Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Eregion

Ost-in-Edhil

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Curanthor:
Mathan, Oronêl, Kerry, Halarîn, Adrienne, Finelleth, Celebithiel, Forath und Aéd aus dem südlichen Eregion

Nach dem Gespräch mit Kerry, das Mathans Laune etwas aufpolierte, führte er die Gefährten langsam in Richtung Osten. Dort, wo er zuvor schon sehnsüchtig in die Ferne geblickt hatte. Es war bereits später Nachmittag und kaum Wolken am Himmel. Er führte sie auf einem verborgenen Elbenpfad, den er selbst vor sehr langer Zeit sehr oft benutzte. Es überraschte ihn, wie schnell er in alte Gewohnheiten verfiel, obwohl es sehr lange her war, dass er hier umherwanderte. Sein Blick ging zu Kerry, die neben ihm lief und sich aufmerksam umblickte. Mit einem Schmunzeln bemerkte der Elb, dass sie die Schultern nicht mehr einzog und die Brust dafür etwas herausstreckte. So fand er, dass sie gleich viel erwachsener wirkte. Sie bemerkte sein Schmunzeln und hob fragend eine Braue, musste aber selbst lächeln.
„Ich habe mich nur daran erinnert, dass wir auf einem Elbenpfad gerade gehen“, schob er als Grund vor und grinste, „Alte Gewohnheiten“, setzte er nach und lachte leise.
„Dann warst du schon oft hier? Aus welchem Grund?“, fragte seine Tochter und konnte ihre Neugierde nicht verbergen, etwas, dass er schon früh bemerkt hatte.
„Du bist stets durstig nach neuen Wissen, das ist sehr gut, gewöhne dir das ja nie ab“, sagte Mathan mit einem Lächeln und ließ die Hand über einen Baumstamm gleiten, an dem sie vorbeigingen, „Das war sozusagen mein Jagdgebiet hier. Wir sind jetzt östlich von Ost-In-Edhil, hinter diesen Hügeln liegt eine weite Ebene, die in sanften Wellen auf und absteigt. Damals gab es dort einzelne Hulstbäume, die auf den kleinen Hügeln wuchsen und im Sommer dazu einluden im ihren Schatten etwas zu dösen. Ich bin immer hier umhergewandert wenn mein Vater mir gerade keine Lektionen erteilte oder ich nicht in der Schmiede helfen musste. Von den Ebenen aus hatte man einen eindrucksvollen Blick auf die Hauptstadt, die Türme funkelten wunderbar in der roten Abendsonne und boten ein interessantes Lichtspiel. Dir hätte es mit Sicherheit gefallen“, schloss er und strich ihr sanft über das Haar.
Kerry nickte und schien sich den Hulstbaum genauer anzuschauen, den sie hinter sich ließen. Mathan schwieg und blickte kurz zu Halarîn, die etwas weiter hinten neben Adrienne lief und wieder etwas blass aussah. Seine Frau bemerkte seinen Blick und lächelte, auch wenn es etwas schwach wirkte. Ihretwegen hatte er seine Schritte etwas verlangsamt, aber auch, weil er genau beobachten wollte, wie sich das Land in seiner Abwesenheit verändert hatte. Die Gruppe schien das aber nicht zu stören, denn sie plauderten ab und an, während sie sie sich hin und wieder aufmerksam umblickten. Für ihn war es ein ganz sonderbares Gefühl wieder in Eregion zu sein, zum Einen traurig, aber auch gleichzeitig aufregend. Immerhin hatte er seine Familie dabei und bald würden dutzende Elben diese Lande wiederbeleben. Er wusste auch, dass Faelivrin schon immer von seiner Geburtsstätte fasziniert war und war sich sicher, dass sie etwas Besonderes dafür im Kopf hat. Leider hatte er in Tharbad nicht viel Zeit gehabt um mit ihr zu sprechen, aber ihre Aufgabe konnte nicht weiter aufgeschoben werden, besonders als klar wurde, dass sie zwei Ringe zu vernichten hatten.
„Was hat dich dein Vater denn eigentlich gelehrt?“, fragte Kerry und riss den Elb aus seinen Gedanken. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie wieder aufgeschlossen hatte und strich sich nachdenklich über das Kinn. Eigentlich war es sehr viel, was ihm sein Vater gelehrt hatte und daher er wusste nicht so recht was Kerry genau meinte. Auf seine Nachfrage, was genau ihr vorschwebte schien sie etwas ratlos zu sein und meinte schließlich, dass er sich Etwas aussuchen könnte, wovon er erzählen wollte. „Hmm“, machte Mathan und bedeutete der Gruppe, dass sie eine Rast einlegten, „Zuerst sollten wir ein Nachtlager aufschlagen.“ Sie befanden sich in einer weiten Senke, die von sanften Hügeln umgeben war, die vom knöchelhohen Gras bedeckt waren. Oronêl, Halarîn und die anderen beiden Elben traten zu ihnen, gefolgt von Adrienne, sowie Forath und Aéd.
„Wir sind jetzt nahe der ehemaligen Hauptstadt und die Schmieden sind nicht mehr weit, trotzdem würde ich bevorzugen sie erst bei Tagesanbruch  aufzusuchen.“, erklärte Mathan und schnallte dabei seinen Gürtel mit Vorräten ab.
„Und warum das?“, fragte Aéd mit etwas Ungeduld in der Stimme, „Es ist doch gerade erst Nachmittag.“
„Genau deswegen“, antwortete Mathan und nickte zu Sonne, die schon recht tief stand, „Hier geht es recht schnell, außerdem habe ich Sorge, dass wir vom Gebirge aus mit Besuch rechnen müssen, wenn wir im Dunkeln weiterreisen.“
Finelleth schaltete sich überraschend ein: „Zuvor habe ich ein paar Spuren gefunden, sie waren sehr schwer zu entdecken und schwer zuzuordnen. Ich schätze vielleicht eine, oder zwei Wochen alt, aber nicht von Orks.“ In ihrer Stimme schwang Sorge mit.
„Dann entzünden wir kein Feuer“, schlug Oronêl vor und erhielt zustimmendes Gemurmel. Mathan nickte, woraufhin sie es sich in der Senke es gemütlich machten und darauf warteten, dass die Sonne unterging. Einige von ihnen nahmen ein kleines Mahl ein, doch Mathan verzichtete und reichte seine Portion an Halarîn weiter, die ihm zum Dank einen Kuss auf die Wange drückte. Er grinste flüchtig, da er wusste, dass sie in ihrer Schwangerschaft mit Faelivrin stets großen Hunger gehabt hatte. Offensichtlich war dies auch wieder der Fall. Er blickte zu Kerry, die neben ihm saß und dachte eine Weile nach, während die junge Frau kauend einer Erzählung von Adrienne lauschte. Das Mädchen aus Gondor beschrieb gerade wie sie mit ihren Eltern nach Minas Tirith zog.
„Also bist du nicht in Gondor geboren?“, fragte Forath in einer kurzen Pause, woraufhin Adrienne den Kopf schüttelte, „Dachte ich mir, denn dein Namen ist …untypisch.“
Sie musste lachen und verschluckte sich fast an ihrem Stück Brot, das sie gerade kaute und würgte es herunter. „Das habe ich schon so oft gehört“, brachte sie etwas mühsam hervor, „Meine Mutter gab mir den Namen, da ich auf einem Fluss geboren wurde. Also habe ich kein wirkliches Geburtsland und muss auch einen etwas untypisch klingenden Namen tragen. So hat sie es zumindest begründet und machte daraus immer einen kleinen Scherz. Leider weiß ich nicht welchen Fluss, das hat sie nie gesagt und so gut kenne ich mich mit Karten nicht aus“, erklärte Adrienne schließlich und widmete sich wieder ihrer Mahlzeit.
Kerry schien das Thema wechseln zu wollen, da sie wohl merkte, dass ihre Freundin nicht mehr lachte oder grinste. Sie wandte sich an Mathan: "Ontáro, zu meiner Frage von vorhin, hast du etwas, das du erzählen möchtest?“
Der Elb hatte zuerst gehofft, dass sie die Frage vergessen hatte, doch da schien er sich getäuscht zu haben und ein flüchtiges Schmunzeln umspielte seine Lippen. Kurz ließ er seinen Blick über die Gruppe schweifen, wobei ihm die Anwesenheit von Forath und Aéd noch immer etwas ungewohnt war, doch sie störten ihn nicht.
„Na schön, eigentlich hoffte ich, dass ich das nicht beantworte muss, aber als abendfüllende Geschichte, denke ich, kann ich etwas aus meiner Vergangenheit preisgeben“, gab er schließlich ein und überlegte kurz, was er genaue erzählen sollte.
Ihm war klar, dass fast alle Blicke auf ihm lagen, was ihm ein wenig unangenehm war, so konzentrierte er sich auf Kerry, die gebannt zu ihm aufsah.
„Wie man sich es vielleicht denken kann, habe ich diese Senke nicht umsonst ausgesucht“, begann er mit einem kurzen Grinsen, während sich einige rasch um blickten, „Hier bin ich immer mit meinem Vater hergekommen, wenn er mich unterweisen wollte. Damals stand hier noch ein Hulstbaum in der Mitte, der bei einem Sturm umgeknickt war. Daran habe ich meine ersten Schläge ausgeführt und habe natürlich nicht sonderlich gut abgeschnitten. Ich war klein und wir hatten nur selten Zeit, da mein Vater sehr oft und lange in den Schmieden war, da man sich für den Krieg rüstete. Wie man sieht haben diese Ringe schon damals ihren Schatten geworfen. Jedenfalls ging ich nach einer Weile immer alleine hier her um zu üben, da ich meinen Vater stolz machen wollte. Selten begleitete mich meine Mutter, da sie oft in Lindon am Hof des Hochkönigs weilte. Damals habe ich es noch nicht so recht verstanden, aber als ich alt genug war, habe ich mich damit abgefunden. Man mag es vielleicht verwerflich finden, dass man einem kleinen Jungen schon im Kriegshandwerk übte, aber damals wurde jede Hand gebraucht. Deswegen war ich auch oft in den Schmieden als Hilfe, denn dort versuchten sich die Elben stets an weiteren Ringen, die ein Gegenstück zu den Verdorbenheiten darstellen sollten. Leider ist das nie gelungen, einzig Celebrimbor war dazu in der Lage, doch damals war es nicht bekannt. Generell waren die Noldor von Eregion verschwiegen und achteten peinlichst darauf, dass ihre Geheimnisse unter sich blieben. Ich bekam nur das gesagt, was ich brauchte um meine Arbeit zu erledigen: Schwerter, Schilde und Dolche schmieden. Mein Vater dagegen war oft an den aufwändigen Rüstung für die Feldherren und Hauptmänner am arbeiten, er ging auch Celebrimbor zur Hand, wenn sie in die unteren Ebenen der Schmiede verschwanden, wo niemand ohne Erlaubnis eingelassen wurde. Darüber sprach er auch nie, wenn wir am Abend hierherkamen und uns ausruhten."

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Ein schwaches Klacken ertönte und er ließ das schwere Stück Holz fallen. „Ich kann das nicht“, sagte er enttäuscht und zog beleidigt die Mundwinkel hinab.
„Versuch es noch mal“, ermunterte ihn sein Vater, der an einem Abhang der Senke lag und in den Himmel blickte, „Du kannst das, man muss nur die richtige Technik finden.“
„Aber es ist zu groß“, wandte der junge Elb ein und wuchtete das große Holzschwert hoch.“
„Das hat ein Großschwert so an sich, mein Junge“, lachte Amarin und setzte sich dabei auf, „Irgendwann wird man an Gegner herankommen, die etwas größer sind als du, da braucht man auch größere Waffen“, erklärte sein Vater mit einer gewissen Strenge.
„Aber das ist einfach zu groß“; schmollte Mathan und lehnte das hölzerne Großschwert an seine Schulter, der Griff endete an seinem Ohr.
Amarin erhob sich mit einem gespielten Ächzen und kam langsam auf ihn zu, er trug noch immer die Lederschürze der Schmiede und auch sein Gesicht wies einige Russ-Spuren auf, dennoch lächelte er. „Na, immerhin weißt du, wie man es anlehnt, das kann ich nicht jeder.“
„Das ist nur ein großer Haufen Holz mit Griff, das kann jeder“, entgegnete Mathan empört und brachte seinen Vater zu einem herzhaften Lachen. Nach einigen Momenten fiel er in das Gelächter ein, ehe sie sich nach einigen Minuten beruhigten.
„Im Grunde hast du recht, selbst ein Großschwer ist nur ein großer, länglicher Klumpen Stahl mit einem Griff. Der Trick dabei ist, dass du es nie komplett hochheben musst, zumindest nicht bei dieser Sorte von Waffe“, erklärte Amarin und packte das Stück Holz am Griff, „Schaue genau hin, wie ich damit umgehe“, forderte er seinen Sohn auf. Mathan zog eine gespielte Schnute und ging dann doch etwas auf Abstand. Sein Vater ging etwas in die Hocke und ließ das Schwert hinter sich herschleifen, mit einer kurzen Anstrengung seiner muskulösen Arme schwang er die Waffe in einem Halbkreis nach oben. Um den Rückschlag abzufangen machte er eine ruckartige Bewegung mit der Schulter nach vorn. „Siehst du? Du musst es gar nicht komplett anheben“, erklärte Amarin grinsend, „Natürlich brauchst du dafür die passende Rüstung mit den Schulterpanzer.“
„Aber niemand benutzt solche Waffen, woher soll ich denn wissen wie das geht“, sagte Mathan noch immer etwas begriffsstutzig und sah zu seinem Vater auf, der nur still in sich hineinlächelte.
„Na, zeigst du ihm wieder deine verrückten Erfindungen?“, erklang die liebliche Stimme seiner Mutter. Ihre schlanke Gestalt zeichnete sich scharf in der roten Abendsonne ab, die weißen Haare wehten im Wind. Sie trug ein hellblaues Kleid und ging barfuss.
„Mutter!“, rief Mathan glücklich und auch Amarin drehte sich überrascht um.
„Mein kleiner Sohn, es ist schön dich zu sehen“, sagte sie mit einem sanften Lächeln und schloss ihn flüchtig in die Arme, „Du bist groß geworden“, sagte sie stolz und kicherte.

