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Autor Thema: Holt  (Gelesen 14342 mal)

Thorondor the Eagle

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Holt
« am: 9. Okt 2009, 20:30 »
Holt ist ein kleines Dörfchen in der Westfold, an der Grenze zur West Emnet. Es wurde in einer Einbuchtung eines jungen Waldes errichtet, was auch seinen Namen erklärt. Die Bäume rundherum waren kaum höher als 30 Fuß (ca. 10m). In der Mitte der Ortschaft befand sich ein kleiner, gepflasterter Platz, an dessen nördlicher Stirn ein Holzturm stand. Dieser Turm war höher als die Baumwipfel, also konnte man an guten Tagen bis nach Edoras im Süden und zum Fangorn im Norden sehen. An der Südseite des Platzes stand das Gasthaus „Zum fleißigen Holzfäller“. Die westliche und östliche Seite des Platzes verschmolzen mit einer Erdstraße welche die gut 30 einfachen Holzhäuser miteinander verband.

Es waren knappe zwei Tagesritte bis Edoras und zweieinhalb bis zu der Stelle, wo die Entwasser aus dem Fangorn floss.
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Thorondor the Eagle

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Re: Holt
« Antwort #1 am: 9. Okt 2009, 20:31 »
Gandalf, Celebithiel, Antien und Amrûn aus dem Lager der Orks auf dem Weg nach Isengard


„Dies hier ist nun Holt, meine Freunde. Hier sind wir vorerst sicher und unser neuer Gefährte kann hier wieder zu Kräften kommen“, sagte der Zauberer.

„Düster ist es hier, Mithrandir. Der Schatten der über Rohan liegt hat sich hier nicht gelüftet“, sagte Celebithiel. Ihre Miene war ernst und ihr Blick überflog die traurigen Gesichter der Bewohner.

„Man kann es ihnen nicht verübeln. Die Zeiten in denen sie leben sind die schlechtesten die sie kennen. Nicht jeder weiß, dass Mittelerde schon dunklere Epochen durchlebt hat“, antwortete Amrûn darauf. Seine Stimme klang sehr erschöpft nach diesem Ritt.

„Und trotzdem sind sie hier, um das zurückzufordern und zu wahren, was ihr eigen ist. Wir bleiben hier im Gasthaus, ich kenne den Wirten schon lange und er wird uns gut versorgen“, befahl Gandalf während sie den Dorfplatz erreichten.

Einige Menschen waren auf den Platz gekommen, um die Reisenden zu beobachten. Fremde waren in jenen Zeiten nie gute Gäste. Entweder waren es Orks oder es waren Feinde des dunklen Herrschers und beide Arten verhießen im Normalfall nichts Gutes.

„Guten Tag, Drakun“, sagte Gandalf zu dem dickbäuchigen Wirten. Sein Haar war braun und stark gekräuselt. Er trug einen Vollbart, der das meiste von seinem Gesicht verdeckte. Seine braun weiß gefleckte Schürze spannte schon etwas um den Bauch. Er blickte erstaunt auf den weißen Zauberer und begrüßte ihn recht herzlich: „Gandalf du alter Narr! Welch schöne Überraschung dich zu sehen. Zuletzt bist du hier eingekehrt als du vor König Theoden 'Möge er in Frieden Ruhen' und seinem Gefolge geflohen bist. Was verschlägt dich zu so finsterer Stunde in unser feines Dorf, oder ist es gerade die finstere Stunde die deinen Aufenthalt von Nöten machen?“

„Wie ich sehe hast du dich nicht verändert; du nimmst noch immer kein Blatt vor den Mund! Wir brauchen eine sichere Unterkunft, unser Freund hier ist sehr geschwächt. Wir haben ihn vor einer Bande Orks gerettet, nicht weit von hier entfernt“, sagte der Zauberer.

„Orks wirst du bei uns keine finden. Anscheinend sind ein dicker Wirt und drei alte Dummköpfe aus dem Dorf keine richtige Bedrohung für die dreckigen Orks. Sie haben uns in Ruhe gelassen. Hier in Holt gibt es keine kräftigen, jungen Männer die im Kampf etwas taugen, die sind alle gefallen in der Schlacht von Minas Tirith.“

Der Wirt nahm eine kleine Öllampe und zündete sie an. „Kommt folgt mir, ich bring euch hinauf in euer Zimmer“ forderte er die vier Reisenden auf. Der Raum war nicht sehr gemütlich, aber es war warm. Vier Betten standen in dem einfach eingerichteten Raum, ein Tisch und eine kleine Kommode.

„Ich danke dir Drakun. Wieder einmal beweist du, wie viel Gutes in einem Menschen noch steckt, auch wenn die Zeiten finster sind“, sagte Gandalf. Er wandte sich zu den Elben:  „Hier legt euch hin meine Freunde, später werden wir gemeinsam Speisen. Ich habe noch etwas zu erledigen.“

Amrûn lies sich gleich in das erste Bett fallen. Er vertiefte sich in seine Gedanken.
„Meine schöne Rüstung, mein schönes Schwert, alles ist fort. Alles was meine Vergangenheit auszeichnete“, nuschelte er in sich hinein.
„Erzähl uns davon, Amrûn. Von der elbischen Rüstung die der Ork auf seiner Flucht davongetragen hat“, forderte ihn die Elbin auf.
„Ja, meine schöne Rüstung ist wohl für immer weg. Wisst ihr, ich habe sie damals von Gil-Galad, dem König erhalten. Es war in jener Zeit als Sauron in Eriador einfiel. Es ist schon so lange her... Damals Kämpfte ich Seite an Seite mit dem König. Die dunklen Schiffe kamen aus dem Süden und bombardierten Mithlond und von Osten kamen diese unzähligen Orks. Unsere Chance war sehr gering und trotzdem konnten wir die Schlacht für uns gewinnen und gemeinsam mit meinem Heerführer Elrond Eriador befreien. Ich war verletzt, genauso wie jetzt. Aber mein Kampfgeist war nicht gebrochen, nicht solange Sauron noch lebte. Ich wurde geheilt und erhielt als Dank für meine Leistungen in der Schlacht diese Edelstahlrüstungen. Sie trug die Ornamente von Eregion auf sich, aus reinem Mithril geschmiedet und die Runen auf meinem Schwert erzählten von den Heldentaten in Lindon. Es war alles was mir aus jener Zeit geblieben war.“

„Wie alt bist du Amrûn? Diese Geschehnisse liegen schon Jahrtausende zurück. Ich weiß davon, aber nur aus den Büchern von Elronds Bibliothek“, antwortete Celebithiel.

„Ja, ich verweile schon sehr lange auf Mittelerde. Länger als so manch anderer Elb. Am Beginn des zweiten Zeitalters wurde ich geboren, in der damals neu gegründeten Stadt Mithlond. Mein Vater war aus dem Segensreich gekommen um gegen den dunkelsten aller Herrscher zu kämpfen und erlag schließlich. Deshalb blieb ich mit meiner Mutter in Mittelerde und ging nicht in das Segensreich. Jeglichen Kampf nahm sie mir übel, denn der Verlust ihrer Liebe saß tief und hüllte sie ihr ganzes Leben lang in einen dicken, dunklen Mantel“, Amrûns Stimme wurde ganz zittrig. Seine Augen wurden ganz nass und eine Träne ran über seine Wange und tropfte auf das Laken. Celebithiel sah zu ihm hinüber, sie wollte nicht noch mehr fragen. Sie wollte in ihm nicht noch mehr Trauer hervorrufen.

Der Elb lag in seinem Bett und dachte lange nach. Er schloss die Augen:
Die Sonne war bereits weit gesunken, sie würde bald unter dem Horizont versinken. Amrûn stand am Hafen. Er sah seine Mutter an, die gegenüber von ihm stand.
„Mein Kind!“, sagte sie „Das Ende meiner Tage hier ist gekommen. Jede Stunde die ich länger bleibe ist eine Qual für meine Seele. Ich werde zu den Gefilden deines Vaters ziehen, in ein Reich, dass Glückseligkeit und Frieden für mich bringt. Bitte komm mit mir, dort gibt es keinen Krieg, keinen Schmerz und keinen Verlust. Dort können wir glücklich werden.“
Der Elb überlegte lange. Er wollte seine Mutter nicht verlieren, aber hier gab es so viel, was er noch tun musste. Hier waren all seine Freunde und all jene, die seine Hilfe brauchten. Amrûn konnte nicht gehen; noch nicht.
„Es tut mir Leid, Mutter. Mein Platz ist hier, bei meinen Freunden. Ich kann nicht mitkommen und in Ungewissheit leben, was aus ihrem Schicksal wurde“, antwortete er.
In seinen Augen leuchtete wieder der Mut und die Hoffnung. Er war entschlossen in seiner Sache.
„Wenn ich dich so höre, klingst du wie dein Vater. Er war ein großer Heerführer und ein tapferer Kämpfer, doch auch ihn hat das Schicksal des Todes ereilt. Komm mit mir! Erspare dir und mir dieses Leid, dass dich früher oder später treffen wird. In Valinor können wir glücklich werden“, sagte sie auffordernd. Ihre Stimme klang leicht bestimmend, wenn auch ein wenig zittrig und unsicher. Ihre Augen waren glasig und das rote Licht der Sonne spiegelte sich darin.
Amrûn ging einen Schritt auf sie zu und umarmte sie. Eine Träne kullerte über ihre Wange und landete auf der Schulter ihres Sohnes. „Es tut mir Leid“, flüsterte er ins Ohr.
Wortlos wandte sie sich um und ging über die Planke auf das Schiffsdeck. Zwei Elben lösten die Taue und das Schiff begann davon zu schwimmen.
Cirdan, der Herr von Mithlond stand neben Amrûn. „Eines Tages werden auch wir den Weg über das Meer finden, junger Freund. Dann wirst du deine Mutter wieder sehen“, sagte er mit vertrauter und sanfter Stimme.
Der Elb blickte auf die weite See hinaus. Die Sonne war nun am Untergehen. Sie lies den Meeresspiegel in einem kräftigen Rotgold aufleuchten. Das Schiff war nur noch ein kleiner Punkt am Horizont.


Amrûn lag in seinem Bett und weinte, als er sich an den Abschied von seiner Mutter erinnerte. Viele Tage sind vergangen seither. Er konnte lange nicht ruhen, doch letztendlich überkam ihn die Müdigkeit.
« Letzte Änderung: 25. Jan 2017, 14:10 von Fine »
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Thorondor the Eagle

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Re: Holt
« Antwort #2 am: 11. Okt 2009, 13:45 »
Gandalf trat in das Zimmer und weckte die Drei sanft. Draußen war es bereits Nacht geworden. Die drei Elben hatten eine lange Ruhepause hinter sich.

„Kommt meine Freunde. Drakun hat uns ein gutes Mahl bereitet“, sagte er.

