Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Friedhof

[Si]Carracáin, erster Charakter von CrystalPhoenix

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CrystalPhoenix:
So, ich habe mich dazu entschieden, jetzt mal meinen Charakter online zu stellen, ich hoffe er gefällt euch, und ihr könnt euch vorstellen, ihn im RPG zu haben :)


Name: Carracáin [vom irischen carracán was soviel wie Felsen oder Felsblock bedeutet]

Geschlecht: Männlich

Rasse: Düsterwald-Elb

Alter: etwa 420 Jahre

Geburtsort: Ein kleines Dorf in den Gefilden des Düsterwaldes, nah am Düsterwald-Gebirge
Vollwaise

Start: Erebor

Aussehen:
-ca. 1.90 groß
-Tiefschwarze Haare
-Sehnig, aber nicht sehr muskulös
-Graues Auge
-Über die linken Gesichtshälfte ist eigentlich immer eine Binde aus schwarzer Seide gespannt, doch wenn er sie abnimmt, sieht man das ganze Ausmaß seines Kampfes mit dem Raben: Fast die gesamte linke Gesichtshälfte ist abgestorben und verwachsen, und in der Augenhöhle an sich steckt eine Art Glasauge aus Saphir. Um das Auge herum ziehen sich dicke Adern, die manchmal aufplatzen.

Kleidung/ Ausrüstung:
- Einfaches, schwarzes Lederwams und eine ebenfalls schwarze Wollhose
- Um die Tallie bis zum Bauchnabel eine Binde aus schwarzer Wolle
- Leichter Brustpanzer aus grauem Stahl, mit Kristallsplittern übersät
- Langer Umhang, der an der einen Schulter mit einer Brosche aus Kristall befestigt ist.
- Beutel/ Rucksack aus schwarzem Leder, in ihm befinden sich viele Kristalle, Smaragde, Rubine und andere Edelsteine sowie ein Fläschchen erlesenster Tinte, so violett, dass man den Unterschied zu schwarz fast nicht bemerkt
- Lange, Indigoblau schillernde Feder  (dient als Zeicheninstrument)
- Sein Absoluter Vermögenswert, aber ebenso absolut unbezahlbar. Außerdem würde Carracáin es eh nie abgeben:  Sein Schwert Crólair    [Das Wort ist eine Kombination aus dem irischen cró - Blut und dem schottischen iolair - Adler]

(Wie ihr merkt ist bei dem Typen alles schwarz... das ist durchaus beabsichtigt! Diese Vorliebe für schwarz erklärt sich durch das traumatische Ereignis mit dem Vogel. Da er die schwerste Verletzung von diesem Vogel beigebracht bekommen hat, geht er unterbewusst davon aus, in schwarz ebenfalls gefährlich zu sein.)


Charakter:
Carracáin ist überaus schüchtern! Er ist zwar nicht verschlossen (hach es gibt soo viele verschlossene Einzelgänger in diesem RPG), aber da er über 300 Jahre keinen Kontakt mit einem denkenden Wesen hatte, sind seine sozialen Gefühle verkümmert. Er ist aber sehr froh, wenn ihn jemand anspricht, denn er selber wagt es nicht, z.B. irgendwo mit zureden. Humor hat Carracáin übrigens auch keinen. Er lacht einfach da mit, wo andere auch lachen, aber seinen Sinn für Spaß und Freude muss er sich wohl erst wieder antrainieren.



Fertigkeiten

+ Carracáin kann sehr gut schmieden!
+ Carracáin besitzt ein ausgesprochenes Talent für Kunst. Seine Zeichnungen sind verblüffend real, und die Dinge die er schmiedet sind durch eine besondere Kunstfertigkeit gezeichnet.
+ Akzeptiert Zwerge
+ Sein Saphirauge ist ziemlich beeindruckend.
+ Er ist relativ reich
+ Er kann viel Blut verlieren! Durch seinen jahrhundertelangen Kampf gegen seine Wunden, ist Blut und Blutverlust für ihn kein Problem mehr. Auch hat er Mittelchen für schnellere Gerinnung dabei.



- Carracáin kann nicht kämpfen! Egal welche Waffe er wählt, seine Muskeln sind nicht fürs     
  Kämpfen ausgerichtet, und Technik, hat er auch keine! Im Kampf wäre er also absolut unbrauchbar und für alle ein Klotz am Bein.
- Hat wenig Willensstärke. Entscheidungen bereiten ihm oft Schwierigkeiten. Wenn er vor solchen steht, dann macht sich seine Zwiespältigkeit in ihm bemerkbar. Ein bisschen Schizophren ist er nämlich auch. Aber das ist wahrscheinlich jeder, der 300 Jahre in einem Berg wohnt.
- Er findet selten mal einen Freund, da er wie gesagt sehr schüchtern ist.
- Kann sich schlecht artikulieren, und hat manchmal Wortfindungsstörungen.
- Fällt auf. Und zieht mit seinem kostbaren Schwert und den Edelsteinen natürlich schnell die   
  Aufmerksamkeit von zwielichtigen Gestalten auf sich.
- Mag Elben eigentlich nicht so
- Es passiert manchmal, dass seine Wunden aufplatzen. Dann ist er erstmal beschäftigt,
  und muss schnell die Blutungen stillen.
- Ist allgemein ängstlich (manchmal sogar feige), besonders viel Angst machen ihm aber die unteren Punkte
- Hat Angst vor weiten Ebenen (das Gegenteil von Klaustrophobie) was daher kommt, dass er 300
  Jahre in einer Grotte lebte.
- Fürchtet sich vor (großen) Vögeln.

Geschichte:
Vorab würde ich gerne einiges noch sagen.
Erstens hat sich die Geschichte über einen relativ langen Zeitraum entwickelt, deshalb ist auch der Stil, in dem die Story verfasst ist, einem stetigen Wechsel unterworfen.

Zweitens kenne ich mich nicht mit Elbenclans aus, deshalb hab ich den Namen der verhassten Familie freigelassen.

Drittens ist die Geschichte sehr lang 24 Seiten*verlegen am Kopf kratz*
Deshalb werde ich sie in mehreren Teilen posten (ihr könnt euch das als Minikapitel vorstellen), da ich persönlich jetzt nicht unbedingt eine Charaktergeschichte mit 14000 Wörtern sofort durchlesen könnte :D
Die Umstände sprechen aber alle gegen mich, ab übermorgen bin ich für eine Woche weg, deshalb ist ein gleichmäßiges posten nicht gewährleistet. Morgen schaue ich mal, ob mich jemand dabei verteten könnte, wenn nicht, dann müsst ihr halt warten :P

Aber genug der Vorrede, ich fang einfach mal an :)
Dabei werde ich euch die ersten drei Teile online stellen, mal schauen, was ihr bis dahin von ihm haltet.
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Übrigens, Carracáin ist 1.90m groß und hat schwarze Haare. Aber letzteres sollte euch vielleicht schon aufgefallen sein.

