Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor
Fornost: Die alte Palastanlage
Eandril:
"Nun", sagte Gandalf, und zog genüsslich an der Pfeife, die er nach der Zeremonie hervorgezaubert hatte. "Das war doch ein ziemlicher Augenöffner." Oronêl, der neben ihm unter einem der blühenden Apfelbäume stand und beobachtete, wie Kerry mit Irwyne und Halarîn sprach, nickte langsam, fragte aber dennoch: "Was genau meint ihr? Rilmir und Haleth, oder dass Halarîn ein weiteres Kind bekommt?"
Der Zauberer wandte ihm das zerfurchte Gesicht zu, und zog amüsiert eine Augenbraue in die Höhe. "Mein lieber Elb, ich meine viel mehr als das. Ich meine das alles hier." Er machte eine weit ausholende Geste. "Da denkt man, Elben und Menschen seit Jahrtausenden zu kennen, und dennoch schaffen sie es, einen noch zu überraschen." Oronêl lächelte. "Ich vermute, sie haben nicht nur euch überrascht, sondern auch sich selbst."
Als hätte er Oronêls Worte nicht gehört, zog Gandalf weiter nachdenklich an seiner Pfeife. "Ein Licht in der Dunkelheit, nicht durch Schlacht und Tod, sondern durch Liebe und Freundschaft..." Für einen Augenblick wirkte der Zauberer, als wäre er an einem anderen Ort.
"Mithrandir?", fragte Oronêl, und der Zauberer wandte sich ihm zu. "Verzeiht, ich war ein wenig in Gedanken. Ich denke, ich werde eine Pause brauchen..." Bevor Oronêl weiter nachfragen konnte, stand Irwyne wie aus dem Boden gewachsen vor ihm, und wirkte etwas atemlos. "Du solltest nicht so trübsinnig hier herumstehen."
"Ich bin keineswegs trübsinnig", wehrte Oronêl ab, und lehnte sich mit dem Rücken an den bemoosten Stamm des Baumes hinter ihm. Das vertraute Gefühl ließ ihn an Lórien denken - und an seine Jahre in den bewaldeten Hügeln der Pinnath Gelin. Selbst wenn er dort einsam gewesen war und geglaubt hatte, alles verloren zu haben, war es doch eine friedliche Zeit gewesen. Und dennoch... als der den Blick über den Garten schweifen ließ, über Kerry, Mathan und Halarîn, die vor Glück geradezu zu leuchten schienen, über Irwyne und Finelleth, und auch über alle, die er weniger gut kannte, an die er sich nach dem heutigen Abend aber für immer erinnern würde: Rilmir und Haleth, Ardóneth, Faelivrin und schließlich Gandalf, der nun ein Stück entfernt stand und wie ein weiser Vater über die ganze fröhliche Gemeinschaft zu wachen schien. Und ihm wurde klar, dass er selbst die friedlichsten Jahre in den Pinnath Gelin sofort gegen einen Augenblick mit ihnen allen tauschen würde.
"Dann will ich gar nicht wissen, wie trübsinnig aussieht", sagte Finelleth lachend, die ebenfalls neben ihm aufgetaucht war. Thranduils Tochter hatte sich eine übrig gebliebene Blüte ins Haar gesteckt, und ihre Ähnlichkeit mit Calenwen stach für einen Moment so deutlich hervor, dass sein Herz einen Schlag aussetzte. "Du solltest etwas fröhlicher sein, gwador."
"Ach, ihr jungen Leute", erwiderte Oronêl, und musste lächeln. "Ihr müsst noch lernen, dass man glücklich sein kann, ohne dabei zu singen und zu tanzen."
"Junge Leute?", fragte Irwyne empört. "Ich bin fast siebzehn!" "Lass ihn doch den alten Griesgram spielen, wenn er das will", meinte Finelleth verschwörerisch. "Ich für meinen Teil habe dort hinten ein paar Waldläufer entdeckt, die offenbar ein Wetttrinken planen... mal sehen, wie es ihnen gefällt von einer Frau geschlagen zu werden." Im Gehen wandte sie sich noch einmal um und rief: "Und ich weiß genau, dass du ebenso gerne feiern würdest wie der Rest von uns, Oronêl! Du hast nur Angst, deinen ernsthaften Ruf zu verlieren!" Finelleth winkte ihm noch einmal spöttisch zu, und verschwand dann in eine entfernte Ecke des Gartens.
"Was meintest du mit junge Leute?", fragte Irwyne, und wirkte noch immer eine Spur beleidigt. "Ich bin kein Kind mehr."
"Das bist du mit Sicherheit nicht", erwiderte Oronêl, und legte ihr seine Hände auf die Schultern. "In deinen sechzehn Jahren, die mir wie ein Wimpernschlag vorkommen sollten, hast du es bereits geschafft, mehr Menschen und Elben zu berühren als die meisten Elben in ihrem gesamten Leben, S... Irwyne: Amrûn, Celebithiel, mich, Kerry, Finelleth, Antien... die Liste ist lang."
"Mhm", machte Irwyne. "Wie wolltest du mich gerade nennen?"
"Hmmm... Irwyne?", fragte Oronêl unschuldig, und das Mädchen kniff die Augen zusammen. "Sag es!"
"Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst." Er zwinkerte ihr zu, und Irwyne stampfte mit dem Fuß auf. "Ich habe es doch genau gehört." Oronêl lachte, wurde aber schnell wieder ernst. "Nicht heute Abend. Es wird einen Tag geben, der dir gehört, doch dieser Abend gehört Kerry."
Irwyne wirkte ein wenig besänftigt, als sie antwortete: "Das kann ich verstehen. Also gut, ich werde mich in Geduld üben." Von irgendwo erklang Musik, und einige der Waldläufer begannen, von Rilmir und Haleth angeführt, zu tanzen - auch wenn einige dabei ein wenig unbeholfen wirkten. Irwyne packte Oronêl am Arm. "Und nun komm mit, du wirst tanzen, singen und feiern wie die jungen Leute."
"Vielleicht später." Er befreite sich sanft aus ihrem Griff. "Für den Augenblick bin ich noch sehr damit zufrieden, euch zuzusehen."
