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Autor Thema: Riavod  (Gelesen 2951 mal)

Fine

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Riavod
« am: 25. Jul 2018, 14:27 »
Córiel, Jarbeorn und Vaicenya aus dem Sternenwald


Innerhalb nur weniger Tage hatten die drei Reisenden die Länder des Carnen weit hinter sich gelassen und waren in die große Region Rhûns vorgedrungen, die zwischen dem Binnenmeer im Süden und den Eisenbergen im Norden lag. Es war ein nur spärlich besiedeltes Land, das von großen Herden von Weidetieren durchstreift wurde. Die meisten Menschen, die hier lebten, verdienten sich ihren Lebensunterhalt als Hirten oder Händler.
Im Zentrum dieses Gebietes lag eine Stadt, die einst von dorwinischen Erkundern erbaut worden war und die den Namen Riavod trug. Auf dem Höhepunkt des Königreichs von Thal war sie am östlichen Randgebiet des Reiches der See-Menschen gelegen und war in jenen Jahren zu einem wichtigen Handelsposten zwischen Thal, Dorwinion, den Eisenbergen und den Reichen weiter im Osten geworden. Hirten trieben ihre Herden alle paar Monate hierher, um die Erzeugnisse der Tiere an die Händler zu verkaufen, die sie von Riavod aus im ganzen Osten Mittelerdes vertrieben. Die Stadt war von einer starken Holzpalisade umgeben, die noch aus der Zeit stammte, in der das Königreich von Dorwinion Bestand gehabt hatte. Selbst als die Ostlinge von Gortharia Dorwinion eroberten, erkannten sie den Wert Riavods und ließen es ungeplündert. Heute war es ein einsamer Vorposten inmitten der stillen Wildnis nördlich des Meeres von Rhûn, der seit dem Feldzug gegen Thal und den Erebor auch eine starke Garnison von Ostling-Soldaten beherbergte. Im Zentrum Riavods stand ein großer Handelskontor, der gleichzeitig als Rathaus, Marktplatz und Bank diente.

