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Das Tal von Dalvarinan

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Curanthor:
Aglarân aus dem geheimen Versteck im eisigen Norden

Es war kühl und er wusste für einen Moment nicht, wo er sich befand. Aglarân öffnete die Augen und sah, dass er sich in einem Zelt aus Hölzern und Sträuchern befand. Scheinbar hatten die geheimnisvollen Bewohner des Eises ihn am Rand der Schneegrenze abgesetzt. Eigentlich hatte er ihnen zugetraut, dass sie ihn einfach in der Wildnis abwerfen und nicht sorgfältig versteckt und geschützt ablegen. Stöhnen tastete er zur Seite und spürte etwas Warmes und Weiches unter seinen Finger. Ein rascher Blick verriet ihm, dass er Iva über das Gesicht strich. Die Söldnerin erwachte von der Berührung und blinzelte. Sofort zog er seine Finger zurück und blickte zur anderen Seite, wo sein Helm, Panzerhandschuhe, Schwert und Schild lagen. Ein Schnurren ließ ihn aufblicken und die Katze, die er aus dem Erebor mitgenommen hatte schlich in das Zelt und leckte Iva über das Gesicht. Die Frau lachte kaum hörbar und streichelte das Tier. Aglarân wunderte sich darüber, dass es die ganze Reise unbeschadet überstanden hatte und nun eher an der Frau hing. Doch neidisch war er nicht.
"Wo sind wir?", erklang die schwache Stimme Ivas, als sie sich aufsetzte. Er zuckte mit den Schultern und musste sich noch immer daran gewöhnen, dass sie sprechen konnte. Stöhnen rieb sie sich den Hinterkopf, wo sie beide getroffen wurden um sie bewusstlos zu schlagen. Dafür, dass sie den eisigen Ort hatten verlassen dürfen, war es ein geringer Preis, genauso wenig wie irgendwo in der Wildnis abgesetzt zu werden. Nachdenklich spitzte er die Ohren und die Geräusche des Waldes drangen an seine Ohren: das Singen von Kleinvögel, das Sirren und Zirpen der Insekten. Ganz entfernt nahm er sogar das Plätschern von Wasser wahr. Mühsam richtete er sich auf und zog sich seine Panzerhandschuhe an. Als er soweit war, packte Aglarân seine restlichen Sachen und krabbelte aus dem Unterschlupf heraus. Iva folgte ihm sogleich und gemeinsam sahen sie sich um. Sie standen an einem Berghang, der von mehreren Bäumen beherrscht wurde. Offenbar befanden sie sich am Fuße eines Gebirges, von dem er aber noch nie gehört hatte.
"Weiß du, wo wir sind? Ich kenne mir in der Wildnis aus, aber von diesem Ort habe ich noch nie gehört", überwand er seine Abneigung zu sprechen und wandte sich an Iva. Vor ihnen lag ein weites, bewaldetes Land. Die Bäume standen in einem saftigen Grün, unabhängig von der Jahreszeit. Die Söldnerin überlegte eine Weile und trat an einen der Bäume und betastete das Moos.
"Nordseite...", murmelte sie nachdenklich und blickte nach Süden. Aglarân folgte ihrem Blick und sah dutzende Berghänge des Gebirges, das er nicht kannte.
"Wir sind weit im Osten", stellte Iva nüchtern fest und ging zurück zu dem Holzunterschlupf, wo sie ein Bündel mit ihren Habseligkeiten herauszog, "Ich schätze, dass wir an dem östlichsten Gebirgszug von Mittelerde sind. Meine Familie hat oft von diesen Ort erzählt, da es hier in den Bergen Unmengen an Gold geben soll."
Während sie sprach, schlüpfte die Katze in ihren Beutel, den sie sogleich schulterte.
"Zwar kenne ich mich hier nicht so aus, aber wenn wir diesem kleinen Bach dort folgen, sollten wir an einen größeren Strom ankommen und von dort aus nach Süden ziehen."
Aglarân musste sich eingestehen, dass er Iva bisher vollkommen unterschätzt hatte. Dafür, dass sie sich "kaum" auskannte, wusste sie nach einigen Momenten wo sie war und wohin sie gehen musste. Er selbst hatte noch nie von diesem Ort gehört und wollte schon fragen, warum denn keine Goldsucher in diesem Gebirge sind, wenn es so reich sein sollte, verkniff es sich aber und sagte stattdessen: "Gut, dann geh vor, " er zögerte einen Moment und besann sich drauf, dass sie wohl kaum noch in seinen Diensten stand und setzte ein kaum hörbares "Bitte" nach.
Iva blickte ihn überrascht an und zog sich ihr Halstuch über den Mund, sodass nur ihre Augen zu sehen waren. Ihr Pony ging ihr knapp über die Brauen und verdeckt den Rest ihres Gesichts. Aglarân wandte den Blick ab und zog sich seinen eigenen Helm über den Kopf. Mit einer Hand strich er den Rosshaarbusch zurück und mit der Anderen seinen Mantel glatt. Dabei bemerkte er, dass der Stoff von Kletten durchsetzt war und entfernte sie im Gehen. Mit großen Schritten folgte er Iva, die auf den kleinen Bach zuhielt, der ruhig vor sich hin plätscherte. Das Geräusch hatte etwas Beruhigendes für ihn, denn in Mordor gab es sowas nicht. Sofort verdrängte er den Gedanken an diesen Ort und zog eine unzufriedene Grimasse. er würde dort nicht zurückkehren. Die Worte der fremden Frau im Eis hallten in seinen Gedanken wieder: "Du denkst, du bist dein eigener Herr? Was hast du denn erreicht? Du bist nur ein jämmerlicher Befehlsempfänger wie jeder andere unter der Fuchtel des Auges."
Aglarân schüttelte zornig den Kopf und ballte die gepanzerte Hand zur Faust, sodass die eisernen Glieder knirschten. Er würde kein Befehlsempfänger mehr sein, das hatte ihm die außergewöhnliche Begegnung deutlich klar gemacht.
Seine schweren Schritte ließen einige Äste knacken, während Iva sich beinahe lautlos durch den lichten Wald bewegte. Nach einigen hundert Schritt erreichten sie den Bach, dessen klares Wasser sich durch ein steiniges Bett schlängelte. Iva kniete an dem Bach nieder und ließ die Katze aus dem Bündel, die sofort freudig zu trinken begann. Aglarân beobachtete dabei ein versonnenes Lächeln auf dem Gesicht der Frau und fragte sich, was daran so schön war. Es war nur ein Tier und er selbst hatte Durst. Er löste eine seiner Trinkflaschen vom Gürtel und dachte kurz nach, ehe er die zweite Flasche ebenfalls löste. Stumm reichte er sie Iva, die mit einem dankenden Nicken annahm. Schweigend füllten sie ihre Wasserflaschen und genossen das Plätschern des Baches. Als ihre Wasservorräte gefüllt waren, machten sie sich auf den Weg und folgten dem Verlauf des Baches. Dabei achtete er etwas mehr darauf, wie er sich bewegte und weniger Lärm machte. Aglarân musste schnell feststellen, dass es gar nicht so einfach war.