"Hrmpf, Finelleth hatte recht. Du bist wirklich ein Griesgram." Mit diesen Worten stürmte sie davon, und ließ Oronêl alleine zurück. Er seufzte tief, und blickte nach oben, wo am Himmel die ersten Sterne zu leuchten begannen. Tief in Gedanken verloren bemerkte er erst, dass Kerry vor ihm stand, als sie ihn ansprach: "Irwyne sagt, du wärst ein Griesgram und würdest dich weigern, anständig mit uns zu feiern." Sie hatte die Hände in die Hüften gestützt und trug eine empörte Miene zur Schau - die allerdings nicht ganz glaubwürdig war, denn ihre Mundwinkel zuckten immer wieder unwillkürlich nach oben, und ihre Augen leuchteten.
"So, sagt sie das", meinte Oronêl langsam. "Vielleicht ist das hier einfach meine Art zu feiern."
"Ach, erzähl mir nichts. Wahrscheinlich hast du einfach nur Angst davor." Auch wenn Kerry es im Scherz gesagt hatte, zuckte Oronêl innerlich zusammen. Er sich so lange zurückgehalten und sich bemüht, seine Gefühle nicht zu offen zu zeigen, dass es ihm nun schwerfiel, loszulassen. "Nun komm schon." Kerry fasste seine Hand. "Sei doch nicht immer so ernst, Ron. Nicht heute." Es war klar, dass sie diesen Namen nur benutzte, um ihn zu ärgern, und Oronêl musste unwillkürlich lächeln.
"Du weißt doch genau, wie ich heiße", meinte er, und auf Kerrys Gesicht erschien ein spitzbübisches Lächeln. "Mag sein... aber bis du endlich aufhörst hier am Rand herumzustehen, heißt du weiterhin Ron." Oronêl ächzte. "Das ist gemeine Erpressung, meine Liebe."
"Na und?" Kerry zuckte mit den Schultern und zwinkerte. "Ich finde, ich habe heute einen Wunsch frei, und dieser Wunsch ist, dass du nicht länger hier herumstehst, sondern mit mir tanzen kommst."
"Tanzen?", fragte Oronêl, ein wenig überrascht. Er hatte mit allem möglichen gerechnet, nur damit nicht. "Es ist sicherlich ein paar tausend Jahre her, dass ich zuletzt getanzt habe... Wahrscheinlich kann ich das gar nicht mehr."
"Ach Unsinn", wischte Kerry seinen Einwand aus der Luft, und zog ihn an der Hand mit sich. "Beim Tanzen geht es nicht ums Können, sondern darum es zu tun."
"Nun ja... Ich schätze, du hast tatsächlich einen Wunsch frei", sagte Oronêl, und gab seinen Widerstand auf. Kerry strahlte, und streckte den Daumen in Irwynes Richtung nach oben. "Ich habe meine Wette wohl gewonnen."
"Wette?", fragte Oronêl, als sie den Marmorplatz, der als Tanzfläche diente, erreichten. Kerry legte ihr Hand in seine und die andere auf seine Schulter, und sie begannen sich im Takt der Musik zu drehen. "Mit Finelleth", erklärte Kerry während sie tanzten. "Sie hat dahinten schon zwei Dúnedain unter den Tisch getrunken und hat gewettet, dass dich heute Abend niemand von deinem Platz loseisen kann."
"Da hat sie die Kraft der Menschen unterschätzt", erwiderte Oronêl lächelnd. Es fühlte sich überraschend gut an, zu tanzen, und nach und nach erinnerte er sich an jeden Schritt und jede Drehung, die er einst gekonnt hatte. Manche Dinge verlernte man anscheinend nie so ganz.
"Ich wollte dir außerdem danken", sagte Kerry schließlich leise. "Für alles was du für mich gesagt und getan hast. Für den Trost, den du mir gegeben hast, und die Nachricht, dass mein Vater noch am Leben ist. Aber ich weiß nicht, was ich tun kann, um..." Oronêl blickte ihr in die grün-blau schimmernden Augen, in denen sich das Licht der Laternen spiegelte, als er antwortete: "Es ist Danke genug für mich, wenn du glücklich bist. Manchmal denke ich, dass das Sauron mehr schadet als jeder Sieg, den wir in der Schlacht erringen." Kerry versetzte ihm einen Klaps auf die Schulter. "Du wirst schon wieder ernst. Heute Abend wird nicht von Schlachten oder Kriegen gesprochen."
"Du hast recht, und es tut mir leid", entschuldigte Oronêl sich, während die Musik für einen Augenblick endete. Kerry ließ ihn los, und meinte: "Es gibt nichts zu entschuldigen - solange du als nächstes mit Irwyne tanzt."
Oronêl erwiderte ihr Lächeln, nahm ihre Hand und küsste den Handrücken. "Eben hast du mir gedankt, und nun danke ich dir. Es war richtig, mich von dort fortzuholen." Dann wandte er sich um und machte sich auf die Suche nach Irwyne, bevor die Musik wieder begann.
Melkor.:
Ardóneth stand neben seinem Vater, der ihm die Hand auf die Schulter gelegt hatte, und beobachtete die Feierlichkeiten. Er hatte zu Beginn dieses Tages nicht darauf hoffen können, dass am Abend alles so gut sein könnte. Sarumans Zauberbann war von ihm genommen worden und er war aus dem Kerker befreit worden. Außerdem hatte er nun eine neue Aufgabe, die es zu erfüllen gab. Doch am meisten freute es ihn, dass Kerry glücklich war. Er beobachtete das Mädchen, wie sie an Rilmirs Hand über die Tanzfläche wirbelte, ihr Kleid ein türkiser Schemen im Licht der Feuerkörbe. Ardóneth nahm einen tiefen, wohligen Atemzug. Alles war gut.
"Es gibt da etwas, worüber ich mit dir sprechen wollte, mein Sohn," sagte Argóleth leise, aber deutlich genug über den Lärm der Feier hinweg.
"Was gibt es?" fragte Ardóneth und drehte sich zu seinem Vater um, der sich an eine weiße Säule gelehnt hatte.
"Du bist mit der Geschichte unseres Hauses vertraut," begann Argóleth. Er hatte seinem Sohn während den Jahren, in denen sie in Minas Tirith gelebt hatten, oft genug davon erzählt. "Daher weißt du auch, welches Erbe uns zusteht. Gilbárd und ich... haben darüber gesprochen, die Tirn Annúminas wieder ins Leben zu rufen."
Ardóneths Augenbrauen schnellten übrerrascht in die Höhe. "Ihr wollt den alten Posten wieder ausfüllen?" fragte er nachdrücklich.
