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Autor Thema: Gondor  (Gelesen 9149 mal)

Darkayah

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Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
« Antwort #30 am: 22. Feb 2021, 22:04 »
Minas-Tirith, Palast (Gondor)

Kiana in der weißen Festung…


Kiana blieben die Sorgen ihrer Ratsmitglieder nicht aus. Natürlich sorgte sie sich innerlich auch um Arnor, das sie verloren hatte. Lynn Stark mochte Kiana noch nie. Sie verlangte die Unabhängigkeit des Nordens schon als Kiana mit Thirak Eisen in Carn-dûm eintraf.
Die Königin  wusste auch, dass wenn sich herum sprach, dass es Rebellen gelang Arnor zu erobern, sich weitere Gruppen motiviert fühlten Aufstände anzuzetteln. Das konnte sie nicht gebrauchen. Das ganze Reich konnte dadurch in das Chaos stürzen. Sie durfte das nicht zulassen. Sie war diejenige, die Ordnung in das Reich brachte. Sie war diejenige, die die Menschen vor den Tyrannen befreite. Sie verspürte wieder die innere Wut, die sie damals empfand, als sie die Stadt eroberte. Sie selbst hatte so viele Opfer gebracht, um die Menschen von Mittelerde zu retten. Aber dankbar war niemand von ihnen. Lieber rebellierten sie und trauerten der alten Ordnung nach.
Ich sollte einfach mit Ancalagon in den Norden fliegen und den elenden Rebellen zeigen, was es bedeutet sich mir in den Weg zu stellen! Ich bin die Drachenkönigin! Sie sind nur elende Schafe!, dachte sie sich während sie die Fäuste ballte.
Die junge Maia sah von der Seite zu Sanya, die noch immer bei ihr in den Gemächern war. Die Frau sah auch besorgt drein. Die ganzen Ereignisse, besonders auch das geplante Attentat, schienen sie sehr mitzunehmen. Kiana liebte sie. Soweit war ihr inzwischen klar. Sie wollte nicht dass Sanya unglücklich war.
Ihre Kommandantin hatte wieder ihre Rüstung abgelegt und saß an der gepolsterten Bank am Fenster. Sie schien nachdenklich in die Ferne zu blicken. Kiana saß auch auf ihr Bett und seufzte. Natürlich war sie auch aufgeregt. Sie hatte in Wirklichkeit keine Ahnung, wie der Tag morgen ausging. Ob Grauer Staub und die Ostlinge wirklich vorsichtig genug waren und das schlimmste verhindern konnten? Die Königin vertraute ihm. Genau wie sie Sanya vertraute. Beide wollten die Königin beschützen. Aber was war, wenn die Verräter doch noch unbemerkt blieben. Kiana konnte niemanden sonst mehr vertrauen. Zwar wusste sie, dass Feuer sie nicht verletzen konnte. Wie es jedoch mit Isenfeuer aussah konnte und wollte sie sich gar nicht vorstellen.
Sie überschlug ihre Beine und klopfte mit der rechten Hand neben sich auf das Bett. Sanya sah zu ihr hinüber.
"Mach dir nicht so viele Gedanken!", fing Kiana ruhig an, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen.  "Komm lieber zu mir!".
Kiana beobachtete Sanya, die sich langsam von der Bank am Fenster erhob und auf sie zu kam.
"Es sind nur noch wenige Stunden…", entgegnete Sanya, während sie sich auf das Bett neben Kiana fallen ließ. Die Königin lag ihren Arm um die Hüften ihrer Kommandantin und lehnte den Kopf auf die Schulter. "...Ich will nur nicht dass dir etwas passiert…".
Auch wenn Kiana insgeheim die Bedenken mit ihr teilte, gab sie es natürlich nicht vor ihr zu. Sie wollte souverän wirken, nicht ängstlich. Besonders weil sie die Königin war. Sie hatte ihre Macht als Maia, besaß einen Drachen…
Die junge Maia wollte Sanya dazu nicht noch mehr beunruhigen. Das tat die Frau schon selbst. Befeuert durch die anderen Ratsmitglieder.
"Bitte… Lass uns heute gar nicht mehr darüber reden!", hauchte Kiana Sanya in den Nacken, während sie die Frau dort küsste. "Morgen kannst du dich den ganzen Tag damit beschäftigen, die Verräter zu schnappen… Nur heute will ich dich für mich!".
Kiana bemerkte dass sich Sanya etwas darauf einließ. Die Königin ließ sich auf das Bett fallen und riss ihre Kommandantin mit sich, sodass sich beide Frauen gegenüber lagen. Kiana streichelte Sanya über die Wange und lächelte ihr weiterhin sanft zu. Sie war mehr als verliebt. Weshalb sie auch das Gefühl hatte, Sanya so innig anzusehen. Es dauerte nicht lange und die Königin küsste ihre Kommandantin. Ihr blieb es nicht unbemerkt, dass die Frau angespannt war. Sie stützte ihren Kopf ab und hob dadurch ihren Oberkörper an.
"Wenn der Tag morgen vorbei ist, lasse ich dich weiter nach dem silbernen Schwan suchen, damit du deine Königin weiter beschützen kannst…", sagte Kiana sanft.
"Doch jetzt… Sollten wir… Den restlichen… Abend nutzen…", verlangte die Königin und küsste Sanya nach jedem zweiten Wort.
"Es fällt mir nur schwer…", sagte Sanya besorgt.
"Ich weiß das!", entgegnete Kiana liebevoll. "Du bist eine pflichtbewusste Frau… Wahrscheinlich bist du die, auf die ich mich in diesen Zeiten verlassen kann… Und ich liebe  dich, von ganzem Herzen, Sanya! Verstehst du das?".
Diese Worte rutschen ihr eher heraus, als dass sie das mit Absicht sagte. Selten teilte sie ihre Gefühle mit anderen. Doch sie konnte in Sanyas Gegenwart nicht anders.
"Lass mich dir helfen, dich auf andere Gedanken zu bringen…", mit diesen Worten küsste sie Sanya auch schon innig und rutschte langsam auf sie hinauf. Endlich konnte sie ihre Kommandantin von ihrer Pflicht ablenken, damit die beiden Frauen Zeit für sich hatten, anstatt den nächsten Tag…

Am späten Morgen wachte Kiana auf und räkelte sich mehr als zufrieden im Bett. Es musste schon fast Mittag sein, denn die Sonne stand hoch am Himmel und sandte die langen Strahlen in das Gemach der Königin.
Als sie ihren Arm zu ihrer rechten Seite ausstreckte, spürte sie einen Körper neben sich liegen. Als sie sich in die Richtung wandte, sah sie Sanya dort noch schlafend liegen. Die Decke bedeckte sie nur noch bis zu der Hüfte, sodass Kiana ihren unbekleideten Rücken sah. Der Leib der Frau hebte und senkte sich leicht. Sie streichelte die zarte Haut. Gänsehaut befiel den ganzen Körper und Kiana kicherte in sich hinein.
Sie gab der Frau einen Kuss auf ihre Wange. "Na, willst du nicht langsam aufwachen? Nicht dass wir noch das Fest verpassen und du musst dich noch hübsch machen!".
Die junge Maia erhob sich aus dem Bett. Mit einem lauten Gähnen streckte sie alle Gliedmaßen von sich.
"Ich werde nochmal mit Grauer Staub sprechen, wie die Organisation der Wachen aussieht, damit du dich voll und ganz auf dein Äußeres konzentrieren kannst…", sagte sie, während sie in ihr Kleid hastete. "...Du willst doch deiner Königin gefallen, hm?".
Mit einem Augenzwinkern nahm sie sich die Krone und eilte sie aus dem Gemacht. Kiana wusste nicht recht, ob es wirklich nur deshalb war, oder ob sie in gewisser Weise auch flüchtete. Sie erinnerte sich nämlich noch sehr gut an die Worte, welche sie zu Sanya sagte. Viel zu lange sagte sie so etwas nicht mehr. Und dann ausgerechnet passierte es bei ihrer Oberkommandantin. Aber was sollte sie machen? Es waren nunmal ihre wahren Gefühle.
Hoffentlich denkt sie jetzt nicht, ich bin total verrückt…, dachte sie sich, während sie durch die Korridore lief. Immerhin wusste sie ja auch nicht was Sanya fühlte…


Kiana im Thronsaal während der Vorbereitungen….
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Saizo

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Minas Tirith
« Antwort #31 am: 24. Feb 2021, 18:15 »
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya saß noch eine ganze Weile gedankenverloren am Fenster des Gemaches und blickte hinaus. Sie wusste, dass sie eigentlich keine Zeit dafür hatte, aber sie konnte nicht anders.
Das muss alles eine Art von sehr wirklichkeitsnahem Traum sein, dachte sie. Ihre Gedanken kreisten nun schon den ganzen Tag um diese vermeintliche Tatsache. Dass die Königin... nein, dass Kiana ihr ihre Liebe gestanden hatte... das kam Sanya zu unwirklich vor, um der Wahrheit zu entsprechen. Wer war sie denn schon, dass eine so mächtige Herrscherin sich in sie verlieben würde? Sicher, es hatte schon vor Kiana hier und da Menschen gegeben, die Sanya gerne an ihrer Seite gehabt hätten, aber bei der Hälfte davon war es um den Aufstieg in den Adelsstand durch Heirat gewesen und bei der anderen Hälfte (so vermutete Sanya) darum, eine hübsche Trophäe zu bekommen. Kiana passte natürlich in keine der beiden Kategorien, die Königin und ihr Verhalten waren für Sanya ein einziges Mysterium. Mal verhielt sich Kiana überaus stürmisch und nahm sich das, was sie wollte, dann wieder ließ sie Sanya einfach stehen und in ihrer Verwirrung alleine zurück, als würde sie ein Spielzeug beiseite legen um sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Wie nur kann das alles echt sein?

Sanya rieb sich die Schläfen. Nein, sie konnte es sich nicht leisten, noch länger Zeit zu verschwenden. Heute war der Tag der königlichen Feier, und sie musste für den bevorstehenden Angriff auf den Palast bereit sein. Und darüber hinaus hatte die Königin ihr einen Befehl gegeben. Ob Traum oder nicht, Sanya beschloss, das zu tun, was sie schon immer getan hatte: Ihre Pflicht. Sie stand mit einem Ruck auf und ging zur Rückseite des Gemaches, wo ein großer Spiegel hing. Daneben, ordentlich auf einem kleinen Hocker zusammengefaltet, lag das Kleid, das Kiana ihr hatte anfertigen lassen. Sanya nahm es in die Hände und zog es dann mit einiger Mühe an. Sie war überrascht, wie gut es passte. Der Stoff war samtig weich und es schnürte sie nirgendwo ein. Kiana hatte sogar passende Schuhe - in schwarz - bringen lassen. Zwar wären Sanya ihre guten alten hohen Stiefel lieber gewesen, aber diese hätten wohl kaum zu einem so festlichen Kleid gepasst, das wusste sie gut genug. Sie betrachtete sich im Spiegel und musste zugeben, dass das Kleid wirklich gut aussah und es ihrem Körper schmeichelte. Der Ausschnitt war etwas tiefer, als es Sanya recht gewesen wäre, und die Ärmel waren lang und weiteten sich nach unten hin. Rote und schwarze Muster wechselten sich stilvol miteinander ab, und hier und da waren dezente, silberne Stickereien eingearbeitet. Am unteren Rücken saß eine rote Schleife, die das Oberteil zusammenhielt. Sanya fühlte sich wie immer etwas wehrlos ohne ihre Rüstung, doch um nicht ganz unbewaffnet zu sein, band sie sich einen Dolch an den linken Oberschenkel, so konnte sie die Waffe unter dem langen Rock versteckt tragen und bei Bedarf ziehen.
Mit dem Anziehen des Kleides war es aber noch nicht getan. Kiana hatte Sanya befohlen, sich hübsch zu machen, und dazu gehörten neben den Haaren auch etwas Schminke. Sanya löste ihren langen Pferdeschwanz und ließ das Haar offen ihren Rücken hinab fallen. Sie wusste, dass sie Hilfe brauchen würde, und fand sie bei den königlichen Zofen, die nie weit entfernt von Kianas Gemach waren. Sie türmten Sanyas Haar zu einer komplexen Steckfrisur auf und schminkten sie so dezent wie es der Anstand zuließ. Dann zupften sie noch eine Weile an ihr herum, bis die Zofen mit Sanyas Aussehen zufrieden waren.

Mittlerweile war der Mittag vorüber gegangen und der Nachmittag bereits zur Hälfte vorbei. Der Palast begann langsam, sich mit den erwürdigen Gästen der Feier zu füllen. Sanya wusste, dass sie es sich nicht erlauben durfte, zu spät zu kommen. Sie musste sich blicken lassen, das war ihre Pflicht. Sie spürte, wie eine Stimme in ihrem Inneren sie drängte, einfach hier im Gemach zu bleiben und sich dem Selbstmitleid und anderen, noch dunkleren Gedanken hinzugeben, doch Sanya schob diese Emotionen von sich. Es galt, ein Attentat zu verhindern. Sie verließ das königliche Gemach und machte sich auf den Weg zur großen Halle, wo der Thron stand.
Vor dem Haupteingang des Thronsales angekommen, blieb Sanya stehen, als die dort postierten Wachen sie nach ihrer Einladung fragten. Zum Glück hatte sie daran gedacht, den Brief mitzubringen und zeigte ihn dem Ostling vor, der sie danach gefragt hatte. Der andere Wächter, ein Soldat in schwerer Rüstung, musste plötzlich lachen, als könnte er es nicht mehr zurückhalten.
Sanya musterte ihn irritiert, und verdrehte die Augen, als sie ihn erkannte. "Mithrendan! Was machst du denn hier, und noch dazu in dieser Verkleidung?"
"Dasselbe könnte ich dich fragen, liebste Sanya," kicherte Mithrendan. "Da hast du dich ja wirklich herausgeputzt, wer ist denn der Glückliche der dafür gesorgt hat?"
"Halt den Mund," fuhr Sanya ihn an. "Ich will wissen, wieso du hier bist! Du bist doch nicht in der Palastwache..."
"Seit gestern schon," sagte der Kundschafter und grinste. "Zumindest bis diese Feier vorbei ist. Ich soll ein Auge auf die Leute haben, die wir unten in der Taverne beobachtet haben. Nur du und ich wissen wie sie aussehen..."
Sanya fragte sich, wer Mithrendan den Befehle dazu gegeben hatte, aber sie musste zugeben, dass derjenige eindeutig Recht hatte. Außer Sanya kannte nur Mithrendan die Gesichter der Aufständischen, und Sanya würde als wichtiger Gast der Feier wahrscheinlich zu beschäftigt sein, um nach den Attentätern Ausschau zu halten. "Also gut," sagte sie, halb verärgert, halb verlegen. "Irgendetwas Auffälliges gesehen?"
"Die erste Auffälligkeit des Festes steht gerade vor mir und sieht so aus, als wolle sie mir eine Ohrfeige geben," witzelte Mithrendan mit unerträglich guter Laune.
"Führe mich nicht in Versuchung," warnte Sanya ihn. "Vielleicht lasse ich dich in irgend einen finsteren Winkel von Mordor versetzen."
"Oh weh! Bitte nicht!" lachte Mithrendan. "Bitte nicht noch mehr leere Drohungen, mir werden die Knie gleich weich!"
"Mithrendan..." sagte Sanya leise und in dem Tonfall, der prophezeite, dass sie es langsam wirklich ernst meinte.
"Schon gut, schon gut," sagte ihr alter Freund und stupste sie kameradschaftlich an. "Du siehst wirklich gut aus. Entspann' dich heute Abend ein wenig, hm? Die Ostlinge und ich haben das hier im Griff."
"Ich werde mich entspannen, wenn der Silberne Schwan hinter Gittern ist und Arnor wieder der Königin gehört," sagte Sanya. "Halt die Augen offen für mich, ja?"
"Wie könnte ich einer so wunderschönen Dame diesen Wunsch nur abschlagen?" witzelte Mithrendan und machte eine spöttische Verbeugung.
Sanya knurrte undamenhaft und ließ ihn kopfschüttelnd stehen. Sie betrat den Thronsaal.

Drinnen war bereits ein ziemliches Gedränge. Alles was in Gondor Rang und Namen hatte, war eingeladen worden. Sogar einige der höchsten Legaten der Ostlinge sah Sanya unter den Gästen. Einzig von der Königin fehlte noch jede Spur. Gerüchten nach, die im Saal umhergingen, plante Kiana eine Art großen Auftritt, um die Feier ganz offiziell zu eröffnen. Doch noch war es nicht so weit.
Im Zentrum des Saals hatte sich eine Gruppe von Musikanten aufgestellt, und ringsherum wurde getanzt; der Großteil der Gäste jedoch stand in kleinen Grüppchen beieinander und unterhielt sich. In der Nähe des Thrones waren große Tische aufgestellt worden, an denen man sich Getränke und Appetithäppchen holen konnte. Das große, festliche Abendessen würde die dortigen Speisen jedoch nach aller Erwartung noch weit in den Schatten stellen.
Sanya war gerade auf den Weg zum Buffet, als ein Mann mit langem, roten Umhang ihren Weg kreuzte. Er hielt an und betrachtete sie mit einem freundlichen Lächeln, dann neigte er respektvoll das Haupt. "Lady Sanya Terelos, nehme ich an?"
"Die bin ich," antwortete Sanya vorsichtig. "Und Ihr seid...?"
"Relon Deneril, Kaufmann meines Zeichens. Meine Gilde versorgt die Weiße Stadt mit Nahrungslieferungen aus Anórien, Ithilien und Lebennin... sehr erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen! Man hört so einiges über Euch, Lady Terelos - nur Gutes, versteht sich. Die erste Frau im Rang eines Oberkommandanten, und noch dazu eine so tatkräftige! Ich bin mir sicher, ihr werdet die Köpfe der Widerstandsbewegung in Gondor bald dingfest gemacht haben. Und nun, ich müsste lügen, wenn ich nicht sagen würde, dass Ihr absolut bezaubernd ausseht. Seid Ihr alleine hier, oder in Begleitung?"
Der Redeschwall Denerils brachte Sanya ein wenig aus der Fassung, weshalb sie stehen blieb und blinzelnd zuhörte, bis sie endlich die Gelegenheit bekam, zu Wort zu kommen. "Also, ich... danke Euch für die freundlichen Worte, Meister Deneril," sagte sie höflich, wenn auch zurückhaltend, wie es ihre Art war. "Aber ich tue nur meine Pflicht. Es ist meine Aufgabe, die Aufständischen zu fassen, und deshalb werde ich mich darum kümmern. Ob ich alleine hier bin? Nun, ja, das bin ich." Das stimmte zwar nicht ganz, denn Mithrendan und Kiana waren ebenfalls hier irgendwo im Palast, aber auf der Gästeliste war Sanya als ohne Begleitung eingetragen gewesen, also hielt sie es damit.
"Eure Pflicht, natürlich, natürlich," sagte Relon Deneril eifrig. "Und damit seid Ihr ein Vorbild für ganz Gondor. Wenn jeder seine Pflicht tun würde, so wie Ihr, Lady Terelos, dann gäbe es die meisten Probleme, die uns heute plagen gar nicht erst. Aber was muss ich da hören? Eine so entzückende Frau wie Ihr ist ohne Begleitung hierher gekommen? Eine Schande, sage ich, eine Schande. Und welch Glück für Euch, dass Ihr mir begegnet seid! Kommt, ich führe Euch herum und stelle Euch ein paar gute Freunde vor. Etwas sagt mir, dass wir noch ein wenig Zeit haben werden, bevor Ihre Majestät ihren großen Auftritt haben wird. Und diese Zeit wollen wir doch nicht ungenutzt lassen! Es gibt viele Menschen, die Euch für Euren Dienst danken möchten, Lady Terelos, und ich bin mir sicher, es würde Euch freuen, ein paar von meinen Kollegen kennenzulernen... einen Einblick in das bürgerliche Leben von Minas Tirith zu bekommen, um es mal so auszudrücken. Wisst Ihr, wenn man ständig von Auftrag zu Auftrag hetzt, verliert man leicht die Dinge aus den Augen, die das Leben erst so richtig lebenswert machen! Ich bin mir sicher, Ihr wisst das. Oh!" Deneril hielt inne und tippte einem anderen Gast auf die Schulter. "Halgond! Sieh nur, wer mir über den Weg gelaufen ist..."

