Ein Ast zerbrach unter ihren Stiefeln, als Verdandi sich in das Unterholz schlich. Atemlos lugte sie hinter einem Haselnussstrauch hervor. Die lange Wiese vor ihre lag friedlich da, wäre da nur nicht der Hufschlag, der näher kam. Es roch nach Kiefer und Eichenblättern, Holz. Der Geruch weckte Erinnerungen, d
ie
sie jetzt nicht gebrauchen konnte. Ärgerlich schüttelte die junge Frau den Kopf und band sich die Haare nach hinten. Der Hufschlag kam näher. Sie konzentrierte sich und schloss die Augen. Zwei Pferde, drei …, zählte sie stumm im Gedanken und atmete kontrolliert durch den Mund aus. Sobald die Luft aus ihren Lungen entwich erinnerte sie sich an die Lektion ihres Vaters. Ihre Mine verfinsterte sich, wurde ernster und grimmiger. Der Hufschlag verlangsamte sich, Rufe erschallten vom Waldrand her und sie hörte, wie die Reiter absaßen. Verdandi presste die Zähne aufeinander und packte ihren Speer fester. Sie legte sich flach auf den weichen Holzboden und bog einen jungen Sprössling einer Eiche zur Seite. Der Geruch des Waldbodens drang ihr in die Nase und beruhigte ihr klopfendes Herz. „Atme“, sagte sie sich leise und atmete einmal langsam ein und hielt kurz die Luft, nur um sie ganz langsam wieder auszuatmen. Ihr Herzschlag beruhigte sich. Vor ihr knackte Holz. Scheinbar suchten die Reiter nach ihr. Blätter raschelten. Rufe drangen an ihre Ohren. Sie kannte die Sprache nicht, obwohl sie eigentlich die gängigen Mundarten des Südens beherrschte. Verdandi konnte sich gerade noch davon abhalten zur Seite zu rollen, da ihr Schild auf dem Rücken das nicht zulassen würde. Mühselig robbte sie weiter nach hinten, da sich die lärmenden Häscher immer weiter nach vorn in den Wald arbeiteten. Anfangs war sie noch froh gewesen, dass keine Orks hinter ihr her waren. Nun bereute sie es, da sie wusste, dass die Menschen in der Regel eine größere Geduld besaßen, sehr zu ihrem Nachteil. Kurz rief sie sich die Erinnerungen an das Lager ins Bewusstsein. All die gefangenen Menschen. Sklaven und Zwangsarbeiter aus allen Ecken der besetzten Länder. Frauen, Kinder, Männer und Greise, es wurden keine Unterschiede gemacht. Im Gegenteil, es wurde sortiert, wer nützlich sein würde und nicht. Man hatte sie sofort zu den jungen Frauen gesteckt, die für die menschlichen Bewacher.
Hier fehlt doch irgendwie die zweite Hälfte des Satzes, oder? Noch immer hallten die flehenden Rufe und verzweifelten Schreie in ihrem Ohr. Sie schüttelte sich. Orks waren grausam, aber Menschen konnten selbst das noch übertreffen. Nicht jeder hatte das Glück, dass die Wachen nachlässig waren und die Waffen direkt vor ihrem erbärmlichen Zelt zu lagern.
Das ist auch eine Sache, die mir bei dir hin und wieder auffällt: Du wechselst hier mitten im Satz die Zeitform - es müsste "... und die Waffen direkt vor ihrem erbärmlichen Zelt lagerten." heißen. Verdandi wusste, dass sie sonst niemals aus dem Gefangenenlager entkommen wäre.
Sie waren fünf Frauen gewesen. Nach und nach gaben sie auf, da sie keine Kraft mehr hatten und sie konnte nicht alle mitnehmen.