Den ersten Tag wanderten sie beinahe ohne drei Sätze zu wechseln dem Bach entlang, dessen Verlauf sich durch den Stein gegraben hatte. Sie passierten einen dichten Wald und sahen einige wilde Tiere, beschlossen aber nicht jagen zu gehen, da sie wahrscheinlich mehr Kraft verbrauchen, als Erfolg haben würden. So versuchten sie so viel Strecke wie möglich zu schaffen. Während sie durch die Wälder liefen und dem Bach folgten, ging ihm immer wieder das Gespräch mit der Fremden durch den Kopf. "Doch zeigt es mir, dass du nicht komplett in der Dunkelheit gefangen bist."
Hat sie wirklich Recht? , fragte er sich im Gedanken und wich einem der immer dicker werdenden Bäume aus, "Ich wurde in der Dunkelheit geboren... hat es nicht auf mich abgefärbt? Habe ich nicht all die Dinge getan..."
Natürlich konnte er sich die Fragen nicht beantworten und schob sie unzufrieden zur Seite. er stellte sich vor, all seine Fragen und Unsicherheit einfach aus seinen Gedanken herauszuschmeißen, doch leider war es nicht so einfach. Selbst als Iva bei Einbruch der Dämmerung vorschlug ein Lager aufzuschlagen, war er noch immer mit seinen eigenen Sorgen, Zweifel und Zorn beschäftigt. Grübelnd half er ihr einen ähnlichen hölzernen Unterschlupf aus Stöcken und Ästen zu bauen. Dabei bemerkte er, dass sie ihn merkwürdig anblickte. Selbst als sie fast das gesamte Material zusammen hatten, warf sie ihm noch immer Blicke zu. Auf einen unzufriedenes Grunzen hin fragte sie zögerlich: "Schlafen wir in einem Unterschlupf oder getrennt?"
Aglarân runzelte die Stirn und sah den Sinn nicht hinter ihren Worten. "Warum Material verschwenden und doppelt Holz sammeln, wenn es in einem schon mal geklappt hat", antwortete er mit einem Stirnrunzeln. Fast war er sich sicher, das Iva manchmal etwas sonderbar sein konnte. Die Söldnerin nickte zögerlich und band die Stöcke mit Fasern zusammen, die sie von Pflanzen gesammelt hatte. Aglarân schaute sich die Handgriffe bei ihr ab und tat es ihr gleich, bis sie genug zusammen hatten, damit sie eine flache Hütte bauen konnten. Als auch diese stand, suchten sie trockenes Holz für ein kleines Lagerfeuer um wilde Tiere abzuhalten. Aglarân tastete dabei nach seinem Beutel und zog seine Feuersteine hervor. Dabei bemerkte er, dass sein Proviant von den geheimnisvollen Bewohnern des Eises aufgefüllt wurde.

Während die Sonne langsam am Horizont versank und den Himmel in ein kräftiges färbte, prasselte ihr Lagerfeuer vor sich hin. Er ärgerte sich, dass das Holz nicht gut brannte, aber es reichte um zu wärmen. Iva saß auf einem Baumstamm ihm gegenüber und hielt an einem Stock etwas von ihrem Proviant über die Flammen. Auf einem Blick von ihm sagte sie: "Ich mag Fleisch nur, wenn es warm ist, sonst esse ich es nicht." Er nickte und schob es auf den Geschmack, der unterschiedlich war. Ihm war es egal was er aß, es musste nur gut den Magen füllen. Nachdem sie fertig gegessen hatten und beschlossen auf Risiko zu gehen und keine wache zu halten, legte sie sich schlafen. Somit endete der erste Tag ihrer langen Reise, von der Aglarân ahnte, dass es sehr lange dauern würde. Als er dort lag und kurz vor dem Einschlafen war, wurde ihm bewusst, dass Iva eigentlich keinen Grund mehr hatte ihm zu folgen. Grübelnd, warum sie noch bei ihm war, schlief er ein.

Curanthor:
Am darauf folgenden Morgen wurden sie von Vogelgezwitscher geweckt. Aglarân und Iva erwachten beinahe gleichzeitig und nickten sich zum Gruß, ehe sie begannen das Lager abzubauen. Dabei stellten sie fest, dass ihr Lagerfeuer noch immer glomm. Er löschte es rasch und streckte sich, während Iva einen Schluck Wasser trank.
"Wann werden wir an dem ersten Dorf vorbeikommen?", fragte er beiläufig und strich seinen Mantel glatt.
Iva zuckte mit den Schultern und stapelte die zusammengebundenen Pflanzen- und Holzstöcke unter einem Busch. Er kommentierte ihr Tun nicht und wartete, bis sie aufbrechen konnten. Es dauerte auch nicht lange, da marschierten sie aus dem kleinen Wald hinaus, auf eine lange, grüne Wiese hinaus. Vor ihnen wand sich der Bach, der nun etwa zwei Schritt maß, eine idyllischen Abhang hinab. Sie folgten dem Verlauf des Wasserlaufes und sprachen kaum. Am Fuße des Abhangs lag ein weiterer kleiner Wald, am Horizont konnte man sehen, wie der Bach zu seinem Fluss anschwoll.
Iva deutete auf den Fluss und sagte: "Später mündet ein weiterer Fluss in diesen hier und wird zu einem großen Strom, der in das Meer mündet."
Aglarân nickte stumm und marschierte weiter, ehe er sich dazu durchrang zu fragen: "Ist es vielleicht der Fluss, der bei Eryan im Meer mündet?"
Iva nickte nach kurzen Überlegen und zögerte kurz, ehe sie sprach: "Ja, vorher werden wir Kushan passieren. Auch wenn ich diesen Landstrich gern umgehen würde."
"Warum?", fragte Aglarân sofort und runzelte die Stirn, was sie aber durch seinen Helm nicht bemerken konnte.
"Dort in den Wäldern... wurde irgendwas entfesselt...", antwortete Iva murmelnd und schien nicht darüber sprechen zu wollen.
"Ich schätze, wir müssen trotzdem dadurch?", erkundigte er sich mit angespannter Stimme. Die Aussicht auf irgendwelche wilden Bestien gefiel ihm nicht sonderlich. Außerdem würden sie durch die lange Wanderung geschwächt sein und würde nicht auf voller Kraft kämpfen können. Aglarân schüttelte unmerklich den Kopf, als er bemerkte, dass er für zwei rechnete.
"Der bei den Wäldern von Kushan gibt es die einzige große Brücke über den Zustrom des großen Flusses", erklärte Iva widerwillig und zog ihr Halstuch herunter, da es mittlerweile Mittag war. Ihre sanft geschwungenen Lippen waren leicht rissig, da sie durch eine unausgesprochene Übereinkunft ihr Wasser aufteilten. Sie wussten nicht, bis wann der Wasser des Bachs noch trinkbar war und so achteten sie darauf, wie viel sie tranken.
"Und diese große Brücke... würden wir dort nicht auffallen?", fragte er nachdenklich und spielte mit den Gedanken einen anderen Weg einzuschlagen.
Für einen kurzen Moment lächelte die Söldnerin, was Aglarân überrascht eine Braue heben ließ, da sie sonst nie eine Regung zeigte.
"So gesprächig wart Ihr ja noch nie", sagte sie und schüttelte rasch den Kopf, "Nein, dort verkehren Menschen aus allen Herren ländern. Man wird uns für Goldgräber halten." Auf einen Blick hin fügte sie leiser hinzu: "Oder eine hochnäsige Schnepfe mit ihrem Leibwächter."
"Leibwächter?", wiederholte Aglarân mit durchdringenden Zweifel in der Stimme und ballte seine gepanzerte Hand zur Faust.
Iva lächelte erneut und strich sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. "Die Menschen des fernen Osten sind sehr eigen. Ich glaube, das könnten wir auch über den fernen Westen sagen."
Er bemerkte, dass sie damit auch von sich selbst gesprochen hatte und somit seinen Verdacht bestätigte. Aglarân schwieg jedoch und wartete darauf, dass sie weitersprach, doch blieben sie für den restlichen Verlauf des Tages still.

