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Thranduils Hallen

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Tauriel?:
Eryniels Start:
Eryniel von Dol Guldur

Ihre weiße Hand berührte das kalte, glatte Gestein. Die großen Säulen liefen, nach oben hin, in gewundenem Geäst aus. Efeu wand sich um dessen Sockel. In der vergangenen Zeit hatte der Wald bereits begonnen, den Raum der genommen ward, zurückzufordern. Überall in den Hallen hatten sich grüne Flechten daran gemacht, die Gebilde zu schmücken, doch sie hatten noch nicht alles bedecken können. Die Verwüstung war allgegenwärtig. Vieles war von den dunklen Horden zerstört worden. Sie hatten Wände mit Zeichen des roten Auges befleckt, Statuen und andere Kunstgegenstände geschändet. Überall waren die Elben damit beschäftigt, den angerichteten Schaden zu beheben. Die Hallen des Waldlandreiches hatten vielleicht etwas an Glanz verloren, doch immerhin standen sie noch.
Eryniel stand neben einer der Säulen im Innenhof und betrachtete das ganze Geschehen. Sie war froh wieder daheim zu sein, egal wie anders es nun schien. Selbst die Zerstörung in ihren Gemächern hatten sie nicht weiter gekümmert. Als sie dort eintraf, hatte sie nur zerschlagenes Mobiliar vorgefunden. Wertgegenstände mussten die Orks weggeschafft haben. Doch alles hatten sie zum Glück nicht finden können. Wertvolles hatte sie nie viel besessen und Erbstücke waren gut versteckt worden, bevor sie nach Lórien aufgebrochen war.
“Sie brauchen Hilfe in den Vorratskammern.“, eine Frau mit blondem Haar trat auf Eryniel zu. "Man hat mich geschickt um einige freiwillige zu finden, die sich dessen annehmen.“, erklärte sie.
“ Aber natürlich. Ich mache mich sofort auf den Weg.“ entgegnete Eryniel.
“ Meldet euch bei Malduin. Er wird euch sagen, was zu tun ist.“ hastigem Schrittes, eilte die Elbin davon.

Die Vorratskammern lagen auf den unteren Ebenen, unweit des großen Festsaales und der Weinkeller. Auf den vielen Brücken und Treppen begegneten Eryniel viele geschäftige Arbeiter. Was ein Chaos, dachte sie bei sich. In der Felswand neben ihr befand sich die Tür zu den Lagerräumen. Beim Eintreten stieg ihr ein herrlich würziger Duft in die Nase.
Ein in Grau gekleideter Elb trat, aus der Mitte des mit Kisten zugestellten Raumes, auf sie zu. “ Ah, gut! Wir können ein jeden gebrauchen, der sich entbehren lässt.“ Er machte eine alles umfassende Geste, “Ihr seht ja, wie es hier aussieht.“ Er warf einen Blick auf eine Rolle Pergament, welche er in der einen Hand hielt und nun prüfend untersuchte.“ Ah, hier steht es ja!“, er sprach sehr hastig und schien auch sonst sehr unruhig zu sein. “ Es stehen noch einige Kisten mit Handwerkszeug draußen im Lager. Wisst ihr von, wo ich spreche? Unweit des Tors solltet ihr euch rechts halten. Ihr werdet es schon finden. Los, los !“, er wedelte mit der freien Hand. Eryniel war noch gar nicht zu Wort gekommen. Sie drehte um und machte sich auf dem Weg zum Eingang.

Der Torbogen kam vor ihr in Sicht. Einer der beiden großen Türen schien aus den Angeln gerissen worden zu sein und war behutsam an eine der Mauern gelehnt worden. Sechs Soldaten standen in ihren goldenen Rüstungen an je einer der sechs Säulen zu beiden Seiten der Eingangshalle. An den Wänden waren Laternen angebracht, die alles mit ihrem warmen gelben Licht durchfluteten. Als sie an den Wachen vorbei, durch das Tor, ging, gelangte sie in die kleine offene Vorhalle, dessen Säulen einen Kreis bildeten und die Decke der Höhle hielten, in der sich die Festung befindet. Von dort aus gelangte sie zu der schmalen Brücke die über die Schlucht und den Fluss darin, führte. Beladene Pferde standen auf der anderen Seite. Ihre Reiter waren damit beschäftigt die vielen Satteltaschen zu lösen.
“ Aur vaer!“, sie blieb kurz stehen und hob die Hand.“ Le suilon!“, grüßte einer von ihnen zurück. Sie machte sich daran dem Pfad rechts, entlang des Flusses, zu folgen.

Der Himmel war wolkenverhangen, nur trübes Licht gelang hindurch. Der Pfad führte zwischen einigen größeren und kleineren Bäumen her, ehe sie in das besagte Lager kam. Hier waren Zelte aufgebaut worden, in denen man sich eingerichtet hatte. Hier und dort standen allerlei Kisten oder Säcke herum. Auf einem Wagen Stand ein Elb und reichte Fracht weiter.“ Man hat mir gesagt, ich solle hier Handwerkszeug abholen und in das Lager bringen.“, informierte sie ihn.
“ Gleich hier.“ er packte nach einer Holzkiste und gab sie runter. Sie nahm sie entgegen.
Sogleich machte sie sich auf den Rückweg. Wie gewünscht brachte sie die Lieferung. Den restlichen Nachmittag verbrachte sie mit Botengängen, die sie kreuz und quer durch die Gänge der Festung führten. Eryniel war froh, sich irgendwie nützlich machen zu können. Es war zu erwarten gewesen, dass einiges zu tun sei. Sie saß auf der Kannte eines kleinen Platos. Von hier konnte sie in das verzweigte Höhlensystem, mit seinen Brücken, Treppen und Bauten, hinaus gucken. Hier und da bedeckten Moose die Felsen und der Fluss schlängelte sich ins Freie, wo er dann tosend die andere Seite der Höhle hinabfiel. An Decke und Wänden ragten mächtige Wurzeln hinab. Elbinen brachten Lichter an. Immer mehr flammten auf, bis die Hallen ausreichend beleuchtet waren.
“ Sieht bereits viel besser aus, meinst du nicht ?“ Paladir setzte sich neben Eryniel und ließ seine Beine über dem Abhang baumeln. Sie freute sich ihn zu sehen. “ Stimmt.“, seufzte sie. Er lächelte und sagte betont fröhlich: “Ich habe eine Überraschung für dich.“ “Wirklich?“ Was hatte er sich wohl mal wieder ausgedacht?
Er nahm sie bei der Hand und half ihr auf.“ Du wirst schon sehen. Es wird dir gefallen.“ seine sanfte Stimme schien es ernst zu meinen. Ohne weiter nachzufragen, folgte sie ihm.

Paladir blieb vor ihren Gemächern stehen. Jetzt musste sie doch fragen: “ Eine Überraschung in meinem Heim ?“ Ihre Behausung bestand aus mehreren Zimmern, die in den Fels eingelassen waren. Ein großer Raum mit einem Balkon über dem Abhang des Höhleninneres. An der linken und rechten Wand befanden sich zwei Treppen, die in einer seichten Biegung nach oben führten, wo sich drei weitere Räume befanden, die miteinander verbunden waren. Der mittlere Raum öffnete sich in Richtung des ersten großen Raumes, durch den man rein kam und besaß ein kleines Geländer.
“ So ist es! Aber du wirst schon sehen.“, er griff nach der Tür und schwang sie nach innen auf. Der Schutt war verschwunden. An dessen Stelle standen neue Sachen und einige Möbel, die repariert worden zu sein schienen. Es waren eher zweckmäßige Gegenstände, doch alles was man brauchte, war vorhanden. Sie trat überwältigt ein.“ Hast du das alles allein gemacht?“, sie strich über die Kante eines kleinen Holz-Schrankes.
“ Hat eine ganze Weile gebraucht, bis ich alles beisammen hatte. Zum Glück war mir ein Freund noch etwas schuldig. Du hattest heute einiges zu tun, ich aber auch. Während du durch den Palast geschlendert bist, habe ich hier alles in Ordnung gebracht und neues Mobiliar herangeschafft. Es war alles was sich finden ließ. Gefertigt aus Buche. Betrachte es als kleines Willkommensgeschenk.“, er gab dem ganzen einen feierlichen Beiklang. Er trat ein “ Gewiss hast du noch einiges vor heute. Du solltest dich auch zur Schmiede begeben. Ich habe gehört, sie sei ebenfalls nicht gerade in bestem Zustand.“
Sie trat an seine Seite und umschloss seine Hände “ Hannon gin, meldir!“ Sie war ihm wirklich sehr dankbar, für seinen Freundschaftsdienst. Sie müsse sich im Laufe der Zeit revanchieren, befand sie.
“ Maedol na mar!“

