Fornost (Arnor)
Octavia auf dem Weg nach Fornost…
Die nächsten Tage blieb Octavia meist an der Seite von Kael, bis es ihm besser ging. Zu ihrem Glück erholte er sich schnell, sodass sie sich um ihn keine weiteren großen Sorgen machen musste. Auch war sie auch froh, dass niemand etwas zu ihrem Geheimnis sagte, welches Loki preisgegeben hatte.
Selbst die Leute, die Octavia bezichtigten, mit Kiana zusammen zu arbeiten, weil sie ihre Halbschwester war, sagten nichts mehr zu ihr. Sie hoffte, dass die Süd-Rebellen vielleicht einfach die Worte von Loki vergessen hatten.
Aber wahrscheinlich lag es aber auch nur daran, dass der Angriff auf Fornost bevorstand und so keiner Zeit und Kopf dazu hatte die junge Rebellin zu verurteilen.
Der Angriff sollte diskret verlaufen. Fornost war von zwei Mauern umgeben: Die äußere Mauer, wo sich die alten Wohnviertel der Stadt befanden. Diese waren aber überwiegend leer und nur noch von wenigen Menschen bewohnt. Nur einzelne Truppen der Krone lagerten dort um Eindringlinge rauszuhalten, die in die Stadt kamen und dort nichts zu suchen hatten. Nur die Bewohner der Stadt selbst lebten dort. Der Teil der Stadt war auch größtenteils verkommen. Die innere Mauer umgab den Palast und das alte Regierungsviertel von Arnor. Dort befanden sich der Legat und seine Soldaten. Aber auch die einige Bewohner der Stadt. Generell hatte Fornost keine große Bevölkerung mehr. Es war Platz für viele vorhanden, doch die meisten wanderten nach Angmar oder den Süden ab.
Einige Rebellen schlichen sich in die Hauptstadt Arnors um die Tore zu öffnen, sobald die übrigen vor Fornost bereit waren. Pascima, Dascina und Utarra warteten gemeinsam unter Führung der Freien Arnorischen Armee auf die Möglichkeit endlich Arnor aus den Klauen der Drachenkönigin zu befreien.
Phelan wollte zunächst nicht, dass Octavia am Angriff teilnahm. Für ihn war es keine gute Idee sie bewaffnet zusammen mit Barnolf Gondon in eine Schlacht zu schicken. Zum einen da er der jungen Frau das nicht zumuten wollte und zum anderen fürchtete er sich davor, dass sie etwas dummes tat. Allerdings beharrte sie dermaßen darauf, ihren Bruder nicht wieder im Stich lassen zu wollen, sodass Phelan schließlich nachgab und sie gewähren ließ.
Draußen vor den Mauern, im Wald vor Fornost versteckt, traf sie auch auf Indro, der die Utarra-Rebellen anführte. Er selbst schien erst nicht begeistert gewesen zu sein sie zu sehen. Natürlich wusste er von ihrer Reise nach Minas-Tirith und war enttäuscht. Enttäuscht darüber, dass sie sich von ihren Gefühlen leiten lassen hat, anstatt so zu Handeln, wie er es ihr beibrachte. Ein Krieger konnte nur abwägen was richtig und was falsch war, wenn ihm bewusst war, was er machte. Er sagte immer, dass dies unter dem Einfluss der Gefühle unmöglich war. Auch wenn er wütend auf sie war, konnte er sie nicht ganz verstoßen. Zu stark war die Bindung der beiden inzwischen. Octavia war aber klar, dass sie nicht mehr seine Blutkriegerin sein konnte. Mehr als akzeptieren konnte sie es nicht.
Die Tore öffneten sich und immer wieder betraten Grüppchen der Rebellen die Hauptstadt Arnors. Schließlich war Octavias Gruppe mit Phelan, Thirak, Indro und Kael dran.
Schnell und leise passierten sie die Tore und liefen durch die verlassenen Straßen. Die junge Frau war leicht irritiert von den vielen leerstehenden und zerfallenen Häusern. Der Anblick war ein ganz anderer, als er sich in Minas-Tirith präsentierte.
