Daskina-Rebellensiedlung- Wald von Eregion (Arnor)
Octavia, Kael, Barnolf, Loki, Thirak und Phelan in der Siedlung der Südrebellen...Octavia war froh, dass Thirak Phelan und Kael doch noch dazu überzeugen konnte die junge Rebellin doch wieder aus der Rebellensiedlung zu lassen. Sie hielt sich Anfangs zurück, damit Kael nicht bemerkte, dass sie nur darauf brannte wieder hinaus zu dürfen. Als sie aber den Auftrag bekam die Position der Soldaten in Fornost zu bestimmen, die aus Annuminas marschierten, machte sie sich zusammen mit Loki sofort auf dem Weg dorthin. Somit war sie die letzten Tage mit ihm unterwegs. Gewisser Argwohn brach in ihr aus, als der Mann immer mal wieder für eine Zeit lang verschwand. Er sagte immer wieder, dass er nur etwas zu Essen besorgte und kam auch immer mit welchem zurück, weshalb sie sich darum auch keine weiteren Gedanken machte.
Sie mussten nicht einmal in die Stadt, da ein weiterer Zug an Soldaten die Stadt erreichte und die Tore passierte. Oft hielten sie auch Boten auf, die zwischen den Städten Annuminas und Fornost umher eilten. Octavia schrak nicht zurück, diese Boten zu töten und die Briefe mit Gewalt zu erhalten.
Auf dem Rückweg traf sie sogar auf Indro, der ihr Informationen über die ungefähre Anzahl der Soldaten in Fornost übergab. Der sonst so kühle Mann wirkte sogar tatsächlich froh, seine Blutkriegerin außerhalb der Gefangenschaft zu sehen. Octavia konnte ihn allerdings nicht begleiten, denn die wichtigen Informationen mussten zu Phelan und den anderen gebracht werden.
Die junge Frau erreichte mit Loki am Mittag die Siedlung und zögerte nicht lange um mit den Anführern zu sprechen.
In dem Haupthaus, das recht gut gefüllt mit anderen Mitgliedern der Süd-Rebellen war, traf sie diese auch an. Direkt ging sie auf Phelan und Thirak zu, die an einem Tisch saßen. Auf dem Tisch, an dem die beiden Männer saßen, lag eine Karte von dem Nord-Westen von Mittelerde.Sie schienen über weitere Pläne zu reden. Ungestüm wie Octavia war, störte sie sich nicht daran und unterbrach die Männer.
“Annuminas schickt die Truppen nach Fornost und es wirkt, als würden sie die Stadt sichern wollen…”, sagte Octavia, während sie die verschiedensten Schriftstücke auf den Tisch warf. Die beiden sahen sich die Briefe fragend und dann zu der jungen Rebellin. Das lag wohl daran, dass die Mehrheit der Briefe auf Ostron geschrieben wurden und weder Thirak noch Phelan sprachen die Sprache des Ostens.
“Die Soldaten werden nach Fornost geholt, während der Legat nach weiterer Hilfe aus Minas-Tirith schickt. Es sind wahrscheinlich fünftausend Männer insgesamt!”, erzählte sie weiter, “Ich habe versucht so viele von den Boten zu erwischen, wie ich konnte!”.
Mit einem Auge vernahm sie, dass auch Kael und Barnolf das Haus betraten. Die beiden Männer sahen interessiert zu den anderen rüber. Die junge Frau versuchte, den von ihr verhassten Barnolf zu ignorieren. Auch als er mit Kael an den Tisch kam.
“Das sind hervorragende Nachrichten!”, platzte es Phelan Belatan heraus, “Dann kann der Plan tatsächlich aufgehen, Arnor von den Klauen der Königin zu befreien!”.
“Gute Arbeit, Fräulein Sagitta!”, lobte selbst Barnolf. Auf ihn reagierte Octavia aber eher nicht. Sie fragte sich sowieso, warum er es überhaupt wagte mit ihr zu sprechen, nachdem was passiert war.
“Habt ihr gehört?”, rief er plötzlich zu den anderen Männern und Frauen im Raum, “Bald werden wir, dank der Hilfe aller, das Land befreien!”.
Dann erhob sich ein älterer Mann mit grauem Haar und Bart. “Und ihr denkt das wirklich?”, rief er sichtlich erbost, “Es ist doch eine Frage der Zeit bis der Hauptmann der Königin unsere Pläne verrät!”.
