Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Der Thron von Mittelerde
Gondor
Darkayah:
Umgebung von Cair-Andros
Allana-Avalante Elenya in der Umgebung von Cair-Andros…
Allana-Avalante wusste ganz genau, dass ihr Onkel Elrohir sie ganz sicher nicht freiwillig nach Gondor ließ. Er wusste sie lieber in Sicherheit in ihrer Siedlung in den übrigen Wäldern von Lorien. Bei all den anderen Elben. Sie konnte seine Worte -die er von ihrem verstorbenen Großvater übernahm- in ihrem Kopf hören: Es ist viel zu gefährlich für einen Elben in den Reichen der Menschen, machte sie in ihren Gedanken beide Männer nach.
Sie selbst aber hatte die Orks bei einer ihrer heimlichen Expeditionen in das Graue Gebirge gesehen. Sie sah das Lager am Ost-Tor der Minen von Moria aufgeschlagen hatten. Wer sonst war am besten dafür geeignet als sie selbst?
Außerdem war ihr bewusst, dass sie die Halbschwester der Königin war. Thurion der Schreckliche war auch ihr Vater. Die junge Elbin wuchs stets in dem Wissen auf einen dunklen Maia ls Vater zu haben. Dennoch warnten ihr Großvater und die anderen Elben sie immer wieder die damit verbundenen Kräfte einzusetzen. Zwar konnte Allana-Avalante diese inzwischen kontrollieren, aber ihr war bewusst, dass es zu viel Leid führen konnte, wenn man diese Macht falsch einsetzte.
Viele Jahre brannte sie schon darauf endlich ihre Halbschwester Kiana Vaneryen kennenzulernen und war überzeugt davon, dass Kiana dies auch tat wenn sie von Allana-Avalante erfuhr. Ihr Großvater und ihr Onkel Elrohir lehnten das allerdings stets ab und warnten sie zu weit in den Süden oder Westen zu reisen. Die Menschen hatten viele Jahre keine Elben gesehen und somit wuchs der Argwohn. Dennoch war sie schon einmal zusammen mit Elrohir in einer Stadt der Menschen. In gewisser Weise war sie fasziniert von diesen Geschöpfen: Viele wirkten minderwertig, als hätten sie sich ihrem Schicksal ein armseliges Sterbliche Leben zu leben gewöhnt. Andere dagegen benahmen sich fast wie Götter. Egoistisch und stetig auf das eigene Wohl aus. Sicher gab es auch unter den Elben einige, die ein solches Verhalten an den Tag legten.
Allana-Avalante hörte trotzdem auf die Warnungen ihres Großvaters. Wann auch immer sie in die Städte der Menschen kam, oder auch nur auf welche um den Wald von Lorien traf, hielt sie ihre Spitzen Elbenohren bedeckt. Meist trug sie dann die Kapuze des Umgangs oder bedeckte sie mit ihren Haaren.
Gerade ritt sie auf ihrem dunkelbraunen Warmblüter an der kleinen Insel vorbei, die sich mitten auf den Anduin befand. Wenn sie sich recht entsinnte, wurde sie samt der Befestigung Cair-Andros genannt.
Wie gerne wollte sie einfach dorthin reiten und sich dort umsehen. Dafür blieb allerdings keine Zeit und die Gefahr war zu hoch entdeckt zu werden ohne vorher mit Kiana Vaneryen gesprochen zu haben. Sie würde ganz sicher als Königin von Mittelerde und Halbschwester einer Allana-Avalantes den anderen Elben Schutz gewähren. Davon war sie selbst überzeugt.
Die junge Elbin entschied sich ihre Route zu wechseln und anstatt weiter den Anduin entlang zu reiten, der Hauptstraße nach Minas-Tirith zu folgen. Zwar wurde sie davor gewarnt die Straße zu benutzen, da es wahrscheinlicher war auf viele Menscheb zu treffen, aber es war der schnellste Weg in die Hauptstadt von Mittelerde. Ihr kamen so oder so selbst außerhalb der Straßen viele bewaffnete Gruppen entgegen. Sie wusste allerdings nicht warum. Immer versuchte sie einen Bogen um diese Gruppen zu machen, was ihr auch größtenteils gelang.
Wieder kamen ihr einige Menschen entgegen. Es waren Soldaten. Vielleicht fünfzehn an der Zahl. Allana-Avalante war verwundert, denn sie trugen nicht das Banner der Königin wie sie es schon einmal gesehen hatte, als sie in den Städten der Menschen war: ein erhabener roter Drache auf schwarzem Grund. Diese Soldaten führten aber ein anders Banner. Es war ebenfalls schwarz, auf dem aber ein weißer Baum war. Avalante kannte dieses Wappen. Es war das alte Wappen Gondors, das schon Jahrzehnte nicht mehr im Gebrauch war.
Die Soldaten marschierten ihr entgegen. Vorsichtshalber zog die junge Elbin ihre Kapuze ihres dunklen Mantels über ihren Kop, in der Hoffnung, die Männer liefen einfach an ihr vorbei.
Als die Soldaten an ihr vorbei liefen, ritt sie unauffällig mit gesenktem Kopf an ihnen vorbei. Ihr war ganz mulmig dabei, denn eine gewisse Furcht bereitete sich in ihr aus. Auch wenn sie es niemals zugeben würde.
"Hey!", hörte wie plötzlich eine männliche Stimme rufen. Allana-Avalante versuchte diese Stimme einfach zu ignorieren und ritt vorsichtig weiter.
"Ich spreche mit euch!", rief der Mann wieder. Als die junge Elbin ihren Kopf in die Richrung erhob, bemerkte sie einen Reiter, der nehmen ihr her ritt. Er hatte halblanges zerzaustes Haar, das schwarz gefärbt war. Eine lange Narbe zog sich quer durch sein Gesicht und ein stoppeliger Bart wuchs aus den Poren. Er trug eine silberne Rüstung, die von einen schwarzen Wappenrock bedeckt wurde, die ebenfalls den weißen Baum zeigte.
"Ich habe es eilig, also entschuldigt mich…", versuchte sie ihn nur abzuwimmeln.
"Im Namen des Rates des Königreiches von Gondor befehle ich euch stehen zu bleiben!", sagte er mit einem strengen Ton. "Anderfalls…", dabei zog der Mann sein Schwert.
Im Namen des Königreiches von Gondor? Das gab es doch schon seit langem nicht mehr. Was war nur passiert?
Auch wenn Allana-Avalante wusste, dass sie nicht die beste Kämpferin war, huschte ihre Hand zügig zum Griff ihres Schwertes. Um eine Eskalation zu vermeiden brachte sie ihr Pferd zum stehen.
Erwartungsvoll blickte sie den Mann mit ihren Olivegrünen Augen an. Der Soldat hob sein Schwert und hielt es ihr an das Gesicht. "Abnehmen!", befahl er nur und deutete dabei auf ihre Kapuze. Zögerlich schob sie diese nach hinten und fühlte danach ob die Haare auch anständig die Ohren bedeckten.
