Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Erebor
Im Inneren des Erebors
CrystalPhoenix:
Eine bleiche Hand legte sich auf die Schulter des Soldaten, der gerade vor einem der Tore zum Erebor stand und dort Wache schob.
Er zuckte zusammen, wollte sich schon umdrehen, aber ein leises Zischen aus dem Schatten hinter ihm hielt ihn davon ab.
„Herr Soldat, steht der Erebor Mördern und Verbrechern offen?“, flüsterte es hinter seinem Rücken.
Der Angesprochene keuchte,, und sprang mit einem Schrei zurück.
„Wer da?!“
Aus dem Schatten schälten sich die bleichen Konturen von einem schlanken, sehnigen Mann, mit unbestimmten Alter und langen schwarzen Haaren, die ihm in das Gesicht fielen und es hinter einem Vorhang verbargen.
„Carracáin.“
„Ja... und? Das sagt mir gar nichts.“
Der Elb schnaubte. Das hatte ich mir jetzt dramatischer vorgestellt.
„Ich bin ein elbischer Schmied, Jahrhunderte lernte ich im Düsterwald. Im Flüchtlingslager bin ich sehr bekannt“, dabei blickte er von der Anhöhe auf das Lichtermeer am Fuß des Berges, aus dem Geschrei und der Lärm von Hörnern klangen.
Fast ein bisschen zu bekannt... Sie haben Yolanda wohl gefunden.
„Und ich erbitte Obdach. Ich möchte den Zwergen helfen, und meine Kunst in den Dienst der Hammerschwinger stellen.“
„Schmiede haben wir hier genug.“, schnauzte ihn der Soldat an, „Das hier ist die Hochburg der Zwerge! Nur in Moria gibt... gab es mehr Schmiede als hier!“
„Aber... ich bin ein Elbenschmied.“
„Noch schlimmer!“
In dem Moment wurde Carracáin bewusst, dass Zwerge nicht unbedingt die besten Freunde der Elben waren... Das war eine weitere Komplikation, mal davon abgesehen, dass er ein Mörder war.
Er zog sein schillerndes Schwert.
„Wollt ihr mir drohen, Elbenpack? Ich warne dich, nur ein gutes Schwert macht noch keinen guten Kämpfer!“, aber der Soldat konnte sich nicht verkneifen, mit großen Augen auf die Klinge zu starren, die da vor ihm in de Luft zitterte.
Mit einem Grinsen steckte Carracáin Crólair wieder weg.
„Nein, ich wollte dir nur mal eines meiner Werke demonstrieren... Ein unerwarteter Todesfall würde meine Anwesenheit hier leicht überschatten.“
„Ha, schlagt es euch aus dem Kopf! Wer sagt mir dass das dein Schwert ist? Ich sage euch, die Zwerge lassen sich von so etwas nicht beeindrucken!“
„Vielleicht solltet ihr das besser meine Sache sein lassen, auf jeden Fall habe ich es ein bisschen zu eilig um euch von meinem Können zu überzeugen.“
Mit einem widerwilligen Seufzer griff der Soldat nach dem riesigen, goldverzierten Horn, das über seinen Rücken hing, und blies kräftig hinein. Eine komplizierte Folge aus verschieden langen Lauten ertönte, und sie wurde von dem mächtigen Erebor zurückgeworfen, brach sich in dessen Gestein, bis sie – hunderte Male gebrochen und reflektiert- sich anhörte wie ein Befehl in einer fremdartigen Sprache.
Nach einer kurzen Zeit, ausgefüllt von absoluter Stille, begann ein Knirschen.
Die Felswand vor Carracáin erbebte, lange, zielstrebige Risse bahnten sich ihren Weg durch das uralte Gestein, liefen aufeinander zu und offenbarten die Umrisse eines Gigantischen Tores.
Der Elb fühlte sich wie eine Ameise, als vor ihm, vierzig Fuß über seinem Kopf, Lichtstrahlen aus der Felsfissur brachen und bis zum Boden wanderten, bis die Konturen des gewaltigen Tores wie glühendes Eisen leuchteten.
Das Knarzen wurde lauter, Carracáin erbebte, und der Boden unter ihm begann zu zittern.
Langsam wurde die leuchtende Spitze des Tores breiter, und der Elb erkannte, dass das, was er für eine massive Bergwand gehalten hatte, nur eine Tür war.
Eine große Tür.