Auch hier wieder ein Zeitformenwechsel, diesmal allerdings zwischen zwei Sätzen ^^ "Nach und nach hatten sie aufgegeben, da sie keine Kraft mehr gehabt hatten..." Ich wünschte, ich wüsste noch, wie die Vergangenheitsformen alle heißen Die letzte, ein Mädchen von vielleicht vierzehn Wintern
, hatte sich in einen Fluss geworfen. Trotz all dem Mut, den sie ihr zugesprochen hatte. Verdandi spürte, wie Hass in ihr hoch kam. Es war ohne Ehre
, Frauen zu jagen, dachte sie sich erzürnt. Ihre Lederhandschuhe knirschten kaum hörbar, als sie ihre Waffen noch fester umklammerte. Ihr Kiefer schmerzte schon, so sehr presste sie ihre Zähne aufeinander.
Ein Lederstiefel setzte sich genau vor ihrem Gesichtsfeld.
Entweder "vor ihr Gesichtsfeld" oder noch besser "in ihr Gesichtsfeld"
oder "vor ihrem Gesicht(sfeld) auf den Boden". So wie es jetzt ist, stimmt der Satz nicht so ganz. Sogleich erfolgt ein überraschter Ruf, doch Verdandi reagierte schnell. Die Hand die zur ihr heranfuhr flog Blut spritzend davon. Sie ließ sich gehen und rammte den Mann mit vollem Körpereinsatz
, um seinen Schrei zu ersticken. Der Plan ging auf, denn der Kerl schlug mit dem Kopf gegen einen Baumstamm. Verdandi stach zur Sicherheit mit ihrem Speer dem Mann ins Herz, drehte die Klinge und spuckte dem bärtigen Kerl ins Gesicht. „Feiger Hund“, sagte sie hasserfüllt und zog den Speer aus dem Körper. Sie hatte
sich entschlossen
, nicht mehr fortzulaufen. Sie wollte nicht mehr mit ansehen, wie Frauen verschleppt, Familien getrennt und Kinder ohne Väter aufwachsen würden. Die junge Frau zog ihren Schild vom Rücken und schlich sich durch den Wald. Die Männer hatten sich zu weit verteilt um sie zu suchen. Das kam ihr gelegen, sonst hätte man sie sofort gefunden. Zwar war sie nicht sonderlich gut im Spurenlesen, doch genügte es um einen der Männer zu folgen. Die junge Frau beschloss
, einen am Leben zu lassen und zu verhören. Damit stellte sie sich zwar vor eine schwere Aufgabe, doch war es ihr wert, sie musste wissen, wo sie war.
Die Formulierung ist auch nicht ganz korrekt so: Entweder stellt man sich einer Aufgabe, oder man steht vor einer Aufgabe.Ihr Blick suchte systematisch den Waldboden ab, bis sie einen zerbrochenen Ast und einen Fußabdruck fand. Verdandi verlangsamte ihre Schritte und hielt ihren Schild auf Brusthöhe. Mit einem Brüllen sprang einer ihrer Verfolger hinter einem Baum hervor. Verdandi setzte ihre hasserfüllte Kampfmiene auf und brüllte ihren Zorn heraus.
Hier wäre "... und schrie ihren Zorn heraus." vielleicht eine bessere Formulierung, weil du so zweimal hintereinander Leute brüllen lässt Sogleich sprang sie vor und versetzte de
m überrumpelten Mann mit dem Schild einen Schlag, der ihn zurücktaumeln ließ.