Es verging nicht mehr als eine halbe Stunde, in der Relon Deneril Sanya so viele Leute vorstellte, dass ihr schier schwindlig wurde und ihr die vergangene Zeit beinahe wie ein ganzer Tag vorkam. Dann endlich gelang es ihr, sich aus Denerils Klauen zu befreien und sich schnaufend an eine der vielen Säulen zu lehnen.
"Du siehst aus, als kämst du mitten aus der Hitze des Gefechts," sagte Mithrendans Stimme, sowohl belustigt als auch besorgt klingend. "Alles in Ordung?"
Sanya, die sehr bemüht darum war, ihr Haar davon abzuhalten, zerzaust zu werden, sah ihn einfach nur an, wie er plötzlich in seiner schweren Paraderüstung vor ihr aufgetaucht war. Doch noch bevor sie auf Mithrendans Frage antworten konnte, erklang ein lauter, geradezu dröhnender Gong im Saal, der alle Gespräche zum Erliegen brachte. Das muss wohl die Ankündigung für Kianas Auftritt sein, sagte Sanya. Und noch während sie hinsah, schwangen die Torflügel des Thronsales auf...

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Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
« Antwort #32 am: 25. Feb 2021, 19:01 »
Weiße Festung, Minas-Tirith (Gondor)

Kiana Vaneryen im Palast der weißen Festung, während des Festes…


Kiana wartete schon ungeduldig auf das Fest.  Es bot wenigstens etwas Ablenkung von ihren Sorgen und Gedanken. Noch immer vergaß sie nicht, dass sie Sanya ihre Liebe gestand. Sie kam sich total fehl am Platz vor. Vor allem kam sie sich total dämlich vor. Den letzten dem sie ihre Liebe gestand, war Thirak. Und bei ihm stellte sich heraus, dass er plötzlich ihr Neffe war und dieses Geheimnis weiter erzählte, sodass der Verrat an ihr in die Gänge geleitet wurde. Genau wie diese Octavia, die Kianas jüngere Schwester war und aus dem nichts auftauchte. Sie fragte sich, wie viele Kinder ihr rücksichtsloser und egoistischer Vater noch in die Welt gesetzt hatte. Gut, Thirak war das Kind ihres Bruders Aranion, der schon vor knapp dreißig Jahren von Imrahil -noch vor Kianas Geburt- getötet wurde. Dennoch war er ein Verräter. Für sie war Thirak deshalb kein Vaneryen und hatte den wahren Namen nicht verdient. Anaryon Vaneryen. Natürlich war er nach dem alten Gesetz der einzige männliche Erbe des Hauses Vaneryen und somit gehörte die Krone ihm. Kiana aber schuf das alte Gesetz ab. Denn sie war dafür bestimmt Mittelerde zu regieren, das Volk zu besserem zu führen. Thirak war dafür nicht gemacht. Er hatte keine Drachen und er konnte seine Maiakraft nicht einsetzen.
Die Königin hatte innerlich mehr als Angst, dass Sanya ihre Gefühle nicht erwiderte. Was war, wenn sie sich nur auf Kiana einließ, um eine bessere Stellung zu bekommen. Was war, wenn Loki recht hatte und sie half in Wirklichkeit den Rebellen und wartete nur auf den richtigen Augenblick, um sie zu töten.
Kiana seufzte tief. Sie wollte nicht so denken, aber sie konnte nicht anders. Sie war zu stark geprägt von der Vergangenheit und von all den schlechten Dingen die ihr passiert waren. Dazu kam noch, dass Sanya eine Frau war. Sie wusste nicht, wie die anderen Adeligen darauf reagierten, wenn es heraus kam.
Allerdings hatte sie keine Zeit darüber nachzudenken. Das Fest begann und sie konnte es sich nicht leisten, dass sie sich traurig und nachdenklich zeigte. Besonders nicht, nachdem Arnor fiel. Die Königin musste stark wirken. Das war ihre Aufgabe. Sie trug ein enges schwarzes Kleid mit einem weiten Ausschnitt, welches ihr bis kurz vor die Knie ging. Um ihre Schultern trug sie in ein durchsichtiges Rotes Tuch. Die silbernen Haare waren nach oben gesteckt. Ihr Gesicht war leicht mit schminke bedeckt, während ihre Lidränder in Schwarz nachgezogen waren, das ihre violetten Augen betonte.

Kiana hielt sich eine Zeitlang zurück, bevor sie den großen Saal im Palast betrat. Ihr war nicht danach so viele Menschen zu treffen. Viel lieber wollte sie sich irgendwo verstecken. Einfach auf Ancalagon steigen und in die Ferne fliegen. Weg von all den Verpflichtungen. Aber sie war die Königin. Sie musste anwesend sein. Auf ihr lastete eine große Verantwortung.
Nachdem ein lauter Gong ertönte, wurden die großen Türen aufgeschwungen und sie kam in den großen Saal. Die Aufmerksamkeit aller Gäste galt der Königin. Ein Sprecher kündigte sie mitsamt vollständigen Titel an. Alle Gäste verneigten sich respektvoll.
"Ich danke euch, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid! Auch wenn es gleichzeitig eine Traurige Nachricht gibt, dass Arnor in den Händen von barbarischen Rebellen fiel, könnt ihr alle gewiss sein, dass unsere Feinde nicht ungestraft bleiben! Schon sehr bald werden die tapferen Soldaten unseres Reiches das verlorene Land zurückholen! In der Zwischenzeit, sollten wir die stetige Erblühung des Reiches feiern!", hielt Kiana eine kurze Ansprache. Mit lautem Beifall verschwand sie, unter Begleitung ihrer Wachen, zwischen den Gästen.
Die Königin selbst wurde immer wieder in Gespräche mit wichtigen Kaufmännern und Adeligen verwickelt. Kiana selbst gab eher nur halbherzige Antworten und wollte eigentlich gar nicht mit ihnen sprechen. Zu sehr beschäftigte sie das mögliche Attentat auf sie selbst und auch Sanya. Auffallen tat es niemanden. Stets behielt Kiana ein Lächeln auf den Lippen und überlachte ihre Sorgen. Irgendwie versuchte sie Sanya zwischen den Menschen zu erkennen, das sich aber nicht als einfach herausstellte.
Endlich erblickte sie ihre Oberkommandantin in ihrem Schwarz-Roten Kleid.
Wie hübsch sie doch ist, schwärmte Kiana innerlich und ihr Herz blühte auf. Gerade wollte sie auf Sanya zugehen, da wurde der Weg von einer Frau in edlen Gewändern blockiert.
"Ihr seht sehr hübsch aus, Euer Gnaden, wie eh und je!", fing die Frau an. "Seht her, Meister Engmon, die Königin sieht wieder bezaubernd aus!". Dabei wandte sie sich an zu einem recht großen und kräftigen Mann in dunklen Roben.
"Meine Königin, ihr seht wahrlich entzückend aus und das vom nahen noch mehr, als immer gesagt wird!", schleimte der relativ junge Mann herum und gab ihr einen höflichen Kuss auf die Hand. Kiana blieben seine Blicke auf ihren Ausschnitt nicht aus. Sie war sich bewusst, dass sie auf viele Männer anziehend wirkte. Doch solch ein Verhalten empfand sie als respektlos. Anmerken ließ sie sich allerdings nichts. Ihr war bewusst, dass viele Männer um ihre Hand anhalten wollten, da sie äußerst hübsch war. Leider auch, damit diese mehr Ansehen erlangten.
"Wie gedenkt ihr denn Arnor wieder unter eurer Kontrolle zu bekommen? Man hört, dass der junge Mann Namens Robben Rogwyne auch den alten Adel Angmars hinter sich stehen hat und dazu noch… Eine Geheimwaffe besitzen soll… Was auch immer das heißen mag…", sagte die Frau. Kiana lächelte ihr nur arrogant entgegen. Sie hatte keine Ahnung, was die Frau mit einer Geheimwaffe meinte.
"Keine Sorge, meine Gütige…", erwiderte Kiana nur, "...Meine Armee wird in den nächsten Tagen Abmarsch bereit gemacht und ich persönlich werde mit meinem Drachen dafür sorgen, dass Arnor wieder befreit wird!".
Natürlich wusste sie, dass dies nicht der ursprüngliche Plan war. Sie wollte aber unbedingt die anderen Abwimmeln, um zu Sanya zu gelangen. Auch weil sie noch immer niemanden vertraute der da war. Jeder konnte der Attentäter sein.
Als sie wieder ihre Oberkommandantin sah, sah sie auch den Mann der bei ihr stand und sie mit sich führte. Er wirkte von der Ferne so vertraut mit ihr. Kianas Herz blieb stehen. Sie sprudelte über vor Wut. Sie wollte Zeit mit Sanya verbringen, aber sie kam einfach nicht zu ihr und nun buhlte jemand anders um ihre Aufmerksamkeit.
"Was schaust du denn so finster drein?", hörte sie eine ihr vertraute männliche Stimme. Kiana wandte ihren Kopf zu Seite und erblickte Loki, der in seiner mit gold verzierten Schwarzen Kleidung und einen Roten Umhang neben ihr auftauchte. Er aß genüsslich von seinem Teller und der Königin blieben seine musterungen nicht aus, der sie unschuldig ansah. Sie warf ihm einen mahnenden Blick zu.
"Was denn? Du siehst wunderschön aus Kiana!".
Die junge Maia schnaubte und lachte dann auf. "Hast du das auch gedacht, als du das Bett mit deiner kleinen Freundin geteilt hast?", entgegnete sie giftig.  Sie ignorierte die schiefen Blicke Lokis und entschied sich direkt zu Sanya zu gehen. Kiana wollte endlich zu ihr. Immer mit ihren Wachen, aber auch mit Loki, im Schlepptau erreichte sie schließlich die Mitte des Saal . Dort wo auch die Frau stand, die sie von ganzem Herzen liebte.
"Sanya! Du siehst bezaubernd aus!", rief sie und hatte einen freundlichen, wenn nicht sogar verliebten, Ausdruck im Gesicht. Dich vor ihr kam sie zum Stehen und wollte sie küssen…


Kiana im Palast während des Festes…

« Letzte Änderung: 5. Aug 2021, 21:54 von >Darkness< »
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Minas Tirith
« Antwort #33 am: 28. Feb 2021, 22:48 »
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya beobachtete, wie die Königin den Saal betrat und sich sogleich unters Volk mischte. Dabei wirkte Kiana wie als wäre sie für diese Rolle geboren worden. Sie schien die Menge zu genießen, so wirkte es jedenfalls auf Sanya von ferne. Einmal begegneten sich die Blicke der beiden Frauen, und Sanya sah wie die violetten Augen ihrer Herrscherin aufblitzten, als sie ihr zulächelte, doch dann trat ihr ein Mann in den Weg und sie wurde wieder von der Menge verdeckt. Sanya blieb etwas nachdenklich stehen. Sie wurde immer angespannter, je länger die Feierlichkeiten sich hinzogen, denn noch immer hatte es keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass die Attentäter sich den Küchen genähert hatten. Alles war ruhig geblieben; zu ruhig für Sanyas Geschmack. Sie fürchtete Verrat und Täuschung, und vor allem hatte sie Angst, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Was, wenn sie in eine Falle getappt war, und der wirkliche Anschlag gar nicht heute, oder auf ganz andere Art und Weise stattfinden würde? Wie gerne hätte sie jetzt ihr Schwert griffbereit gehabt. Doch sie hatte nur den kleinen Dolch, tief unter ihrem Rock versteckt, und an den würde sie so leicht nicht herankommen. Das Kleid engte Sanya etwas mehr ein, als sie erwartet hatte, und sie war darin weniger beweglich als in ihrer üblichen Rüstung.

Ein Raunen der Leute um sie herum riss Sanya aus ihren Gedanken. Sie stellte fest, dass Kiana direkt auf sie zukam und sie schon fast erreicht hatte. "Sanya! Du siehst bezaubernd aus!" sagte die Königin und blieb direkt vor Sanya stehen. Sie schloss die Augen, spitzte die Lippen und...
"Euer Gnaden," sagte die grimmige Stimme von Reichsmarschall Loki. Er drängte sich zwischen Sanya und ihre Herrin. "Soeben haben die Ostlingswächter in den Küchen verdächte Gestalten aufgegriffen..."
Kiana wirkte, als würde sie Loki am liebsten ignorieren, aber dann öffnete die Königin doch die Augen. Verärgert funkelte sie Loki an. "Und das hättest du mir nicht einen Augenblick später sagen können?" herrschte sie ihn an.
"Ich fürchte, wenn es um Eure Sicherheit geht, kann eine solche Nachricht nicht warten," erwiderte Loki.
So ein Mistkerl, dachte Sanya. Das hat er mit Absicht gemacht. Sie ärgerte sich, denn ein Teil von ihr genoss nach wie vor die liebevolle Zuneigung, die Kiana ihr entgegenbrachte. Ein anderer Teil - der etwas vernünftiger war - war relativ froh darüber, dass es nicht zu dem Kuss vor den Augen aller Gäste gekommen war. Wer konnte schon sagen, was die Leute darüber denken würden? Andererseits war Kiana die Königin aller hier Anwesenden, und sie konnte tun uns lassen was sie wollte...
"Und was haben die Ostlinge mit den Verdächtigen getan?" verlangte Kiana von Loki zu wissen.
"Sie entwaffnet und gefangen genommen," berichtete Loki. "Es verlief alles genau nach Plan, sie sind uns ins Netz gegangen."
"Also gut," sagte die Königin. "Dann sperrt sie ins Verlies, aber haltet weiterhin die Augen offen, in Ordnung?"
"Wie Ihr befehlt, Euer Gnaden." Loki warf Sanya einen finsteren Blick zu, dann ging er.
"Ich glaube, er hat was gegen mich," murmelte Sanya nachdenklich.
"Ach, vergiss ihn einfach," sagte Kiana und nahm ihre Hand, um sie mit sich zu ziehen. "Er scheint eher was dagegen zu haben, dass ich glücklich bin. Aber dass lasse ich mir von ihm nicht wegnehmen. Lass mich dich mal genauer ansehen... die Schneider haben wirklich gute Arbeit geleistet, das Kleid sieht... wundervoll an dir aus, Sanya!"
Sanya wunderte sich. Sie kam sich eher so vor, als sähe sie ein wenig lächerlich darin aus, zumindest fühlte es sich auf ihrer Haut so an, vor allem an den beiden Stellen, die ein wenig eingeschnürt waren. "Findest du?" fragte sie leise, während sie Kiana zum Buffet folgte.
"Willst du etwa deine Königin der dreisten Lüge bezichtigen?" erwiderte Kiana gespielt ernst, dann grinste sie. "Ich weiß, dass du solche Dinger nur selten trägst, aber ich finde, du solltest es öfter tun, so gut steht dir das. Wenn es dir hilft, mache ich einen Befehl draus!" Die Königin kicherte. "Du kommst mir ab sofort nur noch in einem Kleid unter die Augen, verstanden?"
Sanya wusste nicht recht, ob Kiana das ernst meinte oder ob sie sich nun wirklich einen Scherz erlaubte. "Ähm... Euer Gnaden...?" sagte sie etwas stockend.
"Ja, das war ein offizieller Befehl," sagte Kiana, die ihr wohl die Gedanken im Gesicht angesehen hatte. Dann zwinkerte sie Sanya frech zu und schnappte sich einen Kelch mit Wein vom Buffet. Kiana leerte das Getränk und lehnte sich dann gelassen gegen den schweren Tisch, auf dem die Appetithäppchen standen. "Jetzt, wo die Gefahr eines Anschlags hoffentlich gebannt ist, können wir diese Feier vielleicht ein wenig genießen... siehst du, wie brav sich alle dran gehalten haben, nur rot und schwarz zu tragen, wie ich es mir gewünscht habe?"
"Ja," antwortete Sanya. "Es ist eine schöne Farbkombination."
"Oh ja," stimmte Kiana. "Da hatten meine Vorfahren wirklich Geschmack, als sie sich ihr Wappen ausgesucht haben."
Sanya setzte gerade zur Antwort an, als ein Mann zu den beiden Frauen trat. Innerlich verdrehte Sanya nur die Augen, als sie Relon Deneril erkannte. "Wenn das mal nicht die beiden hübschesten Damen des Abends sind," sagte der Kaufmann und erdreistete sich, Kianas Hand zu nehmen und einen Kuss darauf zu hauchen. Die Königin ließ es belustigt wirkend geschehen, doch Sanya sah ihr an, dass sie dennoch nicht ganz zufrieden mit der erneuten Störung war.
"Guten Abend Relon," sagte sie ruhig. Sie kannte den Mann also bereits. "Ich habe es dir doch bereits gesagt, ich spreche auf diesem Fest nicht über die geplante Erhöhung der Zölle auf Getreidelieferungen."
"Oh, Euer Gnaden, wo denkt Ihr hin!" sagte Deneril und griff sich ans Herz, als wäre er verwundet worden. "Darf ein Untergebener nicht die Schönheit seiner Herrscherin bewundern? Es waren keinerlei Hintergedanken dabei, als ich mich entschloss, mich euch beiden Schönheiten am Buffet anzuschließen. Der Wein ist vorzüglich, nicht wahr? Soweit ich weiß stammt er aus einer besonders gereiften Ernte, aus dem Westen von Anfalas... ein sehr friedliches Land. Seid Ihr einmal dort gewesen, Euer Gnaden? Nein? Was ist mit Euch, Lady Terelos? Eine Dame von Eurem Kaliber ist doch gewiß weitgereist, und-"
"Ich bin ein, zweimal in Anfalas gewesen," schnitt Sanya dem Händler das Wort ab.
"Ich wusste es," freute sich Deneril. "Gebildet und hübsch, genau wie Ihre Majestät... oh, wo ich gerade davon spreche, Euer Gnaden, lasst mich euer Kleid loben. Ihr müsst mir unbedingt verraten, wer es angefertigt hat, ich lieben den Stil, den Schnitt und die Farben... etwas Ähnliches würde meiner Gattin gewiß ebenfalls sehr gut stehen... sie würde sich wirklich freuen, wenn sie etwas tragen könnte, das von unserer geliebten Königin inspiriert ist, denn das seid Ihr für uns alle, Euer Gnaden: eine Inspiration und ein Licht, das das Dunkel des Alltags erleuchtet. Seitdem Ihr auf den Thron sitzt, haben sich viele Dinge zum Guten gewendet für die Menschen von Minas Tirith, da kann ich nur sagen: weiter so! Lass Euch nicht von Gerüchten des Aufstands in falsche Sorge versetzen. Euer Volk liebt Euch, und steht so gut wie geschlossen hinter Euch. Als Händler komme ich viel herum und habe sozusagen mein Ohr am Herz des Volkes, wenn man so wil..." Er lachte über seinen eigenen Scherz, ehe er unermüdlich fortfuhr: "Euer Majestät wird verehrt, wohin ich auch komme. Ihr habt den Menschen so viel Gutes gebracht und ich glaube, dass es niemanden gibt, der sich wünscht, dass die Dinge wieder so wie früher würden, bis auf einen oder zwei Verblendete hier und da. Macht euch um diese einfältigen Burschen keine Sorgen! Ihr habt doch eine so tüchtige und hübsche Dame an Eurer Seite, die sich um alles kümmert, nicht wahr?"
"Ähm," gab Sanya überrumpelt von sich. Kiana hingegen schien durchaus ein wenig empfänglich für Denerils Worte zu sein, denn sie lächelte nun wärmer als zuvor.
"Nun, wo er Recht hat, hat er Recht!" sagte die Königin und leerte ihr Glas. "Das erinnert mich, ich sollte das Abendessen so langsam eröffnen, nicht wahr? Hunger habe ich jedenfalls schon."
Kiana stellte das Weinglas auf dem Buffettisch ab und machte einen Schritt auf den Thron zu, der erhöht am Ende des Saales stand. Gerade wollte sie sich an die Gäste wenden...