Die ungeheuer große Gesteinsplatte sackte langsam nach unten, glitt bedächtig Stück für Stück in den Boden, und gab den Blick auf einen riesigen Säulengang preis. Der kleine Elb stand nun vor einem gewaltigen Durchlass, doch konnte die schiere Dimension dieses Tores einfach nicht fassen.
Mit einem mächtigen, letzten Ächzen versank die Gesteinsplatte nun ganz im Boden, dann wurde es wieder still.
Vor Carracáin lag der Erebor.
Schwarze Marmorsäulen ragten bis zu Decke des gewaltigen Kuppelgangs, jede so dick, dass man 4 Männer gebraucht hätte, um sie zu umfassen. Monströse Figuren aus Gold und anderem Geschmeide rankten sich an ihnen entlang, und hunderte Fackeln waren in den Stein eingelassen, deren Feuerschein von den Blattgoldintarsien an der Decke in einem weichen Schimmer zurückgeworfen wurde, sodass der riesige Gang voll ausgeleuchtet war.
Der Boden war aus purem Granit, aber er erschien nicht hart, denn die abermillionen Füße, die im Laufe der Zeitalter über ihn gewandelt waren, hatten ihn glatt geschliffen.
„Willkommen, im Erebor.“
Doch Carracáin nahm den Soldaten nicht mehr wahr, der ihn angesprochen hatte. Wie in Trance machte er einen Schritt nach vorn. Dann noch einen. Er stand jetzt auf der Schwelle zum Zwergenreich, er stand dort, wo gerade eine Vierzig Fuß hohe Gesteinsplatte in den Boden versunken war.
Dann machte er noch ein paar Schritte.
Jetzt war er im Berg.
Jetzt war er drin.
Jetzt war er an jenem Ort, der hunderte von Jahre in seinen Träumen herumgespukt hatte.
Und das hier, stellte jeden seiner Träume in den Schatten.
Farodin:
Unruhe. Große Unruhe. Nahezu ein Tumult.
Das war es, was ihm in Zeltlager zuerst auffiel. Viele Menschen hatten sich um ein Zelt versammelt, manche waren in Panik, manche konnten ihre Trauer nicht zurückhalten und waren in Tränen ausgebrochen oder ebendiesen nahe.
Nachdem was Alvias mitbekam, hatte sich ein Mord ereignet. Ein Mädchen. Nicht sehr alt und für eine Menschenfrau recht ansehnlich.
Er fragte, wie das passiert sei, doch niemand konnte ihm Näheres berichten, doch jemand sagte, dass ein Elb gesehen wurde. Sogleich wandten sich einige der Anwesenden gegen ihn, was sich allerdings nach kurzer Zeit wieder legte.
Ein Elb. Im Zeltlager. Ob das der Schmied war?
Er ging weiter durch das Lager, vorbei an größeren und kleineren Zelten, vorbei an verwundeten Frauen, Kindern und Männern, sichtlich abgemagert, ausgemergelt und gezeichnet von den Schrecken des Krieges. Er begegnete einem Mädchen, nicht älter als 6 Sommer, wie es mit sichtlicher Anstrengung einen Eimer voll Wasser trug, der halb so groß war wie sie selber. Er ging zu ihr ihn, fragte sie, ob er ihr helfen könnte. Sie fürchtete sich zuerst, doch als er näher am und sie seine spitzen Ohren sah, lächelte sie. Sie hatte wohl in ihrem kurzen Leben schon Geschichten über das unsterbliche, magische Volk gehört. Er trug ihr den Eimer zum Zelt ihrer Eltern, in dem ein Mann mit einer schweren Verletzung auf einem Feldbett lag. Er würde es überstehen, jedenfalls war die Wunde nicht brandig. Er fragte sie nach einem Elb und sie berichtetem ihm, dass ein schwarzhaariger Elb sich in Richtung Erebor davon gemacht hatte. Alvias bedankte und verabschiedete sich, um sich sogleich in Richtung Erebor auf zu machen.
Wie sinnlos. Erst zu den Zeltlagern, dann wieder zurück. Als ob die Zeit ewig reichen würde. Jeder Zeit könnten sie vorrücken und ich renne hier hin und her.
Eine Wache am Erebor bestätigte, das ein schwarzhaariger Elb vor nicht ein mal einer Stunde den Erebor betreten hatte, dem Zwergen war er selbst für einen Elb unheimliche erschienen.