Er hatte keine Lust nachzubohren und drehte sich um. Das gewaltige Gebirge hinter ihnen wurde nur langsam kleiner und einzelne Wolkenfetzen krochen die Hänge hinab. Kurz fragte er sich, wie die eisigen Wächter sie hier her gebracht hatten, schob den Gedanken aber beiseite. Ihm war klar, dass er nie darauf eine Antwort erhalten würde. Iva schien auch in Gedanken zu versunken, auch wenn er am Mittag des Tages den Eindruck gehabt hatte, dass sie lebhafter wurde. Schweigend stapften sie in die Stille der Dämmerung, begleitet von den Geräuschen der Natur und dem Plätschern des Baches.

Kurz bevor sie von völliger Dunkelheit umgeben waren, schlugen sie erneut ein Nachtlager auf. Da es jedoch keinen Wald gab, sondern nur ein flach abfallendes Gelände, lagerten sie bei einer Gruppe von Steinen. Der Windschutz war ganz gut, trotzdem machten sie kein Feuer und jeweils einer blieb wach. Weiter außerhalb der Ausläufer konnten sie sich nicht mehr sicher sein, auch wirklich alleine zu sein.

Am nächsten Morgen war ihnen klar, dass die Wache umsonst war. Ihr kleines Lager war unberührt und eine tägliche Routine stellte sich ein: aufstehen, nickend grüßen und eine Kleinigkeit essen. Dann tranken sie Etwas und bauten das kleine Lager ab. Nach nur wenigen Momenten der Ruhe machte sie sich wieder auf dem Weg. Mittlerweile war der Abhang nicht mehr ganz so steil und vermehrt mischten sich zu den Nadelbäumen auch Laubbäume. An einem Abhang erblickte er sogar eine verlassene Hütte. Iva erklärte knapp, dass es ein Rest einer Bergmannshütte war. Das war das Einzige, was sie an diesem Tag an Wörter wechselten. Sie schritten in einem gesunden Tempo durch die Landschaft und Aglarân fühlte sich nach einer langen Zeit endlich frei. Zwar hatte er Iva dabei, die ihn immer wieder an diesen unseligen Auftrag erinnerte, doch hatte er hier weitab im Osten endlich das Gefühl, das zu tun, was er wollte. Natürlich erinnerte sie ihn nicht bewusst daran, sondern eher, wenn er sie anblickte. Sie bemerkte seinen Blick und zog sich rasch das Halstuch wieder bis über die Nase. Er bemerkte, dass sie sich gern versteckte, in der Mittagshitze aber öfters ihren Helm abnahm. Aglarân wunderte sich darüber, dass es ihn irgendwie amüsierte, dass sie sich ebenfalls versteckte. Das tat er sonst immer und zeigte nie sein Gesicht. Hin und wieder bemerkte er, dass sie versuchte durch das Kreuzvisier seines Helmes zu linsen. Wenn er aber den Kopf zu ihr drehte, tat sie stets so, als ob nichts wäre.
Das Spiel empfand Aglarân als eine nette Abwechslung, was er sich selbst aber nie eingestehen würde. Sie zogen durch kleine Wäldern und saftige Wiesen, sahen nur selten Wild oder andere Tiere und schon gar keine Menschen. Hin und wieder fragte er sich, warum hier niemand lebte, wollte aber nicht Iva fragen und somit die Stille stören.

Curanthor:
Etwas mehr als eine Woche wanderten sie durchgehend dem Fluss entlang, dessen Namen sie nicht kannten. Aglarân war sich nicht sicher, ob Iva ihm es nicht sagen wollte, oder ob sie es wirklich nicht wusste. Auf ihren Weg begegneten sie keinen anderen Reisenden, das wollten sie auch gar nicht. Sie achteten darauf, dass sie nicht auffielen und mieden Dörfer. Auch wenn sie am dritten Tag in Nachts ein Dorf betraten um Lebensmittel zu stehlen, blieb es doch die Ausnahme.

Anhand des Wetters erklärte Iva, dass es langsam Sommer wurde und es in dem fernen Osten sehr warm werden konnte. Am fünften Tag ihrer Reise musste Aglarân die zusätzlichen Felleinlagen seiner Rüstung entfernen, da es selbst in der Nacht nicht mehr so kalt wurde. Je weiter sie in Richtung Süden vordrangen, um so trockener wurde die Luft. Er bemerkte das vor allem an ihren Wasservorräten, auf denen er stets ein Auge hatte. Iva dagegen kümmerte sich um ihre Nahrung, da sie überraschend gut auf der Jagd war. Oft waren es nur Kleintiere, doch Aglarân bemerkte, dass seine Begleiterin sehr erfahren war. Sie wusst wie man Fallen stellte und Tiere ausnahm. Sogar wie man aus einer Sehne eines Beutetiers einen primitiven Bogen baute, mit denen sie seitdem jagte. Dabei achteten sie aber immer darauf, dass sie sich nicht zu weit von dem Fluss entfernten.

Am achten Tag ihrer Reise saßen sie an dem Flussufer des großen Stroms und entzündeten ein kleines Feuer. Iva bereitete gerade eine wilde Ente zu, die sie zuvor erlegt hatte. Aglarân zögerte, legte aber dann seinen Helm ab und trank etwas aus seiner Trinkflasche. Ein rascher Blick genügte ihm zu bemerkten, dass Iva so tat, als ob nichts wäre.
"Du magst es mich zu ärgern oder?", fragte er spontan und wusste nicht, warum er das tat.
"Vielleicht", antwortet Iva mit einem flüchtigen Lächeln und zerschnitt das rohe Fleisch.
Aglarân schwieg, schmunzelte aber, was sich etwas seltsam anfühlte. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Iva ein Funkeln in den Augen hatte. Sein Gesicht erstarrte wieder zu einer gefühlslosen Maske und er starrte auf die blutigen Hande seiner Begleiterin. Ihre beinahe schon fachmännischen Handgriffe verarbeiteten die Ente in einer erstaunlichen Geschwindigkeit. Als sie soweit fertig war, steckte sie die in sorgfältigen Portionen geschnittenen Fleischstücke auf einige hölzernen Stücke, die er zuvor angeschnitzt hatte.
"Du hast sowas schon oft gemacht, oder?", fragte er, während das Fleisch brieten.
Iva nickte und drehte ihren Stock. "In unserer Gruppe war ich die Jägerin."
"Du meinst die Söldertruppe?", hakte Aglarân nach.
Erneut nickte sie und blickte in die Flammen, während sie mit einer Hand das Halstuch herabzog. "Ja, damals waren wir viel mehr Leute", erklärte sie und deutete auf eine kleine Narbe am Mundwinkel, die ihm zuvor nicht aufgefallen war, "Die erhielt ich bei einem unserer ersten Aufträge." Sie lachte leise und schüttelte den Kopf. "Wir hatten keine Ahnung was wir taten und wir waren so viele, dass wir uns nicht kannten. Die Narbe bekam ich von einen unser eigenen Leute, da wir uns nicht erkannten."
"Was für eine Gruppe wahrt ihr denn?", fragte Aglarân interessiert und stellte sich vor, wir eine große Söldnertruppe durch das Land zog und alle Aufträge erledigte.
Iva schien eine Weile zu überlegen, spielte mit ihren Haaren und prüfte das Fleisch. Als sie sich wieder aufrecht hinsetzte, sah Aglarân in ihrem Blick, dass sie ihre Vergangenheit nicht mochte.