"Was macht ein so schönes Mädchen wie ihr denn hier alleine? Die Sonne hat den höchstens stand schon erreicht und der Tag neigt sich allmählich dem Ende… Seid ihr auf der Flucht?", fragte der Mann neugierig. Seine blauen Augen funkelten die Elbin an. Sie war innerlich nur von seiner Art und seinem Aussehen angewidert. Noch nie hatte sie so einen hässlichen Mann gesehen.
"Das dürfte euch nicht interessieren…", antwortete sie nur kurz und starrte in die Richtung, in der die Hauptstadt lag. Die junge Elbin hoffte einfach nur, dass er sie in Ruhe weiterziehen ließ.
"Und ob das mich etwas angeht! Antwortet oder ich muss euch verhaften…", mahnte er sie nur. Allana-Avalante verzog ihr Gesicht denn sie wusste nicht was er von ihr wollte.
Ein typischer Mensch, dachte sie sich,Einfach ein Widerling!
"Ich bin auf der Reise nach Minas-Tirith um… Um meine Schwester zu besuchen!", sagte sie nur.
"Ich verstehe… Wer ist eure Schwester?".
"Hört zu…", fing Allana-Avalante an, "...Ich weiß nicht wer oder was ihr seid, aber ich bin die Tochter von Thurion dem Schrecklichen…".
Ihr war bewusst, dass viele Menschen daran nichts gutes sahen. Ihr Großvater erzählte ihr von den schlimmen Taten des gestürzten Maia. Dennoch fand sie daran nichts verwerflich. Immerhin war er ihr Vater. Ein Anführer. Ein König!
Der Soldat und seine Kumpanen um ihn herum machten laut auf. "Das ist ein guter Scherz!".
"Ich meine es ernst! Ich bin die Schwester der Königin… von Kiana Vaneryen… Und wenn ihr keinen Ärger wollt, dann lasst ihr mich besser in Ruhe und verschwindet!", platzte es aus ihr heraus.
Die Soldaten hörten nicht auf zu lachen, was Allana-Avalante sehr verärgerte. Euch wird das Lachen noch vergehen, dachte sie dich, während sie schon an die Begegnung mit ihrer Halbschwester Kiana dachte.
"Auch wenn diese amüsante Geschichte wahr wäre, ändert es nichts daran dass die Drachenschlampe tot ist!", sagte er.
"Das kann nicht sein…",sagte die Elbin leise, aber noch hörbar.
"Ihr scheint mir echt verrückt zu sein, obwohl ihr so schön seid… Ich müsste euch verhaften, wenn ihr wirklich eine Anhängerin der Drachenkönigin wärt… Aber sei's drumm… Ihr werdet in Minas-Tirith eure Antworten bekommen!".
Gerade wollte der Mann sich von ihr abwenden, da blies ein Wind an ihnen vorbei und ließ Allana-Avalantes Haar aufwirbeln. Der widerliche Mann starrte sie daraufhin ungläubig an. Die junge Elbin war verwundert und richtete ihr braunes langes Haar. Dabei fiel ihr auf, dass dieses ihre Elbenohren -die zusätzlich noch an den Spitzen von silberne Kappen an denen kleine Kettchen herunter hingen bedeckt waren- nicht mehr verdeckten. Sie hatte ganz vergessen, dass sie ihren Ohrschmuck noch trug.
Verdammter Wind!
"Eine… Eine Elbin!", rief der Mann nur und zeigte auf sie, sodass alle auf sie blickten. Wieder zog er sein Schwert heraus. Allana-Avalante wollte ihr Pferd zum Galopp anspornen, da griff der Mann an die Zügel und hielt das Pferd so auf der Stelle. Die anderen Soldaten kamen dazu und rissen sie vom Rücken des Warmblüters.
Nachdem sie auf den Boden aufschlug, versuchte sie sich zur Seite zu rollen um zu entkommen. Vergebens. Einer der Soldaten setzte sich auf sie, sodass sie sich kaum bewegen konnte.
"Ungeheur wie euch hat man schon lange nicht mehr gesehen!", sagte der Mann der auf ihr saß und versuchte ihre Hände zu fesseln, "Ich hab gehört, wenn man eure Ohren als Schmuck um den Hals trägt, verdoppelt sich das Glück und das könnte ich nach meine Spielschulden gut gebrauchen!".
"Das ist kein gutes Zeichen! Solche Kreaturen bringen Unglück! Wir sollten sie direkt töten!", rief ein weiterer.
"Du kannst die Ohren danach haben… Sie soll noch hübsch aussehen, wenn ich sie…", sagte ein weiterer Soldat, konnte den Satz aber nicht zu Ende sprechen, da er schreiend zu Boden fiel.
Die Männer schienen sich von ihr abzuwenden und auf einen Kampf vorzubereiten. Sie lehnte ihren Oberkörper nach oben und sah, dass einige Male mit Pfeilen auf die Gruppe der Sodaten geschossen worden. Dann tauchten zwei Männer auf, die die übrigen Soldaten bekämpften und schließlich töteten.
Allana-Avalante versuchte währenddessen die Seile um ihre Handgelenke zu lösen und wurde hektischer, als die Unbekannten Männer auf sie zu kamen.
"Nein… Nein… Nein!", winselte sie nur panisch.
Einer von ihnen hielt das Schwert in ihre Richtung. Sie ahnte schon, dass ihr Leben nun vorbei war und schloss ihre Augen, damit sie das nicht sehen musste.
Zu ihrer Verwunderung musste sie feststellen, dass der Mann nur ihre Fesseln durch schnitt und sein Schwert in die Scheide steckte.
"Das sind gefährliche Zeiten… Du solltest deine Ohren lieber nicht offen zeigen...", sagte der Mann mit dem dunkleren etwas welligen Halblangen Haar. Er hatte zwei braune Augen, die fast schon schwarz wirkten. Der Mann musste -in Menschenjahren gesehen- schon etwa in den Dreißigern sein. Sein Begleiter hatte ebenfalls dunkles Haar. Es war aber eher Braun und er besaß ein grünes Augenpaar.
Die junge Elbin antwortete nicht, sondern musterte die Männer mit ihren olvegrünen Augen.
Bist du ein Kluger Mann, darauf wäre ich nie gekommen, dachte sie nur auf seine Aussage.
"Ich bin übrigens Thirak!", sprach er weiter und hielt ihr seine Hand entgegen. Allana-Avalante zögerte einen Moment, ließ sich aber schließlich von ihm aufhelfen.
"Du bist echt eine Elbin!", sagte der Begleiter von diesem Thirak aufgeregt und betrachtete sie genau.
"Ja? Und?", entgegnete sie nur streitlustig.
"Meine Schwester… Octavia… Sie hat die Geschichten über dein Volk geliebt… Ich glaube sie wäre mehr als erstaunt!", sagte er.
"Komm Kael, lass sie doch erst einmal zur Ruhe kommen…", sagte Thirak nur lachend. Allana-Avalante seufzte nur.
"Was machst du denn hier alleine draußen?", wollte Thirak wissen.
"Am Nebelgebirge sind einige Orks unterwegs und ich will die Königin warnen….", fing sie zögernd an.