"Ja," bestätigte sein Vater. "Doch wir werden einen Ort in der Nähe brauchen, wenn wir wieder über die Stadt wachen sollen."
"Es gibt die Festung am Abendrotsee," schlug Ardóneth vor. "Belen hat sie zurückerobert als er auf dem Weg nach Fornost war."
"Der Sitz der Erben Isildurs? Nein, das wäre nicht angebracht," lehnte Argóleth rundheraus ab. "Außerdem ist die Festung zu bekannt. Es gibt in den Aufzeichnungen unserer Vorfahren einen anderen, geeigneteren Ort, der erwähnt wird: Gilgroth, die Sternengrotte."
"Was hat es damit auf sich?" fragte Ardóneth, dessen Interesse geweckt worden war.
"Gilgroth war der verborgene Stützpunkt der Tirn Annúminas, bis es vor knapp dreihundert Jahren aufgegeben werden musste," berichtete Argóleth.
"Wie kam es dazu?" hakte Ardóneth nach.
"Im Jahr 2740 gab es eine Ork-Invasion in Eriador," antwortete sein Vater. "Viele wissen nur von der Schlacht auf dem Grünfeld, bei der die meisten Orks in die Flucht geschlagen wurden, doch ein zweiter Trupp von ihnen schlug einen Bogen um den Abendrotsee und endteckte durch einen Zufall tatsächlich den Eingang Gilgroths. Die Dúnedain, die dort stationiert waren, konnten den Stützpunkt nicht halten, denn sie waren wenige geworden. Unsere Vorfahren flohen, und Gilgroth geriet in Vergessenheit."
"Und wo liegt es?" fragte Ardóneth interessiert.
"Das wissen wir nicht, denn ein Teil der Überlieferung ging verloren als einige unserer Vorfahren nach Gondor auswanderten," sagte Argóleth bekümmert. "Doch es muss sich irgendwo in den Bergen nordwestlich von Annúminas befinden."
"Wir brechen schon bald auf, um es zu finden," sagte Gilbard, der hinzu getreten war. "Und das werden wir, verlass' dich drauf."
Sie unterhielten sich noch eine Weile zu dritt über die Schlacht und die Ereignisse der vergangenen Tage. Argóleth, der an Mathans Ausfall teilgenommen hatte, der die Orks vom Tor vertrieben hatte, hatte glücklicherweise keinerlei Verletzung davon getragen. Als sich das Gespräch gerade wieder auf Gilgroth und die Wächter von Annúminas richtete, stand Kerry plötzlich neben Ardóneth, mit zartroten Wangen und freudestrahlenden Augen.
"Ardan!" verkündete sie und ergriff seinen Arm. "Tanz' mit mir, ja?"
"Tanzen?" wunderte er sich. "Ich denke nicht, dass das eine gute Idee..."
"Geh nur, Sohn," unterbrach Argóleth ihn lächelnd. "Ich denke nicht, dass die junge Dame heute Widerreden akzeptiert."
"Sehr richtig," bestätigte Kerry und zog Ardóneth mit sich. Schon hatte sie den rechten Arm auf seine Schulter gelegt und führte seine Hand an ihre Taille. Ihr Kleid raschelte, als die beiden im Takt der Musik über den weißen Marmorboden rauschten.
Ardóneth konnte deutlich sehen, wie glücklich Kerry war, und es erwärmte sein Herz, das Mädchen so zu sehen. Zwar hatte er nur am Rande mitbekommen, wieviel Trauer und Schmerz sie hatte ertragen müssen, doch all diese Dinge schienen nun wie vertrocknete Blätter von ihr abzufallen und belasteten sie nicht mehr. Er sah, wie sie immer wieder strahlende Blicke auf Mathan und Halarîn warf, die am Rande der Tanzfläche standen und einander im Arm hielten. Und so tanzte Ardóneth mit Kerry, auch wenn sein Arm mit der Zeit zu schmerzen begann.
Kerry schien es sofort aufzufallen, und sie ließ sich von Ardóneth von der Tanzfläche führen. Unter einem der Apfelbäume blieben sie stehen und Ardóneth ließ Kerrys Hand los.
"Tut es sehr weh?" fragte sie besorgt.
"Es geht schon," winkte er ab. "Ich brauche nur etwas Schlaf. Morgen werde ich kaum noch etwas davon spüren."
"Brichst du morgen zur Verfolgung der Orks auf?" fragte Kerry.
Ardóneth nickte. "Je früher ich gehe, desto schneller kann ich sie einholen. Mach dir keine Sorgen Kerry," sagte er ehe sie Einwände erheben konnte. "Ich gehe nicht alleine. Die Dúnedain meiner Gruppe gehen mit mir, und auch Fís, der Zwerg, will sich uns anschließen. Außerdem werden wir nicht kämpfen sondern nur beobachten. Du wirst sehen, ich bin schneller wieder in Fornost, als du dir vorstellen kannst."
Kerry blickte für einen kurzen Augenblick zu Boden. "Vielleicht werde ich dann schon nicht mehr hier sein," presste sie hervor. "Oronêl und Ontáro - ich meine Mathan - wollen schon bald nach Süden aufbrechen; nach Eregion, wenn ich das richtig verstanden habe. Es scheint dabei um einige sehr wichtige Dinge zu gehen."
Ardóneths Herz zog sich für einen Augenblick zusammen bei den Gedanken, Kerry für lange Zeit nicht zu sehen, doch er riss sich zusammen und setzte ein aufmunterndes Lächeln auf. "Wir werden uns bestimmt bald wiedersehen, Kerry. Das sagt mein Herz mir deutlich."
Das schien Kerry zu beruhigen, und sie nickte zustimmend. "Also gut, Ardan. Aber für heute Abend bleibst du noch."
"Natürlich," bekräftigte er. "Vielleicht werde ich später noch ein paar Worte zu diesem Abend sagen," überlegte er laut.
"Das würde mich freuen," sagte Kerry. Dann wandte sie sich ab und verschwand wieder in der Menge.
Ardóneth blieb für einen Moment alleine zurück. Nahe des Eingangs sah er seinen Vater stehen, der mit Gilbard in ein angeregtes Gespräch vertieft war. Er wusste, dass die beiden über Annúminas und ihre Pläne für die Stadt sprachen. Er atmete tief ein und begann, sich seinen Weg durch die Feiernden zu bahnen, bis er sich bis auf Weiteres wieder seinem Vater anschloss.
