Aglarân mit der Katze und den Namenlosen aus den Gebieten nördlich des EreborsNach mehreren Tagen erreichten sie schließlich die Ausläufer der Grauen Berge. Aglarân bemerkte, dass seine Begleiter etwas unruhiger wurden, was ihn selbst aber nicht sorgte. Er wusste, dass er noch immer die Macht Mordors hinter sich hatte, auch wenn es ihn selbst eher ein Mittel zum Zweck war. Den Söldnern erzählter er davon nichts, das hatte er auch nicht vor, denn sie waren nur dazu da, um ihn erstmals den Rücken frei zu halten. Falls er sie nicht mehr braucht, kamen sie auch später nicht mehr in seinen Plänen vor. Am sechsten Tag nach ihren Aufbruch waren sie schon deutlich weiter und sie fanden erste Anzeichen von Orks. Ein verschrumpelter Orkschädel steckte auf eine aufgespießten Lanze. Die Zunge hing halb heraus und die Augen waren weit aufgerissen.
"Scheinbar mag man sich hier untereinander nicht sonderlich", kommentierte der Wortführer der Söldner und betrachtete die Waffe genauer, "Eine zwergische Waffe, scheinbar haben sich einige von den Maden in den alten Hallen niedergelassen."
"Das dürfte es etwas erleichtern sie zu finden", befand Agalarân kühl und warf der Katze ein paar Brotkrümel hin, die sie auch sofort verspeiste. Es herrschte schon tiefe Dämmerung, doch er ließ sie absichtlich nicht rasten um einen Begegnung zu provizieren. Ihm gefiel es noch immer nicht sonderlich sich mit Orks herumzuschlagen. Sie waren hinterhältig, unzivilisiert und stanken bis zu Himmel. Zwar hatte er keine empfindliche Nase aber der Geruch von diesen Gestalten war durchdringend und hatte immer eine Spur von Moder. "Wir folgen den Spuren", befahl er nach einem kurzen Moment der Stille und deutete dabei auf die breite, ausgetretene Spur.
Die Söldner nickten stumm und betraten den schlammigen Pfad, den die Meute Orks ausgetreten hatte, doch nach einigen hundert Schritt endeten die Spuren an einem Geröllfeld. Einzelne große Steine lagen auf dem Hand und ließen darauf schließen, dass es hier bereits ein paar mal einen größeren Erdrutsch gegeben hatte. Zweifelnd blickte Aglarân zu den schroffe Bergen empor, die sich links von ihm erhoben. Die abgebrochenen Kanten bestätigten seine Vermutung, was ihn nicht unbedingt beruhigte. Dennoch war es nichts, was ihn Sorgen bereitete.
"Scheinbar sind sie diesen Hang hinauf geklettert. Vermutlich führt er tiefer in die Berge.", mutmaßte der Anführer der Namenlosen und schickte sich an das Geröllfeld zu überqueren.
Ein stechender Geruch drang Algarân in die Nase und er packte den Mann sogleich am Kragen. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass die übrigen Soldner die Hände an ihre Waffen legten. "Das ist eine Falle", wisperte er dem Mann zu und ließ ihn sofort los. Eigentlich hätte er ihn nicht warnen müssen, aber es war immer gut jemanden dabei zu haben, den man im Notfall vorschicken konnte. Die Söldner jetzt loszuwerden könnte sich später als Fehler herausstellen.
"Zeigt euch!", brüllte Aglarân gebieterisch und reckte sein Schwert, "Oder der Zorn des Großen Gebieters wird über euch kommen!" Seine Stimme hallte über den Hang und ließ einzelne Brocken poltern, ein paar Steinchen purzelten herab. Einen Augenblick lang geschah nichts und sie wollten sich abwenden, als eine gedrungene Gestalt hinter einem der Steine zum Vorschein kam.