"Verstehe… Dann sind die Gerüchte hier in Gondor wahr. Du wirst die Königin in Minas-Tirith leider nicht antreffen…".
Die junge Elbin wurde hellhörig und wartete auf sein fortfahren.
"...Sie ist… tot… Kael und ich haben es mit eigenen Augen gesehen, wie sie mit ihrem Drachen abgestürzt ist… Es tut mir leid…".
Der Mann holte etwas hervor, das in Stoff gewickelt war. Als er es befreite, erkannte die Elbin eine Krone. Sie war schwarz und hatte vorne drei Zacken. Sie erkannte die Krone aus all den alten Büchern in der Elbensiedlung in Lorien.
Allana-Avalante senkte betroffen ihren Kopf, als Thirak die Krone wieder einpackte. So lange hatte sie darauf gewartet ihre Schwester kennen zu lernen. Nun sollte sie einfach tot sein? Sie war doch die Königin. Eine Maia!
Wieso sollte sie jemand in ihrem eigenen Reich abschießen?
"Gondor ist wohl nun wieder ein unabhängiges Reich… Vielleicht hast du Glück und du kannst dem Rat vorsprechen…", sagte der Mann der wohl Kael hieß.
Vorsichtig nickte sie nur mit ihrem Kopf. Wieder stieß sie einen Seufzer hervor, wenn sie am ihre vermeintlich toten Halbschwester dachte.
Das kann nicht wahr sein!
Aber was blieb ihr übrig? Sie musste ja trotzdem nach Minas-Tirith und vor der drohenden Gefahr warnen. Sie musste Hilfe erbitten.
"Du wirkst mir doch sehr getroffen, dass die Königin tot ist.", stellte dieser Thirak fest. "Dabei sind so viele Menschen froh sie los zus sein… Stimmt das, was du zu den Soldaten gesagt hast?'.
"Ja… Die Menschen schätzen die Besonderheiten in Mittelerde auch nicht… Sie sind nur auf sich selbst bedacht… Sie hassen uns Elben, obwohl wir Edles Blut in uns tragen… Und Kiana… Sie war eine Maia… Etwas was ein Mensch überhaupt nicht begreifen kann!", beschwerte sie sich.
"Und ob wir das können!", sagte Kael lachend, das aber fast schon verzweifelt klang. Die junge Elbin fühlte sich nur davon angegriffen. Was meinte er damit? Machte er sich über sie lustig?
Sie warf ihm nur einen giftigen Blick zu.
"Was soll das heißen?", hakte sie dann doch nach.
Bevor er antworten konnte, wurde Kael von Thirak gestoppt: "Es tut mir leid aber wir müssen weiter… Pass auf dich auf!".
Unzufrieden blickte sie den beiden Männer nach, die sich von den toten Soldaten zwei Pferde nahmen.
"Hey!", rief sie ihnen noch nach. Doch weder dieser mysteriöse Thirak noch sein Begleiter Kael reagierten darauf. Wer waren die beiden? Sie tauchten aus dem Nichts aus und halfen ihr.
Sie fühlte sich unbefriedigt und stehen gelassen. Ein tiefer Seufzer bestätigte ihr inneres Gefühl
Pff… Menschen…, sagte sie nur zu sich selbst.
Die junge Elbin stieg selbst wieder auf ihr Pferd. Sie hatte noch einen Auftrag zu erledigen und nach Minas-Tirith gelangen, bevor es zu spät war. Wenn die Orks sich sammelten, konnte das nichts gutes bedeuten!
Allana-Avalante nach Minas-Tirith…
Saizo:
Gondor (Minas Tirith)
Es verging ein relativ ruhiger Tag, an dem Sanya nicht viel zu tun hatte, außer Präsenz zu zeigen. Sie gab die von ihr gewünschten Befehle an die Garnison in Cair Andros weiter und überwachte die Vorbereitungen des Feldzugs in Richtung Rohan mit. Aber vor allem behielt sie den Silbernen Schwan im Auge, so gut es ging. Ihn schien das nicht zu stören, Sanya hatte sogar das Gefühl, dass er ihre Anwesenheit zu genießen schien.
Am Abend, nach Sonnenuntergang, traf Sanya mit Mithrendan in der untersten Ebene der Stadt zusammen. Der Kundschafter war den Tag über verschwunden gewesen, hatte sich auf seine eigene Art und Weise umgehört und ein Bild der Lage in der Stadt gemacht.
„Was denkst du?“ fragte Sanya ihren alten Freund, als sie gerade durch eine kleine Nebengasse gingen.
„Ist ´ne seltsame Stimmung in der Stadt. Viele, die von der Herrschaft der Königin profitiert haben, sehen sich nun im Nachteil. Ein Großteil davon hat Minas Tirith verlassen.“
„Deswegen ist es hier so leer,“ bemerkte Sanya mit einem Blick in beide Richtungen, als sie die Gasse verließen und wieder auf eine größere Straße kamen.
„Es werden jeden Tag mehr, die zurück aufs Land ziehen,“ erklärte Mithrendan. „Ganze Häuserblocks stehen teilweise oder sogar vollständig leer, vor allem hier in den unteren Ebenen.“
„Hmm,“ brummte Sanya nachdenklich. Sie wusste noch immer nicht, was sie von all dem halten sollten. Sie vermisste Kiana, auch wenn sie das sich natürlich nicht anmerken lassen durfte.
„Das Seltsamste sind die Gerüchte aus dem Gebirge,“ fuhr Mithrendan fort und bog in die Straße ein, die zum nördlichen Stadttor führte. Hier waren einige große Karren unterwegs, die vollgepackt in Richtung Anórien unterwegs waren - vermutlich gehörten sie weiteren Stadtbewohnern, die Minas Tirith den Rücken kehrten. „Orks sollen dort aufgetaucht sein, kannst du dir das vorstellen? Dabei hielt man diese Kreaturen doch für längst ausgerottet.“
„Vielleicht haben sie in irgendwelchen dunklen Höhlen unter den Bergen überlebt,“ mutmaßte Sanya.
„Aber weshalb würden sie sich dann gerade jetzt wieder zeigen?“
„Sehe ich aus als wüsste ich, wie Orks denken?“ fragte Sanya und hob sofort die Hand, ehe Mithrendan die Dreistigkeit aufbringen konnte, zu nicken. „Denk nicht mal dran. Ich glaube, wir dürfen diese Gerüchte nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir müssen sie ernst nehmen, und-„
Sie waren beinahe am Stadttor angekommen, als Geschrei und Chaos Sanya das Wort abschnitten. Draußen, vor dem offen stehenden Tor, waren Flammen ausgebrochen. Waffengeklirr war zu hören, sowie ein wildes, beinahe unmenschliches Gebrüll.
„Was ist dort vorne los?“ wollte Sanya von einem vorbeilaufenden Menschen wissen, der ganz offensichtlich vor dem Chaos auf der Flucht war.