Also doch nicht um sonst. Aber warum unheimlich? Seit wann sind wir Elben unheimlich?
Nachdenklich schritt er weiter.
Wie soll ich ihn denn jetzt hier finden, das ist ja noch unübersichtlicher als in den Zeltlagern. Da muss ich mich wohl wieder durchfragen.
Planlos sprach er den nächsten Zwerg an, der ihm vor die Füße lief, doch er wurde ruppig abgespeist.
Warum müssen diese Zwerge nur so nachtragend sein, wo sie doch eigentlich sonst so klug sind, fragte Alvias sich mit einem gedanklichen Seufzer.
Er versuchte sein Glück erneut bei einem Wächter, der ihm zu Verstehen gab, dass er den Elb zwar gesehen habe, aber nicht wisse, wo er sich genau befinde.
CrystalPhoenix:
Bumm
Metall traf Metall.
Bumm
Schweiß tropfte auf den Amboss.
Bumm
Muskeln hoben und senkten sich.
Bumm
Carracáin blickte auf.
Er legte den schweren Hammer aus der Hand, mit dem er bis vor einem Moment ein unförmiges Metallstück bearbeitet hatte.
Mit einem Seufzer ließ sich der Elb auf einen Schemel fallen, und wischte sich mit seiner bandagierten Hand über die Stirn. Sechs Zwergenkinder standen um ihn herum, und schauten mit großen Augen zu ihm auf. Eigentlich mochte er keine Kinder, aber diese hier hatten einfach so viel Respekt vor ihm, dass er sie gerne um sich hatte.
Vor zwei Tagen hatte er bei einem der Zwergenfürsten vorgesprochen, denn ihm war klar gewesen, dass er nicht einfach zu seiner Exzellenz Thorin dem Dritten hätte marschieren können.
Sehr wohlwollend war Carracáins Angebot, als Schmied zu arbeiten aufgenommen worden, was wohl auch damit zu tun hatte, dass der Fürst weniger voreingenommen gegenüber Elben war, als viele Andere seines Volkes. Es war alles sehr entspannt abgelaufen, fand Carracáin. Nach ein paar Floskeln und Etiketten, die ihm ein Höfling aus dem Gefolge des Fürsten beigebracht hatte, war ein gutmütiger Ausdruck in die Augen des Zwergen getreten. Sie hatten das von einem Elben wohl nicht erwartet.
Schon als Carracáin sein Schwert gezückt hatte, war ihm die Anstellung sicher gewesen, so wurde ihm nachher erzählt, aber mit jedem weiteren Kunstwerk, das er aus seinem geräumigen Bündel holte, gingen dem Adeligen mehr und mehr die Augen über.
Auch wenn der Elb Crólair als sein Bravourstück betrachtete, so war der Fürst wohl anderer Meinung. Ganz zum Schluss hatte Carracáin nämlich eine Streitaxt aus seinem Säckel gezogen. Und was für eine!
Statt einem normalen Holzgriff hatte der Elb den Griff aus purem Stahl gefertigt, der stets ein bisschen mitschwang, wodurch die Axt flexibel und damit unglaublich stabiler als jede mit einem statischen Griff wurde.
Dann hatte er die glatte Stahlstange ganz mit Rubinen besetzte, die er zu einer reptilienhaften Panzerhaut schliff. So schillerte das Kriegsgerät wie eine tödliche Klaue eines Drachen, und ihr Name passte wie die Faust aufs Auge: Smaug
Die doppelte Schneide war mir Bronze überzogen, und mit elbischer Präzision hatte Carracáin goldene Flammen in die Ränder graviert. Auf der Spitze thronte ein langer, grausamer Dorn, der ebenfalls nur mit Bronze überzogen war, während er tatsächlich aus Stahl bestand.
Die Waffe war unermesslich wertvoll, wahrscheinlich auch wertvoller als Crólair. Allein der Rubinpanzer wäre wohl nur von Königen zu bezahlen gewesen, weshalb Carracáin diese Axt auch nicht einfach dem Adeligen schenkte. Er hatte zwar kurz mit dem Gedanken gespielt, entschied sich dann aber anders: Nur einem Freund oder dem König wollte er die Waffe schenken.
