Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Das Nebelgebirge

Die westlichen Hänge

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Curanthor:
Mathan aus Forna Ascira

Es dauerte einen Moment, bis Mathan sich orientiert hatte. Er befand sich auf einem flachen Plateau, das von einigen scharfkantigen Felsen dominiert wurde. Vor ihm türmten sich machtvoll die Nebelberge aus und zeichneten sich scharf gegen den Sternenhimmel ab. Der Sichelmond versteckte sich hinter einer einzelnen Wolke, woraufhin er tief einatmete. Sein Blick ging höher zu den Sternen. Seine vergangenen Reisen gingen ihm durch den Sinn. Dort hatte er auch oft in der Nacht auf dem Boden gesessen und in die Sterne geblickt. Der Anblick wurde nie ermüdend für ihn, doch mischte sich Wehmut dazu. Er vermisste sie. Jetzt, da er Gewissheit über seine Mutter hatte, war ein Kapitel seines Lebens abgeschlossen und der Sog zu seiner Geliebten kehrte mit Macht zurück. Etwas Feuchtes benetzte sein Gesicht. Mathan wischte sich langsam über die Wangen und schluckte mehrmals. Er schämte sich nicht. Niemals hätte er sie zu dieser Zeit alleine gelassen, doch war die Macht, die ihn zu seiner Mutter gerufen hatte zu stark, um ihr zu wiederstehen. Ohne die Macht des Nordens fühlte er sich frei. Kein nagendes Ungewissen mehr. Kein Zweifel, oder bangendes Hoffen mehr. Ihm war klar, dass er nicht alles über seine Eltern wusste, aber das war ihm nicht mehr wichtig. Er wollte zurück zu seiner Familie. Sein eigenes Leben leben und niemanden mehr hinterherjagen. Es war auch nicht mehr nötig

Mathan senkte wieder den Kopf und blickte nach Westen, dort wo alle auf ihn warten. Dort, wo sie auf ihn wartete. Vor ihm breitete sich ein unwegsames, bergiges Gelände aus. Den Fuß des Gebirges konnte er selbst mit seinen scharfen Elbenaugen nicht erkennen, also musste er weiter oben angekommen sein, als er gedacht hatte. Er untersuchte die nähere Umgebung und kam zu dem Schluss, dass er sich an den westlichen Hängen des Nebelgebirges befand. Das erkannte er an der Art der Mineralien - einige wurden auch für den Bau von Häusern abgebaut -, die Moosarten, die nur hier wuchsen und vor allem der unverkennbare Geruch, der aus dem Westen her zu ihm wehte. Der Geruch nach Heimat. Unwissentlich rümpfte er die Nase. Irgendwas lag jedoch in der Luft, das ihn beunruhigte. Sorgen schlichen sich in seine Gedanken, die zuvor melanchonisch um seine Heimat gekreist waren. Dann war da noch etwas Anderes. Jemand anderes.
Helcion.
Instinktiv wusste er, war dort in seinen Gedanken sprach. Die Stimme hatte sanft und freundlich gesprochen - aber auch mit einer Spur von Anerkennung.
Geehrte Erste, antwortete er respektvoll und wusste, dass sie ihn gehört hatte.
Die kalten Winde des Winters kündigten von deiner Ankunft, jetzt, da der erste Schnee niederging. Wie ich es gesehen habe. Wende dich nach Nordwesten, kein Schwert wird dich aufhalten. Dafür ist die Zeit noch nicht gekommen. Eile dich.
Dann war sie auch schon wieder fort. Mathan fasste sich kurz an die Stirn. Er wusste, dass einige Elben oft so kommunizierten, aber selbst hatte er es noch nie erfahren. Es war befremdlich, aber zu einem Teil hat es sich natürlich angefühlt. Irgendwo weit oben im Himmel krächzte ein Adler und holte Mathan wieder zurück in die Wirklichkeit. Er beschloss nicht über die Worte, die er eben vernommen hatte groß nachzudenken, sondern wandte sich entschlossen nach Nordwesten. Mit großen Schritten begann er die steinigen Hänge hinabzuschreiten.