Schon wieder Formulierungsgemecker: So wie du es jetzt hast klingt es,
als hätte der Mann einen Schild. Du meinst aber sicherlich, dass sie ihm einen Schlag mit dem Schild versetzt, also müsste es eher "... und versetzte dem überrumpelten Mann einen Schlag mit dem Schild, ..." heißen.Ihr Speer schoss nach vorn, doch der Kerl wehrte ihn mit seinem Schwert ab. Lauernd umkreisten sie einander. Verdandi musterte die Rüstung des Mannes, der wohl aus kriminellem Umfeld
entstammte. Das verriet
en ihr die Augenklappe, die Narben im Gesicht, die dutzendfach gebrochene Nase
, und der Blick des Mannes. Er war kaltblütig und berechnend, jemand der schon getötet hatte. Er sagte etwas in einer unbekannten Sprache. Sie antwortete nicht, sondern zog eine Grimasse und sprang vor, dabei stach sie nach dem Kopf des Mannes, der dem Angriff aber nur knapp auswich. Dessen Schlag blockte sie mit ihrem Schild und konterte mit einem Stich auf die Füße. Ihr Gegner sah den Angriff nicht kommen und knickte sofort ein. Verdandi hatte ihm eine Sehne zerschnitten. Mit einem Brüllen schlug sie ihm den Schild mit voller Wucht ins Gesicht. Etwas knackte splitternd, dann sank ihr Gegner zu Boden. Doch würdigte ihm keines weiteren Blickes und machte sich auf die Suche nach dem dritten Häscher. Verdandi ließ alle Vorsicht fallen und stampfte durch das Unterholz, laut rufend: „Komm her
, du feiger Hund!“. Speer und Schild hielt sie im Anschlag und trabte durch den Wald. Auf einer Lichtung kam ihr schließlich der letzte Verfolger entgegen. Der Mann wirkte gepflegt und trug ein Kettenhemd samt schwarzem Waffenrock. Sein Gesicht war unter einem Helm verborgen und er trug zwei Dolche.
„Komm Mädchen, lass und spielen“, sagte er und ließ seine Waffen umherwirbeln.
„Ich werde dich in die ewigen Jagdgründe schicken. An deinem Blut sollst du verrecken“, antwortete sie grimmig und stieß einen Kriegsschrei aus.
Aha! Verdandi stammt von Mittelerde-Indianern ab Sie eröffnete den Kampf mit einem Sprungangriff und stach mit dem Speer nach dem Bauch des Mannes. Dieser wich aber behände aus und machte einen Schritt zur Seite. Verdandi bemerkte, dass ihr Gegner etwas mehr Erfahrung besaß als die anderen beiden Kämpfer. Sie setzte nach und machte einen ungestümen Angriff und schwang den Speer als Hiebwaffe. Der Kerl blockte mit seinen Dolchen, doch die Wucht ließ ihn einen festeren Stand einnehmen.
Verstehe ich nicht ganz: Durch die Wucht ihres Schlages bekommt er festeren Stand? Sollte das nicht eher den gegenteiligen Effekt haben? Sofort schlug sie mit der Schildkante nach und traf
ihn am Kopf. Ihr Gegner taumelte zurück, doch Verdandi blieb an ihm dran und stach mit dem Speer nach der Hand. Sie zerschnitt ihm die Finger und er musste einen Dolch fallenlassen, doch kein Schmerzenslaut kam ihm über die Lippen. Plötzlich ließ er die zweite Waffe fallen und hob die Hände. „Genug, ich kann das nicht mehr“, gab er auf und zog sich dem Helm vom Kopf. Ein glatt rasierter, jüngerer Kerl kam zum Vorschein. Er war sogar in ihrem Alter und machte ein demütiges Gesicht. Zu ihrer Überraschung kniete er nieder. „Bitte, mach meinem Leben ein Ende, ich kann das nicht mehr ertragen. Jeden Tag wird die Last auf meinen Schultern immer größer. Ich war geblendet von den Belohnungen und die Aussicht auf glorreiche Kämpfe. Ich bin es nicht mehr wert
, weiterzuleben“, erklärte ihr Gegenüber und neigte den Kopf, „Beende es.“
„Das wäre ohne Ehre“, erwiderte Verdandi und legte den Speer dem Mann in den Nacken, „Aber im Angesicht deiner Taten hast du deine Ehre schon lange verloren.“ Der Klinge ritzte in die Haut, Blut trat aus dem Schnitt hervor. „Du wirst mir einige Fragen beantworten, ich schulde dir nichts und ich könnte dich sofort töten, doch zuvor musst du dir es verdienen.“
Der Mann hob den Kopf, die braunen Augen starrte
n sie etwas verunsichert an, doch schließlich nickte er zustimmend. Verdandi sah an seinem Blick, dass er schon lange sich wünschte nicht mehr zu leben.