Überall lagen leblose Körper der bereits getöteten Soldaten der Krone herum. An den Toren der zweiten Mauer kam es zu kämpfen zwischen Rebellen und den Truppen der Krone. Octavia kämpfte sich mit den anderen durch ihre Feinde um weiter vorzudringen. Überrumpelt, wie die Soldaten von Fornost scheinbar von diesem Angriff waren, konnten sie kaum Gegenwehr leisten. Auch viele Bewohner der Stadt rannten panisch durch das Geschehen. Ihnen tat allerdings niemand etwas.
Die junge Rebellin duckte sich, als eine Salve von Pfeilen aus den Fenstern des Palastes von Fornost verschossen wurden. Im Gedränge hörte sie nur, wie Thirak den Rebellen befahl, sich auf der Mauer durchzukämpfen und ebenfalls Schützen dort zu positionieren. Sie selbst entschied sich dafür, weiter vorzudringen, um in den Palast zu gelangen. Indro und Kael. blieben stets an ihrer Seite.
Einige der Rebellen brachen mit einem Baumstamm die Flügeltüren auf, sodass sie hinein konnten. Octavia folgte ihnen in den Palast. Erst dort befanden sich die meisten Soldaten Kianas. Schnell versuchte sie sich durch die langen Korridore des steinernen Gebäudes durchzukämpfen. Immer wieder versuchten die Verteidiger Barrikaden aufzubauen, um die Rebellen so hinzuhalten. Doch die ersten Barrikaden wurden meist einfach überrannt.
Octavia lief vorne mit dabei, als sie von einer Schaar Armbrustschützen überrascht wurde. Sie sprintete wieder in einen anderen Gang, als die Bolzen in ihre Richtung schossen. Schnell atmend ließ sie sich an der Wand zu Boden rutschen. Barnolf Godon kam den Gang mit seinen Männern entlang. Mit erhobenen Schilden stellten sie sich den Armbrustschützen und streckten sie nieder. Die junge Rebellin sah um die Ecke, um zu sehen, ob die Luft rein war. Ihr war es recht, wenn Barnolf in dieser Schlacht sterben sollte. Dann gab es ein Problem weniger, um das sie sich kümmern musste. Wenn nicht, wollte sie dafür sorgen, dass er ein Schwert in seinem Rücken hatte. In diesem Gedränge fiel es wohl kaum auf. Sie sah dem Mann noch erzürnt hinterher, der sich mit seinen Truppen durch kämpfte.
Im Selben Moment kamen Indro und Kael wieder an ihrer Seite. Indro beobachtete Octavia die ganze Zeit besorgt, was ihr schließlich auch auffiel.
“Warum guckst du mich die ganze Zeit so an?”, keifte sie ihn an. “Und warum seid ihr beide die ganze Zeit bei mir?”.
“Ich wache darüber, dass du nichts dummes tust, Octavia!”, entgegnete Indro scharf. Die junge Frau verdrehte die Augen. “Was soll ich schon tun?”.
“Wenn du Barnolf tötest, könnte es die ganze Arbeit zunichte und all die Tode sinnlos machen!”.
“Warum sollte ich das machen?”, fragte sie leicht entsetzt, aber eher weil sie sich ertappt fühlte.
“Du hattest deine Gefühle auch nicht im Griff… Bist lieber der Rache gefolgt und nach Minas-Tirith gegangen…”.
Octavia antwortete nicht. Ihr war es klar, dass Indro darüber verärgert war. Doch ändern konnte sie es nicht. Wäre sie erfolgreich gewesen und die Königin tot, hätte niemand ihren Weg hinterfragt. Alle hätten davon profitiert. Sie entschied sich dazu, einfach weiterzugehen. Gespräche gewannen nicht den Krieg, sondern taten.
Wieder kämpfte sie sich durch ihre Feinde, die nur noch vereinzelt in den Gängen des Palastes irrten. Die Taktik der vereinten Rebellen ,die Versorgung von Fornost nach und nach abzuschneiden, zeigte wohl Wirkung. Vor allem mangelte es dem Legaten von Fornost an neuen Soldaten. Somit war es klar, dass nur noch wenige übrig waren.
Sie war in ein Duell mit zwei Männern verwickelt. Irgendwie gelang es ihr, den ersten zu entwaffnen und ihn einen Tritt zu geben, sodass er nach hinten fiel. Die Schwerthiebe des anderen parierte sie und stach schließlich ihre Klinge in seinen Bauch.