Die Kerze flackerte.
Sie flackerte im letzten Atemzug einer wunderschönen Elbenfrau, die blutend auf dem Boden lag, eine klaffende Wunde in ihrer Brust. Mit einem verächtlichen Gesicht zog ein blonder Elb von großer Statur, sein silbriges Schwert aus der Brust der Frau, und Blut tropfte lautlos auf den Holzboden.
Im gleichen Moment schlug die Tür krachend auf und ein Elb, mit Haaren, so schwarz wie das Gefieder eines Nebelraben betrat den Raum.

Carracáin erzitterte. Seine schwarzen Haare wogten in der kühlen Nachtluft wie dunkles Wasser um seinen Kopf.

Sein Mutter lag auf dem Boden, über ihr ein Elb aus der verhassten Familie der Alqamath, in seiner Hand ein blutiges Schwert.
Die Situation war eindeutig, dennoch richtete sich der blonde Elb auf, spuckte vor Carracáins Füßen aus und sprach:
„Und da kommt der Sohn dieser Sippe von Bastarden!“
Carracáin musste gar nichts denken. Er hatte den unbewaffneten Kampf gelernt, eine Form des Kampfes, die um einiges künstlerischer war als jeder Schwertkampf. In seine Augen trat ein wahnsinniges Funkeln und er drosch auf die Rüstung des Blonden ein, ohne zu bemerken, dass dieser nur kalt lächelte.
„Carracáin, beruhige dich.“
Schläge hagelten auf den Brustkorb des Elben.
„Carracáin, du brauchst mich nicht zu schlagen.“
Immer noch trommelten die Fäuste Carracáins auf die glänzende Rüstung.
„Du hast keinen Grund sie zu rächen. Nur Familienmitglieder erfahren die Ehre der Rache.“
Das Trommelfeuer erstarb. Carracáin blickte auf.
„Sie war nie ein Mitglied deiner Familie. Und sie war, bei dem Licht Galadriels, sie war
 NIE DEINE MUTTER!“
Verachtung glitzerte in den Augen des Mörders, doch sie waren nicht zu vergleichen mit dem Ausdruck, der in Carracáins Augen trat.
Das kann nicht sein!
Und nochmal blitzte dieser Gedanke in Carracáins Kopf auf:
Unmöglich!
Doch die selbstgefällige Miene des blonden Killers raubte Carracáin die Besinnung.
„NEIN!“
Blitzschnell bewegte sich Carracáin. Seine weißen Hände schlossen sich um das Schwert seines Gegenüber und rissen ihm das blutbesudelte Schwert aus der Hand. Sekunden später ragte es aus dem Rücken des Blonden hervor, blutgetränkt von der Spitze bis zum Schaft.

Und die Kerze verlosch.

Füße platschten in den Matsch. Es waren die Füße Carracáins, der schweigend durch den Düsterwald rannte. 
Fort. Fort.
Er war von diesem Gedanken besessen. Dieses Dorf würde er für immer verlassen. Dieses Dorf, wo ihm offenbart worden war, was für ein selbstgerechtes und grausames Volk die Elben doch waren.
Er hasste sie!
Wie hatte man ihm 100 Jahre lang verheimlichen können, dass er keine Mutter hatte?
Wie hatte man eine hilflose Frau einfach so töten können?
Wie, beim Feuer des letzten Drachen, hatte seine Mutter ihn 100 Jahre anlügen können?
Seine Welt war zusammengebrochen! Die Prinzipien der Elben waren zusammengestürzt und die Ehre dieses edlen Volkes hatte sich selbst verschluckt.
Mit diesem arroganten Volk wollte er nichts mehr zu tun haben!

So rannte Carracáin zwei Tage durch den Wald bis er an die Ausläufer des Gebirges vom Nebelwald kam. Er kletterte an den Bergen hinauf, und war schon bald umgeben von Fels und Gestein.
Da fiel sein Blick auf eine Höhle. Eigentlich war Höhle nicht das richtige Wort, vielmehr war es ein Gang.

Carracáin kroch hinein, schon allein, um dem Regen zu entfliehen, der einsetzte. Er war verbittert und wollte, dass die Welt ihn in Ruhe ließ. Seine dunklen Haare fielen ihm in tintenschwarzen Strähnen ins Gesicht, und er war bleich und durchnässt. Sein Selbstmitleid hatte ihn jedoch nicht ganz gefangen, denn er bemerkte wohl, dass der Gang weiter ins Innere des Berges führte. Da Carracáin ungern zurück in den Regen wollte, machte er sich auf, weiter in den Berg einzudringen. Nicht lange, und er bemerkte ein Licht, dass von keiner Kerze, aber auch nicht von der Sonne auszugehen schien. Es war merkwürdig kalt und flackerte nicht. Als der Elb um die nächste Gangwindung, schlich, stockte ihm der Atem.


Früher, als er noch ein Junge gewesen war, da hatte ihm seine angebliche Mutter oft das Märchen von den Kristallwäldern des ersten Zeitalters erzählt. Tief drinnen in einem Berg hatten sich ein paar Elben vorgenommen, einen Wald aus Edelstein zu schaffen. Er sollte dem Wald aus Bäumen und Sträuchern gleichen, nur sollte er eben auf Stein, und nicht auf Erde wachsen. Mit ihren überirdischen Kräften fügten die Elben dann Salze und andere Elemente zusammen, und ließen sie wachsen, bis sich nach und nach eine Welt, nur aus Kristall tief in einem Berg entwickelte.
Doch, als die riesige Höhle fertiggestellt war, da war die Gruppe nicht zufrieden, und schaute neidisch auf die echten Wälder, in denen sich das Leben tummelte. Sie traten also zusammen, und woben einen Schleier von Magie, der sich über ihre Kristalle legte. Dadurch wollten sie der Höhle Leben einhauchen.  Doch sie waren zu ehrgeizig, und griffen nach einer Macht, die zu hoch, zu komplex für sie war. Zwar tauchten sie die Kristalle in ihr Lebenslicht, aber dieses wich gleichermaßen aus ihnen, sodass sie am Ende starben und ihr Leben ihren Kristallen geschenkt hatten.