„Wo sind wir und wohin muss ich, um den Widerstand zu treffen?“, fragte sie nach einer kurzen Stille und lauschte nach weiteren Häschern, doch es war still.
„Wir sind in Lebennin, irgendwo zwischen Gilrain und Pelargir. Dein Weg wird dich nach Linhir führen und von dort aus solltest du sicher nach Dol Amroth gelangen“, erklärte ihr Gefangener
. „
Sonst noch was?“
Die Frage finde ich hier in ihrer Formulierung etwas zu... frech, wenn man sein demütiges Verhalten vorher bedenkt. Das klingt eher kämpferisch als geschlagen.„Wie kommt es, dass du erst gegen mich kämpfst, aber nach der ersten Wunde aufgibst? Das ist ohne Ehre, eigentlich hätte ich dich sofort töten sollen.“ Verdandi nahm ihrem Helm vom Kopf und band ihre Haare nach hinten. Die Frage schien den Kerl zu verunsichern, denn er blickte unsicher umher. „Ich kenne dich … Deine Haare. Warst du in Minas Tirith?“
Ein harter Zug erschien in ihrem Gesicht, doch sie antwortete nicht. Nach einer langen Pause sprach der Kerl weiter: „Ich dachte, dass ich vielleicht von Innen heraus den unterdrückten Menschen helfen konnte. Doch meine Zeit in den Reihen des Feindes ließen meine wahren Absichten verschwimmen. Ich verlor mich selbst.“
Verdandi nickte und zog ihren Speer zurück. Der kniende Mann blickte erneut auf. „Mögest du deine zweite Chance gut nutzen“, sprach sie hastig und schlug ihm mit dem Schild gegen den Kopf, „Und andere Entscheidungen treffen. Wenn du hier verblutest oder stirbst, dann haben deine Ahnen keine Verwendung für dich, wenn nicht, dann solltest du vielleicht an dein eigenes Volk denken.“
Mit den Worten wandte sie sich ab und marschierte zum Rand des Waldes. Dort warteten die drei Pferde geduldig und fraßen leicht voneinander verteilt das saftige Gras. Die junge Frau beschloss ein zweites Pferd mitzunehmen, da es durchaus wertvoll sein könnte. Etwas umständlich schaffte sie es auch eines der Tiere mit sich vertraut zu machen. Nach drei Versuchen konnte sie auch aufsitzen, der Rappe blieb auch erstaunlich ruhig. Ohne große Umschweife band sie das zweite Pferd an das Zaumzeug ihres eigenen Tieres und ritt nach Westen. Dabei hatte sie keine Ahnung wo die nächsten Feinde lauerten, Wachposten sind oder die Front verlief.
Verdandi ritt stur nach Westen und umging drei größeren Reitertrupps. Einmal wurde es sogar so eng, dass sie die Verfolger nur mit größter Mühe abschütteln konnte. Dafür musste sie sogar das zweite Pferd opfern. Doch es funktionierte, da es scheute und die anderen Reiter behinderte. Von dem zusätzlichen Ballast befreit
, konnte sie die Häscher abschütteln. Einen Tag versteckte sie sich in einem kleinen Wald und hatte Glück, dass man nicht weiter nach ihr suchte. Ein Blick auf ihre Vorräte verriet ihr aber, dass sie es hier draußen nicht lange durchhalten würde. Am Abend durchwühlte sie die Satteltaschen des erbeuteten Pferdes, in der Hoffnung
, weitere Nahrung zu finden, doch bis auf einige Per
ga
mente waren sie leer. Die junge Frau wollte das Papier schon zerknüllen und wegschmeißen, doch sie besann sich und packte es zurück. Vorsichtig machte sie sich wieder auf dem Weg nach Westen. Verdandi hoffte, in der Nacht unerkannt über die weiten Ebenen reiten zu können.
