Die Zeit zog über das Land hinweg, ohne dass es die Elben und Menschen Lothloriens bemerkten. Der Februar neigte sich den letzten Tagen zu und er war erstaunlich mild dieses Jahr.
Amrûns Drang endlich wieder nachhause zu kommen und es brodelte in ihm das Verlangen seine Geliebte Elbe wieder zu sehen. Doch mit jedem Tag an dem es wärmer wurde, rückte auch der Abschied näher. Amrûn liebte Lothlorien, hier lag alle Macht der Elben hier lebte die wunderschöne Galadriel unter den prachtvollen Blättern der Mallornbäume. Was ihm aber noch größere Sorgen machte, war die Tatsache, dass Celebithiel wieder gehen musste und ihr fiel es noch tausend Mal schwerer. Seit jenem Kampf im Orthanc mit dem Mund Saurons verging ihre Lebendigkeit und Heiterkeit. Der Elb erwischte sie oft dabei, wie sie ziellos in die Ferne schaute, wie sie den Tränen nahe alleine in stillen Räumen herum lungerte. Etwas beschäftigte sie und machte jeden Anflug von Glück zunichte.
Mit den wärmer werdenden Tagen, beschloss er langsam Abschied zu nehmen. Von Menschen die er kennen gelernt hatte, von Elben die er schon ewig kannte und von Freunden, die, wenn sie auch nicht antworten konnten, noch immer hier waren; er nahm Abschied von Gandalf.
Mit dem Ziel in den Augen schritt er eine Treppe hinunter. Sie führte über eine mächtige Wurzel hinweg in einen kleinen abgelegenen Garten. Hier lag der weiße Zauberer. Sein Körper war nach wie vor auf die zierlichen Blüten der goldenen Elanor und der silbernen Niphredil gebettet. Seine Haut war so blass wie sein Gewand und seine Augen fest geschlossen.
„Guten Tag, alter Freund!“, begrüßte er ihn „immer noch liegst du hier, versunken im tiefen Schlaf und lässt dir kein Zeichen von Leben abringen. Wie sehr fehlst du uns und unserer Gemeinschaft: Antien; Du wirst bemerkt haben, dass er jeden Tag zu dir kommt. Er wäscht dir dein Gesicht mit dem Tuch und er erzählt dir Geschichten. Ich liebe seine Erzählungen aus dem alten Wald. Wer hätte gedacht, dass Tom ein so leichtlebiges, humorerfülltes Leben führt... Nunja, nicht mal er konnte dir bisher ein Schmunzeln von deinen Lippen stehlen.“
Amrun legte seine Hand auf die Brust des Zauberers: „Und jetzt steh ich hier bei dir und rede, obwohl ich nicht mal weiß ob du zuhörst. Gandalf; du hast mich verunsichert. Das du all den Bürden nachgegeben hast, hat alle deine Mitstreiter verunsichert. Können wir ohne deine Unterstützung dennoch siegen? Du warst die Spitze des Pfeils, der sich in den Feind gebohrt hat und ihn langsam getötet hat. Du allein warst es, aber...“ Die Worte die folgten waren schwer für Amrûn auszusprechen: „Es ist für mich nicht mehr von belangen. Meine Zeit hier ist nun vorüber. Ich weiß nicht ob dein Fall das Fass zum überlaufen gebracht hat oder ob der Grund viel tiefer in mir schlummert; Ich werde fortgehen, für immer. Aratinnuire und ich wollen nun endlich, nach so langer Zeit in Valinor glücklich werden. Mein Kampfgeist ist erloschen, ich habe nichts mehr wofür es sich hier zu kämpfen lohnt, nicht mal dich.“
Der starke Elb war nun auch schon den Tränen nahe. Er mochte keine Abschiede weder von Gandalf, noch von Lorien, noch von Mittelerde selbst.
„Aber weißt du wer dich am meisten von uns allen vermisst? Ja, Celebitiel genau. Für sie warst du der Fels in der dunklen Brandung. Ein Lichtblick am Ende einer langen, dunklen Zeit. Du bist gegangen, ihr Herz ist zerbrochen und du versuchst es noch zu heilen, indem du ihr Narya gibst. Ein mächtiges Geschenk, für eine mächtige Kriegerin. Ich hoffe es hilft ihr, denn in ihrem Herzen bildete sich eine große Schlucht in deren Tiefe sie nun gefangen ist. Wird sie diese Verantwortung übernehmen? Ich hoffe es, denn ich kann ihr nicht helfen.“
Amrûn strich ihm noch einmal über seine kalten Hände. Die Falten darauf waren zäh und versteift. Er nahm eine silberne Blüte und drehte sich um. Galadriel stand auf der Treppe, ihr Gesicht verschwand im Schatten der Kapuze. Sie sagte kein Wort während Amrûn neben ihr die Stufen hinauf stieg. Bevor er verschwand drehte er sich um und sprach zu ihrem Rücken: „Ich zweifle nicht an seiner Entscheidung, niemals würde ich dies tun. Aber...“, er setzte kurz ab und wartete eine Reaktion ab. Die Elbe stand bewegungslos da. „Aber ich sehe wie Celebithiel zerbricht.“