Tauriel?:
Eryniel wurde gegen Abend einer der Spähtrupps zugeteilt. Sie stand nun in der Rüstkammer und legte die grüne Tracht an. Einen leichten Harnisch aus Schuppenartigen Ketten mit einem Schulter-Überwurf aus Leder in Form von vielen großen Blättern die spitz an Schultern und über dem Dekolletee lagen und einen Kragen besaß. Ebenso passende Armschienen die bis zum Ellbogen reichten, hohe Stiefel und einen Rock der vorne offen ward und zackig an der Spitze. Sie nahm ihren Gürtel, an dem Dolche und Schwert hingen, und machte ihn um ihre Taille fest. Das lange Haar hatte sie vorsorglich hinter ihre spitzen Ohren gesteckt und einen Teil davon nach hinten geflochten zu einem langen Zopf, der Rest fiel in einer einzelnen gewaltigen Strähne hinab. Nur zwei kleine Strähnen lagen vor ihren Ohren. Beim Rausgehen schnappte sie sich ihren Bogen, der an der Wand stand, und legte sich den Köcher über die Schulter.

Die Sonne glomm rot in der Ferne über den Wipfeln der Bäume. Die Dämmerung hatte eingesetzt. Zwei Gruppen von Elben bildeten sich vor der Brücke. Eryniel war den Spähern zugeteilt worden, die sich um herumstreunende Orks kümmern sollten, welche gesehen wurden. Sie hatte mitbekommen, dass der andere Trupp wohl Eindringlingen entgegenkommen sollte, die sich auf dem alten Elbenpfad befanden. Die Elben unter Angvagor zogen zuerst ab, mit ihnen einer der Dúnedain, welche sich hier und dort herumtrieben. Auch ihre Einheit setzte sich in Bewegung.

Wie Schatten huschten die Elben durch das Dickicht. Mit ihren dunklen Mänteln und den Kapuzen schienen sie fast gänzlich im Blätterwerk zu verschwinden. Kaum ein Laut war zu hören. Sie befanden sich auf dem Weg Richtung der kleinen Bergkette, die sich dunkel im Süden erhob.
Vor ihnen lag der verzauberte Fluss, dessen verlauf sie weiter folgten. Seine Quelle lag in den Bergen des Düsterwaldes und von dort aus floss er in den Waldfluss.
Sie waren noch nicht lange gelaufen als: “Dartho!“, die Stimme ertönte leise von vorne. Limhir ihr Führer hatte angehalten.
Sofort blieben alle stehen. Etwa 40 Meter vor ihnen hörten sie ein kehliges Röcheln. Langsam pirschten sie sich durch das Unterholz näher die Geräusche an. Ein Paar Elben wichen nach rechts und links aus. Schon waren sie verschwunden in den lichtlosen Schatten. Eryniel hockte nun hinter einer großen Wurzel. Drei gekrümmte graue Gestalten hinkten durch den Wald. “Orch.“ Sie trugen Lumpen und schäbige Brustpanzer auf denen man das Zeichen der weißen Hand erkennen konnte. Kundschafter unseres Besatzers. Seine Diener durchstreifen unsere Lande und geben ihrem Meister über alles Nachricht.
Limhir gab ein Handzeichen. Die Elben traten aus allen Richtungen, mit erhobenen Waffen, auf die Orks zu. Sichtlich erschrocken stellten sich die drei Kreaturen zusammen. Ihre Köpfe wanderten nervös hin und her.
“Was wollt ihr? Sprecht schnell was ihr in unserem Wald zu suchen habt!“ Limhir erhob die stimme fordernd.
Eine der drei trat einen Schritt vor. Mit seiner krächzenden grässlichen Stimme richtete er das Wort an den Elb:“Wir sind im Auftrag unseres Meisters, des großen Saruman, unterwegs. Ihr habt uns nichts zu sagen glob,“ das letzte Wort spuckte er geradezu aus. “Sha! Haltet uns nicht auf. Unser Herr wird nicht erfreut sein,“ nun drohte er ihnen. “Gebt den Weg frei!“
Limhir sah den Ork mit finsterem Blick an. „Lasst sie durch.“
Eryniel blickte ihn verständnislos an. Er ignorierte sie und richtete sich wieder an die Orks. “Ich vergesse nicht Kreatur. Seid auf der Hut! Euer Herr ist nicht der unsere.“ Wie es sich anhörte, war auch Limhir nicht von dem Gedanken begeistert, die Orks frei durch ihr Land ziehen zu lassen.
Die drei fingen an zu zischen, drehten sich dann aber um und traten an den Elben vorbei. Lärmend verschwanden sie hinter einigen Sträuchern. Man hörte das Brechen von Zweigen unter ihren schweren Füßen.
“Nandos und Varion, folgt ihnen unauffällig und erstattet mir Bericht, wenn sie den Wald wieder verlassen,“ Limhir hatte doch nicht den Verstand verloren, befand Eryniel.
„Tirim, lathram a osradam had vîn.” auch die beiden verschwanden nun hinter dem Gebüsch. Es war Nichts zu hören.
“Hûl ! Es geht zurück. Unsere Arbeit hier ist getan mehr können wir nicht tun. Alles andere wäre unklug.“
Ihre Gruppe trat wieder zusammen. Eryniel blickte über die Schulter in die Finsternis. Sie war nicht glücklich mit dem Ausgang ihrer Mission. Auch wenn sie nicht grundlos zu Gewalt neigte, behagte es ihr nicht, dass man die Diener Sarumans ziehen ließ. Sie schaute sich ihre Mitstreiter an – sie schienen auch nicht erleichtert. Gemeinsam machten sie sich auf den Heimweg.

Als sie unter den dichten Schatten der Bäume hervortraten, erloschen gerade die letzten Strahlen der Sonne und am dunkelblauem Firmament traten die Sterne zum Vorschein. In dem kalten Licht der Sterne traten sie an das Haupttor. Die beiden Palastwachen machten die Tore auf.
Eryniel trat zu Limhir:“Verzeiht mir! Ich muss kurz mit euch sprechen,“ der Elbenherr nickte und beide gingen ein Stück zusammen und ließen die anderen hinter sich zurück “gewiss seid ihr ebenso wenig davon begeistert gewesen die drei ziehen zu lassen wie ich. Der König lässt Saruman zu viel Freiraum in unserem Reich! Diese Kreaturen streifen durch unsere Wälder. An den Ostgrenzen haben sie begonnen Bäume zu hacken und ihre Kriegsmaschinen zu bauen,“ sie hatte begonnen sich in Rage zu reden, “Sie kennen nichts außer zerstören und gerade deswegen wird dieses Bündnis nicht lange halten.“ Eryniel war stehen geblieben und blickte Limhir ernst an.
“Ihr seid noch jung. Ich maße mir nicht an über das Handeln unseres Königs zu befinden. Meine Pflicht ist es unserem Reich zu dienen und meine Befehle auszuführen, was ich immer gewissenhaft tat. Nun gebe ich dir den Rat dich zu gedulden, denn mit Zeit kommt Rat.“ mit diesen Worten ging der silberhaarige Elf davon und ließ Eryniel, in Gedanken versunken, stehen.

Geduld. Sie war noch immer in der Eingangshalle, alle anderen waren bereits verschwunden, nur die Wachen standen an den Säulen. Was bringt mir dies Grübeln? Ich brauche erst einmal Ablenkung. Da fällt mir ein: Sie trat wieder ans Tor und sprach zu einer der Wachen: “Ist die andere Gruppe bereits wieder zurück?“
“Nein, noch nicht.“ Er stellte sich aufrecht hin und hieb das Ende seines Speers kurz auf den Boden, wodurch ein dumpfer Ton entstand.
Eryniel nickte und schaute in Richtung des Pfads. Die kühle Nachtluft ließ das Laub auf den Bäumen rascheln und, zusammen mit dem Rauschen des Flusses, ergab dies eine beruhigende Melodie.

