen Arm von Ardóneth. "Wird es gehen?", fragte Halarîn und richtete etwas den Verband.
"Ich denke schon," nickte Ardóneth. "Danke für die Einladung und meine besten Glückwünsche."
Die Elbe nickte und rauschte davon um mit Adrienne zu sprechen, die gerade die letzte Laterne aufhing. "Nichts zu danken, es ist schön, dass so viele der Einladung gefolgt sind", winkte Mathan ab und deutete zum Platz in die Mitte. "Wir beginnen in Kürze. Wenn es soweit ist gebe ich dir Bescheid, Ardóneth."

Curanthor:
Kerry, Rilmir, Haleth und Gandalf vom Versteck des Sternenbundes

Der Platz füllte sich immer weiter und Halarîn trat zu Mathan. Gemeinsam standen sie etwas abseits der Gäste an einem Apfelbaum. Sie blickte sich an und lächelten. Der Baum erinnerte sie an ihre Zeit, in der sie bei Halarîns Stamm gelebt haben. Es war ein sehr emotionsvoller Abschnitt ihres Lebens gewesen und der Duft der Apfelbäume rief die Gefühle wieder wach. Fast gleichzeitig blickten sie zu Faelivrin, die gerade mit Adrienne sprach. Ihre Tochter bemerkte die Blicke ihrer Eltern und schenkte ihnen ein warmes Lächeln. Stolz blickte Mathan zu seiner Gattin, die seinen Blick erwiderte. Mit einem Glitzern in den Augen kuschelte sie sich an ihm. Er lächelte sanft und nahm sie in den Arm.  "Ich liebe dich", flüsterte sie und schaute zu ihm auf, "seitdem ersten Tag, an dem wir uns begegnet sind..."
"bis in alle Ewigkeit", ergänzte er und gab ihr einen langen Kuss, "Nun lass uns Kerry ein wundervolles Fest bereiten." Halarin nickte und gemeinsam schritten sie in die Mitte des Platzes. Der Elb räusperte sich und bat um Aufmerksamkeit, sodass das leichte Gemurmel der Gespräche verstummte. Mathan blickte sich um und erfasste alle Gesichter die ihm bekannt vorkamen, darunter waren Oronêl, der mit Finelleth und Irwyne bei den Obstbäumen stand und herüber kam; Ardóneth mit Argóleth und Belen neben einem Feuerkorb, sowie Gilbárd und Elrádan. Die restlichen Gäste drehten sich um und Mathan erkannte zufrieden, dass alle ihre Waffen abgelegt hatten. Auf dem Tisch in der Mitte stapelten sich diese und zeigten deutlich, dass hier sehr viele Kämpfer anwesend waren. Faelivrin stellte sich neben ihre Mutter und lauschte den Worten ihres Vaters, wärend sie ein Waldläuferpaar eintreten sah, die gerade noch rechtzeitig waren.

