Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Palisor
Das Tal von Dalvarinan
Thorondor the Eagle:
Start Caelîf:
Als die Elben das schützende Tal verlassen hatten ritten sie entlang einer eher wenig genutzen Handelsstraße um Richtung Norden zu kommen. Die Straßen durch die wilden Wälder die sich westlich der Orocarni erstreckten wurden generell nicht mehr sehr stark benutzt. Das lag wohl daran, dass die Straßen über hohe Pässe an die Ostküste des Meeres führten und diese Wege eher unsicher waren. Die Menschen aus den südlichen Ländern benutzen Wege die südlich der Orocarni nach Osten führten und die Menschen die aus Rhûn kamen legten ihren Focus eher auf die westlichen Ländereien. Die wilden Wälder Palisors waren in den Jahrtausenden eher zu einem legendären Ort geworden.
Der Quetgwor hatte ihnen verraten, dass im Nordosten der wilden Wälder ein ausgedehntes Sumpfgebiet lag und der Wald sollte unbedingt südlich davon verlassen werden. Auf dieser Höhe waren sie wohl weit genug von Rhûn entfernt und südlich genug um nicht zu Nahe an die Eisenberge zu kommen, wo immer wieder Orks gesichtet wurden.
Nach gut einer Woche in der sie Tag für Tag nur vom Dickich der Bäume umgeben waren, erreichten sie eine baumfreie Anhöhe. Von hier aus hatte man eine wunderbare Aussicht. Zu ihren Füßen breitete sich ein breiter Talkessel aus der grün bewaldet war. Im Norden war ein großer See zu sehen und etwas östlich davon am Horizont das genannte Sumpfgebiet erahnbar.
„Hier möchte ich heute eine Rast einlegen, bitte“, beschloss Rástor.
„Aber mein Herr, die Sonne geht erst in ein paar Stunden unter. Wir sollten die Zeit nutzen um noch voran zu kommen und um uns eine geschützere Stätte für die Nacht zu suchen“, antwortete Inglos, der Hauptmann der Grenzwächter.
„Ich weiß es ist hier nicht ideal, aber ich würde euch trotzdem gerne darum bitten.“
„Nun gut, aber ich schlage vor, dass wir unsere Zelte im Schutz der Bäume aufschlagen. Hier auf dieser kahlen Anhöhe sitzen wir wie auf dem Präsentierteller“, antwortete der Hauptmann.
Rástor leistete keinen Widerstand mehr. Augenblicklich begannen die Soldaten das Nachtquartier zu errichten. Caelîf blieb bei Rástor.
„Hast du dir die Welt so vorgestellt, Caelîf?“, fragte der oberste Rat ihn.
„In den vielen Büchern die ich gelesen habe, wurden zahlreiche Landschaften beschrieben, aber nichts kommt dem gleich was ich hier sehe. Das Aussehen der Welt in meinen Gedanken war so schroff und kantig wie es eben bei uns zuhause ist. In meinem Träumen hätte ich mir nie vorgestellt, dass ein sich durch das Tal schlängelnder Fluss, der Spiegel eines Sees, die sanften Wogen eines bewaldeten Tales so aussehen.“
„Dieser Ort ist aber ein ganz besonderer Ort und du wirst keinen vergleichbaren finden.“
„Besonders? Wieso?“
„Ich habe noch nicht viel auf dieser Welt gesehen mein junger Freund, aber an diesen Ort erinnere ich mich sehr gut. Zunächst war ich mir nicht ganz sicher, aber meine Augen können mein Herz nicht täuschen. Dieses Gefühl von Heimkehr hatte ich seit Jahrtausenden nicht. Vor uns erstreckt sich das Tal von Dalvarinan, das Tal in dem die Elben erwacht sind.“
Ehrfurcht überkam Caelîf als er diese Worte hörte: „Deshalb wollt ihr die Rast hier einlegen!“
„Ja, ganz genau. Heute Nacht möchte ich den Duft meines Herkunftsortes riechen, das Glitzern der Sterne im Wasser des Sees sehen und die Magie unseres Volkes fühlen. Hier ist die Wiege unseres Lebens.“
Die beiden Elben stiegen von ihren Pferden und ließen sie frei auf der Lichtung umerstreifen. Sie pflegten eine sehr intensive Beziehung zu den Tieren, daher würden sie nicht einfach fortlaufen. Jeder von den Elben zog sich ein wenig zurück um sich vom langen Ritt zu erholen bis die Nacht bereits hereingebrochen war.
Caelîf hörte wie der Oberste des Rates sein Zelt verlies. Das hohe Gras auf der Lichtung raschelte ein wenig als er es durchschritt. Ohne darüber nachzudenken folgte er ihm und fand ihn im Gras sitzend. Rástor summte ein Lied das der Elb noch nie gehört hatte. Der junge Elb blieb ein wenig abseits stehen und ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. Die Sterne leuchteten hell und klar in dieser Nacht, es war Neumond, als hätte er sich absichtlich versteckt. Niemals zuvor hatte Caelîf solch ein weites Firmament gesehen. Der sternengesprenkelte Himmel reichte bis zum Horizont.
Plötzlich bemerkte er, dass nicht nur auf dem Horizont kleine Lichter leuchteten, sondern auch in dem Wald vor ihnen. Sie schienen sich zu bewegen.