...da flogen mit einem gewaltigen Krachen die schweren Türflügel am anderen Ende des Saales aus ihren Angeln und eine feurige Druckwelle rollte hindurch. Einige Gäste wurden davon weggeschleudert. Dicker, dunkler Rauch füllte den Eingangsbereich des Thronsaals und breitete sich immer weiter in der Halle aus. Und noch ehe die Gäste ihren Schock überwunden hatten, stürmten ein Dutzend bewaffneter Gestalten herein, die in rohes Gebrüll ausbrachen und in Richtung Thron unterwegs waren.
Sanya tastete hastig nach dem versteckten Dolch unter ihrem Kleid, doch es gelang ihr nicht, so einfach an ihren Oberschenkel zu kommen. Also riss sie kurzerhand den unteren Saum ihres Rocks ab, denn der Stoff war nur dünn dort, sodass ihr das Kleid nur noch bis kurz vor den Knien ging und sie die Waffe aus dem versteckten Holster ziehen konnte. Und keine Sekunde zu spät, denn schon war der erste Attentäter heran gekommen. Wahrscheinlich hatte er nicht mit ernsthaftem Widerstand gerechnet, denn er versuchte nicht einmal, Sanyas Dolchstoß auszuweichen, der auf seine Kehle gezielt war. Gurgelnd ging der Mann zu Boden, doch schon waren die nächsten Angreifer heran...

Darkayah

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Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
« Antwort #34 am: 1. Mär 2021, 21:07 »
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana auf dem Fest im Palast von Minas-Tirith …


Kiana duckte sich aus dem Reflex heraus, als die großen Türflügel durch die Explosion aus ihren Angeln gerissen worden waren und die dichten dunklen Rauchschwaden den Saal füllten. Viele der anwesenden Gäste rannten panisch umher und suchten einen Ausgang. Einige lagen leblos am Boden, oder räkelten sich vor Schmerz.
Als die Attentäter brüllend den Saal stürmten, empfand Kiana sich selbst als Hilflos. Sie sah zu Sanya, die gerade gegen einen der Angreifer kämpfte. Die Königin realisierte das ganze Geschehen noch gar nicht richtig. Auch durchdrang ein lautes Piepsen ihre Ohren.
Ihre Wachen schienen entweder selbst durch den Saal geschleudert worden zu sein oder rafften sich selbst gerade auf.  Selbst Loki befand sich bei denen, die am Boden lagen und versuchte wieder auf die Beine zu kommen.
Weitere maskierte Männer stürmten in den Saal und fixierten Kiana mit ihren Blicken. Brüllend und schreiend stürmten sie mit gezogenen Waffen auf die Königin zu. Panisch sah sie sich um. Keiner war in ihrer Nähe um sie zu verteidigen. Selbst Sanya befand sich mitten im Kampfgetümmel. Ein Schwert lag in ihrer Nähe, doch ihr war bewusst, dass sie eher wenig damit ausrichten konnte. Zwar hatte ihr Ziehvater sie widerwillig den Schwertkampf erlernen lassen, aber da war sie noch sehr jung. Das letzte mal dass sie ein Schwert in ihren eigenen Händen hielt war in der Schlacht gegen Melkor, als Faramir sie beschützte und sie irgendwie versuchte ihm zu helfen. Das ging alles andere als gut aus. Somit war dies eher sinnlos. Die Männer übermannten sie sowieso im Handumdrehen.
Sie dachte an ihre Kräfte , die sich bisher aber eher nicht kontrollieren ließen und im Moment ein Zufallsereignis waren.
Sie versuchte sich zu konzentrieren und dachte an die Worte des Istari Saruman, der ihr beibrachte kontrolliert mit ihren Kräften umzugehen. Zunächst schien alles vergeblich zu sein. Doch in jenen Moment, als sie ihr eigenen Gedanken und ihr eigenes Leben los ließ, weil sie mit einem Hieb des Gegners rechnete, durchdrang sie die vertraute Wärme, die aus ihrer Körpermitte kam. Ein leichter Windzug hauchte durch den umkämpften Saal und ließ die silbernen Haare der Königin wehen. Sie streckte schwer atmend ihre Hand in die Richtung des Angreifers und öffnete im selben Moment die Augen. Der Mann flog daraufhin auf die andere Seite des Raumes. Dann ließ sie immer wieder weitere Männer durch Geisterhand durch den Saal fliegen, die zusätzlich wie von einer unsichtbaren Klinge getroffen worden waren. Die junge Maia sah zu Sanya, die gerade die Schwertschläge eines Attentäters parierte. Um ihr zu helfen riss sie den Mann mit ihrer Kraft zu Boden, sodass die Oberkommandantin ihm den Dolch in die Brust rammen konnte. Natürlich hatte sie die Frau im Kopf und Angst um das Leben Sanyas. Das sorgte aber mehr dafür, dass sie in ihrem Rausch jeden der Männer töten wollte.
Mittlerweile war Loki bei Kiana und zerrte wie verrückt an ihr herum.
"Komm, wir müssen hier weg!", hastete er, "Grauer Staub wird sich um den Rest kümmern!".
Auch wenn Kiana eigentlich nicht gehen wollte ,und vor allem Sanya nicht alleine lassen wollte, ließ sie sich einige Schritte von ihm mitziehen. Ein paar der Ostlingwachen kamen ebenfalls zu ihr um ihre Königin zu beschützen.
"Nein!", entgegnete Kiana schließlich bestimmend und wollte selbst wieder in das Geschehen eingreifen. Mit ihren Kräften fällte sie auch den letzten Feind der im Saal verzweifelt versuchte sich noch um sein Leben zu rennen. Mehrere male schlug sie ihn mit ihrer Kraft gegen die steinerne Wand und schien ihm langsam die Luft abzuschirmen, sodass er gurgelnd und Blut spuckend starb.
Kiana blieb nicht aus, dass ihre innere Macht sie aufzerrte, sodass sie sich mehr als erschöpft fühlte. Vorsichtig und schwer atmend sah sie sich um. Noch immer lagen einige der Gäste auf dem Boden. Auch das Essen und die Dekorationen waren über den ganzen Saal verteilt. Der Marmorboden war von Staub und Dreck bedeckt. Die Königin konnte sich nicht erklären, wie der Attentatsversuch doch erfolgreich war. Die Verdächtigen wurden doch geschnappt. Scheinbar hatten ihre Feinde damit gerechnet, dass sie beobachtet worden waren. Sie war mehr als entsetzt. Es sollte ein friedliches Fest werden und wieder einmal versuchten Verräter sie umzubringen. Wieder waren es Menschen, die die gütige Herrschaft der Königin nicht schätzten.
Kiana wurde mehr als wütend. Trotz des besorgten, aber sanften, Blickes Sanyas, ließ sie sich nicht wie sonst davon aufheitern. Die Oberkommandantin schien ebenfalls außer Puste zu sein und war voller Staub, Blut und Ruß.
Deprimiert betrachtete Kiana den Torbogen des Palastes, der starke Schäden davon getragen hatte.
"Komm Kiana…", fing Loki an, "...Lass uns in den kleines Ratssaal gehen!".
Seufzend stimmte sie ihm mit einem Kopfnicken zu und lief an Sanya vorbei, bevor sie in die Richtung, in der sich der kleine Saal befand ging. Sie streifte mit ihrer eigenen a
Hand, an der Hand der Oberkommandantin entlang. Sie hatte das Bedürfnis einfach von ihr in dem Armen gehalten und geküsst zu werden.  Die junge Maia war mehr als froh, dass der Frau nichts passiert war. Gleichzeitig hatte sie Angst, dass sie Sanya vielleicht durch ihre Macht abschreckte. Ao verließ sie lieber den Thronsaaö...

Dort angekommen ließ sich die Königin auf einen Stuhl sacken. Sie hatte die ständigen Mordversuche auf sie selbst satt. Obwohl sie darauf bedacht war, für alle Menschen im Reich ein besseres Leben zu ermöglichen.
Sie rieb sich ihre Schläfen, denn ihr Schädel dröhnte. Sanya stand ebenfalls im Saal. Loki kam herein und stellte der Königin einen Becher auf den Tisch. Erneut seufzend nahm sie diesen Becher in ihre Hände.
Warum kann es nicht Wein sein, dachte sie sich, als sie sah dass Ermittler Wasser befüllt war. Vorsichtig nippte sie an ihrem Getränk.
"Die gesamte Stadt ist abgeriegelt und wird durchsucht. Wenn es noch weitere Anhänger der Aufständischen gibt, werden sie uns nicht mehr entkommen!", versuchte Loki seine Königin zu beruhigen. Sie warf ihm aber einen mehr als erzürnten Blick zu.
"Du bist mit dafür verantwortlich, Loki…", fauchte sie ihn an. "...Weil deine kleine Freundin hier war um mich zu töten, hat es nur andere dazu aufgerufen!".
"Kiana… Du weißt dass das nicht stimmt… Diese Aufständischen waren vor Octavia hier und kollaborieren mit diesem silbernen Schwan…", verteidigte sich der Reichsmarschall.
"Pff…", presste Kiana nur hervor. "Ich denke wir sollten Stärke zeigen… Alle Feinde der Krone sollen merken, was es bedeutet sich gegen mich zu stellen!".
"Was meinst du damit? Du gehst ja ohnehin gegen sie vor…", wollte Loki sichergehen.
"Ich will dass du meine Armee in wenigen Tagen Abmarsch bereit machst… Unsere Feinde werden es sich zweimal überlegen, ob sie mich versuchen wollen zu töten!", befahl sie energisch. Die junge Maia übersah Lokis irritierten Blick nicht. "Ich werde die Armee selbst anführen und auf Ancalagon in den Norden reisen!".
Loki wollte wohl etwas sagen, aber ihm blieben die Worte aus. Nachdem er etwas vor sich hin stammelte, entgegnete er nur: "Kiana, du kannst nicht aus deinem Gefühl heraus eine solche Entscheidung treffen… Tausende Leben stehen auf dem Spiel…".
"Und ob ich das kann! Die Arnorer haben ihr Schicksal gewählt!", sagte sie überzeugt.
"Lass uns morgen noch einmal darüber sprechen…".
"Nein…".
"Du weißt, dass dies die falsche Entscheidung ist!".
"Wenn du den Befehl verweigert, nehme ich an, dass du irgendwie selbst in dieser Sache verwickelt und ein Verräter bist!", behauptete die Königin.
"KIANA!".
"Nein, es ist genug! Meine Entscheidung steht fest!", befahl sie. "Ich möchte auch, dass der Etat erhöht wird, um mögliche Verräter aus Gondor fernzuhalten…".
Loki drückte einen Schwall Luft heraus. Kiana bemerkte, dass er versuchte ruhig zu bleiben. Er verneigte sich rasch und lief aus dem kleinen Saal.
Die junge Maia trank das Wasser in ihrem Becher mit einem Zug aus und schlug ihn fast schon auf den schweren Tisch. Dann erhob sie sich und ging in Richtung des Ausganges. Noch bevor sie die Tür durchschritt, sah sie von der Seite zu Sanya, die die ganze Zeit nichts sagte. Kiana war sich nicht sicher, ob sie sich vor ihrer Königin fürchtete oder einfach nur gehorsam war.
"Ich werde mir ein Bad nehmen… Ich muss den Dreck abwaschen…", sagte sie plötzlich ganz ruhig und fast schon wieder liebevoll. "...Komm danach in mein Gemach, wenn du deine schlecht gelaunte Königin ertragen willst oder nicht… Wie es dir beliebt…".
Mit diesen Worten verließ sie mit langsamen Schritten den kleinen Ratsaal. Insgeheim hoffte sie natürlich darauf, dass Sanya zu ihr kam. Bei ihr fühlte sie sich sicher und Kiana liebte sie. Gleichzeitig hatte sie enorme Angst, dass ihr etwas zustieß…


Kiana im Palast von Minas-Tirith …
« Letzte Änderung: 5. Aug 2021, 21:55 von >Darkness< »
Grüße Darkayah

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Minas Tirith
« Antwort #35 am: 8. Mär 2021, 18:54 »
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya war Kiana wie sie es ihr befohlen hatte aus dem Thronsaal heraus gefolgt, noch immer in ihrem abgerissenen Kleid und den Dolch die ganze Zeit über in der Hand haltend. Sie hatte dem Streitgespräch zwischen Königin und Reichsmarschall nur mit halbem Ohr gelauscht, denn Sanya war unruhig und fürchtete, dass es jeden Moment ohne Vorwarnung zu einer weiteren Explosion kommen könnte, oder dass sich noch mehr Attentäter plötzlich auf sie stürzen könnten. Sie machte sich selbst schwere Vorwürfe, weil sie den Angriff auf den Thronsaal nicht kommen gesehen hatte. Dabei war es in ihrer Verantwortung gewesen, für die Sicherheit der Feiernden zu sorgen. Und nun waren viele verletzt, einige sogar schwer. Es hatte sogar ein paar Tote gegeben. Sanya wusste nicht, wie es nun mit ihr weitergehen würde. Sie erwartete, dass Kiana sie ihres Amtes entheben und aus der Armee werfen würde. Das hätte Sanya an ihrer Stelle getan, denn ein so großes Versagen war nicht einfach zu vergeben.
Kiana hingegen wirkte so undurchschaubar wie eh und je, als sie davon sprach, ein Bad zu nehmen und als sie dann Sanya anwies, sich im Anschluss daran im königlichen Gemach zu melden.

Sanya blieb eine Weile ratlos stehen, nachdem die Königin in Richtung der Bäder verschwunden war. So fand sie Mithrendan, der selbst ein wenig mit Ruß beschmiert war, und legte ihr sachte die Hand auf die Schulter.
"Alles in Ordnung?" wollte er mit seiner beruhigenden Art wissen.
"Ich... denke schon," murmelte Sanya, doch dann schüttelte sie den Kopf. "Nein. Nichts ist in Ordnung. Ich habe versagt..."
"Es war nicht allein deine Schuld. Die Ostlinge hatten den Saal zu bewachen, und sie haben zugelassen, dass unter ihren Füßen ein Sprengsatz hochging. Ich hatte Glück, dass ich in dem Moment gerade austreten war..."
Sanya drehte sich zu ihm um und tat etwas, das sie nur selten zeigte: Sie umarmte ihren alten Freund fest und legte ihren Kopf auf seine Schulter. "Ich bin froh, dass... dir nichts geschehen ist."
"Bis auf ein paar ziemlich unschöne Rußflecken..." scherzte er. "Aber wer wird denn da rührselig werden?"
"Ach..." Sanya ließ ihn los und winkte ab. "Sieh mich doch an. Ich bin mindestens so dreckig wie du, mein Kleid ist nur noch halb so lang wie es sein sollte, und ich blute. Meine Frisur ist natürlich ruiniert, genau wie meine Karriere. Glaubst du wirklich, es interessiert mich jetzt noch, was die Leute über mich denken könnten?"
"Also ich finde, das Gesamtbild, das du abgibst, strahlt eine gewisse wilde, kämpferische Entschlossenheit aus."
"Sehr witzig."
"Nein, im Ernst, Sanya. Das Wichtigste ist doch, dass die Königin in Sicherheit ist. Du hast den Anschlag verhindert."
Sanya schwieg einen Augenblick lang. So hatte sie die Sache noch nicht betrachtet. Die Angreifer hatten Kiana töten wollen, das stimmte. Und dieses Ziel hatten sie nicht erreicht. Aber war das wirklich Sanyas Verdienst?
"Ehrlich gesagt..." murmelte sie so leise dass es nur Mithrendan hören konnte, "...wirkte Kiana nicht so, als wäre sie wirklich in Gefahr... du hättest sehen sollen, was sie mit den Attentätern angestellt hat. Das war starke Magie, oder so etwas in der Art... und es sah so mühelos aus. Sie hat diese Leute einfach weggefegt."
"Erinnere mich, sie niemals zu verärgern," sagte Mithrendan sanft lächelnd.
Sanya schüttelte den Kopf und seufzte. "Das sieht dir ähnlich, in so einer Lage auch noch Witze zu machen."
"Tja, du kennst mich doch," sagte er und hob die Schultern. "Aber du solltest dich jetzt wieder einkriegen, Sanya, und mit mir kommen. Die Spuren sind noch frisch, und wenn wir die Drahtzieher dieses Angriffs erwischen wollen, dürfen wir nicht noch mehr Zeit vertrödeln."
"Gut," sagte Sanya und ihr Kopf ordnete sich wieder. "Packen wir es an."
Sie wollte schon losmarschieren, aber Mithrendan hielt sie sanft zurück. "Aber nicht in diesem Aufzug," sagte er und grinste.

Kurz darauf hatte Sanya wieder ihre Rüstung an; die Überreste des Kleids hatte sie den Schneiderinnen gegeben und sich mehrmals dafür entschuldigt, es ruiniert zu haben. Sie wollte keinesfalls die harte Arbeit der Bediensteten mit Füßen treten.
Mithrendan hatte sich im Hauptgang des Palastes umgesehen, der vom unteren Tor entlang einer breiten, großen Treppe direkt zu den Toren des Thronsales führte. Als Sanya dort eintraf, fiel ihr ein bekanntes Gesicht in der Gruppe von Menschen auf, die bei Mithrendan standen und von ihm befragt wurden.
"Sieh an, Lady Terelos ist hier, und noch dazu unversehrt. Wie froh ich bin," sagte Relon Deneril und lächelte warmherzig. "So wie Ihr ausseht, seid Ihr vermutlich ebenfalls hier, um die Hintergründe dieses verräterischen Angriffes auf die königlichen Feierlichkeiten aufzudecken?"
"So ist es," sagte Sanya schnell, ehe er weiterreden konnte. "Habt Ihr irgendetwas gesehen, was mir helfen könnte, die Mistkerle zu schnappen, die dafür verantwortlich sind?"
"Ich war zum Zeitpunkt der Explosion nicht im Saal," sagte der Händlerfürst nachdenklich.
"Sondern wo?" hakte Sanya sofort nach.
"Oh, nun... das ist mir etwas peinlich, aber ich hatte gerade eine der Damen aus Anórien auf einen der Balkone geführt und..."
"Schon gut, erspart mir die Details," schnitt Sanya ihm das Wort ab.
"Jedenfalls kamen drei der Angreifer zu uns auf den Balkon gestürmt, nachdem sie gegen die Türen des Sales geschleudert worden waren, die nach draußen zu uns führten. Ehe wir etwas tun konnten, hatten sie sich schon über das Geländer abgeseilt und waren außer Sicht. Aber die Seile sind, so vermute ich, noch dort!"
"Mithrendan!" rief Sanya und lief los, in den Wissen, dass ihr alter Freund ihr folgen würde. Sie sprintete in den Thronsaal und bog dann nach links ab, wo die Zugänge zu den Balkonen lagen. Dort fand sie eine der Türen offen stehend vor und trat hinaus. Deneril hatte Recht gehabt: Am Geländer aus weißem Marmor waren drei eiserne Kletterhaken eingehängt worden, an denen dicke Seile hingen.
"Hinterher," sagte Sanya und stieg über das Geländer, dann packte sie eines der Seile und rutschte geschwind daran herab, dabei verhinderten ihre Handschuhe, dass sie sich die Handinnenflächen aufrieb. Ein rascher Blick nach oben zeigte ihr, dass Mithrendan direkt hinter ihr war. Unten angekommen standen sie in den königlichen Gärten und fanden neue Spuren.
"Wenn das kein Blutfleck ist, dann hänge ich meinen Posten als Spurenleser an den Nagel," sagte Mithrendan und kniete sich neben der Stelle hin, an der die weißen, flachen Steine des Gartenwegs direkt unter dem Balkon weiter über ihnen mit einer dunkelroten, trockenen Flüssigkeit verschmiert waren.
"Hier ist noch mehr Blut," sagte Sanya und deutete den Weg entlang. "Folgen wir den Spuren!"
Sie mussten nicht weit gehen. Hinter einem großen, in rechteckige Form geschnittenen Busch fanden sie einen Mann, der in sich zusammengesunken an dem Gestrüpp hinter ihm lehnte. Er hatte bereits viel Blut verloren, das aus einer langen Schnittwunde am Bauch quoll. Es war unverkennbar einer der geflohenen Attentäter.
"Für wen arbeitest du?" wollte Sanya sofort wissen.
"Ich... hatte an die Sache... geglaubt," antwortete der Verletzte mühsam und hustete, dabei lief ihm Blut aus dem Mundwinkel. "Aber... sie haben mich einfach... abgestochen..."
"Wer?"
"Die... anderen, die... mit mir flohen..."
"Wohin sind sie geflüchtet? Was haben sie vor? Wer führt sie an?" Sanya ließ nicht locker mit den Fragen.
"Sanya, er verblutet! Ich hole einen Heiler," sagte Mithrendan und sprang auf.
"Es... ist zu spät... für mich," sagte der Attentäter und lächelte grimmig.
"Sag mir wer dahinter steckt!" wiederholte Sanya.
"Du... weißt es... bereits..." ächzte der Verletzte, dann keuchte er ein letztes Mal, und kippte vornüber.
"Verdammt!" machte Sanya ihrem Frust Luft.
"Er ist tot," stellte Mithrendan unnötigerweise fest. "Aber ganz fruchtlos war unsere Suche nicht. Nicht ehe wir ihn nicht durchsucht haben." Sofort machte er sich daran, die Leiche aufs Genauste zu filzen. Und tatsächlich fand er etwas. "Sieh mal einer an," sagte der Kundschafter und hielt Sanya ein kleines Stück Stoff hin, nicht größer als ein gewöhnliches Taschentuch.
Sanya nahm es und drehte es um. Es war hellblau, und im Zentrum war in Weiß ein Abzeichen eingestickt, das ihr vertraut vorkam: Ein weißer Schwan, die Flügel zum Flug ausgebreitet. Nein - nicht weiß. Die Stickerei war mit Fäden aus Silber vorgenommen worden...
"Dol Amroth," murmelte sie und ballte die Faust um das Stoffstück.
Mithrendan sagte nichts, sondern verschwand, um sich um die Entsorgung der Leiche zu kümmern. Sanya blieb nachdenklich allein zurück. Kiana würde schon auf sie warten, fiel ihr ein. Mit mehr Fragen als Antworten machte sie sich auf den Weg zu den königlichen Gemächern...