"Wir waren einmal eine Expedition, zusammengestellt aus Söldnern, Kundschaftern, Soldaten, Edelmänner und Offizieren. Unsere Aufgabe war es nach Dunkelland zu fahren...", begann Iva leise und blickte dabei in die Flammen, "Doch wir betraten nie den fremden Kontinent. Wir verbrachten Monate damit die Schiffe zu beladen und als es nur wenige Tage bis zum Aufbruch waren, geriet das Land in Unruhe." Sie verstummte und blickte nachdenklich zu Aglarâns düsterte Gestalt, der wie gewohnt emotionslos zuhörte. Sie mochte die Geschichte nicht, aber sie hatte bisher auch niemanden, der ihr zuhörte. Und konnte es nicht erzählen, dachte sie sich und wollte sich schon über die verschwundene Narbe am Hals fahren. Sie hielt sich jedoch zurück und blickte wieder zu ihren Gegenüber, aus dem sie einfach nicht schlau wurde.

Aglarân legte den Kopf schief, als Iva nicht fortfuhr und drehte seinen Stock mit dem Stück Fleisch ein Stückchen weiter, damit es nicht zu schwarz wurde. Es verwunderte ihn nicht, dass die Länder an der Ostküste das Meer befahren würden, doch von dem Kontinent hatte er nur aus sehr alten Geschichten gehört. Ein Land, in dem nie die Sonne schien. Er würde sich immer davon fernhalten und drängte auch nicht danach, mehr darüber zu erfahren.
"Unser kleines Reich ging innerhalb von einer Woche unter", riss Iva ihn aus den Gedanken und er horchte interessiert auf. Auf seiner Nachfrage, was geschehen war, zog sie sich mit dem gestreckten Daumen über die Kehle. "Attentäter vernichteten die gesamte führende Schicht. Wir hatten eine Ratssystem und keinen alleinigen Herrscher. Ohne Führung brach rasch Chaos aus und ziemlich viele Interessengruppen kämpften um die Herrschaft. Dann kamen die Wilden, die auch schon halb Minhzu verwüstet hatten. Durch den Bürgerkrieg gab es kein schützende Heer, weswegen unser geschwächtes Reich keinen nennenswerten Widerstand leisten konnte. An dem letzten Tag der Kämpfe ordneten die Offiziere an, dass wir mit den Schiffen fliehen, doch die Söldner meuterten. Mehr als die Hälfte schloss sich dem an und ich war mittendrinn. Ehe ich mich für eine Seite entscheiden konnte, waren die Offizieren ermordet und musste mich damit abfinden. Ohne die schützende Gruppe wäre ich verloren gewesen und womöglich als Sklavin bei den Wilden gelandet."
Iva verstummte und zog ihren Stock zurück, an dessem Ende nun ein leicht angeschwärztes Stück Fleisch hing. Sie zog einen Dolch und entfernte ungenießbare Stellen, was er ihr gleich tat. Er beugte sich zu ihr vor und reichte ihr die zweite Wasserflasche. Dafür bekam er von ihr ein Stück von einem geklauten Laib Brot. Nachdeknlich saßen sie da und aßen von der gebratenen Ente, die Aglarân gar nicht so schlecht fand. Zuvor hatte er nie sonderlichen Wert auf Nahrung gelegt, doch frisches Fleisch fand er sehr erfreulich, besonders wenn man so lange wie sie in dem eisigen Norden nichts Warmes essen konnte. Etwas das Iva gesagt hatte, beschäftigte ihn aber: dass sie stets von Wilden sprach. Er meinte einmal in einer Besprechung der oberen Kommandanten von einem Plan zu Unterdrückung der Völker im fernen Osten gehört zu haben. Die Oberen hatten eigentlich behauptet, dass der Plan nicht durchführbar sei, hatten sie es sich in einer geheimen Beratung anders überlegt?
Er schloss die Augen und seufzte leise, sodass Iva überrascht eine Braue hob, als er sie anblickte. Er schüttelte jedoch nur den Kopf und aß mit verminderten Appetit weiter. Er hatte so viele Dinge gehört, die anderen Menschen schaden würden und eines der Opfer saß nun direkt vor ihm. Er wusste nicht, wie er seine Gefühle beschreiben sollte, ein Teil von ihm empfand so Etwas wie Reue. Ein anderer Teil dagegen Hass. Hass auf den dunklen Herrscher, der sich nicht um Menschenleben scherte. Insbesondere sein eigenes Leben, wie er so oft hatte feststellen müssen.
"Wenn du möchtest, kannst du mir mehr erzählen; wenn du bereit dazu bist", sagte er nach einer langen Pause und bemerkte, dass Iva überrascht den Kopf hob. Einen langen Moment musterte sie ihn und schien zu überlegen.
"Danke", sagte sie schließlich leise und knabberte an ihrem Brot. "Wir sollten bald schlafen. Ich übernehme die erste Wache."
Aglarân nickte und wickelte sich in seinem Mantel ein, nahe dem herabgebrannten Lagerfeuer. Er zögerte, fragte dann jedoch: "Wie heißt dieses Gebirge eigentlich, an dem wir gelandet waren?"
"Die Roten Berge, auch als Orocarni-Gebirge bekannt", antwortete sie knapp und blickte hinaus auf den breiten Fluss.
Der Name ließ bei Aglarân etwas klingen, doch sein Verstand war zu müde um sich darum zu kümmern. Mit der Hand am Schwert schlief er ein.

Am nächsten Morgen sprach sie nicht weiter über Ivas Vergangenheit und sie fragte auch nicht, was Aglarân darüber dachte. Er selbst grübelte noch den restlichen Tag darüber, was sie ihm erzählt hatte. Ihm gefiel es nicht in die Gebiete zu gehen, die von irgendwelchen Wilden heimgesucht worden waren. Auch hallten Ivas Worte in seinen Gedanken nach, dass in den Wäldern von Kushan Etwas entfesselt worden war. Ihre Reiseroute war durchaus gefährlich, doch er war zuversichtlich.

Mehr als Grübeln tat er an den Tag nicht und auch Iva sprach nicht viel, außer die Richtung anzugeben, in der sie reisten. Sie folgten weiterhin den großen Strom, der sich seitdem kleinen Bach aus den Bergen nun zu seinem reißenden Fluss entwickelt hatte. Sie passierten einige kleine Dörfer, die an dem Fluss lagen und den guten Boden nutzten um Felder zu bestellen. Hin und wieder schlichen sie sich in die primitiven Dörfer, die hauptsächlich aus Holz und Stroh gefertigt waren um Lebensmittel zu stehlen. Dabei wurden sie auch nie erwischt und nahmen stets nur Brot oder Fladen mit, die ein unachtsamer Bewohner nicht verschlossen hatte. Scheinbar war man hier so weit abseits der großen Städte, dass man nicht besondere Vorsicht walten ließ. Iva merkte öfters an, dass in Friedenszeiten es ganz normal war, seine Türe offen stehen zu lassen.