„Du kannst dich ruhig zu mir setzen“, bot ihm Rástor nun an und Caelîf folgte dem Angebot.
„Ist es nicht traumhaft schön?“
„Ja“, bestätigte der jüngere Elb im Flüsterton „Diese Lichter dort unten, sind das andere Elben?“
„Das ist eine gute Frage. Manche werden es wahrscheinlich sein, das hoffe ich zumindest. Es wäre überaus traurig, wenn es hier keine Elben mehr gäbe.
Beide schwiegen und schauten in die Ferne. Inglos und die anderen schlossen sich ihnen nun ebenfalls an.
„Als die Elben erwacht sind, waren die Herren dieser Welt sehr besorgt um uns. Im Norden herrschte der ewige Schatten der die Elben verführte um ihnen zu schaden und in die Dunkelheit zu ziehen. Also ließen die Valar ihre Vertrauten und Diener zurück um ein Auge auf uns zu werfen. Unter ihnen waren die Nandini. Sie nannten sich die Feen der Täler und sie hüteten alles was dort lebte. Vielleicht sind sie es die heute die Wälder von Cuivienen beschützen.“
Die verbleibende Nacht erzählte Rástor noch ein paar Geschichten aus den ältesten Tagen der Elben. Manche lauschten aufmerksam, manche ließen ihre Seele baumeln und lagen rücklings im Gras. Als die Dämmerung anbrach bauten sie die Zelte ab und setzen ihre Reise fort.
Thorondor the Eagle:
Am folgenden Tag begannen die Truppe ihren Abstieg in das Tal von Dalvarinan. Die dünne Besiedlung des wilden Waldes kam ihnen sehr zugute, ungesehen und ungehindert sich ihrem Ziel zu nähern. Wie Ihnen der Quetgwor gesagt hatte, würden sie irgendwann im Norden auf einen Fluss stoßen der aus dem großen See entsprang. Diesem müssten sie nach Westen folgen um zu dem Sumpfgebiet und zum Waldrand zu gelangen.
Caelîf, der von der Geschichte Rástors sehr beeindruckt war, hielt immer wieder Ausschau nach den Waldfeen aus der Erzählung. Der junge Elb war immer wieder begeistert, wenn er von Wesen las, die andere Fähigkeiten hatten als jene der Elben. Doch über all die Jahre, wo er keines dieser Wesen gesehen hatte, fragte er sich ob sie denn überhaupt existieren oder ob diese nur der Fantasie der Schreiber entsprang.
Sein Blick war so fokusiert, dass ihm das Gewöhnliche um sich gar nicht wirklich wahr nahm.
„Bist du auch so fasziniert von diesen Bäumen wie ich?“, fragte er ihn Rástor.
Erst jetzt sah der junge Elb, dass viele der Bäume in dieser Gegend ganz eigenartige Formen hatten. Viele der Stämme wuchsen nicht gerade in die Höhe, viele bogen sich nach links und nach rechts, manche teilten sich und hatten mehrere Kronen. Einige hatten sogar verschiedenförmige Blätter. Es war ein merkwürdiges, aber beeindruckendes Naturschauspiel.
„Wieso wachsen die Bäume so merkwürdig? Denkt ihr es liegt an der Magie dieses Tales?“
„Das mag vielleicht sein, aber viel eher glaube ich, dass es ein Werk unserer Verwandten ist. Einst lernten die Elben allem was lebte zu sprechen, selbst den Bäumen. Einst hörte ich sogar die Geschichte, dass es manchen Elben möglich war mit ihrem Gesang das Wachstum der Bäume und Pflanzen zu beeinflussen. Als würden diese Geschöpfe auf die Bitten der Elben reagieren. Ich hielt es eigentlich eher für eine Legende, aber wenn ich diesen Teil des Waldes sehe, bezweifle ich das sehr.“
Nachdem sie gut eine halbe Stunde entlang des Flussufers geritten waren erreichten sie eine ihnen unbekannte Brücke. Erst als sie näher herankamen, sahen sie, dass es mehrere Bäume waren die am linken und rechten Flussufer wuchsen und sich über den Fluss beugten um sich in der Mitte zu verbinden.
„Wer erschafft so etwas wunderschönes?“
Inglos befahl seinen Männern zu halten um sich ein wenig umzuschauen. Caelîf stieg von seinem Pferd und ging zu dem Naturwunder. Schritt um Schritt trat er auf die festen Baumstämme die sich nach oben hin sogar ein wenig abgeflacht hatten. Das Geländer links und rechts bildete sich aus dünnen Ästen die sich vom Boden nach oben ragten und sich dann wie ein Bogen wieder auf den Boden spannten. In der Mitte wo die Bäume des südlichen und nördlichen Ufers aufeinander trafen waren die Äste zusammengedreht und ragten wie Speerspitzen in den Himmel.
Caelîf warf einen Blick zurück. Rástor sprach gerade mit Inglos als sich plötzlich die Bäume unter dem jungen Elben bewegten. Zuerst war es kaum spürbar, dann wurde es aber heftiger. Zwischen den einzelnen Baumstämmen sah er plötzlich die lebendige Wasseroberfläche des Flusses. Der Elb tat sich schwer das Gleichgewicht zu halten, plötzlich löste sich die Veribindung der Bäume, Caelîf fiel hin und rollte sich die Baumstämme hinunter zum Nordufer.
