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Autor Thema: Haus der Stahlblüten  (Gelesen 3077 mal)

Rohirrim

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Haus der Stahlblüten
« am: 1. Feb 2018, 21:34 »
Zarifa aus den Straßen von Gotharia

Das hatte Cyneric ja wirklich super hinbekommen. Zunächst hatte er Zarifa große Versprechungen gemacht von wegen er könnte ihr eine Unterkunft besorgen und ihr die richtigen Leute vorstellen, um sie zu beschützen. Und dann kamen sie in der Hauptstadt an und es stellte sich heraus, dass er überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, wo Zarifa bleiben sollte, wenn sie einmal in Gortharia angekommen waren. Und jetzt befand sie sich in diesem Haus voller reicher, privilegierter Frauen, die nach noch mehr Macht strebten, als sie ohnehin schon besaßen. Eine wirklich wunderbare Aussicht.
Und dann hatte sie auch noch erfahren müssen, dass Cyneric die Stadt schon bald wieder verlassen würde. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Er hatte sie mit in diese Stadt geschleift, nur um sie dann direkt wieder zu verlassen? All das Gerede von wegen, er könne sie beschützen und dann ließ er sie einfach wieder fallen? Es könnte noch viel schlimmer sein, dachte Zarifa grimmig und setzte sich auf. Sie hatte gerade ihren zweiten Arbeitsdienst im Haus der Stahlblüten hinter sich gebracht und sich anschließend erst einmal ins Bett fallen lassen. Den ganzen Vormittag stumpfsinnigste Aufgaben erledigen und dabei deinen Vorgesetzten jeder Zeit Folge leisten zu müssen, war nicht unbedingt das, was Zarifa sich unter einem tollen Vormittag vorstellte. Außerdem half es definitiv nicht, dass sie inzwischen fast jeden Morgen schweißgebadet und mit einem generell unguten Gefühl aufwachte. Das lag vermutlich an den Albträumen, die sie jede Nacht verfolgten. Das Alles erinnerte sie an ihre Zeit als Sklavin im Anwesen von Fürst Radomir.
 Allerdings musste sie sich eingestehen, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen hier wesentlich humaner waren. Sie schlief in einem bequemen Bett, statt auf Holz. Sie arbeitete sechs Stunden statt achtzehn Stunden. Und sie wurde nicht sofort geschlagen und ausgepeitscht, wenn sie zwischendurch ein wenig trödelte oder etwas falsch machte. Im Gegenteil. Die Leute hier waren alle recht freundlich zu ihr, auch wenn niemand hier wirklich Sympathie bei der jungen Frau erregte. Und genau das war es, was Zarifa so ärgerte. Sie hatte gerade begonnen, sich an die Gesellschaft von Cyneric zu gewöhnen. Seine grimmige aber auch gutmütige, fast väterliche Art hatte Zarifa auf der Reise von Gorak geholfen, sich nicht ständig in düsteren Erinnerungen zu verlieren. Er hatte diesen Gesichtsausdruck, den sie zuvor nur bei Ziad gesehen hatte und der es immer wieder schaffte, Zarifa zu beruhigen. Er hatte einfach etwas an sich, dass einem das Gefühl gab, in Sicherheit zu sein. Und jetzt hatte er sie im Stich gelassen und es gab erneut niemanden, der Zarifa trösten konnte. Die Leute hier waren zwar allesamt freundlich, doch niemand schien sich großartig für das Leid der jungen Frau zu interessieren. Man gab ihr zu essen, einen Platz zum Schlafen und ein Dach über dem Kopf und doch hatte Zarifa nicht das Gefühl, zu Hause zu sein. Und schon bald merkte sie, wie dieses Fehlen einer Vertrauensperson ihr aufs Gemüt schlug. Auf der Reise von Gorak nach Rhûn hatte sie es über längere Phasen geschafft, ihren Schmerz zu verdrängen und gemeinsam mit Cyneric und Salia zu scherzen. Auch wenn sie nachts immer noch Albträume von Verrat, Missbrauch und dem Tod geliebter Menschen gehabt hatte, ließ sich das ganze wesentlich besser aushalten, wenn man tagsüber mit anderen Menschen reden und lachen konnte. Doch hier konnte Zarifa mit Niemandem lachen.