“Du kannst dir sicher sein, dass jeder der hier ist auch das gleiche Ziel verfolgt…”, entgegnete Phelan, der Anführer der Süd-Rebellen, “...Außerdem birgt Octavia für ihn!”.
Der Mann spuckte auf den Boden und sagte: “Die lässt sich doch von ihm um den Finger wickelten, hat eine Liebelei mit unserem Feind… Ist doch klar dass sie ihm alles glaubt!”.
Er fand großen Zuspruch von den anderen Menschen im Raum. Octavia war verwundert. Natürlich bekam sie mit, dass wenig Rebellen Loki akzeptierten. Aber Loki arbeitete schließlich für die Rebellen und sie selbst hatte ihm im Blick.
“Und warum sollte ich das tun?”, rief Loki schließlich verärgert und ging mit ausgebreiteten Armen auf den Mann zu, “Meinst du nicht ich hätte der Königin nicht schon längst sagen können, wo ihr euch versteckt?”.
“Und wer bist du? Deine Informationen bedeuten nichts, du bist nur ein Hauptmann der versucht nach einer Niederlage nicht zu sterben!”, entgegnete der Mann der Süd-Rebellen.
“Ich bin die rechte Hand der Königin!”, schrie Loki zurück, “Meine Informationen sind mehr wert als dein ganzen erbärmliches Leben jemals sein wird!”.
Obwohl Octavia verwundert war, dass Loki scheinbar einen sehr hohen Rang besaß, diesen aber verschwieg, sagte sie nichts dazu. Vor allem nicht, weil wieder ein großer Streit entfachte. Sowohl Mitglieder der Süd-Rebellen, wie auch die der Freien Arnorischen Armee beteiligten sich an den Wortgefechten. Während die Stimmen um Octavia herum leiser wurden, als wäre die junge Frau unter Wasser getaucht, vernahm sie nur noch die Bewegungen der Menschen im Raum. Die Gesten und Lippen. Es sah so aus, als wollte Phelan wie immer die Situation beruhigen, Kael und Barnolf versuchten Loki zurückzuhalten.
Die Rebellin wollte in diesem Moment nur noch weg von diesem Ort, weg von all den Menschen und nur noch ihre Ruhe haben. Sie schloss ihre Augen und bemühte sich an einen anderen Ort zu denken. Ihr gelang es für einen Moment:
Sie befand sich in einen blühenden Wald. Wahrscheinlich auf einer Straße. Vor ihr erschien ein Mann, der sie mit offenen Armen empfing. Es war Deloth. Sofort fiel sie ihm in die Arme. Sie hörte, wie er ihr in das Ohr flüsterte, dass er sie schon ewig vermisste. Der Moment fühlte sich für sie so unfassbar echt an. Sie wollte gar nicht mehr zurück in die Realität.
Als sie von ihm abließ, war der Wald nur noch vertrocknet und die Blätter fielen rasch von den Bäumen. Die Stimmung wirkte nun eher trüb. Ein starker Windzug sorgte dafür dass sie sich umblickte. Als sie zu Deloth sah, war das glückliche und liebevolle Gesicht verschwunden. Er starrte ernst drein und sein Blick strahlte nur noch leere aus.
“Deloth was hast du denn?”, sagte sie zu ihm, doch er antwortete nicht. Dann zeigte er plötzlich in eine Richtung und sagte nur noch: “Er ist hier!”.
Octavia verstand nicht was er meinte. Die Richtung in die er zeigte, war nur von Dunkelheit verhüllt. Sie sah wieder zu Deloth und erschrak. Die Kehle des Mannes hatte eine große klaffende Wunde, aus der das Blut nur so strömte.
Die junge Frau ging wimmernd einige Schritte rückwärts von ihm weg. Sie bemerkte, dass sie nicht weiter rückwärts konnte, da sie gegen eine Wand lief. Vorher befand sich doch dort keine Wand. Etwas legte sich auf ihre Schultern, was sie schaudern ließ. Vorsichtig drehte Octavia ihren Kopf zurück und erblickte eine dunkle Gestalt, die mit ihren rot leuchtenden Augen auf Deloth blickte. Die Gestalt machte ihr Angst weshalb sie versuchte sich von ihr zu entfernen. Das funktionierte allerdings nicht, da die Schattengestalt sie fest im Griff hatte.