Aglarân und Iva nach Kushan

Fine:
Córiel, Jarbeorn und Vaicenya aus dem Fürstentum Dervesalend


Schnee fiel in winzigen Flocken vom weißen Himmel herab, der sich über ihren Köpfen in schier endloser Weite erstreckte. Noch war es dem weißen Kleid des Winters nicht gelungen, die Lande zu beiden Seite des Flusses Tajnik unangefochten zu bedecken, doch hier und da hatte der Schnee bereits Fuß gefasst und sprenkelte die Landschaft mit hellen Flecken. Die Bäume hatten ihre Blätter längst verloren und boten dem Schnee daher nichts als ihre kahlen Äste als Liegefläche. Das bräunliche Gras und die Felsen, die eine eigenartige rötliche Färbung aufwiesen, schienen zum Großteil noch zu warm zu sein, um das sofortige Schmelzen der Schneeflocken zu verhindern. Doch dass es schneite, machte Córiel eindeutig klar, dass der Winter nahte.
Seit ihrem Aufbruch aus der Stadt Dervogord hatten sie dem Verlauf des Flusses in nordöstlicher Richtung ohne große Schwierigkeiten folgen können. Obwohl die kleine Straße, die entlang des östlichen Ufers des Flusses verlaufen war, nach einem Tagesritt abrupt geendet hatte, war das Gelände zu Pferde dennoch leicht zu überqueren gewesen und sie waren gut voran gekommen. Der Fluss war zunächst in nahezu gerader Linie nach Nordwesten durch eine flache Ebene verlaufen, in der nur wenig Vegetation gewachsen war. Je weiter die Reisegruppe jedoch nach Nordosten gekommen war, desto mehr Bäume waren zu sehen gewesen und der Fluss hatte begonnen, in kleinen Biegungen zu verlaufen. Er war inzwischen nicht mehr als zehn Meter breit und an den meisten Stellen so seicht, dass die Pferde ihn jederzeit hätten überqueren können. Rechter Hand war seit einigen Tagen eine Gebirgskette am Horizont erschienen und es war immer kälter geworden. Alle drei Gefährten trugen inzwischen dicke Pelzmäntel, die sie unterwegs von einem einsamen Fallensteller erworben hatten. Ihr Atem war bei jedem Luftholen sichtbar und die Tatsache, dass es schneite, macht es nur umso deutlicher, dass der eisige Norden mit jedem Schritt, den sie taten, näher rückte.