„Es sind Monster, Orks aus den Bergen greifen uns an!“
Sofort zogen Sanya und Mithrendan ihre Waffen und liefen los, auf das Tor zu. Beide konnten nicht recht glauben, dass das hier gerade wirklich geschah, aber als sie näher kamen, war es nicht mehr abzustreiten: Eine wilde Horde Orks griff an und hatte die Torwächter beinahe überrumpelt. Sie hatten einige der Karren umgeworfen und vor dem Tor in Brand gesetzt, waren durch das Tor gestürmt und auf die Mauern geklettert. Überall wurde gekämpft, und die ersten Toten waren zu sehen.
Sanya kniff die Augen zusammen, als sie die verzerrten Fratzen der Orks sah, die schartige Krummsäbel und schiefe Speere schwangen und in mit allerlei Stacheln versehene Rüstungen trugen. Der erste Feind kam mit einem wilden Johlen auf Sanya zugerannt, ein Pfeil Mithrendans zwischen die Augen des Orks ließ die Kreatur jedoch schon auf halbem Wege stürzen. Doch der Ork war nicht allein gewesen; es mochten weit über einhundert Orks sein, die sich rings um das Tor eine ausgewachsene Schlacht mit den Stadtwächtern lieferten.
Mit Schwert und Schild bewaffnet stürzte Sanya sich ins Getümmel. Beide Gegenstände setzte sie präzise und mit Geschick ein, um sich zu verteidigen, aber auch um anzugreifen, denn der Schild war schwer und besaß eine scharfe, eiserne Kante am unteren Rand. Das Element der Überraschung, das den Orks zu Anfang geholfen hatte, war mittlerweile verloren gegangen, und es trafen mehr und mehr Gardisten von den übrigen Stadtteilen her ein. Bald schon gewannen die Gondorer die Oberhand.
Dennoch kämpften die Orks verbissen und es war noch ein harter, langwieriger Kampf, bis die letzten der wilden Kreaturen erschlagen worden waren. Sanya hatte eine Schnittwunde an der Wange und presste ein Taschentuch darauf, um die Blutung zu stoppen. Sie war außer Atem, aber der Kampf hatte ihr auf seltsame Art und Weise gut getan. Er hatte geholfen, sie dazu zu bringen, für einen Augenblick ihre vielen belastenden Gedanken zu vergessen, und nun war ihr Kopf wieder etwas freier.
„Die Orks sind also mehr als nur ein Gerücht,“ sagte sie zu Mithrendan, der unverletzt geblieben worden war. „Und sie sind tollkühn genug, um selbst eine solche Festung wie Minas Tirith anzugreifen...“
Darkayah:
Minas-Tirith
Allana-Avalante in Minas-Tirith…
Den ganzen Weg über dachte sie noch über die zwei Männer nach, die sie gerettet hatten. Das ließ sie sogar für einen Moment das eigentliche Vorhaben ,vor den Orks zu warnen, und selbst den vermeintlichen Tod ihrer Halbschwester vergessen. Sie fragte sich, warum sie ausgerechnet ihr halfen. Immerhin waren es zwei Menschen. Jene Wesen, die alles andere als begeistert von den Elben waren. Ihr Großvater und ihr Onkel hätten wohl kaum umsonst immer wieder warnende Worte über die Menschen verloren, wenn da nicht etwas dran wäre.
Die Gruppe der Soldaten bestätigten diese Gedankengänge weitestgehend.
Beide Männer wirkten äußerst geheimnisvoll und als wären sie in Zeitnot. Allana-Avalante dachte an die Krone, die der Mann Namens Thirak in seinen Händen hielt. Sie seufzte stark.
Hätte sie die Krone an sich nehmen sollen? Die junge Elbin wusste doch nicht, wer sie in den Händen hielt. Vielleicht gehörten dieser Thirak und sein Begleiter Kael ebenfalls zu den Personen, die Kiana vom Himmel geschossen hatten. Wozu sollten sie sonst die Krone in ihren Besitz nehmen? Vielleicht gingen sie mit der Krone aber nur nach Minas-Tirith, um sie den zukünftigen Herrscher des Reiches von Mittelerde zu überreichen. Aber dafür gingen sie in die falsche Richtung und sie erinnerte sich an die Spaltung des Reiches.
Aber was hätte sie tun sollen? Sie wollte ja mehr durch die beiden Männer erfahren, aber sie war zu überrumpelt mit all den neuen Informationen und den Angriff der Soldaten auf sie selbst gewesen. Und die Krone zwei ihr gegenüber überlegenen. Männer abzunehmen zu versuchen wäre wohl fahrlässig und dumm gewesen.
Als die Hauptstadt endlich am Horizont zu sehen war, war die junge Elbin erleichtert. Es war ein weiter Weg von Lorien bis nach Minas-Tirith. Trotz der letzten Ereignisse behielt sie doch wieder ihr Ziel vor Augen. Ihr Volk, vielleicht die letzten Elben von Mittelerde, musste gerettet werden. Die Menschen mussten von der Bedrohung durch die Orks erfahren. Es handelte sich dabei nicht nur um einzelne Gruppen von erwachten Orks aus der dunklen Tiefe des Nebelgebirges. Die abscheulichen Kreaturen sammelten sich. Sie wusste allerdings noch nicht wofür. Sie musste es herausfinden. Doch vorher galt es die Hilfe der Menschen zu erbitten. Eine Idee wie das funktionieren soll, hatte die junge Elbin bisher nicht. Der Großteil der Menschen war ja Elben gegenüber feindselig eingestellt. Warum auch immer. Die Elben haben unter der Führung von Elrond und Thranduil an der Seite der Menschen gegen Melkor gekämpft, als dieser versuchte Mittelerde in die Dunkelheit zu stürzen. Es waren jene Elben, die ihr Leben für die Menschen gelassen haben. Und was war der Dank dafür? Die letzten überlebenden Elben von Mittelerde wurden wie Abschaum behandelt.
Dabei sind wir das Volk mit dem edlen Blut und nicht die Menschen, dachte sich Allana-Avalante noch. Aber was sollte sie auch erwarten? Die Gruppe der Soldaten aus Minas-Tirith hatte ihr ja deutlich klar gemacht, dass selbst Kiana verachtet wurde. Und sie war zusätzlich noch eine halbe Maia. Wieder drückte sie einen seufzer tief aus ihrer Brust hervor und senkte ihren Kopf leicht betrübt.
Was für eine Verschwendung! Dabei war sie auch noch meine Halbschwester!
Auf dem Rücken ihres Pferdes ritt sie der Hauptstadt von Mittelerde weiter entgegen. Von der Ferne wirkte sie noch größer und mächtiger als aus all den Erzählungen ihres Großvaters. Die riesige Weiße Festung war von einen weiteren Mauerring umgeben, der eine ganze Stadt beherbergte. Wie sehr wollte sie diesen Moment mit ihm zusammen teilen. Das ist unglaublich, dachte sie sich fasziniert. Noch nie zuvor hatte sie eine so große Stadt erblicken dürfen. Die junge Elbin hoffte darauf, dass sie hinter den Stadtmauern genauso schön wirkte, wie von der sicheren Entfernung. Wenn dann noch die Erzählungen über die beeindruckenden Gärten und Bäder der Stadt stimmten, wusste sie direkt, was sie als erstes -gleich nachdem sie mit dem Königsrat gesprochen hatte- machen würde.