All das hatte ihn jetzt hierhin gebracht. Er befand sich in einem riesigen Gewölbe, (aber was hieß das schon, bei den Zwergen war alles riesig, außer die Zwerge selbst) das ganz allein den Schmieden des Erebors zugedacht war. Soweit Carracáin das verstanden hatte, war das hier nicht die einzige Halle ihrer Art, aber es war eine der größten. Nur die königliche Schmiede war gewaltiger, aber dorthin kamen nur des Königs Vertraute. Zwerge hatten nämlich ungeheure Angst vor Industriespionage, weshalb die Schmiedegewölbe auch entsprechend bewacht wurden.
An die vierhundert Schmiede versahen hier ihren Dienst, Hämmern Klopfen, und das ächzende Dröhnen von Blasebälgen war hier allgegenwärtig, Schweiß und Feuer vermischten sich hier zu dem intensiven Geruch der Schmiedekunst.
Hier gehöre ich hin.
Mit diesem Gedanken ließ Carracáin seinen Blick schweifen. Er befand sich hier auf einem kreisrunden Plateau, von dem es zehn Stück in der Schmiede gab. Diese waren „Den Zehnen“ zugeteilt. Schnell hatte Carracáin bemerken müssen, dass zwischen den Schmieden ein mörderischen Konkurrenzkampf tobte, und die „Zehn“ waren die besten Schmiede in der Halle.
Was sich einfach anhörte, war tatsächlich ein verschlungenes Netz aus Bündnissen und Feindschaften, das hier über Jahrhunderte gesponnen wurde, und der Elb der zuvor zugegebenermaßen erst Kontakt mit einem einzigen Zwergen gehabt hatte, musste sein Bild von ihnen als störrische, aufbrausende stupide Kampfmaschinen rasch revidieren.
Denn Zwerge waren vor allem eines: Politisch und listig. Hier waren nicht einfach die zehn Zwerge, die am besten schmieden konnten, diejenigen, die auf den Plateaus saßen, nein, das war viel komplizierter.
Das, was Carracáin mitbekomme hatte, war fein säuberlich in sein Notizbuch eingetragen.
Regel 1: Alleine schafft man nichts.
Konsequenz: Bündnisse
Funktion: Austausch der Kenntnisse, Sammlung der besten Werke.
Sammlung der Werke: Jeder Zwerg legt die seiner Meinung nach besten Schmiedeerzeugnisse in den „Pott“. Daraus wiederum nimmt man die besten, und stellt sie vor. Ein ausgewählter Vertreter präsentiert das beste Werk der Gruppe.
Achtung! Interne Konflikte sind nicht ausgeschlossen, Wahlkampf und Wahl zum Vertreter der Gruppe ist gefährlich.
Regel 2: Die anderen Gruppen stehen der Wahl zum Besten im Weg.
Konsequenz: Feindseligkeiten der Gruppen
Das bedeutet: Spione werden in andere Gruppen eingeschleust, andere Gruppen werden beklaut oder sabotiert.
Allgemeines Misstrauen herrscht vor.
Erweiterte Regel 2: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.
Konsequenz: Bündnisse zwischen Gruppen. Manchmal sogar Fusionen.
Die Gruppen der Zehn sind natürlich die mächtigsten!
Am Ende hatte Carracáin dann noch ein paar Wörter unterstrichen:
Vorsicht! Das hat nichts mit dem zu tun, was ich will! Ich darf mich nicht hineinziehen lassen!!
Wie Carracáin von einigen Beobachtern mitbekam, hatte er für mächtige Aufregung gesorgt. Er war nämlich von dem Fürsten direkt als einer der Zehn bestimmt worden, und die Auswirkungen dieses Schachzugs konnte Carracáin noch nicht ermessen. Zum einen sahen sich die restlichen neun Zwerge in ihrer Position bedroht, zum anderen war der Zwerg, der durch Carracáin ersetzt wurde, jetzt mit seiner Gruppe vor den Kopf gestoßen.
Auch zweifelten jetzt noch sehr viele Schmiede an, dass der Einstieg des Elben überhaupt gerechtfertigt war, und sahen den Platz von Carracáin jetzt in greifbarer Nähe.
Der Elb hatte nun die Position eines Leibschmieds. Er wurde mit allen benötigten Materialien versorgt (alle, die nicht zu den Zehn gehörten, mussten sich ihr Material selber beschaffen) und genoss hohes Ansehen in dem Umfeld des Fürsten. Er hatte außerdem einen gewissen Einfluss auf die Geschicke der Schmiede, und er durfte mitbestimmen, an welche Gruppe Aufträge vergeben wurden.