Nach einigen Stunden bemerkte Verdandi, dass sie in ihren Überlegungen eine Sache vergessen hatte: Orks. Sie wurden in der Nacht aktiv, das hatte sie aus den Lagern erfahren, in denen sie war und in der großen, weißen Stadt aus Stein. In ihrer Hast hatte sie gar nicht daran gedacht. Fluchend gab sie ihrem Pferd die Sporen und sandte ein Stoßgebet in den Himmel: „Ihr Ahnen, lasst mich diese Nacht heil überstehen und ich werde nicht mehr so selbstsüchtig sein!"
Sie merkte, dass ihr Reittier bald am Ende seiner Kräfte war, doch scheinbar hatten die Ahnen sie erhört. Das Lärmen und Kreischen der Orks entfernte sich rasch. Angestrengt starrte sie in die Finsternis und erblickte in der Ferne einzelne Lichtpunkte. Diese umging sie gezielt und trieb ihr Pferd weiter an, auch wenn sie sich klar war, dass es das nicht lange bei dem Tempo durchhalten würde.
Sie wusste nicht, wie lange sie ritt, bis sie schließlich erneut Lichter am Horizont erblickte, die rasch näher kamen. Verdani dankte stumm ihren Ahnen und schlug sich mit der Faust aufs Herz. Die Hufe ihres Pferdes schlugen auf Stein und ihr wurde klar, dass sie sich wohl nun auf der langen Straße nach Linhir befand. In der Ferne wurde die von Fackeln beleuchtete Gegend nun klarer und sie konnte große Mauern erkennen. Rechts von ihre erstreckte sich ein langer Fluss, den sie gar nicht wahrgenommen hatte. Insgeheim dankte sie den Ahnen, dass sie dort nicht aus versehen hineingeritten
war. Sie verlangsamte ihr Pferd, welches scheinbar dankbar dem Befehl nachkam. Rechts und links von der Straße waren tiefe Gräben gezogen worden, angespitzte Holzpfeiler reckten sich ihr entgegen. In der Dunkelheit vor ihr erschienen geduckte Gestalten. Sofort dachte sie an Orks, doch dann wurde sie den Soldaten gewahr. Die Männer in gondorischer Rüstung kontrollierten die Menschen vor einem großen Tor. Die Männer und Frauen trugen oft nur abgerissene Kleidung und sahen ungepflegt aus. Der Hufschlag ihres Pferdes ließ einige aufblicken und bescherte mehr Aufmerksamkeit als ihr lieb war. Einer der Soldaten kam ihr entgegen, er trug eine lange Lanze, doch wirkte er nicht bedrohlich. „Eigentlich erwarten wir keine Meldeboten mehr
", rief der Mann zu ihr herauf und bedeutete ihr stehen zu bleiben, „Wer sei
d Ihr und woher kommt Ihr?″
Hier muss ich mal kurz einhaken: Eigentlich erwartet Gondor überhaupt keine Meldeboten aus den besetzten Gebieten. Es herrscht zwar ein brüchiger Waffenstillstand, aber das heißt nicht, dass Gondorer im Osten als Meldeboten unterwegs sein könnten. Und ich frage mich sowieso, was für Menschen da in Linhir (ich gehe mal davon aus, dass es sich hier um Linhir handelt) so offen über die Grenze gebracht werden. Wenn das entflohene Gefangene sein sollen frage ich mich, warum Mordor nichts dagegen unternimmt - an der offensichtlichsten Stelle.Verdandi zügelte ihr Pferd und kam neben dem Mann zum Stehen. „Ich bin Bariana″, log sie mit glatter Zunge und tätschelte auf ihre nicht vorhandene Brusttasche, "Ich bringe wichtige Nachrichten für Dol Amroth aus den besetzten Gebieten.″ Das war nicht komplett gelogen, denn das Pergament in den Satteltaschen dürfte durchaus einen Wert haben. „Außerdem konnte ich aus einem der Lager entkommen."
Der letzte Satz ließ den Mann aufhorchen. "Ihr sei
d entkommen? Wie?"