Eandril:
Oronêl, Finelleth, Celebithiel, Mírwen und Kerry vom Elbenpfad

Nicht lange nach Mathans Abschied erreichten sie den rasch fließenden Fluss, dessen Rauschen Oronêl bereits von Ferne gehört hatte. Das Wasser strömte unter ihnen weißschäumend durch eine enge Felsschlucht, über die sich eine einzelne steinerne Brücke spannte. Auf der anderen Brücke erhob sich ein hoher, von mächtigen Bäumen überwucherter Hügel, in dessen der Brücke zugewandte Flanke ein großes Tor geschlagen war. Am Anfang der Brücke standen zwei Wächter, die in ähnliche Rüstungen wie Angvagor gehüllt und mit Speeren mit elegant geschwungenen Klingen bewaffnet waren. Auf der anderen Seite, vor dem Tor, erkannte Oronêl weitere Wachen, und eine weibliche Gestalt mit rotblonden Haaren, die eher wie eine Späherin gekleidet war.
"Der Nachtwaldfluss", sagte Finelleth, und deutete hinunter in die Schlucht. "Schon immer hat er unsere Hallen geschützt - und doch hat es nicht ausgereicht, um diese Hallen vor dem Zugriff Saurons zu bewahren... noch vor dem Sarumans."
"Gib acht was du sagst", sagte Galanthir leise und warnend. "Saruman hat große Macht hier - auch in den Herzen und Köpfen unserer Krieger."
Oronêl schüttelte den Kopf. Er verspürte keinen Zorn, sondern nur Verwunderung - und vielleicht Enttäuschung. "Haben sie denn vergessen, was Saruman in Lórien getan hat? Wie es kam, dass der goldene Wald sich nun in seinen Händen befindet?"
"Niemand, der in Lórien war, kann das vergessen", erwiderte Angvagor, während sie auf die Brücke traten. "Doch es ist schwer, der Stimme des Zauberers zu widerstehen. Erst recht nicht, wenn er seine Versprechen erfüllt - er hat uns unsere Heimat wiedergegeben." Oronêls Blick entgingen nicht die Spuren, die die Besetzung durch Saurons Orks hier hinterlassen hatten. Auf vielen Steinen waren verblasste Symbole des roten Auges zu erkennen, und einer der Flügel des großen Tores wirkte, als wäre er noch vor kurzem aus den Angeln gerissen gewesen.
"Ja, als Heimat seiner Diener...", murmelte Finelleth vor sich hin. Sie erreichten das Ostende der Brücke und traten hinaus auf den kleinen Hof vor dem Tor. Über dem Tor wehte das grüne Banner des Waldlandreichs, doch daneben hing wie eine stumme Erinnerung an den wahren Machthaber die weiße Hand Sarumans. Oronêl trat neben Finelleth, deren Schritte langsamer und zögerlicher geworden waren, und die nun ihre Blicke über den Hof schweifen ließ. Die Macht und Autorität, die sie zuvor ausgestrahlt hatte, waren beinahe verschwunden, doch, so hoffte Oronêl, nicht vollständig. Wenn sie vor Thranduil traten, würden sie nicht Finelleth, die Späherin, sondern Faerwen, die Königstochter, brauchen.
"Es hat sich... nicht so sehr verändert", sagte Finelleth leise. "Ich hätte gedacht, dass ich es kaum wiedererkennen würde."
"Das ist doch gut, oder?", meinte Kerry, die auf der anderen Seite neben sie getreten war, aufmunternd. "Keine Orks weit und breit zu sehen - vielleicht hat Saruman hier weniger Macht als er gerne hätte."
"Du solltest ihn nicht unterschätzen, Kerry", warf Celebithiel ruhig ein. "Saruman ist gerissen und listig. Selbst wenn er und seine Orks nicht hier sind heißt es nicht, dass er dieses Land nicht in seinem festen Griff haben kann." Oronêl konnte ein schiefes Lächeln nicht unterdrücken. "Du verstehst es wirklich, uns allen Mut zu machen", meinte er. "Dennoch fürchte ich, dass du nur die Wahrheit sagst."
In der Zwischenzeit hatte Finelleth sich der jungen Späherin zugewandt, die an einer der Säulen neben dem Tor lehnte, und die Neuankömmlinge aufmerksam und mit einer Spur Neugierde musterte. "Ich kenne dich", meinte Finelleth. "Eryniel, Curuhirs Tochter, richtig?"
Eryniel nickte. "Das ist richtig. Es ist gut, dass du zurück bist, Finelleth." Sie sprach ohne Scheu, doch mit deutlich zu hörendem Respekt in der Stimme. Offenbar wusste sie Bescheid, wer genau Finelleth war. "Vielleicht hilft deine Rückkehr, den König zur Vernunft zu bringen..." Sie verstummte plötzlich, und warf den Torwächtern einen misstrauischen Seitenblick zu, der Oronêl gar nicht gefiel. Misstrauen schien unter Sarumans Einfluss zu gedeihen wie Unkraut - hoffentlich war es nicht bereits zu spät. Finelleth schenkte der jungen Elbin ein kleines Lächeln. "Wir werden sehen, was geschieht..."
Angvagor hatte in der Zwischenzeit leise mit den Torwächtern gesprochen, und die Flügel des Tores schwangen nun langsam auf.

Finelleth ging voran, flankiert von Angvagor und Galanthir. Oronêl und Mírwen kamen hinter ihnen und hatten Kerry in die Mitte genommen, während Celebithiel den Schluss bildete. Ihre Gegenwart beruhigte Oronêl, obwohl er die Nervosität spürte, die von seiner alten Freundin ausging. Doch er wusste, dass sie nicht durch die Blicke der Wächter an den schlanken Säulenpaaren oder die grauen Gestalten der Dúnedain in den Schatten dahinter bedingt war, sondern durch jemand anderes.
Ihr Weg führte sie durch die lange, dämmrige Eingangshalle, bis die Wände zu beiden Seiten zurückwichen, und sie in eine große Höhle hinabblickten, die von einem verzweigten System aus Treppen, Plattformen und kleinen Pavillons durchzogen war. Mächtige Baumwurzeln ragten aus Wänden und Decken hervor, und der Waldfluss zog sich als schimmerndes Band, in dem sich die vielen kleinen Lampen, die die Thranduils Hallen erhellten, spiegelten, mitten hindurch.
Angvagor und Galanthir führten sie eine Treppe hinab und einen schmalen Pfad durch die Mitte der Höhle, wobei sie erneut auf einer schmalen Brücke den Fluss überquerten. Überall waren noch Spuren der Zerstörung zu sehen - hier und da waren Statuen umgestürzt oder beschädigt, Holz durch Feuer geschwärzt und Steine beschmiert. Vieles war bereits mehr oder weniger notdürftig repariert und gesäubert, doch das Ausmaß der Verwüstung, das Saurons Orks hier angerichtet haben mussten, war noch immer spürbar. Neben Oronêl blickte Kerry sich mit großen Augen um, doch auch sie schien die Schäden wahrzunehmen, denn auf ihrem Gesicht mischte sich Erstaunen mit Kummer, und sie blieb still. Finelleth blickte stur geradeaus und ließ sich nicht anmerken, dass der Zustand ihrer Heimat sie bedrückte. Eine leise Stimme in Oronêls Hinterkopf fragte sich, ob es in Lórien eines Tages auch so sein würde - oder ob Lórien für immer zerstört und verloren war.
Immer mehr Elben und einige wenige Dúnedain versammelten sich entlang des Weges, denn anscheinend hatte sich herumgesprochen, wer sich unter den Neuankömmlingen befand. Während die Elben vielfach Neugierde oder sogar Freude zeigten, waren die Gesichter der Dúnedain verschlossener und teilweise feindselig. Oronêl vermutete, dass sie noch weitaus tiefer unter Sarumans Bann standen, als Thranduils Volk. Doch je länger Saruman seine Macht hier ausübte, desto mehr würden die Elben des Waldlandreichs wie Helluins Gefolgsleute werden.
Das Herz der Hallen bildete eine runde, erhöhte Plattform, an deren Ende sich ein Thronsitz erhob. Der Thron war in das Ende einer dicken, von der Decke hängenden Wurzel, geschlagen, und am oberen Ende mit einem Geflecht aus kunstvoll geschnitzten Ästen verziert. Einige der Schnitzereien waren abgebrochen und auf anderen waren noch Reste von roter Farbe zu erkennen, doch der Thron strahlte noch immer ein Gefühl der Macht und Würde aus. Auf dem Thron saß ein großer Elb mit den gleichen hellen Haaren wie Finelleth, den Oronêl sofort wiedererkannte. Neben dem Thron stand ein Mensch mit schulterlangen, schwarzen Haaren und bleichem Gesicht, der einen silbernen Reif mit einem hellen Stein auf der Stirn trug. In ihm vermutete Oronêl Helluin, den Anführer der Dúnedain in Sarumans Diensten und Belens Konkurrenten.