Und schon bald begannen die Bilder, die sie eigentlich nie wieder sehen wollte, sich erneut in ihr Gedächtnis zu schleichen. Bilder von Fingern die sie berührten, obwohl sie es nicht wollte. Bilder von Leichen mit den Gesichtern geliebter Menschen. Ein ekelerregendes Geräusch auf dem Höhlenboden. Der Geschmack von Blut in ihrem Mund. Der Gedanke, dass der Tod besser sein musste, als das hier. Zarifa versuchte die Gedanken beiseite zu schieben, doch es wollte ihr nicht recht gelingen. Sie musste etwas unternehmen. Sich irgendwie ablenken. Bei der Arbeit heute Morgen hatte sie bemerkt, wie körperliche Anstrengung ihr Gehirn offenbar davon abhielt, zu viel zu grübeln. Und doch gab es immer wieder Momente, in denen die junge Frau unnötig schreckhaft und ängstlich reagierte. An ihrem ersten Arbeitstag hatte sie ein Glas fallen lassen, nur weil ihr eine Vorgesetzte sanft auf die Schulter getippt hatte. Es schien wohl niemals gänzlich aufzuhören. Was allerdings helfen würde, wäre ein Freund oder eine Freundin zum Reden. Und Zarifa hatte gedacht, Cyneric wäre dieser Freund gewesen. Er hat seine eigenen Probleme. Er sucht nach seiner Tochter, die er schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Das musst du doch verstehen können, sagte Zarifa zu sich selbst. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie selbst Mutter wäre. Würde sie dann nicht auch alles tun, um ihr Kind zu beschützen? Anders als ihre Eltern, die sie einfach auf der Straße hatten sitzen lassen? Konnte sie es Cyneric wirklich vorwerfen, dass er der behütende Vater sein wollte, den Zarifa nie hatte? Doch, ich hatte einen Vater, dachte Zarifa grimmig. Ziad war mein Vater. Er hat mich aufgezogen, mir alles beigebracht, was ich weiß und mich immer so gut er konnte beschützt. Und ich dachte, Cyneric wäre genauso.
Zarifa erhob sich. Genug gegrübelt für heute! Sie wollte ihren freien Nachmittag nutzen, um mal ein wenig die Stadt zu erkunden. Gestern hatte sie sich dafür nicht fit genug gefühlt. Eventuell war das der Fehler gewesen. Die Stadt zu erkunden würde bestimmt für die nötige Ablenkung sorgen. Was hatte Lilja noch gleich gesagt? Ich schlage allerdings als Allererstes einen vernünftigen Haarschnitt vor. Zarifa blickte in den Spiegel, der in dem Schlafzimmer der Bediensteten hing. Sie hatte ihre Haare tatsächlich seit sehr langer Zeit nicht mehr geschnitten. Sie erinnerte sich zurück, wie sie einmal noch als recht junges Mädchen versucht hatte ihre Haare selber zu schneiden, was darin geendet war, dass sie ausgesehen hatte als hätte man ein totes Tier auf ihrem Kopf begraben. Seitdem hatte sie ihr Haar nur noch dann angerührt, wenn es anfing, sie aktiv zu behindern und es ansonsten einfach wachsen lasse, sodass ihr die Haare inzwischen fast über den gesamten Rücken fielen. Und seit dem Aufstand in Umbar hatte sie auch keine Zeit mehr gehabt, ihre Haare, die ins Gesicht fielen zu kürzen, sodass inzwischen auch ihr Sichtfeld des öfteren behindert wurde. Sollte sie sich vielleicht wirklich professionell die Haare schneiden lassen? Zarifa dachte an Lilja und den verzierten Turm, den sie als Frisur bezeichnete.
Nun, ich muss es ja nicht gleich übertreiben, dachte Zarifa und grinste. Allerdings gefiel ihr die Idee, ihre Haare mal wieder ein wenig zu pflegen.
« Letzte Änderung: 3. Feb 2018, 14:38 von Rohirrim »
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Rohirrim

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Re: Haus der Stahlblüten
« Antwort #1 am: 7. Feb 2018, 23:47 »
„Wie zur Hölle bedient man dieses Teil denn?“ Zarifa stand inmitten eines Etwas, das aussah wie ein unförmiger und überdimensionierter Kochtopf mit angeschlossener Bierzapfanlage. Zarifa hatte so etwas schonmal gesehen, allerdings noch nie in so riesig. Und benutzt hatte sie es erst Recht noch nie. Das Teil war etwa doppelt so lang wie ihr gesamter Körper und mindestens viermal so breit (was allerdings nicht besonders viel aussagte). Vorsichtig betastete Zarifa die Bierzapfanlage genauer. Kam hier tatsächlich Wasser heraus? Zarifa drehte den Hahn auf und staunte nicht schlecht.
„So waschen sich also reiche Leute“, überlegte sie und dachte daran zurück, wie sie selbst früher kleine Bäche in Umbar hatte nutzen müssen, um sich und ihre Klamotten zu waschen.
„Es ist einfach immer das Gleiche. Reiche Arschlöcher lassen es sich gut gehen, während 90% der Weltbevölkerung im Dreck lebt“, dachte Zarifa betrübt, während sie ihr Kleid beiseite legte und damit begann, sich zu baden. Sie war nach längerer Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass sie ihre Haare doch nicht professionell von einem fremden schneiden lassen wollte. Sie wusste genau, dass sie es niemals aushalten würde, wenn ein fremder mit einer Klinge an ihrem Kopf herumhantierte. Allein bei dem Gedanken schoss ihr erneut das Bild eines silbernen, blutigen Dolches in ihrem Mund in den Sinn, welches sie eigentlich schon lange vergessen hatte wollen. Stattdessen wollte sie erneut selber versuchen, sich einen vernünftigen Haarschnitt zu verpassen. Hier im Badezimmer für Bedienstete im Haus der Stahlblüten gab es alles, was sie dafür brauchte. Hoffentlich gelang es ihr dieses Mal besser als das letzte Mal.