“Wie es aussieht hast du nichts verlernt!”, stellte Indro außer Atem fest. Octavia grinste ihm zufrieden entgegen, doch bevor sie etwas sagen konnte, stürmte eine Gruppe von Feinden in den Gang.
“Schnell, zieht euch zu den anderen zurück!”, befahl der Anführer der Utarra-Rebellen. Seine Krieger und Kael rannten in die entgegengesetzte Richtung. Octavia versuchte auch so schnell sie konnte zu rennen, doch auch die Verteidiger zogen das Tempo an. Die junge Rebellin musste aufpassen, nicht über die vielen Körper und Gegenstände zu stolpern, die auf dem Boden verteilt lagen. Sie lief in verschiedene Richtungen, um ihre Feinde abzuschütteln. Indro und die anderen hatte sie schon lange verloren. Mitten im Sprint wurde sie plötzlich gepackt und in eine Türe hineingezogen.
Es war Barnolf mit seinen Leuten. Auch er schien außer Atem zu sein und nickte ihr zu. Sie schwieg. Bei ihm bedanken wollte sie sich auch nicht wirklich. Wofür auch? Seine Leute verschlossen die Türen und stellten verschiedenste Möbelstücke davor, um sie zu verbarrikadieren.
Der Raum in dem sie waren, wirkte wie die alten Gemächer des ehemaligen Fürsten von Arnor. Zwei weitere Türen waren in diesem Raum. Eine führte zu einem Balkon, die andere vermutlich zu einem anderen Gang des palastes. Auch stand ein großes Bett in der Mitte.
Sie beobachtete Barnolf Godon, wie er auf den Balkon ging und hinaus sah. Überall hörte man Kampfgeschrei und Metall, dass aufeinander prallte.
Octavia setzte sich zunächst auf eine Kiste, die sich in diesem Raum befand. So konnte sie sich wenigstens ein wenig ausruhen. Gleichzeitig musste sie aber auch die Gedanken unterdrücken, Barnolf nicht auf der Stelle töten zu wollen. Für sie war es schon schlimm genug, mit ihm in einen Raum gesperrt zu sein. Es war nur ein Schritt um ihn endlich zu töten. Ein Hieb mit dem Schwert und es war vorbei. Es gab niemanden der sie daran hindern konnte. Lediglich drei Männer von der Freien Arnorischen Armee, die sich mit ihnen im Raum befanden. Davon war einer schwer verwundet.
Sie nahm sich einen kleinen Schleifstein aus der Tasche und wetzte ihre Klinge, um sie zu schärfen. Dabei entging ihr das Gespräch der Männer nicht.
“Barnolf… Ihm geht es zusehends schlechter...”, sagte einer. Barnolf ging auf den Mann, der auf das große Bett im Raum lag, zu und sah sich seine Wunden an.
“Seine Stirn ist ganz heiß…”, stellte Barnolf fest, der den kopf des Verwundeten berührte.
“Es tut mir leid… Ich konnte der Sache Arnor nicht dienen…”, brachte der verwundete Mann ätchzend hervor.
“Keine Sorge, es wird weitere Kämpfe geben, für die du dich einsetzten kannst!”, entgegnete Barnolf. “Bringt ihn besser hier raus… Sonst überlebt er es nicht...!”.
Octavia wurde hellhörig, als er seinen anderen beiden Männer befahl den Verwundeten hinaus zu schaffen.
Wärst du doch mal so fürsorglich gewesen, als du Deloths Kehle durchtrennt und mich verbannt hast…, dachte sie sich nur. Innerlich kochte sie schon wieder und die Erinnerungen an Deloths Tod drangen in ihren Kopf.
“Ich werde euch nicht alleine lassen, Herr…”, sagte einer der Beiden.
Octavia musste innerlich lachen. Sie wusste nur nicht recht, ob über die väterliche Art von Barnolf für seine Soldaten, oder dass sie ihn mehr als heuchlerisch fand. Sie fragte sich, ob seine Männer auch das wahre Gesicht kannten.
“Ich bin auch noch hier… Er ist nicht alleine…”, sagte Octavia leicht nachdenklich, während sie noch ihr Schwert schliff. Die Männer sahen sie fast schon wie vom Blitz getroffen an. Sie könnte schwören, selbst in Barnolfs Augen ein fünkchen Angst erkannt zu habe. Er seufzte nur.
“Er kann nicht alleine gehen… Ihr müsst ihm zu zweit helfen… Los!”.