Auf der Plattform angelangt traten Angvagor und Galanthir beiseite, und Thranduil beugte sich auf seinem Thron ein Stück vor. Seine Augen wanderten über die Gruppe, während sein Gesichtsausdruck kalt und hart blieb.
"Die Späherin Finelleth kehrt zurück", sagte er schließlich kühl. "Ich kann mich nicht daran erinnern, dir gestattet zu haben, das Heer zu verlassen."
"Das hast du auch nicht getan", erwiderte Finelleth mit einer Stimme, der kein Zittern anzumerken war. Oronêl spürte unwillkürlich eine Welle von Stolz auf sie - sie war jetzt nicht die Späherin Finelleth, die sie so lange gewesen war und zu der ihr Vater sie machen wollte, sondern mit Haut und Haar Faerwen, die Prinzessin und Thronerbin des Waldlandreiches. "Allerdings brauche ich deine Erlaubnis nicht um irgendwo hinzugehen, Vater. Und ich hatte kein Interesse daran an der Seite derer in meine Heimat zurückzukehren, die die Heimat unserer Verwandten zerstört haben."
"Genug", schnitt Thranduil ihr das Wort ab, und der Blick seiner dunkelbraunen Augen wanderte weiter zu Oronêl, der den Blick ruhig erwiderte. Er wusste nicht, wie sehr Thranduil unter Sarumans Einfluss stand, und er wusste auch nicht, wie viel Thranduil - und Saruman - über die Dinge wussten, die er und die anderen westlich des Gebirges getan hatten. Doch ihm war klar, dass er sich keinesfalls ein Anzeichen von Schwäche leisten konnte - und es fiel ihm auch nicht schwer, denn er fürchtete Thranduil nicht.
"Oronêl, Sohn des Ardir und Freund und Berater Amdírs", richtete Thranduil das Wort an ihn. "Ich habe seit Aldburg geahnt, dass wir uns nur allzu bald wiederbegegnen werden."
Oronêl zuckte mit den Schultern. "Dazu gehört nicht sonderlich viel Voraussicht, um das zu erahnen, Vetter. Immerhin sind du und deine Tochter beinahe die einzige Verwandschaft, die ich in Mittelerde noch habe - und es ist schmerzhaft zu sehen, wie sehr du vom Weg deines Hauses abgekommen bist." Thranduil lehnte sich in seinem Thron wieder zurück, und sein Gesicht war beinahe unmerklich blasser geworden.
"Ich bin nicht derjenige, der vom Weg abgekommen ist", gab er dennoch mit ruhiger Stimme zurück. "Ich bin derjenige, der alles dafür tut seinem Volk seine Heimat zurückzugeben - selbst wenn es Opfer erfordert." "Opfer, die zu groß sein könnten", warf Finelleth ein, doch ihr Vater beachtete sie nicht. "Ich bin nicht derjenige, der sein Volk im Stich gelassen hat, und es den Launen der Noldor ausgeliefert hat."
Oronêl zuckte zusammen, denn Thranduil hatte einen wunden Punkt an ihm getroffen. Natürlich hatten Galadriel und Celeborn gut über Lothlórien geherrscht, und dennoch hatte Thranduil nicht vollkommen unrecht. Nachdem Amroth Mittelerde verlassen hatte, hätte eigentlich Oronêl sein Amt übernehmen sollen, doch er hatte sich der Verantwortung entzogen.
"Gib acht, was du über die Herrin Galadriel sagst", mischte sich eine neue Stimme ein, bei deren Klang ein Lächeln über Celebithiels Gesicht ging. Hinter ihnen kam Glorfindel die Treppe zum Thron hinauf, und sein goldenes Haar glänzte im Schein der Laternen. Er nahm Celebithiels Hände, und sagte: "Es ist schön dich zu sehen, Gwilwileth - auch wenn hier nicht alles so ist, wie es sein sollte." Dann wandte er sich wieder Thranduil zu. "Die Noldor sind nicht besser oder schlechter als andere Elben", sprach er. "Und Frau Galadriel hat weise und gerecht über Lothlórien geherrscht, ebenso gut oder besser, als jeder andere es gekonnt hätte."
"Ist das so?", fragte Thranduil leise. "Ist es nicht ihre Schuld, dass der Goldene Wald unterging? Sind nicht ihre Missachtung Curunírs und ihre Intrigen gegen ihn der Grund, warum er zu diesem Angriff gezwungen wurde? Hätte sie mit ihm zusammengearbeitet, hätte viel Leid vermieden werden können, doch sie ließ ihm keine Wahl."
"Saruman bietet keine Zusammenarbeit", sagte Oronêl, und zwang sich mühsam dazu, ruhig zu sprechen. Der Zorn, den er vorher nicht empfunden hatte, brach sich bei Thranduils Worten allmählich bahn. "Saruman will beherrschen, und Saruman will angebetet werden. Für ihn gibt es nur Macht, und die Rache an denen, die ihn gekränkt haben."
"Und aus dir höre ich nur Saruman sprechen." Auch in Finelleths Stimme hörte Oronêl nur unzureichend beherrschte Wut und Enttäuschung. "Du bist seine Marionette, kein echter König - vielleicht bist du nicht einmal mein Vater." Ein Raunen ging durch die Zuschauer, als Thranduils Hände sich um die Lehnen des Throns verkrampften und der König sich gerade noch davon abhalten konnte, wütend aufzuspringen.
"Nein, vielleicht bin ich das nicht. Mein einzig wahres Kind starb in Mordor, durch die Hände von Saurons Schergen", stieß er hervor. "Vor mir sehe ich nur die untreue Späherin Finelleth, die sich weigert zu gehorchen. Galanthir, Angvagor - bringt sie in ihre Gemächer, wo sie bleiben wird, bis ich mich mit ihr befasst habe."
Die beiden Wächter zögerten, und tauschten unbehagliche Blicke. Ihnen war sichtlich unwohl bei der Angelegenheit, und so fügte Thranduil hinzu: "Wenn ihr ihre Freunde seid, dann tut, was ich euch sage. Ich bin euer König, und nicht sie." Angvagor warf Finelleth einen unsicheren Blick zu, und sie nickte beinahe unmerklich, wobei sie Thranduil nicht aus den Augen ließ. Galanthir und Angvagor nahmen sie in die Mitte, und führten sie die Treppe hinunter vom Thron weg.
Als sie fort waren, wandte Thranduil sich den übrigen zu. "Du, Oronêl, bist trotz allem mein Vetter", sagte er. "Ich erinnere mich an einen Besuch von dir und Amdír in diesen Hallen, als mein Vater König und ich noch ein Kind war - und im Gedanken an diese Verwandschaft will ich dir gestatten, dich frei in meinem Reich zu bewegen, solange du deine Waffen nicht bei dir trägst - trotz deiner Taten und Zusammenarbeit mit den verräterischen Dúnedain und Dunländern in Eriador." Oronêl neigte den Kopf. Er war nicht besonders glücklich darüber, sich nur waffenlos bewegen zu können, doch er glaubte nicht, dass ihm in Thranduils Hallen wirkliche Gefahr drohte - zumindest nicht, solange Saruman nicht dort war. Wie Finelleth hatte er erkannt, dass man manche Schlachten auf anderen Schlachtfeldern schlagen musste. Außerdem hatte Thranduil ihm verraten, dass Saruman sehr genau über die Geschehnisse westlich der Berge Bescheid zu wissen schien.
Thranduil wandte sich an Celebithiel. "Celebithiel von Imladris, aufgrund deiner... Beziehung zu Glorfindel gilt für dich das gleiche: Du kannst dich frei bewegen, solange du deine Waffen in den dir zugewiesenen Gemächern zurücklässt." Die ganze Zeit über hatte Glorfindel Thranduil nicht aus den Augen gelassen, und Oronêl fragte sich, was er getan hätte, hätte Thranduil anders entschieden.
"Dich kenne ich nicht", fuhr Thranduil fort, und sein Blick wanderte von Mírwen zu Kerry. "Und dieses Menschenmädchen ebenfalls nicht. An euren Blicken erkenne ich, dass ihr Feinde Curunírs seit, also kann ich euch nicht vertrauen. In Anbetracht der Gesellschaft, in der ihr gekommen seid, werde ich euch nicht in die Kerker bringen lassen..." Kerry schnappte vor Empörung oder Schrecken hörbar nach Luft, und auch Mírwen war eine Spur blasser geworden als üblich. Offenbar hatten beide damit gerechnet, ebenso behandelt zu werden, wie ihr Gefährten. Oronêl wartete angespannt ab, was Thranduil entscheiden würde, und ließ den König dabei nicht aus den Augen. Er würde nicht akzeptieren, dass Thranduil die beiden fortschickte. "... sondern euch lediglich verbieten, eure Gemächer zu verlassen, bis ich entschieden, wie ich mit euch umgehen soll", beendete Thranduil seinen Satz.
"Das kann nicht euer Ernst sein", platzte Kerry heraus, und errötete, als alle Augen sich auf sie richten. "Ihr könnt uns doch nicht einfach einsperren."
"Ich kann, und ich werde", entgegnete Thranduil, und sein Blick war kalt. "Aber wenn dir die Gemächer nicht gut genug sind, Mädchen... Unsere Kerker sind inzwischen größtenteils von dem Unrat geräumt worden, den Saurons Ungeziefer dort hinterlassen hat. Ich könnte mich auch entschließen, dich dort einzuquartieren."
"Das wird nicht nötig sein", ergriff Mírwen zum ersten Mal das Wort, und legte eine Hand auf Kerrys Schulter. "Wir werden eurem Wunsch Folge leisten - ich nehme an, es spricht nichts dagegen, uns dann zumindest gemeinsam unterzubringen?" Oronêl warf ihr ein dankbares Lächeln zu.
Thranduil schien einen Moment über ihren Vorschlag nachzudenken, dann nickte er. "Also schön. Malduin?" Ein in graue Gewänder gekleideter Elb trat neben seinen Thron. "Zeigt unseren... Gästen, ihre Gemächer."

