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Autor Thema: Caras Galadhon  (Gelesen 49526 mal)

Tom Bombadil

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Re: Caras Galadhon
« Antwort #30 am: 28. Jul 2010, 11:34 »
Interessiert betrachtete Aphadon die beiden Elben, doch selbst auf die kurze Distanz, die ziwschen ihnen lag, konnte er nur Schemen durch den immer noch stärker werdenden Regen erkennen. Im Schutze des Baumes, unter dem Amrûn  und er gestanden hatten, hatten sie nur wenige Tropfen abbekommen,d ie durch das dichte, goldene Blätterdach gesickert waren, doch nun würde Amrûn einige Zeit brauchen, um seine Kleidung trocken zu bekommen.
Amrûn.... Der Elb wurde Aphadon immer suspekter. Häufig sprach er in Rätseln, machte vage Andeutungen darauf, dass er bald irgendwohin  gehen würde, über ein Meer nach Westen.
Dennoch: Amrûn war der einzige, der Aphadon hier im Goldenen Wald zum Anfang ihres Aufenthalts unterstützt und mit ihm gesprochen hatte, und dafür und für seine Begleitung seit den Geschehnissen in Isengart im letzten November war Aphadon ihm sehr dankbar.

Eine ruckartige Bewegung riss Aphadon aus seinen Gedanken: Es schien so,als rüttele Amrûn Celebithiel an den Schultern. Stritten die beiden etwa? Ihn überkam ein jähes Gefühl der Neugierde und machte ein paar Schritte auf die Elben zu.
Er hörte Amrûn eindringlich auf die Elbe einreden. "Was hast du getan?"
manana

Vexor

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Re: Caras Galadhon
« Antwort #31 am: 1. Aug 2010, 21:21 »
Sie spürte wie Amrûns kräftige Hände ihre Schultern packten. Sie spürte wie der Regen in unaufhörlicher Masse auf sie niederprasselte. Sie spürte Aphadons Blick, der sich in ihren Rücken bohrte, wie ein Schwert in der Dunkelheit. Sie spürte Amrûns Griff und wie er anfing sie zu schütteln, als sie stumm blieb. Das alles spürte sie. Es waren kurzlebige und temporäre Gefühle. In ihrem Inneren dennoch blieb es leer und stumm und ihr Herz ward in Dunkelheit gehüllt.
Celebithiel blieb weiterhin stumm und so ließ Amrûn von ihr ab. Er musterte sie noch eine Weile mit seinen gütigen Augen, die versuchten so viel Mitleid und Verständnis wie möglich aufzubringen. Celebithiel stand jedoch nur da und als sich die beiden zum gehen wenden wollte, da fing Celebithiel zum Lachen an. Sie lachte so herzlich und herzzerreißend zugleich, dass Aphadon und Amrûn sich irritiert anblickten und nicht wussten, was sie tun sollten.
Die silbergekrönte Elbenmaid strich sich das klatschnasse rotblonde Haar hinter die Ohren und sank auf die Knie, während sie weiterhin unaufhörlich lachen musste. Keiner der anderen vermochte sie zu rühren, so verdutzt waren sie vom Verhalten der Elbe. Einzig Amrûn schaffte es sich nach einer Weile aus seiner Starre zu lösen und hob Celebithiel hoch und nun sah er, dass ihre Augen ganz verquollen vom Weinen waren. Sie vergrub sein Gesicht in seiner Brust und Amrûn trug sie hinauf in die Gemächer Galadriels und Celeborns und bettete sie auf weichen Kissen und legte sich neben sie. Tröstend fuhr er ihr durchs Haar und stimmte ein Lied an und verweilte neben ihr bis sie eingeschlafen war und das Schluchzen erloschen war.
Amrûn pustete die Kerzen aus, die ihr Gemach erleuchtet hatten und trat hinauf auf den Flur, wo Celeborn in einer weißen Kutte auf einem Sessel ruhte. Behutsam sagte er, „ Ich denke dir Amrûn, für alles was du für sie getan hast. Es sind wahrlich schwere Zeiten durch die sie gehen muss.“
„ Schwere Zeiten? Das ist gar kein Ausdruck für die Bürde, die Gandalf ihr auferlegt hat“, erklang eine Stimme, die distanziert klang, und Amrûn wandte sich erschrocken um und erkannte die schemenhaften Umrisse Galadriels, die in einer dunklen Ecke des Raumes vom Schatten verschluckt wurde. „ Ihr alle könnt nicht verstehen, was in ihr vorgeht. Einzig ein Ringträger kann nun ihren Schmerz fühlen. Den Schmerz den sie durchlebt hat und noch durchleben wird.“
„ Aber was ist nun mit ihr? Von welchen Entscheidungen redet sie?“, durchbrach Amrûns Stimme, die ein wenig erzürnt ob Galadriels distanzierter Haltung klang, die monotone Stille. Ohne ein weiteres Wort streckte Galadriel ihre Handfläche aus und auf ihr offenbarte sich im dumpfen Licht ein Ring, der mit einem feuerroten Rubin besetzt war.
„ Sie hat sich gegen Narya und gegen ihre Bürde entschieden, Amrûn. Sie gab mir den Ring, da sie ihn nicht länger tragen möchte. Sie will in den Westen segeln, die unsterblichen Lande aufsuchen.“ Und schlagartig gewann Galadriels Stimme Farbe und überschlug sich, umso länger sie redete. „ Sie verlässt Mittelerde. SIE! Sie hat noch lange nicht den Schmerz durchlebt, den ich durchleben musste. Sie existiert erst seit kurzer Zeit, während ich mein Leben lang mich danach sehne, endlich nach Valinor zurückzukehren. SIE verlässt uns. Sie macht das, was ich nicht tun kann und hinterlässt mir eine weitere Bürde.“
Und schluchzend ging Galadriel zu Boden und ihr Gemahl sprang sofort auf, um seine Frau wieder aufzurichten. Amrûn, der von Galadriels Worten irritiert war, verließ die beiden ohne ein weiteres Wort und rannte hinaus in die Dunkelheit. Er stand oben auf einen Flett und blickte in die unendliche Weite des goldenen Waldes. Die Regentropfen vielen in Massen hinab, wie die Tränen der Valar, die um Celebithiel, die silbergekrönte Elbenmaid, trauerten.