„Caelîf“, hörte er die Rufe seiner Gefährten und das Knarren der Baumstämme sowie das peitschen der belaubten Äste. Er versuchte hin und wieder zu schauen, was hier gerade passierte, hatte aber Angst, dass ihm ein Ast oder sonst etwas ins Gesicht traf. Erst als sich die Geräuschkulisse beruhigte, hob er seinen Kopf. Die Bäume hatten sich aufgerichtet und die Brücke war nicht mehr verbunden.
„Was ist geschehen?“, rief Inglos herüber und sogleich begann er mit Rástor zu disukutierte. Waren diese Bäume tatsächlich am Leben?
Caelîf spielte mit dem Gedanken einfach durch den Fluss zu schwimmen, aber er kannte dieses Gewässer nicht, weder die Tiefe noch die Strömungen. Er schaute sich am Ufer um, wobei er nicht wusste wonach er denn suchen sollte. Caelîf erschrak furchtbar, als er plötzlich zwischen den merkwürdig geformten Bäumen einen Elben erspähte. Wie angewurzelt blieb er stehen und starrte den Unbekannten an. Er trug einen bräunlichen Brustpanzer und lockere Kleidung aus beigem Stoff. Sein Bogen war gespannt, auf der Sehen ein Pfeil zum Schuss bereit.
Der junge Elb wusste nicht was er tun sollte. Aus Verzweiflung lockerte er seinen Gurt und lies das ungezogene Schwert zu boden fallen.
„Tut mir nichts“, sagte er in seiner Sprache, der andere schien ihn nicht zu verstehen. Er wiederholte es auf Sindarin, ebenfalls keine Reaktion. Er überlegte weiter was er denn noch sagen konnte. Da fiel ihm ein Wort aus einer alten Überlieferung ein die er in den Archiven Nurthaenars entdeckt hatte: „Rainë“ (Frieden).
Der Bogenschütze wiederholte es mit einem etwas anderen Akzent und Caelîf nickte mit dem Kopf. Mit durchdringendem Blick musterte er die fremde Truppe und ließ den Bogen schließlich sinken. Der Fremde kramte in seinem Gewand und holte etwas heraus, führte es zu seinem Mund und bließ hinein. Ein leiser Pfiff war zu hören, ähnlich einem Vogelzwitschern. Nach nur wenigen Minuten tauchten weitere Elben auf. Sie waren alle sehr ähnlich gekleidet.
Einer von Ihnen kam auf Caelîf zu, blieb aber in sicherer Entfernung stehen.
„Wer seid ihr?“, fragte er auf Sindarin.
„Wir sind hier nur auf der Durchreise“, gab er zur Antwort.
„Wohin?“
„Nach Westen zu unseren Verwandten in Rhûn“
„Woher kommt ihr?“
„Aus den Bergen südlich von hier“, antwortete Caelîf. Durch seine eher kurz gehaltenen Fragen, vermutete er, dass das Sindarin des Fremden nicht sehr gut war. Also beschloss er die Unterhaltung weiterzuführen, mit einfachen Worten.
„Wir wollen euch nicht in eurer Ruhe stören“, der junge Elb deutete mit den Händen Richtung Weste, „Am Ende des Waldes ist ein Sumpfgebiet, dort wollen wir hin und dann weiter in die offenen Lande. Wenn ich wieder auf der anderen Seite des Flusses bin, werden wir weiterziehen.“
„Ihr seid keine Hwenti. Woher kommt ihr?“
„Sprecht am besten mit Rástor, er lebte früher in diesem Tal“, seine Hand deutete auf das andere Ufer zu dem alten Elb.
„Nur einer darf herkommen“, sagte der fremde Soldat streng „Sag es ihnen“
Caelîf rief über das Ufer die Bedingungen. Inglos hatte große Bedenken, allerdings waren es immer noch Elben die ihnen gegenüberstanden, daher stimmte Rástor zu. Sie sahen zu wie einer der Elben auf die Bäume zugingen. Er hielt sich die Hand vor den Mund und flüsterte den Bäumen etwas zu. Wie von Zauberhand begannen sich die Bäume zu bewegen. Die Wurzeln lockerten sich ein wenig und langsam schloss sich die Brücke wieder zusammen. Es dauerte ein paar Minuten bis der ältere Elb über die Brücke gehen konnte.
Er ging sogleich zu dem Elben der ein wenig Sindarin sprach und unterhielt sich einigermaßen flüssig mit ihm.
Wieder hörte Caelîf dieses Wort „Hwenti“ und aus dem leisen Genuschel hörte der nahm er nur noch die Worte „Gilthandi“ und „Hisildi“ wahr. So gut es ging sprachen die beiden miteinander, bis schließlich der Fremde Soldat ihnen deutete zu folgen, auch Inglos und seinen Männern.