Sie trieb ihr Pferd an, um schneller zu der Stadt zu gelangen. Genug Zeit ging schon verloren und ihr Onkel wartete schon sicher auf ihre Rückkehr.
Umso näher sie der Stadt kam, desto eher fielen ihr Rauchschwaden direkt am Tor auf. Was hatte dies zu bedeuten? Gab es etwa einen Brand in der Stadt?
Mit einem unsicheren Gefühl im Bauch ritt sie vorsichtig, aber trotzdem schnell, zu den Toren.
Einzelne Menschen kamen ihr panisch entgegen geeilt, die nur versuchten das Weite zu erreichen. Allana-Avalante sprach die Männer und Frauen immer wieder an. In ihrem Fluchtgedanken bemerkten sie die junge Elbin aber scheinbar nicht.
“Was ist passiert?”, fragte sie wieder einen älteren Mann, der dann zu ihr aufsah.
“Am Tor… Da waren… Kreaturen… Orks!”, antwortete er nur außer Atem.
Orks? Hier in Gondor? Konnte das wirklich sein?
Wenn sie nun nicht mehr nur am Nebelgebirge ihr Unwesen treiben, sondern auch in Gondor, dann war es ganz klar eine größere Bedrohung als bisher angenommen. Vor allem schienen es mehr zu sein, als gedacht. Ihr Onkel Elrohir dachte immer, dass es vielleicht ein Dutzend war, die sich im Nebelgebirge angeschlossen hatten. Wenn aber auch Gondor angegriffen wurde, mussten es viele sein.
Am Tor angekommen zog sie sich schnell wieder ihre Kapuze über den Kopf und verdeckte ihr Gesicht, um es vor dem Rauch der brennenden Karren dort zu schützen. Überall lagen tote Körper von erschlagenen Menschen herum. Allana-Avalante entschied sich lieber von ihrem Pferd zu steigen, um zu Fuß ihren Weg durch die Stadt zu suchen. Sie konnte ja nicht einfach durch das Getümmel reiten. Das erregte nur die Aufmerksamkeit derer, die mit den Aufräumarbeiten beschäftigt waren.
Auch in der Stadt sah es nicht besser aus: Auf den Straßen verteilt lagen auch dort viele Kröper herum. Entweder waren diese Menschen tot, oder sie waren verletzt. Einige Wachen der Stadt gingen herum und sahen sie sich nach den verletzten um.
Die junge Elbin erblickte auch die toten Orks, die auf Karren gehoben worden waren, um sie aus der Stadt zu schaffen. Mit einem angewiderten Gesicht betrachtete sie die Kreaturen eine Weile. Es waren wirklich Orks. Ihre Waffen und Rüstungen ähnelten denen aus dem Nebelgebirge.
“Das ist sicher kein Anblick für eine junge Frau!”, rief ihr ein Soldat zu, der gerade die Waffen der Kreaturen einsammelte und auf einen der Wagen warf. Allana-Avalante war so überrascht davon, dass sie schon zusammen zuckte.
“Hey, keine Sorge. Ich wollte euch nicht erschrecken! Der Überfall ist vorbei…”, sagte er noch. Die junge Elbin wusste nicht recht was sie darauf antworten sollte. Immerhin hatte sie schon schlimmeres gesehen. Sie nickte dem jungen Mann nur zu.
“Das müssten Orks sein… Sie wurden viele Jahre in Mittelerde nicht mehr gesehen… Abscheuliche Wesen!”, sagte der Soldat weiter. “Naja, jetzt haben wir sie alle getötet…”.
So wie ihr es am liebsten mit den Elben machen würdet?, dachte sie sich nur, sprach die Worte aber nicht aus. Sie wollte ja keine unnötige Aufmerksamkeit oder Ärger verursachen.
“Weiß man schon mehr?”, fragte sie einfach mal neugierig nach.
“Nein… Wenn bin ich wahrscheinlich dafür sowieso der falsche, den man so etwas fragen könnte… Ich bin nur ein einfacher Wachmann…”.
“Dann muss ich in den Palast… Ich muss mit dem Herren der Stadt reden!”, sagte sie schnell und wollte schon voreilig in Richtung der Weißen Festung laufen, als sie dann von den Worten des Wachmannes gestoppt wurde.
“Ich denke, dass dies aktuell unmöglich ist…”.
“Warum? Er muss von der Gefahr erfahren… Der Überfall in Minas-Tirith war nicht der einzige!”, versuchte sie ihn zu überzeugen.
“Die Stadt wurde abgeriegelt und niemand, der nicht zur Armee oder den Königlichen Rat gehört, darf die Weiße Festung betreten!”, entgegnete er nur.
Allana-Avalante ärgerte sich innerlich. Da war sie endlich in der Stadt und dann konnte sie trotzdem nicht ihre Aufgabe erledigen.
Das kann nicht wahr sein, sagte sie sich selbst.
“Gibt es denn jemanden anders, an dem ich mich wenden kann?”, fragte sie weiter nach. Die verzweiflung war schon deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören. Der junge Wachmann sah sich nachdenklich um. “Hmm…”, machte er dabei nur.
Dann zeigte er mit seinem Finger in eine Richtung. “Da! Die Kommandantin!”. Als die junge Elbin der Richtung mit ihren Augen folgte, sah sie dort zwei Personen stehen. Eine Frau mit sandblondem Haar in einer Rüstung, die von einem weißen Umhang verdeckt war und einem Mann mit dunkelbraunem Haar, der ebenfalls eine Rüstung trug.
“Gut, danke…”, wimmelte sie den Wachmann nur ab und ging vorsichtig in die Richtung der anderen beiden. Sie betrachtete vor allem die Frau von oben bis unten. Ihr war es neu, dass eine Frau bei den Menschen eine Rüstung trug. Das war eher unüblich.
Das musste also eine Frau sein, die sich durchsetzen konnte. Vielleicht genau die Richtige, um ihr mit ihrem Problem zu helfen. Die Elbin war dennoch skeptisch, ob sie ihr wirklich helfen konnte, aber was blieb ihr anderes übrig.
Sie wollte gerade die Frau in Rüstung ansprechen, als sie hinter ihr stand, da lief ein Soldat ziemlich schnell an ihr vorbei und rempelte sie dabei an, sodass ihre Kapuze halb von ihrem Kopf rutschte. Wahrscheinlich vom Geräusch des Aufpralls überrascht, drehte sich die Kommandantin und der Mann neben ihr zu Allana-Avalante um. Die Elbin versuchte nur ihre Ohren so gut und unauffällig sie nur konnte zu verdecken.
“Ich...Grüße… Euch…”, fing sie vorsichtig stotternd an. “...Vielleicht könnt ihr mir helfen…”.