Die Wunde auf Amrûns Schulter war schon wieder beinahe zugeheilt, aber jene auf seinem rechten Arm, hatte sich kaum verändert. Sie schmerze noch immer so stark, dass er den Arm kaum bewegen konnte. Er sagte vorerst nichts zu den anderen und ging stillschweigend hinter Antien die schmale Holztreppe hinunter.
In der Gasthausstube hatten sich drei alte Männer eingefunden. Sie waren sehr ärmlich gekleidet und jeder von ihnen hatte einen großen Krug Bier in der Hand. Ihre Gesichter waren von einem breiten Grinsen gezeichnet. Als die drei Elben herunter kamen, sahen sie erstaunt zu ihnen auf. Ihre markanten Spitzohren hatten sie gleich verraten.
Auf einem Tisch in der Ecke standen je vier Becher und Teller. In der Mitte dampfte es aus einem großen Suppentopf.

„Bedient euch nur meine Freunde“, sagte der Wirt und hob seinen Bierkrug um auf  Gandalf und seine Gefährten anzustoßen.
Jeder von ihnen füllte seinen Teller bis zum Rand und aß genüsslich die wohlschmeckende Suppe. Es war seit langem wieder eine warme Mahlzeit. Unterwegs konnten sie sich nur von dem eintönig-schmeckenden Wegbrot ernähren, welches sie aus dem Lager Faramirs mitgenommen hatten.

„Amrûn! Dein Schwert schwingst du normalerweise mit der linken Hand, aber einen Löffel? Was ist mit deiner anderen?“ fragte ihn der Zauberer. Der Elb aß noch den einen Löffel voll, den er gerade auf der Hand hatte und antwortete: „Die Wunde in meiner Schulter ist längst verheilt, doch das Schwert das meinen rechten Arm durchbohrte, war wohl durch dunkle Magie verdorben. Die Wunde heilt nur sehr langsam; ich kann die Hand kaum bewegen.“
Er drehte seinen Arm nach außen und es kam ein kleiner Blutfleck zum Vorschein.
„Nicht die dunkle Magie hält die Wunde offen. Ich sehe dich an und obwohl ich kein Hellseher bin, erkenne ich wie sehr du darunter leidest noch auf diesen dunklen Gefilden zu verweilen. Der Angriff auf Firnharg hat dein inneres Stark verwundet. Der Segen, der dir und deinem Volk zuteil wurde, verlässt dich!“, sagte Gandalf.
Amrûn wusste, dass der Zauberer recht hatte. Er sehnte sich nach den Grauen Anfurten, seiner Heimat und seiner Familie. Er wollte nach Westen segeln, jetzt noch viel eher als jemals zuvor.
„Eines sei dir gesagt, Amrûn Gilweion. Der Weg in den fernen Westen mag zwar weit sein, doch nicht weit genug um all das hier hinter dir zu lassen. Du wirst dort deinen Frieden finden, zumindest für den Moment. Doch die grauenhafte Erinnerung wird dich nicht verlassen. Sie wird dich in einsamen Nächten quälen und dich verfolgen bis an das Ende der Zeit“
Amrûn stellte sich vor wie er Nacht für Nacht wach lag und an die klagenden Schreie der Dorfbewohner dachte. Er sah die dunklen Rauchwolken noch immer vor sich und das einsame, verlassene Gesicht der kleinen Irwyne. Die leichenblassen Gesichter, die er kurz vor seiner Niederlage sah, prägten seine Erinnerungen.
„Nun denn“, riss ihn Gandalf aus seinen Gedanken „diese Entscheidung hast du selbst zu treffen, ob du hier bleibst oder in den fernen Westen ziehst. Es gibt keinen der dir diese abnehmen kann. Momentan bist du hier, im Kreise eines Zauberers und zweier Elben. Machen wir das beste daraus.“

Amrûn antwortete nicht. Er aß seine Suppe und versuchte vom Thema abzulenken: „Celebithiel und Antien, ihr seit Elben aus dem Norden, wie kommt es, dass ich euch nicht kenne?“ fragte der Elb.
Die Elbenmaid sagte nichts, sie aß weiterhin wortlos ihre Suppe und starrte in ihren Teller. Antien hingegen sah kurz zu ihr hinüber und erkannte sofort, dass sie ihren Geschichte nicht erzählen wollte. Er grinste Amrûn an und begann zu erzählen: „Wo ich geboren bin kann ich dir nicht sage, da ich es selbst nicht weiß. Aber ich lebte mein ganzes Leben lang im Wald, bei Tom und Goldbeere. Ich hatte dort eine fröhliche Jugend unberührt von Krieg und Leid. Erst Gandalfs Brief weckte meine Neugier die Welt zu entdecken, aber außerhalb des Waldes gibt es nicht viel, was auch nur annähernd so schön ist wie das Leben im Alten Wald. Ich hoffe, dass bald Frieden über Mittelerde kommt und Tom, Goldbeere und ich unbeschwert weitermachen können, wie bisher.“

Antien erzählte noch viele seiner Geschichten aus seiner Jugend. Wobei beinahe alle von lustigen Geschehnissen mit Tom erzählen; von Abenteuern, die sie gemeinsam bestritten haben.
Es war bereits spät in der Nacht, als sie mit dem Speisen fertig waren. Gandalf ging in das Zimmer um zu schlafen, denn im Gegensatz zu den Elben, war er darauf angewiesen. Die drei Elben gingen aus dem Gasthaus auf den Dorfplatz, welcher ins schwache Licht des Mondes gedämpft war. Amrûn wollte alleine sein, er kletterte über die Holzleiter auf den hohen Turm, um über Gandalfs Worte nachzudenken.
« Letzte Änderung: 11. Okt 2009, 21:58 von Thorondor the Eagle »
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Thorondor the Eagle

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Re: Holt
« Antwort #3 am: 13. Okt 2009, 19:44 »
Amrûn lehnte sich an eine dünne Holzsprosse des Turmgeländers. Er blickte in den wunderschön silbrig schimmernden Sternenhimmel. Ein kühler, feuchter Frühlingswind wehte um den hohen Ausichtsposten. In der Ferne sah man ein paar orange Lichter aufflackern, welche wie kleine Glühwürmchen wirkten, die fröhlich durch die Nacht schwirrten. Unbedacht dieser schweren Tage, die die Menschen, Elben und Zwerge erlebten.
Amrûn hörte die leise Musik die der Wind, die Bäume und das hohe Gras spielten, wenn der er sie durchwehte. Es erinnerte ihn an Lothlorien und die schönen Gesänge der Elben.

Er wusste noch zu gut, als Galadriel am Geländer stand und in die trostlose Zukunft der Elben auf Mittelerde sah.

...Woran soll ich nur glauben in dieser verlorenen Welt? Es gibt hier nichts mehr das mich hält, weder eine Familie, noch Freunde. So viele sind gestorben in den zahllosen Kriegen und jene die überlebt haben, konnten nicht mehr hier verweilen. Warum nur bin ich geblieben? Mein Grund hier zu bleiben erscheint mir nun so leer. Nicht meinen Freunden wollte ich helfen; ein Held wollte ich sein! Weit bekannt und ein Anführer eine mutigen Heerschar. Alles habe ich erlebt hier und nichts ist mir geblieben; nichts ist von großer Dauer oder von Beständigkeit.
Woher nimmt Gandalf nur diese Stärke, diesen Willen und diese Kraft?...

Der Elb vernahm aus dem Norden merkwürdige Laute. Diese Töne schmerzten sehr in seinen Ohren, es war  ein helles, unerträgliches Geheul. Jede seiner Muskelfasern zog sich zusammen, bis es plötzlich wieder verschwand und durch dumpfe Klagelaute übertönt wurde.

...Die armen Bäume Fangorns. Die Orks werden ihn wohl wieder abroden. Dieser Wald ist so alt wie die Welt selbst, wie können sie ihn nur so herzlos zerstören? Tom Bombadil würde so etwas nie erlauben. Seine verborgene Macht würde er nutzen um alles zu schützen was ihm lieb ist. Er lebt so heiter und gutmütig durch die Zeitalter, unberührt von jeglich Leid und Verlust. Wie gerne wäre ich so wie er, aber selbst das wird ihn am Ende nicht schützen, nicht vor Sauron und seiner unerbittlichen Macht. Was soll ich nur machen? Soll ich  in den Westen ziehen, zu meinem Volk? Kann ich Mittelerde einfach hinter mir lassen, meine Herren, Elrond, Cirdan und Celeborn; oder meine Freunde Celebithiel, Antien und Gandalf? Selbst die Herrin des Lichts wird eines Tages der Schatten überkommen und in die Dunkelheit stürzen.

Als er an Galadriels Dahinscheiden dachte, wurde ihm eiskalt. Seine Träne gefror beinahe bevor sie überhaupt die Wange streifte.

Ich kann nicht von hier weg gehen, noch nicht. Ich werde mich dem Schatten Saurons stellen. Ich lasse nicht zu, dass das Licht und damit alles Gute einfach verschlungen wird. Ich beschütze alle die ich liebe, auch wenn der Tod der Preis dafür ist. Den Weg nach Valinor werde ich einmal einschlagen, doch dieser Zeitpunkt ist noch nicht gekommen und selbst wenn er kommt, so ist er schöner als ich es mir jemals Vorstellen könnte.

Amrûn fasste wieder Mut und sein Lebensgeist wurde etwas stärker, aber unentwegt quälten ihn seine Gedanken. Er wusste, dass dieser Entschluss genauso wenig von Dauer war, wie die Welt in der er sich befand, aber für einen Moment gab es ihm Hoffnung und Kraft und dies war mehr als er sich erwartet hatte.
Seine Wunde auf der rechten Hand hatte aufgehört zu schmerzen. Es war ihm wohlig warm in seinem Gewand auf der Anhöhe des Turmes. Er lauschte noch der mystischen Musik seiner Umgebung, als er ein deutliches Knacken vernahm. Überrascht schaute er zur Treppe, über dessen oberes Ende ein vertrautes Gesicht schaute: es war Celebithiel.
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Vexor

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Re: Holt
« Antwort #4 am: 13. Okt 2009, 21:36 »
Schämst du dich für deine Vergangenheit, dass du es dem fremden nicht verkünden magst? Welch eiserne Binde hält dir die Worte in der Brust gefangen, Elbenmaid? Waren es Gandalfs, des alten Narren, Worte?
Oh holde, schöne, wunderschöne Maid vertrau der Krähe mit weißen Gefieder nicht, denn nur böses er bringt über seine Lieben. Was tat er für dich, als dich von deinem alten Leben zu befreien. Doch mit welch hinterlistigen Gedanken er dies tat. Auf eine Mission in den Tod er dich schicken wird, wie viele zu vor. Erlöse dich von dem Schicksal, welches er dir aufgelegt. Befreie dich von seinen Worten und werde wieder Gwilwileth!