Córiel und ihre beiden Gefährten hatten vor, in Riavod Pferde zu erstehen. Zwar kamen sie dank der Schnelligkeit der Elbin und der Ausdauer des Beorningers rasch voran, doch insbesondere Vaicenya war von einer tiefen Besorgnis ergriffen worden, die sie antrieb. Ihr Ziel lag tief im Osten und beritten würden sie es schneller erreichen als zu Fuß.
Sie entschieden, dass Jarbeorn bei den Kaufverhandlungen das Wort führen sollte. Der Beorninger war ein herzlicher, aufgeschlossener Mensch, den nur wenige nicht ausstehen konnten, da er meistens einen guten ersten Eindruck machte. Darüber hinaus waren sie sich einig, dass es besser wäre, wenn man Córiel und Vaicenya nicht als Elben erkannte, da sie nicht recht wussten, wie die Ostlinge darauf reagieren würden. Córiel hatte aus dem Sternenwald eine Pelzmütze mitgebracht, die zwei große, mit weißem Fell besetzte Klappen besaß, die die spitzen Ohren der Hochelbin vollständig bedeckten. Das war ihr ganz recht, da der Winter inzwischen nahte und es in jenen Landen empfindlich kalt werden konnte. Vaicenya hingegen beschränkte sich darauf, die Kapuze ihres dunklen Umhangs aufzusetzen und sich im Hintergrund zu halten.
Bereits am Tor fiel ihnen auf, dass in Riavod die Wachsamkeit der Soldaten Rhûns nicht sonderlich stark auszufallen schien. Man winkte die drei Reisenden hindurch, ohne ihnen besondere Bemerkung zu schenken. Und jenseits des hölzernen Tores erwartete sie gleich die nächste Überraschung. Sie kamen auf einen großen Platz, auf dem eine Hülle und Fülle von Waren angeboten wurden. Und dort, inmitten der menschlichen Händler, entdeckte Jarbeorn mehrere Stände, die eindeutig von Zwergen besetzt waren.
„Ich dachte, die Ostlinge verstehen sich nicht sonderlich gut mit den Zwergen und führen am Erebor sogar Krieg gegen sie,“ wunderte sich Córiel.
Jarbeorn nickte und erinnerte sie an die vielen Geschichten über Rhûn, die ihnen Pallando während ihrer Reise nach Osten erzählt hatte. „Vielleicht haben sie weniger Probleme mit den Zwergen aus den Eisenbergen,“ überlegte er. „Ich sehe einen Hufschmied dort vorne. Vielleicht kann er uns ja gleich bei beider unserer Anliegen behilflich sein und uns ein Pferd besorgen und uns erklären, weshalb er da so sorglos inmitten einer Ostlingstadt stehen und seine Dienste anbieten kann.“
Der Beorninger setzte seine Entscheidung sogleich in die Tat um und marschierte los, um den zwergischen Hufschmied zu befragen. Hastig schlossen Córiel und Vaicenya zu ihm auf.
„Grüß‘ Euch, Meister Zwerg,“ sagte Jarbeorn gerade. „Mein Name ist Jarbeorn, Sohn des Grimbeorn, zu Euren Diensten.“
Das mürrische Gesicht des Zwerges hellte sich auf, als er das hörte. „Bei Durins Bart, ein echter Beorninger! Wahrlich ein seltener Anblick in diesen Tagen. Sindri, Sohn des Fandri, zu Euren Diensten. Sagt - Ihr habt nicht zufällig einen Eurer unvergleichlichen Honigkuchen dabei?“
Jarbeorn lachte schallend, wie es seine Art war. „Leider muss ich Euch enttäuschen, Meister Sindri. Wie Ihr aber wohl bereits richtig vermutet habt, benötige ich Eure Dienste. Meine Gefährten und ich benötigen Reittiere.“
Sindri nickte zufrieden. „Da seid ihr bei mir genau richtig, Freund Jarbeorn. Ich selbst bevorzuge normalerweise Ponys, doch ihr drei seid so groß, dass ihr mit Pferden besser dran seid. Ich mache euch ein feines Angebot, weil mir der Anblick eines Beorningers diesen Tag versüßt hat. Kommen wir ins Geschäft?“
Sie kamen ins Geschäft. Der Preis war fair, soweit Córiel es einschätzen konnte. Sindri kam ihnen ein ganzes Stück entgegen und legte sogar noch Sättel und Zaumzeug obendrauf. Nach Abschluss des Kaufes rief der Zwerg nach einem seiner menschlichen Stallburschen, welcher die Pferde herbeiholen ging.
„Ich frage mich, wie es sein kann, dass Ihr als Zwerg so problemlos Euer Dasein in einer Stadt der Ostlinge führen könnt,“ sagte Jarbeorn, der sich gemeinsam mit Sindri auf eine hölzerne Bank direkt außerhalb der Hufschmiede gesetzt hatte. Er hatte im Plauderton gesprochen, doch Córiel sah, wie der Zwerg sofort misstrauisch zu werden begann. Sie hoffte, dass Jarbeorns Umgänglichkeit ausreichen würde, um ihnen ein paar Antworten zu verschaffen.
„Nun, man muss sehen, wo man bleibt, mein Freund,“ sagte Sindri unverbindlich. „Jetzt, wo in Thal und am Erebor kaum noch Handel läuft, bleiben uns Zwergen der Eisenberge nur die Ostlinge als Käufer.“
„Dann liegt ihr noch nicht im Krieg mit Gortharia?“ fragte Jarbeorn unbeirrt weiter.
„Viele von unserem Volk haben Krieg gefordert,“ erklärte Sindri, dem das echte Interesse, das der Beorninger zeigte, aufgefallen sein musste. „Aber unser Fürst, Gráin, den sie Feuerfaust nennen, ist weniger jähzornig als sein Vater Dáin. Er hat erkannt, dass der Erebor im Augenblick nicht in unserer Reichweite liegt. Zu viele Orks und Ostlinge haben sich dort eingenistet.“
„Das tut mir Leid,“ sagte Jarbeorn, dem man ansah, dass er es auch so meinte. „Auch mein Volk hat seine Heimat verloren.“
„Ich hörte davon,“ sagte Sindri. „Mein Freund, ich würde unseren Plausch wirklich gerne fortführen, aber ich komme nicht umhin, zu bemerken, dass die beiden Damen hier ziemlich schweigsam geblieben sind. Unter Handelspartnern ist es üblich, einander seine Namen zu nennen, nicht wahr? Die kalten Blicke, die sie mir zuwerfen, lassen mich an einige wirklich üble Geschichten denken, die aus Gortharia an mein Ohr gedrungen sind. Wisst ihr, man erzählt sich, es gäbe dort eine Gruppe von mordlustigen Frauen, die sich wie Schatten durch die Gassen schleichen und wahllos töten. Ihr seid doch nicht etwa...“
„Ich bin etwas viel Schlimmeres,“ wisperte Córiel dem Zwerg ins Ohr. „Ich bin eine Elbin.“
Sindri brauchte einen Moment, um das Gehörte zu verarbeiten. Dann lachte er tief und befreit auf. „Ein Spitzohr, so weit im Osten? Das ist beinahe noch ungewöhnlicher als der gute Beorninger hier. Jetzt verstehe ich eure Heimlichkeit. Die Ostlinge tolerieren uns Zwerge, weil wir ihnen hochwertige Waren verkaufen und ihren Handel ordentlich ankurbeln, aber auf euer Volk sind sie wirklich ganz schlecht zu sprechen.“
„Das ist also der Grund, weshalb Zwerge in Riavod geduldet sind,“ schlussfolgerte Jarbeorn. „Handel macht die Leute reich, und diesen Reichtum geben sie nur ungern auf.“
„Und genau das hat auch Fürst Gráin erkannt. Solange wir Zwerge nützlich für die Ostlinge sind, werden sie uns wahrscheinlich nicht angreifen und wir können Nahrung und Vorräte bei ihnen kaufen, die sich in den Eisenbergen nicht so leicht anbauen lassen.“