Zunächst genoss Zarifa es jedoch, einfach nur ein wenig im Wasser zu treiben. Es war ewig her, seit sie ihren Körper das letzte Mal vernünftig gereinigt hatte. Wenn sie dieses Badezimmer genauer betrachtete, hatte sie ich vermutlich noch nie vernünftig gereinigt. Zarifa tauchte mit dem Kopf unter und hing ihren Gedanken nach. Doch seltsamerweise schweiften ihre Gedanken diesmal nicht sofort wieder zu schmerzlichen Erinnerungen und Verzweiflung ab. Stattdessen erinnerte sie sich zurück, wie sie an einem warmen Sommertag entspannt in ihrem Zelt in Umbar saß und eine vernünftige Mahlzeit zu sich nahm. Wie sie gemeinsam mit Tekin lachend auf dem Boden eines großen Raums lag. Wie sie bei strahlendem Sonnenschein durch die Straßen Umbars schlenderte und überlegte, wen sie heute bestehlen konnte. Irgendetwas an diesem warmen Wasser und den Düften der Seife, die sie zusätzlich benutzte, schien die junge Frau zu entspannen und positiv denken zu lassen. Es schien, als würde gemeinsam mit dem Schmutz auf ihrer Haut auch ihre Seele ein Stück weit reingewaschen. Auch wenn es wohl nicht ewig anhalten würde. Zarifa spürte förmlich, wie ihre Haut und ihre Haare Stück für Stück sauberer wurden und sich immer besser anfühlten. Die junge Frau hatte sich bereits so an ihre Ungepflegtheit gewöhnt, dass sie gar nicht mehr bewusst wahrgenommen hatte, wie unwohl sie sich teilweise damit gefühlt hatte. Es war, als würde ihr eine Last von der Seele fallen, von der sie gar nicht gewusst hatte, dass sie überhaupt existiert hatte.
Sie badete noch eine ganze Weile weiter im heißen Wasser, bevor sie schließlich aufstand und sich in Richtung des Waschbeckens begab. „Hoffentlich funktioniert das besser, als beim letzten Mal“



Eine halbe Stunde später kam Zarifa in den Speisesaal des Hauses. Sie war einigermaßen zufrieden mit ihrer neuen Frisur. Ihre Haare reichten ihr jetzt noch bis knapp über die Schultern, hatten eine gleichmäßige Länge und waren frisch gekämmt. Zarifa hatte sich mehrmals von allen Seiten im Spiegel betrachtet und das Ergebnis für gut befunden. Den Rest des Tages wollte sie nun nutzen, um ein wenig die Stadt zu erkunden.

„Ah, Zarifa!“ Lilja war vom Tisch aufgestanden und winkte die junge Frau zu sich heran. Zarifa blickte auf das halbe Haus, das Lilja als ihre Frisur bezeichnete und kam sich auf einmal um einiges schöner vor als zuvor. „Möchtest du dich nicht zu uns setzen?“ Zarifa war ein wenig verwirrt doch zugleich neugierig. Sie mochte Lilja zwar nicht besonders, doch immerhin war sie stets freundlich ihr gegenüber. Es konnte sicherlich nicht schaden, sich ein wenig zu ihr zu setzen und mit ihr zu reden. Zarifa ging vorsichtig auf den Tisch zu. Vor ihrem geistigen Auge begann Lilja sich auf einmal in einen Mann mit langen, schwarzen Locken mit einem verletzten Bein zu verwandeln. Ein silberner Dolch kam ihr in den Sinn „Schluss damit!“, ermahnte Zarifa sich selbst. „Du hast vor Lilja nichts zu befürchten.“ „Oder doch?“ Zarifa ließ sich auf den Stuhl neben Lilja fallen. Ihr gegenüber saß eine sehr schöne Frau, mit langen, goldblonden Haaren.
„Zarifa, Das hier ist Herrin Rhiannon, Schwester des kürzlich verstorbenen Fürsten von Gorak.“ Bei der Erwähnung dieses Titels zuckte Zarifa unwillkürlich zusammen. Es schien jedoch niemandem aufzufallen. Lilja fuhr jedenfalls unbeirrt fort: „Rhiannon, das hier ist Zarifa. Sie... lebt seit einigen Tagen hier bei uns im Haus.“
„Freut mich, dich kennenzulernen, Zarifa“, sagte Rhiannon freundlich und streckte ihre Hand zur Begrüßung aus. Zarifa zögerte eine Sekunde lang. Das hier war die Schwester von Radomir. Die Schwester des Mannes, den sie persönlich getötet hatte. Wusste sie davon? Zarifa erinnerte, sich wie Lilja bei ihrer ersten Begegnung angedeutet hatte, dass Rhiannon und Radomir nicht gerade Freunde gewesen waren. Doch andererseits war es immer noch ihr Bruder gewesen. Würde Rhiannon ihr eventuell doch übel nehmen, was Zarifa getan hatte, wenn sie es herausfand? Vorsichtig ergriff Zarifa die Hand der immer noch freundlich lächelnden Frau und beschloss, vorerst nicht allzu viel zu erzählen. Stattdessen schenkte sie sich etwas von dem Wasserkrug auf dem Tisch ein, obwohl sie eigentlich überhaupt keinen Durst hatte.