"Durch Glück. Glück, das andere Frauen nicht gehabt hatten…
"Der Soldat nickte betroffen. "Verstehe. Dennoch, als Torwächter muss ich fragen, was für eine Botschaft das ist, ehe ich euch passieren lasse."
Verdandi fluchte innerlich und beugte sich schließlich leicht zur Seite. "Informationen über Feindbewegungen", sagte sie leise und hoffte nicht zu dick aufgetragen zu haben.
Der Mann schien einen kurzen Moment zu zögern, nickte aber dann doch. "Gut, aber ich werde euch einen meiner Meldereiter mitschicken, er kennt die schnellsten Wege. Er wird außerdem sicher stellen, dass ihr die Wahrheit gesagt habt. Außerdem werdet ihr die Pferde tauschen, das arme Tier hier fällt nämlich gleich um."
Verdammt, fluchte sie innerlich. "Gut, ich werde mich sogleich auf den Weg machen", sagte sie dennoch und stieg mit einem Seufzen ab. Verdandi nahm den Rappen an die Zügel und marschierte dem Torwächter hinterher, an der Schlange von Flüchtlingen entlang. Niemand sagte etwas, alle hielten den Blick gesenkt, oder starrten Verdandi an, in der Hoffnung ein bekanntes Gesicht zu entdecken. Die junge Frau musste schließlich von dem Elend den Blick abwenden, da es böse Erinnerungen weckte. Die leeren Blicke der Flüchtlinge kamen ihr bekannt vor, es erinnerte sie, wie sie ihr eigenes Dorf aufgeben mussten. Damals als der Schatten kam, als ihr Vater im Kampf gefallen
war. Er war der Dorfvorsteher
gewesen und hat
te sich mit einer Hand voll Männer den Orks in den Weg gestellt. Es war der erste Überfall nach hunderten friedlichen Jahren
gewesen, in dem ihr Dorf versteckt im Norden Mittelerdes gegründet worden war.
Den Satz verstehe ich nicht, also zumindest den zweiten Teil.
Wann ist das Dorf gegründet worden? Doch sicherlich nicht die ganzen hunderte von Jahren lang ^^Kopfschüttelnd scheuchte sie die bedrückenden Erinnerungen davon und stellte ihr Pferd in einem Stall ab, wo bereits ein bärtiger Kerl auf sie herabstarrte. Der Mann saß auf einem Schimmel und wechselte ein paar knappe Worte mit dem Torwächter, der ihr noch kurz zunickte. Sogleich war der Soldat verschwunden und wieder seiner Pflicht nachgehen.
"So, Mädchen, dann lass uns aufbrechen. Pack dein Gerümpel auf den Braunen da und dann reiten wir los. Wir machen nur Pausen um die Pferde zu tauschen, somit können wir durchgehend in einem hohen Tempo reiten", erklärte der Meldebote, der eine leichte Alkoholfahne hatte.
Verdandi war den Geruch gewohnt, denn die Männer im Dorf waren stets mit einem Horn Met unterwegs gewesen. Sie vermisste das Getränk sehr, denn hier im Süden gab es sowas nicht. Sie schwelgte in Erinnerungen an Festgelage in dem größten Langhaus während sie die Pferde umsattelte. Der Meldereiter sah ihr dabei schweigend zu und gönnte sich einen Schluck aus einem Flachmann.
"Hast' schon öfters sowas gemacht, Mädchen?", fragte er schließlich als sie aufsaß.
"Hin und wieder, und nenn' mich nicht "Mädchen", sonst rufe ich dich "Opa".
Ihre patzige Antwort brachte den Mann zum Lachen, anders als sie erwartet habe. "Ich mag dich", sagte der Kerl und schwenkte sein Flachmann, "Ruf mich Angbarad."
"Bariana", stellte sie sich knapp vor und korrigierte den Sitz ihrer Satteltaschen.
"Ungewöhnlich, aber nicht schlecht. Würde meiner Tochter gefallen, sie mag ausgefallene Namen", antwortete Angbarad und ließ sein Schimmel anlaufen.