Bisher hatte er allerdings noch keinen allzugroßen Gebrauch von seinen Privilegien gemacht. Sein „Schmiedefels“, wie ihn die Zwerge nannten, war noch sehr spartanisch eingerichtet, und an Materialien hatte er sich nur eine Platte Stahl kommen lassen. Aus politischen Entscheidungen und Machtspielchen hielt er sich lieber heraus, zu groß war seine Angst, sich in dem Intrigengeflecht der Schmiede zu verstricken.
Nein, er wollte generell nicht auf sich aufmerksam machen, er war hier, um den Zwergen seinen Hammer zu leihen. So saß er auf seinem Holzschemel, und ließ seine Augen über die offenen Schmieden der Zwerge wandern. Alles wuselte herum, jeder hatte etwas zu tun, nur er nicht.
Vielleicht sollte ich auch eine Gruppe gründen?
Schmunzelnd ließ er den Gedanken in seinem Kopf kreisen. Einige Schmiede hatten ihn schon nach einem Bündnis gefragt, und ihm ihre Aufwartung gemacht. Er sah sich selbst an der Spitze eines Heeres aus Hammerschwingern, die auf einen einzigen Befehl seinerseits mit dem von ihm beigebrachten Können die Ausrüstung für ganze Armeen aus dem Boden stampfen konnten.
Aber er verwarf den Tagtraum wieder.
Warum sollte ich das tun? Es würde mir nichts bringen, das beste Werk aus einer solchen Gruppe auszuwählen. Das wäre wohl eh meines.
Er merkte sich die Arroganz zwar an, aber er fand sie gerechtfertigt.
Und während er dort, über dem industriellen Heerlager saß, nahm er sich vor, bei nächster Gelegenheit Kontakte mit den anderen neun Besten zu knüpfen.
Farodin:
Alvias kam plötzlich ein Geistesblitz, so banal und einfach, dass er sich in Gedanken schalt, nicht schon früher darauf gekommen zu sein: Wenn der Elb ein Schmied war, würde er sich vermutlich auch in einer Schmiede aufhalten.
Alvias schritt durch fackelbeleuchtete Gänge, in denen langsam ein immer weiter anschwellendes, tiefes Dröhnen zu hören war und zugleich wurde es mit jedem Schritt ein wenig wärmer. Er war auf dem richtigen Weg.
Alvias war schon einmal hier gewesen, doch dieser Anblick den ihm diese Halle darbot, ließ ihn erneut staunen:
Hunderte Schmiede, die jeder an mindestens einem Amboss arbeiteten, ebenso viele Essen, in deren greller Glut die verschiedenen mehr oder weniger wertvollen und edlen Metalle an nährend zur Weißglut gebracht wurden, bevor mit brachialen Kräften auf sie eingedroschen wurde, um sie in eine nutzbare Form zu zwingen.
Es roch nach Rauch, Leder, Schweiß und Metall.
Alvias ließ den Blick schweifen, wenn der Düsterwäldler hier war, dann würde er auffallen. Allein durch seine Größe.
Erst als er das zweite Mal den Blick schweifen ließ, erblickte er ihn schließlich, an einer höher gelegenen Esse auf einem Schemel sitzend.
Welch traurige Ironie, es ist die selbe, die Dwilmo einst genutzt hat.
Als er von einigen Zwergen bemerkt wurde, blickten ihn die meisten nur kurz mit Verwunderung und Abneigung in den Augen an, nur um sich dann wieder dem Schmiedehandwerk zuzuwenden.
Einige jedoch tuschelten hinter seinem Rücken, im vermeintlichen Glauben, er würde sie nicht hören.
"Jetzt sind das schon zwei von den Spitzohren. die wollen uns mit Sicherheit hinter gehen, wie sie es schon einmal gemacht haben. Gaukeln uns vor, sie wollen uns unterstützen und dann geht das nach hinten los."
Alvias blickte einen rotbärtigen, breitschultrigen Zwerg, der gerade etwas ähnliches zu seinem Nebenmann gesagt hatte, über die Schulter an, zog belustig eine Augenbraue hoch und erwiderte sarkastisch: "Wie schlau ihr doch seid, Herr Zwerg, mich wundert, dass ihr in eurer Dickköpfigkeit noch nicht versucht habt, euer Eisen mit dem Kopf zu schmieden."