Carracáin hatte diese Erzählung bisher nur für eine Geschichte gehalten, die kleine Kinder daran erinnern sollte, dass das Leben an sich etwas Unvorstellbares wäre. Doch in vielen solcher Geschichten, verbarg sich ein wahrer Kern... Kristallgärten, wie sie in dem Märchen beschrieben waren, wurden zum Beispiel von Zwergen angelegt. Und wenn Elben schon Bergbau betrieben, dann doch nur auf so eine künstlerische Art und Weise. Zwar war wenig von den Schürfaktivitäten der Elben bekannt, aber tatsächlich existierten einige solcher Kristallminen.

In einem dieser Bergwerke befand er sich gerade. Genauer gesagt, in den verschollenen Minen von Cristálon.

Die bleiche Hand schützend vor die Augen haltend, stolperte Carracáin in eine gewaltige, lichtdurchflutete Grotte hinein. Es verschlug ihm den Atem. Vor ihm ragten gewaltige Kristallformationen aus blanken Felswänden. Die Wände selbst waren durchzogen von Smaragd- und Saphirflözen, die glommen, als brenne unter ihnen die Glut des Schicksalsberges.
Ihm kam es so vor, als würde das Licht um ihn herumtosen, wie ein ohrenbetäubender Sturm, so gewaltig war die Wucht, mit der das kalte, fremde Licht auf ihn eindrang, ihn in die Knie zwang. Doch in der Grotte war es totenstill. Seit dem ersten Jahrhundert hatte sich hier nichts mehr bewegt, was sich nicht auch schon bewegt hatte, als die Elben hier Kristalle züchteten.


Nun aber war wieder einer der Elben hier. Ironischerweise wünschte sich Dieser in diesem Moment nichts sehnlicher, als ein Mensch, oder sogar ein Zwerg zu sein. Das helle Licht hätten Augen der Menschen sicher besser vertragen, und diese Tiefe war einem Zwerg wohl angenehmer als einem Bewohner der Wälder. Dennoch löste sich Carracáins Starre langsam, und er war fasziniert von dem Anblick, der sich ihm bot.

Schnell begriff er, dass dies wohl sein Heim werden könnte... Zu den Elben konnte er nicht. Er hatte einen anderen Elb im Zorn erschlagen. Weil dieser seine Mutter erschlagen hatte.
Es ist nicht meine Mutter.
Ganz leise schlich sich dieser Gedanke in Carracáins Gedanken.
Sie haben mich betrogen. Sie alle haben mich betrogen.
Der Gedanke wurde lauter und lauter, bis er die immer noch totenstille Grotte auszufüllen schien:
SIE HABEN DICH BETROGEN!
DU HATTEST NIE EINE MUTTER!
Carracáin schrie. Er schrie die Wut, den Hass, die Trauer über seine Mutter, über sich selbst, das alles schrie er hinaus, und seit Jahrtausenden erklang wieder ein Geräusch in der Höhle.
Carracáin schrie immer weiter. Dann konnte er nur noch schluchzen. Von Krämpfen geschüttelt , wälzte er sich auf dem kalten Felsboden. Schließlich schlief er ein- und nahm seine ganze Trauer mit in den Traum.

Im Schlaf lief ihm eine einzelne Träne über die Wange. Sie rollte über die weiße Haut, hing einen Moment an dem Kinn des Elben, und tropfte dann auf den Stein. Wie ein Diamant zersprang sie auf dem kalten Boden, und ließ eine Pfütze wie flüssiges Silber zurück.

Carracáin ahnte nicht, dass es die letzte Träne sein sollte, die ihm über die linke Wange rann.

CP

CrystalPhoenix:
Den Anbruch des nächsten Tages bekam Carracáin nicht mit. In der Grotte war es immer gleich hell, Doch er wachte trotzdem zeitig auf. Kaum war er aufgewacht und hatte realisiert, wo er lag, drohte die Verzweiflung schon, ihn wieder in ihren Klauen zu erdrücken. Doch Carracáin behielt seine Fassung, und war gezwungen möglichst rational zu denken. Er beschloss, hierzubleiben. Die Höhle erschien ihm geschützt, und zurück konnte er nicht mehr. Dennoch zog er in Erwägung, bald wieder diese fantastische Höhle zu verlassen. Vielleicht könnte er ins Land der Zwerge reisen. Erebor lag gar nicht mal so weit entfernt vom Düsterwaldgebirge. Aber bis jetzt hatte er einfach nicht die richtige Ausrüstung! Zudem mangelte es ihm an Entschlossenheit, diese wunderbare Grotte wieder zu verlassen. Gerne hätte er hier gelebt! Dazu mussten aber zwei Dinge gewährleistet sein: Er musste Nahrung finden, und er musste herausfinden, ob es hier im Gebirge wilde Tiere gab.
Dazu machte er sich auf den Weg nach draußen. An der frischen Luft angekommen, leuchteten seine Augen auf: Beeren! Hier im Gebirge wuchs eine bestimmte, sehr robuste Art der Brombeere, das wusste er, aber er hätte sie nicht in so großer Fülle erwartet! Vor ihm wuchsen bestimmt mehr als 60 Sträucher, alle reich behangen mit roten, sehr schmackhaft aussehenden Kügelchen! Die Nahrung war also kein Problem. Die wilden Tiere bereiteten Carracáin schon mehr Sorgen. Was, wenn ihn eines bemerkte, noch bevor er fliehen konnte? Er war gänzlich unbewaffnet, und konnte sich nur mit seinen Fäusten verteidigen. Wohl kaum genug, um einen Warg oder ähnliche Bestien zu töten!

Dennoch kraxelte Carracáin den Berg hinauf. Schließlich kam er an einem ausgetreten Plateau aus, von wo man den Düsterwald herrlich überblicken konnte. Seltsam fand er nur die Schürfungen auf dem Boden, er kannte kein Tier, das so welche tiefen Kratzer im Boden hinterließ.
Da Carracáin auf dem Weg nach oben keine Tiere oder ähnliches erspäht hatte, ging er davon aus, einen angenehmen Aufenthaltsort in den Bergen gefunden.

Bis er sich umdrehte.