Fünf Tage nachdem sie Dervogord verlassen hatten rasteten sie an einem kiesigen Strand am Flussufer. Es war früher Nachmittag und ein karges Mittagessen lag hinter ihnen, das aus den mitgebrachten Vorräten bestanden hatte. Die Natur rings um sie bot ihnen nur wenig an, mit dem sich ihre Nahrungsvorräte ergänzen ließen.
Vaicenya stand etwas abseits der Gruppe und betrachtete nachdenklichem Gesichtsausdruck einen der Felsen, der aus dem Gras ragte und auf dem sich eine kleine Ansammlung von hartnäckigen Schneeflocken zu sammeln begonnen hatte. Nach einem langen Augenblick hob die Dunkelelbin den Blick und ließ ihn in die Ferne schweifen. Nach Osten hin, wo die gewaltige Gebirgskette am Horizont aufragte.
„Ich weiß, wo wir sind,“ murmelte sie. „Dalvarinan...“
Der Name weckte in Córiel eine Erinnerung Melvendës, die einst gewusst hatte, dass es einen Ort mit dieser Bezeichnung gegeben hatte. In einem längst vergangenen Zeitalter hatten die ersten Elben das Gebiet rings um ihren Heimatwaldes Dalvarinan genannt. Es war ein beliebter Ort gewesen, um entlang der klaren Wasser des Flusses über die Wiesen zu schlendern und sich nachts am unverhüllten Anblick der Sterne zu erfreuen. Melvendë selbst hatte eine solche Reise nur ein einziges Mal unternommen.
Córiel stellte sich neben Vaicenya. „Wenn dies Dalvarinan ist, dann haben wir das Land Palisor erreicht,  und die Berge dort am Horizont müssten das große Massiv darstellen, das einst an Ostrand des Elbenwaldes grenzte und unsere Heimat von den Stämmen auf der anderen Seite trennte.“
„Die Orocarni nannten wir sie, und diesen Namen tragen sie bei vielen Völkern noch heute,“ sagte Vaicenya. „Dann sind wir nahe an unserem Ziel. Ich spüre es deutlich.“
„Eins verstehe ich nicht,“ sagte Jarbeorn, der im Schneidersitz auf einer leichten Decke hockte. „Wieso ist es überhaupt so schwer, den Ort zu finden, an dem Níthrar sich aufhält? Wenn es einst eure Heimat war, solltet ihr doch eigentlich ganz genau wissen, wo er liegt, oder etwa nicht?“
„Viel hat sich seit den Altvorderen Tagen verändert. Eine Zeitspanne ist seither vergangen, die über deinen Verstand hinaus geht. Die Welt ist eine andere geworden. Sie wurde in den Kriegen der Valar zerbrochen und neu geformt. Täler und Flussläufe haben sich verschoben und Berge sind versetzt worden. Nachdem die Hälfte meines Volkes auf die Große Wanderung nach Westen ging, regte sich auch unter jenen, die in ihrer Heimat blieben, die Sehnsucht, neue Länder zu erforschen. Und als wir hörten, dass der Schatten besiegt worden sei, hielt uns nichts mehr davon ab, den Wald und die Wasser unseres Erwachens hinter uns zu lassen. Wenn ich daran zurückdenke, kommt es mir seltsam vor, dass es dazu kommen konnte, dass nahezu alle Elben Cúivienen verlassen haben, aus welchen Gründen auch immer.“
„Und du selbst? Weshalb bist du gegangen?“ fragte Córiel leise.
Vaicenyas Blick blieb an Córiels Augen hängen und sie schwieg für einen langen Moment. Dann seufzte sie tief. „Nachdem du... gefallen warst, hatte sich für mich alles verändert. Tarásanë habe ich mit meinem Zorn auf die Welt vertrieben; sie verschwand nicht lange nach der Großen Wanderung. Mir blieb niemand mehr. Das, was mich am Leben hielt, war der Kampf gegen die Kreaturen des Schattens, die ich jagte, wo immer ich sie fand. Nach der Niederlage ihres Herrn verkrochen die meisten von ihnen sich im hohen Norden, wo ich sie nicht erreichen konnte und meine Streifzüge der Rache wurden immer weitläufiger. Schließlich verließ ich als eine der letzten den Wald unserer einstigen Heimat, als ich von der Ankunft eines neuen Volkes im Osten hörte. So begegnete ich zum ersten Mal den Vorvätern der Menschen. Und ich sah, dass es unter ihnen einige gab, deren Herzen dem Schatten zugewendet waren. Also machte ich mich daran, diese Saat im Keim zu ersticken. Ich lebte über Jahrtausende an den Küsten des östlichen Meeres und scharte eine kleine Anzahl von Gleichgesinnten um mich. Zwar gab es unter ihnen niemals jemanden, der das ersetzen konnte, was wir einst geteilt hatten, aber... du musst verstehen, ich war in jenen Tagen trotz allem einsam. Ich dachte, einer von ihnen könnte das Loch in meinem Herzen füllen.“
Vaicenya starrte hinab ins Wasser des Flusses, der leise vor sich hin plätscherte. Für einen Augenblick hatte Córiel erwartet, die Dunkelelbin würde anfangen zu weinen, doch der flüchtige Augenblick verstrich so schnell wie er gekommen war. Ihr Blick verhärtete sich wieder und sie blieb stumm.
„Selbst ich weiß, dass eine funktionierende Beziehung Liebe braucht,“ meinte Jarbeorn. „Und darüber hinaus verstehe ich nicht, wie es dazu kommen konnte, dass du den Weg nach Hause einfach vergessen hast.“
„Jarbeorn...“ setzte Córiel an, doch Vaicenya war schneller.
„Hast du nicht zugehört, oder sind meine Worte an dem Fell in deinen Ohren abgeprallt? Ich sagte doch, die Welt hat sich seither verändert. Während ich am Ozean jenseits der Orocarni lebte, wurden weit im Westen die Kriege von Beleriand geschlagen. Mein Volk kämpfte dort tapfer gegen den Herrn der Schatten, der aus der Gefangenschaft der Valar geflohen war, und als man ihn endlich niederwarf, erzitterten Berge und Meere erneut. So gewaltig waren die Auswirkungen der finalen Schlacht, dass ganze Länder im Meer versanken und Gebirge und Täler verschoben wurden. Ich konnte den Weg nach Hause nicht mehr finden, weil er nicht mehr da war. Außerdem wollte ich es auch gar nicht. Dort gab es nichts mehr für mich.“
„Und was ist mit Níthrar? Wie... kam es dazu, dass du einen Sohn bekamst?“ fragte Córiel. Sie war sich bewusst, dass es vermutlich viel Zeit benötigen würde, Vaicenya noch einmal so zum Reden zu bekommen. Deshalb musste sie die Gelegenheit, die sich ihr gerade bot, einfach nutzen.
Vaicenyas Blick zeugte von Misstrauen, gepaart mit lange unterdrücktem Schmerz. „Wieso willst du das wissen?“ hakte die Dunkelelbin nach.
„Du sagtest doch, dass niemand aus deinem Gefolge dir geben konnte, was du suchtest. Und doch...“
„Und doch hast du doch offensichtlich entschlossen, einem von ihnen deinen ganz persönlichen Schatz zu zeigen.“ Jarbeorns Grinsen hätte wohl kaum mehr fehl am Platz sein können, und doch war es da. Córiel schlug die Hände vors Gesicht aufgrund seines kindischen Benehmens.
Anstatt zu explodieren nickte Vaicenya wider Erwarten jedoch nur. „Es gab gewisse... lockere Umgangsformen unter jenen, die sich entschlossen hatten, mir zu folgen. Zu Beginn war es der Respekt, der die an mich gerichteten Anfragen abhielt, doch irgendwann machte ich ihnen klar, dass ich auch nur eine von ihnen war. Ich besaß zwar die Autorität, ihnen Befehle zu erteilen und sie im Kampf gegen die Diener des Schattens anzuführen, doch ich war trotz allem Teil der Gemeinschaft.“ Sie hielt inne und seufzte. „Ich weiß nicht, wer von ihnen Níthrars Vater ist. Es war mir damals egal. Und das ist es heute noch immer. Ich weiß nicht, wo meine einstigen Gefährten jetzt sind. Sie sind vom Zahn der Zeit in alle Winde verstreut worden. Ob Níthrars Vater überhaupt noch lebt, steht in den Sternen.“
„Wichtig ist, dass dein Sohn noch am Leben ist,“ meinte Córiel aufmunternd. „Wir werden ihn schon bald gefunden haben; jetzt, wo wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Jarbeorn schien noch nicht fertig zu sein. „Was ist mit Saruman? Wie kam es, dass du dich ihm angeschlossen hast?“ fragte er geradeheraus.
„Ich stand nur zum Schein in seinem Dienst,“ antwortete Vaicenya. „Vor vielen Jahren kam der Zauberer in die Lande, die ich damals durchstreifte, nachdem Níthrar mich verlassen hatte. Dabei machte ich seine Bekanntschaft, doch ich dachte mir nicht viel dabei. Seine Absichten deckten sich nicht mit den meinen. Als er jedoch vor drei Jahren in den Osten zurückkehre und neue Verbündete um sich scharte, wurde ich aufmerksam. Eine Armee von Orks plante er aufzustellen, um sie gegen seine Feinde zu richten, zu denen auch Sauron gehört. Eine gute Gelegenheit bot sich.. zu gut, um sie ungenutzt zu lassen. Ich würde dafür sorgen, dass sich Sarumans Orks im Krieg gegen Saurons Orks verheizten und dass beide Seiten herbe Verluste hinnehmen würden.“
„Doch Saruman hat nicht nur Mordor angegriffen,“ wandte Jarbeorn ein. „Es ist seine Schuld, dass Lothlórien zerstört wurde.“
„Ich habe nichts dazu zu sagen,“ entgegnete Vaicenya. „Ich befand mich tief im Gebirge, um einige widerspenstige Orkstämme in den Dienst der Weißen Hand zu zwingen, als er den Goldenen Wald überfiel. Ich hätte ihm davon abgeraten, doch ich wusste, dass er bereits meine wahren Absichten erahnte. Also ließ ich mich für einige Zeit von ihm benutzen. Bis ich in Dunland eine Begegnung hatte, die alles veränderte.“ Sie blickte Córiel lange an, ehe sie den Blick senkte.
„Du hast mich zunächst nicht wiedererkannt, nicht wahr?“ stellte die Hochelbin fest.
„Natürlich nicht. Viele Zeitalter waren seit deinem Tod vergangen. Zu Anfang gab es oft Augenblicke, in denen ich glaubte, du wärest zurückgekehrt, wenn ich jemanden traf, der dir ähnlich sah. Doch jedes Mal wurden meine Hoffnungen enttäuscht. Erst bei unserer dritten Begegnung war die Asche in meinem Herzen wieder zu einem fahlen Funken geworden. Und so beschloss ich schließlich, dir deine Erinnerungen zurückzugeben.“
„Und das ist dir gelungen, auch wenn ich dir nicht dankbar dafür bin,“ antwortete Córiel leise. „Es ist noch immer schwierig für mich.“
Vaicenya schien darauf keine Antwort zu haben.