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Mathan verstummte bei seiner Erzählung und blinzelte kurz, zu sehr war er gefangen von seiner Geschichte, die ihm sehr lebendig vorkam. Gerade verkroch sich der letzte Sonnenstrahl hinter den Bergen und fahles Mondlicht fiel in die Senke.
„So hatte ich mir deine Eltern gar nicht vorgestellt“, gab Kerry schließlich nach einer kurzen Stille zu, woraufhin er ihr über die Wange strich.
„Es war einer der Momente, in dem sie sich gut verstanden. Sie mochte es nicht sonderlich, wenn er mir seine Werke zeigte, da sie mich als zu klein dafür befand.“, antwortete er mit einem versonnen Lächeln, „Sie hatten so ihre Streitpunkte, aber eigentlich liebten sie sich immer, egal was zwischen ihnen vorgefallen war.“
„Dann passt das ja, wenn ich dich Schwertmeister nenne“, warf Adrienne spitzbübisch ein und grinste breit, da Mathan sofort das Gesicht verzog, „Oder hast du das Großschwert nicht gemeistert?“, setzt das Mädchen nach und zu seiner Überraschung nickten die beiden Dunländer bekräftigen. Halarîn hatte sich in ihren Mantel verkrochen und schien zu schlafen genau wie Celebithiel; Finelleth bereitete auch gerade ihr eigenes Lager vor
„Wer weiß…“, antwortete Mathan nach einer kurzen Pause und scheuchte seine Schülerin schlafen.
„Soll ich die erste Wache übernehmen?“, fragte Oronêl an Mathan gewandt, der gerade mit Kerry diskutierte, da sie noch etwas wach bleiben wollte.
„Wenn es dir nichts ausmacht, aber weck mich sofort wenn dir etwas merkwürdig erscheint.“
„Das hatte ich auch vor“, entgegnete der Sinda beruhigend und nahm eine bequeme Sitzposition ein.
Nachdem Mathan schließlich auch Kerry zum Schlafen bewegen konnte, verbrachten die Gefährten eine ruhige Nacht. Kurz bevor jedoch die Sonne aufging, rüttelte ihm jedoch jemand an der Schulter.
„Jemand ist hier“, flüsterte Oronêl leise und schien die Ohren zu spitzen. Alle Elben bis auf Halarîn wachen wach, denn ihr Atemrhythmus hatte sich geändert. Von den Menschen schliefen alle noch, wobei Kerry und Forath sich unruhig umwälzten. Mathan schlug seine Decke aus Rohan zurück und kam geschwind auf die Füße, bedacht darauf keinen Lärm zu machen. Angestrengt lauschte er und vernahm sehr leise Schritte, die sich langsam entfernten. Er reagierte sofort und spurtete den Abhang hinauf, Oronêl folgte ihm knapp. Auf der Kuppe angekommen kniff er die Augen zusammen und deutete auf die weite Ebene, die vor ihnen lag. „Dort läuft er… sieht nach einem Elben aus und er hat einen guten Vorsprung“, sagte Mathan und bedeutete seinem Freund den Bogen zu senken, „Trotzdem sollten wir aufbrechen."

Nach der Aufregung waren alle an in der Senke auf den Beinen und hatten ihre Sachen gepackt. Auf die neugierigen Blicke hin, als die beiden Elben zurückkehrten, antworteten sie nur ausweichend. Mathan versicherte aber, dass keine Gefahr bestand, zumindest im Moment nicht, denn der Fremde hätte sie auch überraschen können. Trotzdem beeilten sie sich von der Senke wegzukommen und unter Führung Mathans schlugen sie einen Weg in nördliche Richtung ein. Der Elb hatte zwischenzeitlich die Karte seines Vaters gezogen und studierte sie weiter vorn, wo er sich alleine befand. Zwischenzeitlich hörte er seine Gefährten hinter sich tuscheln, doch er ignorierte es. Nach einigen Biegungen und auf- und abfallenden Hügeln blieben sie auf einer Anhöhe stehen. Kerry nutzte die Pause und schloss zu ihm auf. „Wo ist die Schmiede denn?“, fragte sie und sah sich suchend um, wobei sie die Augen vor der hellen Morgensonne abschirmte.
Vor ihnen lagen fünf Hügel, die mit Steinen und Gras bedeckt waren. Ein kleiner Bach entsprang aus einem der umliegenden Hügel und schien in dem Mittleren zu verschwinden. Der Ort hatte etwas Idyllisches und strahlte eine gewisse Ruhe aus. Eine Ruhe, die Mathan sehr bekannt vorkam. Halarîn erreichte ebenfalls die Anhöhe und ergriff seine Hand. Der Elb war überwältigt von den einstürmenden Gefühlen und seufzte nur tief.
„Wir sind da“, sagte seine Frau leise, woraufhin Kerry, Oronêl und Finelleth sich umblickten.
Mathan deutete wortlos zu dem kleinen Bach und setzte sich in Bewegung. Dabei bemerkte er, dass die beiden Ringträger noch wortkarger waren als zuvor. Umso besser war es, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, auch wenn es nicht ersichtlich war, so kam ihm die Gegend einfach zu vertraut vor. Am Bach angekommen hob er die Karte und tauchte sie zur allgemeinen Überraschung ins Wasser. Einige sogen scharf die Luft ein, und wollten schon etwas sagen. Nachdem das Wasser jedoch von dem Papier abperlte, kamen verschlungene Schriftzeichen zum Vorschein. „Ist das Magie?“, fragte Forath mit einer Mischung aus Entsetzen und Erstaunen.
Mathan lachte leise und schüttelte den Kopf. „Ein Geheimnis meiner Familie“, antwortete er mit einem Augenzwinkern und deutete auf den Bach, „Es ist das Wasser, das mit der Tinte reagiert, aber psst“, er legte einen Finger auf den Mund und begann zu lesen.
Dabei hörte er Kerry mit Adrienne sprechen, die sich über den geheimnisvollen Besucher in der Nacht unterhielten. Beide Mädchen fanden es gruselig und er konnte es in einer gewisser Weise nachvollziehen. Mit einem Brummeln konzentrierte er sich wieder auf die Schriftzeichen, die in einem unüblichen Dialekt geschrieben waren. Nach einigen Momenten hatte er es jedoch herausgefunden und atmete erleichtert auf.
„Es gibt noch einen Eingang“, verkündete er und sorgte für fragende Gesichter.
„Wo? Alles was hier einst stand ist nur noch Staub und Geschichte“, wandte Aéd ein und trat unzufrieden gegen einen Stein. Als dieser herumrollte lugte ein Stück Metall aus dem Gestein.
„Das stimmt, außerdem hast du meiner Erzählung gestern nach nicht richtig zugehört“, erwiderte Mathan mit einem Schmunzeln und ging mit Halarîn an der Hand den Bach entlang zum mittleren Hügel. „Die Schmieden von Eregion“, sagte er mit getragener Stimme und deutete auf den leicht länglichen kleinen Berg. Er maß mit Sicherheit einige hundert Schritt an der längsten Stelle und war auch nicht gerade schmal. Triumphierend führte er die Gruppe auf die Kopfseite des Hügels, dort wo er sich verjüngte. Vor ihnen lag ein großer Haufen Steine, der in der Mitte ein verdächtiges Loch aufwies. „Ist das ein Eingang?“, fragte Kerry ehrfürchtig.
„Ja, aber er sollte nicht so offen daliegen. Seid vorsichtig und fasst auf keinen Fall irgendwas an, unter keinen Umständen“, schärfte er ihnen ein und winkte Oronêl neben sich, „Gib mir Deckung, mein Freund“ Der Waldelb nickte und zog seine Axt.
„Eine unterirdische Schmiede also…“, merkte Forath an, „Beeindruckend.“
Vorsichtig legte Mathan einige Brocken zur Seite und bemerkte dabei, dass diese schon öfters bewegt wurden. Schließlich zog er die Silmacil und zwängt sich durch den engen Spalt, dicht gefolgt von Oronêl. Aus einer stillen Übereinkunft folgten Forath und Aéd, dann Adrienne und zum Schluss Kerry, Halarîn Finelleth und Celebithiel. Sie standen in einem dunklen Raum. Es roch nach alten Holz und kaltem Rauch. Mathan griff nach einer Fackel, die seine Elbenaugen durch den fahlen Lichteinfall von außen entdeckte. Als er sie entzündete, wurde ihnen klar, wo sie waren. Es war ein rundlicher Raum von vielleicht vierzig bis fünfzig Schritt im Durchmesser, sie standen auf einem dunklen Holzboden, der darauf ahnen ließ, dass noch etwas darunter lag. Er bedeutete der Gruppe näher zu treten und deutete auf ein schmales Fenster, rechts und links davon lagen Türen. Durch das Fenster konnte man einen guten Blick in das Innere der Schmiede werfen: Vor ihnen öffnete sich eine riesige Fläche, dutzende Gebäude drängten sich am Boden, der etwa zehn bis fünfzehn Schritt unter ihnen lag. Rechts und links von ihnen ragten mannsbreite Säulen aus zwei separate, kleine Seen bis hinauf in die Decke. Eine hölzerne Galerie spannte sich zwischen den Säulen und verband den oberen Bereich mit dem restlichen Teil der Schmiede. In der Ferne konnte man einen zweiten, rundlichen Bau erkennen, scheinbar die gleiche Art Turm.
„Hier habe ich nur einmal gearbeitet“, erklärte Mathan leise und deutete auf die linke Tür, „Seid wachsam und passt auf wo ihr hintretet, die Galerien haben stellenweise kein Geländer.“
Gemeinsam mit Oronêl machte er sich bereit, durch die Schmiede zu gehen und warf einen letzten Blick zurück zu Halarîn und Kerry, die sich an den Händen hielten.