„Also, wo waren wir gerade?“, fragte Lilja, um die etwas peinliche Stille zu überbrücken und das Gespräch fortzusetzen.
„Ich war gerade dabei, dir von meiner Arbeit als Fürstin zu erzählen“, antwortete Rhiannon, nachdem sie Zarifa noch einige Sekunden lang interessiert angesehen hatte.
„Du hast also das Amt deines Bruders übernommen?“
„Ja, zumindest formell. Ich bleibe allerdings vorerst in Gortharia und lasse Gorak von einem Statthalter führen. Das erscheint mir zumindest vorläufig das Beste zu sein.“
„Das kann ich verstehen. Nach diesem heftigen Aufstand würde ich persönlich mich wohl nie wieder nach Gorak trauen. Schon gar nicht als Schwester desjenigen, der für diesen Aufstand verantwortlich ist.“
„Du sagst es“, entgegnete Rhiannon und seufzte schwer. „Ich wünschte, ich hätte früher etwas gegen Radomirs tyrannische Herrschaft unternommen. Vor einer Woche habe ich eine Freundin von mir zusammen mit einigen Wachen nach Gorak geschickt, um sich ein Bild der Lage in Gorak zu machen und mir Bericht zu erstatten. Hätte ich das nur schon früher gemacht. Dann hätte ich vielleicht verhindern können, dass die Sache eskaliert. So konnte Ceyda mit allerdings nur noch von Radomirs Tod berichten?“
„Ceyda?“, wiederholte Lilja in einem auf einmal leicht ungehaltenen Tonfall. „Du meinst doch nicht etwa die Witwe des verstorbenen Adeligen Jari?“
„Doch, genau die. Ist das ein Problem?“
„Nein nein, überhaupt nicht“, versuchte Lilja ihren Ärger herunterzuspielen. Es gelang ihr jedoch eher mittelmäßig. „Es ist nur so, das beinahe eine von uns die Frau von Jari geworden wäre. Eine Hochzeit mit einem der jüngsten Adelshäuser wäre für uns von großem Vorteil gewesen. Immerhin ist Jaris Vater Nizar einer der größten Krieger seiner Generation. Wir hatten schon alles vorbereitet, Verhandlungen geführt und Treffen arrangiert. Doch dann trifft Jari zufällig auf eine seiner Reisen diese Bauerstochter und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Und zu allem Überfluss hören Jaris Eltern dann auch noch auf den Wunsch ihres Sohnes und verheiraten ihren Sohn doch tatsächlich mit dieser... Bürgerlichen. Einer Bürgerlichen, die ihm in über zehn Jahren Ehe keinen einzigen Sohn geschenkt hat. Stattdessen nutzt sie ihren neu erworbenen Reichtum für ein Besäufnis nach dem Anderen, was nicht selten in Eskapaden endet. Innerhalb von nur einer Generation hat das Haus Kontio es geschafft von einem der angesehensten Häuser zum Gespött des gesamten Adels zu werden. Und jetzt stirbt es sogar aus. Aber selber Schuld. Wenn man es zulässt, dass der Sohn eine unfruchtbare Bauerstochter heiratet...“
„Ceyda ist übrigens eine gute Freundin von mir“, entgegnete Rhiannon leicht pikiert. Es entstand eine unangenehme Pause. Zarifa begann hastig etwas Wasser zu trinken, um eine Ausrede zu haben, nicht sprechen zu müssen. Dabei kleckerte sie ein wenig auf ihr frisch gewaschenes weißes Kleid. Zarifa spürte die Blicke der beiden Frauen und lief rot an, während sie unbeholfen versuchte ihr Kleid trocken zu wischen.