Der Zwerg war zuerst entsetzt, dass er gehört wurde, danach blickte er Alvias zornig an und presste zwischen den vor Wut zusammen gepressten Lippen hervor: "Wären wir im Moment nicht zur Zusammenarbeit gezwungen, würde ich dir diesen Hammer zwischen die Beine schlagen."
Wieder ernster antwortete Alvias mit der klischeebelasteten Überheblichkeit der Elben: "Ich nehme an, du kanntest Dwilmo? Erkennst du das kleine Zeichen an diesem Ring? Glaubst du wirklich, er hätte ihn jemandem geschenkt, der euch böses will? Und im übrigen: Würden wir euch vernichten wollen, seid gewiss, ihr würdet nicht mehr atmen. " und ließ den schnaubenden Zwerg hinter sich, weiter hin zu einer der zehn hervor gehobenen Essen.
Dass diese Zwerge nur immer so stur und nachtragend sein müssen.
CrystalPhoenix:
Ein kleiner Tumult an einem der zehn Eingänge erregte Carracáins Aufmerksamkeit.
Es gab hier vierhundert Zwerge und genau einen Elb, deshalb fiel diese großgewachsene Person, die sich da ihren Weg durch die Essen und Ambosse bahnte ziemlich schnell auf.
Carracáin kannte dieses Gefühl, es war, als würden alle Blicke auf einem liegen, und er hatte fast schon Mitleid für den Mann. Fast.
Denn schon an der Aufmachung von dem Kerl konnte er erkennen: Das war ein Elb.
Der erste Elb, den er seit 300 Jahren sah. Und der letzte Elb, den er gesehen hatte, hatte seine Mutter auf dem Gewissen.
Schon bei dieser... Überheblichkeit mit der der Elb einen Zwerg neben sich ansprach, rastete Carracáin fast aus! Was hatte dieses Spitzohr hier zu suchen. Hier gab es nichts, was einen normalen Elben interessieren sollte!
Gut, diese silberne Rüstung die der Kerl anhatte... die war schon ziemlich... ziemlich gut gefertigt. Carracáin sah auf den ersten Blick, dass sie perfekt saß, und das Schwert, das da an der Hüfte baumelte... Carracáin pfiff leise durch die Zähne. Das ist Elbenwerk. Ein zwergischer Schmied würde nie solch eine Eleganz an den Tag legen.
Der Elb blickte auf, und ganz kurz nur, trafen die Blicke der beiden einzigen Spitzohren in der Halle sich.
Schnell schaute Carracáin weg. Die grünen Augen, die ihm da entgegengefunkelt waren, schillerten ganz ähnlich wie die riesigen Smaragde, die in den Minen von Cristálon gewachsen waren.
Heimweh brach in dem Herzen von dem Elbenschmied aus. Alles an diesem Mann erinnerte ihn an früher, als seine Welt noch ganz gewesen war. Seine Mutter- sie hatte auch grüne Augen besessen.
Er hatte sie einmal gefragt, warum seine Augen denn grau waren, wo sie doch grüne, und sein Vater blaue hatte. Bei solchen Fragen wurde sie dann immer ganz still, so auch dieses Mal, und er hatte beschlossen, nicht weiter nachzuhaken.
Der grünäugige Elb schien keine Angst vor Carracáin zu haben, schüchtern war sein Blick auf jeden Fall nicht gewesen. Eher neugierig. Und so beobachtete Carracáin, wie der Elb zielstrebig auf sein Schmiedeplateau zusteuerte.
Bitte nicht.
Schon wollte Carracáin sich verdrücken, so tun, als wäre er gerade nicht da, aber da hörte er schon, wie der Elb die wenigen Stufen zu seinem Schmiedefels erklomm.
„Sagt mir, guter Herr, seid ihr jener Schmied, von dem das Volke des Flüchtlingslagers erzählt?“
Die Worte waren klar und präzise, gleichzeitig schien es Carracáin, als würde der Elb der da hinter ihm stand, jedem Buchstaben noch einen anderen Klang geben, so dass sich aus dem Satz eine Melodie ergab, fast schon, als wäre der Satz gesungen. Carracáin hasste den Kerl jetzt schon dafür. In einem solchen melodiösen Tonfall würde er wohl nie sprechen können.
„Ja.“
Trotz seiner, doch sehr klar formulierten Antwort, schien der Elb noch auf etwas zu warten. Also drehte er sich zu ihm um, und schaute mürrisch zu ihm auf.