Caelîf schloss zu Rástor auf: „Wohin gehen wir mein Herr?“
„Wie es aussieht, haben diese Elben hier in der Nähe eine Siedlung. Wenn ich alles richtig verstanden habe, haben wir das große Privileg die heutige Nacht dort zu verbringen.“
Neugier und Freude spiegelte sich auf dem Gesicht Caelîfs wider. Eigentlich waren es Verwandte von ihnen, aber sie wirkten so verschieden und fremd.
„Es könnte aber auch sein, dass wir jetzt ihre Gefangenen sind. Früher hatten die Elben eine einheitliche Sprache, aber über die vielen Jahrtausende haben sich diese sehr verändert. Ich hoffe, sie haben alle meine Worte auch richtig verstanden“, sagte der Älter mit einem Grinsen auf dem Gesicht.
„Das hoffe ich sehr“, antwortete Caelîf und die Neugier in seiner Miene wich der Besorgnis.
Thorondor the Eagle:
Die Gruppe aus Nurthaenar führte ihre Pferde neben sich her, da der Waldpfad sehr schmal war und die Einheimischen selbst zu Fuß unterwegs waren. Nach ungefähr einer Stunde Fußmarsch passierten sie ein Portal. Es war ein mehrere Meter langer Tunnel aus Bäumen die mittig über Ihnen spitz zusammenliefen. Links und rechts des Portals erstreckte sich eine dichte Kette an dicken Baumstämmen. Sie bildeten eine „natürliche“ Barriere.
Niemand in Nurthaenar hat solche Fähigkeiten wie diese Elben. Kann es sein, dass sie dies von den Waldfeen gelernt haben? Was ist das für ein magischer Ort? Ich verstehe manche ihrer Wörter. Es ist ähnlich wie die Sprache in unseren alten Büchern…
„Wo sind wir hier?“, fragte Caelîf seinen Herren.
„Dies ist unsere Heimat: Awld-aronémer“, antwortete der Soldat der ein wenig Sindarin sprach.
„Es ist wunderschön“, entgegnete Caelîf. Dieser Wald machte den Anschein als sei er ein gewöhnlicher, verwilderter, doch bei genauerem Hinsehen, wurde ihm klar, dass hier alles seine Ordnung hatte. Entlang des Weges waren teilweise Bäume mit dickeren Baumstämmen die vermutlich als Spähposten dienten, an lichteren Orten standen Bäume mit ausladender Krone die Früchte trugen. In einem Bereich waren Pflanzen die wie dünne, kerzengerade Holzstäbe aus dem Boden ragten und die teilweise umgefallen am Boden lagen.
Nach knapp einer weiteren halben Stunde erreichten sie auf einer kleinen Anhöhe das Zentrum der Ansiedlung. Die Häuser lagen verstreut zwischen den Bäumen und waren eher klein gehaltene Gewölbe. Sie bestanden ausschließlich aus geflochtetenen Weiden. Die Eingänge waren mit dicken Stoffen verhängt. Am oberen Ende waren die Blätter der lebendingen Pflanzen besonders üppig ausgeprägt, da sie das Dach bildeten. Alle Einheimischen die sie trafen schauten neugierig auf die Neuankömmlinge und einige wenige von ihnen schlossen sich an. Auf einer größeren Lichtung erreichten sie das wohl größte Gebäude der Siedlung. Es bestand aus zahlreichen Weidenpflanzen die auf einem Kreis an acht Punkten wie dicke Bündel aus dem Boden sprossen. Sie wuchsen wie dicke Säulen nach oben, die sich immer wieder teilten und mit anderen zusammenliefen. Gemeinsam bildeten sie eine Art Grundgerüst aus geschwungenen Balken, das zarte Geäst wurde davon getragen. Es war ein einzigartiger Anblick. Geübte Handwerker könnten kein schöneres Gewölbe anfertigen. Jedes Ästchen schien genaustens plaziert zu sein. Im Durchmesser hatte dieser Raum ungefähr 20 bis 25 Meter. Der Boden war mit einer Art Teppich ausgelegt der jedoch aus feinen Fasern bestand und in verschiedenen brauntönen gehalten war.
Erst jetzt bemerkte Caelîf, dass in der Mitte des Raumes auf leicht erhöhten Sitzflächen eine Elbe und ein Elb saßen. Während sie mit ihren Grenzwächtern sprachen, konnte Caelîf sie genauer betrachten. Beide hatten dunkles, langes Haar und trugen sandfarbene Kleidung mit dunkelbraunen Stickereien. Meist waren es Blumenmuster oder geschwungene Linien. Ihre Augen hatten ein sehr dunkles braun, die Brauen waren buschiger als bei anderen Elben. Die Elbe trug einen ungeschliffenen bernsteinfarbenen Kristall als Medallion um den Hals, ansonsten waren sie schmucklos.
Anschließend an ihre Beratung deuteten sie ihren Gästen platz zu nehmen auf den kreisförmig angeordneten Sitzflächen. Im selben Moment reichten ihnen andere Elben steinerne Trinkschalen mit Wasser gefüllt und eine weiterer Elb stellte einen Teller mit frischen Früchten in die Mitte.
„Seid gegrüßt“, sagte der Elb auf Sindarin zu der Gruppe.
„Wir danken euch für eure Gastfreundschaft und eure herzliche Aufnahme in eurer Mitte. Ich bin Rástor, das ist Caelîf und dies Inglos mit seinen Grenzwächtern“, entgegnete Rástor höflich.