Vaicenya, die noch kein einziges Wort gesagt hatte, lehnte an einer der Säulen, die das Dach der Hufschmiede trugen und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Sie sah aus, als könnte sie absolut nicht verstehen, wieso sich Jarbeorn und Córiel so lange mit dem Zwerg abgaben. Córiel hoffte, die Dunkelelbin würde nicht die Geduld verlieren und ein Blutbad anrichten.
Doch ehe es dazu kommen konnte brachte der Stallbursche die Pferde herbei. Sie waren mit frischen Hufen und Sätteln versehen worden und wirkten ausgeruht. Jarbeorn händigte Sindri die Bezahlung aus und versprach dem Zwerg, bei seinem nächsten Besuch in Riavod oder in den Eisenbergen einen Honigkuchen nach dem Rezept seines Vaters Grimbeorn mitzubringen. Zum Abschied riet ihnen Sindri noch, sich in Richtung des Fürstentums Dervesalend zu wenden, das südöstlich von Riavod am nördlichsten Zipfel des Binnenmeeres befand, denn er hatte gehört, dass in den Gebieten östlich der Stadt mehrere Horden wilder Wölfe ihr Unwesen trieben. Sie nahmen den Rat dankbar an und stiegen in die Sättel. Riavod rasch hinter sich lassend setzten sie ihre Suche nach Níthrar und dem geheimnisvollen Ort Cuivíenen zu Pferde fort.


Córiel, Jarbeorn und Vaicenya nach Dervesalend
« Letzte Änderung: 20. Aug 2018, 09:22 von Fine »
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Thorondor the Eagle

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Umland von Riavod
« Antwort #1 am: 8. Aug 2019, 22:14 »
Caelîf, Rástor und Soldaten Nurthaenars vom Tal von Dalvarinan

Sowie sie den Wilden Wald hinter sich gelassen hatten, trieben die Elben ihre Pferde zu Höchstleistung an. Die offene Weite dieses Landes war ihnen unbehaglich. Als es bereits wieder dämmerte, erreichten sie eine steppenartige Landschaft mit gerade einmal hüfthohen Sträuchern, die sich zu dieser Jahreszeit bereits leicht bräunlich färbten. Die untergehende Sonne hinderte sie an der Fernsicht in Richtung Westen, aber hin und wieder warf ihnen irgendetwas einen blendenen Lichtschein entgegen.