"Meine Freunde, vielen Dank für Euer kommen. Es berührt mein Herz zu sehen, wie viele von Euch der Einladung gefolgt sind. Wie ihr vielleicht schon gehört habt, werden wir Kerry in unsere Familie aufnehmen. Bei den Elben im Osten gibt es dafür einen sehr speziellen Brauch, eine lange Tradition. Es ist wie ein zweiter Geburstag, der Beginn einer neuen Familienbande." Er machte eine kurze Pause und gab Faelivrin ein Zeichen, die daraufhin in den hinteren Teil des Gartens ging und dort im Zwielicht verschwand. Einige blickten ihr verwirrt hinterher, doch Mathan fuhr fort: "Wir werden zur besseren Verständlicheit alles Gesprochene übersetzen. Ich möchte euch nun bitten einen Spalier zu bilden, die Träger der Blätter stellen sich in einem Kreis in der Mitte des Platzes vor dem Tisch. Im Verlauf der Zeremonie bewegt man sich nur, wenn man dazu aufgeordert wird, außerdem möchte ich um absolute Stille bitten."
Leise tuschelnd kam die Menge der Aufforderung nach und es dauert nicht lange, bis sich auf beiden Seiten eine breite Mauer gebildet hatte. Mathan nickte zufrieden und ging zu Irwyne, die neben Finelleth stand und sich noch immer wundernd umblickte. Er kniete sich vor dem Mädchen nieder und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie blickte ihn erstaunt an und öffnete die Hand, in der er etwas hineinlegte. Irwyne lächelte und steckte es sofort ein und nickte eifrig, woraufhin Mathan ebenfalls lächelte.
"Da bin ich ja fast zu spät erschienen. Dabei kommen Zauberer immer genau dann, wenn sie es beabsichtigen", erklang die nun deutlich kraftvollere Stimme Gandalfs. Der Zauberer trat in den Garten und blickte sich mit einem Lächeln um. "Das Mädchen wartet hier vor dem Tor, da ich dachte, es wäre so in euren Sinne", erklärte Gandalf und begab sich zu seinem Platz in den Kreis. Mittlerweile war es schon sehr dunkel und ein paar letzte blutrote Strahlen verfärbten den Himmel.
Mathan bedankte sich bei dem Zauberer und gab zwei Elben von der Leibwache Faelivrins einen Wink. Mit Speeren und Schilden bewaffnet traten sie an das Tor und warteten auf den Befehl. Acharnor gesellte sich zu ihnen mit einem Seil in der Hand, zusammen mit Adrienne, die eine lange Kette aus geflochtenen Ästen mit Blättern trug. Mathan warf Halarîn einen letzten Blick zu, den sie liebevoll erwiderte. Hand in Hand stellten sie sich vor den Tisch, mit geradem Blick durch das Spalier aus Menschen auf das Tor. Es herrschte eine durchdringende Stille in dem Garten, bis auf das Rascheln der Blätter und der Kleidung war nichts zu hören.
"Öffnet das Tor für eine neuen Abschnitt des Lebens.", sprach Halarîn feierlich und alle Köpfe wandten sich zur Seite. Die beiden Elben zogen das Tor auf, traten sofort zur Seite und gaben den Blick auf eine völlig überraschte und fassungslose Kerry frei. Die Elben blickten sich rasch an, da das wunderschöne Kleid, dass sie trug von elbischer Hand gefertigt wurde. Einige Menschen machten erstaunte Laute, da sie wahrlich bezaubernd aussah. Dem Mädchen fehlten die Worte und sie blickte sich staunend um, unfähig einen Ton herauszubekommen. Mathan und Halarîn öffneten die Arme.
"Cín siniath nos darthan.", sagte er auf Sindarin und Halarîn übersetzte: "Deine neue Familie erwartet dich."
Die beiden Avari traten vor Kerry und gingen auf die Knie. Ein Schlag mit dem Schild auf dem Boden, der wie ein Gongschlag hallte folgten. Dann legten sie ihre Waffen nieder und traten an sie heran. Ehe das Mädchen reagieren konnte hoben die beiden Elben sie im Damensitz hoch. Aus Reflex legte Kerry den Beiden ihre Arme um die Schultern um nicht nach hinten zu fallen. Mit rot glühenden Wangen wurde sie langsam durch das Spalier getragen, sodass sie jedem Gast in die Augen blicken konnte. Mathan und Halarîn verharrten mit weit geöffneten Armen und nickten unmerklich zu den beiden Geschwistern, die sich im Hintergrund gehalten hatten.
Zeitgleich als Kerry den Platz erreichte traten Adrienne und Acharnor neben sie. Die Avari stoppten und sogleich machte Acharnor einen schnellen Schritt nach vorn und Band Kerry das Seil um Arme und Beine. Es lag locker um ihre Gliedmaßen, dennoch wirkte sie, genau wie einige Gäste, erstaunt darüber, dass sie gefesselt wurde. Halarîn blickte Kerry an und unterdrückte nicht mehr den silbernen Schimmer in ihren Augen, woraufhin sie sich etwas beruhigte.
"Angwedho ereth ", sagte Mathan und Halarîn übersetzte: "Kette der Einsamkeit...".
Ein Schatten stürmte aus dem dunkleren Teil des Gartens als sie endeten. Er bewegte sich sehr schnell und etwas Metallenes blitzte auf. Niemand konnte reagieren und augenblicklich fiel das Seil zu Boden, das Kerry gefesselt hatte. Es war mit einem Hieb durchtrennt worden. Vereinztelte Rufe ertönten.
"Sie ist nun gesprengt", vollendete Faelivrin den Satz und ließ ihren schwarzen Mantel zu Boden gleiten. Sie verneigte sich vor Kerry und legte ihren Speer quer über ihr Knie, "Das Haus Manarîn ist nun auch dein Haus. Ich heiße dich als meine Schwester willkommen und schwöre dir, dass ich dein Leben verteidigen werde solange dazu die Kraft in meinem Körper steckt."
Sie richtete sich auf und küsste Kerry auf beide Wangen. Acharnor und Adrienne verneigten sich und traten an ihre Plätze in dem Spalier. Die beiden Avari stellten Kerry auf ihre Füße und zogen sich respektvoll zurück, woraufhin Mathan und Halarîn ihre Arme sinken ließen.