Curanthor:
Die Feier war ein großer Erfolg, seine Befürchtungen, dass die Stimmung zu belastet von der Schlacht sei, haben sich erübrigt. Mathan stand an einem Pfeiler gelehnt und schaute den Tanzenden mit einem Schmunzeln zu. Es wurde zu einem freundschaftlichen Grinsen, als er Oronêl auf der Tanzfläche sah, der mit Kerry umherwirbelte. Das Lächeln auf ihrem Gesicht war für ihn wie ein Sonnenaufgang und er wusste, dass es die richtige Entscheidung war. Wie aus dem Nichts erschien Faelivrin neben ihm mit einem Becher in der Hand. Sie erblickte ihre Schwester und auch ihre Mundwinkel hoben sich erneut. "Sie ist bezaubernd, in vielerlei Hinsicht. Ich würde sie gern noch besser kennenlernen", sagte die Elbe leicht verzückt und nippte an dem Becher. "So kenne ich dich gar nicht", antwortete Mathan mit einem Augenzwinkern woraufhin sie leise lachen musste. "Nun, ich habe wahrlich nicht viel mit Menschen zu tun gehabt, aber sie...", ihre Stimme verstummte und ihr Blick sucht den ihres Vaters.
Er ahnte, dass sie etwas Ernstes ansprechen wollte, da sie sonst nie mitten im Satz abbrach. Gemeinsam schlenderten sie etwas mehr in die Ecke des Gartens. Faelivrin überlegte eine ganze Weile lang und schien nach ihrer Mutter zu suchen. Er folgte ihren Blick, Halarîn unterhielt sich mit Adrienne am anderen Ende des Gartens. "Ich möchte es ihr noch nicht sagen, aber wahrscheinlich müssen wir bald zurückkehren." Ihre Stimme war ernst, ihr Gesicht verkniffen und es schien, als ob sie Qualen hatte dies zu sagen. "Nun, es war absehbar. Dein Volk braucht dich nunmal. Es ist so oder so ein Wunder gewesen, dass du zu diesem Zeitpunkt hierhergekommen bist", sagte er sanft und strich ihr über den Rücken, "Wir verstehen das."
Ihre Augenbrauen schnellten überrascht in die Höhe. "Nein, ich meinte das mein-"
"Verzeihung wenn ich so grob und unhöflich Euch dazwischenpresche, aber die Vorbereitungen sind abgeschlossen.", sagte Acharnor mit hochrotem Kopf und verneigte sich dutzende Male. Adrienne, die neben ihm stand boxte ihm gegen die Schulter. "Verzeiht vielmals Hoheit, er kennt sich nicht so gut mit den Höflichkeitsformen aus, besonders bei hochrangigen Persönlichkeiten.", entschuldige sich das Mädchen und funkelten ihren Bruder ärgerlich an.
Auf Faelivrins Stirn erschien eine steile Falte und sie starrte die Geschwister säuerlich an. Es dauerte keine drei Herzschläge und sie suchten eingeschüchtert rasch das Weite. Noch in Hörweite faltete Adrienne ihren kleineren Bruder zusammen, der sich kleinlaut entschuldigte. "Menschen...", seufzte seine Tochter und schüttelte den Kopf, "Ich muss mich noch immer daran gewöhnen, dass sie anders reagieren als Elben. Eigentlich wollte ich sie gar nicht verjagen", gestand sie und lächelte unschuldig.
Mathan lachte herzlich und legte ihr eine Hand auf dem Rücken. "Ja das ist oft nicht einfach, aber du wirst dich daran gewöhnen. Deine Ausstrahlung wirkt auf sie eben noch etwas stärker", erklärte er ihr schmunzelnd, woraufhin sie nur nickte. Gemeinsam gingen sie in den hinteren Teil des Gartens zu den Apfelbäumen. Hier waren nur wenige Gäste, die meist sich leise unterhielten, abgesehen von einem Paar, das in einer der dunkleren Ecken Zärtlichkeiten austauschte. Rasch schlugen die beiden Elben einen anderen Weg ein und lächelten darüber. Als die Musik eine Pause machte, sahen sie Kerry auf sie zukommen. Faelivrin schenkte ihrer Schwester ein warmes Lächeln und begab sich zu Adrienne und Acharnor um mit ihnen zu sprechen, da sie immer wieder zu ihnen blickten.
"Vater...", begrüßte Kerry ihn und Mathan nahm sie direkt in die Arme. "Ténawen, du siehst hinreißend aus, "erwiderte er, löste sich von ihr und musterte sie. "Woher hast du das Kleid? Es steht dir wundervoll." Kerry schien etwas zu erröten, doch dann strahlte sie wieder. "Irwyne hat es mir geschenkt. Es ist von..." Sie verstummte, da sie wusste, dass es offensichtlich war. "Von Elben gefertigt, ja.", beendete Mathan ihren Satz und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Er nahm sie an der Hand und gemeinsam schlenderten sie durch den Garten. Es erinnerte ihn, wie er vor langer Zeit mit Faelivrin durch die Wälder im Osten von Mittelerde gegangen ist. Kerry schien seinen Gedanken erraten zu haben. "Es erinnert dich an deine Tochter hm?", fragte sie interessiert und musterte aufmerksam sein Gesicht. Er lächelte und strich ihr sanft durchs Haar. "Ja, aber nun habe ich eine weitere Tochter. Gemeinsam sammeln wir Erfahrung und Erinnerungen, an denen wir uns immer erinnern werden.", sagte er und sah das Glitzern in ihren Augen. "Ja...", antwortete sie verträumt und blickte sich um, "Es ist so wundervoll was ihr hier geschaffen habt. Mir fehlen immernoch die Worte, aber ich kann euch nicht genug danken für das, was ihr nur für mich hier geschaffen habt. Es ist bereits das wundervollste Geschenk, das ihr mir bereiten konntet", sagte Kerry ergriffen und drückte seine Hand ganz fest. Einen kurzen Moment trübte sich ihre Stimmung und Mathan ahnte, worum es ging. "Ténawen, lasse deinen Geist nicht vergiften. Elben sind nicht perfekt und selbst wenn du vor uns gehst, wir werden uns am Ende der Zeit wiedersehen. Du wirst immer meine Tochter sein, vergiss das nie", sprach er und nahm sie erneut in den Arm. Sie erwiderte die Umarmung still und klammerte sich an ihn. Er strich ihr beruhigend über den Kopf und gab ihr erneut einen Kuss auf die Stirn. In ihren Augen glitzerten Tränen, die Mathan aber sanft fortwischte. "Hör mal, "sagte er und hockte sich ihr gegenüber, "Ich werde dich beschützen, selbst wenn ich dafür durch ganz Mittelerde reisen muss. Das ist ein Versprechen," er hob ihre Hand mit dem Ring, "das schwöre ich, bei diesem Ring an deinem Finger. Es ist mir eine Ehre und Freude zu gleich, dich um mich herum zu haben", sagte er und schloss seine Tochter in die Arme. "Danke ich...", doch er legte ihr einen Finger auf dem Mund. "Schhh, da gibt es nichts zu danken. Du kannst mit mir über alles sprechen oder alle Fragen stellen die du willst, immer."