Oronêl, Kerry und Mírwen folgten Malduin die Treppe hinunter, durch die große Höhle hindurch in einen Nebengang. Celebithiel war bei Glorfindel zurückgeblieben, und Oronêl konnte sie verstehen - schließlich war einige Zeit vergangen, seit sie ihren Liebsten gesehen hatte. Malduin führte sie durch einige Nebengänge und eine Treppe hinauf, bis zu einem Komplex aus mehreren spärlich eingerichteten Zimmern, die kleine, in die Flanke des Hügels gehauene, Fenster aufwiesen. "Bitte verzeiht die Einrichtung", sagte er entschuldigend. "Die Orks haben viel zerstört oder fortgeschleppt, und wir konnten noch nicht alles ersetzen."
"Es wird schon ausreichen...", erwiderte Oronêl nachdenklich. "Sagt mir, Malduin, wo finde ich die Gemächer, in denen Finelleth untergebracht wurde?" Malduin beschrieb ihm bereitwillig den Weg, woraus Oronêl schloss, dass es ihm nicht verboten war, seine Gefährtin aufzusuchen, und entschuldigte sich dann. "Ich habe noch einiges zu erledigen - das Chaos, was die Orks hier angerichtet hatten, ist unbegreiflich."
Als er fort war, ließ Kerry sich auf einen nach frischem Holz duftenden Stuhl fallen, und sah offensichtlich unzufrieden aus. "Ich kann es nicht fassen, dass Finelleths Vater uns hier einsperrt", sagte sie. "So hatte ich mir das nicht vorgestellt - ich dachte, wir würden ihn davon überzeugen, dass er falsch handelt."
"Eine Schlacht ist noch nicht der Krieg", erwiderte Oronêl. Er konnte Kerrys Frustration verstehen, doch sein eigener Zorn und seine Enttäuschung hatten zu schwinden begonnen. Langsam ergriff ihn ein seltsamer Tatendrang - er würde tun was er konnte, um Sarumans Einfluss auf das Waldlandreich Stück für Stück zu lockern. "Und das hier war noch keine Schlacht", fuhr er fort. "Es war ein erstes Abtasten, könnte man sagen. Wir haben gesehen, wie es um Thranduil und sein Volk steht, und welche Macht Saruman hier ausübt - und jetzt können wir etwas dagegen tun."
Kerry schnaubte verächtlich. "Du meinst, du und Celebithiel könnt das - wir anderen sitzen ja fest."
"Eins nach dem anderen, Kerry", meinte Oronêl. "Ich hoffe doch, dass wir euch ebenfalls mehr Bewegungsfreiheit verschaffen können."
"Das wäre schön." Mírwen hatte sich Kerry gegenüber auf einem Stuhl niedergelassen und elegant ein Bein über das andere geschlagen - als würde sie ihre Rüstung kein bisschen behindern. "Was hast du jetzt vor?"
"Ich werde zunächst versuchen, zu Finelleth zu gelangen", erklärte er. "Ich denke, ich sollte mit ihr über das Geschehene sprechen. Und dann... werde ich mit ein paar Leuten reden - Leute, die unzufrieden mit Thranduils Handeln sind. Diese Späherin, mit der Finelleth am Tor gesprochen hat, könnte ein Anfang sein..."

Fine:
Kerry strich frustriert mit ihren Fingern über die steinerne Rückwand des kleinen Raumes, in dem sie und Mírwen einquartiert worden waren. "Eingesperrt wie ein Vögelchen im goldenen Käfig", murmelte sie.
"Ein ziemlich hübsches Vögelchen, wenn ich das so sagen darf," meinte Mírwen mit einem unsicheren Lächeln.
Kerry hielt inne und wandte der Elbin den Kopf zu. "Findest du?" fragte sie zurück und stellte fest, dass sie sich geschmeichelt fühlte.
"Elben lügen nie," antwortete Mírwen zuversichtlich, doch dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck. "Zumindest nicht die Elben, die ich kenne..."
"Ja, ich verstehe, was du meinst," sagte Kerry. "Ich hatte mich auf etwas Erholung gefreut, und würde jetzt so gerne diesen faszinierenden Palast erkunden. Aber jetzt sitzen wir hier fest und müssen auf das Urteil des mies gelaunten Königs warten." Sie machte eine Pause und atmete frustriert durch. Ihr Blick ging zurück zu Mírwen, die mit im Schoß gefaltenen Händen auf ihrem Stuhl saß und den Blick in die Ferne schweifen ließ. Da fiel Kerry etwas ein. "Weißt du, Mírwen, es tut mir Leid, was ich auf dem Hohen Pass zu dir gesagt habe. Das war voreilig."
Mírwen schien aus ihren Gedanken aufzufahren und brauchte einen Augenblick, ehe sie Kerrys Gesicht fixierte. "Wie, was meinst du?"
"Dir zu raten, dich von Oronêl fernzuhalten, stand mir nicht zu. Ihr seid beide so viele Jahre älter als ich und ich verstehe euch Elben längst nicht so gut wie ihr mich versteht. Ich habe aus dem Affekt gesprochen. Und ich sehe jetzt, dass sich etwas zwischen euch beiden geändert hat..."
"Kerry, das muss dir nicht Leid tun. Du hast deine Gedanken zum Ausdruck gebracht; dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen."
"Ich möchte es aber trotzdem tun. Ich hätte mich da nicht einmischen sollen."
"Vielleich nicht; aber dennoch glaube ich, dass es kein Fehler ist, bei solch wichtigen Entscheidungen eine Meinung mehr einzuholen."
"Aber ihr habt mich nicht nach meiner Meinung gefragt. Ich habe sie dir einfach aufgedrängt."
Mírwen winkte ab. "Ist schon gut. Ich glaube, wir haben jetzt andere Sorgen."
"Da hast du recht..."