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Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
« Antwort #36 am: 10. Mär 2021, 16:05 »
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana Vaneryen auf den Weg in die Bäder des Palastes von Minas-Tirith…


Kiana zögerte nicht lange um die Bäder zu betreten. Glücklicherweise waren die Wasserleitungen nicht durch die Explosion beschädigt worden, sodass sie ohne Probleme ein Bad nehmen konnte. Noch immer befand sich der Schrecken in ihren Knochen. Zwar hatten schon einige Männer versucht sie zu ermorden. Doch eine Explosion hatte sie noch nicht erlebt. Viele wussten davon und doch konnte niemand diese Katastrophe abwenden. Das erste mal seit langem fürchtete sie sich um ihr Leben. Natürlich hatte sie den Mordversuch ihrer Halbschwester nicht vergessen. Aber diesmal war es etwas anderes. Beinahe wäre es Verrätern gelungen die Königin zu töten. Nur was wär dann? Das Reich wäre in Chaos versunken und alles was Kiana für die Menschen erreicht hatte, wäre mit einem Schlag vernichtet worden. Zum Glück aber war sie unversehrt. Ihre Kräfte hatten sie gerettet.
Umso wohler fühlte sie sich, als sie ihre Kleidung endlich entfernte und rasch in das warme Wasser stieg. Dass ihre Wachen anwesend waren störte sie dabei recht wenig. Sie mussten ihre Königin ja beschützen. Seufzend setzte sie sich hinunter. Die junge Maia genoss den Moment der Ruhe. Auch wenn sie gerne Sanya in ihrer Nähe gehabt hätte, bevorzugte sie dennoch die Stille. Noch immer dröhnte der laute Knall der Explosion in ihrem Kopf. Hatte sie sich zu sehr von ihr ablenken lassen? Wurde sie durch ihre Oberkommandantin leichtsinnig ? 
Nein, daran liegt es nicht, dachte sie sich. Wenn ihr was passiert wäre, hätte ich mir das niemals verzeihen können!
Nach einiger sprang sie auf, trocknete sich mit einem Tuch ab und wickelte ihren Körper in eines ein. Zügig tapste sie in ihre Gemächer. Sie hoffte dass sich Sanya noch dazu entschied zu ihr zu kommen. Sie wollte in ihren Armen liegen  und den schlimmen Tag vergessen. Noch immer hörte sie die vielen Menschen die im Palast mit den Aufräumarbeiten beschäftigt waren und sich dort tummelten, während sie die Korridore entlang ging ,begleitet von ihren Ostlingwachen. Auf dem Weg begegnete sie Loki, der gerade etwas einen jungen Burschen in die Hand drückte, der sofort los lief, nachdem der Reichsmarschall etwas flüsterte.
"Was machst du da?", fragte Kiana direkt und misstrauisch. Loki lächelte ihr nur zu und legte seine Hand auf ihre Schulter. "Du hast mir doch den Befehl gegeben, die Armee Abmarschbereit zu machen! Hörig wie ich bin, lasse ich sofort den Befehl ausführen!", antwortete er ruhig und versuchte dabei möglichst unterwürfig zu wirken.
"Ah ja…", machte Kiana nur, während ihre Stimme ziemlich hoch klang. "...Warum kümmerst du dich nicht persönlich darum?".
"Ach Kiana… Du scheinst noch ganz verwirrt zu sein… Ich kann mir vorstellen dass das alles sehr viel für dich war: Die Explosion, die Toten und deine kräfteraubenden Mächte…", erwiderte er nur und klang dabei besorgt.
"Machst du dich etwa über nicht lustig?", fragte Kiana streitlustig.
"Was? Nein!", antwortete er sofort. "Ich hatte nur Angst um dich heute, Kiana… Ich will in deiner Nähe bleiben, damit ich weiß das du sicher bist! Deshalb hab ich einen jungen Kommandanten damit beauftragt…".
"So besorgt auf einmal?", provozierte sie ihn weiter, sodass er sein Gesicht verzog. Die Königin bemerkte seine Augen, die ihren Körper betrachteten, der nur in ein dünnes Tuch gewickelt war.
"Ich möchte dir so nah sein wie ich kann! Ich will selbst für deine Sicherheit sorgen… Das ist alles...", hauchte er ihr entgegen. Kiana war leicht verwundert. Sonst war er doch noch wütend, weil seine kleine Geliebte gestorben war. Vor kurzem noch, war er in einer Laune des Streites. Nun aber, wirkte er eher begierig darauf, in Kianas Nähe sein zu dürfen? Sie berührte Lokis Gesicht mit ihrer linken Hand und strich an seiner Wange entlang. Ihr vielen die vielen kleinen Verletzungen, die überwiegend schon versorgt worden waren, auf.
"Nein, heute nicht…", entgegnete sie nur mit halb geöffneten Augen und hochgezogenen Brauen. Bevor er etwas sagen konnte, legte sie ihren Zeigefinger auf seine Lippen. "Tschhh…", machte sie nur.
Sie umarmte ihn und flüsterte dabei: "Es ist gut, dass du dich wieder zu deiner Königin besinnt hast…". Mit einem siegessicheren Lächeln ließ sie von ihm ab. Loki sah leicht verwundert drein. "Du weißt, dass ich immer auf deiner Seite stand…".
"Aber sicher doch…", entgegnete sie grinsend. Sie stellte sich auf ihren
Zehenspitzen und gab ihrem Reichsmarschall einen Kuss auf die Wange. Dann zwinkerte sie ihm zu und ging in ihre Gemächer.

Dort angekommen sah sie sich erst einmal vorsichtig um. Einige der Zofen hatten wohl schon dafür gesorgt, dass sämtliche Lichtquellen entfacht worden waren. Auch war der ganze Raum warm. Kiana setzte sich auf einen Stuhl, der vor einem Tisch stand, auf dem sich ein Spiegel befand. Sie Griff nach einer Bürste und machte damit ihr silbernes Haar ordentlich, welches sie offen trug. Die junge Maia legte ihre ganze Haarpracht auf die linke Seite, während sie sich in diesem Spiegel betrachtete. Schnell stellte sie fest, dass sie keinen einzigen Kratzer hatte. Wenn sie sich dagegen die anderen vor Augen führte. Loki hatte noch Ruß im Gesicht, hatte einige Schnitte. Selbst Sanya blutete und war verletzt.
Die Arme Sanya…, dachte sie sich. Hoffentlich hat sich jemand um sie gekümmert!.
Als sie sich weiter im Spiegel ansah, konnte sie Loki verstehen, dass er irgendwie versuchte die Nacht bei ihr zu bleiben. Immerhin war sie äußerst hübsch. Das empfand sie ja sogar selbst über ihr eigenes Abbild.
Wahrscheinlich war es mit Octavia wirklich nur ein Ausrutscher…. Loki schien sein Interesse in Kiana kaum verloren zu haben oder wenigstens wiedererlangt. Zumindest machte er es ihr die letzten Tage mehr als deutlich. Das ganze Selbstvertrauen kam spätestens durch die ganzen Komplimente auf dem Fest zurück zu ihr. So viele Männer huldigten der jungen Maia
r, wie hübsch sie doch war. Sie genoss es sehr, im Mittelpunkt zu stehen. Es gab ihr ein Gefühl von Befriedigung.
Sie fixierte ihre eigenen violetten Augen und zwinkerte der Frau im Spiegel zu. Sie erhob sich schließlich und entfernte das Tuch, in welches sie sich nach dem Bad gewickelt hatte und schlüpfte in ein dünnes Nachthemd. Ihre langen silbernen Haare band sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen.
Die Königin setzte sich auf ihr Bett und überschlug ihre Beine, bevor sie die Schriftstücke in die Hand nahm, die auf dem Bett lagen. Als sie die Papiere durchsah, musste sie wieder -auch wenn sie nicht wusste warum- an das Symbol denken, mit welchem der Bote zurückkehrte. Das Symbol, das auch Octavia als Bemalung auf dem Gesicht trug. Kiana war überzeugt davon, dass die Taten ihrer Halbschwester sicher dafür sorgten, dass andere auf dumme Gedanken kamen und eine gewisse Inspiration darin sahen. Die einzige Frage die sie sich stellte war, warum ausgerechnet der Bote mit diesem Symbol zurückkehrte. Was hatte das zu bedeuten?
Die Königin legte die Schriftstücke wieder an die Seite und rieb sich erschöpft die Schläfen. Dann  vernahm sie ein vorsichtiges Klopfen an der Tür.
"Ja, was ist?", rief sie äußerst unfreundlich, weil sie eigentlich mit niemanden rechnete und niemanden sehen wollte. Als die Tür geöffnet wurde, betrat Sanya das Gemach und wirkte dabei mit gesenktem Kopf mehr als unterwürfig. Ihr Gesicht war noch voller Blut und wies Spuren des Kampfes auf. Sie war wieder in ihrer Rüstung gekleidet.
"Verzeih mir, wenn ich dich noch stören muss, Kiana…", fing Sanya vorsichtig an. Kianas ernster Gesichtsausdruck veränderte sich in einen sanften. "Ach Sanya! Du störst doch nicht! Niemals!", sagte sie mit einem Lächeln auf ihren zarten Lippen.
"...Wir haben einen der Angreifer gefunden… Er wurde leider von seinen eigenen Leuten erstochen, sodass er starb und wir keine Informationen mehr aus ihm herausbekommen haben… Aber er hatte das bei sich!", fuhr die Oberkommandantin fort.  Dabei hielt sie Kiana etwas hin, das die Königin neugierig in die Hand nahm. Es war ein Stofffetzen. Auf dem ersten Blick nicht interessant. Kiana betrachtete es argwöhnisch. Als sie es ausbreitete, geriet ihr Atem fast ins Stocken. Es zeigte einen Schwan, der seine Flügel ausgebreitete. Die Königin kannte das Symbol zu gut. Es war das Wappen von Dol-Amroth, welches auch König Imrahil führte.
"Das kann nicht sein…", sagte sie entsetzt vor sich hin. Für sie konnte es dafür nur eine Erklärung geben. Das Haus von Imrahil war ausgelöscht , bis auf eine Person: Sein Bruder Galador, der ihr Berater war und sie am Ende verriet. Als sie ihn gefangen nehmen ließ, befreite Thirak ihn und floh mit ihm wohin auch immer. Galador musste dahinterstecken.
"Der Bruder von Imrahil muss dahinter stecken!", behauptete Kiana hektisch. "Du wirst  sicher schon früher von ihm gehört haben… Galador war der ungeliebte Bruder Imrahil, von dem er sogar fast hingerichtet worden wäre, sodass er an meine Seite gelangte…".
Kiana machte eine kurze Pause und goss sich etwas Wasse ein und nahm einen kleinen Schluck. Mit dem Kelch in der Hand wandte sie sich wieder Sanya zu. "...Er entschied sich am Ende lieber dafür zu seiner Familie zu halten und verriet mich, obwohl ich ihm so viel gegeben hatte… Das lustige, wobei eher traurig, ist dass er kurz zuvor seinen Freund Saruman verraten hatte, der einen Komplott gegen mich geplant hatte…".
Sanya wirkte, als hörte sie der Königin gespannt zu. Kiana gefiel es. "...Allerdings ist es für mich sehr schwer vorstellbar… Warum sollte er in Gondor sein? Es wäre mehr als gefährlich… Irgendjemand hätte ihn sehen müssen…", ergänzte sie stutzig.
"Vielleicht ist er woanders und bezahlt von dort aus andere. Er muss ja nicht selbst agieren!", entgegnete Sanya.
"Vermutlich hast du recht…", erwiderte Kiana seufzend, "...Er ist ein gefährlicher Mann… Wenn er dahinter steckt, wirst du es herausfinden!".
Die Königin erkannte das schiefe Lächeln ihrer Oberkommandantin. Kiana stellte den Kelch auf einen kleinen Tisch und ging einige Schritte auf Sanya zu.
"Dir wurden deine Wunden nicht nicht versorgt?", fragte Kiana leicht verärgert, aber trotzdem noch liebevoll. "Was frage ich auch… So eifrig wie du bist, konntest du es wohl kaum abwarten, die Angreifer zu schnappen!".
"Ich habe versagt… Es wäre ihnen fast gelungen dich zu töten und das hätte ich mir niemals verzeihen können!".
Kianas Lippen lächelten ihr sanft zu. Sie nahm die Hände Sanyas in die ihrigen. "Aber es war nur fast! Ich kann zwar nicht mehr gut mit einem Schwert umgehen, aber ich habe noch immer meine Kräfte! Ich meine, ich bin eine Maia!".
"Ich hätte es trotzdem besser wissen müssen…".
"Lass dir dein Herz nicht von solchen Gedanken verdunkeln! Ich brauche es noch!", deutete Kiana ihre gestandene Liebe zu Sanya an. Sie spürte wieder das verlangen, sie küssen und spüren zu wollen. Gleichzeitig kannte sie Sanyas wahre Gefühle noch immer nicht, wagte sich aus Scham aber auch nicht nachzufragen. Deshalb hoffte sie einfach, dass sie die Worte Kianas vergessen hatte und fing ein anderes Thema an.
"Ich werde schon sehr bald nach Arnor aufbrechen müssen… Ich muss das Land wieder unter meiner Herrschaft haben und die bestrafen, die Schrecken und Terror verbreiten… Ich werde einen großen Teil meiner Armee mit mir führen… Aber es werden genug Soldaten hier sein, um die Ordnung zu halten…"., sagte Kiana um von ihren eigentlichen Gefühlen abzulenken.
"Wie hast du das denn vor?", wollte Sanya wissen.
"Die Menschen von Arnor haben ihr Schicksal selbst gewählt… Das Feuer wird das Land reinigen…", sagte Kiana.
"Was ist mit denen, die keine Wahl haben, die Unschuldigen?".
"Keiner ist unschuldig! Sie hätten die Rebellen nicht akzeptieren müssen… Wenn der Himmel über sie hereinbricht, werden sie wissen, wen sie das zu verdanken haben!", entgegnete die Königin entschlossen. "Du wirst hier bleiben… Ich kann es nicht riskieren, dass dir etwa zu stößt… Das heute war schon…".
Kiana setzte sich stöhnend auf ihr Bett, bevor sie weitersprach. "...Das heute war schon schlimm genug… Ich hatte Angst um dich…".
"Aber es ist doch meine Aufgabe dich zu beschützen! Dafür habe ich mein Eid geleistet!", sagte die Oberkommandantin rasch.
"Das schon… Wahrscheinlich bist du auch die einzige in diesen Zeiten, die ihren Eid wirklich ernst nimmt… Aber umso mehr Zeit ich mit dir verbringe, desto mehr Angst habe ich.. Angst, dass dir etwas zustößt… Angst dich zu verlieren… Angst vor dem, was noch passieren wird...", erklärte die Königin. Ehe Sanya antworten konnte, ergriff Kiana wieder das Wort, während sie sich die Stirn rieb. "Nein! Bitte sag nichts!".
Sie ließ sich rücklings auf das Bett fallen und rutschte hoch zu ihrem Kissen. Sie bedeckte ihre inzwischen ausgekühlten nackten Beine mit ihrer Decke und klopfte neben sich auf das Bett.
"Komm lieber her zu mir und Wärme deine Königin… Der Tag war anstrengend und ich will dich spüren, Sanya!".
Sanya schien nicht lange zu zögern, entfernte ihre Rüstung und hüpfte zu Kiana in das Bett. Die junge Maia bedeckte ihre Oberkommandantin ebenfalls mit ihrer Decke und schmiegte sich an ihr. Endlich verspürte sie wieder das warme Gefühl, dass in ihr aufstieg, wenn sie bei Sanya war. All die negativen Gedanken verschwanden aus ihrem Kopf und sie konnte entspannen. Sie streckte sich zu Sanya, um sie ein paar mal zu küssen und die Ereignisse des Tages ertragbar zu machen…


Kiana Vaneryen in ihrem Gemach…
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Saizo

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Minas Tirith
« Antwort #37 am: 15. Mär 2021, 13:45 »
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya lag noch eine ganze Weile wach, auch nachdem Kiana bereits eingeschlafen war. Nach den Dingen, die am vergangenen Tag geschehen waren, bekam sie so schnell kein Auge zu. Und außerdem hatte ihr das, was die Königin gesagt hatte, schon länger zu denken gegeben.
Sie spricht immer wieder von Liebe, dachte Sanya, Aber kann das wirklich die Wahrheit sein? Sie nahm sich vor, Kiana bei der nächsten Gelegenheit darauf anzusprechen. Es würde ein wichtiges Gespräch werden, da war Sanya sich sicher. Nur - wann würde diese Gelegenheit kommen? Das königliche Heer würde bald aufbrechen, und bis nach Arnor war es ein weiter Weg, selbst wenn man auf einem Drachen flog. Und Kiana hatte Sanya nicht gebeten, sie zu begleiten, woraus Sanya ableitete, dass die Königin von ihr erwartete, dass sie in Gondor blieb und den Machenschaften des Silbernen Schwans endlich ein Ende setze, so wie es die Pflicht verlangte.
Sanya kletterte vorsichtig aus dem Bett, um ihre Herrin nicht zu wecken, und setzte sich ans Fenster. Von draußen schien der Vollmond herein, der hoch über der Weißen Stadt stand und auf sie herab blickte. Die weißen Mauern und Türme spiegelten das Licht wider und verliehen der Stadt ein geheimnisvolles Funkeln. Irgendwo dort draußen treibt sich dieser Mistkerl herum, dachte Sanya. Das Gesicht ihres Feindes tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Wie bei ihrer letzten Begegung in Anórien lächelte er sie herzlich an, doch Sanya wusste, dass er sie damit nur täuschen wollte. Jemand, der vor Mord und Terror nicht zurückschreckte, konnte kein guter Mensch sein.
Ein kleiner Rest Zweifel blieb, tief in ihrem Gedanken vergraben, was den Silbernen Schwan anbelangte. Sanya seufzte und zog sich an. Sie wusste einfach noch nicht genug über den Anführer der Aufständischen, um ihn richtig einschätzen zu können und seine Pläne zu durchschauen. Als sie ihren Gurt umgelegt hatte, traf sie eine Entscheidung. Sie würde die Spur nicht länger kalt werden lassen. Auch wenn es ihr einen Stich ins Herz versetzte, spürte sie dennoch, dass es die richtige Entscheidung war. Sie warf einen Blick auf die schlafende Kiana, dann ging sie zum Schminktisch der Königin hinüber und begann, einen Brief zu schreiben.