Kerry legte ihm wortlos die Arme um den Hals und so blieben sie einige lange Augenblicke lang. "Erzähl mir von deiner Heimat", bat sie und löste sich von ihm. Er erhob sich und atemte tief ein, "Nur wenn du willst natürlich", setzte sie schnell nach.
Sein Blick verlor sich etwas in dem Nachthimmel, als er daran dachte, was damals alles passiert war. Kerry hielt die Luft an und fürchtete, dass sie etwas Falsches gefragt hatte, doch Mathan blickte kurz darauf wieder in ihre Augen. "Eregion, dort wurde ich geboren. Mein Vater war Schmied und meine Mutter eine Jägerin.", er hob seine Hand mit dem Mithrilring am Finger, "Ein Geschenk meines Vaters, genau wie die beiden Schwerter. Die Stadt steht heute nicht mehr, nicht einmal die Grundmauern sind geblieben." Sein Blick verlor sich wieder in der Ferne und Kerry fragte sanft: "Wann war denn das?" Dabei nahm sie seine Hand und schaute zu ihm auf, wie ein kleines Mädchen. Er lächelte ihr gequält zu und fuhr fort: "Vor mehr als tausend Jahren, damals war ich noch gar nicht so lange Hauptmann und führte meine erste Einheit in die Schlacht. Der Konflikt zog sich über Jahre hinweg, bis Saurons Armee Ost-in-Edhil zerstörte, aber da war ich nicht in Eregion. Ich kam zu spät." Ein harter Zug erschien auf seinem Gesicht, den Kerry bisher nicht kannte, sie streichelte etwas unbeholfen seinen Handrücken und wartete, bis er fortfuhr.
"Die Stadt brannte, der Tod hatte eine reiche Ernte eingefahren und ich ahnte, dass mein Vater dort in diesem Inferno war", seine Stimme war bitter und Kerry hielt sich eine Hand vor dem Mund. "Nachdem alles ausgebrannt war fand ich ihn...", Er verstummte und streckte den Rücke durch.
"Er hätte nicht gewollt, dass du so lange um ihn trauerst", sagte Kerry nach einer langen Zeit des Schweigens, "Er würde sicher wollen, dass du ihn in guter Erinnerung bewahrst."
Der Elb blickte sie lange an und nickte schließlich. Er entschloss sich ihr noch weiter zu öffnen und nahm ihre beide Hände in seine. "Meine Familie ist meine Heimat. Ich habe meinen Vater verloren, aber nicht meine Mutter.", gestand er und Kerry riss überrascht die Augen auf. Ein sanftes Lächeln erhellten seine Züge wieder, woraufhin sie ebenfalls Lächeln musste. "Sie ist irgendwo dort draußen, ich spüre es. Ich weiß es", er drückte ihre Hände ganz fest, "Ich werde sie finden und nach Hause bringen. Dann bauen wir in Eregion ein Heim in dem wir alle leben können. Es wird wieder aufleben, das spüre ich", sagte er entschlossen und bemerkte gar nicht, wie Oronêl der Nähe stand und scheinbar auf einen günstigen Moment wartete. Kerry nickte zu dem Elb, der weiter hinten stand und lenkte Mathans Aufmerksamkeit auf ihn. Mathan nickte ihm zu und der Waldelb gesellte sich zu ihnen. "Ich bin froh, dass ihr mir an diesem Tag eine Rolle zugedacht habt", sagte Oronêl zur Begrüßung. "Und ich habe das Gefühl, euch noch nicht längst nicht genug gratuliert zu haben - euch allen drei." Er zwinkerte Kerry zu, und lächelte.
"Es erfreut mein Herz, dass du hier bist, Schwertbruder", sagte Mathan zu ihm und grinste flüchtig.
"Und meines ebenfalls", erwiderte Oronêl, und ergriff den dargebotenen Unterarm zum Kriegergruß. "Ihr habt über Eregion gesprochen?"
Mathan blickte kurz zu Kerry und nickte. "Wenn die Zeit gekommen ist, wird es wieder aus der Asche auferstehen.", erklärte er und nickte, "Trotz aller Zweifel. Ich spüre, dass sich Etwas tut."
"Das höre ich gerne", sagte Oronêl. "Allerdings kann meine Aufgabe nicht darauf warten." "Was für eine Aufgabe?", fragte Kerry. "Und heißt das, du wirst auch nach Eregion gehen?"
"Ja, ich werde euch dorthin begleiten, denn ich brauche Mathans Hilfe", antwortete Oronêl. "Was diese Aufgabe angeht... es wäre mir lieber, nicht darüber zu sprechen. Zumindest nicht ausgerechnet an diesem Abend."