Das Gesicht in den zarten Händen verschlungen lehnte Celebithiel an einem der jungen Bäume, die das Dorf Holt umrandeten.
Welch grausame Worte Quälen meinen Sinn. Welch tückische Absicht pflanzte man mir in den Rosengarten meines Denkens, welch Teufel steckt dahinter. Ist es Sauron selbst, dessen dunkle Gedanken ich, wie eine dunkle Rauchwolke bis hier her vernehme. Die jungen Bäume bieten keinen Schutz vor seinem abscheulichen Willen, so wie es die goldenen Mellyrn getan hatten.
Aber nein ich werde nie wieder Gwilwileth, die verfluchte und vom Schicksal verfolgte, ich bin Celebithiel und Gandalf keine Krähe in weißen Gefieder, sondern einer der Boten Manwes mit dem Gefieder, das den Strahlen der Sonne ähnelt.
Also verschwinde du elender Geist und verlasse meinen Geist!

Plötzlich vernahmen ihre hervorragenden Elbenohren das quietschen einer alten Holzleiter und ihr Blick wanderte behutsam zu dem Turm, welcher wie der mahnende Zeigefinger emporragte.
Dort ist Amrûn...vielleicht sollte ich ihm nun endlich die Antwort auf das geben, was er mich zum Abendessen fragte.

Ihr Herz fasste neuen Mut und so verließ sie das kleine Waldstück, aber nicht ohne jeden Baum behutsam über die weiche Rinde zu fahren. Als sie wieder den gepflasterten Platz betrat sah sie sich kurz um und sie riss ihre Augen weit auf. Sie sah den Rest eines Mantels durch die Stämme der Bäume, aber ihre Beine waren, wie gelähmt und sie vermochte nicht erneut den Wald zu betreten. Als würde ihr eine unsichtbare Kraft die Beine, aber nicht den Willen steuern, bewegte sie sich zu dem Turm und erklomm die engen Sprossen.
Sie erreichte schnell die Spitze und sie sah in die erwartungsvollen Augen Amrûns, den sie erst vor kurzem kennen gelernt und das Leben geschenkt hatte.
„ Seid gegrüßt Amrûn. Eine schöne Tageszeit habt ihr euch ausgesucht diesen Turm  zu erklimmen“, Celebithiel ließ sich neben ihn sinken, „ der Mond sieht so friedlich aus, findest du nicht auch?“
Amrûn wollte antworten, aber Celebithiel fuhr fort ohne seine Antwort abzuwarten.
„ Mein Name, den mir meine Eltern gaben ist Gwilwileth. Ich wurde in Bruchtal geboren [....] so sind Gandalf und Antien und ich durch die Ebenen Rohans geritten, um alle zu informieren und zu instruieren. Und schließlich traf ich auf dich lieber Amrûn.“
Amrûn hatte ihr den gesamten Vortrag über gespannt zugehört und Celebithiel merkte, wie sich Fragen gesammelt hatten und er darauf brannte sie los zu werden.
So wandte sie ihr Gesicht zu ihm und lächelte ihm auffordernd zu. Ihre Gedanken kreisten jedoch immer noch um die seltsame Gestalt, die sie im Wald vernommen hatte, als Amrûn zum erzählen begann.


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Re: Holt
« Antwort #5 am: 14. Okt 2009, 18:06 »
„Ich weiß nicht ob du dich daran erinnerst Celebithiel, es ist schon sehr lange her. An jenem Tag kehrte ich heim, aus dem Reich unter den goldenen Bäumen. Ich geleitete einige Elbensängerinnen aus Lothlorien zu den grauen Anfurten. Es war ein schöner Herbsttag. Die Sonne erwärmte ein letztes Mal die Täler und Gipfel des ehrwürdigen Nebelgebirges, ehe der ewige Schneefall hereinbrach. Wir hatten gerade den hohen Pass überquert als die Nacht hereinbrach.
Wir suchten damals Zuflucht im Hause Elronds im verborgenen Tal. An jenem Abend stieg ein atemberaubendes Fest in der großen Halle. Es gab guten, süßen Wein aus dem Osten und ein Mahl, größer als man sich heute noch vorstellen kann. Ganz Bruchtal war versammelt an jenem Abend. Ich saß dort auf der großen Tafel und aß und trank genüsslich. Ich lauschte der zauberhaften Musik der Sängerinnen, die alle Elben bis ins tiefste berührte. Es bereitete allen Freude und in mitten der Halle, dort wo die anderen tanzten, stand ein kleines Mädchen. Ihre blonden Haare waren zusammengebunden und sie trug ein blassgrünes Kleid. Sie hatte ein frohes Lächeln auf ihren Lippen und drehte sich unentwegt im Kreis. Erinnerst du dich noch daran; das warst du? Ich wusste seit ich dich das erste Mal sah, dass ich dich irgendwo her kenne.
Ich erinnere mich, wie du einem Elbenpaar auf der anderen Seite der Tanzfläche zugewunken hast. Sie lachten vergnügt, als sie dir zusahen“, erzählte Amrûn.

Celebithiel wirkte nachdenklich und ernst, so als ob sie sich an jenen Moment erinnern wollte, aber es nicht konnte.

„Und jetzt wo ich dich sehe und näher kennen gelernt habe, frage ich mich was aus diesem fröhlichen Mädchen geworden ist. Dein Äußeres ist noch immer wunderschön, doch dein von Trauer und Schmerz geprägter Weg hat dich sehr verändert. Das fröhliche Lächeln ist nicht mehr als eine schillernde Erinnerung aus alter Zeit. Hat dich dein Schicksal so geprägt? Und wie... woher nimmst du die Kraft dafür, hier zu kämpfen gegen jene Feinde die nicht einmal mehr wissen, ob sie deine Eltern ermordet haben? Ist Rache dein einziges Gelüst?“, fragte sie Amrûn, jedoch bereute er es im nächsten Moment schon wieder. Den Celebithiels schreckhafte Reaktion schmerzte ihn etwas.
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Re: Holt
« Antwort #6 am: 16. Okt 2009, 18:28 »
In den Augen Amrûns sah sie das Abbild einer verschreckten und verängstigten Frau, welche die Wahrheit und ihre Vergangenheit fürchtete.
Warum fürchte ich mich so davor, ich bin nicht mehr so, ich werde nie mehr so sein!
Sie atmete die warme Nachtluft ein und blickte hinauf zum Mond ihren Schutzgefährten, bevor sie zögernd ansetzte: „ Weißt du Amrûn jenes fröhliche Mädchen starb zusammen mit ihren Eltern und ihre Fröhlichkeit segelte mit Celebrian, auf den weißen Schiffen nach Valinor. Jetzt bin ich jemand anderes, dessen Wegbegleiter die Trauer ist, aber dieses Schicksal stimmt mich nicht traurig, denn ich habe gelernt dadurch die Freude in jeder noch so winzigen Faser des Leben zu sehen; in den Erzählung des Flusses oder dem Gesang der Vögel im Frühjahr.“
Sie schloss die Augen und vor ihr sah sie die Gärten Bruchtals. Sie sah wie die Zitronenfalter ihren Tanz um die Blüten der weißen Lilien führten und die Bienen eifrig die Blüten des großen Kirschbaums um schwirrten. Sie sah die Eichhörnchen die Nüsse im braunen Herbstlaub suchen und sie sah, wie die Füchse Abdrücke im weißen Schnee hinterließen.
„ Weißt du was mich glücklich macht, wenn es mir nicht so gut geht? Ich versuche verschiedene Düfte und Farben wahrzunehmen und mich an jene zu erinnern, denn jeder empfindet etwas anderes, wenn er an eine Farbe denkt.
Celebrian brachte mir dies bei, als ich in einem Brunnen aus Trauer, nach dem Tod meiner Eltern, zu ertrinken drohte. So schmeckt die Farbe Rot für mich nach frischen Erdbeeren im Frühjahr, und die Farbe Gelb fühlt sich an, wie die weichen und warmen Strahlen der Sonne. Die Farbe Grün riecht für mich, wie frisch geschlagenes Gras und Blau, wie die Farbe des Himmels, an den die Boten Manwes ihre endlosen Kreise ziehen. Die Farbe Braun fühlt sich an, wie das nasse, braune Laub zwischen meinen Zehen nach einem Spaziergang im goldenen Oktober. Jedoch ist die Königin aller Farben für mich die Farbe Schwarz, denn sie fühlt sich an wie die Seide meines Kleides und riecht wie das Haar meines geliebten Vaters. Jene Erinnerungen verdrängen die Trauer, aber vertreiben sie nicht. Doch das will ich auch nicht, denn mein Schicksal ist es mit der Trauer zu leben, aber nicht in ihr. Also versuche ich sie so gut, wie möglich mit positiven Erinnerungen zu verdrängen.
Du fragtest mich des weiterem, woher ich die Kraft nehme für den Kampf gegen das Böse. Die Kraft gab mir Galadriel und allein für sie halte ich Stand und werde sie nicht enttäuschen. Die Rache ist ein Gelüst, welches in mir seit ich mein altes Leben verließ und Celebithiel wurde, schon lange nicht mehr empfinde. Ich sehne mich nur nach einem Ausgleich und möchte die Zukunft ohne das Böse gestalten.“
Sie machte eine kleine Pause bevor sie auffordernd zu Amrûn hinüber sah und ihn ein Lächeln schenkte. „ Sagt mir lieber Amrûn ist hiermit eure Frage befriedigt? Ich würde auch gerne noch mehr über euch erfahren“.
« Letzte Änderung: 16. Okt 2009, 18:35 von Vexor »


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Re: Holt
« Antwort #7 am: 16. Okt 2009, 19:35 »
„Was ihr mir hier erzählt ist so unglaublich. Die Welt aus einem solch ungwöhnlichen Blickwinkel zu betrachten, habe ich noch nicht bedacht. Auf solch kleine Details zu achten und diese zu genießen...“, antwortete Amrûn. Er sah in ihre tränengefüllten Augen: „Aber ich weiß auch nicht ob ich das jemals konnte oder können werde. Mein Leben ist von Beginn an von Krieg gezeichnet, ich sah mich auserkoren den Spuren meines Vaters zu folgen.
Ihr müsst wissen, mein Vater war ein hoch angesehener Schiffbauer aus Alqualonde und ein großer Krieger. Er erlag nur wenige Wochen nach dem Sieg über Morgoth seinen unzähligen Wunden.
Meine Mutter war stets gegen den Krieg und gegen ihren Willen habe ich kämpfen gelernt und bin in die Schlacht gezogen. Ich erinnere mich genau als wir eines Tages an den Docks spielten und mit Holzstöcken Heldenkämpfe nachahmten. Meine Mutter saß an den Ufern der See. Sie war in eine seidene Decke gewickelt um dem kühlen Wind zu trotzen. Ihre Haut war in den letzten Wochen blasser geworden und sie wirkte sehr müde. Ihr leerer Blick starrte unentwegt in den Westen.
Sie folgte letztendlich ihrem Blick vor vielen Jahren, doch ich lehnte es ab. Das Leid machte ich mir selbst zur Bürde und das rettende Boot aus dieser jener Zeit habe ich abgelehnt. Ich habe mich gegen den Weg mit meiner Familie gewendet nur um hier ein Held zu sein. Um in die Fußstapfen unserer großen Vorfahren zu treten.
Jahrelang habe ich mir eingeredet nur geblieben zu sein um Mittelerde zu retten und meinen Freunden beizustehen und jetzt sind so viele Jahre vergangen und so viele Kriege zur Geschichte geworden, dass ich all meine Freunde an einer Hand abzählen kann und ich weite Reisen auf mich nehmen muss, um sie wiederzusehen.
Im Augenblick wünschte ich euch früher getroffen zu haben, denn die Welt mit euren Augen zu sehen, hätte vielleicht verhindert, dass sich meine Seele dem Westen zugewandt hat.“

Amrûn verharrte einen kurzen Moment. Er glaubte den sanften Duft des Meeres in seiner Nase zu vernehmen. Er schloss seine Augen und konzentrierte sich. Der Westwind brachte tatsächlich eine Brise mit sich, denn der leicht salzige Geruch war deutlich herauszufiltern.