Dann halfen sie den Verwundeten und brachten ihn durch die andere Türe nach draußen. Lautes Schlagen gegen die verbarrikadierteb Türen war zu hören. Die Möbelstücke wackelten. Sie bemerkte aus dem Augenwinkel, dass er sich vor ihr stellte.
“Wenn wir das überleben wollen, müssen wir zusammenstehen…”, versuchte er ihr klarzumachen.
Octavia sah ihn nicht an. “Jetzt sagst du das so....”, entgegnete sie ruhig, aber sarkastisch. Sie spielte damit auf seine früheren Worte an, als er einfach Deloth verdächtige und tötete, anstatt zusammenzustehen. Währenddessen wurde weiter heftig gegen die Türen geschlagen, um diese irgendwie zu öffnen. Die ersten Möbelstücke fielen zu Boden, sodass die Türen einen Spalt geöffnet wurden.
“Sie sind schnell…”, stellte Barnolf fest. “Hier kommen sie…”.
Er zog sein Schwert und begab sich in Position. Octavia erhob sich leicht widerwillig und stellte sich neben ihn, aber etwas nach hinten versetzt. Durch weitere Schläge waren die Soldaten durch einen Spalt zu sehen.
“Zunächst werden nur wenige hereinstürmen... Wir machen es wie dein Bruder es machen würde…”, sagte er nervös, “...Wir lassen sie rein, fällen die ersten und nehmen uns aber Zeit für den Kampf, sodass die anderen weiter vordringen können! Alles klar?”.
Die junge Rebellin nickte ihm nur zu. Sie war selbst aufgeregt und ihr Herz raste. Gleichzeitig hatte sie diese Versuchung ihn endlich zu töten, versuchte aber zu widerstehen. Es war die Möglichkeit ihn ein für allemal loszuwerden. Niemand war dort. Niemand konnte es sehen und sie konnte es beruhigt auf die Feinde schieben.
Die Türflügel brachen auf und knallten lautstark gegen die Wände. Die ersten Männer der Krone kamen herein, allerdings mit langsamen Schritten. Bevor sie eingriff, sah sie immer wieder zu Barnolf.
Du machst es hier nicht mehr lebendig raus!, dachte sie sich und aus einer Kurzschlussreaktion heraus, schnitt sie mit ihrem Schwert in seine Kniekehle, sodass er zu Boden ging. Sofort stürmten die Soldaten auf ihn zu. Octavia ging nur einige Schritte zurück, etwas schockiert von sich selbst, und sah dabei zu, wie er sich verzweifelt versuchte zu wehren.
Dann kam Kael aus der Richtung, in der die Männer Barnolfs verschwunden waren, gestürmt. “Octavia, was machst du da zur Hölle!”, rief er und schoss mit einer Armbrust auf die Feinde.
“Kael, nein!”, rief sie nur verzweifelt, als ihr Bruder dem Mann half, der ihr Leben zerstörte. Beide Männer kämpften gegen ihre Feinde. Octavia sah dabei zu und hoffte inständig darauf, dass der Anführer der Freien Arnorischen Armee von einer Klinge getroffen wurde. Schnell half Kael Barnolf auf die Beine, als keine Feinde mehr in diesem Raum waren. Weitere schwere Schritte waren zu hören, die in ihrer Richtung kamen.
“Bist du in Ordnung?”.
“Sie hat mir ins’ Bein geschnitten!”, rief er voller Schmerzen. Octavia wusste, dass es ihrem Bruder sicher nicht gefiel. Deshalb bemerkte sie auch schnell seinen erbosten und vorwurfsvollen Blick.
“Schnell kommt!”, hastete Kael, während er Barnolf abstützte und aus der anderen Tür floh. Octavia folgte ihnen. Schnell schlossen sie die Tür und stellten auch dort Möbelstücke, die auf den Gängen standen, davor.
“Ich hab dir gesagt, du sollst deine Gefühle im Griff haben, wenn wir überleben wollen!”, beschwerte sich Barnolf.
Sei einfach still dachte sich die junge Frau. Sie wollte von ihm nichts hören. Vor allem weil sie schon die ganze Zeit mit sich und ihren Gefühlen haderte.