Verdandi sagte nichts, sondern folgte ihm aus dem Stall heraus. Am Horizont zogen die ersten Sonnenstrahlen auf. Trotzdem war es zu dunkel und viel konnte sie nicht von der Stadt erkennen. Meist fielen ihr Ruinen auf, die nur notdürftig bewohnt waren. Es waren auch sehr viele Soldaten in der Stadt, doch Angbarad würdigte all dem keine Aufmerksamkeit, sondern eilte in die Ostviertel der Stadt. Verdandi hatte erst Mühe ihm zu folgen, doch am Osttor erledigte sich das. Dort angekommen wechselte ihr Führer nur ein paar Handzeichen mit der Torwache und kurz darauf hatten sie es auch hinter sich gelassen.
Sie gaben den Pferden die Sporen und ritten in hohen Tempo nach Nord-Westen. Links von ihnen erhob sich eine hügelige Landschaft mit kargen Bergspitzen. Verdandi war die großen Tannenwälder ihrer Heimat gewohnt und flaches Land wie hier war ihr damals immer so unwirklich vorgekommen. Da sie aber das Dorf schon seit einigen Jahren verlassen hatte, verblasste das Gewohnheitsgefühl mehr und mehr. Nachdenklich ritt sie Angbarad hinterher. Sie wechselten wenige Worte und sparten somit Kraft. Sie verstanden sich auch so. Nach ein paar Stunden wechselten sie das erste Mal die Pferde, dabei erklärte einer der wartenden Meldereiter in der Scheune, dass die Tiere extra für den Zweck gezüchtet werden. Verdandi hatte schon den Unterschied bemerkt, wie flott die Pferde waren, sagte jedoch nichts. Sie hatte von Rohan und dessen Pferden gehört und fragte sich, welche wohl besser waren. Sie verkniff sich es jedoch und gemeinsam machten sie sich wieder auf den Weg. Die Strecke war nun deutlich länger und die Zeit flog nur so dahin. Am Nachmittag erreichten sie die nächste Station und rasteten kurz, tauschten aber nicht die Pferde. Sogleich ging es weiter und Verdandi erkannte, dass sie einen Bogen um das bergige Land machten. Darum kümmerte sie sich jedoch nicht weiter, sondern widmete sich der Seite von Gondor, die sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Erst vor wenigen Jahren hatte sie von dem mächtigen Königreich im Süden gehört, da in ihrem Dorf sehr selten Nachrichten von Außen vordrangen. Diese Zeiten waren jedoch vorbei und Verdandi schon viel umhergereist.
Am Abend erreichten sie die letzte Station vor Dol Amroth und tauschten noch einmal die Pferde. Diese trieben sie zum schnellsten Galopp und näherten sich der großen Stadt rasch. Auf dem Weg fielen ihr ein paar Banner auf mit dem silbernen Schwan in der Mitte auf blauen Grund. Kurz blickte sie auf ihren Waffenrock, mit der hellblauen Sonne in der Mitte. Es war keine Ähnlichkeit, doch wusste sie auch nicht wem dieses Zeichen gehörte. Ehe sie fragen konnte, erreichten sie die mächtigen Stadtmauern und ritten durch ein Nebentor. Keiner stellte ihnen Fragen und Angbarad führte sie in eine Unterkunft. „Ich werde dich beim Fürsten anmelden, er wird viel zu tun haben und wahrscheinlich erst morgen für deinen Besuch empfänglich sein. Ich schlage vor, du ruhst dich hier eine Weile aus. Gondor hat eine Schlacht hinter sich und schlechte Neuigkeiten vom Ethir erhalten, da wird die Stimmung etwas gedrückt sein.