Curanthor:
Sobald Mathan die hölzerne Tür öffnete, fühlte er sich in der Zeit zurückversetzt. Zwar hatte er schon damit gerechnet, doch war es ein merkwürdiges Gefühl, auf das man sich nicht einfach so vorbereiten konnte. Vor ihm lag eine längere Holzbrücke, die sich um zwei breite Säulen schlängelte, bei denen man entweder rechts oder links vorbeigehen konnte. Prüfend trat er auf das Holz und stellte zufrieden, dass es keine Anzeichen von Zerfall aufwies. Früher war er nur einmal hier oben gewesen, denn meist war er unten gewesen. Er blickte auf ein niedriges Gebäude, das einmal eine Rüstungsschmiede war und zuckte ein wenig zusammen, als Halarîn neben ihn trat.
"Wie weit ist es vom Boden bis zu Decke?", fragte sie leise und bewundert zugleich.
"Etwa fünzig bis achzig Schritt", mutmaßte er und wollte sich schon am Kopf kratzen, wurde sich aber dann klar, dass er ein einer Hand die Fackel hielt und in der Anderen sein Schwert. Zuvor hatte er das Silmacil zu einer Klinge zusammengefügt und hielt es stets in der Hand. Ein kleiner Stich Zorn brodelte in ihm, denn der Gedanke, dass jemand in seiner alten Heimat herumspazierte gefiel ihm gar nicht. Da er damals viel Zeit in den Schmieden verbrachte, betrachtete er auch diese als seine Heimat. Langsam führte er die Gruppe über die lange Holzbrücke, welche er zuvor als Galerie bezeichnet hatte. Offenbar hatten sich ein, zwei Dinge doch geändert, seitdem er das letzte mal hier gewesen war. Als sie die zweite Säule passierte, schloss Kerry zu ihm, Halarîn und Oronêl auf. Sie wirkte etwas eingeschüchtert und auf Halarîns Frage erklärte sie leise, dass sie es etwas unheimlich in den Schmieden fand. Mathan blickte kurz zu den Wasser unter ihnen hinab, das sich unverändert in dem dazugehörigen Becken staute. Den Sinn dahinter hatte er damals von Celebrimbor selbst erklärt bekommen. Generell war der Herrscher Eregions recht gesprächig mit seinen Untertanen gewesen, was Mathan erst jetzt klar wurde, je mehr er darüber nachdachte. Langsam erreichten sie die Tür zum ovalen Turm, der die Treppen zu den unteren Ebenen erreichbar machte. Schon vom Weiten sah er, dass die schwere Tür aufgebrochen und das metallverstärkte Gitter ebenfalls aus den Angeln gebrochen war. Mit Oronêl im Rücken und dahinter Halarîn mit Kerry, pirschte er sich an den Eingang heran und linzte um die Ecke. Hinter sich hörte er Aéd tuscheln und bedeutete ihn mit einer Handbewegung zu schweigen. Als dieser verstummte, lauschte Mathan angestrengt, konnte aber bis auf das Atmen der Gefährten nichts hören. Kurz wandte er sich um und nickte den Anderen zu, die ihn aufmerksam angestarrt hatten. Sie betraten den ovalen Turm, der einige leere Regale aufwies, ein paar zerschlagene Tische lagen an den Wänden und die Tür lehnte neben dem Eingang an einer Wand. "Hier befand sich ein Besprechungsraum", erklärte er leise und nickte zu den Tischen, "Kurz vor dem Krieg bekamen wir hier unsere täglichen Aufgaben zugewiesen."
Halarîn legte ihn eine Hand auf die Schulter und streichelte sie. Er nickte ihr mit einem schwachen Lächeln zu und wandte sich zu der anderen Tür, die einige Schritt auseinander, neben dem Eingang lag durch den sie zuvor den Raum betreten haben. Die schwere Holztür war geschwärzt und mit schwarzen Schlieren verschmiert, das zugehörige Eisengitter lag verbogen auf der dahinter liegenen Empore. Mathan linzte erneut durch den Ausgang und wie zuvor war alles still. Innerlich schmunzelnd bemerkte er, dass seine Gefährten ebenfalls so geräuschlos wie möglich warteten, bis er mit einem Nicken ihnen bedeutete, dass alles ruhig war.
"Und wo sind jetzt die Schmieden?", fragte Aéd leise, während sie auf die Empore traten. In seiner Stimme schwang noch immer eine leise Ehrfurcht, die Mathan verstehen konnte. Als er selbst das erste Mal hierher durfte, war es sehr beeindruckend gewesen, aber da war auch noch alles hell erleuchtet und reich verziert mit Gold, Silber und Edelsteinen.
"Hier", antwortete Mathan schließlich leise und deutete auf die flache Fläche, die sich hinter der Empore erstreckte, "Man kann durch eine Falltür von hier, hinunter in den Schmiederaum. Sehr hilfreich wenn man Material bewegen muss."
"Und wie habt ihr zum Beispiel flüssiges Metall bewegt?", hakte Finelleth interessiert nach.
"Das wurde an Ort und Stelle schon erhitzt, deswegen sind die Gebäude auch recht groß", antwortete Mathan mit einem flüchtigen Grinsen und deutete auf die Stufen, die zum Boden führten, "Dort hinab, aber dann muss ich mich kurz hier einmal umblicken... vielleicht finde ich etwas Nützliches."
Seine Gefährten nickten, wobei einige neugierige Blick ihm zuwarfen, die er aber vorerst ignorierte. Er wollte keine falschen Hoffnungen wecken, oder Befürchtungen lostreten. Halarîn hielt sich zusammen mit Oronêl an seiner Seite, während sie die lange Treppe hinabstiegen. Hinter sich hörte er die Menschen erstaunt tuschelnd, dass das Holz keinen Ton von sich gab, was ihn kurz schmunzeln ließ.
"Was ist das", fragte seine Frau mit gedämpfter Stimme und deutete auf ein Gebäude, das ihr offensichtlich auch zuvor schon aufgefallen war, denn sie setzte nach: "Es sieht aus wie ein großes Dreieck."
"Das war die große Waffenschmiede", erklärte er leise und führte sie rechts daran, an der längeren Seite vorbei.
"Wir sollten aber bald die Ringschmiede aufsuchen", mahnte Oronêl und Mathan hörte an seiner Stimme, dass er mit "bald" den nächstbesten Zeitpunkt meinte.
Sie liefen zwischen der großen Waffenschmiede und einem kleineren Gebäude, das am großen Turm endete, durch den sie in die Schmiede gelangt waren. Mathan erinnerte sich, dass in dem kleineren Raum die Feinarbeiten durchgeführt wurden. Dort hatte er nur selten gearbeitet und wusste, dass die Schmiede dort sehr penibel waren. Er führte seine Gefährten schließlich auf den kleinen Platz, der von drei Türen und den anderen Gang auf der anderen Seite der Waffenschmiede führte.
"Es wird nicht lange dauern. Ich will nur bei meinem alten Arbeitsplatz etwas nachsehen, Freund Oronêl", sagte er leise an den Waldelben gewandte und drückte lautlos die Tür zu der großen Waffenschmiede auf. Mathan hob die Fackel und schob sich durch die Öffnung, das Schwert dabei angewinkelt um jeden Feind abzuwehren. Doch vor ihm lag nur ein leerer Raum, einzelne Metallrohlinge lagen auf dem steinernen Boden verstreut. Ein einzelner Amboss lag in einer Ecke, ansonsten war der dreißig Fuß lange Raum leer. Selbst die Öfen waren verschwunden, was ihn überraschte. Seine Frau bemerkte es zuerst. "Ich denke das war nicht immer so leer hier oder?" Ihr Kommentar brachte ihn nur zum Nicken und er schaute sich rasch in dem Raum um, entdeckte jedoch nichts. Nachdenklich wandte Mathan sich wieder zum Ausgang und führte die Gruppe wieder hinaus aus der Waffenschmiede.
"Ist es schlimm?", fragte Kerry leise, mit einem interessierten Unterton.
"Nicht so sehr, aber hier hat sich doch etwas geändert, seitdem ich fortgegangen bin. Eigentlich müsste die Waffenschmiede vollgestopft mit Waffen sein, sowie einigen kleinen Erfindungen von meinem Vater..." Er verstummte und spitzte die Ohren, der er meinte, Etwas gehört zu haben. Sein Herz schlug ein wenig schneller, doch abgesehen davon, war es noch immer still. Mathan tauschte einen Blick mit den anderen drei Elben, die jedoch scheinbar nichts gehört hatten.
"Erfindungen?", hakte Kerry nach, jetzt mit unverholenem Interesse.
"Später, meine Kleine", vertröstete er sie und warf ihr ein warmes Lächeln zu. Da er die Fackel und sein Schwert trug, konnte er ihr nicht über den Kopf streicheln, auch wenn er es gerade liebend gern getan hätte.

Klang, klang, klang
"Feuer, Metall und Sterne, denkst du, das passt zueinander?"
"Ich verstehe nicht..."
"Ha! Das kannst du auch nicht."
Klang, klang, klang
"Aber du wirst es... eines Tages."

"Mathan?" Die Frage schreckte den Elb aus dem Gedanken, irgendwie war er nicht bei sich gewesen und schüttelte den Kopf. Sein Blick klärte sich und vor ihm standen Halarîn, Oronêl und Finelleth, die ihn erwartungsvoll anblickten. "Was", fragte er leicht verwirrt und zuckte mit den Schultern, "Ich war wohl etwas abwesend, tut mir leid."
"Oronêl fragte, wo es zu den Ringschmieden geht", wiederholte Finelleth und tauschte mit Halarîn einen Blick. Seine Frau hielt die Hand von Kerry, die sich eines der vielen kleinen Bildchen aus unzähligen Metallplättchen an den Wänden anblickte.
Mathan entschuldigte sich und zuckte mit den Schultenr, als nachgefragt wurde, was denn los gewesen sei: "Nichts worüber man sich Sorgen mache müsste." Dabei setzte er sich in Bewegung und führte seine Gefährten durch den selben Gang wie zuvor. Hinter ihm hörte er Finelleth mit Halarîn sprechen: "Was sind das für Bildchen?", fragte die Waldelbe an seine Frau gewandt.
"Das sind kleine Erzählungen, wie die Schmiede hier einzigartige Waffen schufen. Die meisten von ihnen exisitieren jedoch nicht mehr oder sind zu Legenden geworden, deren Namen man vergessen hat", sagte Halarîn leise und Mathan bemerkte, dass sie auf eine Berichtung von seiner Seite wartete.
"Eine Legende ohne Namen ist gestorben, das stimmt...", murmelte Finelleth nachdenklich und verstummte schließlich.
"Ich kenne einige Namen, aber sie würden euch nichts sagen. Die Schmiede Eregions waren nicht gerade für ihre Offenheit berühmt", merkte Mathan an und verfiel wieder in Schweigen. Sogleich kamen sie auch in der Mitte des ganzen Etage an, wo eine einzelne Wendeltreppe in die Tiefe führte.Um die Trepper herum waren dutzende Metallplättchen in den Boden eingelassen, die verschlungene Muster beschrieben. Mathan erkannte Gold, Silber, Platin und noch andere Metalle, die ihm gerade entfallen waren. Seine Ausbildung lag schon tatsächlich etwas länger zurück und er hat sie durch die Umstände auch nicht abschließen können. Leider war das nun schwer möglich, da Celebrimbor immer die letzte Prüfung beaufsichtigte, denn er wollte seine Schmiede kennen, die in den inneren Hallen arbeiteten. Flüsternd erklärte er Halarîn, dass dies die Hauptschmiede war und um den Berg herum noch dutzende kleinere Schmieden exisitierten. "Merkwürdige Zeichen...", murmelte Forath und blickte auf das riesige Mosaik, das zu ihren Füßen lag.
"Das kam erst nachdem ich fortgegangen bin...", sagte Mathan nachdenklich und fuchtelte mit der Fackel herum, "Lasst uns hinabgehen, dort wo einst nur Celebrimbor und ausgewählte Elben wandeln durften." Er vermied es Saurons Namen zu nennen und teilte die Gruppe ein, denn die Stufen waren so breit, dass drei Mann nebeneinander laufen könnten. Es war zwar etwas eng, aber man konnte sich dadurch besser verteidigen, falls unten der Eindringling lauerte. "Oder es schon wieder lange verlassen", murmelte er so leise, dass nur er selbst es hören konnte. Kurz dachte er an den Fremden, der in der Nacht an ihr Lager geschlichen kam, doch Mathan schüttelte rasch den Kopf. Wer sollte schon Interesse an einer verlassenen Schmiede haben. Zumindest redete er sich das ein, denn er mochte den Gedanken nichts, Fremde oder gar bösartige Gestalten hier drin zu haben. Er nickte Oronêl zu und scheuchte Kerry in die Mitte und wies sie an eine Waffe griffbereit zu haben. Halarîn spannte ihren Bogen und stellte sich neben ihre Tochter. Mathan, mit Oronêl und Finelleth an der Spitze ging zu dem Beginn der Wendeltreppe. Hinter ihm kam Celebithiel, zusammen mit Kerry und Aéd, dann Forath mit Halarîn. Dabei achtete Mathan darauf, dass seine Tochte hinter seinem Rücken blieb, egal was passierte, was ihr auch leise noch einmal einschärfte. Sein Blick fiel auf Adrienne, die die ganze Zeit über sehr still gewesen war, dass er gar nicht an sie gedachte hatte. Die Gondorerin bemerkte dies und blies beleidigt die Wangen auf. Gesellte sich aber dann zu Forath und Halarîn an den Schluss, wo sie über ihrer aller Rücken wachte.
Zufrieden nickte Mathan und gemeinsam betraten sie die Steinstufen, in denen elbische Schriftzeichen eingraviert waren. Sie erzählten eine kleine Geschichte über die Schmiede in Aman, diente aber auch gleichzeitig als Schutz davor, auf dem glatten Stein auszurutschen. Mit steigender Nervosität machte er den ersten Schritt auf den ersten Absatz der Wendeltreppe.