Kiana,

Wenn du dies liest, bin ich mit Mithrendan bereits losgezogen, um dem Aufstand, der dich beinahe das Leben gekostet hätte, ein Ende zu bereiten. Ich habe zu lange gezögert und vielleicht ist die Spur bereits erloschen, aber ich muss es wenigstens versuchen, das bin ich dir und dem Reich schuldig. Ich weiß, dass du dir wünschst, dass ich die Verräter in Gewahrsam nehme und dass ich deshalb nicht mit dir nach Arnor ziehen soll. Ich bin mir sicher, dass du auch ohne meine Hilfe im Norden Erfolg haben wirst, aber ich bitte dich dennoch um Vorsicht. Unterschätze diese Rebellen nicht. Sie haben Fornost eingenommen und einen Legaten besiegt. Ich glaube, du wirst auf heftigen Widerstand stoßen, aber ihn mithilfe deiner treuen Soldaten überwinden können.

Ich habe unsere gemeinsame Zeit genossen, Kiana. Wenn wir einander wiedersehen, sollten wir uns in Ruhe darüber austauschen, wie wir zueinander stehen. Ich für meinen Teil kenne meine Aufgaben und werde sie im besten Interesse des Reiches und seiner Königin versuchen zu erfüllen. Ich werde alle Befehle befolgen die du für mich hast und dir treu dienen, das schwöre ich bei meiner Ehre.

Sanya Terelos

Unter ihren Namen setzte Sanya das Siegel ihres Hauses; eine uralte Elbenrune, die für die Buchstaben T-R-L-S stand. Dann warf sie sich ihren schwarzen Umhang um die Schultern und öffnete die Tür des königlichen Gemaches. In diesem Moment regte sich Kiana im Schlaf, und Sanya erstarrte, doch die Königin erwachte nicht. Sanya gab sich einen Ruck und trat hinaus auf den Gang, wo die beiden dort postierten Ostlinge sie ausdruckslos musterten, sie jedoch nicht aufhielten. Sie schenkte beiden ein knappes Nicken, dann schloss sie die Tür und machte sich auf die Suche nach Mithrendan.

Sie fand ihren alten Freund in den Häusern der Heilung, nachdem sie einige Soldaten nach Mithrendan gefragt hatte. Er hatte sich bereit erklärt, den Heilern bei der Verpflegung der vielen Verletzten des Anschlags ein wenig zur Hand zu gehen. Sanya war nicht überrascht, Mithrendan zu so später Stunde noch immer bei der Arbeit vorzufinden. Sie betrat den zentralen Gebäudekomplex der Heilhäuser und entdeckte Mithrendan dabei, wie er einen großen Stapel Verbände in Richtung des Lazaretts auf der Rückseite des Gebäudes schleppte. Kurzerhand nahm sie ihm die Hälfte des Stapels ab und half ihm bei der Lieferung, dann nahm Sanya ihn beiseite, damit sie ungestört reden konnten.
"Noch auf den Beinen zu so später Stunde?" wollte Mithrendan wissen.
"Ich habe schon genug geschlafen," entgegnete Sanya. "Es wird Zeit, dass wir uns wieder auf die Jagd nach dem Schwan machen."
"Oho! Hast du also genug von der geruhsamen Gesellschaft der Königin, hm?" Selbst im Zwielicht konnte Sanya Mithrendans belustigtes Lächeln sehen.
"Sehr witzig. Du weißt genau, dass die Spur kalt werden wird, wenn wir ihr nicht folgen."
"Das habe ich bereits, wenn du es wissen willst," sagte Mithrendan. "Als du in den Palast gegangen bist, habe ich mich in den Gärten genauer umgesehen und..."
"Nun spuck's schon aus, Mithrendan."
"Wusstest du, dass man aus den Gärten durch eine unscheinbare Hintertür direkt in die königlichen Ställe gelangen kann? Das haben unsere Attentäter getan, und sie haben zwei Meldereiter überfallen und bewusstlos geschlagen. Ich habe die beiden Burschen gefesselt und geknebelt hinter einem großen Heuhaufen im Keller der Ställe gefunden. Sie konnten mir die Angreifer beschreiben und haben sogar gesehen, welche Pferde die beiden mitgenommen haben."
Sanya war beeindruckt und schöpfte neue Hoffnung. "Also suchen wir nach zwei Verrätern, die sich als Meldereiter ausgeben? Weißt du zufällig auch, wohin sie geritten sind?"
"Nach Süden. Die Torwächter haben zwei Reiter passieren lassen, auf die die Beschreibung passt. Einer der beiden hat einen dicken, buschigen Bart, einen roten. Der andere ist unauffälliger, bis auf eine kleine Narbe auf der linken Wange. Wenn wir noch heute losreiten, können wir ihnen bestimmt folgen."
"Ich wette, sie sind auf dem Weg nach Dol Amroth," überlegte Sanya, während sie losmarschierte, gefolgt von Mithrendan. "Erinnerst du dich an den Stofffetzen, den wir gefunden haben?"
"Ja, aber der Schwan der darauf abgebildet war, war weiß und nicht silbern," sagte Mithrendan, als sie gerade die Häuser der Heilung verließen.
"Die Königin vermutet, dass Galador von Dol Amroth dahintersteckt..."
"Ist er nicht seit der Sache in Minas Tirith verschollen?"
"Ja... aber er scheint noch am Leben zu sein. Trotzdem..."
"Was ist, Sanya?"
"Ich habe den Mann gesehen, der in Anórien behauptet hat, der Silberne Schwan zu sein, und ich denke nicht, dass er gelogen hat. Aber das war nicht Galador. Er war deutlich jünger..."
"Villeicht ein Untergebener. Oder die Königin irrt sich in ihrem Verdacht," überlegte Mithrendan.
"Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen," beschloss Sanya. "Falls Galador wirklich dahinter steckt, sollte er besser ein Auge auf den Himmel über ihm haben. Die Königin wird bald nach Norden reiten..."
"Auf ihrem Drachen?"
"So ist es," bestätigte Sanya. "Falls Galador sich in Arnor versteckt, steht er vielleicht auch mit den dortigen Rebellen in Verbindung..."
"Also führt der Weg unserer Königin nach Norden, während wir uns nach Süden wenden," bemerkte Mithrendan. Mittlerweile waren sie vor den Stallungen angekommen und ließen sich zwei frische Pferde geben.
"Es ist nicht zu ändern," sagte Sanya leise.
Mithrendan kletterte in den Sattel und warf ihr einen verwunderten Blick zu. "Klingt ja fast, als ob dich das stören würde." Er grinste frech.
"Behalte deine Gedanken besser für dich," sagte Sanya drohend und stieg ebenfalls auf ihr Pferd. "Los jetzt! Die Nacht ist schon halb vorbei, und unsere Beute hat einen großen Vorsprung!"
Sie preschten los und ließen Minas Tirith bis auf Weiteres hinter sich, um der Straße in Richtung Dol Amroth zu folgen.

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Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
« Antwort #38 am: 16. Mär 2021, 21:02 »
Minas-Tirith, weiße Festung (Gondor)
Kiana im Palast der weißen Festung…


Die warmen Sonnenstrahlen kitzelte Kianas Nase und ließ sie so von ihrem langen erholsamen Schlaf erwachen.  Sie hatte tief und fest geschlafen. Ihre Träume waren ruhig. Gähnend streckte sie sich in ihrem Bett aus. Der Königin ging es an diesem Tag besonders gut. Gerade wollte sie seitlich greifen und Sanya davon erzählen, ihr sagen wie froh sie war die Frau an ihrer Seite zu haben, da stellte sie fest, dass Sanya gar nicht mehr neben ihr lag. Sie erhob ihren Oberkörper und sah sich in ihrem Gemach um, aber die Oberkommandantin war nirgends zu sehen. Enttäuscht verschränkte sie ihre Arme und lehnte sich an das Kopfende des Bettes. Die junge Maia seufzte. Wahrscheinlich war sie nur früh auf den Beinen und wollte sich vergewissern, dass auch keine Bedrohung mehr in der Nähe gewesen war.
Es klopfte an der Tür und riss Kiana kurzzeitig aus ihren Gedanken. Das muss Sanya sein!, machte sie sich selbst Hoffnungen. "Ja, tritt ein!". Dabei setzte sie sich auf.
Als die Tür sich öffnete, betrat nicht Sanya den Raum, sondern Loki mit gesenktem Kopf, der einige Briefe in seinen Händen hielt. Wieder enttäuscht ließ sie sich auf ihr Bett fallen.
"Du siehst nicht zufrieden aus, Kiana.", fing er besorgt an. "Hast du etwa jemanden anders erwartet?".
"Ja!", entgegnete sie energisch und kurz. Natürlich wollte sie, dass Sanya zurück in ihr Gemach kam.
"Auf wen wartest du denn dann?".
Zunächst zögerte sie. Kiana wusste genau, dass Loki es sich denken konnte.
"Wo ist Sanya?", fragte sie diesmal direkt.
"Ach Sanya… Sie ist schon in der Nacht abgereist, wie ich von den Wachen hörte…".
"Was du alles weißt…", erwiderte sie genervt und zog eine Augenbraue hoch.
"Ich muss ja bestens informiert sein, um dich zu beschützen!", sagte er grinsend. Sie beobachtete nur, wie sich Loki über ihren Schminktisch beugte. Neugierig versuchte sie zu sehen was er dort machte. Unter ihm lag nur ein Stück Papier.
"Vielleicht steht es ja hier…", sagte er plötzlich. Sofort sprang Kiana auf und eilte zu Loki. So schnell sie konnte schnappte sie sich das Schriftstück und las es sich durch. Es war wirklich ein Brief Sanyas. Sie sprach davon, dass sie Die Zeit mit der Königin sehr genossen hatte und den silbernen Schwan ein für alle mal erwischen wollte, damit Kiana endlich sicher war. Sie seufzte und ließ sich wieder auf das Bett sacken.
"Was ist?", fragte Loki. "Stimmt etwas nicht?".
Kiana schüttelte nur den Kopf. Eigentlich hoffte sie darauf, dass Sanya sie in den Norden begleitete. Sie wollte ihre Oberkommandantin in ihrer Nähe wissen. Doch nun war sie einfach verschwunden. Genau wie Thirak damals bei. Wieder presste sie einen deutlichen Seufzet hervor, denn sie war mehr als beunruhigt und unzufrieden. Vor allem ,aber, wusste sie nicht wie sie mit derartigen Gefühlen umgehen sollte.
Rede dir nichts ein,dachte sie sich. Sie sagt doch dass sie weg ist um den silbernen Schwan zu fangen! Also brauche ich mir keine Sorgen machen!
Sie sah zu Loki auf, der sie die ganze Zeit mit seinen Augen fixierte.
"Außerdem ist Legat Fenrist aus Mordor  hier…", fing Loki an zu erzählen, "...Es gibt wohl beunruhigende Nachrichten aus Mordor…".
Noch mehr schlechte Neuigkeiten? Waren die Rebellen im Norden und die Aufstände in Gondor nicht genug? Sie war all den Ärger Leid. Vor Zorn ballte sie ihre Faust und erhob sich. Die Königin zog ihr Nachthemd aus um schnell in ihr schwarzes Kleid zu hüpfen. Ihr war es klar, dass Loki sie dabei ganz genau beäugte.
"Sag dem Legaten…", sagte sie stöhnend, während sie ihre Kleidung anzog, "...Dass ich ihn gleich im Thronsaal erwarten werde…".
Als sie endlich ihr Kleid an hatte, bemerkte sie, dass Loki noch immer dort an der Tür stand und starrte.
"Was ist? Wird es bald?", befahl sie ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Nachdem sie diese Worte sagte, dauerte es nicht lange und Loki verschwand.
Kopfschüttelnd und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nahm sie noch einmal den Brief Sanyas in ihre Hände. Sorgfältig las sie ihn nochmal durch. Ihr fiel vor allem eine Zeile auf. Wenn wir einander wiedersehen, sollten wir uns in Ruhe darüber austauschen, wie wir zueinander stehen, las sie die Stelle in ihrem Kopf mehrere male durch. Was meinte sie damit? Wollte sie klar stellen, dass sie für Kiana nicht das gleiche fühlte? Oder wollte sie ihr doch auch ihre Liebe gestehen?
Beide Gedanken verursachten ihr Bauchschmerzen. Sie entschied sich aber in den Thronsaal zu gehen und endlich den Legaten von Mordor zu treffen. Ablenkung würde ihr sicher gut tun. Außerdem musste sie sich um die Belange ihres Volkes kümmern. Sie war immerhin die Königin.

Schnell lief sie in den Thronsaal. Dort warteten auch schon Legat Fenrist zusammen mit Loki. Der Theonsaal befand sich noch weiter in Reperatur, die streng von Soldaten bewacht wurde. Fenrist war anders als die übrigen Ostlinge der Armee. Er trug sein Haar nicht ganz kurz. Auch hatte er im Gegensatz zu den übrigen Ostlingen keine braunen sondern blaue Augen. Kiana stand vor dem deutlich größeren Mann und begrüßte ihn sanft auf Ostron, der die Begrüßung mit einer Verbeugung erwiderte.
"Ich hoffe ihr hattet eine angenehme Reise und einen ehrbaren Empfang, Legat Fenrist…", fing Kiana an. "...Ihr seid sicher nicht umsonst persönlich nach Minas-Tirith gekommen um mit mir zu sprechen…".
"Danke, meine Königin, alles verlief nach meiner besten Zufriedenheit! Auch stellt es mich zufrieden, euch wohlauf zu sehen, nachdem ich von der Barbarei hörte, die hier passierten… Wäre ich hier gewesen, hätte ich es verhindert! Umso mehr schäme ich mich, dass es meinen Brüdern nicht gelungen ist…", entgegnete Fenrist und senkte dabei sein Haupt.
"Da bin ich mir sicher!", sagte Kiana, "Aber meine liebste…Ähm…". Die Königin räusperte sich bevor sie fortfuhr. "...Eine meiner treuesten Kommandantinnen ist den Attentätern auf der Spur…".
"Nicht einer der Ostlinge?".
"Nein…", zog Kiana das Wort in Länge.
"Es sollte einer meiner Brüder sein… Am besten ich selbst…", sagte er sofort.
"Ich weiß euren Ehrgeiz zu schätzen, Fenrist! Ihr gehört zu meinen fähigsten Kämpfern… Habt Grauer Staub in der Schlacht von Carn-dûm gerettet, habt euch in der Schlacht von Minas-Tirith bewiesen!", erwiderte Kiana und schnappte sich seine Hände. "Ihr müsst für mich in Mordor sein, da ihr derjenige seid, der dafür gemacht ist es zu verwalten!".
"Was Mordor angeht…", schnaubte der deutlich größere Krieger, "...Die alten Meister aus Harad haben unsere Karawanen angegriffen…".
Kiana zuckte fast zusammen, als sie die Worte hörte. Lange hatte sie nichts mehr von den Meistern gehört, seit sie aus Umbar abgereist war.
"Die Meister aus Harad? Seid ihr euch da sicher?", bohrte sie nach. Der Legat nickte ihr zu. "Das kann nicht sein…", sagte sie leise vor sich hin.
Das muss daran liegen, dass Loki aus Umbar gegangen und einen Großteil der Armee hierher verschifft hat…, dachte sich die junge Maia verärgert. So gerne wollte sie ihm schimpfende Worte an den Kopf werfen. Doch sie versuchte ruhig zu bleiben. Sie wandte sich mit einem Lächeln an Fenrist.
"Seht ihr… Genau deshalb braucht Mordor euch! Ich werde dafür sorgen, dass ein Teil der Armee zur Unterstützung mit euch reisen wird… Außerdem werde ich dafür sorgen, dass ihr genug Mittel zu Bekämpfung der Aufständischen aus Harad habt!", sagte sie sofort. "Ich möchte dass ihr euch sofort darum kümmert… Die Meister müssen vernichtet werden…".
"Aber… Ich habe versagt…", wollte er gerade sagen, doch Kiana unterbrach an. "Tscht!", machte sie nur und stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. "Die Meister aus Harad sind unser Feind! Sie haben dich und deine Brüder versklavt und das einzige was zählt ist, dass sie bekämpft werden!", sagte sie energisch. "Du solltest dich am besten sofort auf dem Weg machen!".

Der Mann verneigte sich vor ihr und stampfte hinaus. Kiana sah ihm noch eine Weile hinterher, bis sie bemerkte, dass Loki von einem Boten einen Brief in die Hände gedrückt bekam. Skeptisch sah die Königin zu ihm rüber, denn Loki sah nicht besonders begeistert davon aus, was in diesem Brief stand. Rasch lief sie zu ihm.
"Was ist?", sagte sie äußerst grob.
"Ich weiß nicht ob du jetzt…", sagte Loki gerade, da versuchte Kiana ihm den Brief aus den Händen zu reißen, aber der Reichsmarschall wollte nicht locker lassen.
"Gibst du mir jetzt den Brief?", fauchte sie ihn an. "DAS IST EIN BEFEHL!".
Dabei wurde sie lauter, sodass ihre Stimme im ganzen Saal hallte. Seufzend überließ er ihr endlich das Schriftstück und hielt seine seine Hand vor dem Gesicht. Kiana beäugte ihn noch kopfschüttelnd. Als sie sich dem Brief zuwandte, konnte sie ihren Augen nicht trauen. Er trug das Siegel des Hauses Stark. Jene Familie, die damals vor der Herrschaft Kianas, Angmar beherrschten. Unterzeichnet war we von Lynn Stark. Schnell und aufgeregt las sie sich die Worte durch, die von einer Bedrohung für Angmar und demi gesamten Norden sprach. Es ging um ein Mädchen, die außergewöhnliche Kräfte besaß und damit ganze Armeen vernichtete. Sie sollte darauf aus sein zuerst die Krone Arnors, Angmars und dann des gesamten Reiches von Mittelerde zu bekommen. Kiana blieb die Spucke im Hals stecken. Octavia Sagitta, die Tochter Thurions versucht Schrecken im Norden zu verbreiten, hieß es an einer Stelle. Octavia ? Am leben? Doch wie kann das sein? Hatte sie den Sturz doch überlebt?
In Kianas Kopf waren so viele Fragen. Sie bekam ein drückende Gefühl in sich drinnen. Nicht nur weil es eine neue Gefahr für sie selbst war, sondern auch weil sie an ihre frühen Jahre denken musste. Die Jahre an denen ihre Kräfte zum Vorschein kamen und andere sie für ein Monster hielten ließ. In gewisser Weise bekam sie etwas Mitleid. Doch für sie stand das Reich im Vordergrund. Aber auch ohne eigene Macht, die dadurch gefährdet war.
Niemand außer ich darf solche Kräfte besitzen! Alle anderen würden sie nur für sich selbst missbrauchen!, dachte sie sich und schlug den Brief Loki vor die Brust, der schnaufend zusammen zuckte.
"Da hat deine kleine Freundin wohl doch überlebt…", sagte sie und klang dabei streitlustig. Deshalb antwortete Loki vermutlich nicht.
"Du hast wohl gelesen, was mit ihren Kräften ist… Ich hatte von Anfang an recht… Sie wird behaupten Anspruch auf den Thron zu haben und mich verdrängen wollen…".
"Kiana, das stimmt doch nicht… Sie ist nun mal deine Schwester…", entgegnete Loki besorgt.
"Es spielt keine Rolle, welche Kräfte sie besitzt, oder wer sie ist… Arnor soll in Flammen aufgehen…", machte sie erbost deutlich. "Sorg dafür, dass die Armee heute noch abmarschbereit ist…".
"Aber Kiana…".
Mit ihrem Blick verdeutlichte sie die Ernsthaftigkeit ihrer Entscheidung. Loki senkte nur den Kopf.
"Gut, ich werde mich dann auch…".
"Nein, du wirst hier bleiben!", befahl sie direkt. "Du bist der Reichsmarschall und musst mich vertreten… Auch wenn es mir fast widerstrebt…".
"Kiana du weißt, dass ich dich nicht enttäuschen würde…".
Die Königin zog ihre rechte Augenbraue hoch und sah ihn misstrauisch an. Eigentlich war sie sich sicher, dass sie Loki vertrauen konnte. Doch wenn es um Octavia ging, war sie sich skeptisch.
Erbost lief Kiana aus dem Thronsaal hinaus und hörte dabei die letzten Worte Lokis nicht mehr wirklich, der ihr noch hinterher rief, Sanya über den neuen Vorfall durch einen Boten zu informieren. Kiana war nur noch froh, wenn der Alptraum endlich ein Ende Hatte und das Reich im Frieden unter Kiana bestehen konnte.