„Sogar jetzt rieche ich den lauen Duft der See, hier mitten im Lande“, sagte er mehr zu sich selbst als zu seiner Zuhörerin: „Wenn diese Schlacht geschlagen ist und der Weg nach Mithlond wieder frei ist, werde ich in meine Heimat zurück gehen. Ich will das Meer wiedersehen und den strahlend hellen Sonnenuntergang der das Wasser in ein feuriges Rot taucht. Der Wind ruht niemals an den Klippen unserer Gefilde und die Zeit ward ewig in den Grauen Anfurten, der letzten Station der Elben von Mittelerde. Und wenn ich es für richtig empfinde, so werde auch ich diese finale Hürde hinter mir lassen und zu meiner Mutter und zu meinem Volk zurückkehren.
Nun weißt du wie meine Geschichte begonnen hat und wie sie enden wird. Ich hoffe ich habe euch nicht enttäuscht. Mehr als 6000 Jahre habe ich gebraucht um zu erkennen wo mein Ziel liegt, obwohl es mir immer vor den Füßen lag.“

Viele Stunden waren vergangen, während Celebithiel und Amrûn an der Spitze des Turmes saßen und aus ihrem Leben erzählten. Im Osten erhellte sich der Himmel wieder leicht: Die Morgendämmerung brach herein!
Die schwarzen Hügel der Westfold wurden wieder gelichtet und sie nahmen unzählige verschiedene Grautöne an. Allerdings dauerte es noch bis die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont kamen.
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Re: Holt
« Antwort #8 am: 16. Okt 2009, 22:46 »
Schweigend saßen sie nebeneinander und genossen beide die Stille, hörten den leisen, oder manchmal kräftigen Atem des anderen. Die Welt zog an ihnen vorüber und sie waren Zuschauer, die kritisch dem Schauspiel folgten.
Sie sahen, wie das Schwarz der Nacht durchflutet wurde von dem Licht, der versteckten Sonne und die Vorführung erreichte ihren Höhepunkt mit dem Auftauchen des ersten Sonnenstrahles.
Jener tastete sich behutsam und scheu über den, mit Tau bedeckten, Boden und streichelte Celebithiel behutsam und kindlich über die Wange.
" Lass uns zu Gandalf gehen, er müsste schon wach sein Celebithiel!", sagte Amrûn während er sich langsam aufrichtete und ihr die Hand hin streckte, um ihr aufzuhelfen. Celebithiel zögerte und genoss die sanfte Berührung der Sonnenstrahlen und ihre Augen wandten sich hin zu den endlosen Gipfeln des Nebelgebirges. Sie konnte die Erregung nicht erwarten bis der gesamte Körper der Sonne über die Bergspitzen geklettert war, die einzelnen ihrer Strahlen, wie Arme nutzend.
Die Sonne war nun über die Berge gestiegen und das ganze Tal wurde langsam von den leuchtenden Licht durchflutet und die kleinen Bäume um Holt wirkten, wie Fasern feiner Seide in einem Meer aus Licht.
Celebithiel legte die Hand in die Amrûns, der sie behutsam nach oben zog. Er wollte sich zum gehen wenden, als Celebithiel ihm Einhalt gebot und seine Hand festhielt.
„ Warte Amrûn!“, sagte sie bestimmt, „ ich kenne deine Gefühle sehr gut, glaube mir. Ich weiß was du in der fühlst.“
Sie nahm seine Hand und fuhr mit ihren Fingern über seine Handfläche. Seine Haut war rissig, als würden sich tiefe Schluchten seiner Seele dort abzeichnen. Behutsam malte sie die Zeichnungen seiner Hand mit ihren Zeigefinger nach und schwieg.
Es kam ihr vor als wäre es komplett still geworden und nur sie beiden würden existieren. Sie ließ seine Hand los und sah zu ihm hinauf. Erst jetzt wurde ihr klar, wie viel größer er im Gegensatz zu ihr war und von welcher Anmut sein Gesicht war. Sie blickte in die grauen Augen und es kam ihr vor, als würde sich dort das endlose Meer wiederspiegeln und die Gischt der Wellen, wenn sie gegen die Häfen der Grauen Anfurten stieß.
Sie streichelte ihm die Wange und legte ihre Hand auf sein Herz und nahm gleichzeitig seine Hand und führte sie zu ihrem Herzen.
„ Verstehst du nun, was ich meinte mit den kleinen Dingen im Leben? Es ist nicht zu spät diese Dinge zu sehen und auch du wirst es früher oder später erkennen.“
Die beiden Elben standen dort und vernahmen beide den Herzschlag des anderen, während die Sonne weiter empor stieg und ihre Seele mit wärme füllte.
Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und stieg die Treppe hinab, aber Celebithiel wusste, dass sie und Amrûn nun für immer verbunden waren, denn sie spürte immer noch seinen Herzschlag.
Amrûn folgte ihr erst später nach.


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Re: Holt
« Antwort #9 am: 17. Okt 2009, 09:41 »
Diese sonderbare Begegnung mit Celebithiel verwirrte Amrûn zutiefst. Er folgte ihr vorerst über die Leiter hinab und versuchte jene Situation zu verarbeiten. Der Elb wusste nicht genau was die Elbenmaid ihm damit sagen wollte.

Unten am steinernen Dorfplatz stand Gandalf. Er hatte seine Waffe zur Seite gelegt und pflegte sein Pferd mit einer Bürste. Der Zauberer fuhr dem Reittier behutsam über das Fell . Schattenfell schien jede Bewegung zu genießen, denn er gab ein beruhigendes Schnauben von sich. Antien saß bei Gandalfs Schwert und Stab, welche an der Gasthauswand lehnten.

„Da seid ihr ja, meine Freunde. Wo wart ihr die Nacht über?“
„Amrûn und ich saßen am hohen Turm und bewunderten den klaren Sternenhimmel. Wir haben über die vergangenen Tage gesprochen“, antwortete Celebithiel.
Gandalf nickte ihr zustimmend zu, denn er wusste, dass sie ihm neue Hoffnung schenkte.
„Das ist schön zu hören, denn ich hatte eine sehr unruhige Nacht und davon muss ich euch berichten. Als ich gestern die Umgebung von Holt durchquerte und nach Feinden Ausschau hielt, erspähte ich in der Nähe einen Schatten der sich in schnellem Ritt von Holt wegbewegte. Ich weiß nicht, ob er uns hier entdeckt hat, oder ob er an dem versteckten Ort nur vorbei gereist ist. Allerdings verheißt beides nichts gutes, denn meine Träume teilten mir heute Nacht mit, dass es sich um einen hohen Diener des Feindes handelt. Ich kann nur vermuten, dass es der Mund  war, denn jeder andere hätte vermutlich den Kampf mit mir aufgenommen. Ich fürchte, dass der Krieg bald beginnen wird; wahrscheinlich der letzte den die Rohirrim austragen werden.“, berichtete der Zauberer, „Bald wird es soweit sein und ich fürchte um das schlimmste abzuwenden, müssen wir nach Edoras. Macht euch bereit für die Abreise, wir müssen spätestens morgen früh los.“

Amrûn hörte zwar was Gandalf sagte, war allerdings noch immer mit seinen Gedanken auf dem Turm. Er streichelte mit der Hand langsam über das glänzend weiße Fell des Pferdes. Als er seine Hand betrachtete bemerkte er, dass sich die aufklaffenden Risse geschlossen hatten und wieder verheilten.
War das die Macht von Celebithiel? Hat sie wirklich neuen Mut in mir erweckt, neue Stärke um die Zeit bis zu meiner Abreise erträglicher zu machen? Ich spüre jetzt noch das Kribbeln in der Hand, die sie sachte mit ihrer Hand umschmeichelt hat. 'Ich soll mich an den Kleinigkeiten des Lebens erfreuen' hat sie gesagt.

Er ging an den Rand des Platzes und wollte ein Büschel Gras für Schattenfell holen. Als er es berührte, zuckte er vor dem feuchten Tau zurück, der noch auf den Holmen lag. Er schaute in seine Hand und sie funkelte geradezu. Sie reflektierte das kräftige Licht der Sonne und erhellte das düstere Gesicht des Elben. Es erinnerte Amrûn an jenen Tag als seine Mutter abreiste. Der zauberhafte Meeresdunst hatte sich auf ihre Haut gelegt, wie ein seidenes Tuch. Sie sah damals so wunderschön aus, als hätte sie wieder Kraft gefunden, um ihren Weg weiter zu gehen.