Eandril:
Oronêl setzte als zweiter einen Fuß auf den staubigen Boden der Schmiede, nach Mathan und dicht gefolgt von Finelleth. Durch den geöffneten Eingang über ihnen fiel ein wenig Tageslicht herein, doch es reichte bei weitem nicht aus um das gesamte Gebäude zu erhellen. Inzwischen hatten sich die Augen der Elben gut an das schwache Licht gewöhnt, doch Kerry, Adrienne und die beiden Dunländer sahen weniger gut und sahen sich orientierungslos um. Die Fackel, die Mathan trug, warf ihren flackernden Schein über die Gruppe und darüberhinaus, und erhellte die seit Jahrtausenden verlassene Umgebung.
Rechts von ihnen, an der westlichen Wand, erhob sich ein gewaltiger Schmiedeofen von dem aus sich entlang der südlichen und nördlichen Wand zwei lange Arbeitstische hinzogen. Parallel zu den Tischen verliefen schmale, mit Wasser gefüllte Becken, die vermutlich früher zum Abkühlen des heißen Metalls gedient hatten. Im Licht der Fackel sah das Wasser beinahe schwarz aus. Direkt vor ihnen, im südlichen Teil des mittleren Raumes erhoben sich lange Regalreihen voller Schriften und Bücher - die jedoch die Schlacht und die lange Zeit seitdem nicht gut überstanden zu haben schienen. Gemessen an den Lücken in den Regalen musste auch gut die Hälfte der Schriftstücke fehlen.
Im nördlichen Teil des Raumes, den Bücherregalen gegenüber, standen viele kleinere Regale und Schränke, die, von dem was Oronêl erkennen konnte, wohl Werkzeuge und Formen zum Schmieden beinhaltet hatten. Auch dort herrschte große Unordnung, und viele Werkzeuge lagen zerbrochen und beschädigt auf dem staubigen Boden.
Oronêl hatte im Eingangsbereich der Schmiede ebenfalls eine Fackel ergriffen, und entzündete sie nun an Mathans Fackel. Währenddessen deutete dieser mit einer ausholenden Bewegung auf den westlichen Teil der Schmiede.
"Dies war die große Schmiede von Eregion, in der die meisten von Celebrimbors Schülern und Helfern arbeiteten", erklärte er.
"Ziemlich beeindruckend, was sie aus den Anfängen gemacht haben...", sagte Oronêl leise. "Schade, dass es nicht lange Bestand hatte." Mathan warf ihm einen verwunderten Blick zu. "Du warst schon einmal hier?"
Oronêl nickte langsam. "Nun ja, nicht hier", sagte er dennoch. "Aber ich war in Eregion, kurz nach seiner Gründung. Wir hatten in Lórinand davon gehört, dass sich Elben auf der anderen Seite des Gebirges angesiedelt hatten, und Amdír wollte sie besuchen. Wir haben sogar kurz mit Celebrimbor selbst gesprochen, doch, wenn ich ehrlich sein soll, wir haben uns nicht sonderlich gut verstanden. Wir kamen den Noldor hier wahrscheinlich ungeschliffen und ungebildet vor, und sie erschienen uns hochfahrend und arrogant."
"Ich hoffe, dieser Eindruck hat sich durch neuere Erfahrungen nicht bestätigt", meinte Celebithiel mit einem Augenzwinkern, und Oronêl lächelte. "Nein, keineswegs."
Er ließ einen Blick durch die große Schmiede schweifen. "Ich nehme nicht an, dass das unser Ziel ist?" Mathan schüttelte den Kopf, und deutete zur anderen Seite, nach Osten.
"Nein, die Ringschmiede ist dort... hinter dieser Wand." Er zögerte, und wirkte ein wenig unsicher. "Das ist... merkwürdig. Diese Wand gab es früher nicht."
"Wenn man einen Ort sehr lange nicht gesehen hat, verändert er sich in der Erinnerung. Vielleicht hast du nur vergessen, dass die Ringschmiede von einer Mauer abgetrennt wurde?", vermutete Oronêl, doch eigentlich wusste er, dass es so nicht sein konnte. Die Ringschmiede war für Mathan ein Ort wie Cerin Amroth für ihn selbst: Ganz gleich, wie lange sie nicht dort gewesen waren, die Erinnerung würde niemals verblassen und Veränderungen würden ihnen immer auffallen - und seien sie noch so klein.
Wie erwartet schüttelte Mathan auch den Kopf. "Nein. Ich kenne die Schmiede wie mich selbst, und an so etwas würde ich mich erinnern."
"Wie auch immer diese Mauer dorthin gekommen ist", sagte Oronêl, und spürte, wie ihm unwillkürlich ein leichter Schauer den Rücken hinunterlief. Irgendetwas hier war nicht so, wie es sein sollte, die Atmosphäre war drückend und der Ring in seiner Tasche schien von Augenblick zu Augenblick schwerer zu wiegen. "Wir müssen hindurch und in die Ringschmiede."

Er und Mathan begannen die Wand von Norden und Süden im Schein ihrer Fackeln nach Schwachstellen oder einer Tür abzusuchen, während die anderen unterhalb der Treppe warteten. Es wurde wenig und leise gesprochen, denn hier im unteren Teil der Schmiede hatte man das Gefühl, in einem Grab zu stehen. Schließlich glitten Oronêls Finger über eine schmale Vertiefung im kalten Stein, und er stockte. Kaum sichtbar zog sich eine Spalte durch die Mauer, von oben nach unten. In der Mitte des Spaltes, ungefähr auf Brusthöhe, war ein einzelner, großer Saphir eingelassen. Oronêl strich mit den Fingerspitzen darüber, und sagte: "Mathan. Ich glaube, ich habe etwas gefunden."
Mathan trat stumm neben ihn, und betrachtete den Spalt schweigend von oben nach unten. Dann legte er die Hand auf den Saphir, der unter seinen Fingern kurz aufzuleuchten schien, und das Tor schwang beinahe lautlos nach außen auf.
Mathan öffnete den Mund, schüttelte dann jedoch den Kopf und sagte nichts. "Meinst du, das hat etwas mit deiner Mutter zu tun?", fragte Kerry, die inzwischen mit den anderen zu ihnen getreten war, und Mathan lächelte schwach. "Könnte sein - ich weiß es nicht", erwiderte er. "Aber im Moment sollten wir uns darauf konzentrieren, diese Ringe loszuwerden."
Nacheinander betraten sie die Ringschmiede von Eregion.

In der Ringschmiede war es noch dunkler als im Vorraum oder der großen Schmiede, denn die geheimnisvolle Zwischenmauer sperrte das Sonnenlicht, dass durch den oberen Eingang fiel, komplett aus. An der Nordwand glaubte Oronêl zwei kleinere Schmiedeplätze zu sehen, während der Blick nach Süden durch weitere Bücherregale versperrt wurde. Oronêl fragte sich unwillkürlich, ob dort die fehlenden Schriften aus dem Hauptraum waren - und wer sie dorthin geschafft hatte, und warum.
Der Tür direkt gegenüber lag ein großer, kreisrunder Raum, doch eine Reihe weiterer Schränke versperrte den Blick hinein.
"Dort wurden die Ringe der Macht geschmiedet", sagte Mathan leise, und deutete nach vorne. "In diesem Raum hat es begonnen."
"Und für zwei von ihnen wird der Weg in diesem Raum enden", erwiderte Oronêl entschlossen, und ging voran. Zwischen zwei der Schränke war eine Lücke, breit genug dass eine Person hindurchgehen konnte. Als er hindurch trat, fand er sich in einem hohen, runden Raum wieder. Der Boden war, wie alles in diesem Teil der Schmiede, aus Stein, und entlang der drei übrigen Wände zogen sich große, ebenerdige Feuerstellen. An jedem Ende einer Feuerstelle stand ein gewaltiger Blasebalg, die von Hand bedient werden konnten, aber offenbar auch mit irgendeinem mechanischen System hoch über ihren Köpfen verbunden waren. In der Mitte des Raumes stand ein einzelner, steinerner Tisch, der alle Blicke unwillkürlich anzuziehen schien.
Mathan deutete auf die Mechanik über ihren Köpfen und sagte: "Soweit ich weiß, konnten die Blasebälge durch das Wasser des Baches oben angetrieben werden - wie so vieles hier. Doch ich weiß nicht, ob das System noch funktioniert."
"Wir werden sie von Hand betreiben", meinte Oronêl, und zwinkerte Forath und Aéd, die bislang ehrfürchtig geschwiegen hatten, zu. "Wozu haben wir zwei starke Menschen dabei?"
Mathan durchmaß mit schnellen Schritten den Raum, kniete neben der östlichen Feuerstelle nieder und fuhr mit der Hand durch die schwarzen Klümpchen, die darin lagen. "Brennstoff ist immerhin da... Das ist eine spezielle Art Kohle, die in Eregion hergestellt wurde", erklärte er. "Sie brennt lange, und nach einiger Zeit und wenn sie ordentlich angeheizt wird, viel heißer als gewöhnliches Holz oder Kohle. Leider ist das Geheimnis ihrer Herstellung mit dem Untergang verloren gegangen..."
"Wird es ausreichen?", fragte Finelleth, die neben ihn getreten war. Mathan nickte, und stieß seine Fackel mit einer raschen Bewegung in die Kohle. Einen kurzen Augenblick geschah nichts, bevor die Stückchen rund um die Fackel zu glühen begannen. Nach und nach setzte sich das Glühen kreisförmig fort, und nach kurzem Zögern tat Oronêl es Mathan am anderen Ende der Schmiede gleich. Für einen Moment wurde es dunkel in der Schmiede als das Licht beider Fackeln erstickt war, doch nach und nach begann die ganze Feuerstelle zu glühen und erhellte den Raum.
"Feuer hätten wir", sagte Mathan, und in seinen Augen spiegelte sich die Glut. "Wir müssen es nur noch anheizen, bevor wir..." Er verstummte, als von draußen, aus dem Vorraum, ein metallisches Klingen zu hören war.
"War das...", begann Kerry, doch auch sie stockte, als ein Laut durch die Schmiede hallte, der allen nur zu gut bekannt war: Das Quieken eines Orks.