Kiana im Palast von Minas-Tirith…

« Letzte Änderung: 5. Aug 2021, 21:57 von >Darkness< »
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Re: Gondor
« Antwort #39 am: 29. Mär 2021, 16:51 »
Dol Amroth (Gondor)



Sanya und Mithrendan erreichen Dol Amroth...

Sie waren der Fährte entlang der großen Straße von Minas Tirith durch den gesamten östlichen Teil von Gondor gefolgt, bis sie ihr Weg wieder zurück nach Dol Amroth geführt hatte - dort, wo der ganze Ärger mit dem Silbernen Schwan einst angefangen hatte. Unterwegs waren die beiden Männer, die Sanya und Mithrendan verfolgten, ihnen immer ungefähr einen halben Tagesritt voraus gewesen, doch zum Glück waren sie nicht ein einziges Mal von der Straße abgewichen und immer wieder fanden Sanya und Mithrendan Augenzeugen, die sich an die beiden Verdächtigen erinnerten und gesehen hatten, in welche Richtung sie sich davongemacht hatte.
"Tja, da wären wir also wieder," sagte Mithrendan als er aus dem Sattel stieg. Sie hatten das große Tor der mächtigen Stadt durchquert und waren direkt dahinter rechts abgebogen, um in einen großen Hof zu gelangen. Hier befanden sich die öffentlichen Stallungen. Sanya wusste, dass die berühmten Ritter von Dol Amroth weiter oben in der Stadt noch einige Ställe besaßen, doch sie war bislang nicht dort gewesen.
"Halt' die Augen offen," sagte sie und folgte gleich ihrem eigenen Rat, indem sie sich aufmerksam umschaute. "In einer so bevölkerten Stadt wird es nicht leicht sein, unsere zwei Verdächtigen aufzuspüren."
"Vielleicht sollten wir uns aufteilen," schlug ihr alter Freund vor. "Du könntest den hiesigen Legaten um Unterstützung bitten. Immerhin ist hier in Dol Amroth eine starke Garnison stationiert. Wenn die Jungs alle dabei helfen, die Augen offen zu halten, werden wir die Kerle bestimmt bald aufgespürt haben."
"Gute Idee," meinte Sanya nachdenklich. "Und was wirst du in der Zwischenzeit tun?"
"Das, was ich am besten kann," grinste Mithrendan und verschwand durch eine nahgelegene Türe. Als Sanya sich das Gebäude ansah, in das er gegangen war, verdrehte sie nur seufzend die Augen. Es handelte sich um eine Taverne.

Während Sanya die Straßen von Dol Amroth hinauf in Richtung des Fürstenpalastes ging, dachte sie über ihre aktuelle Lage nach. Mithrendan würde sich wie immer perfekt unter das einfache Volk mischen und so an seine Informationen kommen. Sie beneidete ihn gleich aus zwei Gründen deswegen: Einerseits wegen seiner Lockerheit und Fähigkeit, Menschen einfach so zu durchschauen und kennenzulernen, und andererseits, weil Sanya wenn sie ehrlich war, am liebsten mit ihm gegangen wäre. Die königlichen Legaten hatten etwas an sich, das sie nicht genau beschreiben konnte, das ihr aber immer wieder einen kalten Hauch den Rücken herunter laufen ließ.
Sie stapfte die Stufen zum großen Eingangsportal des Palastes hinauf und zeigte den Soldaten, die dort Wache hielten, ihr Rangabzeichen, damit man sie hindurch ließ. Wie bei ihrem letzte Besuch im Palast fand Sanya den Ostling-Legaten in seinem Arbeitszimmer vor, das hinter dem großen Schreibtisch durchs Fenster einen guten Blick auf die Bucht von Belfalas und das Meer bot.
"Was gibt es?" fragte der Ostling knapp und musterte Sanya abwartend.
"Ich benötige Eure Hilfe, Legat," stellte Sanya klar. "Wir sind auf der Suche nach zwei Verdächtigen, die an dem Anschlag auf unsere Königin beteiligt waren."
"Natürlich," sagte der Legat und verzog keine Miene.
Sanya gab ihm die Beschreibung der beiden Gesuchten und bat den Legaten, diese an seine Soldaten weiterzuleiten. Sie sollten den Befehl bekommen, die Verdächtigen lebend zu fassen und in den Kerker zu werfen.
"Wäre das dann alles?" wollte der Legat anschließend wissen, nachdem er den Befehl bestätigt hatte.
"Ja," sagte Sanya sofort. "Vielen Dank für die Unterstützung."
"Natürlich," wiederholte der Ostling erneut. Dann senkte er den Blick und konzentrierte sich wieder auf die Dinge, die auf seinem Schreibtisch ordentlich aufgestapelt waren. Sanya wusste, dass sie damit aus der Audienz entlassen war.

Als sie den Palast gerade verlassen wollte, kam ihr ein Mann entgegen.
"Lady Terelos? Das ist aber eine schöne Überraschung!"
Sanya musste sich sehr zusammenreißen um nicht frustriert zu klingen. "Meister... Deneril." presste sie hervor. "Was tut Ihr hier in Dol Amroth? Seid Ihr mir etwa gefolgt?"
"Mitnichten!" Deneril lachte auf nervtötende Weise. "Ich brach direkt nach der königlichen Feier zu den Häfen von Minas Tirith auf, wo ein Schiff auf mich wartete und mich hier in die Stadt der Schwäne brachte. Ihr wisst schon, Geschäfte, Geschäfte... das Leben eines Händlers steht niemals still! Ich bin gewiß vor Euch hier eingetroffen. Gerade wollte ich mit dem guten Legaten sprechen, ob er sich nicht überlegen könnte, die Zölle am Hafen unten ein wenig... zu senken. Wir alle hätten etwas davon! Diese Stadt befindet sich im wirtschaftlichen Aufschwung, und das wollen wir doch nicht bremsen, nicht wahr? Die Königin - möge sie lange und gerecht über uns herrschen - möchte doch, dass es den Menschen besser geht, und ich kann ihr helfen, dafür zu sorgen. Wenn ich meine Waren günstiger zu den Städten Gondors bringen kann, dann kann ich die Preise senken und mehr Menschen können sie sich leisten. Das versteht Ihr bestimmt, Lady Terelos, da Ihr so eine kluge Frau seid. Oh! Da fällt mir ein, wenn Ihr schon in Dol Amroth seid, besucht mich doch in meinem Handelskontor, unten am Hafen! Natürlich erst nach meiner Verhandlung mit dem Legaten, versteht sich. Ich könnte Euch ein paar wundervolle Dinge zeigen und Euch natürlich einen Freundschaftspreis dafür anbieten... das Kleid, das Ihr bei der königlichen Feier getragen habt war wundervoll, aber wenn Ihr erst die Gewänder gesehen habt, die ich dort unten bereitgestellt habe..." Er machte eine ausschweifende Geste mit der linken Hand und seufzte wohlig. "Ihr würdet atemberaubend darin aussehen, meine Gute. Versprecht mir, dass Ihr vorbei schauen werdet, ja? Es ist gar nicht schwer zu finden, fragt einfach einen der Hafenarbeiter - die meisten können Euch den Weg weisen. Viele arbeiten sogar für mich!"
"Ich, also," schaffte Sanya es zu sagen, doch schon fuhr Deneril mit seinem Redefluss fort.
"Wundervoll! Also sehen wir uns dort. Einfach fantastisch! Nun, dann werde ich mich jetzt mal dem Legaten stellen. Ein unheimlicher Geselle, wenn Ihr mich fragt... aber das sind diese Ostlinge ja alle." Deneril hatte seine Stimme um eine Wenigkeit gesenkt als er das sagte. Dann legte er Sanya seine Hand auf die Schulter. "Wünscht mir Glück, Lady Terelos! Ach - nein, das habt Ihr schon getan, indem Ihr mich mit dieser schönen Begegung beglückt habt. So, und los geht es! Auf bald, meine Liebe!"
Sanya blieb an Ort und Stelle stehen. Der Wortschwall des Händlers hatte sie wie immer überrumpelt. Sie fluchte leise, dann schüttelt sie den Kopf und verließ endlich den Palast.

Einige Zeit später stand Sanya auf dem Wehrgang der mächtigen Stadtmauern Dol Amroths und dachte nach. Unter ihr verlief eine der kleineren Straßen, die außerhalb der Stadt von einem Tor zum nächsten führten, und auch auf diesem Weg waren viele Menschen unterwegs. Dol Amroth platzte beinahe vor Geschäftigkeit. Sanya fragte sich, woran das wohl liegen konnte. Eine Sache, die der Händler Deneril gesagt hatte, wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Dol Amroth war die Stadt der Schwäne... und der Mann, den sie jagte, hatte sich als Silberner Schwan bezeichnet und trug das Wappen des Hauses von Dol Amroth bei sich, ein weißer Schwan auf hellblauem Feld. Und die Spur seiner Diener führte zurück hierher nach Dol Amroth. Die Königin verdächtigte Galador, den Bruder des einstigen Fürsten von Dol Amroth, der laut Kiana der letzte des uralten Adelshauses der Herren von Dol Amroth war. Aber... was wenn das nicht stimmte? Konnte noch jemand anders überlebt haben? Sanya wusste darauf im Augenblick keine Antwort.
Als sie an Kiana dachte, richteten sich ihre Gedanken auf andere Dinge. Einerseits war sie froh, für ein paar Tage oder Wochen nicht in der Nähe der Königin zu sein, denn alles was Kiana tat und was sie Sanya befahl, brachte Sanya so sehr durcheinander, dass sie sich vorkam als wäre sie zehn oder fünfzehn Jahre jünger und zum allerersten Mal verliebt. Aber andererseits hatte Sanya Kianas Gegenwart genossen und vor allem das Gefühl, geliebt oder gar begehrt zu werden hatte sich gut angefühlt. Mittlerweile hatte Sanya begonnen zu glauben, dass Kiana diese Sache tatsächlich ernst meinen könnte, und es nicht eine Art verdrehtes Spiel zur Unterhaltung der Königin war, die nur sehen wollte wie weit Sanya gehen würde und wie treu sie ihren Anweisungen Gehorsam schenken würde. Dennoch hoffte Sanya, dass ihre Herrscherin diese Sache, die sie miteinander hatten, auch eines Tages von einer rein körperlichen Ebene auf eine tiefer gehende Basis bringen würde, und sich ihr wirklich anvertrauen würde. Ihre innersten Gedanken mit Sanya teilen und nichts vor ihr verbergen würde. Sie hatten sehr wenig miteinander gesprochen, wenn sie alleine gewesen waren. Und gerade wenn sie auf ihren Missionen in Gefahr geriet oder harte Zeiten durchmachen musste, gab es einen kleinen, tief sitzenden Teil in Sanyas Herzen, der sich jemanden wünschte, der sie abends einfach in den Arm nahm und festhielt, bis sie wieder ihren Mut und ihre Kraft gefunden hatte, die sie brauchte um in dieser Welt zu überleben.
Seufzend sah Sanya einer Schwalbe dabei zu, wie sie in einigen Metern Entfernung vor der Mauer dahinsegelte. Frei zu sein wie ein Vogel, den kein Land oder Wasser halten konnte. Das wünschte sie sich in jenem Augenblick...

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Minas-Tirith (Gondor)
« Antwort #40 am: 30. Mär 2021, 09:48 »
Minas-Tirith

Kiana in Minas-Tirith…


Kiana hatte noch immer den Brief Sanyas in ihrem Kopf. Die Worte von ihr ließen der Königin keine Ruhe. Nachdem sie ihre Gefühle offenbarte, war sie doch nun so plötzlich verschwunden. Hatte es etwas damit zu tun? Liebte sie Kiana nicht und deshalb ging sie nun lieber weg, um den silbernen Schwan zu fangen?
Das konnte es aber nicht sein. Immerhin sagte Kiana ihr, dass sie nach der Feier weiter nach ihm suchen durfte. Es konnte ja auch genau umgekehrt ein Zeichen sein, dass Sanya ihre Geliebte Königin nur in Sicherheit wusste, wenn der silberne Schwan und seine Anhänger beseitigt waren.
Sie zog sich um, sodass sie Abreisebereit war. Ihre Reisebekleidung unterschied sich kaum von der normalen, außer dass diese aus dickerem Stoff war. Ihre Krone trug sie ebenfalls auf dem Kopf. Als sie rasch aus ihren Gemächern ging, traf sie nochmals auf Loki, der sie besorgt ansah. Kiana konnte sich schon denken was er sagen wollte.
"Loki… Wir hatten das alles eben schon…", wimmelte sie ihn nur ab.
"Ich mache mir nur Sorgen Kiana…", sagte er.
"Sorgen um deine Rebellen Freunde?", provozierte sie nur.
"Um dich natürlich… Ein einziger Pfeil muss dich treffen und das ganze Reich geht zu Grunde… Du bist die, die alles zusammenhält… Ohne dich bricht das ganze System auseinander…".
"Genug!", stoppe Kians ohne und fasste sich genervt an die Stirn. "Mir wird nichts passieren… Immerhin reite ich auf Ancalagon!".
"Und was ist mit Octavia?".
"Ach darum geht es dir…", entgegnete sie halb grinsend, da sie davon überzeugt war ihn doch ertappt zu haben.
"Wenn das stimmt und ihre Kräfte hervorgekommen sind… Das ist zu gefährlich!", sagte er ziemlich laut.
Kiana schüttelte nur den Kopf. Sie glaubte ihm kein Wort. Warum sollte sie auch so leichtsinnig sein und sich in Gefahr bringen? Er vergaß wohl wer sie war: Eine mächtige Maia mit einem Drachen an ihrer Seite. Sie war die Königin von ganz Mittelerde. Und außerdem musste sie dann erst recht für Ordnung sorgen. Jemand mit solcher Macht, der sie nicht kontrollieren konnte, war eine große Bedrohung für jeden einzelnen im ganzen Reich.
"Dann ist es erst recht meine Aufgabe, diese Gefahrenquelle zu unterbinden… Jemand mit solchen Kräften ist eine Gefahr für jeden!", sagte sie nur. Bevor Loki nur etwas sagen konnte, unterband sie seinen Versuch sie umzustimmen, sodass er nur stöhnte.
"Willst du nicht wenigstens nochmal auf Sanya warten, um mit ihr zu sprechen?", wagte Loki schließlich nochmal zu fragen. Kiana schüttelte nur den Kopf.
"Dafür ist keine Zeit… Außerdem kümmert sich Sanya hier um die Verräter.", entgegnete Kiana sicher. "Ich erwarte von dir, dass du einen freien Kopf hast und mich hier gut vertrittst!".
"Natürlich, meine Königin…", antwortete er widerwillig und biss die Zähne zusammen.
"Gut…", sagte Kiana breit lächelnd. Dann lief sie die lange Gänge des Palastes entlang, um hinaus zu gelang. Sie spürte Lokis Blick förmlich auf sich ruhen, der ihr hinterher sah. Als sie in einen Korridor stehen blieb und sich unbeobachtet fühlte, seufzte sie mit hängenden Schultern. Natürlich war sie sich nicht so gewiss. Aber sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Die Königin durfte keine Schwäche zeigen. Nicht jetzt.
Im Thronsaal traf sie die Hauptmänner und Generäle der Armee. Gemeinsam gingen sie auf den Hof der obersten Ebene der weißen Festung.

Begleitet von einigen Kommandanten der Armee und Loki schritt sie aus dem Palast hinaus auf die oberste Ebene von Minas-Tirith. Der verbrannte Rest vom alten weißen Baum Gondors ragte noch in der Mitte des Platzes hervor. Drumherum war ein Brunnen mit einem kleinen Garten gebaut.
Die schwarzen Ostlinge und ein Teil der Armee stand stramm und hörig. Kiana trat an sie heran. Alle von ihr salutierten.
"Heute ist der Tag, an dem wir unseren Feinden zeigen, dass es ein großer Fehler ist wenn man sich mit der Krone anlegt! Niemand hat das recht, einen Anspruch auf ein Land in Mittelerde zu erheben und die Menschen die dort leben zu unterdrücken!", rief sie.
Die Ostlinge und auch die Soldaten der Armee rammten zustimmend ihre Speere in den Boden, sodass ein lauter Ton durch das Gebirge erhallte.
"Ich habe dafür gesorgt, dass jeder Mensch in diesem Reich frei ist! Ich habe euch dazu erwählt diese Freiheit mit eurem Leben zu beschützen!".
Wieder rammten die Soldaten die Speere gegen den Boden.
"Heute ist dieser Tag! Heute werden wir in den Norden aufbrechen, um Arnor zu befreien!".
Die Ostlinge schlugen wieder das Ende der Speere gegen den Boden, während die normale Armee aus Berufssoldaten ihr zu jubelten. Kiana sah zufrieden auf ihre Armee und saugte die Zurufe ein. Es gab ihr das Gefühl, dass sie richtig handelte.
Kiana zögerte nicht lange und befahl den Abmarsch in den Norden. Die Königin sah der Armee noch hinterher, die mit Gesängen und Rufen, begleitet von Trommelschlägen, die von der obersten Ebene von Minas-Tirith marschierten. Die etlichen schwarzen Banner mit dem roten Drachen wehten im Wind.

Kiana seufzte zufrieden. Sie selbst wartete auf Ancalagon, der lautstark am Himmel schrie und um den Palast kreiste.
Nach wenigen Minuten landete er schließlich auf der obersten Ebene. Einige der Wachen, die keine Ostlinge waren, suchten Schutz und fürchteten sich vor der Kreatur. Kiana aber, streichelte Ancalagon noch und stieg stolz auf den Drachen. Na los Ancalagon, bring mich in den Norden!, sagte sie in ihren Gedanken. Es dauerte auch nicht lange und der schwarze Drache breitete seine Flügel aus, lief in Richtung des Ende des Vorsprungs der Ebene. Auf Ancalagon flog sie tief über der Stadt, bis sie außerhalb der Stadt war und immer wieder über der Stadt und Anduin flog. Sie wartete immer wieder auf die Armee, die natürlich deutlich langsamer war. Dennoch nutzte sie den Drachen, um ihre Macht vor ihrem Volk zu demonstrieren. Kiana hatte wieder dieses Gefühl der Freiheit. Das Gefühl, welches auch bald wieder die Menschen von Arnor fühlen werden, wenn sie die Rebellen besiegt.
Wenn sie erst den Norden befreite, erinnerten sich schon alle anderen daran, was mit den Verrätern aus Minas-Tirith passierte und werden ihre rebellischen Aktionen unterbinden...