Das ist nicht echt… Ich habe keine Angst..., redete sie sich immer wieder zu, während sie versuchte aus ihren Gedanken zu kommen. Sie wollte sich doch an einen schönen Ort mit Deloth denken. Stattdessen holten sie die Erinnerungen immer wieder ein. Mit einem Ruck befreite sie sich von dieser Kreatur und wollte zu Deloth, doch jeder Schritt fühlte sich schwerer und schwerer an. Als liefe sie in tiefen Schlamm, bis sie schließlich zum Stillstand kam. Sie konnte sich nicht bewegen, obwohl sie es versuchte. Sie konnte nur dabei zusehen, wie die Kreatur auf Deloth zu ging, seinen Kopf nach hinten streckte und lachend seine Kehle aufschnitt. Das Lachen dröhnte entsetzlich in ihren Ohren. Dann verschlang die Kreatur alles um sie herum, bis sie nur noch in der Dunkelheit alleine stand.
Langsam vernahm sie viele Stimmen die durcheinander redeten. Erst waren sie dumpf. Dann wurden sie deutlich und klarer…
Octavia schrak schon fast auf, als sie die Augen öffnete und bemerkte, dass sie noch in der großen Versammlungshalle war. Die Männer stritten noch immer miteinander. Sie hörte weiter wie sie sich nur noch beschimpften und gegenseitig die Schuld zu schoben.
Sie wischte sich die leichten Schweißperlen von der Stirn, die sich während des Traumes gebildet hatten. Wenn es denn wirklich ein Traum war. Geschlafen hatte sie ja immerhin nicht. Sie vernahm Thirak, der sie besorgt beobachtete.
“Ach und wo warst du denn die letzten Tage? Hast dich wohl mit deiner Königin verabredet!”, rief der alte Mann der Daskina-Rebellen plötzlich.
Noch erschöpft von den Gedanken entgegnete Octavia: “Er war bei mir…”.
“Seht ihr, ich hatte recht… Er hat sie um seinen Finger gewickelt und sie merkt es nicht einmal! Außer aber, sie macht inzwischen gemeinsame Sache mit unserem Feind!”, rief der Mann. “Er hat wohl gewisse Vorzüge, womit er sie blind macht!”.
Octavia verstand nicht recht was er meinte. Vermutlich konnte man dies auch deutlich aus ihrer Mimik entnehmen.
“Vorsicht Cearl!”, warf Kael nun erbost ein, “Das ist noch immer meine Schwester, über die du sprichst!”.
Dabei ging er schon deutlich auf den Mann zu. Nur Phelan konnte ihn irgendwie noch zurückhalten.
“Verzeih mir Kael, ich denke wir alle hier bei den Süd-Rebellen schätzen dich… Aber es ist doch so! Zwei mal ließ sie sich auf Männer des Hauses Vaneryen ein… Sie war plötzlich verschwunden…”, erwiderte der Mann, der ins Schwitzen kam, “...Dann lasst doch die Hand der Königin sprechen! Mit wem hast du dich die letzten Tage immer wieder getroffen?”.
Die junge Rebellin war entsetzt darüber, dass anscheinend noch immer Anhänger der Süd-Rebellen glaubten, dass Deloth ein Feind war, obwohl er so lange bei ihnen war und ihnen half. Und dazu glaubten sie, Octavia selbst würde die Rebellen verraten und mit Kiana gemeinsame Sache machen.
Erst schwieg sie, denn sie wartete die Antwort von Loki ab, der aber nichts sagte. Ihre Blicke kreuzten sich und sie erkannte seinen schmerzenden Blick. Octavia hoffe nur nicht, dass der alte Mann recht hatte.
“Hätte ich die Hauptmänner nicht getroffen, wärt ihr schon lange tot!”, sagte Loki.
Der Mann, der wohl Cearl hieß, hielt seine Arme siegend in die Höhe und rief:”Ha! Hab ich es euch nicht gesagt!”.
Die Antwort Lokis erschütterte die junge Frau. Immer wenn er weg war, erzählte er, er hatte nur die Umgebung erkundet oder etwas Essbares besorgt. Wenn er schon damit log, was hatte er noch erfunden, um nicht getötet zu werden? Hatte der alte Mann wirklich recht und sie hatte sich um den Finger wickeln lassen? War sie blind vor der Wahrheit?
“Ist das wahr?”, fragte Octavia bestürzt, während ihre Stimme versagte. Loki nickte ihr nur zustimmend zu. “Ich musste es tun…”, sagte er noch, “...Kiana hätte ihre ganze Armee hier hoch geschickt!”.