„Halt“, befahl Inglos dem Trupp und alle blieben abrupt stehen.
„Was ist da vorne?“, fragte Caelîf den Hauptmann.
„Genau kann ich es dir nicht sagen. Ich hoffe auf eine Luftspiegelung“, entgegnete er.
„Alcôr, du bist der schnellste von uns. Versuche herauszufinden was da los ist“, befahl ihm Inglos und der Soldat bestätigte nickend. In windeseile ritt er davon bis er beinahe nicht mehr zu erspähen war.
„Was vermutet ihr?“, fragte Rástor nun den Hauptmann der Stadtwache.
„Im besten Fall nur eine Luftspiegelung, vielleicht eine Mühle oder ähnliches… im schlimmsten Fall ist es das Aufblitzen von Schwertern.“
„Dann sollten wir auf den besten Fall hoffen“, sagte der Ältere. Caelîf machte sich sorgen. Er hatte zwar oft genug kämpfen geübt, aber in einen richtigen Kampf war er noch nie verwickelt, geschweige denn in eine Schlacht.

In der Ferne sahen sie die Staubwolke wieder größer werden die Alcôr’s Pferd lostrat.
„Es sind Orks!“, verkündete der Soldat und nahm den übrigen Elben die Hoffnung auf eine friedliche Weiterreise „Vielleicht 20 oder 25. Ich denke sie kommen von den nahegelegenen Eisenbergen. Sie überfallen ein Gehöft.“
„Können wir sie umgehen?“, fragte Inglos.
„Nach dem Angriff werden sie sich wohl eher in den Norden zurückziehen, daher würde ich vorschlagen einen großen Bogen Richtung Süden um sie zu machen.“
Inglos überlegte einen Moment.
„Hast du auch Menschen gesehen?“, fragte Rástor nun den Späher.
„Nein. Aber die Orks haben heftig gekämpft, es gibt also Widerstand.“

Was Alcôr gesagt hatte klingt vernünftig. Warum sollten wir uns in Gefahr begeben? Hoffentlich stürzen wir uns nicht in den Kampf. Andererseits sollten wir ihnen helfen. Diese Bauern haben doch kaum eine Chance gegen diese Horde Orks. Wir tragen Waffen und reiten auf Pferden, ist es nicht unsere Pflicht ihnen zu helfen?

„Seid tausenden von Jahren haben wir unsere Heimat nicht verlassen und just in diesem Moment führt uns unser Weg hier zu diesem unfairen Kampf. Ich vermute es ist Zeit für Ausgleich zu sorgen in diesem Gefecht“, sprach die alte Weisheit aus dem Ältesten.
Inglos war sichtlich über diese Entscheidung überrascht, bestätigte diese aber mit einem Nicken und setzte sich seinen Helm auf: „Am besten bleiben wir zusammen. Sie rechnen nicht mit uns und wir können ihnen in den Rücken fallen. Alcôr, du und ich wir reiten voraus. Ihr anderen folgt uns. Mein Herr, ihr und Caelîf bleibt hinten.“
„Inglos!“, sagte nun Caelîf „Ich möchte mit euch reiten.“
„Nein, du bleibst bei unserem Veríaran und schützt ihn, sollte einer der Orks ausbrechen. Außerdem hast du zu wenig Kampferfahrung.“
Caelîf war geknickt über diesen Befehl, wollte aber nicht widersprechen.
„Aber Inglos, wäre dies nicht eine hervorragende Situation um seine Erfahrung zu mehren? Wer nie zu nahe ans Feuer geht, lernt nicht was es heißt sich zu verbrennen.“
„Er bleibt bei euch!“, befahl Inglos und rief seine Männer danach zum Kampf „Das Licht des Mondes durchbricht die dunkle Nacht! Auf Gilthandi, lasst eure Schwerter sprechen.“

Im Galopp entfernten sich die Soldaten von Caelîf und Rástor. Aus der Ferne hörten sie klirrendes Metall und Kampfgeschrei.
„Komm Caelîf, lass uns ein wenig näher reiten. Wie Inglos gesagt hatte, es ist ein sicherer Sieg.“
Im Trab näherten sie sich dem Gefecht. Als die Konturen in der Ferne klarer wurden, war bald ersichtlich, dass die Elben die wenigen verbliebenen Orks vor sich hertrieben. Die beiden erreichten die beinahe mannshohe Mauer die das Gehöft umgab und ritten durch das Tor. In der Erde sah man die zahlreichen Spuren des Gefechtes, Ork- und wenige Menschenleichen lagen verstreut am Boden umgeben von schwarzem Blut. Die Tür zum Hausertrakt war eingetreten. Beide Elben stiegen vom Pferd und zogen ihre Schwerter. Sie traten in das Haus ein und schauten sich um, aber es schien niemand mehr drin zu sein.