„Und wer will das wissen?“
Jetzt kam wieder Bewegung in den Elben. „Man heißt mich Alvias, Sohn von Niemand, geboren in den Wäldern Mithlonds. Ich suche schon seit einiger Zeit nach euch, da meine Rüstung ein paar... Reparaturen benötigt. Wäre es vermessen, eure Dienste in Anspruch zu nehmen, Herr...?“
Klasse. Der erste Elb den ich treffe ist genau das, weswegen ich kein Elb sein will. Vergiss es!
„Nö.“
Carracáin merkte diesem... Alvias seine Schockiertheit an, und konnte sich sein Feixen nicht verkneifen, als sein Gesichtsausdruck erst von Empörung über hochnäsige Verachtung zu angestrengtem Nachdenken führte. Dann trat für den Bruchteil eines Augenblicks eine Form von Hilflosigkeit auf sein Gesicht, die aber sofort unter der Maske eines verständnisvollen Lächelns verschwand.
„Ich... glaube ihr habt „Nö“ gesagt?“
Innerlich lachte Carracáin schallend, aber nach außen blieb er ganz ruhig.
„Und ich glaube, du solltest dir ganz schnell einen anderen suchen der vor dir buckelt. Als ob ich es nötig hätte, für andere eine Rüstung auszubeulen! Wo bin ich denn hier? Ich bin einer der Zehn! Verstehst du? Einer der Zehn! Schau in der königlichen Schmiede nach, da findest du vielleicht jemand besseren, aber hier bin ich der Beste. Geht das in deinen parfümierten Schädel?“
Als der Elb völlig entgeistert vor ihm stehen blieb, fuhr er ihn an:
„Schiebt ab, Hoheit! Ich hab zu tun!“
Alvias fing sich überraschend schnell wieder. Mit einem angesäuerten Gesicht lünkerte er über Carracáins Schulter. „Das Ausbeulen einer Metallplatte ist ja auch vieeel spannender als eine elbische Meisterrüstung auszubessern...“ Dieser Satz triefte nur so vor Sarkasmus aber... dennoch musste Carracáin dem Elben irgendwie Recht geben.
„Pass auf Junge...!“, und er drohte ihm mit dem Finger. Doch mitten in der Geste musste er stocken.
Alvias hatte sein Schwert blank gezogen und seinen Mantel beiseite geschlagen.
Herrlich.
Goldene Runen prangten auf der elegant geschwungenen Silberrüstung, und die Klinge der Waffe war so glatt geschliffen wie die spiegelnden Oberflächen eines Kristalls.
„Darf ich mal?“, und ohne eine Antwort abzuwarten, strich er mit seinen schlanken Fingern über die sanfte Wölbung des Brustharnischs. Dann nahm er dem Elben, der jetzt schon ein wenig versöhnlicher wirkte, ungefragt die Waffe aus der Hand, und prüfte, ob sie austariert war. Sie war es. Vorsichtig, fast zärtlich, klopfte er die Schneide ab.
Sehr, sehr gut. Innen wurde weiches Metall verwendet, außen hartes. Und damit die Klinge nicht schartig wird, hat man sie an den richtigen Stellen abgestumpft. Dennoch würde man hiermit locker durch ein Trollbein schlagen können... Wenn man an einen Troll herankäme.
„Hm, also gut. Das... sieht ja doch ganz interessant aus...“
Alvias lächelte jetzt. „Wollen wir nochmal von vorne anfangen?“
„Das... ja, also“, Carracáin grummelte in seinen nicht vorhandenen Bart.
„Wie bitte?“ Und dabei legte Alvias seine schlanke, sehnige Hand an seine spitze Ohrmuschel.
„Ja, also: Ich bin Carracáin. Nur Carracáin. Ich... schmiede und das schon seit 300 Jahren. Und ebenso lange habe ich keinen Elben mehr gesehen. Der Letzte den ich sah, hat meine Mutter umgebracht. Und ja, ich würde gerne deine Rüstung ausbessern.“
Das Lächeln auf dem Gesicht des Elben wurde breiter, ja, es steckte Carracáin sogar ein bisschen an.
„Alvias.“ sprach Alvias, und streckte Carracáin seine Hand hin.
„Carracáin.“ antwortete Carracáin, und schlug ein.
„Willkommen im Erebor.“
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