Der nächsten Morgen war von zärtlichen, warmen Sonnenstrahlen durchdrungen und Celebithiel trug ein schneeweißes Kleid und kniete neben Gandalfs Bahre auf dem saftig grünen Boden. Sie hielt eine einzelne, weiße Lilie in der Hand, an der sie genüsslich schnupperte. Eine weitere hatte sie sich ins Haar gesteckt und liebevoll strich sie mit der Lilie über Gandalfs Körper, der dort friedlich ruhte.
„ Ach Mithrandir, was würde ich nur für deinen Seelenfrieden geben. Ich finde hier keinen mehr…“. Fast panisch blickte sie sich um, als sie Amrûn und Aphadon erblickte, die die schmalen Stufen zu ihnen herunterstiegen. Celebithiel verstummte und stand nicht auf. Sie schaffte es auch kaum Amrûn in die Augen zu sehen, da sie ansonsten wohl wieder in Tränen ausgebrochen wäre. Nach einem Moment des peinlichen Schweigens, richtete sie sich auf und sagte mit belegter Stimme:
„ Es tut mir leid Amrûn. Ich kann dir nicht lange Lebewohl sagen. Mir fällt es schon schwer überhaupt zu sprechen. Die Worte…die Worte-“. Aber Amrûn umarmte sie einfach und vergab ihr zu verstehen, dass er verstand. Er küsste sie auf die Stirn und flüsterte ihr ins Ohr, „ Wir finden uns. Wir werden uns immer finden!“
Nachdem er sich von Gandalf verabschiedet hatte und die Stufen hinaufsteigen wollte, um sich auch noch von Galadriel und Celeborn zu verabschieden schrie Celebithiel: „ Halt!“ Amrûn drehte sich schlagartig um und empfing die weiße Lilie, die Celebithiel aus ihrem Haar genommen hatte. Sie erwiderte seinen Kuss und beobachtete, wie er und Aphadon die Stufen hinaufstiegen.