“Das ich nicht lache!”, rief der Mann namens Cearl unter großer Zustimmung der anderen. Octavia versuchte ihre Tränen zurückzuhalten. Neben der Traurigkeit stieg in ihr eine unfassbare Wut hinauf. Wut auf sich selbst und auf Loki.
“Ihr versteht auch gar nichts…”, fing Loki an, “...Ihr habt nicht die geringste Ahnung, wozu Kiana noch fähig ist, obwohl sie Minas-Tirith den Erdboden gleich gemacht hat! Ihre Macht, ihr Drache und die neusten Waffen werden euch alle… einen nach den anderen töten!”.
Wieder brach große Diskussion unter den Anwesenden aus. Octavia versuchte alles um ihre Gefühle im Griff zu halten. Alle waren so weit weg von ihr. Egal ob Kael, Thirak oder selbst Phelan Belatan. Sie fühlte sich zwischen all den Daskina-Rebellen so klein und hilflos.
“Ihr habt die größte Waffe gegen Kiana hier bei euch!”, beschwerte sich Loki weiter. Octavia sah auf, denn sie vermutete was er sagen wollte. Sie musste ihn aufhalten, denn niemand sollte von ihrem wahren Vater erfahren. So schnell es ging versuchte sie ihn zu erreichen, doch sie schaffte es nicht.
“Halt! Loki, Stop!”, rief sie immer wieder. Doch es war zu spät. Die Worte glitten ihm, so aufgebracht wie er war, über die Lippen.
“Sie ist die Halbschwester Kianas! Die zweite Tochter Thurions!”, rief er und zeigte dabei auf sie, “Und ihr verärgert sie? Sie ist auch eine Maia, verdammt! Eure Waffe gegen die Königin!”.
Genau diese Worte wollte sie nicht hören. Genauso wenig wollte sie, dass irgendjemand anders sie hörte. Nachdem ein lautes Raunen durch die Halle hallte, hatte sie das Gefühle alle Augen wären auf sie gerichtet. Selbst Thirak starrte sie förmlich an. Einzig und allein Kael vergrub sein Gesicht in seine Hände. Der Hass in ihr drinnen wurde stärker. Sie fragte sich, ob Loki absichtlich ihr Geheimnis ausplauderte. Vielleicht wollte er sie vor allen demütigen, oder sie vor allen unbeliebt machen, weil er sich noch für die verlorene Schlacht Rächen wollte. So viele Gedanken schwebten ihr im Kopf.
“Das ist interessant…”, hörte sie noch Barnolf Godon leise sagen, doch ihr war es egal. Was machte es jetzt für einen Unterschied.
Sie stürmte nur noch auf Loki zu, griff sich ihr Schwert und packte Loki an den Klamotten.
“Es tut mir leid… Ich wollte nicht…”, wollte er gerade sagen, da schubste sie ihn zwei Rebellen entgegen.
“Los, bringt ihr raus!”, sagte Octavia nur wütend.
Draußen war der Boden wieder feucht und schlammig. Leichter Nebel breitete sich um das Lager herum aus. Es hatte wohl geregnet, als die Diskussion ausbrach. Immer wieder hörte sie beim herausgehen die Rufe von Thirak und Phelan, die sie aufhalten wollten. Die Mitglieder der Süd-Rebellen dagegen feuerten die ganze Situation an. Sie warteten scheinbar schon erpicht darauf, die rechte Hand der Königin tot zu sehen.
Octavia war dem auch nicht abgeneigt. Immerhin hatte er sie verraten, hatte ihr Geheimnis ausgeplaudert, womit sie selbst noch nicht zurecht kam. Sie wollte es ihrem Bruder selbst sagen. Die richtige Gelegenheit dafür finden. Stattdessen nahm er ihr jede mögliche Chance. Und dann log er ihr noch in ihr Gesicht. Er traf sich immer wieder mit Abgesandten aus Fornost um Informationen auszutauschen und ihr vermittelte er ein Gefühl von Fürsorge. Sie wusste nicht recht ob sie mehr Hass auf Loki haben sollte, weil er ihr etwas vorspielte, oder auf sich selbst, da sie ihm überhaupt vertraute und sich auf ihn einließ.