Die Elben wechselten einen Blick, mit dem sie stumm beschlossen für heute das Thema ruhen zu lassen. Kerry verstand und nickte, Mathan packte sie spontan an den Schultern und schob sie zur Tanzfläche. "Da wieder Musik gespielt wird, darf ich ja es nicht verpassen mit meiner Tochter das Tanzbein zu schwingen", sagte er augenzwinkernd zu Oronêl und ging mit einer grinsenden Kerry in die Platzmitte. Dort erblickte er auch Faelivrin, die mit geschlossenen Augen für sich selbst tanzte. Suchend blickte er sich nach Halarîn um und sah sie mit Adrienne, die mit einen angeheiterten Acharnor schwer beschäftigt war. "Was tanzt Faelivrin da?", fragte Kerry leise und starrte auf ihre Schwester, die sehr kompliziert aussehende Figuren beschrieb. Das Besondere war, dass sie jede Bewegung sehr langsam aber mit dem Takt der Musik ausführte. Mathan legte eine Hand an die Hüfte Kerrys und die Andere an die Schulter. Es war eine Weile her, dass er getanzt hatte, aber nach den ersten drei Schritten ging es flüssig voran und sie wirbelten nun auf dem Marmor umher. Dabei strahlte Kerry immer wieder, aber nicht ohne neugierige Blicke zu ihrer Schwester zu werfen. Erst nach einigen Takten der Musik fiel ihm ein, dass er noch nicht eine Antworte auf ihre Frage gegeben hatte. "Das ist eine Art meditativer Tanz, er hilft sich auf den eigenen Körper zu konzentrieren. Es braucht viel Kraft und Kondition, sowie Körperbeherrschung", erklärte er in Kurzform und führte Kerry näher an Faelivrin heran, wo sie mit dem Tanz stoppten.
Interessiert beobachtete sie jede Bewegung von ihrer großen Schwester, die gerade auf einem Bein stand und beide Arme weit voneinander streckte. "Es sind eigentlich Kampfübungen aber sehr stark verlangsamt, dabei wirken sie wie ein Tanz, " fügte Halarîn hinzu, die neben ihnen aufgetaucht war. "Amil, wie alt ist Nésa eigentlich?", fragte Kerry leise an ihre Mutter gewand und erntete ein Grinsen.
Faelivrin machte einen schnellen Schritt nach vorn und landete dicht an Kerrys Ohr. "Ich bin genau 2988 Jahre alt, Ténawen", flüsterte sie ihr zu und zog sich genauso schnell wieder zurück.
"D..das ist aber sehr alt!", rief Kerry schockiert und erntete ein Lachen von ihren Eltern. Halarîn strich ihr über den Kopf und reichte ihr einen Becher, den das Mädchen zögernd annahm. Mit fragendem Blick betrachtete sie die Flüssigkeit und roch daran.
"Etwas, dass Eure Schwester aus Manarîn mitgebracht hat.", informierte Aesa sie, die plötzlich hinter ihnen stand.
"Manarîn?", fragte Kerry interessiert nach und hielt erneut die Nase an den Becher. Es roch süßlich und ...hölzern?
"Das Elbenreich aus verschiedenen Stämmen, die Eure Schwester, unsere Herrin, geeint hat. Ein Großteil machen aber die Hwenti aus.", fasste Aesa zusammen, die sehr respektvoll und mit sehr starken Akzent sprach, "Es ist aus einer Pflanze gewonnen, die nur dort wächst. Und zwar auf den Ebenen von Anathón, deswegen nennen wir es auch schlicht "Anathón" was nur ein Eigennamen ist. Eresion ist berühmt für dieses Getränk."
Kerry fasste sich ein Herz und beschloss das fremde Getränk zu probieren. Unter den interessierten Blicken der Elben hob sie den Becher an die Lippen und nippte daran.
Süße, war das Erste, was ihr in den Sinn kam, dann eine Note Kirsche. Dann war es vorbei. Sie runzelte die Stirn, was zu einem Grinsen der umstehenden führte.
"Merkwürdig... aber lecker", befand sie und erntete ein erleichtertes Lächeln von Aesa.
Sie nippte erneut, bis Halarîn ihr sanft den Becher wieder abnahm. Sogleich spürte sie, wie die Wärme ihr ins Gesicht stieg. Faelivrin blickte kurz schuldbewusst zu Boden und murmelte, dass sie vergessen hatte zu fragen, ob sie überhaupt Alkohol vertrug. Kerry winkte ab und kicherte. "Schon in Ordnung, nur wenn es noch mehr ist...", sie grinste und schüttelte sogleich den Kopf um sich nicht zu blamieren. Inzwischen verstummte die Musik und die Spieler machten eine Pause.
"Keine Sorge, wir passen schon auf", sagte Mathan und leerte den Becher, an dem sie zuvor genippt hatte, "Heute denke ich, kann man sich etwas entspannen. Schließlich habe ich hier noch Apfelwein gefunden." Er warf Halarîn einen Blick zu, die sofort errötete. "Oh nein...", rief sie und hob abwehrend die Hände, "Bring mich nicht in Versuchung, du weiß was passiert." Sie verstummte und nach ein paar Augenblicken mussten sie lachen, sehr zur Verwirrung der Anderen. Mathan weigerte sich irgendwas zu erklären, woraufhin Kerry etwas beleidigt wirkte, aber rasch wieder grinste. "Du verträgst also auch wenig, Amil?", fragte sie und kicherte, "Dann liegt das wohl in der Familie." Die Farbe in Halarîns Gesicht wurde noch eine Spur röter, ehe sie nur stumm nickte. Faelivrin, die schon etwas mehr getrunken hatte, räusperte sich und begann eine sehr harmonische Melodie zu summen. Halarîn lächelte, da sie die Melodie sofort erkannte, selbst Mathan erinnerte sich daran. Die Gespräche ringsherum verstummten und sie lauschten der Melodie. Sie war lang gezogen und getragen, hatte aber eine Tonhöhe, die enorm Anstrengend sein musste. Nach einer Strophe stieg Halarîn ein und sang einen klaren Ton, der mit dem Summen ihrer Tochter wunderbar harmonierte. Nach ein paar Strophen sangen die beiden Elbenfrauen ein wundervolles Duett eines der Lieder, die Mathan und Halarîn für Faelivrin gesungen hatten, als sie sich immer schlecht fühlte:
Nin nos na- i ambar, o nin lór
Nin lór na- an oiale bronadui
Nin lór naedo hi ambar
Im cen cín naeg
Im eless cín naeg
Es blieb eine Weile lang still, bis vereinzelt applaudiert wurde. Mathan und Halarîn lächelten sich an, wärend Faelivrin bewegt wirkte. Sie seufzte und trank etwas Wasser. "Wundervoll", sagte sie und erklärte Kerry, dass es ein Lied über Träume, die Welt und heilenden Schmerz war. Mathan bemerkte zufrieden, dass Faelivrin ihre Schwester mit offenen Armen aufnahm und ihr Misstrauen komplett beiseite ließ.