„ Passt gut auf sie auf“, sagte er zu den Herren des Lichtes. „ Soll ich Narya nun zurück zu Cirdan zu den grauen Anfurten bringen?“ Galadriel schüttelte den Kopf und ihr goldenes Haar reflektierte das Sonnenlicht.
„ Ich verwahre ihn…für sie! Sie wird die Dunkelheit überwinden…da bin ich sicher…nein ich weiß es!“
Und Amrûn verstand und lächelte, auch wenn er am liebsten weinen würde, wenn er daran dachte seine beste Freundin hier zurücklassen zu müssen. Er drehte sich ein letztes Mal um und erblickte Celebithiel, die nun wieder am Boden kniete und ihren Kopf auf Mithrandirs Brust gebettete hatte.
Eine einzelne Träne rann ihm über die Wange und wurde von einem aufmunternden Lächeln gefolgt.


Celebithiel hinaus vor die Stadt
Amrûn und Aphadon zum Weg über das Gebirge
« Letzte Änderung: 12. Feb 2016, 11:40 von Fine »


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Re:Caras Galadhon
« Antwort #32 am: 9. Aug 2011, 17:23 »
Aus der Sicht Galadriels:


Das Schlafgemach der Elbenkönigin war lichtdurchflutet und winzige Staubteilchen tanzten durch die hereinfallenden Sommerstrahlen.
Galadriel war gerade dabei sich das Gesicht zu waschen und bürstete sich die goldenen Haare, welche sich wie Seide an ihrem Körper schmiegten. Ein Lächeln huschte ihr über die Lippen, als sie sah, dass eine kleine, schwarze Amsel durch das offene Fenster hinein geflattert kam und eine weiße Blume, vermutlich Simbelmyne, auf den kleinen Tisch vor Galadriel fallen ließ.
Behutsam streckte sie die langen, anmutigen Finger aus und schnupperte an ihr.
Celeborn, dachte die Elbe und war erleichtert wieder von ihrem Mann zu hören, seitdem er Lórien mit dem Elbenheer verlassen hatte, um  den Menschen in Aldburg beizustehen.
Sie selbst war im goldenen Wald geblieben, um den verbliebenen Elben und Menschen Hoffnung und Trost zu spenden. Die Befreiung Rohans im vergangenen Jahr hatte Euphorie hervorgerufen, die jedoch nicht lange angehalten hatte. Der Fall des Erebors und die rasche Rückeroberung des Düsterwaldes durch Khamûl trübten die Gedanken der Bewohner des Waldlandreiches. Es war nur eine Frage der Zeit bis die schaurigen Geisterhände des Nazgûl sich auch nach Lothlórien verzehren würden.

Galadriel streifte sich ein silbrig-graues Gewand über und stieg die Stufen ihrer Gemächer hinab, die ganz oben in Caras Galadhon waren. Eine laue Brise frischte auf und Galadriel verstand es als erste Anzeichen des nahenden Sommers.
„ Mae Govannen“, grüßte sie einige Elben, die ihren Weg kreuzten und sich demütig vor einer der ältesten Elben, die noch in Mittelerde verweilten, verneigten.
Zielstrebig führte ihr Weg, die hochgewachsene blonde Elbe, durch die Wege und Trampelpfade Lóriens. Der Wald schien wie leergefegt, denn nur wenige Lebewesen kreuzten ihren Pfad und sie war froh darum.