Alle drei lehnten sich gegen die Türe um sie verschlossen zu halten. Octavia schlug ihren Hinterkopf mehrere Male gegen die hölzernen Gegenstände, um ihren Hass zu unterdrücken. Es fühlte sich für sie an, als wollte ihre innere Leere und Traurigkeit sie von innen zerfressen.
“Octavia...Hey, Octavia! Hör mir zu!”, versuchte Kael sie zu beruhigen. Mit Tränen in den Augen sah sie zu ihm auf.
“Ich weiß wie du dich fühlst… Ich habe mehrmals meine Gelüste nach Rache vor allem gestellt… Als ich die Armee aus Angmar vernichtet hatte und sinnlos die gegenoffensive aus Fornost angegriffen habe… Es hat mich auf die Falsche Seite gebracht!”.
Die Erinnerungen an die Vergangenen Ereignisse machten es nicht leichter für sie, weshalb sie ihren Bruder nur schweigend, aber traurig, ansah
“Die haben schön im ganzen Palast auf uns gewartet! Und ich dachte wir überraschen sie mit unserem Angriff!”, warf Barnolf dazwischen.
“Ich will nicht, dass das Gleiche mit dir passiert!”, sagte Kael weiter zu Octavia und ignorierte zunächst den Anführer der Freien Arnorischen Armee. Es wirkte fast, als wollte er nochmal um Verzeihung bitten, für das was er tat.
Sie seufzte. “Haltet die Tür verschlossen...Ich werde nach Indro und den anderen suchen…”, schlug sie nur vor. Kael nickte ihr zu.
“Es war die falsche Seite?”, hörte sie nur Barnolf sagen, während sie sich geduckt vergewisserte, ob die Luft auf den Gängen vor ihr rein war. “Wäre die Armee aus Angmar da geblieben, hätte Pascima angegriffen… Du weißt es!”.
“Ich wollte die Dinge wie du sehen, dass alle anderen die Bösen sind und wir… du mit der Freien Arnorischen Armee…. die Guten… ich weiß nicht was ich jetzt glauben soll, aber ich weiß, dass ich das getan habe, was ich tat…”.
Scheinbar meine ihr Bruder es ernst, als er sagte, er bereute das was er getan hat. Das waren die letzten Worte, die Octavia mitbekam. Mehr wollte sie sich auch nicht mit anhören. Weiter in der Nähe Barnolfs zu sein und die Erunnerungen an Deloth lösten in ihr Beklemmung aus. Ein Gefühl von Ersticken.
Octavia rannte weiter durch die Gänge. Endlich fand sie die anderen Rebellen, die sich mühsam durch die Reihen der Feinde kämpften und vor dem Thronsaal standen. “Indro! Thirak!”, rief die junge Rebellin.
“Octavia!”, rief Thirak lautstark zurück. “Wo ist Kael?”.
“Eine größere Truppe ist hinter ihnen… Die Türe… Sie bricht gleich…”, erklärte sie außer Puste. Sofort befahl Indro einigen seiner Utarra-Rebellen ihm zu folgen und machte sich auf dem Weg in die Richtung, aus der Octavia kam.
Die Rebellen um Thirak versuchten währenddessen den Thronsaal mit dem selbstgebauten Rammbock zu öffnen. Octavia reihte sich bei ihnen ein. Zurück zu Barnolf wollte sie ganz sicher nicht. Als endlich die großen Türen aufgeschlagen wurden, schoss eine Salve Pfeile und Bolzen in ihre Richtung. Viele der Rebellen, darunter auch Octavia und Thirak, duckten sich, um den Geschossen auszuweichen.
Die junge Rebellin schnappte sich ein zweites Schwert, welches auf dem Boden lag und stürmte hinter ihren Verbündeten in den Thronsaal. Es befanden sich nicht mehr viele Feinde im großen Saal. Nur der Legat und fünfzig seiner Männer. Octavia machte sich sofort auf dem Weg, den Anführer aus Fornost zu bekämpfen, der Schwert und Schild bei sich trug. Immer wieder versuchte sie ihn irgendwo am Körper zu treffen, doch jeden ihrer Schläge wehrte er mit seinem Schild ab. Sie musste schon eher aufpassen, nicht selbst von ihm getroffen zu werden. Der Legat drang sie mit seinem Schild nach hinten, sodass die junge Frau einige Schritte zurück taumelte. Er setzte mit einem starken Tritt nach, sodass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Einige Zeit blieb sie liegen. Der Mann des Hauses Vaneryen war ihr viel zu überlegen, als dass sie ihn bekämpfen konnte. Sie sah sich nach einer Alternative um, während der Legat weitere Rebellen zu Fall brachte, die in angriffen. Octavia nahm einen Speer und warf ihn mit voller Wucht in Richtung des Legaten, der im selben Moment seinen Männer noch einmal den letzten Befehl zum Angriff gab. Er wurde vom Speer erwischt, verstummte und fiel zu Boden.