″ Die Vorwarnung nahm Verdandi nickend auf. Viel konnte sie aber nicht darüber nachdenken, da sie die Namen nicht zuordnen konnte. Möglichst unauffällig nahm sie das Pergament aus den Satteltaschen und schlenderte von den Stall in die Unterkunft. Sie war nicht unbedingt müde, doch tat ihr Hintern von dem Sattel weh. Das Erdgeschoss war gemütlich eingerichtet, besaß eine Kochstelle, einen Tisch samt Bank und eine Treppe nach oben. Das Holz knarzte unter ihren Schritten als sie nach oben ging, doch war hier alles leer. In dem Dachzimmer standen sechs einfache Betten, kleine Lampen hingen unter der Decke und spendeten etwas Licht. Es gab nur wenige Fenster und es roch etwas muffig, doch sie war schlimmeres gewöhnt. Seufzend setzte sie sich auf das nächstbeste Bett und legte ihre Waffen ab. Als letztes nahm sie ihren Speer, an dem noch angetrocknetes Blut haftete. Grummelnd widmete Verdandi sich der Pflege ihrer Ausrüstung, womit sie einige Stunden verbrachte. Als sie fertig war, begab sie sich nach unten, wo ein anderer Meldereiter grade eine Suppe gekocht hatte. Der Mann mit rostbraunen Bart lächelte sie überrascht an. "Eine Neue? Hab nicht gehört, dass wir Verstärkung bekommen." Die hellblauen Augen des Mannes blickten neugierig und freundlich drein, scheinbar freute er sich wirklich sie zu sehen.
"Eigentlich bin ich nur kurz hier und überbringe nur eine Nachricht", antwortete sie wahrheitsgetreu. Sie schätzte den Mann vielleicht auf knapp über dreißig, der ihr gerade eine dampfende Schüssel auf dem Tisch stellte.
"Das ist schade, ich bin der Einzige momentan hier und hatte mich über Gesellschaft gefreut."
Verdandi tat ihm ein bisschen leid. "Nun, Angbarad ist ebenfalls hier. Er trifft sich bald mit dem Fürsten und dann wird er eigentlich zurückkehren."
Ihr Gegenüber lachte leise und begann die Suppe zu essen. Halb schlürfend, halb kauend erklärte er, dass Angbarad nicht vor Morgen zurückkehr
en würde, da er bei seiner Familie
schlief. "Aber ich schätze, der Grund warum er zum Fürsten geht
, bist du?", fragte der Mann neugierig.
Sie nickte langsam, was den Mann nur nicken ließ. Schweigend aßen sie weiter und eine unangenehme Stille trat ein. Schließlich zog sie sich zurück und ging nach oben. Nachdenklich trat sie an das Bett und zog nur ihren Waffenrock aus. Sie würde wohl mit ihrem Ringpanzer schlafen. Ächzend legte Verdandi sich auf das Bett und ihre Waffen griffbereit in die Nähe.
Die Nacht verging ohne Zwischenfälle, niemand belästigte sie, oder wagte es nicht. Als sie am Morgen die Augen aufschlug, saß Angbarad auf dem Nachbarbett und blickte sie nachdenklich an. "Was?", blaffte Verdandi und zog sich ihren Waffenrock über.
"Der Fürst hat heute eine Besprechung mit ein paar sehr wichtigen Leuten. Vielleicht kann er dich irgendwo dazwischen empfangen. Warte in der Nähe des Fürstenpalastes. Ich werde wieder mit neuen Befehlen nach Linhir reiten. Es war schön dich kennenzulernen, vielleicht sehen wir uns wieder."
"Danke", antwortete sie nun umgänglicher und schlug sich mit der Faust auf die Brust, "Mögen wir uns wiedersehen und dein Pfad immer frei von Hindernissen sein."
Angbarad lachte und machte die gleiche Geste. "Ich wünsche dir viel Glück auf deine
m Weg". Mit den Worten stieg der Meldereiter die Treppe herab und Verdandi beschloss
, sich in der Stadt ein wenig umzusehen. Rasch packte sie ihre Sachen, schnallte sich ihre Waffen um und marschierte aus dem Haus. Dabei stellte sie fest, dass der andere Meldereiter gar nicht anwesend war. Sie zuckte mit den Schultern und steuerte auf den großen Palast zu.