Saizo:
Minas Tirith (Gondor)
Sanya war noch immer erschüttert davon, dass Minas Tirith von einer Horde Orks angegriffen worden war - die Weiße Stadt war das Herzstück Gondors sowie des gesamten Reiches von Mittelerde, und auch wenn bereits starke Streitkräfte nach Rohan ausgerückt waren, war sie dennoch sehr gut bewacht. Doch einen Angriff aus dem Gebirge, an das Minas Tirith grenzte, hatte niemand erwartet. Die Aufmerksamkeit aller Soldaten hatte sich stets nach Osten gewandt, nach Mordor, wo die Ostlinge und die restlichen Königstreuen sich verschanzt hatten. So musste es den Orks gelungen sein, unbemerkt bis zum ersten bewachten Posten vorzudringen, dem nördlichen Stadttor des äußersten Rings.
"Ich... grüße Euch," sagte eine fremde Stimme neben Sanya, die sich gerade umgedreht hatte, als sie ein Geräusch hinter sich gehört hatte. Eine junge Frau stand dort, in einfache Reisekleidung gehüllt. Sie hatte langes, braunes Haar, das ihr über Ohren und Schultern fiel, und trug einen langen Umhang mit Kapuze, die ihr halb vom Kopf gerutscht war. "Vielleicht könnt... Ihr mir helfen...?" fragte die Fremde zaghaft.
"Wer bist du, Kleine?" fragte Mithrendan mit einem sanften Lächeln.
"Allana-Avalante," kam prompt die Antwort. "Ich... ich muss zu den Herrschern dieser Stadt, ich..."
"Langsam, langsam," sagte Sanya. "Wer bist du denn überhaupt?"
Sie sah, wie die junge Frau schluckte. "Ich, ähm, ich weiß dass diese Orks, die... euch angegriffen haben kein Einzelfall sind... überall in Mittelerde versammeln sie sich und wollen die Reiche der Menschen zerstören!"
Sanya schaute sich um. Die ersten Soldaten und Passanten sahen bereits zu ihnen hinüber. Ob sie die Worte der seltsamen Frau gehört hatten? Eine Massenpanik war das Letzte, was Sanya jetzt gebrauchen konnte. Sie schaute Allana-Avalante ernst an und räusperte sich. "Die Straße ist nicht der richtige Ort, um über solche Nachrichten zu sprechen," erklärte sie ihr. "Komm mit, dann kannst du mir im Detail erzählen, was los ist."
Ohne eine Antwort abzuwarten marschierte Sanya los, während sie Mithrendan noch sagen hörte: "Keine Angst. Sie beißt nicht, zumindest meistens nicht..."
Gefolgt von Mithrendan und der geheimnisvollen jungen Frau, die sich im Gehen ihre Kapuze wieder sorgfältig aufgesetzt hatte, kam Sanya problemlos durch die Straßen Minas Tiriths bis zu ihrer privaten Unterkunft, relativ weit oben in der Stadt. Als Kommandantin stand ihr eine solche Unterkunft zu, allerdings verbrachte sie bis auf die Nächte im Normalfall kaum Zeit dort.
"So," sagte Sanya, als sie die kleine Eingangshalle durchschritten hatten. "Setz dich, dann können wir reden. Die Kapuze kannst du hier drinnen ruhig abnehmen." Sie deutete auf eine kleine Sitzecke, in der ein Tisch und vier Stühle standen. Mithrendan hatte bereits Platz genommen und die Beine lässig hochgelegt.
Etwas zögerlich nahm die junge Frau die Kapuze ab und strich ihre Haare sorgfältig entlang der Ohren glatt, sodass diese nicht zu sehen waren. "Also..." sie unterbrach sich, dann setzte sie sich und atmete sichtlich durch. "Orks greifen in ganz Mittelerde an. Vor allem im Nebelgebirge sind sie in großen Massen aufgetaucht, aber dass sie sich auch hier zeigen würden... das hätte ich nicht gedacht."
"Tja," sagte Mithrendan. "Wir haben hier eben auch Berge."
Sanya warf ihm einen irritierten Blick zu - die Situation war zu ernst, um Witze darüber zu machen. "Und woher hast du diese Informationen?" Sie blickte Allana-Avalante an und ihr fiel auf, dass sie auf ihren Gast vielleicht etwas zu einschüchternd gewirkt hatte. Rasch versuchte sie zu lächeln und einen weniger bedrohlichen Eindruck zu machen. "Ich bin übrigens... Sanya. Ich werde Allana zu dir sagen, in Ordnung?" sprach sie die junge Frau dann etwas vertraulicher an.
"Ich habe die Orks mit eigenen Augen dabei beobachtet, sie sind sowohl im Nebelgebirge als auch im Grauen Gebirge aktiv... nun also auch hier in Gondor. Eigentlich... wollte ich mit der Königin sprechen, weil..."
"Das könnte kompliziert werden," sagte Mithrendan trocken.
"Die Königin ist verschwunden und wird für tot gehalten," sagte Sanya mit rauer Stimme.
"Ich weiß, ich habe es schon gehört, aber dann muss ich eben diejenigen warnen, die nun das Sagen haben... ihr dürft diese Orks nicht unterschätzen! Sie sind eine größere Bedrohung als ihr denkt."
"Das haben wir heute wohl alle nur allzu gut sehen können," erwiderte Sanya und spielte auf den Angriff auf das Tor an. "Ich verspreche dir, ich werde das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Im Land herrscht ohnehin noch Chaos... das dürfen sich diese Orks nicht zu nutze machen. Die Streitmacht, die nach Rohan aufgebrochen ist, muss gestoppt und zum Schutz unserer Grenzen eingesetzt werden."
Mithrendan nickte. "Das hätte ich ohnehin von Anfang an vorgeschlagen."
"Dann wirst du mein Anliegen vorbringen?" wollte Allana-Avalante wissen. "Es ist nur so, ich... es gibt da noch etwas."
"Heraus damit," sagte Sanya, die sich bemühte, freundlich und sanft zu klingen, was ihr aber nicht ganz gelang.
"Es geht mir nicht nur um die Orks, die Gondor bedrohen," fuhr die junge Frau fort. "Sie bedrohen auch mein Volk. Ich ersuche euch um ein Bündnis."
"Dein Volk?" wiederholte Mithrendan nachdenklich. "Woher kommst du denn?"
"Aus dem Norden, aus... Rhovanion, wir... leben in der Nähe des Nebelgebirges," antwortete Allana etwas stockend. "Die Orks sind dort sehr zahlreich."
"Es wird schwierig werden, die Herren Gondors davon zu überzeugen, Menschen aus einem Reich zu helfen, das sich jenseits unserer Grenzen befindet," sagte Sanya sachte. "Gondor ist nun wieder ein eigenständiges Königreich... Wer in Rhovanion regiert, weiß ich nicht."
"Es geht mir nicht um ganz Rhovanion, nur... um mein Volk. Wir leben abgeschieden, in den Wäldern... doch den Orks sind wir nicht gewachsen."
"Ihr lebt im Wald?" fragte Mithrendan und schaute die junge Frau prüfend an. "Also ein Stamm von Waldmenschen?"
"So... könnte man es nennen," sagte Allana eindeutig verlegen.
"Ich verstehe nicht ganz. Lebt ihr nun im Wald, oder nicht?" hakte Sanya nach.