Ich glaube ich habe nun verstanden was Celebithiel gemeint hat. Man soll sich immer an die Kleinigkeiten erinnern, denn selbst in den schlechtesten Zeit erlebt man jene guten Dinge, die das Leben erst lebenswert machen.
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Re: Holt
« Antwort #10 am: 19. Okt 2009, 21:35 »
„Amrûn!“, sagte Gandalf „Wie geht es deiner Wunde? Blutet sie noch?“
Der Elb blickte kurz auf seinen rechten Arm. Da der Schmerz stark nachgelassen hatte, vergaß er sie für einige Zeit. Amrûn strickte den Ärmel über den Ellenbogen hinauf und zum Vorschein kam eine bereits geschlossene Wunde.
„Die Schmerzen haben nach gelassen, es tut fast nicht mehr weh!“, gab er zur Antwort.
„Das höre ich gerne. Haben dir die gutmütigen Worte der hübschen Maid Heilung geschenkt“, sagte der Zauberer in bestimmten Tonfall „So manchen hat sie schon zu Gutem verholfen. Kommt mit mir, meine Freunde, nehmen wir ein vorzügliches Mahl zu uns, damit wir für den morgigen Tag gut gerüstet sind.“

Mithrandir hab seinen Stab und sein Schwert auf und ging durch die Türe des Gasthauses. Antien lief fröhlich hinterher, gleich gefolgt von Celebithiel und Amrûn.
Es schien als ob die Zeit in der Stube stehen geblieben war. Der selbe Tisch war gedeckt worden, mit dem selben Topf und den selben Tellern. Die drei alten Männer saßen an der Theke und sprachen über „gute“ alte Zeiten. Ab und zu hörte man einen von ihnen laut auflachen, anscheinend erzählten sie sich auch amüsante Schwänke aus ihrer Jugend. Nur eines war neu an dem wohlbekannten Bild. In der gegenüberliegenden Ecke des Lokales saß ein jüngerer Mann. Außer ihm war niemand am Tisch. Vor sich stand ein großer Krug Bier und ein Teller mit dampfendem Braten. Er hatte struppiges, braunes Haar und einen dichten Bart. Der Mann schaute ganz griesgrämig und böse.

„Gandalf, wer ist das? Ist dies ein Spion des Feindes? Haben sie uns entdeckt?“, fragte Antien überrascht.
Der Zauberer musterte den Neuling genau. Gandalf wirkte sehr konzentriert, doch plötzlich erweichte sein Gesichtsausdruck und er sagte: „Macht euch keine Sorgen über ihn. Er mag zwar dunkel und verräterisch Wirken, doch sein Herz ist am rechten Fleck. Er hat sich schon immer für den Weg des Guten entschieden.“
„Dies alles erkennst du, wenn du ihn aus der Ferne betrachtest?“ frage Amrûn erstaunt.
„Mir scheint, mein lieber Elb, du hast trotz deines hohen Alters noch viel zu lernen“, sagte er mit einem dreisten Grinsen auf den Lippen.
„Mithrandir, was wird uns morgen erwarten, wenn wir nach Edoras reiten? Sie werden uns bestimmt nicht mit offenen Armen erwarten!“, stellte Celebithiel fest. Die besorgte Miene auf ihrem Gesicht konnte sie kaum verbergen.
„Oh, meine liebe Celebithiel! Auch wenn ich weise bin, so bin ich kein Hellseher. Ich hoffe das allerbeste für uns und ich bin mir sicher, dass wir es so gut es uns gelingt lösen werden. Ich vertraue euch allen“
Amrûn starrte immer wieder zu dem Fremden hin. Er registrierte die verstohlenen Blicke auf die drei Elben und den Zauberer.

Was hat er vor und warum kommt er gerade nach Holt. Hat sich Gandalf wohl nicht durch seinen Deckmantel täuschen lassen? Ich hoffe er verrät uns nicht an den Mund. Hier waren wir die letzten Wochen sicher vor dem Feind. Vielleicht sagt er den Orks aus Edoras bescheid, dass wir morgen los reiten...


„Amrûn, was bedrückt dich? Du wirkst so nachdenklich“, sagte Celebithiel „Erzähl uns etwas von dir und deiner Vergangenheit. Ich liebe die Geschichten aus alter Zeit. Älter als so manch andere.“
„Ja, ich kenne eine Geschichte, die an diesen Tisch passt. Es ist schon lange her, damals als der wachende Frieden über Mittelerde herrschte, reiste ich mit meinem Pferd hoch in den Norden. Am Ausläufer des Blauen Gebirges machte ich halt. Ich war müde und es war mitten in der Nacht. Ich beschloss hier zu rasten und Band mein Pferd an einen Stecken, der aus dem Schnee ragte. Ich genoss den Blick über das ewige Eis der Bucht und schlief langsam ein. Am nächsten Tag wachte ich auf. Ich lag inmitten einer Siedlung der Naugrim und blickte in die verwunderten Gesichter der Zwerge. Verwirrt suchte ich mein Pferd und ich erschrak als ich es auf dem Dach einer hohen Zitadelle sah. Der viele Schnee war in der Nacht geschmolzen und erst jetzt erkannte ich, dass ich mein Pferd an die Spitze des Hauses gebunden hatte. Es dauerte ein Monat lang, bis der Schnee wieder bis zum Dach reichte und ich meine Reise endlich fortsetzten konnte.“
Antien begann darauf hin fröhlich zu lachen. Gandalf hingegen war nur ein leichtes Schmunzeln abzugewinnen.
Der Mittag klang langsam aus. Es folgten noch viele so fröhliche Geschichten aus dem Leben der Elben.
„Ich werde nun noch ein Stück in den Süden reiten!“ sagte Gandalf abschließend „Ich werde unseren Weg auskundschaften, damit es morgen reibungslos bis an die Stadtmauern geht.“
« Letzte Änderung: 19. Okt 2009, 21:47 von Thorondor the Eagle »
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Re: Holt
« Antwort #11 am: 20. Okt 2009, 20:25 »
Amrûn ging wieder hinaus, er wollte die frische Frühlingsluft riechen und die Schönheit Mittelerdes genießen. Er lehnte sich an die Hausfront des Gasthauses und blickte in die Ferne.
Ihm gefielen die frischbewachsenen Hügel, welche das Frühjahr mit sich brachte. Sie reichten weit nach Westen und raffen sich letztendlich zu den kahlen, nebelbedeckten Spitzen des Gebirges auf. Am südlichen Ende sah man klar und deutliche einen hauchfeinen Rauchfaden aufsteigen und er sammelte sich in der Luft. Es schien fast so als wollte der dunkle Qualm den alteingesessenen, weißgrauen Nebel verdrängen. Ein Stück weiter südlich öffnete sich die Pforte von Rohan, der Weg, den Amrûn nehmen würde um in seine Heimat zurück zu kehren. Eine warme Brise kam aus dieser Richtung und brachte den süßen Geruch der gerade aufgeblühten Hyazinthen mit sich. Amrûn liebte diesen Geruch, er erinnerte ihn ein wenig an den lieblichen Duft der Niphredil aus Lothlorien.
Amrûns Blick wandte sich dem Boden zu. Er wollte diesen Augenblick festhalten und sich einprägen. Plötzlich fiel ihm ein grobes Leinentuch am Boden neben sich auf. Eine eine silberne Metallspitze ragte heraus. Von Neugier streifte er den Stoff von der Klinge ab und zum Vorschein kamen zwei Schwerter. Eines war in einer braunen Lederscheide, das andere lag blank vor dem Elbenauge.
Der Elb hob es auf und musterte es genau. Der Griff war golden und das Heft mit Leder eingebunden. Am Ansatz der Klinge war auf goldenem Untergrund mit feinen Linien die Köpfe mehrere Pferde eingraviert. Sie schwangen sanft, wie Wellen des Meeres, über das glänzende Querstück. Die Rösser umgeben ein kunstvoll eingelegtes „D“.
Amrûn fuhr mit seinem Zeigefinger sanft über die Kante der silbernen Klinge. Er spürte, dass an dem Schwert eine lange, ruhmreiche aber auch betrübte Vergangenheit haftete, so wie an ihm.

„Was macht ihr mit meinem Schwert?“, brüllte eine Stimme und überraschte Amrûn. Er schreckte zurück und lies das Schwert fallen. Unter lautem klirren fiel es auf die Pflastersteine des Platzes und prallte mehrmals ab. Der Elb erkannte den Mann aus dem Gasthaus wieder. Seine enorme Körpergröße war ihm vorhin gar nicht aufgefallen.
„Es tut mir Leid. Die Neugier hat mich überkommen. Es war so, als ob das Schwert mir zuflüstern würde“, sagte der Elb.
Schweigend hob der Fremde seine beiden Schwerter auf und versteckte sie unter dem Leinen. „Ihr Elben glaubt auch mit allem und jedem sprechen zu können. Dies ist nur ein altes Stück Metall, nicht mehr der Rede wert“, sagte er mürrisch und wollte zurück in das Gasthaus gehen.
„Nein, so habe ich das nicht gemeint, Fremder. Ich habe das Schwert aufgehoben und auf einmal spürte ich, die Geschichte der Waffe und sie war der meinen nicht so unähnlich. Wer seid ihr? Und was hat es mit diesem Schwert auf sich?“, fragte Amrûn.
„Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht, geh zurück in den Norden wo du hergekommen bist! Seit wann interessieren sich Spitzohren für das, was wir hier treiben? Geht zurück über das große Meer und lasst uns hier in Ruhe“, antwortete er garstig.
„Gandalf erkennt dunkle Menschen, wenn er sie sieht und ihr seid definitiv keiner, hat er gesagt. Deshalb interessiere ich mich für euch, denn jeder Feind Saurons ist auch in gewissen Maße ein Freund“, antwortete Amrûn „Das Schwert, dass ich in der Hand hielt, es ist nicht das eure, oder?“

Der Mann blieb abrupt stehen. Sein Griff wurde locker und sein Blick richtete sich zu Boden. Er begann stark zu zittern und Amrûn vernahm ein leises Wimmern.
„Sagt mir, was ist geschehen. Was versucht ihr so zwanghaft zu vergessen? Welche Vergangenheit versucht ihr mit den unzähligen Krügen Bier wegzuspülen?“, hakte der Elb nochmals nach.

„Hier, nehmt dieses verdammte Schwert, wenn es euch soviel bedeutet, aber lasst mich endlich in Ruhe“, brüllte der Fremde und warf das Schwert vor die Füße des Elben. Er riss die Tür auf und ging eilig hindurch. Das Tor knallte laut ins Schloss.
Amrûn bückte sich um das Schwert aufzuheben und als er den Griff umschloss, sah er drei einzelne Tränentropfen auf dem kalten Pflaster des Platzes.