"Tritt vor", forderte Mathan Kerry auf und ging auf sie zu. Er blickte in ihre feuchten Augen, als sie zögerlich seiner Aufforderung nachkam. Auf der Hälfte des Weges fasste Faelivrin die Hand ihrer Schwester und geleitet sie zu ihm. Die Stille in dem Garten ließ die Spannung wieder steigen und als sie sich gegenüber standen schloss Mathan sie in die Arme.
"Ténawen, nun du bist zu Hause." Er konnte sich eine kleine Freudenträne nicht verkneifen und küsste sie ebenfalls auf beide Wangen.
Nun trat Halarîn vor und schloss sie ebenfalls in die Arme.
"Morilië, nun bist du zu Hause.", sprach sie glücklich und gab ihr einen langen Kuss auf die Stirn.

Gandalf, Faelivrin und die Avari begannen zu klatschen. Der Rest der Gäste folgte rasch und Freudenrufe wurden laut, bis Gandalf vortrat und die Arme ausbreitete. Es wurde wieder still und er wandte sich zu der kleinen Familie, die einen Kreis um Kerry gebildet hatte und ihr jeweils die Linke auf den Kopf legte, die Herzhand.
"Ténawen Morilië Nénharma, deine Suche hat nun ein Ende. Hier sind die, die dich lieben und beschützen", sprach Gandalf feierlich und tippte mit dem Stab auf die Hände der Elben. Diese zogen sich nun zurück und verneigten sich vor Kerry, der die Tränen über das Gesicht liefen. Ihre Lippen bebten, doch sie schluchzte nicht, sprachlos verneigte sie sich ebenfalls und lächelte gequält.
"Meine lieben Freunde, das Leben ist wie ein Baum. Der Stamm ist der Kern eines jeden von uns, die Äste sind unsere Verbindungen zu anderen Personen, die uns wichtig sind oder denen wir über den Weg gelaufen sind. Sie hinterlassen eine Spur, oder ein Bild, wie ein Blatt. Manche Blätter sind größer als Andere. Nun möchte ich bitten, jene zu Wort kommen zu lassen, die ein solches Blatt erhalten haben."
Die drei Elben traten hinter Kerry und Gandalf zog sein Blatt aus seinem Mantel. Er legte es in die Silberschale, die Adrienne inzwischen aufgehoben und sich damit neben die Elben gestellt hatte. Der Zauberer trat vor Kerry und fasste sie an beiden Händen, sein Blick ruhte auf den verweinten Augen des Mädchens.
"Eine weise Frau sagte einst: "Selbst die Kleinsten können den Lauf des Schicksals verändern. Ténawen, du bist einzigartig, wie jeder andere in diesem Garten. Deine Art wie du die Welt siehst half mir im Alten Wald und wird hoffentlich noch vielen anderen helfen. Ich wünsche dir, dass du mit deiner Familie glücklich wirst, ganz gleich was geschehen wird." Er drückte ihre Hände und schenkte ihr ein warmes Lächeln, das sie erwiderte und sich leise bedankte. Als nächstes trat Belen vor, der etwas unsicher wirkte. Er legte das Blatt in die Silberschale und schien kurz zu zögern, doch dann nahm er eine Hand von ihr. "Ich weiß, dass du heute viele Dinge sehen musstest, was man in deinem Alter eigentlich nicht sehen sollte. All das Leid und der Schmerz, doch am Ende des Tages, das hat dir Mathan bewiesen, gibt es immer etwas, an dem du dich erfreuen kannst. Ich wünsche die alles Glück der Welt auf deinem Weg." Er nickte ihr zu und Kerry bedankte sich bei ihm und schaute sich nach dem nächsten Sprecher um.