„Also ähm, wie gefällt dir dein neuer Posten?“, fragte Lilja, die ihrerseits ebenfalls leicht rot angelaufen war und nun versuchte das Thema zu wechseln. Zarifa wurde erneut bewusst, wieso sie Lilja nicht leiden konnte. Die Art, wie sie das Wort „Bürgerliche“ ausgesprochen hatte, war ein ziemlich klarer Indikator dafür, was diese Frau von einfachen Leuten hielt. Sie behandelte sie zwar oberflächlich freundlich, doch der Gedanke, dass eine einfache Frau einen Adeligen heiratete, widerte sie genau so an, wie es Radomir angewidert hätte. „Rhiannon scheint allerdings anders zu sein“, überlegte Zarifa, während Rhiannon auf Liljas Frage antwortete:
„Nun, wie bereits gesagt, habe ich vorläufig einen Statthalter entsandt, der mich vertreten soll. Bis das Anwesen wieder repariert ist, wird er allerdings von einem anderen Haus aus regieren müssen. Da suchen wir zurzeit noch nach einer Lösung“, antwortete Rhiannon und ignorierte die kurze peinliche Stille komplett. „Außerdem suchen wir nach einer Lösung für die überlebenden Sklaven meines Bruders. Leider sind die allermeisten während des Aufstandes umgekommen. Ceyda hat mir berichtet, dass nur fünf Sklaven überlebt hätten. Die allermeisten wurden tot aufgefunden, doch ein paar werden noch vermisst. Ich hoffe wir finden sie noch.“ Rhiannon betonte den Namen Ceyda sehr deutlich. Sie wollte wohl klarmachen, dass sie Liljas Worte keineswegs vergessen hatte. Währenddessen wurde Zarifa erneut rot im Gesicht. Man suchte also noch nach weiteren überlebenden Sklaven. Ihr wurde auf einmal bewusst, dass sie rechtlich gesehen jetzt wohl Eigentum von Rhiannon war. Unwillkürlich blickte sie auf das Brandzeichen an ihrem Arm, versteckte es jedoch augenblicklich unter dem Tisch, denn sie war sich sicher, dass Rhiannon zu ihr herüberblickte. Zarifa vermied es tunlichst, zurückzublicken.
„Also, ich sollte dann mal zurück zum Palast. Ansonsten lässt der König noch eine gesamte Armee ausrücken, um nach mir zu suchen“, sagte Rhiannon nach einer erneuten kurzen Pause und erhob sich. „Lilja, es war mir wie immer eine Freude. Vielen Dank für eure Gastfreundschaft“, fuhr sie fort und streckte ihre Hand zum Abschied aus. Zarifa war der wesentlich förmlichere Tonfall nicht entgangen und sie war sich sicher, dass Lilja es ebenfalls bemerkt und keineswegs erfreut aufgenommen hatte. Sie ließ sich allerdings nichts anmerken, als sie Rhiannons Hand ergriff und ihrerseits förmliche Abschiedsworte erwiderte. Anschließend wandte sich Rhiannon an Zarifa, die bis hierhin noch kein Wort gesagt hatte. „Zarifa, ich hoffe... nein, ich bin mir sicher, dass wir uns eines Tages wiedersehen werden.“ Vollkommen perplex ergriff Zarifa Rhiannons ausgestreckte Hand und blickte in ihr freundliches Gesicht. Sie hatte das ungute Gefühl, dass Rhiannon ganz genau wusste, wer sie war. Hatte Lilja es ihr gesagt? Oder konnte sie einfach zwei und zwei zusammenzählen? „Ähm danke... Das hoffe ich“, stammelte Zarifa und ehe sie sich versah, war Rhiannon durch die Tür gegangen und gemeinsam mit ihren davor postierten Wachen verschwunden.
Was hatte das alles nur zu bedeuten?
« Letzte Änderung: 10. Feb 2018, 18:05 von Rohirrim »
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Rohirrim

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Re: Haus der Stahlblüten
« Antwort #2 am: 16. Mär 2018, 21:56 »
Zarifa saß alleine auf ihrem Bett und dachte nach. Den letzten Nachmittag hatte Zarifa dafür genutzt, die nähere Umgebung des Anwesens ein wenig zu erkunden. Und ihr erster Eindruck hatte sich bestätigt: Gortharia und Umbar waren genau gleich. Bis auf das schlechte Wetter und die fremde Sprache, hatte Zarifa den Eindruck, sie würde durch eine beliebige Straße in Umbar laufen. Extremer Reichtum, extreme Armut und ein paar einfache Leute dazwischen. Und das alles nur Katzensprünge voneinander entfernt. Waren alle Städte so? Gab es etwa keine Städte der Menschen, in denen alle Leute einigermaßen in Wohlstand leben konnten? Endete das Zusammentreffen so vieler Menschen auf engstem Raum zwangsläufig darin, dass einige Leute am Ende als Verlierer dastanden? Wieso konnte der Reichtum nicht einfach verteilt werden?
Zarifa seufzte. Vielleicht waren Menschen einfach größtenteils Arschlöcher. Selbst hier in diesem Haus, in dem es keine Männer gab und Zarifa recht gut behandelt wurde, gefiel es ihr nicht. Auch diese Frauen strebten nicht danach, den einfachen Leuten zu helfen und etwas an der Situation der Gesellschaft zu verbessern. Sie strebten allesamt nur nach individueller Macht. Und wenn Salias Andeutung stimmte, waren sie auch bereit, dafür über Leichen zu gehen und diese anschließend still und heimlich zu verstecken. Zarifa behagte dieser Gedanke nicht. Sie selbst hatte zwar auch getötet, doch das war was anderes. Radomirs und Kazimirs Tod hatten nicht dazu gedient, die eigene Machtstellung auszuweiten oder sich selbst zu bereichern, sondern Rache zu üben. Ziads und Tekins Tod zu rächen war Zweck dieser Morde gewesen, ebenso wie der Versuch, das eigene Leben wieder auf die Reihe zu kriegen. Letzteres hatte zwar nur bedingt funktioniert, doch immerhin gab es in diese Welt nun zwei Arschlöcher weniger. Das war doch schonmal etwas.