Schlagartig wurde ihm bewusst, weshalb er keine anderen Tiere in den Bergen gesehen hatte, sie waren alle aufgefressen worden. Von einem Monster, dem Carracáin gerade in die Augen schaute.
Vor dem Elben stand ein riesiger Rabe, das Gefieder schwärzer als die tiefste Nacht. Größer als Carracáin selbst, hatte er jedoch keine Federn auf der Brust, sondern ein stahlähnliches Schuppengewebe, das von Stacheln gesäumt war. Der Vogel  hatte einen rasiermesserscharfen Schnabel, der vor Grausamkeit starrte. Plötzlich breitete er die Schwingen aus, welche Carracáins Blickfeld vollends ausfüllten. Der Elb sah seine letzte Stunde gekommen, als der riesige Raubvogel zum Angriff überging. Tödliche Krallen sausten durch die Luft, und ein ohrenbetäubender Schrei fuhr aus der Kehle der Bestie.
Wie in Trance duckte sich Carracáin einmal, um einer heranfahrenden Klaue zu entgehen. Er krallte sich instinktiv an dem Gefieder des Vogels fest. Der Vogel konnte ihn dort nämlich nicht mit seinem  scharfen Schnabel erreichen. Allerdings hatte Carracáin das Glück, dass die Bestie nicht auf die Idee kam, den Flügel einfach einzuklappen, denn dann wäre er dem zuschnappenden Kiefer des Raubtiers schutzlos ausgeliefert gewesen. Stattdessen versuchte es, in die Luft zu steigen, was wahrhaft schwierig ist, wenn ein kleiner Elb an einem Flügel hängt. Ein Zuschauer hätte das Schauspiel wohl trotz der Grausamkeit erheiternd gefunden: Ein riesiger Vogel versucht in die Luft zu fliegen, hat aber Schlagseite, weil ein kleiner, schwarzhaariger Elb ihn nach unten zieht.

Für Carracáin war die Situation todernst, da er der Gefahr keineswegs entgangen war! Die harten Federn der Schwinge sausten durch die Luft, da der Vogel jetzt auf die Idee gekommen war, das lästige Wesen einfach abzustreifen. So entging Carracáin mehrmals nur knapp der Enthauptung, indem er seinen Kopf zurückwarf. Langsam neigte sich der Tag dem Ende zu, und der ungleiche Ringkampf war noch nicht zu Ende. Langsam wurde Carracáin müde, und wurde zunehmend unvorsichtig. Das war ein Fehler, den er bis zum Ende seines Lebens bitter bereuen sollte,
denn eine schwarze Feder kam durch die Luft gezischt, und verfehlte das Gesicht von Carracáin diesmal nicht!

Widerlich glatt schnitt sie einmal sauber durch den linken Augapfel des Elben.

Carracáin bemerkte nichts. Erst, als ein leises Ziepen an seinem linken Auge begann, wurde er aufmerksam.
Die linke Seite seiner Welt schwamm im Blut.
Die Schmerzen wuchsen, bis Carracáin aufkreischte:
Ich habe nur noch ein Auge!
Zitternd fuhr er mit dem Finger an sein Auge, und warmes Blut benetzte seine Finger.
„NEEIN“
Er litt unendliche Qualen. Als hätte einer der Foltermeister Mordors sein glühendes Eisen in seinen Kopf gesteckt, so brannte auch sein Schädel. Sekunden verronnen, Blut tropfte auf sein Wams und färbte es langsam rot.

Besinnungslos prügelte er auf den Vogel ein, der ihn verkrüppelt hatte, und hatte damit erstaunlich viel Erfolg. Der Vogel war es nämlich einfach nicht gewöhnt, dass seine Beute sich wehrte. Die Tiere die er jagte, lagen meist zitternd auf der Erde, dieses Wesen aber, klammerte sich an seinen Flügel und drosch erstaunlich schmerzhaft auf seinen Rücken ein. Mit einem letzten Kreischen hob er sich in die Luft, der Elb lag inzwischen bewusstlos am Boden. Doch ein Aasfresser war das Tier beileibe nicht, so drehte es ab und der Elb blieb blutüberströmt liegen.


Schmerzhaft erwachte Carracáin. Dank seinen elbischen Selbstheilungskräften war das Blut erstaunlich schnell geronnen und bildete einen braunroten Pfropfen auf der Augenhöhle. Er widerstand dem Drang, noch einmal sein fehlendes Auge zu berühren, da er fürchtete, im Wahnsinn zu versinken. Sein Sichtfeld war unterdessen so eingeschränkt, dass er ständig seine Nase sah und alles ein wenig nach links verschoben wirkte. Stöhnend blickte Carracáin in den Himmel. Er hatte sein Auge, seine Heimat und seine Mutter verloren. Und seine Ehre. Er war nichts weiter als ein Einsiedler, der zu unvorsichtig war, sich von einem mörderischen Riesenraben fernzuhalten.

Aber er hatte überlebt.

Er hatte überlebt.

Kurz ergriff Carracáin tatsächlich eine Spur von Glück, doch sie verflog rasche wieder. Zu hoch war der Preis, den Carracáin für sein Leben bezahlt hatte, denn was ist ein Leben ohne Auge?
Ein Auge hast du ja noch!
Carracáin stimmte seiner inneren Stimme zu. Er musste jetzt nur aufpassen, dass er der Bestie nicht noch einmal begegnete, dann wäre das Leben hier gar nicht mal schlecht!
Ächzend erhob er sich. Wankend lief er zu seiner Höhle zurück, versäumte es dabei aber nicht, einen Vorrat an Beeren mit hinunterzunehmen. Wieder in dem grünen Licht angekommen, knickte er stöhnend auf seinem Lager ein, und Schlaf umfing ihn.

In seiner zweiten Nacht in der Höhle, waren Carracáins Träume beängstigend real. Oft schwebte der grausame Vogel über ihm, und oft entging Carracáin nur knapp seinem Schnabel. Dann änderte sich der Traum: Erschreckend wirklich sah Carracáin sich selbst. Die linke Augenhöhle war schwarz. Dann veränderte sich das Bild: Aus der Augenhöhle strömte Licht, und er kniff im Schlaf die Augen zu. Dann ebbte das Licht wieder ab, und Carracáin sah sich wieder selbst. Eine schwarze Binde lag über dem Auge. Eine Hand zog die Binde weg, und in der Augenhöhle schimmerte etwas. Es war ein augapfelgroßer, blauer Kristall. Als dieser vergrößert wurde, konnte Carracáin rote Fäden erkennen, die sich wie Adern durch die spiegelglatte, etwas ovale Kugel zogen. Der Edelstein drehte sich ein paarmal wie ein richtiges Auge, dann fixierte er wieder Carracáin. In ihm konnte Carracáin eine Spiegelung erkennen. Sich selbst.