Den Elben umhüllte die Trübseligkeit, die der Fremde hinterlassen hatte. Er verbarg das Schwert unter seinem Mantel und dachte über das Geschehene nach. Amrûn hatte mit dem Fremden mitgefühlt; seine Trauer, seinen Schmerz und seine Verbitterung.
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Re: Holt
« Antwort #12 am: 23. Okt 2009, 19:14 »
Ein grauer Mantel hat sich über die Westfold gelegt und wiegt dieses Land mit trauriger Melodie in den Schlaf, hoffend auf bessere Zeiten und fröhlichere Lieder.
Celebithiel saß im Schneidersitz auf dem hohen Turm und lies ihr Auge über die Mark gleiten. Jedoch erschwerte ihr dichter Nebel die Sicht und so konnte sie nicht einmal bis nach Edoras und den Dächern der Goldenen Halle sehen.
Die Lichter der einzelnen Höfe leuchten so schön im gräulichen Nebel. Was die Leute dort wohl denken, wie es ihnen geht? Ob sie gerade fröhlich zu Abend essen und den Abend, nach der harten Arbeit auf dem Felde, ausklingen lassen? Oder sitzt dort eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter und betrauert, in leisen Wimmern, den Tod ihrer Söhne und ihres Gatten?
Der Gedanke versetzte ihr einen Stich im Herzen, als sie an ihre leibliche Mutter dachte und wie sie, Celebithiel, den Tod ihrer Eltern betrauern musste.
Aber habe ich das denn wirklich? Habe ich den Tod meiner Eltern betrauert?
Sie überlegte lange und wog das für und wider ab, denn eine Antwort zu finden, gestaltete sich für sie schwierig. Doch schließlich kam sie zu dem Schluss, dass sie sie nicht zu betrauern hatte, denn sie würde sie wieder sehen eines schönen Tages. Sie würde mit ihnen über die Blumen übersäten Wiesen Valinors schreiten und dort würde auch Celebrian sein und zusammen würde sie von ihren Abenteuern erzählen, welche sie erlebt hatten.
Der Gedanke nach Valinor zu reisen brennt, wie ein gleißendes Feuer in meiner Brust, aber meine Aufgabe hier ist noch nicht erfüllt. Und was hätte ich ihnen jetzt schon zu erzählen. Erst wenn Rohan befreit, der Mund geschlagen ist, dann kann ich ihnen etwas erzählen. Von meinen Taten und mein Vater wird staunen, was ich alles erlebt habe. Auch wenn meine Geschichten nie so spannend sein werden, wie seine vom Drachentöter.
Sie schloss die Augen  und verbannte jeden Gedanken aus ihrem Geist, denn sie genoss das hier und jetzt. Plötzlich schreckte sie hoch, denn sie vernahm plötzlich in der Stille um sie herum, ein seltsames Wispern und Flüstern. Zunächst war es undeutlich und sie konnte die Ursache des Geräusches nicht ausmachen, bis ihr klar wurde, dass das Flüstern aufgekommen war, während sie die Augen geschlossen hatte. So versetzte sie sich wieder in den Zustand innerer Trance, den sie vorher genossen hatte, und aus dem unklaren Wispern formten sich Buchstaben und Klänge:

„ Meine Liebe, ich freue mich, dass es dir so gut geht. Ich besuchte vorgestern den Fangorn Wald und redete mit den Hirten aller Bäume. Er erzählte mir von dir und deinem Aufenthalt in dem Wald der Wälder.
Mit Freunden teile ich dir mit, dass euer Gesandter mit der geflügelten Botschaft eingetroffen ist. Sie sind euch näher als ihr denkt.
Gehe weiter deinen Weg und denke daran, dass wir immer an dich denken und über dich Wachen. Auch in den Momenten tiefster Einsamkeit werde ich bei dir seien. Ich liebe dich...“

Celebithiel strahlte aus tiefstem Herzen, und unmerklich flüsterte sie in die warme Nachtluft, „Danke!“.

---

Sie schlug die Bettdecke zurück und legte sich in das warme Bett neben Antien. Jener schlief, wie immer mit einem Grinsen auf den Lippen, tief und fest. Sie entzündete eine Kerze und nahm ein Buch heraus, welches in dem Regal in ihrem Zimmer stand. Mit ihren Fingern fuhr sie über den Titel des Buches „Eorl der Junge“, welches in silbernen Lettern auf dem grünen Samteinschlag gestickt war. Die untere Hälfte des Einschlags zierte das weiße Pferd Rohans. Sie öffnete behutsam das Buch und versank in der Welt aus Buchstaben.
Die zwei anderen Betten neben ihr waren noch leer. Gandalf und Amrûn waren beide noch nicht zurückgekehrt.


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Re: Holt
« Antwort #13 am: 24. Okt 2009, 13:54 »
Amrûn ging noch ein Stück die Straße entlang. Ab und zu durchbrach ein feuerroter Schein aus den Fenstern die Dunkelheit der Straße. Diese Nacht war bedrohlich ruhig. Keine einzige Grille war zu hören, die normalerweise die nächtlichen Stunden mit ihrem heiteren Gezirpe versüßten. Die Sterne waren von einer grenzenlosen Wolkendecke verhüllt. Nur der Mond lies hin und wieder sein blasses, silbernes Licht auf die nun schwarzen Hügel der Westfold nieder.
In der unangenehmen Stille vernahm Amrûn auf einmal das helle Wiehern eines Pferdes.

Kommen schon wieder fremde Menschen in die Stadt? Wenn sie ihr Leben auch so trübselig dahinfristen ist es wohl besser ich begegne ihnen nicht. Was soll ich nur mit dem Schwert machen. Es zu behalten wäre dem Mann gegenüber nicht gerecht. So viel Leid trägt er in sich und wenig Hoffnung hat er.
Aber womit soll ich kämpfen, wenn ich kein Schwert habe? Morgen reiten wir in den Kampf. In Edoras wird man uns nicht mit offenen Armen empfangen!


Er grübelte lange über den Verbleib des goldenen Schwertes nach, konnte sich aber nicht entscheiden. Er nahm es heraus und betrachtete es immer wieder. In der glänzenden Klinge spiegelte sich ein schmaler Streifen seines weniger matten Gesichts wieder. Sein Lebenswille war wieder in ihm. Er hatte wieder Kraft in seinen Händen und er fühlte sich bereit für den Ritt nach Edoras.

Ich werde mich noch ausruhen, damit ich morgen für den Kampf besser gerüstet bin als in Firnharg. Nein! Ich darf nicht zulassen, dass mich der Schatten aus der Vergangenheit einnimmt, sonst verfalle ich wieder meinem hoffnungslosen Dasein... Meine kleine Irwyne... Hoffentlich geht es dir gut.

Er versteckte das Schwert unter seinem Mantel und ging eilig zurück zum Dorfplatz um seine düsteren Gedanken zu verdrängen. Vor dem Gasthaus leuchtete eindeutig das strahlend, weiße Fell von Gandalfs Pferd. Es reflektierte den zauberhaften Schein des Mondes.
„Hallo Schattenfell, ich bin erfreut dich zu sehen. Euer Weg war weit und du solltest dich ausruhen, denn morgen steht uns ein noch weiterer bevor“, sagte der Elb zum Fürsten der Pferde und strich im dabei liebevoll über seine Mähne „Gute Nacht.“
Amrûn betrat den Gasthof und ihm bot sich das übliche Bild der drei alten, bärtigen Männer scherzend an der Theke. An dem Tisch in der Ecke saß der Zauberer und ihm gegenüber der Fremde. Sie waren in ein Gespräch vertieft, dass der Elb nicht stören wollte.
Es sah in Mithrandirs Augen die Trauer. Der Mann erzählte ihm wohl seine Geschichte und die des Schwertes. Amrûn wollte die beiden nicht stören und deshalb setzte er sich auch an die Theke.
„Gebt mir bitte einen Becher Milch“, forderte er den Wirten auf, der sofort die Bestellung ausführte.
„Was den, was denn! Kann so ein feines Elbenbürschlein keinen ordentlichen Krug Bier vertragen?“, lallte einer der Alten.
„Verzeiht, aber habe ich den Grund eures Feierns verpasst?“, argwöhnte er.
„Brauchst ja nicht gleich so unhöflich zu werden“, schmollte der Alte.
„Ich trinke heute kein Bier, da ich morgen all meine Sinne geschärft brauche. Wir werden euch morgen wieder verlassen.“
Plötzlich löste sich das Schwert von Amrûns Gürtel und fiel zu Boden. Alle im Raum schreckten auf und blickten zum Elben.
„Tut mir leid, das war keine Absicht“, entschuldigte er sich prompt und sah dabei in die glasigen Augen des Fremden und auf Gandalf, welcher angespannt zu Amrûn sah.
„Da habt ihr ein fantastisches Schwert, junger Elb. Darf ich es mal sehen?“, fragte der betagte Trinker „Ich glaube ich habe es schon einmal gesehen.“
Schweigend überreichte ihm der Elb die Waffe, in der Hoffnung mehr zu erfahren.
„Ja... ich kenne es tatsächlich. Es gehörte einem Mann, besser gesagt einem Neffen des Mannes. Er ist wie so viele andere unseres Volkes bei der Schlacht um Minas Tirith gefallen. Den Namen kann ich dir nicht sagen, denn wir sprechen nicht über Tote. Sonst werden sie nie in Frieden ruhen“, erzählte der Greis „Hier nimm es und verwahre es gut.“
Er gab es dem Elben zurück und schaute in seinen Krug. Von dem Moment an, sagten die Drei kein Wort mehr. Das Schwert hatte die amüsanten Geschichten für den heutigen Abend verbannt.

Mit einem kräftigen Schluck leerte Amrûn seinen Becher und ging in das Zimmer. Es war dunkel darin. Antien schnarchte leise, aber auf seinen Lippen zeichnete sich ein breites Grinsen ab.
Celebithiel lag zusammengerollt unter ihrer Decke. Neben ihr lag ein Buch auf dem Bett. Er ging zu ihr, hob das Buch auf und schloss es. Behutsam legte er es zur Seite und zog die weiche Decke über die kühlen Schulter der Elbin.
„Amrûn, bist du es?“ schreckte sie auf.
„Ja, schlafe ruhig weiter damit du morgen genug Kraft hast für den Ritt.“

Er wandte sich von ihr ab und legte seinen Mantel ab.
„Was schimmert so silbern an deinem Gürtel?“
„Es ist ein Schwert, in dessen Klinge sich nur das kalte Licht des Mondes spiegelt.“
„Wo hast du es gefunden?“
Amrûn erzählte Celebithiel die Geschichte alles was er mit dem Schwert erlebt hatte am heutigen Tag.
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Re: Holt
« Antwort #14 am: 27. Okt 2009, 20:33 »
Celebithiel dachte es wäre einer der Äste, die gegen das Fenster schlagen würden, derweil war es ihre kleine Nachtigall die mit ihrem winzigen Schnabel gegen das Fenster klopfte. Rasch ging Celebithiel zum Fenster und ließ den Vogel herein. Die Sonne war schon aufgegangen und färbt den morgendlichen Himmel in ein blasses violett.
„ Na mein kleiner Freund? Wie ist es dir mit Faendir ergangen?“, fragte sie den Vogel behutsam, während sie sich wieder auf ihr Bett setzte. Der Vogel erhob sich von ihrem Zeigefinger und flog zwitschernd durch den Raum. Er streifte Amrûns Kopf und landete auf Antiens Schulter. Beide schliefen noch tief und fest.
Celebithiel horchte aufmerksam der Melodie des Vogels und versuchte zu entziffern was ihr die Noten und Töne für eine Botschaft vermitteln wollten.
Mit jeder Note, die sich in ihrem Kopf zu einem Buchstaben formte, wurden ihre Gesichtszüge ernster und der Ausdruck ihrer Augen trüber.
Also weiß der Feind, dass wir hier sind. Ich muss sofort Gandalf informieren.
---
Celebithiel stand auf den Turm in Holt und sah in die Ferne. Zwei Schatten konnte sie ausmachen. Der eine war Gandalf, der sofort aufgebrochen war, nachdem ihm Celebithiel die Nachricht der kleinen Nachtigall übermittelt hatte. Der andere, winzig und kaum auszumachen, war die Nachtigall, die zurück nach Edoras flog, um Faendir die neuen Instruktionen Gandalfs mitzuteilen.
Möget ihr beiden Seelen auf eurer Reise behütet sein und ein Wiedersehen möge rasch erfolgen.
Sie stieg die Stufen hinab und sah dort Antien und Amrûn stehen, die beide ihre Pferde satteln wollten. „ Das wird nicht nötig seien meine Lieben. Unsere Reise nach Edoras wurde verschoben,...“.