Zarifa lauschte ein wenig, dem geschäftigen Treiben des Hauses. Ihre Schicht war gerade vorbeigegangen und sie war froh darum. Auch wenn die Arbeit hier in keiner Weise vergleichbar mit der Arbeit in Radomirs Anwesen vergleichbar war, behagte es Zarifa nicht, dass sie jeden Morgen gezwungen war zu einer festen Zeit zu arbeiten. Sie bemerkte, wie ihr dieser geregelte Tagesablauf Kopfschmerzen und Schwindel bereitete. Sie vermisste die Zeit, in der sie ihr eigener Vorgesetzter war und tun konnte, was sie wollte und wann sie es wollte. Außerdem war die Arbeit im Haus sterbenslangweilig. Zarifa vermisste den Nervenkitzel eines Einbruchs. Den Schweiß auf der Stirn, wenn man eine verschlossene Tür öffnet. Das schwere Atmen, während man versucht möglichst kein Geräusch zu machen. Das Herzrasen, wenn man einem reichen Bastard etwas stiehlt, was dieser ohnehin nicht braucht. Auch wenn sie es ungern zugab, vermisste sie diesen Teil ihres Lebens. „Es war jedenfalls aufregender, als Geschirr abzuwaschen und den Boden zu wischen“, dachte Zarifa trübsinnig.
Erneut kam Zarifa der Gedanke, dass es ihr wohl besser gehen würde, wenn sie jemanden hätte, mit dem sie sich wirklich gut verstand. Auch wenn das Leben als Sklavin in Gorak in jeder Hinsicht schlimmer gewesen war, so hatte sie dort wenigstens Tekin gehabt, mit dem sie gemeinsam gelitten und zwischen durch gemeinsam gelacht hatte. Geteiltes Leid ist halbes Leid. In diesen Tagen verstand Zarifa diesen Satz erstmals wirklich.
Wie sollte sie hier denn alleine klarkommen? In dieser Stadt, in der man das Gefühl hatte, jederzeit mit einem Messer an der Kehle aufwachen zu können? In dieser Stadt, in der sie sich kein bisschen auskannte? Umbar war Zarifa vertraut gewesen. Sie hatte die Stadt in- und auswendig gekannt. Sie hatte genau gewusst, welche Gegenden sie zu welcher Uhrzeit zu meiden hatte. Sie hatte gewusst, vor welchen Personen sie sich in Acht nehmen musste. Aber hier? Die ganze Stadt schien nur aus irgendwelchen Gruppierungen zu bestehen, die jederzeit bereit schienen, ihre Feinde kaltblütig zu ermorden. Die Goldröcke, die dem König dienten. Die Stahlblüten, die laut Salia gut darin waren, Leichen verschwinden zu lassen und danach strebten ihre eigene Macht auszuweiten. Und dann die schwarze Rose... Eine Organisation, die sich offensichtlich für das Leid der einfachen Leute eingesetzt hatte und deren Kopf nun abgeschlagen wurde, wie Zarifa bei ihrer Ankunft in Gortharia erfahren hatte. War dies die einzige Organisation gewesen, der Zarifa hätte trauen können? Gab es in dieser Stadt überhaupt irgendjemanden, dem sie trauen konnte?
“Was ist mit den Schattenläufern? Immerhin arbeitet Cyneric für sie und Cyneric kann ich doch vertrauen, oder?“, fragte sie sich selber hoffnungsvoll. Aber konnte sie das wirklich? Cyneric hatte sie einfach hier in dieses Haus abgeschoben, um sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern zu können. Und laut Salia war es deutlich besser für Zarifa, diesen mysteriösen Schattenläufern besser nicht zu nahezukommen. Was auch immer sie damit genau gemeint hatte.
Es schien hoffnungslos zu sein. Zarifa fühlte sich in dieser Stadt vollkommen fremd, verlassen und einsam. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Außerhalb dieses Hauses schwebte sie in ständiger Gefahr, an die falschen Leute zu geraten. Und innerhalb dieses Hauses schwebte sie in ständiger Gefahr, in ihrer Trauer und ihrer Hilflosigkeit einzugehen. Wenn es doch nur irgendjemanden gäbe, mit dem sie über all das reden konnte.
„Was ist mit Rhiannon?“ Sie schien sehr freundlich zu sein und hatte versprochen, dass sie sich eines Tages wiedersehen würden. Und sie schien genau zu wissen, wer Zarifa war: Die Mörderin ihres Bruders. Konnte Zarifa ihr vielleicht vertrauen?

Es klopfte. „Herein!“, gab Zarifa zurück und ein Dienstmädchen aus dem Haus trat in das Zimmer.