CP

CrystalPhoenix:
Schweißüberströmt wachte Carracáin auf, zuckte aber sofort auf, bei dem Schmerz der ihn durchfuhr. Seine Wunde hatte sich entzündet! Wimmernd schleppte er sich an einen kleinen Bach, der die Höhle plätschernd durchfloss. Das kalte Wasser dämpfte den Schmerz ein wenig, dennoch sah Carracáin die roten Schlieren, die im Wasser umherwirbelten. Ihm wurde übel. 
Gedankenverloren streifte Carracáin in der Höhle umher. Sein Blick wanderte an den riesigen Säulen aus Bergkristall hoch und blieb an silbernen Stalagmiten hängen. Silbern? Er humpelte hinüber. Tatsächlich diese Gebilde bestanden aus reinem Silber, durchzogen mit schimmerndem Rubin.

Staunend legte Carracáin sich wieder auf sein Lager. Er war in einer Höhle voller Wunder. Und trotzdem überkam ihn plötzlich Angst. Keine Angst, wie man sie empfindet, wenn man vor etwas davonrennt, nein, eine Angst, der man sich nicht entziehen kann, fast an der Grenze zur Panik.
Er war ganz allein. Er würde hier ganz allein bleiben. Er hatte kein Auge. Und er hatte nichts zu tun. Sollte er hier jahrelang trauernd herumsitzen, und darauf warten, dass die Elben nach ihm suchen würden? Nein! Fiebernd begann er Pläne im Kopf zu überschlagen. Ich könnte hier bleiben... Ja, ich werde hier bleiben. Vorerst. Am besten ich gehe nach Erebor, dieser Zwergenstadt. Aber... Aber ich will diesen Ort nicht verlassen! Noch muss ich ja nicht gehen... ich kann hier bleiben, solange ich will! Und in dieser Zeit, werde ich etwas nützliches tun!
Sein Entschluss stand fest! Auch mit einem Auge, konnte er seiner Existenz einen Sinn geben!
Doch was könnte man hier unten machen? Sich im Kampf üben?
Womit denn? Ich habe kein Schwert!
Wenn du kein Schwert hast, mach dir eins.
Dieser Gedanke traf Carracáin unerwartet. Ja, es wäre möglich, sich hier ein Schwert herzustellen. Metall gab es in dieser Höhle hoffentlich zu hauf, denn wo sie Elben Silber abgebaut hatten, müsste ja auch Eisen zu finden sein!
Er machte sich auf, um diesem Gedanken nachzugehen. Suchend durchschritt er die Höhle, immer nach einem matten, grauem Glanz Ausschau haltend. Seine Suche war trotzdem nicht von Erfolg gekrönt. Warum gab es hier jegliches Metall, nur kein Eisen? War es vielleicht zu normal für eine Grotte solchen Reichtums? Nein.
Seufzend setzte sich Carracáin auf einen Felsblock. Von diesem Plan musste er wohl Abstand nehmen. Und selbst wenn er Eisen gefunden hätte, womit hätte er es zu Stahl verhütten sollen?
Er war kein Schmied, und hatte nur ein paarmal bei solchen Verfahren zugesehen.
Und das größte Problem war:

Er hatte kein Feuer.

Wie um alles in der Welt sollte er Feuer entfachen? Es war wiedersinnig: Er saß alleine mit nur einem Auge in einer vergessenen Edelsteinmine und grämte sich, weil er kein Feuer entzünden konnte. Obwohl... Wie erzeugten denn die Elben in ihren Dörfern Feuer? Nachdenklich ließ er den Blick in der Grotte umherschweifen. Und sein Blick erhellte sich. Wie hatte er nur so blind sein können? Freudig stürzte er auf die Stelle zu, die er erblickt hatte. Eisen! Der ganze Boden war durchzogen von Furchen, und in diesen schimmerte es grau! Warum hatte er das nicht eher gesehen!
Aber sogleich befiel ihn wieder Schwermut. Was nützte ihm dieses Eisen im Boden? Um es aus dem Boden zu bekommen, musste er erst das Eisenerz herausschlagen. Und dafür brauchte er ein Werkzeug, am besten einen Pickel oder einen Hammer. Und wo sollte er einen Hammer herkriegen, wenn nicht selbst schmieden? Doch zum Schmieden brauchte er das Eisenerz, und um das zu bekommen musste er schmieden... Es war ein Teufelskreis! Hinzu kam, dass er immer noch Feuer brauchte, um das Eisenerz von der Schlacke zu trennen.
Mürrisch beschloss er, erstmal eine Nacht über seine Pläne zu schlafen. Vielleicht kam ihm ja im Traum eine rettende Idee.

Die Idee kam.
Es war so unglaublich offensichtlich, dass Carracáin sich am liebsten geschlagen hätte für diese verlorene Zeit.
Er sprang auf und durchsuchte fieberhaft die Grotte, bis er gefunden hatte, was er suchte.

Feuerstein!

Seine vermeintliche Mutter hatte ihm erklärt, wie man mit diesen Steinen Feuer erzeugte. Er schlug sie aneinander, und zwar so, dass der eine Stein ein ganz klein wenig über den anderen rieb (denn man brauchte Reibung für einen Funken) und ein Funke flog zu Boden.
 
Begeistert schlug Carracáin die Steine immer und immer wieder aneinander, und immer  wieder stoben Funken auf. Langsam färbte sich der Boden unter Carracáin schwarz vom Ruß der Funken. Er ließ die Steine dort liegen und begab sich nach draußen. Ein Feuer brauchte Nahrung, damit es brennt, also suchte Carracáin Holz und andere Äste.

Es war das zweite Mal, dass Carracáin aus seiner Höhle trat, und es raubte ihm den Atem.
Vor ihm erstreckte sich ein grünes Meer, der Düsterwald, und Dampfwolken waberten zwischen den Bäumen. Plötzlich ergriff Angst das Herz des Elben. Diese Weite. Er verlor sich fast in dem unendlichen Himmel.

Carracáins Herz war wie zugeschnürt. Panisch hielt er sich an der Felswand hinter ihm fest und starrte mit irren Augen auf den Wald.

Diese Weite.

Carracáin wurde schwarz vor Augen.