Kiana auf Ancalagon in Richtung Arnor...
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Dol Amroth
« Antwort #41 am: 8. Apr 2021, 10:10 »
Dol Amroth (Gondor)



Sanya und Mithrendan in Dol Amroth

Der folgende Tag brachte eine Veränderung der Situation. Zwar blieb Mithrendan bis auf weiteres verschwunden, was Sanya jedoch nicht beunruhigte. Sie vertraute ihrem alten Freund und wusste, dass er seine ganz eigene Art und Weise hatte, Nachforschungen anzustellen. Er würde mühelos in die undurchsichtigen Gefilde der Stadt eintauchen, dort, wo Dinge im Schatten geschahen, die den Augen der Wachen verborgen blieben.
Anstelle von Mithrendan war es einer der Ostlinge, der Sanya eine Nachricht brachte. Anscheinend war es den Männern des Legaten gelungen, einen der beiden gesuchten Verdächtigen zu fassen.
"Wenn Ihr den Gefangenen befragen möchtet, bringe ich Euch zu ihm," sagte der Ostling, und Sanya stimmte zu.

In den Verliesen des Fürstenpalastes angekommen stellte Sanya fest, dass es sich bei dem Gefangenen um den Mann handelte, den Mithrendan als "Narbengesicht" bezeichnet hatte, denn seine linke Gesichtshälfte war von einer gut sichtbaren Narbe auf der Wange verunstaltet. Der zweite Mann, der an seinem buschigen roten Bart zu erkennen sein sollte, war bislang nicht gefunden worden.
"Ah, sieh an," sagte der Gefangene, als er Sanya bemerkte. Schwere, eiserne Gitterstäbe trennten sie von ihm, doch das schien ihn nicht im Geringsten zu stören. "Da hat die Königin uns tatsächlich ihr neues Lieblingsspielzeug hinterhergeschickt. Was für eine Ehre!" Er betrachtete Sanya von oben bis unten, und sie kniff die Augen zusammen. Diesen abwertenden Blick kannte sie, und er gefiel ihr gar nicht.
Sie ging nicht auf seine Worte ein. "Wenn du mir hilfst, wird es einfacher für dich werden," stellte sie deutlich klar und verschränkte die Arme. "Sag mir wie du heißt und für wen du arbeitest."
"Meinen Namen will die kleine Sanya wissen?" spottete er. "Damit du nachts besser von mir träumen kannst?" Er machte eine obszöne Geste und grinste. "Indur Messerhand nennt man mich," fuhr er angeberisch fort. "Willst du wissen, wie ich diese Narbe bekommen habe, hmm?"
"Das ist mir ziemlich egal," sagte Sanya. "Wer hat dir und deinen Kumpanen den Auftrag gegeben, unsere Königin zu ermorden?"
"Tu nicht so als wüsstest du es nicht lägnst," sagte Indur etwas ärgerlich, ehe er wieder frech lächelte und seine Augen über Sanyas Körper gleiten ließ. "In dem schwarzen Kleid auf der Feier im Palast hast du mir aber besser gefallen. Willst du dich nicht umziehen? Eine Frau in Rüstung, wo soll das noch alles hinführen? Eine Frau auf dem Thron ist schon schlimm genug. Komm, tu mir den Gefallen, vielleicht erzähle ich dir dann ein bisschen über seine Pläne."
"Seine Pläne? Sprichst du von dem Kerl, der sich "Silberner Schwan" nennt?" hakte Sanya sofort nach.
"Er ist der Einzige, dem ich folgen würde. Er hat einen Plan für dieses Land. Ein Plan, in dem kein Platz für diese Drachenschlampe aus dem Osten ist. Ein Plan, der die richtigen Leute wieder an die Macht bringt und jenen, denen alles was ihnen rechtmäßig gehört, weggenommen wurde, wieder zurückgegeben wird!"
"Dass ihr den Adelsstand wieder einsetzen wollt, weiß ich längst..." merkte Sanya an.
"Und wieso arbeitest du dagegen?" wollte Indur wissen. "Du bist doch selbst eine ranghohe Lady."
"Weil ich meine Titel nicht brauche, um der Mensch zu sein, der ich sein will," antwortete Sanya. "Ich habe mir meine Position aus eigener Kraft erarbeitet."
"Pah!" Indur spuckte aus. "Du bist so hoch aufgestiegen, weil die Königin Gefallen an dir gefunden hat, das könnte selbst ein Blinder sehen. Aber wart's nur ab, bald wird sie sich ein neues Spielzeug suchen und dich fallen lassen."
Sanya sagte nichts. Indurs Worte hatten eine Angst in ihrem Herzen wachgerufen, der sie eigentlich keinen Raum geben wollte. Sie musste den Anschein erwecken, dass er nicht zu ihr durchdrang, aber ihr Zögern reichte ihm schon aus, um sie zu durchschauen. Er lachte dreckig.
"Du weißt, dass ich recht habe, kleine Sanya. Alles was du dir... "erarbeitet" hast, kann dir mit einem einzigen Fingerschnippen deiner Königin wieder genommen werden. Sie ist eine Tyrannin, Sanya. Das musst selbst du erkennen." Er kam ganz nahe an die Gitterstäbe heran. "Schließ dich unserer Sache an," flüsterte Indur verschwörerisch. "Ich weiß, dass der Schwan Gefallen an dir gefunden hat, sonst hätte er sich dir niemals so offenbart, wie er es in Anórien getan hat. Du könntest an seiner Seite stehen und für die Gerechtigkeit kämpfen. Den Menschen, die alles verloren haben, ihr Leben zurückgeben. Für Gondor kämpfen. Was sagst du?"
Sanya wich zurück. Ihre Fassade war längst zerbröckelt und sie starrte Indur mit geweiteten Augen an. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte, so sehr hatten ihn seine Worte erschüttert. Als sie nicht mehr weiter wusste, drehte sie sich um und hastete nach draußen.
Im Gang des Kerkers, der zurück nach oben führte, hörte sie von Ferne noch Indurs gehässiges Lachen, das sie verfolgte.

Sanya hatte sich in ihre Unterkunft geflüchtet, doch selbst dort blieb sie nicht lange allein. Kaum eine halbe Stunde nachdem sie dort angekommen war, klopfte es an der Tür. Sanya öffnete, und sah sich einer ihr unbekannten Frau gegenüber, die langes, blondes Haar hatte und ein hellblaues Kleid trug. "Ich heiße Váneth," sagte die Unbekannte mit leiser, wohltönender Stimme. "Und du musst Sanya Terelos sein, nicht wahr?"
Sanya nickte. "Was... gibt es?" fragte sie etwas holprig. Noch immer war sie ziemlich durcheinander.
"Mein Meister schickt mich. Ich habe eine Nachricht für dich, vom Lächelnden Schatten. Dem neuen Herrn der Unterwelt von Dol Amroth."
"Und wie lautet diese Nachricht?" wollte Sanya wissen. Von einem Lächelnden Schatten hatte sie noch nie gehört.
Váneth lächelte vielsagend. "Er lässt dich bitten, heute Abend auf seinem exklusiven Ball zu erscheinen. In angemessener Kleidung natürlich." Sie blickte an Sanya herab, die nach wie vor ihre Rüstung trug. "Im Austausch gegen deine Anwesenheit sollst du Informationen erhalten, die dir bei deiner... Mission von unschätzbarem Wert sein werden."
Sanya hob die linke Augenbraue. "Und warum sollte ich deinem Meister vertrauen? Das klingt für mich alles sehr nach einer Falle."
"Weil er die einzige Person hier in Dol Amroth ist, die dir helfen kann," sagte Váneth, als wüsste sie über alles Bescheid. "Lehnst du die Einladung ab, verfliegt die Gunst meines Meisters, denn im Augenblick... ist er dir sehr zugetan. Du musst nichts weiter tun, als auf dem Ball zu erscheinen. Es wäre dir sogar gestattet, eine Begleitung mitzubringen... von diesen unsäglichen Ostlingen mal abgesehen."
Aber meine einzige Begleitung, der ich vertraue, ist im Untergrund der Stadt verschwunden, dachte Sanya und hoffte, Mithrendan würde wie aus dem Nichts auftauchen, was natürlich nicht geschah. "Ich... werde alleine kommen," sagte sie nach einer langen Pause. "Wo findet der Ball denn statt?"
"Im Ballsaal des Theaters der Schwäne," erklärte Váneth lächelnd. "Es ist nicht weit vom Palast. Ich bin mir sicher, du wirst es finden."
Sanya nickt. Sie kannte das Gebäude. Einer der früheren Fürsten von Dol Amroth hatte es vor einigen Jahrhunderten erbauen lassen. "Das werde ich."
"Und für den Fall, dass du keine... passende Kleidung aus Minas Tirith mitgebracht hast..." erneut lächelte Váneth, als wüsste sie bereits, dass es tatsächlich so war.
"Ich habe in der Tat nicht daran gedacht, ein Ballkleid auf die Jagd nach zwei gefährlichen Verbrechern mitzunehmen", sagte Sanya sarkastisch.
"Mein Meister hat für diesen Fall vorgesorgt," erwiderte Váneth gelassen. "Sprich mit den Wachen vor dem Theater, ich werde sie informieren. Sie werden dich in einen Raum bringen, in dem du dich umziehen kannst, und dort wird etwas für dich bereit liegen. Komm aber rechtzeitig, damit du genug Zeit hast, um dich fertig zu machen!"
Sanya zögerte erneut. Es kam ihr alles noch immer sehr verdächtig vor, doch sie konnte nicht leugnen, dass Váneth recht hatte. Solange Mithrendan verschwunden blieb, war der Lächelnde Schatten Sanyas einzige Spur... falls es ihr nicht gelingen würde, noch mehr Informationen aus Indur herauszubekommen. "Ich... werde dort sein. Zu welcher Stunde werde ich erwartet?"
"Sei bei Sonnenuntergang vor dem Theater, das genügt," antwortete Váneth und lächelte zufrieden. "Und... mache dir keine Sorgen. Du wirst nicht in Gefahr sein."
Sie drehte sich um und trat einen Schritt von Sanyas Türe weg, ehe sie ihr den Kopf noch einmal zu wandte und über die Schulter sagte: "...Jedenfalls nicht mehr, als du es jetzt bereits bist."
Mit diesen Worten ging die geheimnisvolle Frau davon und war schon bald in der Menschenmenge auf den Straßen Dol Amroths verschwunden.

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Umland von Dol-Amroth
« Antwort #42 am: 16. Apr 2021, 20:56 »
Umland von Dol-Amroth

Kiana aus Arnor nach Dol-Amroth...


Lange Zeit dachte sie noch über das Vergangene nach. Plötzlich hörte sie all die Schreie der Menschen in ihrem Kopf, die in Minas-Tirith starben und die derer, die noch vor kurzem ihr Leben in Arnor lassen mussten. Auch wenn Kiana irgendwie versuchte die Stimmen zu ignorieren, wurde dies bald unmöglich. Die Schreie waren so laut, dass sie sich auf nichts anderes konzentrieren konnte.
Das war alleine schon gefährlich, weil sie auf dem Rücken ihres Drachen Ancalagon war, der geschmeidig über das weiße Gebirge flog.
War sie zu weit gegangen und alle hatten recht, dass sie nur noch aus reiner Machtgier handelte? Nur noch Angst davor hatte ihre Anerkennung und ihren Titel zu verlieren?
Kiana hatte so viele Seelen in den Krieg geschickt. So viele verloren ihr Leben. Dabei waren es doch die Menschen, die sie beschützen wollte vor den bösen Dingen dieser Welt. Nun wurde sie selbst zum Schrecken. Zur Dunkelheit.
Schon viel zu lange ließ sie die Finsternis in ihr Herz.
Die Königin konnte es den Rebellen nicht verübeln, dass sie sich gegen Kiana auflehnen. Sie konnte sie eher verstehen. Sie konnte Octavia verstehen, die versucht hatte Kiana zu töten.
Ich habe alles falsch gemacht, dachte sie sich erschüttert. Thirak hatte recht… Ich bin damals schon viel zu weit gegangen.
Kiana sah den Mann vor sich. Wie er bestürzt und gebrochen vor ihr stand, als sie Minas-Tirith niederbrannte. Den Mann den sie einst liebte und der in Wirklichkeit ihr Neffe war. Sie waren eine Familie und sie nahm es in Kauf, dass er getötet hätte werden können.
Genauso wie er gehörte Octavia zu ihrer Familie. Ganz gleich ob nur als Halbschwester oder Schwester. Beide Frauen hatten den gleichen Vater. Das gleiche Blut floss durch ihre Adern.
Kiana musste an die Worte von Robben Rogwyne denken, der ihr sagte, dass Octavia in Sicherheit war. Eine große Erleichterung machte sich in ihr breit. So wusste sie, dass ihre Halbschwester nicht von ihrem Angriff getötet wurde. Sie hoffte nur, Thirak könnte ebenfalls den Flammen entkommen. Sobald sie zurück in Minas-Tirith war, wollte sie sofort nach ihnen suchen lassen. Mit beiden über die Ereignisse Reden. Die Königin war sogar bereit dazu, Arnor freizugeben, damit Octavia und ihre Liebsten dort in Frieden leben konnten.
Was war schon ein Stück Land im Gegensatz zu den vielen Todesopfern, die Kiana selbst verursachte. Nichts.
Kiana war sich sicher, dass sie in Frieden Koexistent leben konnten. In Frieden und… Als Familie.

Kiana überflog das weiße Gebirge von Gondor mit Ancalagon. Die Wachposten der alten Leuchtfeuer waren noch immer bemannt. Neugierig sahen sie in den Himmel, als Kiana mit ihrem Drachen über ihre Köpfe hinweg flog. Sie mussten es gewohnt sein, dass der Drache oft am Gebirge aufhielt. Die Sonne stand schon tief am Horizont. Das Land war in einem Orange-Rot der Abenddämmerung gefärbt. Im schwachen Licht konnte Kiana die Menschen von West-Gondor sehen, die wie Ameisen in ihren Dörfern wuselten. Kiana freute sich schon endlich wieder Sanya sehen zu können. Sie wollte unbedingt mit ihr über ihre neuen Ideen sprechen.  Sie war die einzige, der Kiana vertraute. Die einzige, die Kianas Gedanken ernst nahm.
Loki würde sie wohl kaum noch für voll nehmen, wenn sie ihm von ihrem Wandel erzählte. Oder er fühlte sich dadurch nur bestätigt.
Sie kam sie ja selbst mehr als verrückt vor. Im ersten Moment tötete sie noch tausende von Menschen. Zerstörte die größten Städte von Arnor. Im nächsten Moment bereute sie all ihre Taten, wollte nur  noch alles rückgängig machen.
Die Königig seufzte tief, denn sie hoffte Dol-Amroth so schnell wie möglich zu erreichen. Sanya musste nur noch dort sein. Sie wollte nicht vorher nach Minas-Tirith zurück.

Das weite Meer Belegaer war sichtbar, genau wie die große Stadt von Dol-Amroth. Genau wie die Zitadelle auf einer Anhöhe, die der Sitz der ehemaligen Fürsten der Stadt war.
Noch nie hatte Kiana die Heimat ihres Widersachers Imrahil Imrazor gesehen. Dennoch strafte sie die Menschen von Dol-Amroth dafür ab, dass er von dort kam. Sei es durch Beschränkungen der Bevölkerung, Kontrollen oder das Geld, welches sie zwar von der Stadt nahm, diese aber verkommen ließ. Wahrscheinlich war es kein Wunder, dass der Silberne Schwan sich mit den Aufständischen aus Gondor gegen sie auflehnte. Sie fühlten sich ungerecht behandelt, in gewisser Weise ihrer Heimat beraubt.
Für Kiana stand fest, dass sie neben Thirak und Octavia auch den Silbernen Schwan nach Minas-Tirith einladen musste. Natürlich konnte sie ihm kein Land versprechen, aber sie kamen bestimmt auf einen gemeinsamen Nenner. Und wenn es nur der Abzug der Legaten und das Einsetzen von lokalen Verwalten war. Sanya konnte ihr sicher damit helfen. Kiana war davon überzeugt. Wenn die Menschen schon nicht auf Kiana hören wollten und ihr nicht vertrauten, würden sie es ganz sicher auf Sanya. Sie war eine starke Frau Gondors, die eine große Begabung hatte.
Das war auch einer der Gründe, warum sie sich sofort in die Frau verliebte.

Gerade flog sie über ein Waldstück hinweg, da schrie der Drache Ancalagon plötzlich wie aus dem Nichts auf. Kiana spürte nur einen Rückstoß, als wäre er von etwas getroffen worden.
Mit aller Kraft versuchte sie sich an den Stacheln des Drachen auf dem Rücken festzuhalten. Es war nicht so einfach, da er in der Luft eine Schieflage einnahm.
Als die Königin wieder halbwegs gefestigt auf dem Rücken saß, erkannte sie den großen Pfeil der am Ansatz des linken Flügels in seinen Schuppen steckte.
Kiana kannte diese Geschosse. Es waren die gleichen, mit denen Imrahils Männer Aranyon vom Himmel schossen.
Verzweifelt versuchte sie am Boden etwas zu erkennen. In der Dunkelheit erwies es sich alles andere als einfach. Vorsichtig ließ sie das Geflügelte Ungeheuer um das Waldstück kreisen.
Ich muss dringend für das Treffen aller Sorgen…, dachte sie nur. Sicher würde eine Übereinkunft für Frieden sorgen. Den Gedanken ausdenken konnte sie allerdings nicht.
Ein weiteres Geschoss traf den Drachen, sobald er wieder aufschrie und weiter in die Höhe flog. Kiana hatte so gut wie keine Kontrolle mehr über Ancalagon, so sehr sie es auch versuchte.
Selbst hoch in der Luft schlug noch ein drittes ein und sorgte dafür, dass mit einem Steilflug in Richtung Boden stürzte.
"Los, flieg nach oben!", schrie Kiana nur, doch der Drache reagierte nicht, sondern flog mitten auf das weiße Gebirge zu und Stoff die steinernen Wände. Kiana konnte sich dadurch kaum festhalten und wurde selber von einer Wand erfasst.
Voller Schmerzen rollte sie noch ein Stück weiter herunter. Schlug mehrere male mit allen Körperteilen auf. Ihre Kleidung zerriss dabei und sie verlor ihre Kleidung.
Als sie mit ihrem Kopf gegen einen Felsen schlug, wurde ihr schwarz vor Augen….


« Letzte Änderung: 26. Apr 2021, 21:03 von >Darkness< »
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Dol Amroth
« Antwort #43 am: 21. Apr 2021, 12:30 »
Dol Amroth (Gondor)



Sanya in Dol Amroth

Als Sanya einige Zeit später - kurz vor Sonnenuntergang - am Theater ankam, sah sie, dass die Wachen sie tatsächlich bereits erwarteten. Man winkte sie durch einen der Nebeneingänge und zeigte ihr einen Raum, in dem sie sich ungestört umziehen konnte. Ihr geheimnisvoller Verbündeter hatte ein dunkelblaues Ballkleid für sie vorbereiten lassen, das Sanya wie angegossen passte. Sie wollte gar nicht wissen, woher dieser geheimnisvolle Drahtzieher ihre Maße kannte. Nachdem sie fertig mit dem Umziehen war, machte sie sich auf die Suche nach dem Saal, in dem sie auf den Lächelnden Schatten treffen sollte.