Kerry stand auf und ging unruhig im Zimmer auf und ab. Der reich verzierte Teppich, der den Großteil des Bodens bedeckte, schluckte das Geräusch ihrer Schritte als sie langsam im Kreis ging. "Wir müssen hier raus," sagte sie. "Aber wie? Sicherlich stehen vor der Tür Wachen..."
"Hast du nachgesehen?" fragte Mírwen und traf Kerry damit unvorbereitet. Rasch eilte sie zur Tür und zuckte überrascht zurück, als diese sich ohne Widerstand öffnen ließ. Sie lugte vorsichtig hinaus, doch da wuchs vor ihr ein Schatten in die Höhe als ein hochgewachsener Dúnadan hervortrat.
"Tut mir Leid, Mädchen," sagte der Waldläufer, der mit Bogen und Schwert bewaffnet war. "Deine Freundin und du müssen drinnen bleiben."
Kerrys Augen verengten sich und sie stemmte die Hände in die Hüften, nicht einen Schritt zurückweichend. "Ich kenne solche wie dich," sagte sie mit fester Stimme. "Was hast du hier verloren? Deine Heimat braucht dich. Wie ist dein Name, hmm?"
Der Dúnadan schien davon zu gleichen Teilen überrascht und irritiert zu sein. "Daerod," antwortete er, ehe er sich wieder gefangen hatte. "Bitte geh jetzt zurück ins Zimmer."
"Nicht ehe du mir ein paar Fragen beantwortet hast," beharrte Kerry. "Wieso folgst du dem Verräter Saruman? Was hat er vor? Und wann können wir hier raus?"
Ihr Gegenüber schwieg. In seinen Augen sah Kerry Unerbittlichkeit und Härte, doch als sie etwas länger hinein blickte, entdeckte sie eine tiefliegende Traurigkeit, die das Innere des Mannes zu erfüllen schien. Ich glaube, er ist nicht ganz freiwillig hier, schoss es ihr durch den Kopf.
"Ich tue, was ich tun muss, Mädchen," sagte Daerod leise. "Du kannst das nicht verstehen. Bitte mach' mir keine Schwierigkeiten, hörst du?"
Etwas fügte sich in Kerrys Hinterkopf zusammen, und sie erinnerte sich an den Anfang ihrer Zeit beim Sternenbund, als sie kurz nach der Befreiung des Auenlandes nach Norden in Richtung des Abendrotsees gezogen waren. Dort hatten sie den Erbsitz der Nachfahren Isildurs aus den Händen von Sarumans entrissen, und hatten Gefangene befreit, die dort eingesperrt gewesen waren. Gefangene, deren Verwandte für Saruman kämpften...
"Doch, Daerod. Ich verstehe ganz genau, was hier los ist. Sie haben deine Familie, nicht wahr?" wisperte Kerry.
Daerods Augen weiteten sich und er blickte sich hastig um. "Woher weißt du...?"
"Ich war dabei, als sie befreit wurden. Der Sternenbund hat sie gerettet."
"Der Sternenbund! Wir dachten, sie seien alle fehlgeleitete Narren..."
Kerry schüttelte heftig den Kopf. "Sind sie nicht. Sie haben Eriador von Sarumans Einfluss befreit."
Daerod blinzelte und richtete sich wieder auf. "Du weißt gar nicht, wie gut es tut, das zu hören. Meine Familie ist in Sicherheit!" sagte er leise, doch Kerry hörte die Erleichterung in seiner Stimme. "Aber ich kann dich trotzdem nicht rauslassen, Mädchen -"
"Ich heiße Kerry."
"- Kerry. Also gut, Kerry. Wenn sie herausfinden, dass ich dich habe gehen lassen... was sie hier mit Verrätern machen ist..." er ließ den Satz unvollendet und verzog das Gesicht. "Erst vor Kurzem kam heraus, dass eine von uns Dúnedain eine Spionin des Feindes war. Man hat sie gejagt, ohne Gnade."
"Lóvarië? Sie hat es bis zum Carrock geschafft, und ist jetzt auf dem Weg nach Imladris," sagte Kerry.
"Noch mehr gute Nachrichten," meinte Daerod leise und blickte sich erneut vorsichtig um. Niemand war zu sehen, doch dennoch schien er unruhiger zu werden. "Hör zu, Kerry. Du hast mir neue Hoffnung gegeben, und einen Grund, von diesem Ort zu verschwinden. Einige meiner Brüder werden genauso froh wie ich sein, wenn sie hören, dass ihre Familien frei sind. Aber nicht alle folgen Saruman aus Zwang. Genau genommen sind es nur ein Dutzend, die er so in seinen Dienst gepresst hat. Der Großteil ist von Helluins verblendeter Vision verführt worden. Du musst vorsichtig sein. Ich werde dir vielleicht helfen können, aber nicht jetzt. Hab Geduld! Und sprich mit niemandem über das, was ich dir erzählt habe."
Kerry nickte und ließ zu, dass Daerod die Türe ihres Raumes wieder schloss.

Geduld! dachte sie während sie sich auf das Bett fallen ließ, das man ihr zur Verfügung gestellt hatte. Gerade das, was mir so schwer fällt...
Rasch erzählte sie Mírwen auf Quenya, was geschehen war, auch wenn die Elbin ihr später sagte, dass sie den Großteil dank ihrer geschärften Ohren mitangehört hatte. Doch auch Mírwen war der Meinung, dass sie für den Augenblick nichts tun konnten, als abzuwarten und auf Oronêl, Finelleth oder Celebithiel zu warten.
Und so verging die Zeit. Kerry verbrachte die Minuten, die ihr länger und länger vorkamen, damit, sich vorzustellen, welche Länder und Regionen Mittelerdes sie noch alle bereisen wollte. Sie dachte schon bald an Rhûn, denn Finelleth hatte ihr gesagt, dass sich ihr Vater dort aufhielt und in geheimer Mission unterwegs war. Kerry fragte sich, wie es wohl sein würde, ihn nach all den Jahren wiederzusehen. Zwar war sie froh darüber, zu wissen, dass Cyneric noch am Leben war, doch seit ihrer Trennung kurz vor Ausbruch des Ringkriegs war nun so viel geschehen , dass sich Kerry inzwischen wie ein ganz anderer Mensch vorkam.

Ein sanftes Klopfen an der Tür riss Kerry aus ihren Gedanken, und sie erhob sich schwungvoll vom Bett. Der Dúnadan war verschwunden. Stattdessen stand dort eine in die Grün- und Brauntöne gekleidete Elbin, die vorsichtig hereinkam sobald Kerry die Türe auch nur einen Spalt weit geöffnet hatte.
"Verzeiht doch.. Wer seid ihr, von wo kamt und was macht ihr hier? Sprecht rasch, und ich würde euch raten, bei der Wahrheit zu bleiben, Fremdling," sagte die Waldelbin und überrumpelte die vor Überraschung etwas sprachlose Kerry damit.
"Also... ich heiße Kerry, und komme aus Rohan," sagte sie nachdem sie sich gesammelt hatte. "Ich bin hier, um meiner Freundin Finelleth zu helfen, das Waldlandreich von Sarumans Einfluss zu befr..." Mírwens warnender Blick ließ Kerry verstummen und sie schlug sich rasch die Hände vor den Mund.
"Hm.. Nun, ich bin Eryniel," sagte die Elbin mit einem forschenden Blick in Kerrys Gesicht. "Mehr müsst Ihr zunächst nicht wissen. An Eurer Stelle würde ich aufpassen, mit wem ich rede und was ich sage – sagt das auch Euren Freunden, denn sie täten gut daran, dies zu beherzigen."
"Ich werde es ihnen sagen, Eryniel," antwortete Kerry rasch.
Eryniel nickte, offenbar war sie damit zufrieden. "Ich muss wieder fort. Wir haben uns nicht zum letzten Mal gesehen, Mensch," sagte sie und eilte raschen Schrittes wieder hinaus.
Mensch, wiederholte Kerry in ihren Gedanken. Ich habe einen Namen, hat sie ihn etwa nicht gehört?
Mírwen schien ihre Gedanken gelesen zu haben, denn sie sagte: "Mach dir nichts draus. Thranduils Volk hatte schon immer einen misstrauischen und eigensinnigen Ruf. Ich glaube, es war ein gutes Zeichen, dass Eryniel hier war und mit dir gesprochen hat. Sie hat uns vorhin am Tor sehr aufmerksam beobachtet, weißt du? Du hast offenbar ihr Interesse erregt."
"Kann sein," meinte Kerry. "Aber ist das jetzt gut oder schlecht?"
Mírwen legte den Kopf schief. "Das wird sich bald zeigen, schätze ich."