Das Mobiliar, dass die Bewohner zum Verbarrikadieren verwendet hatten, lag verstreut im ganzen Raum. In der Feuerstelle sah man noch ein leichtes Glimmen der Kohle. Die Konturen eines kleinen Köpers waren im hinteren Teil des Raumes zu sehen. Aufmerksam und in alle Richtungen spähend näherten sie sich dem reglosen Körper. Rástor tastete ihn ab, es war die Leiche eines kleinen Jungen. Plötzlich rumpelte es hinter den beiden Elben, ehe sie ausmachen konnten was es war, wurden sie mit Wucht zur Seite gestoßen. Sie machten einen großen Schritt nach hinten um nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen. Eine junge Frau hatte sich auf das Kind gestürzt und hielt es behütend in ihren Armen.

Vor dem Tor hörten sie die Pferde der Soldaten. Wissend, dass von der Frau keine Gefahr ausging, gingen sie wieder hinaus um mit Inglos zu sprechen.
„Wir haben alle erwischt“, antwortete der Hauptmann. Seine Rüstung war mit schwarzem Blut beschmiert.
„Gut so“, antwortete Rástor. Erst jetzt fiel Caelîf der ältere Mensch auf, der ebenfalls mit einem großen Pferd hereingeritten kam: „Wer seid ihr?“, fragte er mürrisch und leicht verblüfft.
„Wir sind Elben aus den östlichen Wäldern und nur auf der Durchreise“, antwortete Rástor.
Misstrauisch musterte der Bauer die Elben.
In mürrischen Tonfall sprach er weiter: „Habt dank, aber verzeiht wenn ich mich nicht übermäßig freue. Wie ihr seht, habe ich nicht mehr viel worüber ich mich freuen kann.“

Der Bauer band sein Pferd an einen Pfahl und verschwand in einem Seiteneingang. Rástor und Inglos folgten ihm. Caelîf schaute zurück in die Stube zu der Frau mit dem Kind im Arm. Er hörte sie schluchzen und weinen.

Hält sie ihren Sohn in Händen? Wie furchtbar muss es sein, sein eigenes, totes Kind im Arm zu halten? Soll ich zu ihr gehen? Aber was kann ich ihr denn nur sagen?

Der junge Elb blieb wie eingefroren stehen.
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Umland von Riavod II
« Antwort #2 am: 11. Aug 2019, 22:01 »
Inglos kam zurück und hielt einige Schaufeln in der Hand: „Männer, helft die Gefallenen zu begraben. Ihr anderen baut im hinteren Teil unser Lager auf. Wir können die Nacht heute hier verbringen.“
„Mein Herr“, sagte nun Caelîf zum ich nähernden Rástor „Ist es klug hier zu verweilen? Was wenn wieder Orks kommen?“
„Inglos uns seine Männer haben alle erschlagen. Es ist unwahrscheinlich, dass ein weiterer Trupp nachrückt. Abgesehen davon vermute ich, dass wir hier noch etwas zu erledigen haben. Diese Menschen sind sehr zu bedauern, in so kurzer Zeit so vieles zu verlieren.“

„Nein, nein!“, hörten Caelîf plötzlich die Stimme der Frau und er sah, wie Alcôr der Frau den Leichnam wegnehmen wollte.
„Wie kann man ihr nur helfen?“, fragte Caelîf ohne Blickkontakt zu Rástor zu suchen.
„Diese Wunde wir ihr leben lang nicht mehr verheilen. Du kannst ihr nicht helfen, du kannst nur für sie da sein.“
„Und was soll ich ihr sagen?“
„Sagen musst du gar nichts, keine Worte können dieses Verbrechen ungeschehen machen.“

Voller Mitleid und Unsicherheit ging der junge Elb zurück in die Stube, vorbei am ratslosen Alcôr. Mit seiner Hand näherte er sich ihrem Arm, zuckte dann aber leicht zurück, bis er schließlich allen Mut zusammenpackte und sie am Handgelenk nahm. Er zog leicht daran, bemerkte aber sofort den Widerstand.
„Lasst ihn ziehen“, flüsterte Caelîf, da ihm nichts Besseres einfiel, aber es änderte nichts. Er war ratlos, erinnertes ich dann aber an eine Geschichte die er einmal gelesen hatte.
„Wenn ihr ihn jetzt ziehen lasst, kann er gemeinsam mit seinen Freunden gehen. Andernfalls ist er ganz alleine auf seinem weiteren Weg.“
Er bemerkte weiterhin keine Veränderung, erst nach ein paar Augenblicken lockerte sich ihr Griff. Der junge Elb führte seine Hand vom Handgelenk in ihre Handfläche. Er spürte den Druck ihrer Hand, gegen ihren Willen riss sie sich vom Leichnam des Kindes los in die Arme von Caelîf. Er schloss seine Arme um sie während Alcôr den Jungen wegtrug.

