Der Duft von tausenden Blumen umhüllte Celebithiel, die abseits des Lagers sich in den bunten Teppich, aus Gras, Blumen und Kräutern gelegt hatte, die dort gediehen.
Nur wenige Meter weiter links von ihr zierten eine tote und platt getrampelte Matte den Boden, die in den Farben Grün und Braun variierte.
Sie hatte die Augen fest verschlossen und ihre Gedanken wurden von dem Duft an die exotischsten Orte geleitete. Der würzige Geruch eines Wiesenkrauts führte sie zurück nach Fangorn, wo sie erneut die Gruppe Ents sah, die Baumbarts letzten Ruf vernahmen. Der süßliche Duft nach Margeriten führte sie an die Grenze Loriens und den kleinen See, wo sie Abschied von Nîdanadh genommen hatte und er zog sie weiter, vorbei an den goldenen Mellyrn, hinzu der Stelle, an der Galadriel und Celeborn sich von ihr verabschiedete hatten. Nun flog sie, getragen von dem Duft nach taufrischen Gras, über das Schlachtfeld Loriens und die Gipfel des Nebelgebirges, wo Celebithiel zusammen mit Jutan den Orküberfall überlebt hatte. Sanft wurde sie an den Bruinen abgesetzt und auf einen Weg, getaucht in rote Roseblätter und weiße Simbelmyne, schritt sie durch das Tor von Imladris. Um sie herum tanzten die Waldgeister Yavannas und in den Bruinen schwammen die Nymphen Ulmos.
Der Wind streichelte sie und gekleidet in ein blütenweißes Kleid stieg sie die Treppe empor, die zu einem kleinen Pavillon führte. Die spielerischen und verschnörkelten Gebäude Imladris waren gekleidet in Blüten aller Gegenden. So war das Geländer der Treppe umhüllt von schneeweißen Lilien und Tulpen in allen ihren Farben. An den Bäumen hingen die saftigsten Kirschen und ihre Blüten schmückten sie zu einem Festakt. Unzählige Elben, gekleidet mit den prächtigsten und schönsten Stoffen, wandelten durch Imladris und applaudierten ihr, Celebithiel. Sie erreichte nun den Pavillon, und die Waldgeister tanzten um ihn herum. Dort saßen nun alle vereint. Gandalf, gütig lächelnd und an seinen Stab gelehnt, neben Amrûn und Antien, die ihr zulächelten. Galadriel, Celeborn und Elrond standen in helle Roben gehüllt zur ihrer Rechten und Celebithiel vernahm das wunderschöne Gesicht Celebrians und ihrer beiden Söhne, Elladan und Elrohirs. Die Sonne stand hoch empor und als sie Freude strahlend auf Celebrian zuging um sie zu umarmen, zerfiel sie in ihren Händen zu staub.
Erschrocken drehte sie sich um und auch die anderen waren nur noch Skelette, die zu Staub zerfielen. Plötzlich herrschte grimmigste Nacht und keine Steine und kein Mond kleideten das Himmelszelt es herrschte drückende Dunkelheit. Celebithiel verließ den Pavillon und die Waldgeister, die vorher so friedlich um den Pavillon getanzt hatten, waren nun Fledermäuse die kreischend ihr um den Kopf schwirrten und sie zu beißen und an den Haaren zu ziehen versuchten. Um die edlen Kirschbäume wunden sich nun garstige Schlangen, die ihre giftigen Zähne in die Bäume schlugen und ihnen die Lebenskraft aussaugten. Die saftigen Kirschen waren nun mehr vertrocknete Kerne.
Imladris war wie leer gefegt und an den prächtigen Stoffen und denen den Elben gehört hatte, nagte nun der Zahn der Zeit und sie fingen an zu verwesen. Spinnen, ähnlich denen des Düsterwaldes, nisteten nun in den düsteren Spalten der Elbenstadt und hüllten alles in ihre Geisternetze. Die Blumen, die Stadt schmückten waren verwelkt oder standen in ewigen Flammen, die ihre Schönheit nichtmehr Preis geben würden.