Als es Nacht geworden war, ritten sie noch einige Meilen weiter. Der Mond stand als schmale Sichel am Himmel über ihnen, und der Schneefall hatte sich verstärkt. Dicke Flocken sanken zu Boden, und nur wenige schmolzen sofort. Schon bald würde das Land von einer weißen Schicht bedeckt sein.
Vaicenya ritt mehrere Stunden schweigend am Ende der Gruppe. Als sie schließlich ihr Lager für die Nacht aufgeschlagen und gegen den Schneefall eine befehlsmäßige Schutzschicht aus Ästen und Laub errichtet hatten, gesellte sie sich schließlich zu Córiel, während Jarbeorn sich beinahe sofort schlafen legte. Der Beorninger war für die letzte Wachschicht eingeteilt worden.
„Ich weiß, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber wir müssen vorsichtig sein,“ wisperte die Dunkelelbin kaum hörbar. „Heute morgen noch war es kaum mehr als eine unheilvolle Ahnung, die meinen Geist belastete, doch inzwischen habe ich Gewissheit.“
„Worüber denn?“ fragte Córiel ebenso leise zurück.
„Wir sind nicht allein,“ stellte Vaicenya klar. „Jemand beobachtet uns, seitdem wir Dalvarinan betreten haben...“

Fine:
Vaicenyas unheilvolle Feststellung sorgte dafür, dass keine der beiden Elbinnen in jener Nacht wirklich zur Ruhe kam. Jarbeorn hingegen ließ sich davon nicht stören. Als Córiel ihn in den letzten Nachtstunden vor Sonnenaufgang zu seiner Wachschicht aufweckte, gab sich der Beorninger so unbekümmert wie eh und je.
"Da draußen ist jemand... oder etwas," warnte Córiel.
"Und wenn schon. Ich sorge schon dafür, dass wir ungestört bleiben, Stikke," antwortete Jarbeorn. "Was auch immer dort draußen ist - solange es nicht größer als ein Bär ist, mache ich mir keine Gedanken darüber."
"Selbst der kleinste Ork kann dir die Kehle durchschneiden, wenn du nicht aufmerksam bist," hielt Córiel dagegen.
"Er soll es ruhig versuchen. Ich bin hart im Nehmen, Stikke. Du kennst mich doch." Jarbeorn lachte leise. "Jetzt sieh schon zu, dass du noch etwas Schlaf bekommst, bevor die Sonne aufgeht."
Córiel hoffte, dass der Beorninger recht behalten würde und ihre Sorgen unbegründet waren. Dennoch gelang es ihr nicht wirklich, zum Einschlafen zu kommen. Also versuchte sie es nach Elbenart und ließ ihren Geist über die weiten Ebenen ihres Verstandes wandern, während ihr Körper in der Wirklichkeit verharrte und, gegen den Stamm einer dicken Birke gelehnt darauf wartete, dass Córiel die Erholungsphase beendete.