Melkor.:
Als es schließlich spät geworden war riss sich Ardóneth vom Gespräch mit seinem Vater und Gilbard los und blickte sich suchend nach Mathan um. Er hatte dem Elben noch gar nicht für seine Unterstützung bei der Verhandlung gedankt. Dies würde er nun nachholen. Schließlich entdeckte er Mathan, der in der Nähe der Tanzfläche stand und Faelivrin und Kerry beobachtete, die dort umherwirbelten. Ardóneth straffte sich und ging hinüber.
Mathan hatte sich etwas zurückgezogen und genoss gerade etwas die Ruhe. Es war noch immer etwas unangenehm so viele Geräusche auf einmal zu hören. Erneut verfluchte er sein guten Ohren, die in diesem Fall zu gut waren. Er grübelte darüber, was Faelivrin ihm wohl sagen wollte, bevor die beiden Geschwister sie unterbrochen hatten. Es war wichtig für seine Tochter gewesen, deswegen beschloss er, darauf zu warten, bis sie von selbst wieder auf ihn zuging.
"Mathan, auf ein Wort, wenn Ihr mir kurz Gehör schenken möchtet," sprach Ardóneth den Elben an, welcher nickte und ihm einige Schritte von der Menge weg folgte.
Mathan wirkte etwas nachdenklich, doch als er ihm in die Augen blickte, lächelte er, als ob er ahnte was er sagen würde. "Nun, ich möchte mich bei Euch bedanken, dass ihr für mich gesprochen habt. Ich weiß, dass es nicht einfach war. Viele Freunde würden sich von einem abwenden, wenn er so etwas tun würde," er schüttelte den Kopf, "Doch Ihr habt das nicht, was mir viel bedeutet hat. Nochmals danke dafür."
Mathan nickte zustimmend und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Kein Grund zu danken. Irgendwie hatte ich einfach das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Die Situation war einfach zu passend, vor allem mit einem geschwächten Gandalf. Ich bin froh, dass es so harmlos abgelaufen ist und Ihr wieder der Alte seid.", bekräftigte der Elb und strich sich durchs Haar, sein Blick ging zu Kerry, die mit zart roten Wangen tanzte.
"Außerdem wollte ich mich für die Einladung bedanken, es war eine außergewöhnliche Erfahrung," fügte Ardóneht hinzu. "Und ich bin froh, dass ich Kerry ihren Abend verschönern konnte.", sagte er nach einer Weile, während sie den Tanzenden zusahen.
Nach einer weiteren stillen Minute reichte ihm der Elb wortlos einen Bierkrug. Fragend blickte Ardóneth ihn an und nahm den Krug entgegen.
"Nichts zu danken, komm - lass uns auf deine beste Freundin trinken", sagte er stattdessen und stieß mit ihm an.
"Dürfte ich um Aufmerksamkeit bitten?" fragte Ardóneth der sich nun auf eine der Kisten stellte.
Langsam richteten sich alle Augen auf den Dúnadan und die Gespräche verstummten. Einige sahen ihn fragend an doch bevor erneut Getuschel aufkam begann Ardóneth erneut zu sprechen.
"Die meisten von euch haben sicherlich mitbekommen, dass heute eine Gerichtsverhandlung über mich abgehalten wurde." Einige nickten entsprechend, den anderen konnte man das Ensetzen teilweise ansehen. "Ich habe einen Fehler gemacht, der folgenschwer geworden wäre - einen Fehler..." Ardan stoppte kurz und holte tief Luft bevor er fortfuhr, "einen Fehler, der unverzeihlich ist. Die größte Angst die ich je hatte, ist wahr geworden." Doch bevor er weiter ausholen
wollte stoppte er erneut. "Ohne eure Hilfe wäre ich wahrscheinlich nicht mehr hier." Seine Blicke schweiften zu Mathan, Kerry und Oronel, aber auch zu Elrádan und Gilbárd. "Nur dank solchen Freunden wie ihr es seid, kann ich diesen schönen Tag für Kerry mit ihr feiern. Ich bin froh, an diesem Abend hier sein zu können, und ich bin froh, dass dieser Abend so wunderbar ist. Ich danke euch allen, dass ihr mir zugehört habt und dass ihr mich nicht aufgegeben habt, als Saruman in meinem Kopf war."
Ardóneth deutete eine Verbeugung an und erntete sogar etwas Applaus von der Menge, die sich, nachdem er von der Kiste herabgestiegen war, wieder in viele kleine Gespräche aufteilte. Ardóneth ging zurück zu seinem Vater, der noch immer in der Nähe des Eingangs stand und blickte auf dem Weg dahin in viele Gesichter, die ihn freundlich ansahen. Zu seiner Freude war auch Kerry dabei, die ihn fröhlich über die Tanzfläche hinweg anlächelte ehe sie wieder davonwirbelte. Er erreichte die beiden Dúnedain am Eingang und stand eine Weile schweigend daneben.
"Gut gemacht, mein Sohn," sagte Argóleth schließlich. Und Ardóneth musste zugeben, dass es sich auch so angefühlt hatte.
Fine:
Nach einer ausgiebigen Tanzeinlage und einem weiteren, heimlichen Schluck von Faelivrins Anathón schwirrte Kerry der Kopf ein wenig und sie beschloss, eine Pause einzulegen. Sie entdeckte ihre Eltern in der Nähe und eilte auf sie zu.
"Junge Dame,", begrüßte Halarîn sie mit hochgezogenen Augenbrauen und einer Strenge in der Stimme, von der Kerry nicht ganz sicher war, ob sie wirklich nur gespielt war. "Ich habe ganz genau gesehen, was du getan hast."
"....besonders schön getanzt?" schlug Kerry hoffnungsvoll vor.
"Tsk," machte Halarîn und hob anklagend einen Zeigefinger, während Mathan sich das Lachen nur schwer verbeißen konnte. "Anathón ist nichts, was man einfach runterschütten sollte."
"Ich habe nicht..." setzte Kerry an, doch ihre Mutter brachte sie zum Schweigen und zeigte auf die Flasche in Faelivrins Hand, die schon deutlich leerer geworden war. "Das ... das war nésa!"
"Ja, ich habe sie leergemacht," bestätigte Faelivrin und zwinkerte Kerry verschwörerisch zu.