Celebithiel rannte, sie wollte diese teuflische Stadt verlassen. Als sie das Stadttor passiert hatte und an den Bruinen ankam, wo sie vorher gelandet war, sah sie das vertraute Gesicht einer der Wassernymphen. Behutsam sah sie ins Wasser und streckte ihr blasse Hand in das kühle Nass. Sobald sie das Wasser berührt hatte färbte es sich blutrot und die Nymphe stieß einen markerschütternden Schrei aus, der denen der Nazgûl glich und offenbarte ihr wahres Gesicht. Ein totes Skelett, welches Schönheit vortäuschte, um ahnungslose zu locken. Celebithiel schreckte hoch und aus Richtung Imladris kommend sah sie die Nazgûl auf ihren reitenden Wesen am Himmel fliegend. Celebithiel rannte, sie rannte so schnell sie konnte in einen Wald hinein. Die Schatten der Neun waren am Himmel verschwunden und Celebithiel rastete. Das herz pochte ihr bis zum Hals und sie konnte kaum atmen, zum Teil wegen der Erschöpfung, zum Teil wegen der wachsenden Angst, die sich in ihr breit machte. Plötzlich verschwand der Wald und es war vollkommen dunkel. Celebithiel fiel, aber sie konnte nicht schreien und während sie fiel sah sie alle Städte und Orte Mittelerdes vor ihrem geistigen Auge, die dasselbe Schicksal ereilt hatte, wie die blühenden Elbenstadt Imladris. Sie schlug auf einen harten Boden auf an einen Ort, welchen sie nicht kannte. Vor ihr ein dunkler Thron, gemeißelt aus unzähligen Totenschädeln. Auf ihn thronte der dunkle Herrscher persönlich und lachte höhnisch, als er die winzige Elbin erblickte. Er holte zu einen Schwertstreich aus und...-
Celebithiel fuhr hoch und sie wurde sogleich von dem Licht der gleißenden Sonne geblendet, so dass sie sich die Hände vor die Augen halten musste, um sich vor den Strahlen zu schützen. Sie lag immer noch auf der Blumenwiese und für einen kurzen Augenblick marterte Celebithiels hin und arbeitete wie wild, um das eben geträumte zu verarbeiten.
Ein Schatten legte sich über Celebithiel und sie erblickte die weiße Robe Gandalfs, der sich vor sie gestellt hatte.
„ Meine Liebe..ich weiß was du gesehen hast, denn ich habe dasselbe geträumt und mein Blick glich deinen“, erzählte er ihr mit resignierter Stimmte, während er in die Knie ging. Behutsam streichelte er Celebithiels Wange, die immer noch leise keuchte und sich an die Stelle fasste, wo Saurons Schwert sie getroffen hatte. Liebevoll tupfte er ihr die Schweißperlen auf der Stirn weg und nahm sie in den Arm. Celebithiel war nicht in der Lage etwas zu sagen. In ihr regte sich das Gefühl zu schreien und gleichzeitig wollte sie weinen, deshalb entschied sie sich für das einfachste von Allem dem Schweigen.
„ Du gehörst zu den stärksten Elben, die ich kenne Celebithiel und du wirst deinen Weg gehen und deiner Bestimmung folgen. Glaubst du deine Großmutter hätte dich auf diesen Weg geschickt, wenn sie für dich keine schöne Zukunft vorhergesehen hätte? Allerdings ist es wichtig zu bedenken, dass alles vergänglich ist. Auch die Unsterblichkeit der Elben, die zwar ein großes Geschenk, aber ebenso große Bürde ist. Den Menschen, die das Los der Sterblichkeit haben, fehlt diese Bürde. Ihre Zeit ist begrenzt in der sie diese Welt zum Guten oder zum Schlechten ändern können. Ihr Elben hingegen verweilt, wenn das Schicksal nicht anders vorsieht, ewig in diesen Gefilden und jede eurer Entscheidungen wird ewig tangieren, solange ihr hier verweilt.
Sauron ist nun an dem Höhepunkt seiner Macht, nie besaß mehr und ich bezweifle, dass er je mehr besitzen wird. Die Siege in Lorien und jetzt die erfolgreiche Verteidigung Edoras sind nur Wimperschläge in der Bekämpfung des Schattens, der in dem verfluchten Lande weilt. Jedoch sind sie der Indikator für mehr und größeres, wie kleine Risse in einem Staudamm, die das gesamte Tal fluten.
Jedoch Celebithiel, meine gute Freundin, erfreue dich an dem was du hast und an der Welt, so wie ist. Wir müssen lernen mit den Dingen zu leben, die uns gegeben sind oder wir ändern sind. Und glaub mir, wir sind auf den richtigen Weg sie zu ändern.“
Als Celebithiel das kleine Lächeln Gandalfs sah, dass sie auf Grund seiner Worte gebildet hatte, spiegelte sich die Freude auch in ihrem Gesicht.
„ Übrigens meine Liebe Antien ist soeben angekommen!“, flüsterte er ihr zu und verließ sie, um ihre Abreise vorzubereiten.
Celebithiel verharrte noch einige Stunden in stummer Gesellschaft mit den Blumen und ließ sich Gandalfs Worte durch den Kopf gehen.
Währenddessen bereiteten Amrûn und Gandalf alles vor, um mit den Heer gen Isengart zu ziehen, um Rohan endlich zu befreien. Als die Sonne bereits am Untergehen war, kamen Amrûn und Antien, die nach Celebithiel suchen wollten und sahen sie, wie sie genau in der selben Pose da saß, in der sie Gandalf verlassen hatte. Im stillen Einverständnis, sie nicht zu stören, setzten sie sich neben sie und verbrachten die Nacht in dem Blumenfeld, bis sie in der früh mit dem großen Heer aufbrachen.
Gandalf, Faramir, Éowyn, Amrûn, Celebithiel und Antien mit den großen Heer zur Isenfurt