Tauriel?:
Eine Gruppe von Gestalten tauchte unter dem Schatten der Bäume hervor. Angvagors Trupp war zurück und mit ihnen kamen 5 weitere Personen. Eryniel betrachtete jeden von ihnen eingängig. Vier Elben waren es und ein Mensch. Bei dem Menschen handelte es sich um eine Frau - sie konnte nicht sehr alt sein – mit langem blonden Haaren, klein und zierlich gebaut – wie es aussah. Sie sah nicht nach einer Kriegerin aus. Einer der Elben war ein relativ großer Mann mit braunem Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte. Besonders auffällig war eine Narbe, die sich vom Kinn über seine linke Wange zog. Er trug ein braun-grünes Ledergewand, an dessen Gürtel eine Axt hing. Unter ihnen waren da noch drei Elben-Frauen. Die eine hatte kurzes rötlich blondes Haar. Bei ihr waren es die Augen die Eryniel auffielen – tiefblaue waren sie. Sie trug eine silberne Rüstung. Die Zweite hatte auffallend rotes Haar. Die letzte der Gruppe hatte langes sandfarbenes Haar, sie war relativ klein.
Verwunderung trat ihn Eryniels Gesicht. Es war Finelleth. Lange war es her, dass Eryniel sie gesehen hatte und viele Gerüchte waren nach ihrem Verschwinden umgegangen, doch dort stand sie und es war gut sie zu sehen. Hoffnung keimte in Eryniel auf. Die Gruppe schien sich angeregt zu unterhalten. Sie konnte nur Wortfetzen aufschnappen, doch als sie näher kamen, hörte sie deutlich, worum es ging: Saruman und seine Besatzung. Sofort waren Eryniels Gedanken wieder bei dem Gespräch mit Limhir. Die Neuankömmlinge traten gemeinsam mit Angvagor und seiner Einheit über die Brücke und standen nun im kleinen Innenhof. Sie bemerkte, wie Finelleth zögerte, als sie dem Eingang näher kam. Sogleich trat der Elb mit der Axt neben sie. Finelleth sagte leise: “Es hat sich... nicht so sehr verändert. Ich hätte gedacht, dass ich es kaum wiedererkennen würde.“
“Das ist doch gut, oder?“, der Mensch versuchte sie anscheinend aufzumuntern. "Keine Orks weit und breit zu sehen - vielleicht hat Saruman hier weniger Macht als er gerne hätte." Wie richtig du doch liegst. Weniger als er gern hätte, dachte Eryniel bitter.
“Ich kenne dich,“ Finelleth war zu ihr herüber gekommen. “Eryniel, Cruruhirs Tochter, richtig ?“
Eryniel nickte. "Das ist richtig. Es ist gut, dass du zurück bist, Finelleth.“ du bringst Hoffnung “Vielleicht hilft deine Rückkehr, den König zur Vernunft zu bringen..." Sofort brach sie den Satz ab und ließ ihren Blick zu den Wachen wandern, die vor dem Tor standen. Wie leichtsinnig! Geduld.
Finelleth lächelte schwach. "Wir werden sehen, was geschieht..." Wir werden sehen. Finelleth schien etwas mutlos, das Gespräch war beendet und auch Eryniel hatte genug gesagt. Die Versammlung vor dem Tor trat ein als die Tore sich auftaten. Eryniel wartete einen Moment draußen ehe sie ihnen, in einigem Abstand, folgte.

Die Prozession ging Richtung Thron, über dem Pfad, der sich durch die Mitte der Höhle zog. Von überall kamen Schaulustige, Elben und auch einige der Dunedain, die sich in diesen Hallen aufhielten. Der schmale Weg wand sich bis ins Zentrum der Hallen. Dort standen mächtige, fein-gearbeitete Säulen in einem Kreis um eine Anhöhe, auf dessen runder Plattform, der Thron des Königs stand, welcher aus einer großen Wurzel gefertigt war, die sich noch immer von der Decke hinab wand. In dem reich verzierten, doch noch immer vom Fall des Waldlandreiches gezeichneten, Thron, saß Thranduil, ihr König.
Eryniel wich auf einen der Nebenpfade aus, welcher sie nicht so nah an den Thron heran ließ, doch ihr erlaubte etwas weniger offensichtlich zu lauschen. Sie trat unter eine Laterne, welche im Bogen einer Wurzel hing.
Finelleth war vorgetreten und stand nun vor ihrem Vater, welcher als erster das Wort an sie richtete: "Die Späherin Finelleth kehrt zurück. Ich kann mich nicht daran erinnern, dir gestattet zu haben, das Heer zu verlassen." Es war bekannt, dass Finelleth sich ohne die Erlaubnis ihres Vaters abgewandt hatte. Bis heute hatten sie ihre Prinzessin nicht wiedergesehen, doch dafür schien der König wenig begeistert zu sein.
"Das hast du auch nicht getan", Finelleth hatte anscheinend Mut gefasst. "Allerdings brauche ich deine Erlaubnis nicht um irgendwo hinzugehen, Vater. Und ich hatte kein Interesse daran an der Seite derer in meine Heimat zurückzukehren, die die Heimat unserer Verwandten zerstört haben." Wahre Worte. Seite an Seite mit denen die Lórien nahmen. Ich war nie begeistert gewesen, doch es war bestimmt worden und wie hätte ich, dem etwas entgegenzubringen gehabt ? Sie hatte eine Entscheidung getroffen, die ich nicht hatte fällen können. Gedankenverloren schaute sie in das Licht.
"Genug", rief Thranduil. Eryniel beobachtete wieder den König. Seine Augen waren auf den Elben mit dem dunklen Haar gerichtet.
"Oronêl, Sohn des Ardir und Freund und Berater Amdírs. Ich habe seit Aldburg geahnt, dass wir uns nur allzu bald wiederbegegnen werden." Oronêl also.. Der König schien ihn zu kennen.
Oronêl richtete das Wort an den König: "Dazu gehört nicht sonderlich viel Voraussicht, um das zu erahnen, Vetter. Immerhin sind du und deine Tochter beinahe die einzige Verwandtschaft, die ich in Mittelerde noch habe – und es ist schmerzhaft zu sehen, wie sehr du vom Weg deines Hauses abgekommen bist." Es war mutig von ihm, den König so zu tadeln.
Eryniel untersuchte das schmale Gesicht Thranduils und erwartete einen immer noch kalten oder gar erbosten Ausdruck darin zu finden, doch.. der König schien, kaum merklich, etwas in sich zusammenzufallen. Mit unberührter Stimme entgegnete er: "Ich bin nicht derjenige, der vom Weg abgekommen ist. Ich bin derjenige, der alles dafür tut seinem Volk seine Heimat zurückzugeben - selbst wenn es Opfer erfordert." Opfer für ein jeden. Eryniel hörte diese Argumentation nicht zum ersten Mal. Er tat, was er für richtig hielt, musste Eryniel einräumen, doch war es allein deswegen die richtige Entscheidung. Sie musste daran denken, dass der Beschluss nicht allein durch Thranduil gefallen war.
"Opfer, die zu groß sein könnten", entgegnete Finelleth und damit sprach sie das aus, was Eryniel immer und immer wieder, durch den Kopf gegangen war. Thranduil schien dies, gar nicht gehört zu haben.
Er sprach weiter zu Oronêl: "Ich bin nicht derjenige, der sein Volk im Stich gelassen hat, und es den Launen der Noldor ausgeliefert hat." Dem Punkt konnte Eryniel nicht ganz folgen, denn sie wusste nicht, was Oronêl zu tun gehabt haben schien. Dem Elben hatte es einen Schlag versetzt.
"Gib acht, was du über die Herrin Galadriel sagst" Glorfindel kam die Treppe zum Thron hinauf. Einer der wenigen Fremdlinge, die Eryniel ihrerseits willkommen hieß. Er war es gewesen, der einen entscheidenden Teil zum Sieg über Dol Guldur geleistet hatte. Der Elb mit dem goldenen Haar wandte sich kurz an eine der Frauen, drehte sich wieder zum König und sprach weiter: "Die Noldor sind nicht besser oder schlechter als andere Elben und Frau Galadriel hat weise und gerecht über Lothlórien geherrscht, ebenso gut oder besser, als jeder andere es gekonnt hätte."
Thranduil gab kaum hörbar Antwort: "Ist das so? Ist es nicht ihre Schuld, dass der Goldene Wald unterging? Sind nicht ihre Missachtung Curunírs und ihre Intrigen gegen ihn der Grund, warum er zu diesem Angriff gezwungen wurde? Hätte sie mit ihm zusammengearbeitet, hätte viel Leid vermieden werden können, doch sie ließ ihm keine Wahl.", er war lauter geworden. Es waren eindeutig die Worte eines anderen, die er hier wiedergab. Genug Einfluss und Macht, gab sie der blonden Frau im Gedanken zur Antwort
"Saruman bietet keine Zusammenarbeit. Saruman will beherrschen, und Saruman will angebetet werden. Für ihn gibt es nur Macht, und die Rache an denen, die ihn gekränkt haben.“ Oronêl schien sich wieder gefasst zu haben.
“Und aus dir höre ich nur Saruman sprechen. Du bist seine Marionette, kein echter König – vielleicht bist du nicht einmal mein Vater." auch Finelleth kam zu demselben Schluss wie Eryniel.
Die Zuschauer waren fassungslos. Thranduil selbst, war nun aus seiner kühlen Gleichgültigkeit aufgetaut. Seine Hände verkrampften sich. Innerlich musste er toben - seine Autorität wurde öffentlich angezweifelt.
"Nein, vielleicht bin ich das nicht. Mein einzig wahres Kind starb in Mordor, durch die Hände von Saurons Schergen.“ Legolas.. Alle hatten Opfer leisten müssen. “Vor mir sehe ich nur die untreue Späherin Finelleth, die sich weigert zu gehorchen. Galanthir, Angvagor - bringt sie in ihre Gemächer, wo sie bleiben wird, bis ich mich mit ihr befasst habe. Wenn ihr ihre Freunde seid, dann tut, was ich euch sage. Ich bin euer König, und nicht sie." Der König hatte nichts weiter zu sagen.
Oronêl und eine der Frauen, welche Celebithiel zu heißen schien, bekamen die Erlaubnis sich frei zu bewegen, solange sie ihre Waffen ablegten. Die andere Elbin und der Mensch, sollten in ihren Zimmern eingesperrt werden. Auf Proteste folgte die Drohung mit dem Kerker. Ihnen wurde lediglich der Wunsch gewehrt, zusammen untergebracht zu werden. Gefangene
Thranduil erhob noch einmal die Stimme: “ Malduin? Zeigt unseren... Gästen, ihre Gemächer."