Das kühle Moos, welches die Steinstufen bedeckte hatte, kitzelte ihre nackten Füße und behutsam stieg Galadriel sie hinab. Vor ihren blauen Augen lag die flache Schale, die viele Galadriels Spiegel nannten.
Ihre Finger fuhren zärtlich über die Ränder der Schale aus edlem Metall. Feuchter Tau perlte an seiner Oberfläche und mit einer Mischung aus Trauer und Sehnsucht beobachte sie die wässrige Oberfläche.
„ Versuchen wir Rat in der Zukunft zu finden, Altáriel?“, ertönte eine ruhige und verträumte Stimme.
Galadriel wirbelte herum und erschrak sich beim Anblick des Zauberers, der auf einer Baumwurzel saß und gerade ein Eichhörnchen streichelte.
„ Bei allen Vala, Radagast, du hast mich fast zu Tode erschreckt“, entfuhr es Galadriel gereizter als sie es wollte, aber ihre Anspannung, die in den letzten Monaten stetig wuchs, war fast greifbar.
Entweder hatte sie der Istari nicht gehört, oder er ignorierte ihre Gereiztheit wissentlich und fuhr mit gewohnt ruhiger und verträumter Stimme fort.
„ Schreit die Elster dem Kaninchen zu, verändert sich der Lauf der Sterne im Nu!“.
Galadriel seufzte, denn so sehr sie Radagast mochte und sie seine Gesellschaft schätzte, so waren seine Worte für sie, selbst als eine der weisesten dieser Welt, oft ein Rätsel. Einzig Mithrandir war in der Lage gewesen sich stets einen Reim auf die Gedichte und Lieder des braunen Zauberers zu machen.
„ Das sich etwas verändern wird ist mir klar Radagast, doch mein Herz verzehrt sich nach der Frage, wie es ablaufen wird. Es bringt mich noch um den Verstand diese Unwissenheit…“, entgegnete Galadriel und ließ sich niedergeschlagen auf einen Steinsockel sinken, der in der Nähe des Spiegels stand.
Radagast, immer noch vollkommen auf das Eichhörnchen fixiert, dass voller Elan um und auf ihn herum hüpfte, antworte im ersten Moment nicht.
„ Schau dir dieses kleine winzige Lebewesen an. Es tollt herum, lebt wie es seinem Herzen beliebt“, fuhr Radagast mit einem Lächeln auf den Lippen fort, wodurch sich sein Gesicht in tiefe Falten legte.
„ Und dennoch…“, doch er verstummte, blickte auf, schüttelte den Kopf und sah die Elbe fragend an: „ Worüber haben wir gerade geredet?“.
Galadriel richtete sich auf, sichtlich genervt von diesem unbefriedigenden Gespräch und wandte sich zum gehen. Es schien dem Alten nicht einmal aufzufallen, als sie die Stufen hinauf schritt. Erst als sie die letzte hinter sich gelassen hatte, drang die Stimme des Zauberers zu ihren Ohren:
„ Vielleicht ist das dein Problem meine Liebe“, sprach Radagast, der sie nun ausnahmsweise direkt anblickte, „Vielleicht handelst du schon zu lange nicht mehr nach deinem Herzen!“.
Die Elbe nickte, auch wenn sie nicht wusste, wie ihr das helfen sollte und schlenderte zurück in Richtung Caras Galadhon.

Der Frühling war im vollen Gange, doch auch die blühenden Pflanzen und Gräser, die ihren Weg kreuzten vermochten Galadriels Stimmung nicht zu bessern. Sie nicht großartig beachtend hatte sie wieder ihr Gemach erreicht und ließ sich auf einen Stuhl auf einer der Plattformen sinken, von denen man große Teile des Waldes überblicken konnte.
Sie schloss die Augen, lehnte sich zurück und ließ sich von den Sonnenstrahlen einhüllen, die durch die Baumwipfel fielen.

„ Ein Schläfchen, dass Kummer und Sorgen vertreiben soll?“.
Im ersten Moment dachte die Elbe es wäre wieder Radagast, der ihr gefolgt war, um sie mit weiteren seiner Weisheiten zu verwirren, doch die Stimme die dort sprach kam ihr nicht bekannt vor. Sie war seltsam dunkel, als hätte sie lange kein Westron gesprochen und dennoch auf eine Weise anziehend und magisch, dass Galadriel voll Neugier die Augen öffnete.
Sie hätte aufgeschrien, wären ihre Augen nicht im ersten Moment von den Sonnenstrahlen geblendet worden, sodass sich ihr Gegenüber nur schemenhaft offenbarte.
Nach und nach trugen ihre hellblauen Augen die Informationen zusammen. Ein Mann, ungefähr in ihrer Größe mit langem gräulichem Haar, vollkommen in einem aquamarinblauen Mantel gekleidet saß ihr gegenüber. Seine Gesichtszüge waren schwer und irgendwie wirkte er müde. Seinen verwitterten, ebenfalls blauen Hut, hatte auf die Spitze seines Stabes gelegt, der an seinem Stuhl lehnte.
Der erste Gedanke, der Galadriel durch den Kopf schoss, als sich das Bild des Mannes vor ihren Augen verdeutlichte war, dass Gandalf ihr gegenüber saß. Jener jedoch lag schlafend, von Saruman betäubt, ein paar Räume weiter neben an.
„ Man hat viel über dich erzählt, Galadriel, Elbenkönigin des goldenen Waldes. Nichte Feanors. Bis in die äußersten Winkel des Ostens, hört man Geschichten und Sagen über die Macht, die Wut und die Schönheit deinerseits“.
Die Worte des Mannes schmeichelten Galadriel im selben Maß, wie sie sie verschreckten und ängstigten, doch sie war nicht in der Lage aufzustehen oder zu sprechen.
„ Aber ich bin nicht nach Lórien gekommen, um mit dir zu plaudern, obwohl es mir Aiwendil nicht gerade leicht gemacht hat. Er redet immer noch gerne und viel“, er machte eine kurze Pause und lachte, „…wenn auch nicht immer sinnvolles.“