Für einen Moment herrschte Stille, als alle lauschten, und Oronêl glaubte sein eigenes Herz schlagen zu hören. Dann war ein weiteres metallisches Geräusch zu hören, und es war Forath, der als erster handelte. "Da draußen in der Dunkelheit sind wir nicht von Nutzen", sagte er, und warf seine Oberbekleidung ab. "Los, Aéd - wir werden die Blasebälge bedienen." Sein Sohn tat es ihm ohne zögern gleich, und mit nacktem Oberkörper traten sie an die Blasebälge links und rechts des Feuers.
"Gleichmäßig, und immer abwechselnd", wies Mathan sie rasch an, während die anderen Elben bereits ihre Waffen ergriffen und in Richtung der Treppe eilten. "Und hört erst auf, wenn es weiß glüht." Auch Adrienne hatte ihr Schwert gezogen, blieb aber neben dem runden Tisch stehen, während Oronêl und Mathan als letzte die Ringschmiede verließen.
Am oberen Ende der Treppe waren im Licht der Sonne, das durch den Eingang hereinfiel, mehrere Gestalten zu sehen. Einige Orks, aber auch bärtige Menschen, Dunländer, und ein Mann, der statt einem menschlichen rechten Arm, einen aus dunkel glänzendem Eisen hatte.
"Angbaug", erklärte Oronêl rasch. "Sarumans Botschafter bei den Dunländern. Ich habe keine Ahnung wie sie uns gefunden haben, doch sie dürfen die Ringe nicht bekommen."
"Werden sie nicht", erwiderte Mathan, und befühlte die Schneide seiner Silmacil mit dem Daumen. "Du, Finelleth und Celebithiel werdet das untere Ende der Treppe verteidigen", schlug Oronêl vor. Sie mussten schnell handeln, denn ihre Feinde begannen bereits, die Treppe hinunter zu eilen. "Und wir beide", er nickte Halarîn zu, "werden sie von hier unten beschießen."
Alle anderen nickten zur Antwort entschlossen, und als die Verteidiger am Fuß der Treppe Aufstellung genommen hatten, hatten Oronêl und Halarîn bereits ihre ersten Pfeile abgeschossen. Zwei Orks fielen, einer stürzte über das niedrige Geländer und fiel quiekend in die Tiefe, während der andere auf dem Treppenabsatz zusammenbrach und von seinen Gefährten aus dem Weg geräumt werden musste. Oronêl stellte erfreut fest, dass der Bogen seiner Mutter alles hielt, was er versprach, die Sehne ließ sich schnell und ohne großen Kraftaufwand spannen und die Pfeile flogen gerade und schnell.
Schon bald bemerkte Angbaug die Gefahr, die von den Bogenschützen auf dem Boden ausging, und brüllte Befehle. Sofort sammelten sich einige Ork-Bogenschützen auf der oberen Galerie, die das Feuer erwiderten. Ein Pfeil schlug funkensprühend zwischen Oronêl und Halarîn auf dem Steinboden auf, und dann erreichten die ersten von Sarumans Dienern den Fuß der Treppe - wo Mathan, Finelleth und Celebithiel sie mit blitzenden Schwertern in Empfang nahmen.
Ein Orkpfeil verfehlte Oronêls Kopf nur knapp, und im nächsten Augenblick brach der Schütze mit einem Pfeil im Hals zusammen. "Habe ich dir eigentlich je gesagt, wie froh ich darüber bin, dich nach Lórien im Anduin gesehen zu haben?", fragte Oronêl Halarîn, ohne das Schießen zu unterbrechen. "Das warst du?", fragte sie zurück, und ließ nur sehr kurz den Bogen vor Überraschung sinken, bevor sie einen weiteren gezielten Schuss abgab. "Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, wer... Dann sollte ich vielleicht..."
"Dank mir nicht", unterbrach Oronêl sie. "Du und Mathan, ihr habt mir mit allem was ihr getan habt schon viel mehr gedankt als Worte es vermögen." Er griff hinter sich um einen weiteren Pfeil aus dem Köcher zu ziehen, doch seine Hand ging ins Leere. Im selben Augenblick hörte er ein Schreien neben sich, ließ den nun nutzlosen Bogen fallen und duckte sich vor dem Schlag des anstürmenden Orks instinktiv weg. Mit der rechten Hand riss er den Dolch vom Gürtel, und rammte ihn seinem Angreifer direkt unter dem Arm zwischen die Rippen. Der Ork fiel mit einem Stöhnen, doch Oronêl sah, wie weitere seinesgleichen die großen Säulen, die das obere Stockwerk trugen, hinunterkletterten. Offenbar war dieser nur mutiger als der Rest gewesen, und nun taten sie es ihm gleich.
"Oh, verflucht", stieß er hervor. "Mathan!" An der Treppe hatte sich die Lage ebenfalls verschlechtert. Zwar blockierten die Leichen der gefallenen Angreifer die übrigen, doch sie zwangen die drei Verteidiger auch, ein wenig zurück zu weichen. Dadurch wurden die Lücken zwischen ihnen gefährlich groß, und die Angreifer konnten ein wenig an Boden gewinnen.
Auf Oronêls Ruf hin sah Mathan zu ihm hinüber, folgte dann mit den Augen Oronêls ausgestreckter Hand zu den Orks, die die Säulen herunterkletterten. Er streckte einen anstürmenden Dunländer zu Boden, sagte dann rasch etwas zu Finelleth und Celebithiel, und wie ein Mann zogen sich die drei Verteidiger zu Oronêl und Halarîn an die Tür zur Ringschmiede zurück.
"Wir können uns hier draußen nicht halten", stieß Finelleth hervor, und Oronêl nickte. Zum Glück schienen die Angreifer von ihrem plötzlichen Rückzug zu überrascht zu sein um ihn wirklich zu nutzen, und sammelten sich nur am Fuß der Treppe und der Säulen. "Zurück in die Schmiede", sagte Celebithiel. "Wenn die Ringe zerstört sind, können sie sie nicht bekommen - das ist das einzig entscheidende."
Alle stimmten zu, und sie traten nacheinander durch die Tür zurück in die Ringschmiede. Jetzt gerieten auch die Angreifer in Bewegung, denn wie von Zauberhand begann die Tür langsam hinter den Elben zu zu schwingen. Für einen Moment glaubte Oronêl, sie würde sich ganz schließen, doch kurz vorher warfen sich zwei Orks verzweifelt quiekend zwischen die Türflügel und blockierten sie mit ihren Körpern.
"Einen Halbkreis hinter der Tür bilden", rief Mathan, und Oronêl, Celebithiel und Finelleth folgten seinem Kommando. Halarîn blieb ein wenig im Hintergrund. Sie hatte nur noch wenige Pfeile, doch sie konnte die übrigen Verteidiger noch immer unterstützen. Langsam wurde sie blockierte Tür wieder aufgezogen, und die Welle der Orks traf auf die dünne Linie der Verteidiger. Links von Oronêl streckte Celebithiel Ork um Ork mit raschen Schwerthieben nieder, während rechts von ihm Mathan mit seinen Silmacil Tod und Schrecken verbreitete. Auch unter Hatholdôrs Klinge starben viele, und ganz rechts hielt Finelleth die Angreifer in Schach, doch es kamen mehr und immer mehr. Anscheinend hatte Angbaug alle verbliebenen Dunländer unter seinem Kommandos und viele Orks aus Moria für dieses Wagnis zusammengezogen.
Schließlich stellte Oronêl fest, dass er inzwischen bereits drei Schritte zurückgewichen war, ebenso wie die anderen drei Verteidiger. "Wir müssen weiter zurück", schrie er über den Kampflärm zu Mathan. Sein Freund hatte ihr schleichendes Zurückweichen offenbar ebenfalls bemerkt, denn er nickte, während seine Klinge den Schädel eines Orks vom Kinn an nach oben spaltete. "Wenn die Schmiede heiß genug ist, können wir es schaffen!", rief er zurück.
Zu viert wichen sie langsam zurück, und der Halbkreis, den sie bildeten, hatte sich umgekehrt. Waren zuvor Celebithiel und Finelleth noch auf beiden Seiten von Mathan und Oronêl aus leicht nach vorne versetzt gewesen, bildeten nun diese beiden den vordersten Teil ihrer Formation, und die beiden Kriegerinnen waren ein wenig nach hinten zurückgefallen um ihre Flanken zu decken. Schließlich erreichten sie die Regalwand, die die eigentliche Ringschmiede vom Rest des Raumes abtrennte. Einer nach dem anderen zogen sie sich durch die schmale Lücke zurück, zuerst Halarîn, gefolgt von Finelleth, Oronêl, Mathan, und zuletzt Celebithiel, die noch zwei übereifrige Verfolger mit ihrem Schwert niedergestreckt hatte. Der letzte starb durch einen von Halarîns letzten Pfeilen, den sie haarscharf an Celebithiel vorbei durch die Lücke direkt in die Kehle eines großen Dunländers verschossen hatte.
Drinnen warf die hellorange Glut der Schmiede ein gleichmäßiges Licht durch den Raum. Aéd und Forath pumpten noch immer, abwechselnd und gleichmäßig, obwohl ihnen der Schweiß in Bächen über die nackten Oberkörper lief.  Vor ihnen standen Adrienne und Kerry, beide blass aber entschlossen, Adrienne mit ihrem Schwert und Kerry mit einem Dolch in der Hand. Oronêl hätte gern mit ihnen gesprochen, sie beruhigt, doch dazu war keine Zeit. Sie würden es so durchstehen müssen.

"Wir können die Lücke zu zweit verteidigen", meinte Finelleth. "Immer abwechselnd zuschlagen, und hin und wieder mit den anderen abwechseln."
"Irgendwann werden sie auf die Idee kommen, die Schränke umzustürzen", gab Halarîn zu bedenken, doch Oronêl sagte: "Wir haben keine andere Wahl. Hoffen wir, dass sie dazu lange genug brauchen, dass das Feuer heiß genug werden kann."
Als erstes bewachten Finelleth und Oronêl die Lücke, während Mathan einen Blick auf das Feuer warf. Sie schlugen jeden Versuch von Sarumans Dienern, die Lücke zu durchbrechen, mit raschen, blutigen Hieben zurück. "Wie steht es mit dem Feuer?", rief Oronêl irgendwann über die Schulter, und Mathan antwortete: "Beinahe so weit." Doch im nächsten Moment rief er: "Achtung!"
Eines der Regale erzitterte, dann noch eines, und dann stürzte eines nach dem anderen um, wirbelte Staub auf, und Papier und Werkzeuge flogen wild durch die Gegend. Oronêl wich zurück, und zog Finelleth gerade noch außer Reichweite eines umstürzenden Schrankes. Die Elben versammelten sich um den Schmiedetisch, auf dem vor vielen tausend Jahren die Ringe entstanden waren, die sie nun vernichten wollten, und über die umgestürzte Barrikade trat Angbaug.
"Gebt mir diesen Ring", sagte er leise und doch vernehmlich, und sein eiserner Arm glänzte im Schein der Schmiede dunkel. "Meinen Herrn Saruman verlangt danach, und wenn er ihn bekommt, wird er euch das Leben schenken. Was ist er schon... ein kleiner Ring, gegen euer aller Leben?"
Niemand rührte sich, und Oronêl packte Hatholdôrs Griff fester. In diesem Moment war er stolz auf seine Freunde, jeden einzelnen von ihnen, denn niemand schien auch nur einen Herzschlag lang über Angbaugs Angebot nachzudenken. Jeder von ihnen war bereit zu Sterben, um diese Ringe zu vernichten.
Als keine Antwort kam, zuckte Angbaug nur mit den Schultern und sagte: "Nun, ich muss zugeben, dass es so auch viel mehr Spaß macht."
Im gleichen Moment geschahen zwei weitere Dinge: Von hinten rief Forath: "Bereit!", und Angbaug befahl seinen Truppen den Angriff.

Oronêl versuchte, ebenso wie Finelleth, zur Schmiede zu gelangen, doch es war hoffnungslos. Die Orks schwärmten nach allen Seiten durch die Ringschmiede aus, griffen erbarmungslos an und schnitten ihnen den Weg zum Feuer ab. Aus den Augenwinkeln sah Oronêl, wie Forath und Aéd ebenfalls zu den Waffen greifen mussten, um sich zu verteidigen. Auch Halarîn hatte ihren Bogen durch ihr Schwert ersetzt und kämpfte nun gemeinsam mit Mathan und Adrienne und verteidige Kerry. Die Klinge schimmerte blau, und gab einen merkwürdigen Kontrast zu dem hellrötlichen Licht der Schmiede.
Das Schmiedefeuer verbreitete allmählich Hitze im ganzen Raum, vermutlich da die Abluftanlagen ebenso wie die Blasebalgmechanik nicht funktionierten, und Oronêl spürte  Schweiß von seinen Schläfen tropfen, obwohl sie gemessen an anderen Schlachten noch nicht allzu lange gekämpft hatten. Er schlug einem Ork den Kopf von den Schultern und sah sich plötzlich Angbaug gegenüber, der herausfordernd ein großes, hässlich gezacktes Schwert hob. Bevor Oronêl jedoch den Kampf annehmen konnte, sprang Forath, das mit Orkblut beschmierte Schwert in der Hand, zwischen sie und rief: "Überlass' den mir, und erfülle deine Aufgabe!" Oronêl zögerte einen kurzen Moment, doch Forath stürzte sich mit einem Kampfschrei auf Sarumans Diener und drängte ihn einige Schritte zurück. Oronêl wandte sich zur Schmiede an, die noch immer weißglühte und offenbar heiß genug war, einen Ring zu schmelzen, und schlug zwei Orks, die ihm den Weg versperrten, nieder.
Doch gerade als er vor der Glut stand, gellte ein wortloser Schrei, voller Entsetzen, Wut und Trauer durch den Raum. Es war Aéd, der geschrien hatte, und als Oronêl seinem Blick folgte erkannte er, warum. Forath hatte seinen Kampf gegen Angbaug verloren. Sarumans Diener hatte ihm sein hässliches Schwert mitten durch den bloßen Oberkörper gerammt, und zog es jetzt mit einem Ruck, der Foraths Blut über den Boden sprühen ließ, wieder hervor. Der Häuptling der Dunländer presste die Hände auf die schreckliche Wunde, taumelte und brach mit dem Rücken am Schmiedetisch auf dem Boden zusammen.
Angbaug wandte sich wieder Oronêl zu, und kam mit langsamen Schritten auf ihn zu, während Aéd hinter ihm mit verzweifelter Wut gegen einen der wenigen Uruks kämpfte. "Die Verräter werden bestraft", sagte Angbaug leise und doch über den Kampflärm hörbar. "Und Saruman bekommt, was ihm zusteht. Gib ihn mir, Elb."
Oronêl warf einen raschen Blick durch den Raum, doch alle seine Gefährten kämpften ein gutes Stück entfernt gegen die Orks, und konnten ihm nicht helfen. Nur Aéd, der seinen Gegner schließlich zu Boden geschickt hatte, war in der Nähe, doch Oronêl glaubte nicht... sein Blick traf den des jungen Dunländers, und einen Moment lang verstanden sie einander ohne Worte. Angbaug streckte die linke, menschliche Hand aus, als Oronêl die Axt senkte und langsam den Ring aus der Tasche zog.
Sarumans Botschafter verzog das Gesicht zu einer Maske des Grinsens, die sich in Überraschung verwandelte, als Oronêl ihm den Ring tatsächlich entgegen warf. Doch der Wurf war etwas zu kurz, Angbaug musste sich vorbeugen, und in diesem Moment schlug Aéd, der unbemerkt herangekommen war, zu. Er führte einen mächtigen, beidhändigen Hieb, dem man kein bisschen seine vorherigen Anstrengungen anmerkte und der nur von Wut und Rache angetrieben wurde, und schlug Angbaugs Hand, die sich gerade um den Ring schloss, direkt über dem Handgelenk ab.
Angbaug brüllte auf, und Aéd wirbelte, von der Wucht seines Schlages getragen herum und rammte ihm das Schwert zwischen die Rippen - unter dem erhobenen, ausgestreckten Arm, wo die Rüstung verwundbar war. Die Klinge drang tief ein, und selbst wenn Aéd das Herz verfehlt hatte wusste Oronêl, dass Angbaug dem Tod geweiht war. Selbst falls das Herz unverletzt geblieben war, hatte das Schwert die Hauptschlagader durchtrennt, und Angbaug würde innerhalb der nächsten Minute verbluten.
"Die Verräter werden bestraft", sagte Aéd ruhig, während Oronêl sich nach Angbaugs abgeschlagener Hand bückte und Angbaug in die Knie brach. Mit einer raschen Drehung holte der Häuptlingssohn Schwung, und trennte Angbaug mit einem einzigen Hieb den Kopf von den Schultern. Der Körper von Sarumans Botschafter fiel lautlos auf die Seite, und Oronêl öffnete die Finger der abgeschlagenen Hand und nahm den Ring wieder an sich. "Und Saruman bekommt, was ihm zusteht", sagte er nachdenklich. Dann warf er den Ring ins Feuer.