"Ihr beiden seid unmöglich," schimpfte Halarîn, doch dann musste sie lachen. "Als wärt ihr schon immer Schwestern gewesen." Sie zog ein tiefgrünes, seltsam geformtes Blatt hervor und sagte: "Hier, Morilië. Das wird helfen, falls du die Auswirkungen des Alkohols zu spüren bekommst. Nimm es in den Mund und kaue etwas darauf rum, bis der Geschmack deine Zunge ganz bedeckt hat. Dann kannst du es wieder ausspucken."
Kerry tat, wie Halarîn ihr geheißen hatte. "Igitt," sagte sie als sie das Blatt wieder ausspuckte. "Das schmeckt ja ekelhaft!"
Halarîn legte lächelnd den Kopf schief. "Strafe muss sein, meine Tochter." Das entlockte der ganzen Familie ein herzliches Lachen.
"Ich gehe etwas frische Luft schnappen, Amil," sagte Kerry kurz darauf. "Bin gleich wieder da."
"Sieh zu, dass dir nicht zu kalt wird in dem hübschen Kleid," mahnte Halarîn und legte ihr einen dunkelblauen Umhang um die Schultern.
"Danke," antwortete Kerry und schenkte ihrer Mutter ein erneutes Lächeln. "Du musst dir keine Sorgen machen." Sie reffte ihr Kleid und ging so anmutig es ihr möglich war (wobei sie versuchte, Faelivrins Bewegungen zu imitieren) durch die Menge auf einen der Seitenausgänge zu. Dabei erhaschte sie einen Blick auf Rilmir und Haleth, die sich in einer der abgelegeneren Ecken des Obstgarten offenbar unbeobachtet fühlten und Zärtlichkeiten austauschten. Kerry spürte, wie sie errötete, und wandte sich hastig ab.
"Wohin so eilig?" sagte eine große graue Gestalt, die ihr plötzlich in den Weg trat. Es war Gandalf.
"Ich brauche mal einen Moment für mich," antwortete Kerry und der Zauberer nickte verstehend.
"Tu das," sagte er. "Aber bleib nicht zulange weg. Das ist immerhin dein Abend."
"Ja, Gandalf," gab sie zurück. "Ich habe es Amil schon gesagt: Ich bin wirklich gleich wieder da. Ich brauche einfach nur einen Moment, um all das zu verarbeiten. Weißt du, für mich hat sich heute eine ganz neue Welt eröffnet," begann sie und war eigentlich ganz froh, dass Gandalf - oder irgendjemand - ihr im Moment da war, um zuzuhören. "Seit meiner Flucht aus Rohan hatte ich keine Familie mehr gehabt - ich hatte Freunde, sicher, aber das war nie das Gleiche. Nicht einmal mit dem Dúnadan."
"Du meinst Rilmir," schlussfolgerte Gandalf.
"Ja - Rilmir. Siehst du, das ist auch so eine Sache, die sich geändert hat. Ich kann mir Namen merken. Wusstest du übrigens, dass Kerevalline gar nicht mein eigener Name ist?"
Gandalf warf ihr einen amüsierten Blick zu. "Ich bin ein Zauberer, schon vergessen? Selbstverständlich wusste ich das. Und weißt du, ich denke, die erste Kerevalline wäre stolz darauf, dass du ihren Namen weitergetragen hast und ihr auf diese Art so etwas wie ein zweites Leben gegeben hast."
"So habe ich das noch gar nie gesehen," meinte Kerry nachdenklich. Das Mädchen, das den Namen einst getragen hatte, war ihr in den wenigen Tagen in denen sie sich gekannt hatten sehr sympathisch gewesen, doch die Zeit die ihnen vergönnt gewesen war war natürlich viel zu kurz gewesen um echte Freundschaft zu schließen.
"Es hilft oft, die Dinge auch mal aus einer anderen Perspektive zu sehen," sagte Gandalf weise.
"Und genau das hatte ich ja gerade vor, ehe du mich aufgehalten hast," konterte Kerry.
"Dann will ich dich nicht länger daran hindern," sagte Gandalf lächelnd und gab den Weg frei.
Sie ging weiter durch den Garten, von der Feier weg, bis sie an eine halb eingestürzte Mauer kam, durch die einst ein Tor zu den den Palast umgebenden Gebäuden geführt hatte. In den Jahren seit dem Fall Fornosts war dieses Tor eingestürzt, sodass Kerry vorsichtig über die Trümmer klettern musste um die Straße dahinter zu erreichen, die hier in nördlicher Richtung quer zum Palast verlief und an der nördlichen Mauer Fornosts endete. Durch ein großes Loch in der Außenmauer konnte Kerry einen Blick auf die Ebenen im Norden der Stadt erhaschen, denn die Nordseite Fornosts lag auf einer hohen Klippe und war deutlich höher gelegen als der Südteil der Stadt. Kerry stand mehrere Minuten schweigend in der Bresche und ließ die Augen erst über das Land wandern, doch dann zog etwas ihren Blick hinauf, zu den Sternen, die in dieser Nacht besonders hell zu leuchten schienen. Sie schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch.
"Ich sollte zurück, ehe sich die anderen noch Sorgen machen," sagte sie in die Stille hinein, an sich selbst gewandt.
Und das war der Moment als sie die Stimme aus ihrem Traum hörte. "Blonde Haare," flüsterte sie, unangenehm nah an Kerrys Ohr. "Du bist es. Ganz alleine hier, was?"
Sie fuhr herum. Aus den Schatten zwischen zwei großen Ruinen war eine dunkle Gestalt hervorgetreten und ragte nun direkt vor Kerry auf. "Das trifft sich aber gut," zischte der Elb - oder war es wirklich ein Elb? Die Ohren liefen spitz zu und die Gesichtszüge hätte man als anmutig bezeichnen können wenn sie nicht von einer höhnischen Fratze verzerrt gewesen wären. "Geduld zahlt sich aus, kleines Rotkehlchen. Komm! Wir beide werden eine Reise machen."
Kerry wich zurück, obwohl sie vor Angt beinahe erstarrt war. "Bleib weg von mir!" rief sie.
"Warum so schüchtern? Ich werde dir nicht wehtun... zumindest nicht sehr." Er bewegte sich auf sie zu und etwas fiel mit einem metallischen Klirren zu Boden. Schneller als man es sehen konnte schnellte sein Arm herauf und traf sie hart an der Schläfe.
Kerry erschlaffte und ihre Welt wurde dunkel.
Kerry nach Arthedain
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