Erst nach einer längeren Zeit, spürte der Elb wie der Klammergriff der Frau weniger fest wurde. Er setzte sie auf einen Stuhl und nahm neben ihr platz. Behutsam legte er seinen Arm um ihre Schulter.



Als die Nacht hereingebrochen war und das Mobiliar mithilfe der Elben wieder an seinem Platz war, versammelten sich alle am Tisch. Einer der Soldaten hatte aus dem Proviant der Elben ein Mahl zusammengestellt. Der Bauer, der sich als Hrostar vorgestellt hat, saß bei ihnen. Er erzählte, dass dieses Gehöft von drei Familien bewohnt wurde. Bevor die Orks angegriffen hatten, wollten die meisten fliehen, aber es war zu spät. Sie wurden von einem Spähtrupp der Orks angegriffen und flohen in alle Richtungen. Es waren auch Frauen, Kinder und die Älteren dabei.

„Was glaubt ihr, haben sie überlebt?“, fragte Rástor so einfühlsam wie möglich.
„Das weiß ich nicht, aber ich habe wenig Hoffnung. Vermutlich wollten sie nach Riavod gehen, dort ist es noch halbwegs sicher, aber es ist ein paar Tagesmärsche entfernt von hier.“
„Sollen wir euch dorthin geleiten?“
„Was bringt es denn noch dorthin zu gehen. Unser Sohn ist tot, unsere Vorräte großteils vernichtet, unsere Freunde weg… Werter Herr Elb, was sollen wir dort?“

„Dort draußen ist etwas“, sprang Inglos plötzlich auf. Er griff nach seinem Schwert und sah zu der Türe. Im nächsten Moment hörte man einen dumpfen Schlag gegen die Tür. „Orks?“, fragte Caelîf in die Gruppe.
„Ich denke nicht“, entgegnete der Hauptmann. Einer der Soldaten schlich lautlos zur Tür, die anderen standen mit Schwertern bewaffnet bereit. Der Elb öffnete die Tür ruckartig. Vor der Tür stand ein kleines Mädchen und zuckte erschrocken zusammen.

„Prisqa?“, entfleuchte es Hrostar. Das Mädchen sah in den Raum, kaum erspähte sie den Mann, lief sie auf ihn zu und umarmte ihn. „Wo sind deine Eltern?“
Sie schluchzte leise: „Ich weiß nicht, Mama hat mich im Gebüsch versteckt und ist davongelaufen. Die Orks sind ihr und Papa gefolgt. Ich… ich… ich“, sie stotterte vor Verzweiflung „Ich glaube sie wurden erwischt.“
„Shhht“, beruhigte sie der Bauer. Diméa, die Frau von Hrostar, nahm sich dem Mädchen an obwohl sie selbst noch sehr um ihren Sohn trauerte. Immer wieder schossen ihr die Tränen in die Augen.

Das restliche Abendessen verlief ereignislos. Hrostar und Diméa nahmen sich dem kleinen Mädchen an und beschlossen mit ihr nach Riavod zu gehen um ihr Überleben zu sichern. Sie baten die Elben sie zu begleiten. Die noch vorhandenen Vorräte packten sie auf einen Wagen um sie in Riavod zu verkaufen und damit eine Unterkunft zu sichern. Schon am nächsten Tag brachen sie auf. Knapp vor dem Erreichen der Stadt trennten sich die Wege der Elben und Menschen. Hrostar erklärte ihnen den weiteren Weg zum Carnen. Weit nördlich der Stadt passierten sie unbemerkt die Ebene und erreichten nach einem weiteren Tagesritt auf ihren kräftigen Pferden die Ufer des Carnen. Caelîf war froh, als er das Gewässer vor sich sah.