„Herrin Lilja wünscht euch zu sehen.“
„Was will sie denn von mir?“
„Das weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass sie euch im Speisesaal auf euch wartet.“
Zarifa seufzte und stand auf. „Also gut, ich komme.“
„So schlimm ist das doch gar nicht. Lilja ist immerhin freundlich zu mir und zurzeit ist jede Aktivität besser, als einfach nur herumzusitzen und zu grübeln. Grübeln bringt nichts. Es macht nur traurig“, dachte Zarifa, während sie sich auf dem Weg zum Speisesaal machte. Als sie die Tür erreichte hörte sie laute, aufgeregte Stimmen. Verwundert blieb sie stehen und lauschte erst einmal. Nicht weil es sie wirklich interessierte, was die Stahlblüten miteinander zu bereden hatten, sondern einfach aus Instinkt. Sie erkannte Liljas Stimme.
„Wir können es nicht riskieren, jemanden von uns in das Anwesen zu schicken. Es ist viel zu gut bewacht und wir haben keinerlei Kontakt zu der Familie.“
„Aber wir müssen wissen, was in dem Testament steht. Nur so haben wir eine Chance, die ganze Situation zu unserem Vorteil zu nutzen“, protestierte eine andere Frau.
„Willst du das Testament etwa fälschen?“
„Wenn es sein muss... Die Gelegenheit ist zu gut, um sie nicht zu ergreifen.“
„Vielleicht hast du Recht.“

Zarifa blieb nach dem Ende des Gesprächs noch einige Sekunden stehen und überlegte. Dann jedoch fiel ihr auf, dass das Ganze nichts mit ihr zu tun hatte und sie auch gar nicht wissen wollte, worum es da genau ging. Sie klopfte.
„Herein!“, ertönte Liljas Stimme und Zarifa öffnete die Tür.
„Ah Zarifa, schön dich zu sehen. Komm, setz dich zu uns“, wurde sie von Lilja begrüßt. In dem Raum befanden sich inklusive Lilja vier Frauen der Stahlblüten, wobei Zarifa die anderen drei bisher nur vom sehen her kannte. Sie alle lächelten sie freundlich an. Vorsichtig ging Zarifa auf den Tisch zu und setzte sich.
„Möchtest du etwas trinken? Vielleicht einen Tee?“, fragte Lilja.
„Ähh... Ja gerne“, entgegnete Zarifa und Lilja klatschte in die Hände, woraufhin einige Sekunden später eine Bedienstete mit einem Tablett hereinkam und Zarifa einen Tee servierte. Es fühlte sich seltsam an so bedient zu werden. Normalerweise war Zarifa auf der anderen Seite einer solchen Interaktion. Sie begann zu trinken und wartete darauf, dass Lilja oder eine der anderen anfing zu sprechen und zu erklären, was das ganze hier eigentlich sollte. Als könnte Lilja ihre Gedanken lesen, begann sie augenblicklich zu sprechen, als Zarifas Lippen die Teetasse berührten.
„Du fragst dich sicher, warum ich dich habe rufen lassen. Nun, ich habe ein Angebot für dich. Du bist hier, weil du Schutz suchst, nicht wahr?“
Zarifa nickte. Sie hatte keine Ahnung, worauf das ganze hinauslaufen sollte.
„Nun, wie wäre es, wenn du zukünftig keinen Schutz mehr bräuchtest, sondern dich selber verteidigen könntest? Zora hier ist eine unserer besten Kämpferinnen und hat angeboten, dir ein paar Tricks beizubringen.“
Zarifa staunte. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Es konnte sicherlich nicht schaden, ein wenig was über Selbstverteidigung zu lernen. Zora, eine Frau mit langen, glatten schwarzen Haaren, die sie mit einigen Perlen verziert hatte, lächelte sie freundlich an.
„Also, was sagst du dazu?“, fragte sie, ohne dabei mit dem Lächeln aufzuhören. Irgendwie gefiel Zarifa dieses dauerhafte Lächeln nicht. Dennoch willigte sie ein.
„Also gut, dann komm mal mit nach draußen“, sagte Zora und stand auf. Zarifa folgte ihr. Auf dem Weg nach draußen fragte Zora die junge Frau ein wenig über ihre bisherige Kampferfahrung aus und Zarifa berichtet, dass sie nie irgendwas darüber gelernt. Sie versuchte Kämpfen lieber durch unauffälliges Verhalten und unbemerkt bleiben aus dem Weg zu gehen, was auch jahrelang sehr gut funktioniert hatte. Zora nickte bei dieser Erklärung nur und ging schweigend weiter in Richtung des weitläufigen Gartens des Anwesens. Dort angekommen, drehte Zora sich zu der jungen Frau um und fragte, ob sie schonmal einen Dolch benutzt hatte. Zarifa bejahte und Zora nickte zufrieden.
„Es ist immer von Vorteil, einen kleinen Dolch bei sich zu haben. Gegen einen unbewaffneten Gegner ist das ein riesiger Vorteil und oft reicht schon das Zücken des Dolches, um den Gegner zur Aufgabe zu zwingen. Besitzt du denn zurzeit einen Dolch?“
„Nein“
„Nun, das solltest du ändern. Am besten solltest du von jetzt an immer einen kleinen Dolch bei dir haben. Wir werden dir etwas in die Richtung besorgen.“
„Das kann ich auch selber machen“, entgegnete Zarifa unwillkürlich und bereute es direkt ein wenig.