Einen Moment lang geschah nichts, als wollte der Ring nicht schmelzen. Doch dann begann er zu glühen, weich zu werden, und schließlich zerfloss er zu flüssigem Gold, zwischen den Kohlen hindurch, und war fort. Ein schwaches Beben erschütterte den Raum, und ein kalter, dünner Schrei, voller Furcht und Entsetzen war zu hören. Die Orks hörten auf zu kämpfen und pressten die Hände gegen die Köpfe, als ob der Schrei ihnen Schmerzen bereiten würde. Auch Finelleth war auf die Knie gesunken, und Oronêl spürte, wie er selbst die Zähne zusammenbiss. Der Schrei wurde immer höher und höher, und gerade als Oronêl glaubte es nicht mehr auszuhalten, brach er ab.
Der Ring war fort, Schweigen senkte sich über die Schmiede - doch die Kälte, die Oronêl mit dem Schrei verspürt hatte, ließ nicht nach. Im Gegenteil, sie wurde trotz der Hitze des Feuers hinter ihm immer größer, und die Dunkelheit in der Schmiede draußen schien mit einem Mal undurchdringlich zu werden. Dann löste sich eine einzelne, große Gestalt aus der Dunkelheit, die einen schwarzen Mantel mit einer schwarzen Kapuze trug und ein langes, kalt schimmerndes Schwert in der Hand hielt. Der Neuankömmling schien die Dunkelheit selbst zu sein, und Oronêl wusste, was er vor sich hatte.
"Orks", zischte die Gestalt, und Aéd, Kerry und Adrienne ließen ihre Waffen fallen und pressten die flachen Hände auf die Ohren, um vor dieser Stimme zu fliehen. Auch Oronêl presste die Zähne zusammen, und die noch immer kniende Finelleth hatte die Arme um den Oberkörper geschlungen und wiegte sich mit geschlossenen Augen vor und zurück.  "Ich bin der Hexenkönig von Angmar, Saurons größter Diener", stieß die Gestalt weiter hervor. "Und ihr... seid meine Diener. Bringt mir mein Eigentum. Sofort!"
Der Hexenkönig schien Macht über die Orks zu besitzen. Eben noch hatten sie verängstigt auf dem Boden gekauert, und zuvor waren sie Sarumans, nicht Saurons Diener gewesen, doch jetzt griffen sie auf den Befehl des Hexenkönigs zu den Waffen und griffen die Elben erneut an.
"Faerwen!", schrie Oronêl, und Finelleth schlug die Augen auf, packte ihr fallengelassenes Schwert und war einen Herzschlag später auf den Beinen. Im selben Moment stand der Hexenkönig vor ihr, und führte einen mächtigen Schlag, den sie nur mit Mühe parieren konnte. Oronêl wollte zu ihr, ihr helfen, und aus den Augenwinkeln sah er, dass auch Mathan es versuchte, doch beide wurden von den Orks zurückgehalten, die ihnen ohne Rücksicht auf die eigenen Verluste den Weg versperrten. Der Hexenkönig drängte Finelleth, die sich nach Kräften wehrte, gegen die Wand der Schmiede, und es war nur eine Frage der Zeit, wie lange sie ihm noch widerstehen konnte. Oronêl schickte verzweifelt Ork um Ork zu Boden, doch werde er noch Mathan schafften es. Es war Aéd, der seinen Mut wiedergefunden hatte, der es als erstes zum Hexenkönig schaffte. Er führte einen Streich von hinten gegen die Beine des Hexenkönigs - oder die Stelle, wo bei einem Menschen die Beine unter dem Umhang gewesen wären. Doch sein Schlag ging durch den Mantel und den Hexenkönig wie durch Luft. Er verlor das Gleichgewicht, und der Hexenkönig versetzte ihm mit der gepanzerten Faust einen mächtigen Schlag gegen die Magengrube, der Aéd rückwärts schleuderte. Der junge Dunländer prallte gegen den steinernen Tisch und glitt an ihm neben seinem Vater bewusstlos zu Boden.
Der nächste Schlag des Hexenkönigs prellte Finelleth ihr Schwert aus der Hand, und mit dem Schwertknauf versetzte er ihr einen Hieb, der die Elbin gegen die Wand der Schmiede schleuderte, an der sie ebenfalls ohne Bewusstsein liegen blieb. Aus ihrer schlaffen Hand fiel etwas goldenes, hüpfte über den steinernen Boden, und blieb zwei Schritte von der Glut der Schmiede entfernt liegen. Oronêl streckte seinen letzten Gegner nieder, und trat zwischen den Hexenkönig und die Schmiede.
"Du wirst dieses Ding nicht bekommen", sagte er. Der Hexenkönig lachte, und es war das schrecklichste Geräusch, dass Oronêl jemals vernommen hatte. Doch dann spürte er Celebithiel neben sich, und sie sagte fest: "Du wirst ihn nicht bekommen."
Der Hexenkönig lachte erneut, und sagte dann: "Sehr gut... gib ihn mir, Mädchen."
Oronêl warf einen raschen Blick über die Schulter, und sah dort zu seinem Entsetzen Kerry stehen. Wie oder warum sie dorthin gekommen war, wusste er nicht. Doch sie stand dort, den Blick fest auf den Ring vor ihr auf den Boden geheftet.

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Ténawen, wisperte eine verlockende Stimme in Kerrys Hinterkopf. Während des Kampfes war sie untergetaucht, hatte sich in einem Winkel der Schmiede versteckt und abgewartet, voller Sorge darüber, was geschehen würde. Doch dann sah sie erst Aéd fallen, und dann Finelleth. Da hielt es sie nicht mehr in ihrem Versteck. Kerry lief los und duckte sich unter dem Schlag eines Orks hinweg. Überrascht von ihrer eigenen Wildheit zog ihr kleines Schwert eine blutige Spur über das Gesicht des Monsters und Kerry hastete weiter. Weiter, weiter! Da lag Finelleth, scheinbar unverletzt, doch ein Ork stand über ihr und hob seine Waffe, eine hässliche, stachelbesetzte Keule. Mit einem Aufschrei warf sich Kerry vorwärts. Ihr Schwert prallte von der Panzerung am Arm des Orks ab, doch sein Schlag ging daneben. Ehe einer der beiden reagieren konnte, sauste ein Pfeil Halarîns an Kerry vorbei und traf den Ork mitten in die Kehle. Gurgelnd brach er zusammen.
Ein heller Ton ließ Kerry herumfahren. Finelleth hatte etwas fallen gelassen. Der Ring, schoss es Kerry durch den Kopf. Sie machte unbewusst einen Schritt darauf zu und bekam kaum mit, wie Oronêl zwischen den furchterregenden Anführer der Orks und die Schmiede trat. Da liegt er, ganz nah am Feuer, dachte Kerry als sie näher kam. Alle Gedanken an Aéd oder Finelleth waren vergessen. Jetzt war sie ganz nah. Ihre Hand näherte sich dem Ring als sie vorsichtig den Arm danach ausstreckte und in die Knie ging. Ténawen, wisperte die Stimme. Und vor Kerrys innerem Auge tauchten verschwommene Bilder auf: Eregion stand in voller Blüte und wurde von einem neuen Volk bewohnt. Über die Wiesen Rohans galoppierten weiße Rösser. Und die Mauern Fornosts erstrahlten im neuen Glanz. Kerry ahnte, dass sie all diese Dinge wahr werden könnte, wenn sie den Ring nahm. Den Ring der Macht. Ihre Finger streiften das Gold. Sie war kurz davor, so kurz davor, ihn aufzuheben und auf den Finger zu stecken.... doch dann schreckte sie zurück. Es gab einen Preis, wurde ihr klar. Ihre Familie. Sie würde sie verlieren, wenn sie den Ring nahm. In einem Moment völliger Klarheit erkannte Kerry die Wahl, die vor ihr lag.
Und wie so oft handelte sie impulsiv. Sie ließ sich rückwärts fallen - und trat den Ring mit aller Kraft von sich. Einem goldenen Blitz gleich verschwand er in der Hitze des Schmiedefeuers.

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Drei, vier rasche Hiebe hatte der Herr der Nazgûl ausgeteilt, und Oronêl hatte schnell erkannt, dass er viel schneller als er und Celebithiel war. Es musste die Nähe seines Ringes sein, die den Hexenkönig so antrieb und beflügelte. Einen Schlag konnte er mit Hatholdôr parieren, doch die Wucht des Hiebes ließ seinen ganzen Arm ertauben, und der nächste schlug ihm die Waffe aus der Hand und ließ ihn zur Seite taumeln und zu Boden stürzen. Celebithiel, die von innen heraus zu leuchten schien, hielt einen Herzschlag länger durch als er, doch dann traf der Hexenkönig sie am Schwertarm. Sie ließ die Waffe fallen, und presste die Hand auf die Wunde - zwischen ihren Fingern quoll Blut hervor. Der Hexenkönig schrie, zuerst entsetzt, und dann triumphierend, und als Oronêl mühsam den Blick in Richtung der Schmiede hob, erkannte er den Grund dafür. Kerry hatte den Ring mit einem tritt ins Feuer befördert, doch die Glut war nicht länger heiß genug und die Kohle glühte nur noch in einem hellen Orange und nicht länger weiß. Der Hexenkönig machte einen Schritt nach vorne, an Celebithiel vorbei, doch im selben Moment sirrte etwas durch die Luft und sein schwarzer Umhang fing Feuer. Am anderen des Schmiedefeuers stand Halarîn, die dort ihren letzten Pfeil in Brand gesetzt und auf den Nazgûl abgeschossen hatte, und hinter ihr Mathan, der mit ganzer Kraft den Blasebalg auf und ab bewegte. Einen Augenblick stand der Hexenkönig stumm und wie erstarrt da, während sich das Feuer langsam über ihn ausbreitete und die Glut um den Ring mit jedem Stoß des Blasebalgs immer heller wurde, bis die Kohle schließlich wieder weiß glühte. Da stieß der Hexenkönig einen entsetzlichen Schrei aus, voller Verzweiflung, Wut und Entsetzen wie der zuvor, als der andere Ring geschmolzen war, und sein Ring glühte im Feuer auf, wurde weich, und zerschmolz. Der noch intakte Edelstein zerbrach, und verschwand zwischen den Kohlen.
Der Hexenkönig stand, und der Schrei dauerte an - einen Herzschlag, zwei, drei. Kerry lag vor der Schmiede auf dem Rücken, die Hände gegen die Ohren gepresst, und eine einzelne Träne lief aus ihrem rechten Auge. Und schließlich, mit einem Mal, endete der Schrei. Die brennenden Gewänder des Hexenkönigs sackten zusammen, als hätte die Macht, die sie aufrecht gehalten, sie verlassen, und das fahl schimmernde Schwert fiel klirrend zu Boden. Der Hexenkönig war nicht mehr, und dieses Mal würde er nicht mehr wiederkehren. Auch die Orks waren sämtlich tot oder geflohen.

Nach einem Moment der Stille rappelte Kerry sich auf, und ging langsam und mit steifen Schritten auf Mathan und Halarîn zu. Dann fiel sie Halarîn in die Arme, die ihr nur stumm über das Haar strich, ohne ein Wort zu sagen.
Oronêl zog sich trotz der Schmerzen in seinem Rücken über den blutigen, staubigen Boden zu Finelleth hin, sie noch immer zusammengesackt an der Wand lehnte, offenbar ohne Bewusstsein. Er zog sie sanft in seine Arme und rief sie leise an: "Faerwen! Faerwen!" Er strich ihr mit zwei Fingern über die feuchte Wange, von Tränen und Schweiß, und küsste sie leicht auf die Stirn. "Wach auf, Faerwen. Dein Feind ist dahingegangen, und er wird nicht wiederkehren. Deine Aufgabe ist erfüllt."
Finelleths Augenlieder flatterten, sie tat einen tiefen Atemzug, und blickte Oronêl ins Gesicht. "Vater, bist du..." Sie schloss die Augen, atmete tief durch und schien zu begreifen, wo sie war. "Nein, Oronêl. Haben wir gesiegt?"
"Das haben wir", bestätigte Oronêl, und spürte, wie ihn bei diesen Worten eine endlose Erleichterung durchströmte. "Für heute haben wir gesiegt - dank Kerry, und Mathan und Halarîn, und Celebithiel, Adrienne und Aéd und... Forath." Bei Foraths Namen zögerte er kurz, und spürte, wie ihn Müdigkeit überkam.
"Forath ist... verwundet worden", sagte er langsam. "Ich sollte zu ihm gehen." Finelleth nickte langsam, doch er konnte ihr die Schmerzen ansehen. "Ich komme einen Moment alleine zurecht. Geh nur."
Mühsam stand er auf, und ging langsam in die Mitte des Raumes zu dem steinernen Tisch hinüber, wo, Forath noch immer lag. Aéd kniete neben ihm, und hielt die Hände seines Vaters in seinen. Als Oronêl sich auf die andere Seite kniete, öffnete Forath kurz die Augen, und sah ihn an. Doch Oronêl konnte die schreckliche Wunde in seiner Brust sehen, und auch, dass Forath bereits Blut aus den Mundwinkeln geflossen war.
"Brigit hatte... das vorhergesehen", sagte Forath langsam und leise. "Aber sie... hat mich trotzdem... gehen lassen, denn... es musste sein. Und welcher... meiner Vorfahren kann sich... schon rühmen, zu... solchem Zweck... gestorben zu sein, he?" Er lachte kurz und erstickt, und das Lachen ging am Ende in einen Schmerzenslaut über. "Es tut... mir leid um sie... und die Kinder... aber... ich bereue... nichts." Mit bereits trüben Augen blickte er seinen Sohn an, und seine Mundwinkel verzogen sich noch einmal zu einem Lächeln.
"Auf Wiedersehen... mein Sohn. Jetzt... musst du... sie führen. Vereinige... sie... Vereinige... sie." Dann atmete Forath noch einmal rasselnd ein, und schloss die Augen. Und der Häuptling der Dunländer war tot.
Aéd schloss die Augen, und als er sie wieder öffnete, waren sie zwar voller Trauer, aber auch Entschlossenheit. "Ich werde ihn nach Hause bringen müssen, und dann..." Er schluckte, und Oronêl legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Und dann werde ich seinen letzten Wunsch erfüllen. Um jeden Preis."
Gerade als er ausgesprochen hatte, war aus dem Südteil des Vorraumes, der von Schränken und Regalen blockiert war, ein Geräusch zu hören. "Noch mehr Orks?", fragte Aéd, doch Oronêl schüttelte langsam den Kopf. Sein Blick fand Mathan, der sich aus der Umarmung mit Kerry gelöst hatte und langsam aufgestanden war.
"Das glaube ich nicht. Das... ist etwas anderes."