Caelîf, Rástor und die Gruppe aus Nurthaenar nach Taur-en-Elenath...
« Letzte Änderung: 15. Aug 2019, 10:33 von Thorondor the Eagle »
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Thorondor the Eagle

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Re: Riavod
« Antwort #3 am: 14. Sep 2019, 10:54 »
Caelîf, Rástor und die Gruppe aus Nurthaenar von Taur-en-Elenath

Rástor begann die Geschichte:
„Wie du ja bereits weißt, lebten mein Bruder und ich vor vielen Jahren, als die Sterne noch jung waren, in einem Höhlensystem bei Cuiviénen.“

Caelîf fühlte sich bei diesen Worten ertappt, er schämte sich für seine Neugier.

„Gräme dich nicht Caelîf, ich wusste, dass du da bei der Quelle warst. Ich wollte, dass du das alles siehst.“

Dies beruhigte den jungen Elben ein wenig.

„Die damaligen Tage waren eine Zeit der Zerrissenheit. Viele der Elben verließen diese Wälder um nach Westen zu gehen, aber einige beschlossen hier zu bleiben, bei unserem Ursprung, den Illúvatar uns zugedacht hatte.
Wir gehörten zu denen, denn mein Bruder Túvo und ich wir hatten die Macht der Herren des Westens gesehen und er fürchtete sie, mehr als alles andere. Niemand von uns hatte dies erkannt, ich glaube nicht einmal ihm selbst war dies damals klar.
Aus unserer Sippe verließen uns alle, viele starben in den Kriegen zuvor und andere folgten den Herren des Westens und so waren mein Bruder und ich ganz alleine. Die letzten der Tatyar unter den Wasserfällen des Cuiviénen.

Erst nach zahlreichen Tagen der Einsamkeit, trafen wir schließlich auf eine kleinere Gruppe der Nelyar. Sie nahmen uns von Herzen in ihre Mitte auf. Ganz besonders zeigte uns dies Arelyë und ihre beiden Töchter: Deine Harumi und ihre Schwester.
Wir schätzten einander sehr, denn wir hatten wieder eine Familie die wir verloren hatten und für sie waren wir erfahrene Krieger und Beschützer. Der Vater von Aralûtha und die anderen Elbenkrieger fielen in den Kriegen.
Über die Jahre des Friedens hinweg schlossen sich uns immer weitere verwaiste Einzelgänger und kleine Gruppen an. Ich dachte immer es wäre der Zauber deiner Ahnen der sie bei uns hielt, erst viele Jahre später entdeckte ich, dass sie uns folgten – meinem Bruder und mir. Túvo war der ältere von uns beiden und so ernannten sie ihn zu unserem Anführer. Im Scherz nannten man ihn den Zaubererkönig, da er sehr besondere Fähigkeiten unserer Eltern erbte.“

Rástor schmunzelte als er sich daran erinnerte.

„Und da unsere neue, große Familie nun weder Tatyar noch Nelyar waren, beschlossen wir uns als Hisildi zu bezeichnen: Die Elben des Zwielichts, denn wir verweigerten das Licht des Westens, in der Dunkelheit lebten wir aber auch nicht. Wir waren weder das eine, noch das andere.

Túvo, als unser Anführer, war in jenen Tagen sehr glücklich und noch weitsichtig und vernünftig. Etwas hielt seine Furcht im Zaum, und ich vermute es war nichts Geringeres als die Liebe zu Aratinnuíre, der Schwester deiner Harumi. Doch all sein Werben blieb erfolglos. Es war wohl sein Schicksal, dass sie seine Liebe nicht erwiderte und es war das Schicksal unseres Volkes, als sie Cuiviénen verließ. Sein Herz zerbracht und der Schutzmantel der seine Furcht im Zaum hielt zerbarst. Diese Angst begann zu keimen, wachsen und wuchern. In albraumhaften Nächten befahl er uns die Hüter des Nordens anzugreifen, denn sie waren Gefolgsleute der Valar und sie waren es die uns damals angegriffen hatten. Er glaubte, dass es ihre Absicht war: Unsere Heimat sollte uns so gefährlich und wild erscheinen, dass wir ihnen freiwillig in den Westen folgen - in ihr Reich.