"Wir dienen nicht dem Auge", zischte der Ork, duckte sich jedoch dabei und blickte dabei zu den übrigen Felsen, hinter denen die restliche Meute hervorkam. Einige von ihnen hielten gespannte Bögen in den umförmigen Händen und richteten sie auf die kleine Gruppe.
"Wollt ihr den Zorn des Gebieters, Sauron dem Großen über euch bringen, wenn ihr einen seiner persönlichen Boten angreift?", fragte Aglarân mit einer Eiseskälte in der Stimme und ließ damit die Orks ihre Bögen sinken. Der Anführer schien dennoch nicht überzeugt und fuchtelte mit einem schartigen Schwert umher und wisperte: "Das Auge ist weit fort, hier im Norden kann es uns nichts anhaben."
"Dann wird die Armee Khamûls vom Einsamen Bergs diese Berge vollständig säubern." Er bemerkte, dass einige der Orks bei der Nennung des Ringgeists sofort zusammenzuckten. Zwar war seine Drohung nicht wirklich handfest, doch sie genügte um den Anführer der Meute seine Waffe senken zu lassen. Die Furcht siegte und die Orks verstauten ihre Waffen. "Ich bin Dugbúrz", stellte sich der Anführer der Orks vor und verneigte sich, "Bote des Gebieters, seit uns willkommen." Anhand des Tonfalls bemerkte Aglarân, dass er genau das Gegenteil meinte, doch er nickte nur knapp. Innerlich bereitete er sich auf einen Kampf vor und traute dem Ork kein einziges Wort.
"Bring uns zu deinem Anführer", forderte er harsch und winkelte dabei seni Schwert vielsagend an.
Doch der Orks bleckte die Zähne und verneigte sich knapp. Es war selten, dass Aglarân einem Orks über dem Weg lief, der keine Furch vor ihm hatte, oder Dugbúrz versteckte es sehr gut. Auf jeden Fall sollte er den krummbeinigen Kerl im Auge behalten. Auf eine geheuchelt freundliche Aufforderung setzten die zwei Gruppen sich in Bewegung. Dabei wurden viele argwöhnische und misstrauliche Blicke gewechselt, wobei die Namenlosen Aglarân wortlos in die Mitte nahmen. Vor und hinter ihnen marschierten etwa fünzundzwanzig Orks, die ihnen nicht unbedingt freundlich gesinnt waren. Doch Aglarân war ihnen auch nicht unbedingt offen gegenüber. Sein Auftrag beschränkte sich nur auf Informationsbeschaffung, dennoch beschloss er etwas aktiver zu sein, als befohlen. Sie liefen neben dem Geröllhang einen steilen Berg hinauf und überquerten die Kuppe rasch, wobei sie einen guten Blick über das restliche Gebirge hatten: Dutzende scharfkantige Berge rekten sich dem Himmel entgegen, umringt von Kleineren. Ganz im Norden konnte er ein breites, weißes Band erblicken. Er bemerkte, dass der Berg auf dem sie standen deutlich höher war, als es ihm zuvor bewusst war. "Die Forodwaith, ein Land der Kälte. Beherrscht von mysteriösen Gestalten und Kreaturen, die selbst den Orks hier mehr Angst einjagen als der Dunkle Herrscher", sagte der Namenlose neben ihm plötzlich. Als er ihm den Kopf zuwandte, setzte der Mann nach: "Das haben sie sich beim Aufstieg des Hangs erzählt. Ein wenig verstehe ich ihr Gezische."
Aglarân nickte, auch wenn er nicht genau wusste, was genau furchteinflößender als das Auge sein konnte. Rasch schloss er mit dem Wortführer der Namenlose auf und blickte sich dabei immer wieder misstrauisch um, während die Sonne am Horizont ihre letzten Sonnentrahlen warf. Ihm fiel auf, dass die Orks geschickt das Sonnenlicht mieden um stets im Schatten wandelten. Es erstaunte ihn das zu sehen, denn er dachte, dass es bloß tumbe Kreaturen waren, auch wenn die Meute hauptsächlich wegen Dugbúrz sich so verhielt. Das war Aglarân gleich von Anfang an aufgefallen: Dass die restlichen Orks ihm stets alles nachahmten.