Curanthor:
Mathan hatte die Silmacil gerade in die Schwertscheiden zurückgestoßen und runzelte die Stirn. Der Kampf in der Schmiede war heftig gewesen und er hatte aufgehört zu zählen wie viele Gegner er getötet hatte. Sein Blick verharrte kurz auf den toten Häuptling und dessen Sohn. Aéds Blick war schwer zu deuten, als Mathan sich in Bewegung setzte. Ein weiteres Poltern ertönte aus dem dunkleren Bereich, der von Regalen dominiert war. Sofort zog er seine Ráneceti und winkelte die Waffen leicht an, aus dem Augenwinkel sah er Adrienne einen Schritt nach vorn machen. Der Kampf gegen den Hexenkönig hat sie stark verschreckt, dennoch schien sie bereit sein erneut zu kämpfen. Die meisten seiner Gefährten waren verwundet, so bedeutete er ihnen, dass er selbst die Lage überprüfen würde. Kurz drehte er sich um und sah, dass Halarîn sich um die Verwundeten kümmerte. Erleichtert fokussierte er sich auf die Dunkelheit. Die kurze Atempause tat ihm gut und so genoss er für einen Moment die Stille, welche aber erneut von einem Poltern unterbrochen wurde. Ein mettallisches Schleifen ertönte aus der Dunkelheit. Mathan spannte sofort seine Muskeln und die leisen Gespräche seiner Gefährten verstummten. Das Schleifen kam näher, Funken erschienen in der Dunkelheit und ließen eine schlanke Gestalt erkennbar werden. Mathan runzelte die Stirn, denn nach der Erscheinung des Hexenkönigs war dies nicht so beängstigend wie es eigentlich gewesen wäre.
"Räuber.... Diebe...", ertönte ein Krächzen. Die Stimme klang rau und so, als ob sie eine lange Zeit nicht gesprochen hatte, "Dunkelheit..."
Mathan hörte, dass sich seine Gefährten erhoben hatten, doch er hob den Arm um sie zurückzuhalten. Leise schlug er die Klingen seiner Schwerter einander und der verhüllte Schatten hob ruckartig den Kopf. "Diebe... Sterbt!", schrie die Gestalt nun und trat in den schummrigen Schein der Schmiedefeuer.
Zuerst erblickte Mathan eine schlanke Klinge, die eine enorme Länge aufwies, eine gepanzerte Hand umklammerte einen längeren Holzstab. Es sah aus wie ein Schwert auf einen Stock aufgesteckt. Rubine funkelten in dem Handschutz, der ebenfalls wie eine Klinge geformt war. Ein schmutziges, zerrissenes Tuch war um den Kopf gewickelt, was Mathan zuvor für eine Kapuze gehalten hatte. Vor ihm stand ein hochgewachsener Krieger in einem schwarzen, abgenutzten Lamellenpanzer. Tiefe Schrammen waren in das Metall gedrückt, dutzende Kerben und Kratzer prangten auf dem Metall. Dennoch schien es elbische Arbeit zu sein, so wie der Rest, der Waffen den der schwer gerüstete Krieger trug: Auf dem Rücken des Kriegers ruhte ein fein gearbeitetes Großschwert, eine Lanze daneben, an seiner Hüfte hingen auf der linken Seite zwei Schwerter, auf der rechten Seite baumelte ein Anderthalbhänder; in dem Schuppengürtel steckten drei Dolche.
Ehe irgendjemand reagieren konnte ging der Fremde sofort zum Angriff über. Er ist schnell, schoss es Mathan durch den Kopf als er mit gekreuzten Klingen den gewaltigen Hieb auf seinen Kopf abfing.
"Er werdet hier nichts finden... nur den Tod", wisperte der Krieger dumpf durch den Helm, den Mathan nun erblickte. Er wies nur zwei Schlitze auf, die ein Kreuz bildeten über Augen, Nase und Mund. Ein Fußtritt ließ Mathan zurückspringen, doch der Krieger war sehr erfahren und stach mit seiner Schwertlanze sofort nach. Die schlanke, lange Klinge zerschnitt Mathans ledernen Schulterpanzer und ließ ihn fluchen. Er rollte sich zur Seite ab und hieb mit beiden Händen nach den Beinen des Kriegers, der nun einen Hüpfer machte und dabei nach unten schlug. Instinktiv riss Mathan seine Ráneceti nach oben. Dann geschah Etwas, womit er nicht gerechnet hatte: Ein splitterndes Klirren ertönte. Feine Metallstücke regneten auf ihn herab. Einen Moment starrte Mathan fassungslos auf das zerbrochene Schwert in seinen Händen. Es war die unbeschädigte Waffe gewesen, die nun bis zum Heft zerbrochen war. Zu seinen Glück hatte er keine Splitter im Gesicht, doch war keine Zeit dazu sich darüber zu wundern, denn ein Fußtritt schickte ihn zu Boden. Die kalte Klinge des Kriegers legte sich auf Mathans Kehle. Halarîn stieß einen gellenden Schrei aus und legte alle Kraft in das eine Wort: "Nein!" Sie stieß Celebithiel beiseite und stürmte auf die beiden Kontrahenten zu, das blau funkeltende Schwert erhoben. Der fremde Krieger reagierte erneut sehr schnell und drehte sich sofort um und starrte in die silbernen Augen von Halarîn. Diese hieb nun wutentbrannt auf den Fremden ein, sodass beide Klingen funken stoben.
"In der... Dunkelheit... ich sehe... Licht", stieß der Gerüstete zwischen jeden Hieb hervor und wurde durch die wütende Halarîn zurückgetrieben. Scheinbar schien er überrascht, doch er fing sich rasch und blieb stehen. Mathan rappelte sich auf und warf die nutzlosen Schwerter beiseite, zwischenzeitlich ging der Fremde nun wieder zum Gegenangriff über und trieb Halarîn wieder zurück. Die Klingen wirbelten nur so umher, bis Halarîns silberner Schimmer in den Augen wieder erlosch, dennoch schaffte sie es den Krieger die Waffe aus der Hand zu schlagen. Plötzlich schrie seine Frau auf und hielt sich schützend die Arme vor dem Bauch. Eine verborgene Klinge im Armschützer des Kriegers schimmerte blutig, während dieser ruhig den Anderthalbhänder sog. Ein einzelner Blutstropen Halarîns löste sich von der Klinge und ließ Mathan rot sehen. Ein tiefes Knurren entrang sich seiner Kehle und Etwas schien in seinem Kopf zu platzen.

Halarîn taumelte zurück und ließ das Schwert fallen, sogleich erfasste sie ein kalter Hauch wie eine Welle, was sie aufblicken ließ. Mathans Gesicht war emotionslos erstarrt, mit weit aufgerissenen Augen sprang er vor und fing die Klinge des Kriegers ab, der sie angreifen wollte. Dabei spürte Halarîn die Kälte von ihrem Mann ausgehend und nahm ihre Hand von dem Bauch und stellte erleichtert fest, dass es nur ein oberflächlicher Schnitt war. Doch Mathan wirbelte nun wie wild umher und ließ dutzende Schläge auf den Fremden niederprasseln, der scheinbar jede Bewegung zu erahnen schien. Dabei bemerkte sie, dass ihr Mann oft den Griffstil wechselte, schließlich fügte er die Silmacil zu einer Klinge zusammen und stellte sich schützend vor sie.
"Niemand rührt meine Familie an", zischte Mathan feindselig und ging erneut zum Angriff über. Die Kälte mischte sich mit der Wärme der Schmiedefeuer was eine merkwürdige Mischung gab. Dennoch empfand Halarîn die Kälte nicht als furchteinflößend wie beim Hexenkönig. Der fremde Krieger hatte nun größere Mühe die Schlage abzuwehren und nach dutzenden Hieben und Paraden gewann Mathan langsam die Oberhand. Dabei bewegten sie sich so schnell, dass Halarîn feststellte, dass ihr Mann seine gesammte Erfahrung einsetzte. Jede Schritt war bewusst und kraftsparend, während das das Lied der Klingen hatte einen merkwürdigen Rhytmus gefunden hatte.

klang, klang, klang, Pause, klang, klang, klang, Pause, klang, klang, klang

Mathan keuchte und blockte einen Rückhandhieb des Kriegers, dessen Tuch immer weiter verrutschte. Die Kälte durchströmte nun seinen ganzen Körper und auf der Klinge des Fremden bildeten sich bei jeden Aufschlag feine Eiskristalle, die umhersprizten. "So kalt... so leblos...", wisperte der Krieger und taumelte für einen Moment. Mathan nutzt die Chance sofort und machte einen Ausfall auf die Beine, womit der Krieger stürtzte. Sofort rollte er sich über die Seite ab, trotz der Waffen auf den Rücken, dabei ließ der Kerl den Anderthalbhänder fallen und zog die zwei Schwerter. Mathan schnaubte und trennte die Silmacil, während sie sich einander umkreisten. "Mir geht's gut!", hörte er Halarîn beruhigend rufen. Sie befand sie weiter hinten bei Kerry, die ihr sorgenvoll die Hand hielt. Rasch blickte er wieder zu dem Fremden.
"Alles ist ... leblos", flüsterte dieser leise und taumelte erneut.
Mathan reckte das rechte Schwert und hob das Linke zum Stich, kurz wartete er einen Herzschlag. Dann stach er zu und schlug nach dem Kopf. Der Krieger duckte sich unter der einen Klinge und blockte die Zweite mit seinen beiden Schwertern. Mathan drehte sich an ihm vorbei, was ihn aus dem Gleichgewicht brachte, der Konter des Mannes ging fehl. Mathan stieß mit einem Rückhandhieb dem Krieger die Silmacil in die Rüstung, konnte sie aber nicht durchschlagen.
"Kälte... Flammen... eine Stadt", wisperte der Krieger erneut und ließ die Schwerter klirrend fallen. Er taumelte und hielt sich am Kopf, wobei das Tuch herunterrutschte. Der Helm war zur Hälfte verzogen und verbeult. Eine aufgebrochene Stelle an Augenpartie zog Mathans Blick an. Ein einzelnes Auge starrte ihn an. Es war milchig weiß und tot. "Leblos...", wisperte der Krieger erneut und zog langsam die Lanze von seinem Rücken. Mathan rann der Schweiß von der Stirn, was er schon eine lange Zeit nicht mehr gespürt hatte und brachte sich wieder zwischen den Krieger in seinen Gefährten.
"Egal was du vorhast, meine Familie und Gefährten wirst du nicht angreifen. Das ist eine Sache zwischen dir und mir... nicht wahr?", fragte Mathan nachdenklich und blickte zu Halarîn, die der Krieger wohl ernster verwunden könnte, wenn er denn gewollte hätte. Er bekam keine Antwort und packte seine Schwerter fester. Sogleich sprang der Krieger auf ihn zu und stach mit dem Speer nach seiner Brust. Mathan machte eine Drehung auf einem Bein und ließ die Lanze an sich vorbeizischen. Zeitgleich schlug er mit beiden Schwertern nach dem Kopf seines Gegners... und traf. Ein Ruck ging durch den Körper des Kriegers, der nach vorn fiel. Dabei löste sich der Helm und braunes Haar ergoss sich über die Lamellenrüstung. Sofort rollte sich der Krieger ab, verlor dabei aber die Lanze. Mathan erstarrte und zögerte kurz, doch die emotionslosen Augen ließen ihn instinktiv handeln.
"Alles verloren...", sprach der helmlos Elb nun und starrte mit totem Blick durch den Raum. Er runzelte die Stirn und tastete sich über das Gesicht und reckte dann die gepanzerten Hände nach Mathan. Doch dieser sprang vor und schlug mit der Breitseite der Silmacil gegen die Stirn des Elben. Dieser fiel zu Boden und regte sich nicht.