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Re: Holt
« Antwort #15 am: 28. Okt 2009, 19:13 »
Da die Abreise nach Edoras verschoben wurde und Gandalf so abrupt das Dorf verlassen hatte, gewann Amrûn noch etwas Zeit. Er wollte unbedingt noch mit dem fremden Schwert trainieren um für die Schlacht gerüstet zu sein.
Die Sonne war kurz davor in den Zenit zu steigen und zum ersten Mal spürte Amrûn, dass der Sommer nicht mehr weit entfernt war. Die kräftigen Strahlen durchbrachen den dunklen Teppich über Rohan und wärmten die verschlafene Bevölkerung der Stadt.
Holt war auch schon viel belebter geworden. Die Haustüren standen offen und aus vielen kamen immer stoßweise, dicke Staubwolken heraus. Zwei kleine Kinder spielten am Fuße des Aussichtsturm.
Amrûn wollte die Menschen nicht aufschrecken und deshalb beschloss er hinter das Gasthaus zu gehen um sich seiner Kenntnisse zu erinnern.

Der Schatten des Gasthauses warf einen kühlenden Schatten auf den Hof. Als sich der Elb sicher war alleine zu sein, zog er das Schwert. Er betrachtete es eine Weile und vertiefte sich in seinen neuen Gefährten.
In seiner Vorstellung stand er in einer Horde aus Mordororks, welche ununterbrochen auf ihn zielten. Ein starker Hieb in Kopfhöhe, kostete einen von ihnen das Leben, einem zweiten stach er direkt in die Brust.
Den nächsten verpasste er mit der rechten Hand einen Faustschlag in den Hals. Ein brennender Schmerz durchfuhr den Elben und lies ihn zusammenzucken.
„Sie gewähren dir keine Gnade, du musst weiter kämpfen, Amrûn“, sagte er leise zu sich selbst. Er schwang das Schwert vor sich und tat so als ob er eine Doppelschlinge in die Luft schneiden würde.
„Und ist es dir gut genug, Spitzohr?“, ertönte überraschend und unfreundlich eine Stimme von Links.
„Ihr seid hier? Ich hab euch gar nicht bemerkt“, sagte Amrûn „Dies Schwert liegt wahrhaft gut in der Hand. Wer führte es vor mir?“
„Ich sagte es schon einmal, das geht euch nichts an, Elb“, brüllte er laut.
„Und trotzdem habt ihr es mir geschenkt. Wenn ihr es zurück wollt, so gebe ich es euch. Ich sehe das es euch viel bedeutet.“
Er sah den Elben erstaunt an: „Nicht das Schwert hat mir viel bedeutet, sondern dessen Besitzer. Es ist nichts weiter als ein Erinnerungsstück an schlimme Zeiten, ihr könnt es getrost behalten. Noch bin ich bei Sinnen und weiß was ich tue.“ Seine Stimme klang noch immer abweisend, doch schon viel wärmer als zuvor.
„Er gehörte zu eurer Familie... hab ich recht?“
„Sind die Leute schon wieder geschwätzig. Diese alten Narren, nichts ist sicher vor deren zerreißenden Mäulern. Zwingt mich nicht diese Geschichte zu wiederholen, fragt den Zauberer, wenn Ihr es unbedingt wissen wollt. Ich verliere kein Wort darüber.“
„Ihr kennt Mithrandir?“, fragte der Elb.
„Ja, ich kenne ihn schon länger. Ich habe Seite an Seite mit ihm gekämpft gegen Saruman den Verräter.“
„Dann ist der Besitzer dieses Schwertes im Kampf gegen Saruman gestorben?“ bohrte Amrûn nochmals nach.
„Nein... Nein, hört auf mich mit diesen Fragen zu löchern!“ brüllte er und eilte am Gasthof vorbei auf den Dorfplatz.
Amrûn folgte ihm, das Schwert noch immer in der Hand haltend: „Wartet, wartet doch.“
In der Mitte des steinernen Platzes blieb der Elb stehen. Der Fremde lief die Straßen hinunter und verschwand schließlich in einem Haus. Das Schwert blitze im grellen Sonnenlicht auf und die Bewohner blickten erstaunt und erschrocken auf die Waffe. Lange hatten sie den Krieg verdrängt.

„Das ist das Schwert von meinem Papa“, schrie eines der Kinder plötzlich. Es rannte zu Amrûn und sah die Klinge an.
„Woher hast du es?“ sagte er streng blickend zum Elben.
„Der Mann hat es mir geschenkt. Kennst du ihn?“, fragte ihn Amrûn. Ohne zu antworten schnappe der Kleine das Schwert und lief davon.
„Nein, wo willst du hin?“ Amrûn eilte dem kleinen hinterher und beobachtete, wie er in einem Hauseingang verschwand.
Langsam ging er darauf zu und blickte durch die Türe.

„Mama, er hatte das Schwert von Papa gestohlen“, sagte der Bub zu einer jungen Frau.
Sie lies sich auf eine Sessel fallen und begann leise zu weinen.
„Entschuldigt, dass ich störe.“
Die Frau schreckte etwas auf. Lautlos stand sie auf und reichte dem Elben das Schwert.
„Es tut mir Leid. Ich glaube es gehört euch“, sagte sie mit tränenunterlaufenen Augen.
„Seid ihr sicher?“, fragte er nochmals.
„Einst gehörte es meinem Mann, doch er fiel und ich bat dessen Onkel es zu verwahren. Wenn er es euch gab, so ist es das eure.“
„Seid ihr ganz sicher?“ fragte Amrûn mitfühlend und versuchte ihren starren Blick zu durchbrechen.
Die Frau streckte beide Hände aus und reichte es dem Elben, sie starrte auf den Boden.
„Wer war euer Mann?“
Sie seufzte einmal laut und viele Tränen liefen über ihre zart roten Backen.
„Dúnhere war sein Name und er war der Herr von Dunharg. Er fiel auf dem Pelennor... Als die Orks über unser Land kamen, zog ich hierher zu seinem Onkel. Ihm seid ihr begegnet. Erkenbrand ist sein Name, einst war er der Herr von Helms Klamm.“
„Ich nehme dieses Schwert an, mit dem Versprechen alles zu tun, um Rohan von der dunklen Hand Saurons zu befreien. Ich werde es zurück nach Edoras bringen und dort wird es all jene töten, die auch eurem Mann den Tod gebracht haben“, sagte Amrûn stolz.
Sie nickte ihm zu und sagte: „Erwartet bitte keinen Dank für euer Versprechen. Soviel hat der Krieg uns genommen, dass ich mir nur noch dessen Ende ersehne.“

Wortlos drehte Amrûn sich um und verließ das Haus.
„Wenn du schon das Schwert hast, dann nimm auch das dazu“, sagte der kleine Junge aus dem Hintergrund und hielt ihm eine lederne Schwertscheide hin, in welche Goldfäden eingelegt waren und ein Pferdehaupt.
„Danke schön. Sobald ihr die Freiheit zurück bekommen habt, bringe ich dir dieses Schwert zurück. Es ist das einzige, was dir geblieben ist, oder?“ sagte der Elb.
„Nein, ich habe all meine guten Erinnerungen in meinem Herzen, die viel höheren Wert haben als dieses Schwert“ sagte er und in dem Moment wirkte er weiser als alle anderen in diesem Dorf.

Amrûn ging zurück zum Gasthaus. Die Sonne hatte den Zenit bereits überschritten und begann ihren Abstieg zum Horizont. Am Turm sah er Celebithiel, wie sie nach Gandalf Ausschau hielt. Ihr Haar wehte verspielt im Wind und ihr Gesichtsausdruck gab ihre Besorgnis preis.
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Thorondor the Eagle

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Re: Holt
« Antwort #16 am: 29. Okt 2009, 21:59 »
Amrûn beschloss die Sprossen der Leiter hoch zu steigen, um Celebithiel Gesellschaft zu leisten.

„Was macht ihr hier oben?“, fragte er.
„Ich mache mir sorgen, Amrûn. Unsere Reise wurde aufgeschoben, aber nicht abgebrochen. Der Kampf in Edoras steht uns noch bevor und gute Aussichten haben wir keine“, sagte sie.
„Celebithiel, lasst euch den Tag nicht verdunkeln von solch wirren Gedanken. Selbst der Tod ist nicht das Ende und was uns im Westen erwartet, ist dem Goldenen Walde mehr als ebenbürtig“, antwortete er in leisem Tonfall und strich ihr leicht über die Schultern.
Er bemerkte sofort, dass sie an ihre letzte Begegnung mit Galadriel dachte und die betagten, goldenen Mallornbäume.

Er wandte sich ab und hoffte, dass Celebithiel mit diesen schönen Erinnerungen ihre  Besorgnis vergaß. Der Elb blickte in die Ferne, doch sein Elbenauge sah nichts Ungewöhnliches.
Eine lachende Frauenstimme machte ihn aufmerksam und sein Blick wanderte in die Straßen des Dorfes. Ihn jenem Hauseingang, woher Amrûn gerade kam, stand eine Person. Der Elb erkannte sie nicht gleich, doch dann sah er das strahlende Gesicht von Antien.
Er hatte auf das trauernde Gesicht von Dunheres Frau ein breites Grinsen gezaubert.
„Dein Freund versteht wahrlich die Menschen in seiner Umgebung fröhlich zu stimmen. Dies ist ein Talent, das nur wenige beherrschen.“
Sie schaute ebenfalls zu ihm hinunter und auf ihrem Mund zeichnete sich ein kleines Lächeln ab.
Amrûn beobachtete die beiden eine Weile, sah dann jedoch wieder in die weite Ferne von Rohan. Es hatte sich nur wenig verändert, noch immer stiegen Rauchschwaden von Isengard auf und weiterhin lag der reine Schnee auf den Gipfeln des Nebelgebirges. Die Landschaft ist ein wenig bunter geworden, denn immer mehr Blumen und Gräser zeigten die wunderschöne Pracht ihrer Blüten.
Es wirkte alles so vertraut, auch wenn es unter der Herrschaft des Dunklen lag. Nur eines war neu in Amrûns Blickfeld. Auf einem Hügel im Norden erschien ein kleiner, weißer Fleck, der sich klar und deutlich vom übrigen Bild abhob.
„Sieh nur, Gandalf kehrt zurück. Er ist in Eile, den niemals zuvor habe ich Schattenfell so schnell reiten gesehen“, sagte Amrûn überrascht „Wir sollten ihn begrüßen gehen.“

Der Elb genoss ein letztes Mal den schönen Ausblick. Der Geruch von grünen Tannennadeln stieg ihm in die Nase und der süßliche Duft von unzähligen Blüten. Dann stiegen die zwei Elben behutsam die Leiter des Turmes hinunter.
Als Mithrandir das Dorf betrat, starrten viele Einwohner neugierig aus den Fenstern und Hauseingängen. Sie waren weit aus aufgeschlossener, als bei der Ankunft in Holt.