„Wie meinst du das?“, fragte Zora verwundert.
„Nun... ich habe schon früher mal einen Dolch gestohlen. Für mich ist das nicht so eine große Sache“, meinte Zarifa etwas kleinlaut.
„Das ist... interessant“, entgegnete Zora nachdenklich. „Aber vermutlich ist es trotzdem sicherer, wenn wir dir einen Dolch besorgen. Für dieses Training kannst du erst einmal einen meiner Dolche benutzen. Aber zunächst fangen wir mit den Grundlagen ohne Waffen an. Schließlich kann es immer passieren, dass man überrascht wird und gerade keine Waffe dabei hat oder sie einfach nicht schnell genug zücken kann. In dem Fall ist es auf jeden Fall wichtig zu lernen, sich aus einem Griff zu befreien.“
Ohne Vorwarnung packte Zora die junge Frau recht kräftig am Handgelenk. Es tat nicht wirklich weh und dennoch fuhr Zarifa zusammen. Andere Bilder von unangenehmen Berührungen kamen ihr in den Sinn, doch bevor ihre Gedanken zu stark abschweiften, holte Zoras Stimme sie zurück in die Gegenwart.
„Los, versuch dich zu befreien“, sagte sie ohne ihren Griff zu lockern. Zarifa zog mit aller Kraft und versuchte sich loszureißen, doch Zoras Griff war einfach zu kräftig.
„Ich kann das nicht. Ich bin einfach zu schwach für sowas“, gab Zarifa schließlich resigniert auf.
„Du bist nicht zu schwach. Es gibt bei so Etwas kein zu schwach. Nur die falsche Technik“, sagte Zora aufmunternd. Du darfst nicht versuchen dich aus seinem Griff loszureißen. Versuche stattdessen ihn zu brechen. Ich zeige dir, wie das geht. Los, pack mich so kräftig du kannst am Handgelenk.“
Zarifa tat wie ihr geheißen. Eine Sekunde später hatte Zora mithilfe ihres Ellenbogens den Griff gebrochen.
„Dein Handgelenk und damit auch deine Hand sind bei einem solchen Griff unbrauchbar. Dein Gegner wird jedoch in der Regel fälschlicherweise davon ausgehen, dass er deinen gesamten Arm ausgeschaltet hat und nur auf deinen anderen Arm oder deine Beine achten. Mit deinem Ellenbogen hast du jedoch immer noch eine Waffe, auf die dein Gegner nicht achten wird. So kannst du einen Griff am Handgelenk ganz einfach brechen. Los, versuch es.“
Erneut packte Zora Zarifa kräftig am Handgelenk. Zarifa überlegte, was genau Zora eben getan hatte.
„Zieh deinen Ellenbogen nach oben“, versuchte Zora ihr zu helfen. Zarifa erinnerte sich. Und tatsächlich. Es funktionierte. Sie bewegte ihren Ellenbogen zunächst nach oben und schlug anschließend damit auf Zoras Unterarm ein, deren Griff sofort gebrochen war.
„Sehr gut. Wie du siehst, hast du damit nicht nur meinen Griff, sondern gleichzeitig auch meine Deckung gebrochen. Der Weg wäre frei, für einen Schlag ins Gesicht.“
„Wäre es nicht das Beste, an dieser Stelle direkt abzuhauen. Immerhin bin ich in so gut wie jeder Schlägerei körperlich unterlegen. Da wäre es mir lieber, einfach abzuhauen, sobald ich mich aus einem Griff befreit habe“, überlegte Zarifa.
„Aber zu diesem Zeitpunkt ist dein Gegner doch noch komplett unverletzt. Er würde dir einfach hinterherlaufen.“
„Aber ich habe doch das Überraschungsmoment auf meiner Seite. Außerdem habe ich nur selten Leute getroffen, die schneller sind als ich.“
„Aha...“, meinte Zora nachdenklich. „Nun, und was ist, wenn du in einer Sackgasse bist oder versehentlich in eine rennst?“
„Es gibt fast keine echten Sackgassen. So gut wie jede Wand kann man hochklettern. Bei manchen ist es nur etwas schwieriger.“
„Verstehe...“, entgegnete Zora und wirkte immer nachdenklicher. Ihr schien eine Idee gekommen zu sein.
„Wie dem auch sei, es ist immer besser noch einen Plan B in der Hinterhand zu haben. Was ist, wenn dein Bein leicht verletzt ist und du nicht richtig rennen und klettern kannst. Oder wenn du es mit mehreren Gegnern zu tun hast? Machen wir daher noch ein bisschen weiter. Ein paar kleine Tricks und nützliche Tricks kann ich dir sicherlich noch zeigen.“

Zarifa in die Straßen von Gortharia
« Letzte Änderung: 17. Mär 2018, 01:28 von Rohirrim »
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