Eryniel wanderte ziellos durch die Gänge. Sie dachte an das, was im Thronsaal gesagt wurde. Es stimmte, dass sie viele Entbehrungen hatten erdulden müssen. Doch war ihr Leid eine Rechtfertigung für das Bündnis mit einem anderen Übel, nur um das Größere zu bekämpfen? Nein! Sie hatten ihre Heimat wieder, doch frei waren sie hier nicht. Es muss sich etwas ändern! Saruman hatte seinen Teil der Abmachung erfüllt – eine Abmachung, die nicht aus Gutmütigkeit getroffen wurde. Der König war in seinem Schmerz, auf dessen wohltuenden Worte hereingefallen. Wie eine Spinne, hatte er seine Netze gewebt und nun konnte sich sein Opfer nicht mehr bewegen – tot war es nicht, nur betäubt durch das Gift. Düstere Gedanken waren es. Sie hatte genug daran gedacht! Viel lieber wollte sie wissen, wer die Neulinge waren. Man konnte nicht noch mehr Fremde gebrauchen, die nichts weiter als Unheil bringen. Sie waren mit Finelleth gekommen und doch wollte Eryniel sich zunächst selbst ein Bild machen. Sie hatten viel gesagt. Einiges davon hatten ihre Aufmerksamkeit erregt. Zu viele Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum, auf die sie keine Antwort fand. Sie beschloss den beiden “Gästen“ einen Besuch abzustatten.
Sie wusste, wo die beiden Untergebracht worden waren. Eilig ging sie den Hauptweg entlang, nahm eine Abzweigung und stieg Treppen hinauf, die zu den kleinen Gemächern in den Felswänden führten. Vor einer der Türen stand ein Dúnadan. Eryniel wich hinter einen Felsen zurück. Sie beobachtete den Mann. Es wäre vergebens gewesen darauf zu hoffen, einfach zu durchgelassen zu werden. Er schien jedoch unruhig zu sein – irgendwas hatte ihn aufgelöst.. Nicht ganz bei der Sache. Umso besser. Sie kam aus ihrem Versteck und ging auf die Wache zu: “Ihr seht nicht gut aus, Dúnadan.“
Der Mann stellte sich aufrecht hin. “Alles in Ordnung.“, er versuchte überzeugend zu klingen.
“Ihr solltet nach Verpflegung fragen. Wenn man euch hier einsetzt, solltet ihr wenigstens versorgt werden“, sie gab sich freundlich. “Schwach nützt ihr keinem etwas. Eine Wache sollte bereit sein zu handeln.“
“Man hat mir gesagt, ich solle meinen Posten nicht verlassen.“ Pflichtbewusst, ganz toll.
“Ihr habt recht. Ich werde euch etwas bringen.“ Dann halt anders. Der Dúnedain bedankte sich und Eryniel lief wieder die Stufen hinunter. Sie steuerte auf den Weinkeller zu.

Die Wände waren zugestellt mit Fässern und Regalen, welche auch in der Mitte des Raumes aufgereiht waren. In ihnen waren Flaschen untergebracht, gefüllt mit dem elbischen Wein. Im Weinkeller war sonst niemand. Sie nahm sich eine der rundlichen, langhalsigen Flaschen und einen Kelch, der auf einem der Tische stand. Außerdem einen Teller mit einer Rebe Weintrauben.
Oft hatten sich einige der Dúnedain an dem elbischen Gebräu gütig getan und sie hatte bemerkt, dass sie diesen nicht zu vertragen schienen. Bereits ein kleiner Schluck genügte, um sie betrunken durch die Gegend taumeln zu lassen. Er war einfach zu stark für die Menschen. Genau das brauchte sie jetzt.
Eilig kehrte sie zu dem Wächter zurück. “Hier bitte nehmt etwas hiervon.“, sie reichte ihm Kelch und Teller.
“Habt dank!“ dankend nahm dieser an. Eryniel verabschiedete sich und ging wieder fort. Lange würde er nicht brauchen.
Als sie kurz darauf wiederkam lehnte der Mann an der Wand. Seine Augen waren zugefallen und er atmete tief ein und aus. Er schlief. Es würde wohl kein Misstrauen auslösen, wenn man ihn hier fände. Sie sollte lediglich weg sein, wenn dies eintrat. Sie trat an die Tür und klopfte sacht. Die blonde Frau machte die Tür auf und sogleich schlüpfte Eryniel hindurch. Sie wollte endlich ein Paar Antworten haben. “Verzeiht doch.. Wer seid ihr, von wo kamt und was macht ihr hier? Sprecht rasch, und ich würde euch raten, bei der Wahrheit zu bleiben, Fremdling,"
Die Frau war sichtlich überrascht. Sie brauchte kurz, um sich zu sammeln. "Also... ich heiße Kerry, und komme aus Rohan. Ich bin hier, um meiner Freundin Finelleth zu helfen, das Waldlandreich von Sarumans Einfluss zu befr..." Sie verstummte. Die rothaarige Elbe, welche auf einem Stuhl saß, warf ihr einen mahnenden Blick zu. Kerry hatte die Hände vor den Mund gelegt. Sie hatte wohl zu viel gesagt.. Ihre Absichten werden sicher nicht allen Ohren gefallen, die sie vernehmen. Eryniel war nicht gekränkt – sie hatten lediglich ebenso bedenken wie sie selbst und die sollten sie haben.
"Hm.. Nun, ich bin Eryniel, mehr müsst Ihr zunächst nicht wissen. An Eurer Stelle würde ich aufpassen, mit wem ich rede und was ich sage – sagt das auch Euren Freunden, denn sie täten gut daran, dies zu beherzigen."
"Ich werde es ihnen sagen, Eryniel," sie antwortete zügig.
Gut.. Eryniel nickte. "Ich muss wieder fort. Wir haben uns nicht zum letzten Mal gesehen, Mensch," mit diesen Worten trat sie wieder aus dem Raum. Sie haben also vor etwas gegen Saruman zu unternehmen. Interessant..

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