Oronêl trat langsam vor und legte das Blatt in die Silberschale. "Ich habe dich zum ersten Mal in einem Moment der Gefahr und Verzweiflung gesehen, und später, noch am selben Tag, in einem Moment der Freude. Denke immer daran, selbst aus den dunkelsten Momenten kann Schönheit und Glück entstehen." Er berührte mit der rechten Hand leicht die Kette, die Kerry um den Hals trug und schwieg einen kurzen Augenblick, als würde er sich an etwas erinnern. "Heute ist ein solcher Moment der Schönheit", fuhr er schließlich fort. "Ich freue mich für dich, dass du zwei gefunden hast, die dich wie eine Tochter - nein, als ihre Tochter - lieben. Und ich freue mich ebenso für jene beiden, dass sie dich gefunden haben. Und ich verspreche dir, ich werde da sein wenn du, oder deine Familie", er nickte Mathan und Halarîn zu, "mich brauchen solltet." Kerry blickte ihm in die Augen und begann, sich die Kette über den Kopf zu ziehen, doch Oronêl lächelte, schüttelte den Kopf und legte seine Hand auf ihre. "Behalte es", sagte er und trat zurück, um dem nächsten Platz zu machen

Etwas nervös an seinem Verband nestelnd ging Rilmir aus dem Kreis und legte ebenfalls sein Blatt in die Silberschale. Mit einem schelmischen Lächeln trat er vor Kerry und nahm eine Hand von ihr. "Ich weiß, dass du gern deinen eigenen Kopf hast, aber ich bin froh, dass es heute nicht der Fall war. Ja, ich habe davon gehört was du tun wolltest", er drückte ihre Hände etwas fester und machte ein schwermütiges Gesicht," Tu das nie wieder, wirf nicht weg was du hast. Sonst hättest du eine solch wundervolle Familie nie gefunden. Du weißt, was ich denke und mehr noch: Du weißt auch was du willst. Du musst nur tief in dich gehen und alle Furcht und Zweifel beiseite lassen, dort findest du alle Antworten." Er lächelte beim letzten Satz wieder und Kerry konnte nicht anders, als ihn sanft zu Umarmen und sich für seine Worte zu bedanken.  Faelivrins Leibwache hatte inzwischen eine Kiste herangeschafft und sie wortlos unter den Tisch gestellt, vor dem Halarîn und Mathan standen.
Zum Schluss trat Ardóneth vor, nachdem er ebenfalls sein Blatt in die Silberschale legte. Er räusperte sich und schien etwas unwohl, doch er streckte die Brust heraus und nahm wie alle anderen zuvor sie an einer Hand. "Ich freue mich wirklich für dich. In meiner dunkelsten Stunde bist du zu mir gekommen, das bedeutet mir sehr viel. Du warst immer für mich da und ich möchte auch immer für dich da sein. Wie ein großer Bruder, da du für mich wie eine Schwester bist. Ich werde dich beschützen und hoffe, dass deine Wünsche in Erfüllung gehen."
Kerry war gerührt von all den netten Worten und konnte noch immer kaum ein Wort sprechen. Sie schloss auch Ardóneth vorsichtig in die Arme und schien offensichtlich die ganze Zeit ihre Tränen zurückzuhalten. Die meisten anwesenden Gäste hatten ein Lächeln auf dem Lippen, einige wirkten aber auch nachdenklich und lauschten aufmerksam. Leises getuschelt setzte ein, als Ardóneth sich wieder zurück in den Kreis stellte. Es wurde wieder still, als Mathan und Halarîn vortraten und jeweils eine Hand von Kerry nahmen. Gemeinsam gingen sie etwas weiter in die Mitte von dem Platz. Mathan und Halarîn lächelten einander zu und begannen abwechselnd zu sprechen: "Wir freuen uns sehr, dass ihr euch heute alle die Zeit genommen habt hierherzukommen. Nun wollen wir noch eine Weile lang an diesem Ort des Friedens verweilen und die Ruhe genießen. Es folgen noch ein, zwei kleine Überraschungen, dann steht es euch frei eurer Wege zu gehen oder noch mit uns zu feiern.", sagten sie und neigten leicht die Häupter. Zusimmtes Gemurmel erhob sich und Irwyne trat aus der Mauer hervor. Unter all den Erwachsenen wirkte sie besonders klein, was sie jedoch nicht störte. Mathan nickte ihr aufmuntern zu, sodass sie zu Kerry ging und etwas in ihre Handfläche legte. "Eine Nuss eines Hulstbaumes.", sagte Halarîn, als Kerry neugierig ihre Hand öffnete und die Nuss verwundert anblickte. Die unausgesprochene Frage in ihrem Blick ließ Mathan schmunzeln. "Ein Versprechen, dass wir in Eregion ein neues zu Hause haben werden", erklärte er und umschloss ihre Hand mit den Seinen, "Dies soll später ein Baum werden, so wie aus kleinen Dingen, später einmal etwas Großes erwachsen kann. Du musst uns versprechen darauf acht zu geben." Er warf einen Blick zu Halarîn, die glücklich lächelnd nickte. Faelivrin begriff als Erste noch bevor ihre Eltern weitersprachen und musste einen freudigen Ausruf unterdrücken. "Ténawen, wirst du darauf achtgeben?", fragte Mathan und führte Kerrys Hand an Halarîns Bauch. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, was gemeint war. Kerry öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder. Nach einem Moment der Überraschung strahlte sie über das ganze Gesicht. Unfähig zu sprechen nickte sie eifrig, lachte und weinte zugleich. Halarîn seufzte erleichtert auf und auch die restlichen Anwesenden begriffen was gemeint war. "Das ist aber eine Überraschung", sagte Gandalf und neigte leicht sein Haupt, "Meinen Glückwunsch."
"Vielen Dank", erwiderte Halarîn und Mathan grinste überglücklich. "Nun können wir uns dem entspannten Teil des Abends widmen, esst, trinkt und vergnügt euch, denn heute ist das Leben schön", verkündete Mathan und augenblicklich schwoll die Geräuschkulisse deutlich an. Glückwünsche, Segenswünsche und dutzende Fragen erfüllten sogleich den Garten. Faelivrin hatte Tränen in den Augen und umarmte ihre Mutter, dann ihren Vater. Nichts um alles in der Welt hätte sie diesen Abend verpassen wollen. Kurz entschlossen zog sie Kerry mit in die Umarmung und kuschelte sich ganz fest an ihre Familie. "Ni mel mime nosse", sagte sie und freute sich wie noch nie in den letzten Wochen.