"Wer...", begann Halarîn doch sie verstummte sofort als sie in dem Schein der Schmeidefeuer das Gesicht des Elben erblickte, "Ioristion!"
Die braunen Haare lagen wild auf dem Boden, das Gesicht des Elben war auf der rechten Seite komplett verbrannt und doch war die Ähnlichkeit mit Mathan nicht zu übersehen. Die Augen des Elben flatterten, doch die milchigen Augen starrten noch immer emotionslos, als er langsam sprach: "Ioristion... das bin... ich."
Mathan setzte sich im Schneidersitzt neben den Elben und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Er seufzte leise und sagte leise: "Vielleicht erinnerst du dich an diesen Namen eher, Amarin."
Der Blick wurde langsam klar, jedoch nur in dem linken Auge. Der Schleier schwand langsam und der halb entstellte Elb runzelte die Stirn. "Amarin und...Irloê, nein Ringelendis", verbesserte er sich und riss nun das gesunde Auge auf. Es war die erste deutliche Gefühlsregung und er wollte sich erheben, doch Mathan hielt ihn zurück.
"Vater, es ist alles gut...", sagte er leise und bemerkte, dass Adrienne den Mund offen stehen hatte vor Erstaunen, "Es ist nicht alles verloren. Ich bin hier; deine Familie."
"Mein Sohn...", Die Stimme des Elben normalisierte sich und sein gesundes Auge fixierte Mathan, der nun mit feuchten Augen lächelte. Er nickte und blinzelte einzelne Tränen fort und half seinem Vater auf, der dabei das Großschwert zur Seite legte.
"Du bist groß geworden", war das Erste, was Amarin sagte und blickte zu Boden, "Und du hast meinen Geist vom Schatten befreit. Es tut mir leid, dass ich euch angegriffen habe. Mein Verstand war getrübt durch üble Zauber, doch die Liebe zu seinen eigenen Kind ist stärker als jeder Fluch", sprach der alte Elb und drehte sich halb zu Halarîn, "Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen, Mädchen." Die Elbe hatte inzwischen einen Verband um die Wunde gelegt und nickte nur als Zeichen, dass sie die Entschuldigung angenommen hatte. "Durch die Zerstörung der Ringe wurde ich aus meiner Starre gerissen. Und doch überrascht es mich, dich hier zu treffen... aber irgendwie auch nicht"
Mathan lächelte matt und legte seinem Vater eine Hand auf die gepanzerte Schulter. "Und ich dachte, du wärst nicht mehr am Leben. Wie-" Er wurde von Amarin unterbrochen, der noch immer sehr schwach wirkte: "Deine Mutter, sie hat mich gerettet und hierher gebracht. Leider konnte auch sie nicht helfen mit dem... Schatten." Mathans Vater warf einen Blick zu den restlichen Gefährten und fixierte mit dem gesunden Auge wieder seinen Sohn, als er erschöpft sagte: "Wir werden noch viel zu besprechen haben, aber ich muss ruhen, denn mein Geist ist noch immer getrübt. Ich will kein Risiko eingehen erneut in den Schatten zu fallen."
Halarîn legte Mathan eine Hand auf dem Arm, während er nickte und antwortete: "Wir werden reden wenn du soweit bist, Vater. Es ist schön, dass du hier bist."
Sogleich legte sich Amarin einfach auf dem Steinboden nieder und schloss die Augen, ohne sich um den Staub zu kümmern. Adrienne kam vorsichtig herüber und musterte den alten Elben, in durch Gesicht sich die Brandspuren zogen, die er sich irgendwo zugezogen hatte. Dennoch wagte sie nicht danach zu fragen, auch wenn Mathan ahnte, woher diese Verwundung stammte.
"Was bedeutet "Ioristion", fragte ihn seine Schülerin schließlich und kam somit Kerry zuvor, die offensichtlich ebenfalls etwas fragen wollte.
"Sohn der Alten Lehre", antwortete er leise und blickte in das Gesicht seines Vaters. Abgesehen von der Brandwunde wirkte der Elb friedlich, wenn sich auch Sorgenfalten um die Mundwinkel des Elben gegraben hatten. Nachdenklich strich Mathan über das Amulett seiner Mutter und fragte sich, was sie wohl sonst noch vollbracht hatte, von dem er nichts ahnte.

Fine:
Kerry blickte staunend zu Mathan hinüber, der seinen Umhang zusammengerollt hatte und den Kopf seines Vaters sachte darauf bettete. Sie hatte nur wenige Augenblicke des Kampfes der Elben mitbekommen, doch sie war froh, dass Mathan seinen Vater nicht getötet hatte und dass keiner der beiden ernsthaft verletzt worden war. Die Schrecken der Ereignisse an der Schmiede lastete jedoch noch immer auf Kerry, auch wenn nun erst einmal Ruhe eingekehrt zu sein schien. Sie fühlte sich unwohl in dem großen Raum, der von der schwindenden Glut der Schmiede nur noch wenig erhellt wurde. Halarîn kam zu ihr hinüber und nahm Kerrys Hand und drückte sie. "Es ist vorbei," sagte die Elbin tröstlich. "Wir haben es geschafft."
"Der Ring ist fort," sagte Kerry leise. "Er war... zum Greifen nahe, und fast hätte ich ihn genommen. Ich weiß nicht, was dann geschehen wäre - ob ich ihn dem Schatten gegeben hätte, oder behalten hätte; ich weiß es nicht."
"Das musst du auch nicht wissen. Ich bin stolz auf dich, Morilië. Du hast das Richtige getan."
Kerry ließ den Blick über die toten Orks schweifen und verzog das Gesicht. "Dieser Ort ist ein Ort des Todes. Wir sollten hier nicht bleiben," meinte sie.

Sie löste sich von Halarîn und ihr Blick blieb an Aéd hängen, der neben seinem gefallenen Vater kniete und stumm zu Boden blickte. Vorsichtig ging Kerry zu ihm hinüber und legte ihm die rechte Hand auf die Schulter. Sie spürte, wie sein Körper vor unterdrückter Trauer erzitterte.
"Es tut mir so leid," sagte sie leise und traurig. "Er hat dieses Schicksal nicht verdient."
Aéd blickte zu ihr auf und in seinen Augen lag ein Ausdruck, den Kerry nicht ganz verstand. "Nein, Kerry. Es war seine Wahl, herzukommen. Er... war ein großer Anführer und ein mächtiger Krieger. Und er hat mir eine schwere Bürde hinterlassen. Ich muss ihn nach Hause bringen, und dann..." er brach ab.
"Wenn es deine Wahl ist, wirst du Foraths Erbe antreten," sagte Oronêl, der lautlos hinzugetreten war. "Und ich werde dir meine Hilfe anbieten, solltest du sie annehmen. Auch ich habe nun eine Schuld Forath gegenüber."
Aéd straffte sich und stand auf. Dann ergriff er Oronêls angebotene Hand. "Ich werde deine Hilfe nicht ausschlagen, Oronêl. Danke, Freund." Sein Blick streifte Kerry, die ihm ein ermutigendes Lächeln schenkte, trotz all der Schrecken, die sie gesehen hatte. Und in diesem Moment kam es ihr so vor, als würde ein Teil der lähmenden Trauer von Aéd abfallen.

Finelleth lehnte mit dem Rücken gegen die steinerne Wand und betastete vorsichtig ihren geschundenen Körper. Der Angriff des Hexenkönigs hatten einen tiefen Schnitt auf ihrer Wange hinterlassen. Kerry kniete sich neben die Waldelbin und tupfte das Blut vorsichtig mit einem Stück Verband weg, den Halarîn ihr gegeben hatte. "Wie fühlst du dich?" fragte sie Finelleth mitfühlend.
"Als wäre eine Horde Höhlentrolle über mich hinweg getrampelt," antwortete Thranduils Tochter. "Hab' mich schon besser gefühlt. Aber das wird schon wieder." Ein kleines, tapferes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
"Komm, ich bring' dich hier raus," schlug Kerry vor.
"Gute Idee," sagte Finelleth. "Kann's kaum erwarten, wieder an der frischen Luft zu sein."
Kerry stützte die Elbin und sie folgten Oronêl, Adrienne und Celebithiel durch die alte Schmiede bis nach draußen, wo sie Spuren der Orks fanden, die sich vor dem Eingang zum Angriff gesammelt hatten. Doch als Kerry Finelleth vorsichtig im weichen Gras absetzte hörte sie, wie Oronêl und Celebithiel ihre Waffen zogen und schreckte hoch. Ein grauenvolles Geräusch ertönte als hinter einer der verfallenen Ruinen der Elbenstadt eine geflügelte Bestie auftauchte.
"Das muss das Reittier des Hexenkönigs sein!" rief Oronêl. "Gebt acht, es kommt näher!"
Adrienne stellte sich neben ihm, das Schwert fest in beiden Händen. "Ich kenne diese Viecher," stieß sie zwischen zusammgebissenen Zähnen hervor. "Achtet auf seinen Schwanz, falls es damit zuschlägt!"
Kerry stellte sich schüzend vor Finelleth und hielt ihr Schwert in Richtung des albtraumhaften Wesens. Die Bestie richtete sich zu voller Größe auf und spannte die ledernen Flügel weit. Ein drohendes Knurren ertönte als das Tier sein Maul öffnete und die spitzen Zähne zeigte. Doch noch machte es keine Anstalten, die Elben anzugreifen.
"Sein Meister ist fort, das muss es durcheinander gebracht haben," vermutete Celebithiel, deren silberne Rüstung noch immer vom schwarzen Blut der Orks befleckt war.
"Geben wir ihm keinen Grund, uns anzugreifen," rief Oronêl und bewegte sich langsam und vorsichtig in Richtung des Eingangs, durch den sie gekommen waren. Das Reittier kam einen Schritt näher und musterte die kampfbereiten Elben einen langen Augenblick. Dann stieß es ein Brüllen aus und schwang sich mit einem riesigen Satz in die Luft. Dreimal kreiste es über der Schmiede, ehe es in nordwestlicher Richtung fliegend verschwand.

Kerry atmete erleichtert auf. Sie hatte befürchtet, dass es erneut zum Kampf kommen würde. Und Oronêl und Celebithiel waren vom Gefecht in der Schmiede erschöpft und verletzt. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie die Sache ausgegangen wäre.
"Das war knapp," rief Oronêl.
"Zu knapp," murmelte Finelleth, die noch immer im Gras saß und trotz ihres Zustandes ein Wurfmesser in der Hand hielt.
"Ich bin froh, dass dieses Untier fort ist," sagte Kerry, gerade als Halarîn mit gespanntem Bogen durch den Eingang geeilt kam. Mit einem Blick erfasste die Avari-Elbin die Lage und nahm den Pfeil wieder von der Sehne.
"Wir haben drinnen ein Brüllen gehört," rief sie atemlos. "Was ist geschehen?"
Oronêl erklärte ihr, was sich zugetragen hatte. "Wir haben Glück gehabt," schloss er. "Wo sind Mathan und sein Vater?"
"Noch immer bei der Schmiede," antwortete Halarîn. "Wir werden einige Zeit hier bleiben, bis Amarin sich wieder soweit erholt hat, dass wir ihn fortbringen können."
Kerry verzog das Gesicht. "Ich mag diesen Ort nicht," sagte sie leise. "Ich würde gerne woanders auf nésa und ihr Volk warten - gibt es hier in der Elbenstadt kein Haus, wo wir uns aufhalten können?"
"Ich fürchte, hier hat seit Jahrtausenden niemand mehr gelebt," sagte Celebithiel. "Die Schmiede ist wohl das einzige Gebäude, das noch halbwegs erhalten ist."
Aéd erschien im Eingang und trug seinen gefallenen Vater über der Schulter. Kerry fiel erstaunt auf, wie stark der junge Wolf war. Er legte Forath vorsichtig auf einem großen flachen Felsen ab und kam dann zu Kerry hinüber. "Du könntest mit mir kommen," schlug er dann vor. "Mich für ein paar Tage nach Dunland begleiten. Oronêl wird auch gehen, und er kann dich anschließend wieder hierher bringen."
Kerry suchte Halarîns Blick, und als diese zustimmend nickte sagte sie: "Das ist eine schöne Idee, Aéd."
"Bis du wieder hier bist wird sich Mathans Vater bestimmt erholt haben," sagte Halarîn. "Aber bleib nicht zulange weg, hörst du? Und du -" sie tippte Aéd energisch auf die Brust, "Komm ja nicht auf dumme Gedanken, hast du verstanden?"
"Wie meinst du das?" fragte Kerry verwundert, doch gleichzeitig sagte Aéd ernst: "Du hast mein Wort, Edle." Er machte eine kurze Pause und sagte: "Wir sollten sowieso etwas rasten ehe wir aufbrechen. Ich glaube, ehe wir uns nicht einige Stunden ausgeruht haben, ist keiner von uns in der Lage, große Strecken zurückzulegen."
"Du hast recht," sagte Oronêl.

Ein angenehm kühler Wind rauschte durch Kerrys Haar und verwirbelte es, während er den Gestank von Tod und Schrecken davonwehte. Keine Wolke zeigte sich am blauen Himmel und die helle Sonne sorgte dafür, dass die Schatten aus ihren Gedanken verschwanden. Der Ring war fort, und mit ihm war einer der mächtigsten Diener des Dunklen Herrschers für immer in die ewige Leere verbannt worden. Doch der Preis war hoch gewesen. Als Kerry an Foraths Familie dachte, verspürte sie einen Stich in ihrem Herzen. Was würden Lynet und die kleine Eryn sagen, wenn sie vom Schicksal ihres Vaters hören würden? Kerry wollte es sich gar nicht vorstellen. Umso wichtiger war es nun, dass sie Aéd begleitete, und ihm half, die traurige Nachricht zu überbringen und seiner Familie Trost zu spenden. Und genau das werde ich tun, dachte sie entschlossen.


Oronêl, Finelleth, Kerry, Celebithiel und Aéd nach Dunland

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