Stöhnend stemmte er sich von dem kalten Fels hoch. Er vermied es, einen Blick auf den Wald zu werfen, und starrte stur zu Boden. Er hatte Angst. Angst vor dem Wald, Angst vor dem Himmel. Schnell setzte er sich hin, und robbte zu den Brombeersträuchern, wo er ein paar Äste abbrach. Danach stolperte er zurück zu seiner Höhle, immer den Blick zum Boden gerichtet. In der Höhle warf er die Stöcke (alle noch nass vom Regen) übereinander, und erzeugte wieder Funken. Kein einziger schlug an, sie verpufften einfach in dem nassen Asthaufen. Wütend gab Carracáin auf, er verstand wohl, dass er diese Äste erst einmal trocknen musste. Mit seiner rationalen Denkweise begriff er, dass er einen Vorrat anlegen sollte, da die Äste alle gleichzeitig trocknen könnten. Außerdem schwor er sich, nur tote Äste der Sträucher mitzunehmen, schließlich war das seine einzige Nahrungsquelle.
Eine ganze Woche verbrachte Carracáin damit, zu den Sträuchern zu robben, tote Zweige zu suchen, und wieder zurückzurennen. Doch er bemerkte die Zeit nicht mehr. Nichts veränderte sich.
Aufstehen. Äste prüfen. Äste holen. Wunde waschen. Einschlafen. Immer wieder versuchte Carracáin es, den Asthaufen anzuzünden, und schließlich gelang es ihm.
Freude flammte in Carracáin auf, die erste Freude seit zwei Wochen. Das Feuer loderte, und krackste, und Carracáin saß am Feuer. Den ganzen Tag. Er legte immer wieder nach, sodass das Feuer nicht ausging, aber das Eisen im Boden wurde nicht geschmolzen.

Er versuchte, eine Schmiede zu bauen, so wie es sie in Eregion auch gab. Dafür musste er erstmal einen Ofen schaffen, der die Hitze so konzentrierte, dass selbst das Eisen im Boden flüssig würde. Einen Hochofen.
In den nächsten Wochen und Monaten experimentierte Carracáin mit allen möglichen Gebilden, die er aus abgebrochenen Felsen und Schutt aufrichtete.
Dann, nach mehreren Monaten, war sein Hochofen fertig! Es war ein hohler Turm aus Steinen für einen unwissenden Zuschauer. Doch für Carracáin war es viel mehr! Der Turm bestand aus drei Schichten, alle genauestens durchdacht. Die innere Schicht bestand aus Bimsstein (da Luft, wie wir alle wissen ein schlechter Wärmeleiter ist) die Zweite aus mit Wasser getränktem Schutt, und die Äußere aus einem Harten Fels, zu Klötzen gehauen und aufgeschichtet. Der ganze Turm war auf einer besonders großen Eisenader im Boden aufgebaut, die sich zu einer Mulde zog. Wenn das Eisen schmelzen würde, würde es in diese Mulde fließen. Weiter hatte Carracáin noch nicht gedacht, aber wenn er erstmal das Material hatte, würde sich schon ein Schwert daraus machen lassen, dachte er.
Und als er das Feuer im Hochofen anfachte, schürte und aufheizte, schlug das Eisen tatsächlich Blasen, wurde flüssig, und floss langsam auf die Vertiefung im Boden zu. Die ganze Höhle glühte förmlich, das Feuer und das glühende Eisen strahlte eine goldene Glut ab, die in der ganzen Höhle tausendmal von den Kristallen reflektiert und gebrochen wurde.
Es war überwältigend.
Die Welt um Carracáin herum war pure Hitze, es gab nur noch die Farben rot und gelb, blau war nicht mehr vorhanden. Eine Euphorie breitete sich in Carracáin aus, wie er sie noch nie gespürt hatte. Er hatte es geschafft! Er hatte nur mit seinen eigenen Händen Metall zum schmelzen gebracht!

CrystalPhoenix:

Die Wochen und Monate nach diesem Ereignis brachte Carracáin damit zu, ein System zu entwickeln, wie er das Eisen aus der Kuhle abschöpfen und in eine Form gießen könnte. Mittlerweile hatte er den härtesten Stein in dieser Höhle entdeckt, und konnte damit Gegenstände aushöhlen und bearbeiten. So trieb er eine weitere Schneise in den Boden, die von der Kuhle ausgehend in eine weitere floss. In diese legte er eine Schale, die er herausnehmen konnte. Da hinein floss das Eisen, und er konnte es in eine Form schütten. Fast zwei Monate verbrachte er damit, allein die Form zu hauen, die er in einen massiven Felsblock, den er von einem Vorsprung abgespalten hatte, geschlagen hatte.
Aber die Arbeit lohnte sich!
Mittlerweile war der Boden um den Schmelzofen zerfurcht und zahlreiche Klumpen aus Eisen lehnten an der Wand. Carracáin war stolz auf sein Werk. Er konnte jetzt mit dem Anfangen, was er eigentlich wollte- ein Schwert schmieden! Also nahm er seinen schönsten Eisenklumpen und legte ihn auf seinen provisorischen Amboss. Zart strich er mit den Fingern über das kühle, weiche Metall und nahm den Felsbrocken zur Hand, mit dem er über Monate die Steine bearbeitet hatte.
Klong!
Wummernd prallte der Stein von dem Eisen ab. Nicht die kleinste Delle war zu sehen. Carracáin probierte es ein zweites Mal.
Kracks!
Der Stein zersplitterte unter seinen Fingern. Zitternd rieb sich Carracáin die Hand, die noch taub vom Aufprall war, und sah ein, dass er so keine Chance hatte, jemals nur einen annähernd schwertähnlichen Eisenklotz zu schaffen.

Er besann sich wieder auf die Schmieden in Eregion. Dort hatte man das Feuer schließlich nicht zum Schmelzen gebraucht! Nein, mit den unmenschlichen Temperaturen wurde das Eisen wieder weich, und man konnte es formen. Er nahm den nächsten Eisenklumpen, und legte ihn für eine Weile in das Feuer des Ofens, bis er das nun glühende Eisen mit zwei langen Stalagmiten herausfischte und auf dem Amboss bettete. Nun nahm er seinen Ersatzstein (auf Elbenweise hatte Carracáin natürlich vorgesorgt) und hämmerte auf das Eisen ein. Und tatsächlich, der glühende Klumpen ließ sich bereitwillig flacher schlagen! Nach einem schweißtreibenden Tag hatte Carracáin eine flache Eisenplatte, die sich mit bloßer Hand biegen ließ. Zufrieden schlief Carracáin ein.

In dem nächsten Monat beschäftigte er sich ausschließlich mit dem Behauen von Eisen. Er hatte Talent, und faltete das Metall, sodass er eine lange, klingenähnliche Stange erhielt! Diese schliff er im Verlauf der Tage glatt und scharf. Nach der wochenlangen Plackerei hatte er nun tatsächlich ein Schwert geschmiedet!
Voller Euphorie schwang er die Stange hin und her, durchtrennte Äste, und betrachtete sie lächelnd im Feuerschein.
Mein Schwert!
Doch als er mit dem vermeintlichen Schwert herumfuchtelte, passierte etwas, was seine Entwicklung in großen Maße beeinflussen sollte.