Es war Vaicenya, die sie schließlich anstupste und dafür sorgte, dass Córiel die Augen wieder aufschlug. Das helle Licht der aufgehenden Sonne blendete sie. Der Himmelskörper war gerade über die fernen Spitzen der Orocarni geklettert und die Bäume ringsum warfen lange Schatten gen Westen, die nun langsam zu schrumpfen begonnen hatten, je höher die Sonne aufstieg.
"Wir sollten von hier verschwinden," sagte Vaicenya. "Ich spüre eine Präsenz in der Nähe... näher als gestern Abend."
"Das ist beunruhigend," meinte Córiel. "Vielleicht sollten wir unser Tempo etwas beschleunigen."
Sie machten die Pferde bereit und luden ihr Gepäck rasch auf. Ehe sie jedoch aufbrechen konnten, hielt Vaicenya mitten in der Bewegung inne und starrte angestrengt zwischen den immer dichter werdenden Bäumen hindurch. Dann sprang sie aus dem Sattel und zog ihre Schwerter. "Jetzt reicht es," zischte sie und sprang los, mitten ins Unterholz hinein. Mit lautem Getöse fuhrwerkte die Dunkelelbin darin herum, ohne dass Córiel und Jarbeorn, die ihr vorsichtig folgten, erkennen konnten, was geschah. Als sie herangekommen waren, erklang ein Aufschrei aus dem Gebüsch, in dem Vaicenya verschwunden war, und eine stämmige Gestalt stürzte strauchelnd daraus hervor. Sie überschlug sich einmal und kam vor Jarbeorns und Córiels Füßen auf ihrem Rücken zum Liegen.
"Na sieh mal einer an," meinte Jarbeorn und stemmte seine großen Hände in die Hüften. "Wenn das kein Zwerg ist, dann will ich ein Welpe sein." Und ehe Córiel oder die nun wieder aufgetauchte Vaicenya reagieren konnten, hatte der Beorninger die Gestalt gepackt und sie vor sich auf die Füße gestellt. Die braune Kapuze, die sie getragen hatte, fiel ihr dabei vom Kopf, und man konnte sehen, dass Jarbeorn Recht gehabt hatte. Vor ihnen stand ein Zwerg mit vergleichsweise kurzem, rotbraunem Bart und Haar, der feste Reisekleidung und darunter ein Kettenhemd trug. Bewaffnet war er mit einem schweren Hammer, dessen Griff lang genug war, um ihn sowohl mit einer als auch mit zwei Händen zu führen. Darüber hinaus trug der Zwerg einen Bogen samt Pfeilen auf dem Rücken.
"So," sagte Jarbeorn mit seiner unvergleichlichen Freundlichkeit. "Jetzt, wo wir uns Auge in Auge gegenüberstehen, gibt es keinen Grund mehr für Heimlichkeiten, Meister Zwerg. Wie lautet dein Name?"
Während Córiel mit einer Handbewegung Vaicenya daran hinderte, den Zwerg hinterrücks zu erstechen, warf dieser einen misstrauischen Blick auf Jarbeorn, ehe er antwortete: "Es ist unhöflich, einen Fremden zuerst nach dem Namen zu fragen, ohne den eigenen genannt zu haben."
"Und ebenso unhöflich ist es, Fremden nachzustellen und ihre Schritte heimlich zu verfolgen," stellte Córiel klar. Sie war zwar froh, dass offenbar für den Augenblick keine Gefahr zu drohen schien, doch ihre Anspannung blieb.
"Wenn es dir hilft, will ich gerne den Anfang machen," sagte Jarbeorn gutmütig. "Ich bin Jarbeorn, Sohn des Grimbeorn."
"Ein Beorninger?" entfuhr es dem Zwerg.
"Ganz recht. Du hast also schon von meinem Volk gehört."
"Das ein oder andere Mal," gab der Zwerg zu. "Und was ist mit denen beiden? Diese Wildgewordene dort hat mir beinahe beide Beine abgetrennt!"
Vaicenyas Blick war tödlich. "Das habe ich auch noch immer vor, Zwerg." drohte sie.
"Das ist Vaicenya. Sie ist... nun, recht direkt, wie du gemerkt hast," erklärte Jarbeorn lächelnd. "Nur die Ruhe, sie wird dir nichts tun."
"Wird sie nicht?" fragte Vaicenya zweifelnd und zog die Augenbrauen in die Höhe.
"Nicht, bevor wir nicht wissen, mit wem wir es zu tun haben," ging Córiel dazwischen. "Mein Name ist Córiel, vom Volk der Noldor. Du kennst nun unsere Namen, und wir würden gerne deinen erfahren und darüber hinaus den Grund, weshalb du uns nachgestellt hast."
"Dieses Land ist mir fremd, und ich habe bereits einmal zuvor den Fehler gemacht, mich Reisenden ohne Vorsicht zu nähern. Die letzten Elben, mit denen ich sprechen wollte, haben versucht, mich umzubringen. Deshalb wollte ich zunächst einmal sehen, mit wem ich es hier zu tun habe, ehe ich mich euch zeige." Der Zwerg blickte niedergeschlagen zu Boden und ließ die Schultern sinken. "Das alles hätte ganz anders ablaufen sollen. Ich kam in dieses Land, um mein Volk zu retten und meinen Vater stolz zu machen. Aber ich habe die Berge nicht einmal erreichen können."
"Dein Volk? Stammst du vom Erebor?" fragte Jarbeorn nach.
Der Zwerg nickte. "Ich bin dort geboren. Ein Jahr nachdem mein Großvater zum König unter dem Berg geworden war erblickte ich am Durinstag das Licht der Welt."
"Dein Großvater?" wiederholte Córiel. "König unter dem Berg... aber das bedeutet ja, dein Vater ist..."
"Mein Name ist Durin, Sohn des Thorin," sagte der Zwerg. Er klang nicht sonderlich begeistert davon.
"Ein Name mit großem Gewicht," merkte Vaicenya an.
Durin zog eine Grimasse. "Du hast ja keine Ahnung, Spitzohr. Ich wünsche mir oft, mein Vater hätte einen anderen Namen gewählt, oder ich wäre an einem anderen Tag geboren worden."
"Und warum bist du so weit fort von deinem Volk? Soweit ich weiß lebt der Großteil der Zwerge Erebors in den Eisenbergen und in den Grotten bei Helms Klamm, in Rohan," sagte Córiel.
"Ich sagte doch bereits, ich bin hier, um die Zwerge zu retten. Als der Erebor fiel, floh ich mit einigen wenigen Überlebenden nach Khadar-zharâk in den Eisenbergen, zu meinem Onkel Gráin Feuerfaust. Immer wieder sprach er davon, dass er den Erebor von den verdammten Ostlingen zurückerobern würde, wenn er nur genug Krieger unter seinem Befehl hätte. Und da kam mir ein Einfall. In den ältesten Geschichten meines Volkes ist überliefert, dass es einst sieben Vorväter gab, die als erste unter allen Zwergen erwachten. Wenn die Geschichten stimmen, erwachten vier von diesen sieben in den Bergen, die ihr dort hinten am östlichen Horizont seht. Die Orocarni. Ich wollte ihre Nachfahren finden und an der Spitze eines Heeres von Zwergen in den Westen zurückkehren... und meinem Namen und meinen Ahnen gerecht werden. Jeder Durin, der vor mir kam, war ein legendärer König, wusstet ihr das? Es muss mein Schicksal sein, mit ihnen gleichzuziehen... doch ich fürchte, ich bin kläglich gescheitert."
Durin setzte sich auf dem Waldboden und starrte trübnsinnig vor sich hin. Er hatte seine Geschichte erzählt und schien der Verzweiflung nahe zu sein, falls so etwas bei einem Zwerg überhaupt möglich war.
"Wir sollten weiterreiten," sagte Vaicenya. "Dieser Zwerg geht uns nichts an."
"Wir können ihn doch nicht einfach hier zurücklassen," erwiderte Córiel leise. "Er ist der Erbe des Thrones vom Erebor und von großem Wert für sein Volk. Sein Vater muss krank vor Sorge sein. Für mich klingt es nämlich danach, als ob Durin auf eigene Faust hier ist."
"Ich weiß, was wir tun werden," sagte Jarbeorn. "Wir helfen ihm natürlich dabei, sein selbst gewähltes Ziel zu erreichen."
Beide Elbinnen blickten den Beorninger überrascht an. "Hast du vergessen, weshalb wir hier sind?" zischte Vaicenya.
"Um deinen Sohn zu finden," antwortete Jarbeorn. "Und das werden wir auch. Und Durin wird uns begleiten, ganz einfach. Wenn wir Níthrar gerettet haben, helfen wir Durin bei der Suche nach den Zwergen der Orocarni. Ihr müsst zugeben, dass eine Zwergenarmee, die Mordor oder Rhûn aus einer unerwarteten Richtung angreift, die Kriegslage zu unseren Gunsten verschieben würde."
"Bist du dir da sicher?" fragte Córiel.
"Komm schon, Stikke. Wir sind doch gerade in der Gegend. Wann wirst du das nächste Mal Gelegenheit haben, verschollene Zwergenreiche zu entdecken? Das wird ein Riesenspaß, glaub mir."
Bei diesen Worten hob Durin den Kopf. Ein Hoffnungsschimmer war in seinen Augen aufgetaucht. "Ihr wollt mir wirklich helfen?" fragte er.
"Ich sorge schon dafür, dass wir deine verlorenen Zwerge in Rekordzeit finden," sagte Jarbeorn und zog den Zwerg auf die Beine. "Und mach dir um die beiden Damen dort keine Sorgen. Sie werden schon bald merken, das es das Beste für uns sein wird, dir zu helfen. Außerdem gibt es da ja vielleicht auch etwas, bei dem du uns helfen kannst."
"Und was wäre das, Freund Jarbeorn?" wollte Durin wissen.
"Wir sind auf der Suche nach einem Ort namens..."
"Cúivíenen," ergänzte Córiel Jarbeorns Satz.
"Genau. Bist du bei deiner Reise in den Osten zufällig an einem solchen Ort vorbeigekommen? Dort soll es ein Gewässer geben, vielleicht einen See oder eine Bucht, die direkt am Waldrand liegt.“
Durin strich sich nachdenklich durch den Bart. "Als ich zum ersten Mal den Fluss überquerte, der hier hinter uns fließt, schlug ich den direkten Weg zu den Orocarni ein, bis sich mir unüberwindbare Felsen am Fuße des Gebirges in den Weg stellten.  Von dort hatte ich einen gewissen Ausblick über die Lande westlich des Gebirges und sah, dass der Fluss aus einem See inmitten des dichtesten Waldes entsprang. Vielleicht ist das der Ort, den ihr sucht."
Córiel und Vaicenya tauschten einen Blick aus, dann sagte die Dunkelelbin: "Führ uns dorthin. Dann werden wir es in Erwägung ziehen, dir zu helfen."
"Mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig," brummte Durin verdrossen.
"Kopf hoch!" lachte Jarbeorn. "Jetzt bist du Teil unserer kleinen Gemeinschaft. Du wirst schon sehen, bald werden die beiden Eiszapfen dort dich genauso sehr mögen wie mich."
"Das werden wir ja sehen," war alles, was Vaicenya dazu sagte, ehe sie sich wütend in ihren Sattel schwang.

So setzten sie ihre Reise fort - ihre Reisegruppe um einen weiteren Gefährten erweitert. Durin saß hinter Córiel auf dem Rücken ihres Pferdes und wies ihr, die vorausritt, den Weg. Er schien einen guten Orientierungssinn zu besitzen, denn trotz des immer dichter werdenden Waldes kamen sie entlang des Flusses weiterhin recht gut voran. Gegen Mittag entschieden sie jedoch, die Pferde am Zügel weiterzuführen, da das Geäst nun so tief hinab hing, dass es sie beim Reiten behinderte. Durin stapfte voran, sich am Ostufer des Flüsschens haltend. Und so kam es, dass sie am späten Nachmittag des gleichen Tages schließlich den Ort erreichten, der von den Wassern des Erwachens übrig geblieben war.

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