"Doch, das tun wir. Nur..."
"Nur sind dein Volk und du keine Menschen, nicht wahr?" stellte Mithrendan leise und lächelnd fest. "Deine Ohren verraten dich, kleine Elbin."
Sanya sah, wie Allana erschrocken die Hände auf die Ohren legte und bleich wurde. Doch ganz verdecken konnte sie sie nicht. Zwei eindeutig spitz zulaufende Lauscher ragten um eine Winzigkeit zwischen den braunen Haarsträhnen hervor.
"Eine ... Elbin?" staunte Sanya und versuchte, nicht allzu offensichtlich zu starren. "Aber... wie ist das möglich?"
Darkayah:
Minas-Tirith
Allana-Avalante im Haus von Sanya Terelos…
Die junge Elbin war mehr als überrascht, als sie die selbstsicheren Worte des Begleiters von dieser Kommandantin Namens Sanya hörte. Für einen kurzen Moment blieb ihr die Luft weg. Ihr war natürlich klar, dass sie die Tarnung nicht für immer aufrecht halten konnte. Aber dass sie doch so früh aufflog, änderte die ganze Situation. Schon wieder.
Auch wenn die Kommandantin recht überrumpelt über die Nachricht wirkte, was sie am Starren bemerkte, bekam Allana-Avalante ein mulmiges Gefühl.
"J-ja…", stotterte sie zögerlich hervor. "....Einige, die nicht mit Thranduil in den Norden gezogen waren, um gegen Melkor zu kämpfen, sind in den Wäldern von Lorien geblieben…".
Sie rechnete schon mit einer Gefangennahme oder zumindest ähnlichen Reaktion, wie von den Soldaten in der Nähe von Cair-Andros. Doch nichts dergleichen geschah. Eher im Gegenteil. Die Frau Namens Sanya schien ihre Verwunderung abgelegt zu haben und wirkte eher nachdenklich.
Allana-Avalante überlegte einen Moment, ob sie der Kommandantin der Armee die volle Wahrheit anvertrauen sollte. Sie wirkte selbst vom Tod Kianas betroffen zu sein. Obwohl die Kommandantin auf die junge Elbin bedrohlich wirkte, kam ihr das alles doch sehr vertraut vor. Allana-Avalante seufzte in sich hinein.
Was soll's, dachte sie sich. Immerhin war es ja schon schlimm genug, dass ihre Tarnung aufgeflogen und diese Sanya und ihr Begleiter wusste dass sie eine Elbin war. Es bestand dafür ein Fünkchen Hoffnung, dass ihre Verwandtschaft zu Kiana sie vielleicht doch noch rette.
"Und außerdem…", fing Allana-Avalante zögerlich an, "...Bin ich die Schwester… Halbschwester von Kiana Vaneryen… Wir haben den gleichen Vater… Thurion!".
Schnell fiel der Elbin auf, dass Sanya sich aufrichtete und einige Schritte zurück trat. Das Gesicht strahlte Entsetzen und Verwunderung zugleich aus.
"Ja ich weiß, Thurion hat hier bei den Menschen nicht den besten Ruf… Aber…", sagte sie und fuchtelte wie verrückt mit ihren Händen herum.
"Nein das ist es nicht…" entgegnete Sanya ernst. "...Es gab da nur schon mal jemanden… Ach es nicht wichtig…".
Allana-Avalante fragte sich was genau sie meinte. Sie war irgendwie irritiert. Allerdings wagte sie es sich nicht nachzufragen. Sanya wirkte nun noch nachdenklicher als zuvor. Allana-Avalante wusste nicht genau, wie sie das nun deuten sollte.
"Genau deshalb habe ich gehofft auf die Königin selbst zu treffen… Es wäre für mein Volk wichtig gewesen… Es wäre für mich wichtig gewesen… Also muss ich irgendwie mit dem Rat sprechen!", sagte sie nur und hoffte auf Verständnis. Keiner sagte allerdings etwas.
"Mach dir keine Sorgen! Ich denke dass es eine Möglichkeit gibt, wie wir dich dorthin bringen könnten…", fing der Mann an.
"Wie willst du das anstellen? Als Elbin und dann noch als eine nähere Verwandte von Kiana kann ich mir schon denken was ihr blühen wird…. Der Schwan und alle anderen werden alles andere als Begeistert sein und gleichzeitig diese Situation nutzen wollen, jemanden vor dem Volk hinrichten zu können…", sagte Sanya.
"Du klingst äußerst besorgt!", sagte der Mann lachend.
"Mithrendan…", entgegnete Sanya nur genervt und warf ihn einen bösen Blick zu.
Sanya legte unbewusst ihren Kopf schief und beobachtete sie gesamte Lage. Obwohl die junge Elbin sehr angespannt war, verwandelten sich ihre Lippen in ein sanftes Lächeln. Dann aber wunderte sie sich auch darüber, dass der Mann Namens Mithrendan in gewisser Weise recht hatte und Sanya wirklich besorgt war. Das Gefühl dass Sanya vielleicht doch Kiana näher stand und zumindest nicht eine war, die die Königin verachtete bestätigte sich dadurch. Weiter darüber nachdenken konnte sie nicht. Denn Mithrendan erhob wieder das Wort: "Natürlich können wir sie nicht als Elbin zum Rat lassen. Wir können sie aber als Kundschafterin vorsprechen lassen!".
"Ich weiß nicht…".
"Bitte, ich muss um Hilfe bitten… Ihr beide seid meine letzte Hoffnung ...", flehte Allana-Avalante fast. Sanya seufzte daraufhin.
"Gut… Dann bringen wir dich in den Palast…", sagte sie nicht wirklich begeistert.
Die junge Elbin wollte der Kommandantin schon fast dankend um den Hals fallen, zog ihre Euphorie dann dich zurück und bremste sich selbst. "Danke, das bedeutet mir viel!", sagte sie nur.
Allana-Avalante wurde von Mithrendan in ein Kettenhemd gepackt, welches von einem Wappenrock bedeckt war. Sie fühlte sich alles andere als wohl. Rüstungen und dergleichen waren nicht das, was sie gerne trug. Aber es musste sein. Anders konnte sie nicht beim Rat vorsprechen.
Mit einer Haube auf dem Kopf um ihre Ohren versteckt zu halten, folgte sie Sanya und Mithrendan zügig auf die oberste Ebene, wo sich der Palast befand. Es war schon nicht ganz ohne um nach oben zu gelangen, sodass Allana-Avalante schon außer Atem war.
Auf der obersten Ebene angekommen, war die junge Elbin mehr als fasziniert. Sie konnte die ganze Stadt überblicken und sogar biszur anderen Seite des Anduin. Noch nie hatte sie einen solchen Ausblick genießen können.
Wie gerne wollte sie einfach nur dort stehen bleiben und einfach in die Ferne sehen. Doch sie musste sich zusammenreißen. Sie hatte ihre Aufgabe noch nicht vergessen.
Die großen Türen des Palastes wurden von Wachen geöffnet und Sanya betrat den Saal zuerst. Mithrendan blieb vor dem Palast stehen und lehnte an der Wand. Allana-Avalante sah zögerlich zu ihm. Es verunsicherte sie, dass er draußen blieb.