Curanthor:
Mathan hatte nicht lange gebraucht, um sich zu orientieren. Viele der Berge kamen ihm vertraut vor und er wusste, dass er an den westlichen Hängen, ganz in der Nähe des Hulstenkamm war, wie ihn die Menschen nannten. Er blickte hinauf in die mittlerweile wolkenlose Nacht. Es war der vierte Tag, seitdem er wieder von seiner Mutter getrennt war. Rast hatte nicht gehalten. Seine Schritte trugen ihn unablässig die steinernen, mit Geröll bedeckten Hänge herab, bis er an den ersten Baumgruppen vorbkei kam. Es waren windgebäugte Tannen, die unter den starken Bergwinden nur verkrüppelt wuchsen. Ein Sinnbild der Elbenvölker, die unter den Schatten Mordors nur beschwerlich leben konnten, schoss es ihm durch den Kopf. Sein Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als er dabei an Halarîn denken musste, und an das neue Leben, das sie unter ihrem Herzen trug. Gerade wollte er eilig weitergehen, als ihn der Anblick der Tannen noch einmal verharren ließ. Sein mulmiges Gefühl, dass ihn seit seiner Ankunft begleitete, verstärkte sich. Er kniff die Augen zusammen. Bei einigen Tannen fehlte der Schnee auf den Zweigen. Eine Hand wanderte langsam zu einem Schwertgriff. Die Kälte des Stahls biss ihm ungewohnt heftig ins nackte Fleisch. Verwundert zuckte er zurück. Prüfend blickte er auf die Silmacil, doch die Zwillingsschwerter wirkten unverändert. Ihm dämmerte es, dass er durch die Ablehnung seines Erbes diese Waffe wohl für's Erste nicht führen konnte. Er seufzte. Mathan war sich dennoch sicher, dass es sie richtige Entscheidung war. Große Macht war ihm nicht wichtig, er empfand es als Belastung und ihm stand nicht der Sinn danach, jedes Mal, wenn er die Augen schloss mögliche Horrorszenarien zu erblicken. 

Er erinnerte sich, dass er seinen Schwertstab Maltahal bei seiner Mutter gelassen hatte, als Andenken und Versprechen, dass sie sich wiedersehen würden. Noch einmal fasste er prüfend an die eiskalten Griffe seiner Schwerter. Im Notfall könnte er sie führen, was aber wohl nicht nötig sein würde, wenn er den Worten der Ersten glauben schenkte. Und das tat er.

"Wende dich nach Nordwesten, kein Schwert wird dich aufhalten", wiederholte er murmelnd und trat unter größter Vorsicht an die Tannen heran. Der geröllbedeckte Boden war schneefrei, wie zuvor auch, doch irritierte ihn der Schnee auf den Zweigen. Und der Geruch... Mathan wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen, doch seinen Instinkt konnte er nicht täuschen. Hier waren welche vor ihm gewesen. Und nicht gerade wenige. Er musste keine Spuren lesen, um zu wissen wer es war, der Gestank war seit Jahren allgegenwärtig in Mittelerde.

Eilig richtete er sich auf und wandte sich in die empfohlene Richtung. Während er flink den Hang hinabsteuerte suchte er die Umgebung ab. Seine scharfen Elbenaugen erkannten dichte Wälder an den Ausläufern der westlichen Hängen. Angestrengt suchte Mathan in der Finsternis, bis er einen einzelnen Lichtpunkt entdeckte und somit ein Ziel, dass er vor Anbruch des Morgengrauens erreichen konnte. Er vermutete, dass dort jemand auf einer Lichtung ein Feuer entzündet hatte. Ziemlich leichtfertig, wie er fand. Wenn es gerade keine Orks waren, konnte er in Erfahrung bringen, was sich in der Zeit seiner kurzen Abwesenheit getan hatte. Das mulmige Gefühl in seiner Magengrube wurde jedoch immer stärker, je näher er seiner Heimat kam.

Mathan nach Eregion

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