„Gandalf, endlich bist du zurück“, sagte Celebithiel schon fast schreiend. Doch ein zweifelhafter Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
„Celebithiel! Amrûn! Kommt zu mir“, befahl er „Wir müssen so schnell wie möglich nach Edoras. Wenn wir uns nicht beeilen, dann ist es zu spät.“
„Aber Faendir hat doch gesagt wir dürfen nicht...“, antwortete Amrûn.
„Faendir weiß nicht was wir wissen, es gibt schlimmeres was auf Rohan wartet, wenn wir nicht sofort handeln“ fiel er dem Elben ins Wort „Hier in Holt habe ich nur noch eines zu tun, ehe wir fortgehen. Es ist sehr wichtig. Packt nun, wir treffen uns wieder hier auf dem Platz.“

Was wissen wir? Warum spricht Mithrandir immer in solch rätselhaften Worten? Warum gibt er uns nicht jene Antworten die wir benötigen. Er schickt und blind in die Schlacht, hoffentlich weiß er was er tut.


Prompt gingen die beiden Elben in das Gasthaus und holten ihre bereits gepackten Sachen. Sie sattelten ihre Pferde und machten sich zur abreise bereit.
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Vexor

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Re: Holt
« Antwort #17 am: 1. Nov 2009, 18:20 »
Die silberne Rüstung lag scher auf ihren Schultern und Celebithiel tat sich schwer die schmalen Stufen, die zu ihrem Zimmer führten mit der Rüstung hinabzusteigen.
Heute ziehen wir in den Kampf. Es wird die erste große Schlacht sein, die wir um Rohan schlagen werden.
Doch tauchten plötzlich die Bilder des Kampfes um Lorien wieder in ihren Gedanken auf, wie kurze Momentaufnahmen spielten sie sich vor ihrem inneren Auge ab und die Grauen und Schrecken des Krieges versuchten wieder nach ihrem Herz zu greifen und die eisigen Finger hinein zu schlagen. Jedoch trat eine wundersame Flamme zwischen Sie und die eiskalten Finger schmolzen und Celebithiel fasste neuen Mut und stand nun im Eingangsbereich des kleinen Gasthauses. Ihre Augen machten Gandalf auf, der wild mit einem der Männer debattierte, den sie hier am ersten Abend schon einmal gesehen hatten.

„ Erkenbrand so glaube mir. Fasse neuen Mut und jag dieses Pack aus der Goldenen Halle! Sie haben die Frauen Rohans geschändet und die Kinder getötet, willst du zu sehen wie die Macht des Mundes wächst und auch Holt übermannt. Du bist die Hoffnung für Edoras und du bist nicht allein. Tapfere Elben und die getreuen Rohans warten auf dich in Rohan, um den Sieg zu feiern. Lass die Trauer nicht deine gute Seele zerfressen und dich zu einer menschlichen Hülle verkümmern lassen!
Reite! Reite mit uns in den Sieg! [...]“.
Celebithiel verließ leise das Gasthaus, da sie Gandalf nicht stören wollte. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und tiefe Nacht hing über den kleinen Ort. Auch die Sterne und der Mond waren nicht zu sehen, denn dunkle Wolken versperrten der Schöpfung Vardas die Sicht auf Mittelerde.
Es bahnt sich ein Gewitter an. Ich spüre es. Die Luft ist geladen, ob dies ein Zeichen des nahenden Kampfes ist?

Am Brunnen konnte sie Antien sehen, der Gedankenversunken am Brunnen saß und seine Hand spielerisch durch das Wasser gleiten ließ. Lächelnd setzte sie sich zu ihm und strich ihm durch das dunkle Haar.
„ Nun Eruantien? Du bist nicht so fröhlich gestimmt, wie ich dich kenne. Was trübt dein fröhliches Gemüt?“, fragte Celebithiel mit sanfter Stimme.
Antien zögerte und es schien ihr als könnte er seine Gedanken nicht in Worte fassen.“ Sie Celebithiel, so schön die Kindheit und das Aufwachsen bei Tom und Goldbeere war, so fremd sind mir die Probleme dieser Zeit. Ich kenne den Krieg nicht und so kann ich deine Schilderungen nicht nachvollziehen. Trauer ist ein Gefühl, welches ich nicht kenne und so fürchte ich die Schlacht um Edoras, denn ich weiß nicht was mich erwarten wird!“, antwortet Antien mit resignierter Stimme.
Oh ja ich vergaß, dass Antien noch nie den Krieg erlebt hat. Er kennt die Schrecken, die damit verbunden sind nicht. Auch kann er keine Waffe führen....
„  Ach mein lieber Antien. Ich glaube wir brauchen hier jemanden der das Dorf bewacht, findest du nicht auch? Wer stimmt den dann die Frauen und Kinder wieder fröhlich, wenn du fort bist? Ich glaube deine Aufgabe liegt hier. Darüber bin ich mir sehr sicher“, erwiderte Celebithiel mit schluchzender Stimme, denn sie vermochte sich nicht vorstellen, was passieren würde, wenn Antien etwas zustoßen würde.
Sie wandte sich Antien zu und sah das breite Strahlen in seinen Gesicht und es versetzte ihr einen Sprung im Herzen als sie merkte, wie erleichtert sie war.
„ Antien ich werde Amrûn suchen gehen, einverstanden?“.
Antien nickte und wandte sich wieder seinem kindlichen Spiel mit den Wasser zu.
Celebithiel betrat erneut die Taverne, aber Gandalf und der Mann, namens Erkenbrand, waren bereits verschwunden.
Ob Gandalf Erkenbrand überzeugen konnte? Mal sehen ich werde Amrûn besuchen gehen.

„Amrûn bist du da? Darf ich reinkommen?“, fragte Celebithiel behutsam, während sie klopfte. Ein dumpfes Ja dröhnte nach außen und Celebithiel öffnete die matte Holztüre. Sie sah Amrûn, wie er im dunklen auf den Bett saß und sein Schwert begutachtete.
Er trug einzig und allein eine dünne Lederrüstung, die er fast jeden Tag hier in Holt getragen hatte.
„ Amrûn was ist los? Warum bist du noch nicht fertig. Wir wollen noch vor Sonnenaufgang aufbrechen?“.
Amrûn brummte nur und sofort wurde es Celebithiel klar, dass Amrûn seine Rüstung und sein Schwert bei der Entführung der Orks aus Firnharg verloren hatte.
Sie ließ sich neben ihn auf das Bett sinken und musterte im fahlen Licht sein Gesicht. In seinen Augen glitzerte es seltsam, aber Celebithiel war sich nicht sicher, ob es Tränen oder eine Reflektion der Klinge gewesen war.
Wie ein Schwert durchschnitt sie das Band der Stille, indem sie ein Lied anstimmte. Es war eine Hymne, die sie zur Siegesfeier in Lorien vernommen hatte, die Galadriel und den Elbenring Nenya pries. Mehrere Minuten füllte sie den Stillen Raum mit ihrer Melodie und sie sah aus dem Augenwinkel, wie Amrûn seine Augen geschlossen hatte und vollkommen ihrer Musik lauschte.
So abrupt sie mit Singen begonnen hatte, so abrupt endete sie auch wieder und verließ wortlos den Raum und stieg die Treppe hinab.
Draußen sah sie Antien, wie er Schattenfell und zwei weitere Pferde bereits gesattelt und festgebunden hatte.
„ Ich glaube Antien du musst noch ein drittes bringen. Wir reiten zu viert“, ertönte die kraftvolle Stimmte Mithrandirs.
„ Mein lieber Mithrandir ich werde doch nicht mit in die Schlacht reiten. Ich werde Holt bewachen und versuchen wenigstens in einem Teil Rohans Fröhlichkeit in diesen dunklen Tagen zu verbreiten.“
„ Ich weiß mein lieber Antien. Dein Platz ist bei den Frauen und Kindern, aber das Pferd ist nicht für dich, sondern für Erkenbrand. Er wird mit uns reiten und Edoras reinigen.“
Auf einem edlen schwarzen Ross näherte sich Erkenbrand den dreien und er strahlte so viel Selbstvertrauen und Eleganz aus, dass diese Ästhetik Celebithiel fast traurig stimmte.
Das edle Geschlecht der Pferdeherren. Mögen sie bis ans Ende aller Tage gesegnet seien.

Quietschend öffnete sich die Tür zum Gasthaus und ebenso edel und graziös kam Amrûn auf sie zu geschritten. Jedoch zierte ihm keine edle Rüstung, sondern sein Charisma stellte ihn mit dem Auftreten Erkenbrands gleich.
„ So werde ich auf meine alten Tage noch senil, mein lieber Amrûn! Da reite ich durch das halbe Land und vergesse euch ein Geschenk der Herrin des goldenen Waldes zu überreichen. Sie gab mir eine Rüstung ihrer gewandten und schnellen Galadhrim mit. Ich weiß sie ist nicht zu vergleichen mit eurer alten, jedoch wurde sie von den beiden Herren des Waldes persönlich gesegnet und sie ist alle Mal besser als das Gewand aus Leder, welches ihr momentan tragt!“ Gandalf verfiel in Lachen und auch Celebithiel konnte ein Lachen nicht verbergen. Amrûn selbst fing förmlich an zu leuchten und behutsam nahm er das Bündel Gandalfs, nicht ohne sich vielmals zu bedanken, und lief hinein um sich umzuziehen.

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Tränen rollten über Celebithiels Gesicht als die Vier über sie Steppen Rohans, Richtung Edoras ritten. Sie spürte immer noch den Kuss Antiens auf ihrer Wange.
Während sie ritten öffnete sich der wolkenverhangene Himmel und die Sterne Vardas konnten wieder auf Mittelerde sehen und verfolgten die vier mit wachsamen Augen.


Gandalf, Erkenbrand, Amrûn und Celebithiel zum Tor von Edoras

« Letzte Änderung: 11. Feb 2016, 09:40 von Fine »


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