Er traf einen Kristall.

Mit ohrenbetäubendem Krachen zerbarst das unendlich schöne Gebilde, das zwei Jahrtausende gewachsen war, in abermillionen Scherben, die funkelnd auseinanderstoben, und in dem Licht des Hochofens blutrot leuchteten. Wie Tränen lagen sie auf dem Boden, und es wurde totenstill um Carracáin herum.
Bestürzt sackte Carracáin zu Boden. Diese Kristalle waren sein Leben gewesen! Unter ihnen hatte er geschlafen, in ihrem Licht seinen größten Schmerz erfahren. Sie hatten ihn in den Schlaf gewiegt, und in ihren Armen war er jeden Tag wieder erwacht.
Und nun hatte er einen zerstört.
Er fing bitterlich an zu weinen, und seine silbernen Tränen fielen zwischen die glänzenden Splitter. Niemals würde er je wieder ein Schwert hier drin schwingen! Er flehte laut um Vergebung, und schrie seinen ganzen, über die Monate gewachsenen Schmerz in die Höhle hinaus.

Und wie so oft, schlief er mit seiner Trauer ein.

Am nächsten Mittag (Carracáin schlief ziemlich lange) öffnete er die Augen, und sah vor sich die Splitter des von ihm letzten Abend zerstörten Kristalls. Er kam sich so vor, als würden sie ihm vorwurfsvoll entgegenblitzen. Carracáin vergrub das Gesicht in den Händen. Langsam strich er über seine linke Augenhöhle... über das verkrustete Restgewebe hatte sich eine ledrige Hautschicht gespannt, und als Carracáins Fingerkuppen darüber strichen, ließ sie sich etwas nach innen drücken. Zwar ekelte sich Carracáin etwas vor der neuen Haut, aber er konnte sich seine alltägliche Wundwaschung sparen, und fühlte sich nicht mehr so verkrüppelt. Das... änderte sich aber als er seine Spiegelung in einem Kristall sah. Die Hälfte seines Gesichts war bedeckt mit einem Wurzelwerk aus braunen, abgestorbenen Hautauswüchsen. Um das fehlende Auge herum zogen sich dunkelrote Adern, die an manchen Stellen aufgeschürft waren, und immer noch schwach bluteten. Der Vogel war also in irgendeiner Art giftig gewesen. Aber der Tatsache, dass er nicht tot war, entnahm Carracáin, dass das Gift entweder ungefährlich war, oder durch irgendetwas neutralisiert wurde.. Carracáin tippte auf letzteres, denn so richtig ungefährlich konnte das Gift ja bei der unmittelbaren Wundinfektion wohl doch nicht sein.
Trotz alledem: Carracáin war irgendwie mit sich zufrieden. Er hatte den Angriff eines wohl ziemlich gefährlichen Tiers überlebt, und seine Narben zeugten davon. Er sah bedrohlich aus mit seinem abgestorbenen Gesicht, so gar nicht elbisch, aber auch nicht brutal oder abgestumpft. Er sah aus wie einer, der auf dem Amboss des Lebens geschmiedet wurde, und nicht gebrochen war. Er kannte Schmerz, Leid, Einsamkeit und Trauer, wurde geschliffen und gehärtet von dem Schmied des Schicksals.
Carracáin nickte seinem Spiegelbild grimmig zu: Von jetzt an würde es bergauf gehen.

Und zwar nahm er sich als allererstes vor,  nicht zu kämpfen.

Er negierte sein ursprüngliches Ziel, mit seinem geschmiedeten Schwert zu kämpfen, und schwor sich, mit seinen Waffen kein Leid heraufzubeschwören. Dabei war ihm klar, dass eine Waffe dazu da ist, zu kämpfen, aber sein Entschluss war, sich nur zu verteidigen, oder die Waffen anderen zu geben.
Denn Carracáin wollte Schmied werden!
Eisen so hart zu machen, wie das Schicksal ihn hart gemacht hatte, das war von jetzt an sein Ziel! Und sollte er es vergessen, müsste er nur einen Blick auf sein Spiegelbild werfen um zu sehen:
Es geht immer noch härter. Und wenn es bricht, war es nicht gut genug um gehärtet zu werden.

Dann dachte Carracáin über den zerbrochenen Kristall nach. Es müsste doch möglich sein, Schönheit festzuhalten. Und vielleicht konnte Carracáin ja diese Schönheit in seinen Schmiedewerken verewigen! Also dachte er nach, auf welche Weise man die Anmut von Kristallen bannen könne... Auf jeden Fall hatte er keinerlei magische Begabung. Er könnte Skulpturen machen, aber wie meißelt man die Farben von gleißenden Saphiren in Stein? Deshalb fiel ihm nichts anderes ein, als zu zeichnen. Tja, das war leicht gesagt. Aber er hatte weder Pergament, noch irgendwelche Schreibutensilien. Deshalb nahm er sich fürs erste ein Stück Holzkohle, und kritzelte die Umrisse des Kristalls auf den Boden. Enorm enttäuscht von dem mageren Ergebnis, warf er die Kohle weg. So ging das nicht!
Und schon wieder stand Carracáin vor der Aufgabe, erst das nötige Werkzeug herzustellen, bevor er üben konnte!


The Chaosnight:
(Um die Geschichte ein wenig zu raffen, springen wir direkt ins übernächste Jahr.)