„Meine Boten berichteten uns, dass ihr Elben der südlichen Rotberge seid. Woher kommt ihr?“
„Unser Volk siedelte sich vor Jahrtausenden, als der Mond zum ersten Mal den Horizont streifte, in einem verborgenen Tag der Orocarni. Nurthaenar heißt unser Heimatort. Aber ihr werdet uns kaum kennen, denn abgesehen von ein paar ausgewählten Händlern hat niemand von uns Kontakt zu unseren Verwandten des Wilden Waldes.“
„Und doch sprecht ihr einwandfrei die Sprache des Westens“, bemerkte nun die Elbe.
„Ja, vor langer Zeit fanden Elben aus Rhovannion in unserer Stadt eine neue Heimat. Sie lehrten uns die gemeine Sprache der Elben und wir entschlossen uns dazu, unsere Kinder darin zu unterrichten. Man erzählte uns, dass jeder Elb westlich der Orocarni diese Sprache spricht.“
„Das mag vielleicht stimmen für die Länder westlich von Rhovannion, aber nicht hier in den Wilden Wäldern. Jene Völker die wir kennen sprechen ihre eigene Sprache, so wie ihr die eure, aber viele werden euch noch verstehen, wenn ihr in der Sprache unserer Väter sprecht.“
„Nun, dann sollten wir unser Quenya wieder ein wenig auffrischen“, antwortete Rástor mit einem Grinsen auf dem Gesicht „Sagt mir, meine Freunde, wir wissen nun, dass wir hier in Awld-aronémer sind, dürfen wir erfahren wer ihr seid?“
„Mein Name ist Laycáno und dies ist meine Gefährtin Yndial. Wir sind jene die für unsere Heimat sprechen aber nicht über sie bestimmen. Als Volk der Kindi sind wir bekannt und es gibt nichts was wir mehr lieben als das Leben in diesen Wäldern, allem voran die Bäume.“
„Euer Werk in diesem Teil des Waldes ist sehr beeindruckend. Ihr habt gelernt die Pflanzen dieses Waldes zu bändigen, wie es eine alte Legende besagt.“
„Wir bändigen den Wald nicht“, antwortete Yindial leicht irritiert „Unsere Ahnen gaben den Bäumen und allem was wächst das Versprechen, ihnen keinen Schmerz zuzufügen und sie zu beschützen. Ein Versprechen das auf Gegenseitigkeit beruht.“
„Es ist ein Leben im Einklang“, brachte nun Caelîf hervor, der seine anfängliche Unsicherheit dieser Situation abgelegt hatte und sich in der Mitte dieses Volkes langsam wohler fühlte, obwohl es ihm nach wie vor fremd vorkam. Yindial nickte zustimmend.
„Die Soldaten berichteten, dass ihr auf dem Weg in den Westen seid. Was ist das Ziel eurer Reise?“, fragte nun wieder Laycáno.
„Ich folge dem Ruf einer alten Freundin. Sie bat mich zu ihr zu kommen nach Taur-en-Elenath.“
Die beiden Elben gegenüber wurden aufmerksamer.
„Kennt ihr diesen Ort?“
„Wenig Kontakt halten wir zu unseren Verwandten westlich von hier, was unsere mäßigen Sprachkenntnisse des Sindarin erklärt, aber wir haben von dem geheimnisvollen Ort gehört. Es ist ein Wald östlich der Mündung des Carnen – wie die Elben des Westens ihn nennen. Allerdings ist uns nicht bekannt, dass er noch immer von Elben bewohnt wird. Seid ihr sicher, dass eure Freundin dort ist?“
Caelîfs fragender Blick wandte sich zu Rástor.
„Sie sprach im Traum zu mir und sie nannte mich bei einem Namen den ich zuletzt in Cuvienen trug. Es gibt nur noch wenige die ihn kennen.“
Es sind schon die zweiten die an der Wahrheit des Traumes zweifeln. Rástor ist ein weiser Elb, er wird sich doch nicht in die irre führen lassen. Allerdings war er ebenso lange nicht mehr in der Welt außerhalb Nurthaenars… wieviel Kenntnis über all das hier hat er denn? Aber niemand kennt uns, hat Rástor selbst vorhin gesagt. Wer hätte etwas davon ihn in eine Falle zu locken? Hoffentlich sind an diesem geheimnisvollen Ort wirklich Elben und wir treffen auf seine alte Freundin
Hin- und hergerissen von seinen eigenen Gedanken konnte Caelîf dem Gespräch nicht mehr folgen. Erst als er bemerkte, dass es sich dem Ende zuneigt, wurde er wieder aufmerksamer.
„Es interessiert uns sehr mehr über euch zu erfahren, daher bieten wir euch diese Halle als Unterkunft für diese oder auch weitere Nächte. Ihr seid unsere Gäste“, bot Laycáno an und Yindial nickte lächelnd.
„Und gerne nehmen wir es an. Auch ich, da ich lange nicht außerhalb unserer Heimat war, bin interessiert daran wie die Welt sich verändert hat“, entgegnete Rástor.
Caelîf war voller Vorfreude als er das hörte. Endlich würde er die Möglichkeit haben andere Elben kennen zu lernen.