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Fine:
"Dann sind wir jetzt also zu fünft," hauchte Kerry und ließ sich ganz tragen von der Umarmung, in die ihre neue Familie sie geschlossen hatte. Ein Teil von ihr wünschte sich, dass dieser Augenblick nie enden würde. Doch verspürte sie auch immer mehr das Bedürfnis, sich auszutauschen und das an diesem perfekten Abend Erlebte mit denen zu teilen, die ihr am Herzen lagen. Schließlich spürte sie, wie Mathan sich aufrichtete, und die Familienumarmung endete.
"Ja, wir sind zu fünft," flüsterte Halarîn geradezu verschwörerisch. "Und welch ein Wunder das ist."
Faelivrin grinste. "Du bist heute nicht nur meine Schwester geworden, Morilië," sagte sie und das königliche Lächeln in ihrem Gesicht wurde noch eine Spur breiter. "Du bist heute auch die Tante von Isanasca und Luscora geworden, auch wenn beide ein paar Jahre älter sind als du es bist."
"Du bist schon Mutter, nésa?" stellte Kerry halb verwundert, halb begeistert fest. Konnte dieser Abend denn noch besser werden? Sie konnte es sich kaum vorstellen. "Sind deine Kinder denn auch hier?"
"Sie blieben zuhause, als ich nach Mittelerde aufbrach," erklärte Faelivrin. "Jemand muss sich um das Reich kümmern, verstehst du?"
Kerry nickte. "Natürlich. Das machen sie bestimmt ganz großartig."
Faelivrin lachte glockenhell. "Da bin ich mir sicher," bestätigte sie.