"Na los, geh schon!", sagte er nur sanft lächelnd. "Ich warte hier!".
Die junge Elbin nickte ihm leicht zu und seufzte noch einmal bevor sie den Palast betrat. Dann folgte sie Samya hinein.
Im Thronsaal hingen viele Banner, die den Weißen Baum Gondors zeigte. An sich sicher ein Wappen worauf man stolz sein konnte, wenn man an die Bedeutung Gondors dachte. Sie selbst verband damit eher schlechte Erfahrungen.
Diese Mistkerle, erinnerte sie sich an den Vorfall bei Cair-Andros. Sie musste das aber vorerst wegstecken. Ein klarer Kopf war nun sehr wichtig, wenn sie die Hilfe der Gondorer haben wollte. Sie stand nun direkt vor den Thron, auf dem ihre Halbschwester Kiana Vaneryen saß. Jener Thron, von dem sie das ganze Reich von Mittelerde beherrschte. Eine gewisse Demut breitete sich in ihr aus. Umso mehr schmerzte es in ihrem Herzen, als sie an den Tod von ihr dachte.
"Lady Terelos, was verschafft mir die Ehre? Wie ich hörte wart ihr bei der Verteidigung der Tore dabei?", fing ein Mann an, der auf einem Stuhl saß, der vor den Stufen des Throns stand.
"Ich bin nur hier, weil es wichtige Neuigkeiten gibt… Der Vorfall am Tor...Es waren Orks die die Stadt angegriffen haben…", sagte Sanya.
Allana-Avalante konnte schwören, eine gewisse Verbitterung aus ihr herauszuhören, als sie vor diesem Mann stand. Scheinbar verband diese beiden eine längere Vorgeschichte.
"Ich hörte es schon von den Wachen… Das ist bestimmt das Werk von der Drachenschlange…", entgegnete der Mann nur.
Die Elbin war verwundert. Sie konnte sich denken, dass hier niemand gut auf Kiana zu sprechen war. Aber was diese Behauptung sollte, konnte sie sich auch nicht erklären. Sie ballte nur ihre Fäuste um sich zusammen zu reißen und ihre Tarnung zu wahren.
"Die Königin… Kiana Vaneryen hat damit wenig zu tun… Die Orks kommen vermehrt aus den Gebirgen, plündern und brandschatzen Dörfer… Und jetzt standen sie sogar vor den Toren von Minas-Tirith und zögerten nicht um anzugreifen!", sagte Sanya ziemlich laut.
Allana-Avalante horchte auf, als sie Kiana noch als Königin betitelte und dann doch die Worte zurück zog. Die Kommandantin schien doch mehr getroffen davon zu sein
, als angenommen.
"Bedauerliche Einzelfälle…", tat der Mann nur ihre Worte ab.
"Das sind aber doch recht viele Einzelfälle!", erwiderte Sanya sofort. "Ihr da! Tretet vor!".
Dabei wandte sie sich an die Elbin, die zuerst zusammen zuckte dann aber zügig nach vorne trat, um ihrer Rolle als Kundschafterin beizubehalten.
"Das ist eine Kundschafterin, die unter mir dient… Sie hat es mit eigenen Augen sehen! Los spricht!",forderte Sanya die Elbin auf.
"Das hätte ich mir denken können… Eine hübsche junge Frau… Wie ihr Lady Terelos!", warf er noch dazwischen.
Dieser widerliche primitive Mensch, dachte sie sich.
Allana-Avalante konnte auch das Verdrehen der Augen Sanyas nicht übersehen und musste innerlich schmunzeln, dass sie scheinbar etwas ähnliches dachte. Sie räusperte sich und stellte sich stramm vor dem Mann.
"Die Orks kommen aus dem Nebelgebirge und plündern alle Dörfer in der Nähe… Ich habe gesehen, wie sie sich dort sammeln… Es wirkt so, als wollten sie sich für einen Krieg rüsten!", versuchte sie junge Elbin den Mann aufzuklären und hoffte, dass er Verständnis dafür hatte.
Sein Gesicht strahlte aber eher genau das Gegenteil aus und er sah wenig beeindruckt aus.
"Dann haben wir ja Glück, dass das Nebelgebirge noch weit von Gondor entfernt ist..", sagte er nur.
"Wir müssen etwas unternehmen…", platzte es aus Allana heraus.
"Ich denke nicht, dass das in eurer Kompetenz liegt das zu entscheiden…", entgegnete der Mann.
Sie wollte schon mehr sagen, auf ihr Volk verweisen, dass in Gefahr war. Zu ihrem Glück grätschte Sanya aber dazwischen, sodass Allana-Avalante ihre Tarnung behielt: "Sie standen schon vor unseren Toren… Wir sollten nicht tatenlos zusehen…".
"Natürlich… Aber unsere Armeen sind in Rohan… Sind kurz davor Schlachten zu schlagen… Ich kann sie nicht einfach abrufen, nur weil eine Kundschafterin etwas sieht und vielleicht… Überinterpretiert…", sagte er nur.
Die junge Frau der Elben war entsetzt über das was sie dort hörte. Ihr fiel es sichtlich schwer einfach zu schweigen.
"Vielleicht solltet ihr euch selbst davon überzeugen, was dort im Nebelgebirge vor sich geht… Auf euer Urteil lege ich hohen Wert. Wenn ihr dann der Meinung seid, wir müssen handeln, mache ich das sofort. Darauf habt ihr mein Wort!".
"W-was? Ich?", fragte die Kommandantin erschrocken nach. Allana-Avalante sah zu ihr unschuldig und hilflos rüber. Sie hatte ja selbst keine Lust darauf, mit einem Menschen durch Mittelerde zu reisen. Auch wenn Sanya und Mithrendan ihr halfen, hatte sie kein gutes Bild von Menschen. Sie waren niedere Wesen, die alles was nicht so wie sie selbst sind töten. Auf der anderen Seite war sie neugierig darauf, was es mit der Frau auf sich hatte. Was hatte sie mit Kiana zu tun?
Sie legte ihren Kopf schief und beobachtete Sanya, die sich gerade die Stirn rieb und seufzte.
"Also gut…", sagte sie dann nur. "Wir werden in das Nebelgebirge reisen… Ist sowieso alles besser als hier zu sein!".
Die letzten Worte sprach sie eher leise aus, die Allana-Avalante aber noch hören konnte.
Recht zügig verließ sie den Saal. Die Elbin folgte ihr direkt wieder zurück auf die oberste Ebene von Minas-Tirith. Sie war mehr als
neugierig, wo das alles hinführte. Es war natürlich nicht das Ergebnis, welches sie erhoffte. Sie wollte lieber eine ganze Armee mit nach Lorien führen. Stattdessen reiste sie wohl mit einer Kommandantin dorthin.
"Dann lässt uns so schnell wie möglich aufbrechen...", hetzte Allana-Avalante fast schon und lief in Richtung der Treppen.
Allana-Avalante in Minas-Tirith...
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