Thorondor the Eagle:
Als Laycáno und Yindial den Versammlungsraum verließen, trafen die anderen Einheimischen alle Vorkehrungen um die Gäste willkommen zu heißen. Es ging wie von Zauberhand, die Bewegung eines Elben ging über in die eines anderen. Sie waren so fein aufeinander abgestimmt, als könnten der eine fühlen was der andere braucht. Und so war in nur wenigen Minuten eine Stätte zum Ausruhen für Caelîf und seine Mitreisenden aufgebaut und es war gut so, denn die ersten Spuren der Dämmerung zeigten sich am Firmament.
Der junge Elb setzte sich auf eine Matratze aus Leinenstoff die mit etwas weichem gefüllt war. Rástor saß ihm gegenüber.
„Ist euch aufgefallen, dass hier alles reibungslos funktioniert obwohl sie kaum miteinander reden?“, fragte er.
„Ja, unser Volk ist bereits sehr verbunden miteinander, aber hier von unseren Verwandten können wir uns diesbezüglich sicherlich noch etwas abschauen. Deine Wahrnehmung, junger Freund, ist sehr bemerkenswert. Ich denke du kannst dich in dieser Siedlung frei bewegen und umsehen. Wir haben nichts zu befürchten.“
Caelîf freute sich über das Kompliment des Veríaran. Sogleich legte er seine Lederrüstung ab, behielt die Unterkleidung bestehend aus einem leichten Hemd aber an und verließ den Versammlungsraum. Er folgte einem schmalen Erdpfad der zu einem Häusschen unter einem Baum führte. Neugierig betrachtete er diese und stellte fest, dass sie ebenfalls nur aus Weidengewächsen bestanden.
„Möchtest du es von innen sehen?“, überraschte ihn plötzlich eine weibliche Stimme von hinten.
Caelîf fühlte sich ertappt, er drehte sich um, erkannte Yindial und blickte sofort beschämt zu Boden.
„Verzeiht mir“, antwortete er knapp.
„Es macht mir nichts, auch ich bin neugierig wie es denn bei euch aussieht. Auch wenn wir nicht sehr viel Kontakt zu den anderen Elbenvölkern haben, eines das gänzlich unbekannt ist, trifft man heutzutage sehr selten.“
„Wir leben sehr zurückgezogen.“
„Wir ebenfalls, aber wir verstecken uns nicht vor der Welt da draußen. Das ist eher eine Eigenschaft der Windan, wie man so hört. Aber das ist eine andere Geschichte. Also, möchtest du denn sehen wie wir leben?“
Caelîf nickte.
Sie ging wortlos an ihm vorbei, schob den Vorhang des Hauses beiseite und beide traten ein. Das Haus hatte in etwa einen Durchmesser von knapp 10 Metern. Von den Weidenästen war innen nichts zu sehen, da alles mit Stoff verkleidet war, sogar oben an der Decke. Es waren zarte Muster eingewoben. Zum Sitzen gab es nur in einer Ecke ähnliche Podeste wie in der großen Halle, ein größes Bett, daneben standen zwei drei steinerne Schalen mit Wasser, ein kleinerer Schrank und sonstige Kleinigkeiten.
„Wir leben sehr einfach wie du siehst. Man erzählte uns, dass die Elben des Westens große Städte bauen, große Häuser, befüllt mit vielen Dingen. Wir aber leben mit dem was die Natur uns bereit ist zu geben. Jeden Tag essen wir alle gemeinsam, wir spielen und tanzen, wir kümmern uns um einander. Jeder schaut auf meine Kinder und ich schaue auf jedermanns Kinder.“
Es klang in Caelîf’s Ohren merkwürdig und zu schön um wahr zu sein, aber auch irgendwie bekannt, wenn er an seine Familie dachte: „Also seid ihr eigentlich wie eine große Familie.“
„Ja, so könnte man es ausdrücken. Wie hast du vorhin so schön gesagt, eine Einheit. Besser hättest du es kaum ausdrücken können.“
„Komm mit, ich führe dich ein bisschen durch unsere Heimat.“
Sie schob den Vorhang beiseite und Caelîf trat hinaus ins freie.
„Was machst du denn hier?“, fragte ihn Laycáno überrascht.
„Sei nicht so neugierig mein Lieber!“, entgegnete seine Frau beim Verlassen des Hauses „Ich zeige unserem Gast wie wir leben. Er scheint noch etwas verwirrt zu sein und schüchtern.“ Das Zwinkern auf seinen Augen konnte der junge Elb zum Glück nicht sehen.
„Ist gut. Ich möchte dann auch noch ein wenig mit eurem Anführer sprechen“, sagte Laycáno zu beiden. Er trat neben seine Frau, gab ihr einen sanften Kuss auf die Schläfe und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Betreten sah der junge Elb weg.