Der Garten hatte sich inzwischen in eine fröhliche, gelöste Feiergesellschaft verwandelt. Die von Mathan und Halarîn eingeladenen Gäste standen in zu zweit, zu dritt oder in größeren Grüppchen zusammen, und die Stimmung war geradezu ausgelassen. Mehr als einer der Dúnedain des Sternenbundes, die seit dem Auenland mit Kerry gereist waren, kamen zu ihr und gratulierten ihr herzlich. Und Kerry schloss jeden Einzelnen von ihnen in eine enge Umarmung. Sie hatte so viel Liebe und Zuneigung erhalten, da konnte sie gar nicht anders, als diese weiterzugeben. Seit sie sich im Auenland dem Sternenbund angeschlossen hatte war ihr nie bewusst gewesen, dass die Gruppe sie durchaus wahrgenommen hatte und sie nicht so unsichtbar war, wie sie sich oft gefühlt hatte als sie den Dúnedain über die stillen Ebenen Arthedains bis nach Fornost gefolgt war.
"Ich sagte ja, du kannst dich glücklich schätzen," sagte Gandalf, der Kerry für einen kurzen Moment beiseite nahm. "Mein Mädchen, du bist wichtiger, als du dir bewusst bist."
"Ach Gandalf," sagte Kerry leise und sah zu, wie die buschigen Brauen des Zauberers amüsiert in die Höhe schossen.
"Ich meine es ernst," bekräftigte er. "Mathan und Halarîn - und Faelivrin - haben uns gezeigt, wozu diese Welt noch imstande ist, obwohl der Schatten des Herrn der Ringe auf ihr liegt. Und dein Anteil daran ist nicht so gering, wie du dich selbst oft siehst."
Kerry blickte verlegen zu Boden. "Ich habe so viel geschenkt bekommen," sagte sie und ließ die Hulstbaumnuss nachdenklich durch ihre Finger gleiten. "Nicht nur materielle Dinge, Gandalf, wie die Kette, die Ohrringe und den Ring, die ich trage. Oronêl schenkte mir das wertvolle Medaillon seiner Frau, doch das größere Geschenk war das Wissen, das mein Vater noch am Leben ist. Ardóneth schenkte mir die Ohrringe, doch das größere Geschenk war, dass er mir gezeigt hat, dass mein Vertrauen in ihn nicht falsch war, und dass es immer Hoffnung gibt. Mathan steckte diesen Ring an meinen Finger," sie hob den Nénharma-Ring hoch und er glitzerte im goldenen Licht der Feuerkörbe," doch das größere Geschenk war, dass er mich für liebenswert befand. Halarîn heilte meinen Kummer und gab mir Trost, doch das größere Geschenk war die uneingeschränkte Annahme, die sie mir zukommen lässt. Weißt du, Gandalf, ich spüre wirklich, dass Amil und Ontáro mich bedingungslos lieben," sagte Kerry mit einer Klarheit, die sie lange nicht gehabt hatte. "Ich spüre, dass sie mich genauso lieben, wie ich bin, und diese Liebe nicht etwa von meinen Worten, meinem Aussehen oder sonstigen Leistungen abhängig machen."
Gandalf nickte nur und ein zufriedenes Lächeln hatte sich auf sein Gesicht gelegt. "Das hast du sehr schön gesagt, Mädchen."

"Und es war vollkommen richtig," sagte Halarîn, die überraschend hinzu getreten war. "Morilië, du bist für Mathan und mich genauso ein Geschenk wie wir es für dich sind. Du machst die Welt zu einem besseren Ort."
Erneut spürte Kerry, wie ihre Augen feucht wurden und zwei kleine Tränen stahlen sich ihre Wangen hinab, die Halarîn flink abtupfte. "Nicht, dass du mir austrocknest," kicherte sie und zauberte ein Glas hervor, das wohlriechendes, klares Wasser enthielt. "Vorerst kein Wein für dich, meine Tochter," sagte die Elbin im gespielt strengen Ton. "Du sollst den Abend im Vollbesitz deiner geistigen Kräfte genießen."
"Ja, Amil", stimmte Kerry strahlend zu. Und schon war Halarîn wieder fort, wirbelte freudig durch die Reihen der Gäste und verschwand aus Kerrys Blickfeld. Sie drehte sich um, doch auch Gandalf war fort. Stattdessen sah sie sich Rilmir gegenüber, der Haleth im Arm hielt und Kerry ein fröliches Nicken schenkte.
"Ich hab's dir ja gesagt," sagte Haleth als sie herankam. "Du siehst bezaubernd in dem Kleid aus. Den Elben hat es gefallen."
"Mathan und Halarîn sollten gut auf ihre Tochter achtgeben," witzelte Rilmir. "Unter den Blicken, die dir heute zugeworfen wurden, waren auch einige, die von Schwärmerei zeugten."
"Unsinn," winkte Kerry ab, die sich selbst noch nie wirklich als begehrenswert angesehen hatte. Doch nun, da sie das ausgeschnittene Elbenkleid trug, musste sie zugeben, dass ihr einige Blicke nicht entgangen waren, die sie gestreift oder die sogar auf ihr verweilt waren.
"Rilmir hat mir übrigens viel von seinen Reisen mit dir erzählt," sagte Haleth mit einem neckischen Unterton. "Er wird es nicht bemerkt haben, aber ich weiß ganz genau, für wen du damals Augen hattest. Nicht wahr, Kerry?"
"Ich ... wollte euch eigentlich fragen, ob ihr vorhabt, zu heiraten?" platzte Kerry heraus, um der Frage auszuweichen.
"Das ist eine sehr gute Frage," sagte Haleth und blickte Rilmir erwartungsvoll an.
Dieser brauchte einen Augenblick bis er verstand. "Oh, so ist das also? Du ... du hast wohl nur darauf gewartet, dass ich...Oh, ich bin ein Idiot!"
Haleth nickte, doch ihr Lächeln schwand nicht. "Das bist du in der Tat."
Ein aufgeregtes Raunen ging durch die Menge als Rilmir den Siegelring seines Hauses abnahm und vor Haleth auf die Knie ging. Kerry machte einen respektvollen Schritt rückwärts um den beiden genug Raum zu lassen, und ihr Kleid raschelte als sie stehen blieb.
"Haleth, Tochter des Haldír und der Beldis, von Haus Ardamir," sprach der Dúnadan feierlich. "Willst du meine Frau werden?"
"Ich dachte schon, du würdest nie fragen," gab Haleth zurück, doch ihre Stimme brach und mit Tränen der Freude im Gesicht fiel sie in Rilmirs Arm. Ringsherum klatschten die Leute und jemand warf Blüten in die Luft. Erstaunt stellte Kerry fest, dass es Finelleth war, die die Blüten beinahe so zielsicher zu werfen schien wie ihre Wurfdolche.