Die erste Person, die ihr am Eingang des Saals über den Weg lief, war ein vertraues Gesicht.
"Lady Terelos!" Die Stimme des Händlermeisters, Relon Deneril, ließ Sanya beinahe die Augen verdrehen. "Was für eine Freude, Euch hier anzutreffen! Ich hatte ja keine Ahnung, dass Ihr mit den eloquenten Kreisen der amrothischen Gesellschaft so gut vertraut seid, dass Ihr euch diesen exquisiten Ball nicht entgehen lassen. Ihr müsst mir verraten, wer Euch die Einladung beschafft hat. War es Ferthan? Oder Belrith? Oder gar unser großzügiger Gönner höchstpersönlich?"
"Ich war es, Relon," sagte Váneth, die urplötzlich neben dem schwatzenden Händler aufgetaucht war.
Für einen Augenblick verfinsterte sich die sonst so gut gelaunte Miene Denerils, doch der Moment verflog so schnell wie er gekommen war. "Oh, ich verstehe. Natürlich... ich hätte es ahnen müssen, dass zwei so starke und schöne Frauen nicht lange brauchen, bis sie zusammenarbeiten. Nicht wahr? Ich bin schon gespannt, was ihr in euren hübschen Köpfen so ausgeheckt habt. Ich sollte..."
"Du solltest langsam den Weg freigeben," sagte Váneth streng, aber lächelnd. "Du blockierst den Eingang, mein lieber Relon."
"Oh! Aber natürlich tue ich das," sagte der Händler und grinste. Er trat einen Schritt zurück, und eine große Menge von fein gekleideten Gästen strömte herein. Im entstehenden Gemenge verloren Sanya und Váneth den aufdringlichen Deneril glücklicherweise aus den Augen - oder vielmehr, er verlor die beiden Frauen aus den Augen.
"Das wäre geschafft. Du bist pünktlich, und wie ich sehe, hattest du bei der Ankleide keine Probleme," sagte Váneth anerkennend. "Ich denke, der Abend steht unter einem guten Stern. Ich werde nach meinem Meister schicken lassen, während du dich ein wenig mit der Halle vertraut machen kannst. Genieße die Verpflegung und mische dich unter's Volk! Je weniger du herausstichst, desto besser."

Sanya gab sich alle Mühe, Váneths Rat zu befolgen, doch es fiel ihr nicht leicht. Sie war noch nie jemand gewesen, der mühelos über belanglose Dinge sprechen konnte; sie kam lieber zum Punkt und sprach das an, was ihr am Dringendsten vorkam. So fand sie nur wenig Anschluss an die abendlichen Unterhaltungen der Gäste. Sie zog sich in Richtung des hinteren Teils des Saales zurück und begann, unauffällig die Anwesenden zu beobachten. Nach einer Weile konnte sie sie in drei Gruppen aufteilen: Da waren die Neureichen, wie Deneril, die unter dem einstigen König keinen Titel oder Rang besessen hatten und nun unter der Herrschaft der Drachenkönigin aufgestiegen waren. Dann gab es die ehemaligen Adeligen, die sich ihren Wohlstand durch Kooperation mit dem Legaten zumindest teilweise erhalten hatten. Und dann gab es eine dritte Gruppe, die in keine der beiden vorherigen Kategorien passte. Es waren Menschen, die entweder nicht so aussahen, als gehörten sie an einen solchen Ort, oder solche, die so aussahen, als wollten sie um jeden Preis den Anschein erwecken, unverdächtig und harmlos zu sein. Sanyas Erfahrung riet ihr, die dritte Gruppe am wenigsten aus den Augen zu verlieren. Sie aß ein wenig, rührte aber von den vielen alkoholischen Getränken nichts an, denn  sie wollte einen klaren Kopf bewahren.

Es verging eine halbe Stunde, in der der Ball seinen ganz gewöhnlichen Verlauf nahm. Dann traft der Gastgeber persönlich ein. Gespannt beobachtete Sanya, wie Váneth einen gut gekleideten, hochgewachsenen Mann in den Saal begleitete. Sein Gesicht war hinter einer Maske aus weißem, festem Stoff verborgen, die ein breites, aufgemaltes Lächeln zeigte. Hellbraunes Haar fiel ihm über die Schultern herab. Als er sich Sanya näherte, blitzten hinter der Maske zwei graue Augen auf.
"Guten Abend," sagte er mit angenehmer, volltönender Stimme. "Wie schön, Euch endlich persönlich zu begegnen, meine Liebe. Ich habe so viel von Euch gehört."
"Guten Abend," erwiderte Sanya höflich. "Welche Dinge habt Ihr denn gehört?"
"Oh, ich werde Euch nicht damit ermüden, sie alle aufzuzählen, keine Sorge," sagte ihr Gastgeber. "Dies überlasse ich Anderen, wie meinem guten Freund Relon Deneril."
Váneth gab ein amüsiertes Geräusch von sich. "Er ist ein Narr, aber ein gutherziger, nützlicher Narr," merkte sie an.
"Und was bin ich für Euch? Ebenfalls nur ein nützliches Werkzeug?" fragte Sanya kritisch nach.
"Mitnichten. Ich bin auf Eurer Seite, Teuerste," sagte der Schatten und nahm in einer flinken Bewegung Sanyas Hand. Sie war zu überrascht, um ihn daran zu hindern. "Tanzen wir. Dies ist ein Ball - mein Ball - und ich möchte sehen, wie bewandert Ihr seid."
Sanya zögerte einen Augenblick, doch dann ließ sie sich von ihm in die Mitte des Saales führen, wo bereits einige andere Paare zu der Musik tanzten, die von einer Gruppe Musikanten gespielt wurde.

"Ihr fragt Euch sicher, wozu ich all diesen Aufwand betreibe," sagte der Lächelnde Schatten, während er Sanya führte. Er war ein exzellenter Tänzer, und auch wenn Sanya die Schritte kannte, die von ihr erwartet wurden, hätte sie sich vollkommen auf seine Führung überlassen können.
"Ja," beantwortete sie seine Frage, ehe er sie einmal um ihre Achse drehte. "Das habe ich mich tatsächlich gefragt."
"Nicht wahr? Wir hätten uns ohne Probleme auch in einer verborgenen Zuflucht im Untergrund der Stadt treffen können. Aber dies... ist aufregender," sagte er, und Sanya konnte sein Lächeln hören, obwohl sie es unter der Maske nicht sehen konnte. "Hier, vor aller Augen der Öffentlichkeit Geheimnisse auszutauschen..."
Sanya konnte nicht verhindern, dass sich Verwunderung auf ihrem Gesicht ausbreitete. "Aber... ist das nicht gefährlich für Euch?"
"Gefährlich? Vermutlich. Aber seid unbesorgt, meine Schöne... ich habe hier alles absolut unter Kontrolle," sagte der Lächelnde Schatten amüsiert. "Für die Ostlings-Wachen ist dies nur ein weiterer, belangloser Exzess, dem sich die Oberschicht hingibt, anstatt an den Verschwörungen und Aufständen der letzten Zeit teilzunehmen. Sie sind es zufrieden, dass wir unseren Festen und Feiern nachgehen, solange wir keinen Ärger verursachen. Aber die Wahrheit ist viel spannender, nicht wahr? Denn wir tun mehr als nur zu feiern und zu tanzen. Ich tue mehr. Diese Stadt mag augenscheinlich von einem Legaten regiert werden, aber in Wirklichkeit... gehört sie mir."
"Ist das so?" fragte Sanya. "Und was gedenkt Ihr mit Dol Amroth zu tun?"
"Es zu dem Wohlstand zu führen, den es verdient. Die Drachenkönigin... sie verachtet diesen Ort, weil sie die Heimat ihres ärgsten Feindes war. Aber das sind nur die trotzigen Gedanken eines Kindes. Ich sehe mich in der Lage, diese... Ungerechtigkeit auszugleichen."
"Ihr kontrolliert die Händler und Warenlieferanten," stellte Sanya fest.
"Scharfsinnig," lobte er. "Aber mein Einfluss reicht deutlich weiter. Meine Leute sind überall in den wichtigen Posiionen der Stadt platziert worden. Ich bestimmt, wer Dol Amroth betritt, und wer es wieder verlässt."
"Bin ich also Eure Gefangene?"
"Oh, so etwas dürft Ihr nicht denken," sagte er freundlich. "Solange wir einander.... verstehen, dürft Ihr tun und lassen, wie es Euch beliebt," sagte der Schatten. "Sprecht mit Váneth, wenn Ihr weitere Fragen habt, und sie wird Euch darüber hinaus um einen Gefallen bitten. Seid so gut und helft ihr, meine Gute. Ich vertraue darauf, dass Ihr die richtige Entscheidung treffen werdet."
Er ließ ihre Hand los, machte einen Schritt zurück und verschwand im Trubel der tanzenden Menge. Sanya blieb allein und voller Fragen zurück.

Sie bahnte sich ihren Weg von der Tanzfläche und machte sich auf die Suche nach Váneth. Als sie die Frau schließlich entdeckt hatte, sah sie wie ein Page Váneth einige Dinge ins Ohr flüsterte, und die sonst so beherrschte Miene der Dame mit einem Mal erbleichte.
"Ist das wahr?" hörte Sanya Váneth aufkeuchen, und rasch näherte sie sich.
"Was ist geschehen?" fragte Sanya direkt.
"Die Silberne Schar hat sich offenbart," murmelte Váneth, die noch etwas bestürzt wirkte. "Ich hätte nicht erwartet, dass sie... so schnell handeln würden..."
"Wovon sprichst du?"
Da teilte sich die Menge, und der Lächelnde Schatten trat zu ihnen, die Arme ausgebreitet. "Dies sind unerwartete, wenn auch exzellente Neuigkeiten, meine Freunde," sagte er mit lauter Stimme und wandte sich an alle Anwesenden. "Dies ist nun die Stunde, in der wir unseren rechtmäßigen Platz einnehmen! Der Drache ist gestürzt worden, ihr guten Menschen von Dol Amroth. Die Männer des Silbernen Schwans haben die Bestie über der Stadt vom Himmel geholt, mitsamt seiner verhassten Reiterin. Wir sind frei uns zu nehmen, was uns zusteht."
Jubel brach aus, und alle Anwesenden begannen, wild durcheinander zu reden. Sanya konnte kaum glauben, was sie da hörte. Wie konnte das wahr sein? Kiana war doch weit weg, in Arnor...
"Váneth," hörte sie den Schatten noch in aller Ruhe sagen. "Geh und lass unseren werten Legaten wissen, dass er sich als abgesetzt betrachten darf. Seine Dienste werden nicht länger benötigt..."

Saizo

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Minas Tirith
« Antwort #44 am: 27. Apr 2021, 10:30 »
Minas Tirith (Gondor)

Sanya und Mithrendan reisen von Dol Amroth nach Minas Tirith

Die Ereignisse überschlugen sich in den wenigen Tagen nach dem mutmaßlichen Tod der Drachenkönigin. Der Aufstand in Gondor wurde zu einem landesweiten Flächenbrand, und es gelang den Rebellen, unter der Führung des Silbernen Schwans, die loyal zur Krone gebliebenen Ostlinge bis nach Minas Ithil zu vertreiben. Unter ihrem Kommandanten konnten die Ostlinge Minas Ithil und die Lande Mordors halten, doch der Rest Gondors wurde zu einem freien Königreich proklamiert, das übergangsweise von einem Rat von Adligen geführt wurde, der binnen eines halben Jahres zusammentreten wollte, um einen aus ihrer Mitte zum König zu krönen.
Die königliche Armee, soweit sie nicht aus Ostlingen bestand, wurde vor die Entscheidung gestellt, sich dem Rat zu unterwerfen oder ins Exil zu gehen. Der Großteil entschied sich dafür, ihre Posten zu behalten, nun allerdings unter anderer Führung. Sie legten das Drachenbanner ab und dienten wieder unter dem Weißen Baum, der als Landeswappen Gondors wieder eingeführt wurde.
In Dol Amroth wurde ein neuer Fürst ernannt. Sein Name war Alphros, und er behauptete von den einstigen Herren der Schwäne abzustammen. Ähnliches geschah in Pelargir und Linhir. Der Umsturz geschah so schnell und vollständig, dass die meisten Gondorer sich einig waren, dass die Sache bereits von langer Hand geplant und vorbereitet worden war.

Sanya und Mithrendan, der in all dem Chaos wieder aufgetaucht waren, beschlossen, bei der Armee zu bleiben, wenn auch nur unter falschen Vorgaben. Sanya erhielt zwar ihre Titel und Ländereien rings um Cair Andros zurück, doch wäre sie dorthin zurückgekehrt, wäre sie eine alleinstehende Fürstin gewesen, die sich vor Heiratsanträgen nicht hätte retten können. So blieb sie nominell bei der Armee und durte sogar ihren Rang behalten. Ihre Ländereien nahm sie nur symbolisch in Besitz, in Wahrheit ließ sie die Menschen sich dort weiter selbst regieren. Sie blieb eine ganze Weile in Dol Amroth, denn dass Kiana einfach so gestorben sein sollte, konnte sie nicht glauben und auch nicht akzeptieren. Tagelang durchkämmte sie mit Mithrendan die Wildnis, doch bis auf ein paar Spuren des Drachen, die ins Leere führten, fanden sie nichts.
Schließlich kam der Befehl aus Minas Tirith, dass sich die Führungsriege des Heeres dort zu versammeln hatte. Die neuen Grenzen des wiederhergestellten Königreichs Gondor sollten gesichert werden. Der Großteil der Soldaten, die in Arnor gegen die Rebellen gekämpft hatten, waren mittlerweile heimgekehrt und standen zur Verfügung. Der Hohe Rat von Gondor hatte große Ambitionen. Sie planten, die Flüsse Anduin, Poros, Limklar und Isen als Grenzen Gondors festzulegen, was bedeuten würde, dass auch das ehemalige Reich von Rohan innerhalb ihres Einflussbereiches liegen würde. Aus Rohan waren kaum Nachrichten nach Gondor gedrungen, selbst die Soldaten aus Arnor, die es auf dem Heimweg durchquert hatten, hatten kaum Menschen dort gesehen.

In Minas Tirith angekommen staunten Sanya und Mithrendan nicht schlecht über die schlagartigen Veränderungen, die in der Weißen Stadt vor sich gegangen waren. Viele der Menschen, die in den Tagen der Drachenkönigin in die Hauptstadt gezogen waren, waren in ihre angestammten Heimatgebiete zurückgekehrt. Die schwarzroten Drachenbanner waren vollständig entfernt worden, sowie alle Statuen von Kiana zerstört worden. Auch Sanya und Mithrendan hatten neue Ausrüstung bekommen und trugen nun schwarze und silberne Rüstungen, auf denen der weiße Baum eingraviert worden war.
"Sie haben wirklich keine Zeit verloren," merkte Mithrendan an, als sie langsam durch die Straßen der Stadt ritten.
"Nein, das haben sie nicht," stimmte Sanya ihm nachdenklich zu. Sie hatte die ganze Zeit unterwegs darüber nachgegrübelt, was wirklich mit Kiana geschehen sein mochte. Dass sie wirklich tot sein sollte, wollte Sanya nicht glauben. Sie erlaubte es sich nicht.
Mithrendan zuckte mit den Schultern. "So ist das nun einmal. Könige und Herrscher kommen und gehen. Ich hoffe, der neue Rat geht mit der Bevölkerung weise um."
"Wir werden es sehen," sagte Sanya. "Wir werden es sehen..."
"Diese geplante Kampagne gegen Rohan lässt mich jedenfalls nichts Gutes ahnen," seufzte Mithrendan.
"Ich denke nicht, dass es ein richtiger Kriegszug werden wird," hielt Sanya dagegen. "Sie wollen einfach nur ihren Anspruch deutlich machen und Truppen an die Grenzen entsenden."
"Mh.." machte Mithrendan. "Also mir hat es besser gefallen, als es zwischen den Ländern der Menschen keine Grenzen gab."
"Mir auch," sagte Sanya leise. "Mir auch..."

Im Palast angekommen wurden sie von den Wachen, die größtenteils noch dieselben wie unter Kiana waren, ohne Probleme hindurchgelassen. In den neu eingerichteten Ratsaal durfte allerdings nur Sanya hinein, Mithrendan besaß weder den benötigten Rang noch machte er sich viel aus solcherlei Besprechungen. Sanya stieß die schweren Türflügel auf - und fand sich Auge in Auge mit dem Silbernen Schwan wieder.
"Du," knurrte sie so leise, dass sie hoffte, dass nur er es hören konnte.
"Welch eine Freude dich zu sehen, meine liebe Sanya," sagte er mit einem Lächeln, das sie nur noch wütender machte. Hier stand der Mann, den sie kreuz und quer durch das ganze Land gejagt hatte, und sie durfte ihn nicht in Ketten legen und seiner gerechten Strafe zuführen! Stattdessen würde Sanya nun sogar seine Befehle befolgen müssen.
"Warum denn so mies gestimmt?" fragte er, als wüsste er nicht ganz genau, woher Sanyas Abneigung kam. "Ich hatte gedacht, wir beide verstünden einander, und könnten unsere Beziehung ein wenig... vertiefen, nun, da unser Heimatland so viel freier atmen kann."
"Vergiss es," stellte Sanya klar. "Du magst derzeit die Oberhand haben, aber eines Tages werde ich dafür sorgen, dass du hinter Gittern landest, wo du auch hingehörst."
"Oho!" amüsierte er sich. "Ich seh' schon, du bleibst dir treu, nicht wahr? Keine Sorge, du wirst es gut haben, im wiederhergestellten Königreich Gondor. Ich habe dafür gesorgt, dass du deinen Rang in der Armee behalten konntest. Die übrigen Ratsmitglieder waren da... anderer Meinung. Aber wie du ja weißt, kann ich sehr... überzeugend sein."
Also ist dieser Rat nur eine Farce, und in Wahrheit kontrolliert der Silberne Schwan sie alle, dachte Sanya. "Wenn du jetzt einen Dank von mir erwartest, muss ich dich leider enttäuschen."
"Etwas Dankbarkeit stünde dir tatsächlich gut," sagte er, wirkte allerdings in keinster Weise beleidigt oder verärgert. Seine gute Laune machte Sanya nur noch wütender, und sie sah, dass er das ganz genau wusste, und es ihm Spaß machte.
Sanya antwortete nichts darauf. Er hingegen besaß die Dreistigkeit, sich bei ihr unterzuhaken und sie sanft, aber bestimmend zum großen, runden Tisch zu führen, an dem die Ratssitzung stattfinden sollte. Sie ertrug es nur unter innerlichem Protest.

An der Ratssitzung beteiligte Sanya sich kaum, eigentlich antwortete sie nur auf die vereinzelten Fragen, die an sie gerichtet wurden. Ihre Aufmerksamkeit galt voll und ganz dem Silbernen Schwan, von dem Sanya mehr und mehr überzeugt war, dass er die vollständige Kontrolle über den Rat besaß und dass er sich von ihnen zum König machen würde. Es war alles nur eine große Scharade, um dem Volk vorzugaukeln, dass es sich seinen Herrscher selbst aussuchen konnte, mehr nicht.
Die Beschlüsse des Rates kamen entsprechend schnell auf den Tisch, es gab nur wenig Diskussionen oder Meinungsverschiedenheite n. Man entschied, Mordor vorerst den Ostlingen zu lassen, denn es war zwar mittlerweile ein grünes Land, aber noch immer kaum bebaut: Straßen und Gebäude gab es dort nur an vereinzelten Stellen, bis auf eine Handvoll Städte war das Land sehr unzivilisiert. Ithilien sollte zum Kriegsgebiet erklärt werden, und von einer starken Garnison gegen Angriffe aus dem Osten gesichert werden, und der Anduin sollte als zweite Verteidigungslinie deklariert werden. Sanya erhielt den Auftrag, die Bastionen von Cair Andros zu verstärken und die teilweise baufälligen Mauern instand setzen zu lassen, denn die Inselfestung lag nun wieder an der Grenze des Reiches.
Nach Norden und Westen hin sollten die Lande Rohans in Besitz genommen werden, wofür die Hälfte der zur Verfügung stehenden Armee eingesetzt werden sollte. Die übrigen Soldaten wurden nach Ithilien abkommandiert, während ein Teil die Aufgabe bekam, den Gerüchten über Überfälle von - gerüchteweise - Orks aus dem Weißen Gebirge nachzugehen.
Sanya würde in Minas Tirith bleiben. Die Restauration von Cair Andros konnten andere in ihrem Namen durchführen. Sie wollte den Silbernen Schwan ganz genau im Auge behalten, zumindest bis dieser sich tatsächlich zum König ausriefen ließ...