„Komm mit, Caelîf“, forderte Yindial ihn nun auf und ging voraus „Erzähl mir ein wenig von eurer Stadt, wie heißt sie? Nurthaenar?“
„Ja genau. Sie liegt verborgen auf einem Bergrücken zwischen den hohen Gipfeln der Orocarni. Wir schätzen die Natur auch sehr, unsere Häuser bestehen aus Stein, Pflanzen dürfen wachsen wo immer sie wollen. Die meisten Nahrungsmittel bauen wir selbst an und ernten sie wieder und verteilen sie dann an alle in der Stadt. Eigentlich sind wir auch eine große Familie in Nurthaenar, nur nicht ganz so verbunden wie ihr.“
„Ich bemerke, dass du gerne dort lebst.“
„Natürlich, wer ist nicht gerne da wo er sich zuhause fühlt?“
Sie erreichten einen kleinen Hain mit verschiedenen Laubbäumen. Die Kronen waren mächtig und es hingen merkwürdige Früchte daran die Caelîf noch nie gesehen hatte.
„Schau, diese Bäume, wir haben sie nicht gepflanzt damit wir ihre Früchte ernten. Wir pflegen sie jeden Tag, ja manche singen ihnen sogar etwas vor und dafür werfen sie jeden Tag manche ihrer Früchte für uns ab.“
Yindial ging in die Knie. Mit ihrem Handrücken strich sie über das knöchelhohe Gras, während der Bewegung drehte sie die Hand und griff nach einer der Früchte am Boden. Mit einem spitzen Stein den sie am Boden fand öffnete sie die Schale der orange-roten Frucht: „Hier koste sie!“
Vorsichtig führte Caelîf die Frucht zu seinen Lippen und strich sanft darüber. Ein süßer Geschmack breitete sich auf seinen Lippen und der Zungenspitze aus. Ohne weiter zu zögern nahm er einen großen Bissen.
Yindial musste lachen: „So reagieren die meisten, wenn sie erstmal unsere Kemiávë probieren. Die Königin aller Früchte.“
Vermutlich war ihm die Gier ins Gesicht geschrieben und sein Verhalten tat sein Übriges. Sofort zügelte sich der junge Elb. „Sie schmeckt auch wirklich sehr gut“, sagte er ruhig und so höflich er konnte: „Ich habe noch nie von dieser Frucht gehört!“
„Und nirgends anders wirst du sie finden als hier auf unserem Hain. Komm mit, wir sind noch lange nicht fertig!“, forderte sie ihn wieder auf.
Thorondor the Eagle:
Ehe die Elbe über den grünen Hain davoneilte, kniete sie sich vor den Baum und küsste wertschätzend den Boden vor sich. Danach lief sie leicht wie eine Feder über das Gras, Caelîf folgte ihr. Sie erreichten einen schmalen Bach der sich zwischen den Wurzeln der Bäume hindurchschlängelte, sie folgten ihm bis er einen großen Bogen um die Wurzeln einer Trauerweide machte.
„Dies hier ist mein Lieblingsplatz“, warf sie ihm hin, ging zum Stamm des mächtigen Baumes und umrundete ihn. Mit ihren Füßen stieg sie auf Erhebungen in der Rinde, hüpfte und kletterte nach oben.
Was macht sie denn nur? Eben war sie noch so andächtig und jetzt so kindlich verspielt? Das letzte Mal als ich einen Baum hochgeklettert bin war ich noch ein Kind…
Etwas irritiert folgte er seiner Gastgeberin in die Baumkrone. Sie kletterte bis ganz nach oben und blieb auf den Ästen über der Krone sitzen. Caelîf tat es ihr gleich, musste aber schnaufen vor Anstrengung. Als sich sein Körper beruhigte, warf er einen Blick auf die Umgebung. Man sah weit über die Kronen des Waldes hinweg. Eine Wolkendecke aus grünen Blättern erstreckte sich um sie, so weit das Auge reichte. Es herrschte Ruhe und Frieden. Der Himmel hatte sich bereits leicht verdunkelt und die ersten Sterne erschienen am Firmament.
„Als Kind entdeckte ich diesen Ort und es wurde mir der liebste überhaupt“, sagte Yindial strahlend und Caelîf verstand ihr sprunghaftes Verhalten.
„Hast du auch so einen Lieblingsplatz?“
Er nickte: „Wir nennen sie die Eliancor, das Haus der Sterne. Es ist eine Felsengrotte, darin ist ein großer klarer See und an deren Decke leuchten die Sterne unserer Ahnen. Ich bin sehr oft dort und erinnere mich an, an, an meine Großmutter.“
„Es muss ein wunderbarer Zauber sein, aber es haftet die Trauer an diesem Ort.“
„Ja, dort gedenken wir all jenen die uns verlassen haben.“
„Verlassen kann uns niemand, der in unseren Gedanken und vor allem in unseren Herzen wohnt. WIR verlassen nur den Verblichenen, indem wir ihn vergessen. Hat deine Großmutter jemals gewollt, dass du traurig bist in ihrer Gegenwart?“
„Nein“, Caelîf musste lächeln bei dem Gedanken an seine Kindheit „Im Gegenteil, sie wollte, dass ich tanze, singe, spiele. Sie las mir oft vor, so wie ich später ihr oft vorlas.“
„Darüber würde sie sich sicherlich mehr freuen, als wenn du weinend oder trübsalblasend in der Eliancor sitzt.“
„Da habt ihr vermutlich recht.“
„Wenn du zurückkommst nach Nurthaenar, gehe dorthin und lies ihr vor und trage ein Lächeln auf deinem Gesicht. Ich habe es schon gesehen und es ist entzückend.“
Caelîf musste Lächeln.