Carracáin schwitzte.
Neben ihm Glühte der Hochofen, fast schon beständig rann das glühende Eisen in die Steinmulde, die Carracáin während des Winters umfunktioniert hatte. Er hatte den Boden unter der Steinschale mit seinem selbst geschmiedeten Pickel ausgehöhlt, und nur zwei Streben übrig gelassen, zwischen denen die ein wenig unregelmäßig geformte Mulde hing. Sobald sich die Schale gefüllt hatte, kippte sie zur Seite, und das Metall ergoss sich in eine sehr große, rechteckige und überaus flache Form, die von unten weiter erhitzt wurde. Lief die Form über, floss das Eisen in einen hohlen und durchlässigen Damm am Bach, wo es sich natürlich relativ schnell erhärtete. Sobald der Damm geschlossen war, ergoss sich das angestaute Wasser über ein (geschmiedetes!) Rohrsystem auf die 5 Hochöfen, die Carracáin in der Höhle errichtet hatte, und stoppte so dampfend und kochend die Schmelze von weiterem Eisen.
(Übrigens war der leicht Eisenhaltige Wasserdampf überaus gut für Carracáin, da so besser gesundes Blut nachgebildet werden konnte.) Wenn die gesamte Grotte vernebelt war, öffnete Carracáin einen weiteren Zugang zur Grotte, der einen Durchzug bewirkte, und so die Höhle „entnebelte“.
Die entstandene Stahlplatte stellte Carracáin zu hundert anderen an die Wand und prüfte die Härte und Elastizität, indem er sie an verschiedenen Stellen abklopfte. Er hatte die Höhle Industrialisiert. Und er war überaus stolz darauf! Mittlerweile musste der Boden schon um viele Zentimeter abgesunken sein, da er ihm das Eisen abtrotzte, aber diese Vorkommen waren so gewaltig, dass er unbeirrt weiterschürfen konnte.
Aber nicht nur die Gewinnung des Eisens hatte er verbessert! Auch die Verarbeitung! Von der jeweiligen Stahlplatte schnitt er (mit einem Scharfen Stein und vorheriger Schmelze) Stücke ab, und trug sie zu seiner Schmiede. Darauf war er echt stolz! Mindestens zwei Meter Höhenunterschied lag zwischen dem Boden der Schmiede und dem Höhlenboden. Über eine eigens gehauene Treppe trug er das Eisen nach unten in seine „Werkstatt“ wie er sie liebevoll in Gedanken nannte.
Dort hatte er eine einen halben Meter tiefe Ausbuchtung in eine Steinwand getrieben, wo beständig Hitze glomm. Durch eine kleine Luke in der Höhlenwand ließ er ab und an kleine Mengen Zugluft herein, die sich an einer Wand fingen und dann ins Feuer stoben (Jaa, einen Blasebalg zu bauen wäre für einen Schmied doch relativ schwierig). Dort, zwei Meter unter dem Höhlenboden, faltete und schmiedete er die Stahlstange mithilfe von selbstgeschmiedeten Werkzeugen. In die Höhle ergoss sich ein Rinnsal Wasser in einen Wassertrog, ähnlich einem Brunnen. Das war eine sehr gute Maßnahme, wie Carracáin fand. Denn das kühle Wasser senkte die Temperatur ein bisschen, kühlte das Metall, und Carracáin konnte sich sofort das Gesicht oder die Hände waschen. Insbesondere sein fehlendes Auge bedurfte dessen, denn bei großer Hitze platzten oft die roten Adern um das Auge auf, und mussten schnell gekühlt und gereinigt werden.
An einer Tischähnlichen Steinplatte setzte Carracáin dann einzelne Bestandteile zusammen,  vernietete Kettenhemden oder anderes (besonders bei der Anfertigung der Rohre hatte er oft an diesem Tisch gesessen).
In den Tisch eingelassen war ein Gitter aus Stein, unter dem wie fast überall in der Höhle Glut brannte. Außerdem bestand die Hälfte des Tisches aus bloßem Kristall! Er hatte sich ganz leicht spalten lassen, und war von Carracáin glattpoliert worden. Auf dem Tisch lag gerade ein unfertiger Helm, und mehrere Blätter Papier, daneben eine Feder.
Woher das Papier kommt?
Carracáin arbeitete nicht nur an seinen Schmiedekünsten, sondern er versuchte auch, sich Werkzeuge für das Zeichnen zu schaffen. Er hatte damit begonnen, in einer ganz anderen Ecke der Höhle (Dort wuchsen überwiegend Smaragde) Erde anhzuhäufen. So schuf er sich eine Art Beet, bewässert von Ausläufern des Baches. Auf diesem Beet pflanzte er zwei Arten von Pflanzen an:
Die Brombeeren (zum Glück hatte er schon vor dem Winter damit begonnen) und eine Pflanze, die Blüten mit sehr langen, weißen Blütenblättern trieb. Diese pflückte er, und brachte sie in seine „Papierschmiede“. Dort kochte er dann Wasser auf, und gab die weißen Blütenblätter hinein. Den faserigen Brei goss er in quadratische, flache Formen wo sie mit einer Art Metallkamm in eine bestimmte Richtung ausgerichtet wurden. Später legte Carracáin die trockenen und brüchigen Blütenblatt-blätter zweimal übereinander (also insgesamt 4 Lagen), schmierte eine Paste zwischen die Lagen und erhitzte das ganze nochmal. Dann hatte er ein Blatt Papier. Das machte er natürlich im großen Stil. 16 Formen hatte er geschmiedet, und konnte so 4 Blätter Papier zeitgleich herstellen.
Auch Tinte hatte er sich hergestellt. Mit gemischten Gefühlen hatte er einige Kristalle abgebrochen, und zu hauchzartem Pulver zermahlen. Dieses streute er in die verdünnte farblose Paste, die dann die Farbe des Kristallpulvers annahm.  Auch hatte sich Carracáin eine Feder besorgt, er hatte sie vor seiner Höhle gefunden, und hegte keinen Zweifel, dass sie von dem grausamen Raben stammte. Nun saß er des öfteren an seinem Kristalltisch, vor sich ein dickes Blatt Papier, und zeichnete zum Beispiel eine Blume ab.
Und er merkte: Er hatte Talent! Auch wenn seine ersten Versuche recht bescheiden waren, wusste er, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis er die Schönheit der Edelsteine auf seinem reinweißen Papier bannen könnte.
Ab und an schlenderte er auch einfach mal in seiner „Galerie“ herum. Aus dem Stahl hatte er einfach mal mehrere Regale geschmiedet, da er es so langsam leid geworden war, alle seine Werke auf einen Haufen in die Ecke seiner Werkstatt zu schmeißen. Und nun konnte er in einem sehr abgelegen Winkel der Höhle, in der fast keine Kristalle wuchsen und sich nur ein paar Amethyste über den Boden zogen, durch Regalreihen gehen, und seine mehr oder weniger ansehnlichen Werke begutachten. Da lag ein klobiger Helm neben einem unproportionierten Handschuh, ein welliges Schild lag unter einem fein gearbeiteten Kettenhemd. Aber die Regale waren noch längst nicht voll.

Als sich Carracáin an diesem Tag in sein (im Frühling aus Moosflechten zusammengetragenes) Bett legte, da dachte er:
Carracaín, du hast es geschafft. Du hast dir deine Welt erschaffen, nur mit deinen Händen und deinem Fleiß. Hier kannst du leben.
Und glücklich kauerte er sich in das weiche Moos, und schlief ein.

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