Sie marschierten einen sanft abfallenden Abhang hinab, auf dem sich einzelne Bäume tapfer gegen den schneidenden Nordwind stemmten. Flüchtig blickte der Númenorer nach der Katze um, die sich zu seiner Überraschung in einem Beutel der Namenlosen befand. Das Tier hatte die Augen geschlossen und schiend es zu genießen mal getragen zu werden. Nachdenklich blickte er den Träger an und meinte anhand der Gangart zu erkennen, dass es eine Frau war. Je länger er sie betrachtete, desto sicherer wurde er sich. Zwar konnte man durch die gleichen Rüstungen die die Söldner trugen nichts genaueres erkennen, doch sie schien seinen Blick zu bemerken. Ihr geschlossener Helm wandte sich ihm zu und ihr Blick schien einen Moment auf ihm zu ruhen. Schließlich nickte die Söldnerin nach vorn und lenkte Aglarâns Aufmerksamkeit auf einen Pfad, der sich durch die Berge schlängelte. Sobald sie den Abhang hinter sich ließen, bogen die Orks auf den halb verborgenen Pfad ein, der zu seiner Überraschung stellenweise unter den Dreck, Geröll und kleinen Pflanzen noch gepflastert war. Scheinbar befanden sie sich auf einem alten Zwergenpfad, den nun die Orks nutzten. Er hörte einige Fetzen der orkischen Gespräche, die dabei immer den Blick zum Norden mieden. Durch den längeren Marsch war es schon Nacht, als sie schließlich auf einen halb verfallenen Eingang zu einer Schlucht zuhielten. Aglarân blickte nach Rechts und Links, wobei er bemerkte, dass besagte Schlucht eigentlich ein alter Zwergentunnel war. Irgendwas hatte die Decke komplett weggerissen und schwacher Mondschein erhellte die ehemals polierten Marmorplatten auf dem Boden. Zwergische Runen schmückten einst die Wände, doch sie waren verschmiert durch Orkzeichen und mit Hämmern und stumpfen Gegenständen aus der Formg geschlagen. Dennoch waren die eckigen und geometrischen Baustile der Zwerge deutlich sichtbar. Langsam gingen sie durch den alten Tunnel, wobei Aglarân immer wieder zum Himmel blickte. Dabei entdeckter er drei, manchmal vier tiefe Kerben in dem Gestein. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, selbst die Orks beeilten sich in den hohen Gang zu kommen, der wohl ins Innere des alten Zwergenbaus führte. Es war merkwürdig still und keiner in der Gruppe sagte ein Wort, selbst die Orks schwiegen ehrfürchtig und blickten ebenfalls immer wieder hinauf zu der aufgebrochenen Decke. Klackernd stieß Aglarân mit dem Fuß gegen Etwas, dass alle zusammenzucken ließ. Ein rascher Blick verriet ihm, dass es eine komplett verbeutelte und zerquetschte Rüstung war. Die Orks liefen daraufhin beinahe und eilten in den scheinbar rettenden Gang. Ein heftiger Nordwind kam auf und blies ihnen kalt um die Ohren. Dann ware es vorbei und sie erreichten den Gang, in dem Dugbúrz aufgeregt mit einem anderen, dunkleren Ork sprach. Schließlich trat der Anführer der Orks an ihn heran. "Willkommen in meinen Hallen", spieh er feindselig aus und deutete mit seiner verkrüppelten Hand in die tieferliegende Halle, zu der eine lange Treppe hinunterführte. Einzelne Fackeln erhellten die alten Hallen und verbreiteten ein schummriges Licht. Algarân nickte und bedeutete den Söldnern ihm zu folgen, während er sich bereit machte die Treppen herabzusteigen.