Die zwei Rebellen brachten Loki nach draußen und drückten ihn zu Boden. Viele Schaulustige kamen dazu, die ebenfalls den Hauptmann der Königin beschimpften. Octavia drängte sich durch die vielen Männer und Frauen, die mit aus dem Haupthaus kamen. Sie sah auf Loki herab, der vor ihr auf den Knien war. In ihr sprudelte die Wut, die er in ihr auslöste.
“Octavia, bitte tu das nicht!”, sagte Thirak, der ihr nach draußen gefolgt war und neben ihr stand, “Du bist keine Mörderin!”.
“Da liegst du falsch!”, entgegnete sie nur kühl und hielt Loki ihr Schwert an den Hals.
Loki sah daraufhin zu ihr auf und entgegnete ruhig: “Na las, bring es hinter dir…”.
Auch wenn sie ihm am liebsten sofort das Schwert in den Hals rammen wollte, hielt etwas in ihr sie auf, als er die Worte sagte und sie traurig ansah. Im gleichen Moment ertönte der Alarm der Rebellensiedlung. Immer wieder hallte der Schlag auf eine Metallscheibe durch den Wald. Die umherstehenden Rebellen wurden alle in ihre Häuser geschickt, nachdem Phelan und Thirak riefen, dass Feinde gesichtet wurden. Octavia ließ sich davon weniger beeindrucken. Sie wollte den Mann, der vor ihr auf dem Boden kniete, tot sehen.
“Octavia!”, versuchte Phelan sie zu erreichen, aber sie wollte und konnte ihn nicht hören. Zu sehr stieg der Zorn in ihr auf.
“Octavia, nimm das Schwert herunter!”, mahnte Phelan weiter, “Und komm nach drinnen!”.
Aber die junge Frau zeigte keine Regung. Sie hielt die Klinge ihres Schwertes weiterhin an Lokis Kehle und starrte ihn an.
“Sie haben Deloth genauso auf die Knie gedrückt…”, fing er schließlich an, “...Barnolf stand an der gleichen Stelle, dort wo du stehst… Er hielt ihm eine Klinge an seinen Hals!”.
Octavia kamen wieder die Erinnerungen an Deloth in dem Sinn. Sie sah ihn vor sich, sein Gesicht. Wie er dort Kniete und Barnolf ihm sein Schwert an den Hals hielt. Wie Barnolf ihm die Kehle aufschnitt und Deloth zu Boden fiel. Auch an ihren Tagtraum von vorher dachte sie für einen kurzen Moment.
“Ich weiß…”, presste sie nur heraus, während ihre Lippen bebten,”...Ich war selbst dort…”.
“Wenn du das tust, machst du das gleiche was Deloth widerfahren ist mit ihm!”, sprach Phelan ruhig.
Ihr hasserfülltes Gesicht formte sich in ein traurigen Ausdruck. Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Auch wenn sie Loki in die Augen sah, hatte sie das Gefühl Deloth vor sich auf dem Boden knien zu haben. Sie schluchzte und warf schließlich ihr Schwert auf den Boden. Sie konnte ihre traurigkeit nicht mehr zurückhalten, ebensowenig wie die vielen Tränen, die über ihr Gesicht flossen. Phelan versuchte sie in ihre Arme zu nehmen und redete ihr immer wieder zu.
“Es ist okay…”, wiederholte er oft, “...Es ist okay, lass uns nach drinnen gehen…”.
Doch ihr halfen all diese Worte nichts. Sie wollte auch nicht wieder in das Haupthaus der Daskina-Rebellensiedlung hinein, geschweige denn überhaupt in der Siedlung bleiben. Sie beschloss einfach abzuhauen. Es war doch sowieso egal. Es dachten doch alle, dass sie auf Kianas Seite war. Zu diesem Zeitpunkt erst recht, nachdem Loki die Wahrheit über ihren Vater verriet. Die Trauer und der Schmerz in ihr waren so stark, dass sie dachte sie zerbrach innerlich. Für sie fühlte es sich so an, als schnitt ihr jemand ihr Herz heraus, wie sie es bei Deloths Tod fühlte.
“Octavia warte!”, hörte sie Phelan noch rufen, “Wo willst du denn hin?”.
Sie wollte allerdings nicht darauf hören. Sie wollte nur noch weg. Schluchzend rannte sie durch die Tore des Palisadenwalls und in den Wald von Eregion hinein. In erster Linie war es ihr egal wohin. Hauptsache weg von allen...
Octavia flieht in unbekannte Richtung...