Die junge Frau kämpfte noch gegen einige der Soldaten, die aber schon ihre Waffen niederlegten.
“Wir geben auf! Bitte!”, rief einer von ihnen.
“Los verschont sie, aber nimmt sie gefangen!”, befahl Thirak Eisen und hoffte, dass die Rebellen auf iin hörten. Grob wurden die Gefangenen zu Boden gedrückt und gefesselt.
Octavia atmete durch, denn der mühsame Kampf war endlich vorüber. Fornost gehörte den Rebellen. Die Hauptstadt Arnors war in ihren Händen. Sie sah sich im Thronsaal um. Viele Kerzen erhellten den Raum und ein großes schwarzes Banner, das den roten dreiköpfigen Drachen zeigte, hing dort, wo der Thron Arnors mal gestanden haben musste. Davor war ein Stuhl mit einem Tisch aufgestellt, an dem der Legat gesessen hatte. Octavia musste lächeln, als das Banner von einigen Kriegern gelöst worden war und laut rawchelnd herunterfiel. Viele Kämpfer der Rebellen füllten den Saal.
Es gab ihr wenigstens ein kleines Gefühl der Befriedigung, endlich etwas im Norden erreicht zu haben. Inzwischen war auch Phelan angekommen und sah sich erstaunt um. Auch Indro, Kael und Barnolf betraten den großen Raum.
“Wir haben gesiegt!”, rief einer der Anführer der Pascima-Rebellen und großes Jubeln brach aus. Octavia jubelte nicht mit. Ihr war nicht danach. Vor allem, weil sie wieder die Gedanken an Deloth im Kopf hatte. Sie wusste, wie sehr er daran Teil gehabt haben wollte, würde er noch leben. Sie hockte sich zu dem toten Legaten und nahm seinen Helm ab. Auch er war, wie Deloth aus dem Osten und hatte einen dunkleren Hautton. Die junge Frau seufzte. Sie untersuchte den Körper in der Hoffnung etwas wichtiges zu finden. Doch bis auf seine Rüstung und Waffen hatte er nichts bei sich.
Sie erhob sich und erschrak fast, weil Barnolf dicht hinter ihr stand. Er schien ebenfalls zu seufzen und es wirkte, als wollte er ihr etwas sagen. Octavia aber, wollte nicht mit ihm reden. Wozu auch? Er war ein Mörder. Barnolf ließ sie nur innerlich brodeln und traurig werden.
Warum hat ausgerechnet er überlebt?, ärgerte sie sich.
“Hör zu… Ich weiß wir verstehen uns nicht wirklich, aber ich wollte nur…”, brachte er hervor, verstummte zügig. Denn Octavia rammte ihm kurzentschlossen ihr Schwert in den Bauch. Sie wollte seine Worte nicht mehr hören. Sie wollte nur noch dass er stirbt… Sie wollte nur noch ihre Rache für das was er Deloth antat.
Die Gespräche um sie herum verhallten plötzlich. Alle Blicke waren auf Octavia gerichtet, als der Anführer der Freien Arnorischen Armee stöhnend zu Boden stürzte. Sie sah ihm noch zu, wie er seine letzten Atemzüge machte und an seinem eigenen Blut erstickte. Endlich war er tot. Es gab ihr eine Befriedigung. Ihr war es in diesem Moment egal, was das bedeutete, dass sie ihn umgebracht hatte.
Ohne sich auch nur einmal umzusehen, verließ sie einfach den Saal nach draußen. Bevor sie den Palast aber endgültig verlassen konnte, wurde sie von Phelan Belatan und einigen Daskina-Rebellen aufgehalten. Phelan befahl ihnen sie in eines der leeren Zimmer des Regierungsgebäudes zu bringen, um sie dort vorerst gefangen zu halten…
Octavia in einem Zimmer in Fornost….