Als die beiden Dúnedain sich erhoben, kurz verbeugt und dann in der tuschelnden Menge verschwunden waren kehrte wieder die vorherige glückselige Stimmung im Obstgarten ein. Schließlich ergriff jemand Kerrys Hand. Es war Irwyne, die über beide Ohren strahlte.
"Deórwyn, ich freue mich so für dich!" rief sie und schloss Kerry in eine stürmische Umarmung. "Und ich habe auch ein Geschenk für dich," fügte das rohirrische Mädchen hinzu und löste sich wieder von Kerry.
"Noch ein Geschenk?" wunderte sich Kerry, die kaum glauben konnte, so viel auf einmal zu bekommen.
"Es ist das Kleid," erklärte Irwyne. "Du darfst es behalten. Es steht dir so gut. Viel besser als es mir jemals stehen könnte!"
"Danke, danke, danke," hauchte Kerry und drückte Irwynes Hand. "Du weißt gar nicht, was mir das bedeutet."
"Eine ungefähre Ahnung habe ich," sagte Irwyne mit einem seltsamen Unterton, und ihr Blick blieb an etwas hängen, das sich außerhalb von Kerrys Gesichtsfeld befand. Doch als sie den Blick dorthin drehte, sah sie nur Oronêl, der unter einem der Obstbäume stand und verträumt in sich gekehrt den Blick über die Menge schweifen ließ.
"Ich wünschte nur... Míra könnte das alles miterleben," sagte Kerry leise, und sah vor ihrem inneren Auge das Gesicht der gefallenen Waldläuferin. Irwyne nickte mitfühlend.
"Ich bin mir sicher, das tut sie," sagte Halarîn, die erneut neben Kerry aufgetaucht war. "Morilië, solange du diejenigen nicht vergisst, die dir am Herzen liegen, werden sie stets bei dir sein."
Kerry nickte tief bewegt. "Das tue ich, Amil."
Zum ersten Mal seit ihrer Flucht aus Rohan fühlte sie sich vollkommen sicher und als wäre sie endlich zuhause angekommen. Kerry wusste, dass zuhause nun stets dort sein würde, wo ihre Familie war. Sie folgte Halarîn mit ihrem Blick, als die Elbin sich wieder durch die Menge schlängelte, auf Mathan zu, der mit einem zufriedenen Grinsen neben dem Eingang stand und das Fest beobachtete. Ganz in der Nähe stand Faelivrin und unterhielt sich mit zwei Waldläufern, doch als sie Kerrys Blick bemerkte, legte sich ein warmes Lächeln auf das Gesicht ihrer Schwester, und Faelivrin zwinkerte Kerry vergnügt zu.

Ja, dachte sie. Ich bin zuhause.

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