Irgendwann schaffte er es einige wenige unseres Volkes davon zu überzeugen. Da wurde mir bewusst, dass sein Einfluss in unseren Reihen wuchs und sich die Angst verbreitete. Immer mehr würden seinen Rufen folgen und so beschloss ich Túvo zu verlassen. Der größte Teil der Hisildi folgte mir, aber die Furcht war auch bereits in ihnen gesät. Während unserer Wanderung in den Süden verließen uns viele unseres Volkes. Sie befürchteten, dass wir ein leichtes Ziel wären, wenn wir eine so große Gruppe sind und gleichzeitig stellten wir auch eine zu große Gefahr da für unseren ‚Feind‘. Danach geschahen die großen Beben und wir fanden unsere neue Heimat, du erinnerst dich an die Legende über die Gründung Nurhaenars.
Den Kontakt zu den anderen Hisildi haben wir verloren. Sie lebten und leben irgendwo in den Wäldern und im Gebirge. Heute nennt man sie die Windan: Einsiedler und Einzelgänger.“

Rástor machte eine Pause und überlegte, vermutlich ob er etwas vergessen hatte.

„Und wo ist die Herrin der Quelle in dieser Geschichte?“, frage Caelîf wieder neugierig.
„Tarásane lebte auch eine Zeit bei uns in Cuiviénen. Als wir sie fanden oder sie uns fand, war sie voller Furcht und Trauer. Sie hatte vermutlich viel durchgemacht und viel verloren, aber sie sprach nur wenig darüber.
Und ich weiß, welche Frage dir noch auf den Lippen brennt: Ja, ich habe sie geliebt. Ich war noch sehr jung, unvernünftig und voller Leidenschaft. Sie erschien sehr mysteriös und hatte diese unglaublich schöne Ausstrahlung. Aber wie meinem Bruder, war es auch mir nicht vergönnt von jener begehrt zu werden, die ich begehre. Sie war es die Aratinnuíre dazu brachte Cuiviénen zu verlassen, mit ihr.“
„Was ist aus ihr geworden?“
„Aratinnuíre? Ich weiß es nicht. Eines Tages erschien sie an den Grenzen Nurthaenars, zur großen Freude Aralûtha’s. Sie lebte einige hundert Jahre in unserer noch jungen Heimat. Sie verliebte sich in einen Elben und sie waren sehr glücklich. Ich erinnere mich an ihr zauberhaftes Lachen. Die Stunde konnte noch so dunkel sein, ihr Lachen schaffte es jedes Gemüt zu erhellen.
Der Elb den sie liebte war auch sehr besonders, es war das erste Kind der Stadt. Anróres war sein Name und er kam zur Welt als die allerersten Sonnenstrahlen die grünen Felder Nurthaenar`s kitzelten.

Leider schien sein Licht nicht sehr lange. Er fiel in einem Krieg an dem er freiwillig teilgenommen hatte. Als diese Nachricht zu Aratinnuíre’s Ohr kam, verschwand ihr Lachen. Sie zog sich in eine Höhle zurück und trauerte. Wir suchten lange Zeit nach ihr, fanden aber in dieser Höhle niemanden mehr vor. An der Decke aber schimmerte souverän und kräftig das Licht Anróres. Sie war es, die uns Eliancor schenkte.“

Caelîf’s Stimmung trübte sich bei diesen Geschichten. In keinem der Bücher die er je gelesen hatte, waren ausschließlich Geschichten mit schlechtem Ende.

„Aber unter all diesen Geschichten, darfst du eine nicht vergessen: Jene deiner Familie. Aralûtha hatte ein langes und sehr erfülltes Leben, sie hat wundervolle Kinder, Enkel und Urenkel. Euch geht es allen gut.“
„Da habt ihr Recht, uns geht es gut; im Schutze Nurthaenars, aber die furchtbaren Jahre scheinen jetzt auf uns zuzukommen.“
„Nicht furchtbar, sondern anspruchsvoll“, entgegnete Rástor.

Die Nacht verging schnell am Hof von Hrostar und bei Morgendämmerung brachten sie auf. Nach einem eilgen Ritt über die Ebenen näherten sie sich von Norden dem Wilden Wald.

Caelîf, Rástor und die Gruppe aus Nurthaenar in den Cuindar-Moor
« Letzte Änderung: 16. Sep 2019, 22:44 von Thorondor the Eagle »
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