„Kommst du denn von hier?“
„Nein, mein Heimatort liegt weit im Süden von hier. Es ist eine kleine Ansiedlung namens Makallin. Meine Herkunftsfamilie lebt dort ähnlich wie wir hier. Aber Laycáno lebte Zeit seines Lebens an diesem Ort.“
Plötzlich landete eine kleine Nachtigall auf der Krone des Baumes. Sie starrte wie ungläubig auf die beiden Elben.
Yindial griff behutsam nach Caelîf’s Handrücken. Ein angenehmer Schauder zuckte durch seinen Körper. So behutsam wie vorher führte sie seine Hand in Richtung des Vögelchens und flüsterte ein paar Worte von denen sich der Elb nur „Lynna-lómelindë“ merkte. Mit einem Satz landete die Nachtigall auf der Handfläche von Caelîf. Es war ein eigenartiges Gefühl beiden Beine mit ihren drei leicht spitzen Krallen auf seiner Haut zu spüren. Sie begann laut zu zwitschern, als würde sie sich darüber beschweren hineingelegt geworden zu sein und nun in der falschen Hand zu sitzen. Aber offensichtlich fühlte sie sich nicht ganz unwohl.
„Sie kommt mich öfter hier besuchen“, sagte die Elbe leise „Sie würde sich freuen, wenn du mit ihr singst.“
„Singen ist definitv nicht meine Stärke“, entgegnete er.
„Das ist diesem kleinen Kerlchen egal“, sagte Yindial und stimmte mit sanfter Stimme ein Lied in ihrer Sprache an. Es klang wunderschön. Caelîf schloss seine Augen und lauschte aufmerksam dem Duett, bis es langsam abklang.
Es war bereit dunkel, als die beiden Elben wieder den Baum hinunterkletterten um zurück zur Siedlung zu gehen. Sie fanden alle Bewohner des Dorfes in der Wiese sitzend vor. Sie aßen genüsslich zu Abend. Rástor und die anderen hatten sich unter die Einheimischen gemischt. Ohne große Worte setzten sich Caelîf und Yindial getrennt voneinander zu den anderen. Es war das beste Mahl seitdem sie von Nurthaenar aufgebrochen waren und ein bezaubernder Abend. Später sangen die Elben noch ein paar traditionelle Lieder in ihrer Sprache. Danach zogen sich alle zur nächtlichen Ruhe zurück.
Am nächsten Morgen fanden sich alle zur Verabschiedung zusammen.
„Wir sind euch zu großem Dank verpflichtet, Einwohner von Awld-aronémer. Ihr habt uns überaus herzlich in eurer Mitte Willkommen geheißen und nicht geringeres werden wir euch bieten, wenn ihr uns in Nurthaenar besucht. Ihr seid immer Willkommen.“
„Im Namen unseres Volkes bedanke ich mich, Rástor – Veríaran von Nurthaenar. Möge Kementári euren Weg segnen, so wie sie einst unseren schützenden Wald gesegnet hat. Auf ein baldiges Wiedersehen“, verabschiedete sie Laycáno.
Yindial, die neben ihrem Ehemann stand, ging auf Caelîf zu und streckte ihm ihre Hand entgegegen um ihm ein kleines Stoffsäckchen zu überreichen.
„Es sind Samenkörner unserer geliebten Kemiávë. Vielleicht finden sie in eurer Heimat auch einen Ort um zu gedeihen.“
„Ich danke euch“, entgegnete der Junge höflich. Er ging in die Knie, beugte sich nach vorne und küsste den Boden vor seinen Füßen, wie er es am Vortag bei der Elbe gesehen hatte. Die Einheimischen begrüßten seine Geste.
Im Anschluss wandten sie sich von den Kindi ab um den Pfad zurück zum Fluss zu nehmen.
„Caelîf!“, rief ihm Yindial nach und dieser drehte sich ein letztes Mal um „Und vergiss nicht jeden Tag für den Baum zu singen.“
Er lächelte und die Gruppe zog ihres Weges.
„Was meinte sie mit dem Baum vorsingen?“, frage Rástor nun neugierig.
„Mit eurer Vermutung, dass es Elben gibt die den Pflanzen vorsingen, liegt ihr goldrichtig. Diesem ganz speziellen Baum muss man offensichtlich vorsingen damit er wächst und gedeiht.“
„Ein bemerkenswertes Volk. Laycáno und Yindial haben sehr alte und sehr reine Fear. Sie leben sicherlich schon viele Jahre hier im Wilden Wald.“
„Ihrem Verhalten, konnte man dies aber nicht immer ansehen“, entgegnete der jüngere Elb.
„Lasse dich davon nicht in die irre führen. Gerade wir Elben, wo wir doch so lange Leben, neigen dazu zu vergessen, dass wir irgendwann einmal auch Kinder waren. Manchmal ist es erfrischend und auch notwendig genau diese Seite wieder hervorkommen zu lassen. Vielleicht haben wir das in unserer Heimat verlernt.“
Noch am selben Tag ließen sie den Wilden Wald hinter sich und begaben sich in die offenen Lande.
Caelîf, Rástor und Soldaten Nurthaenars nach Umland von Riavod
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