Allmählich dämmerte es Galadriel und sie erinnerte sich an Erzählungen Mithrandirs und Curunírs über zwei weitere Istari, die noch Mittelerde entsandt worden waren, mit derselben Mission.
Galadriels Stimme klang seltsam trocken und belegt und so fragte sie: „ Ihr seid einer der Ithryn Luin, nicht wahr?“.
„ Pallando“, sagte der Istari, räusperte sich und machte eine gespielte Verbeugung vor Galadriel.



Die folgende Stunde verbrachten die beiden und Radagast damit über die Geschehnisse zu reden und zu diskutieren, die seit der verlorenen Schlacht am schwarzen Tor vor sich gegangen waren. Immer wieder versuchte Galadriel Informationen zu Pallandos Aktivitäten vor und während des Ringkriegs in Erfahrung zu bringen, doch geschickt wusste der blaue Zauberer das Thema zu wechseln und zu verdeutlichen, dass dies nicht Gegenständ und Thema dieses Gesprächs sein würde.
„ Aber nun sagt, warum seid ihr hier in Lórien? Was ist euer Begehr?“, sagte Galadriel und musterte Pallando scharf. Jener lächelte, lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander.
„ Nun denn, wenn die Herrin des goldenen Waldes nach dieser Antwort verlangt, werde ich sie ihr geben. Doch ob sie ihr gefällt, dessen bin ich mir nicht sicher.
Wie ihr sicherlich wisst ist Olórin von Saruman betäubt worden, er hat ihn seinen Stab gestohlen und somit fast gänzlich seine magische Macht zurückerlangt!“
Galadriel nickte, während Radagast sich den Spatzen zugewandt hatte, die auf den Balkon herum pickten.
„ Aber wir wissen nicht, was er vorhat. Seit jener Nacht gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm“, ergänzte die Elbe mit Nachdruck. Wieder huschte ein neckisches Lächeln über Pallandos Lippen, welches den alten Zauberer etwas ungemein Jugendliches verlieh.
„ Da komme ich ins Spiel. So begab es sich, dass Saruman im Dezember letzten Jahres zu mir und Alatar nach Gortharia kam. So energisch und mit solchem Wahnsinn versehen, hatte ich ihn noch nie gesehen. Er forderte mich und Alatar auf sich seinem Plan anzuschließen.“
Er machte eine dramatische Pause und trank etwas Wasser, dass ihn Galadriel bereit gestellt hatte.
„ Er wollte, dass wir uns mit ihm verbünden. Wir sollten Rhûn aufwiegeln und Saurons Diener aus dem Land vertreiben. Im Gegenzug würde er sich an den freien Völkern rächen, für die Demütigung, die sie ihn in Helms Klamm zugefügt hatte und später Olórin, als er ihn aus den Orden verstieß und seinen Stab zerbrach. Gemeinsam sollten wir drei uns dann gegen Sauron stellen, um endgültig über Mittelerde zu herrschen.“
Galadriel stockte der Atem und in ihren Augen las Pallando die Frage, die ihr auf der Zunge brannte.
„ Wie er das anstellen will? Er hat sich tief in die Schächte und Gänge Khazad-Dums zurückgezogen und versucht dort die Orks und sonstigen Kreaturen des Nebelgebirges für sich zu gewinnen.“
„WAS?!“, entfuhr es Galadriel, die entsetzt aufgesprungen war, sodass die Spatzen aufschreckten und davonflogen.
„ Ruhig Galadriel. Alatar und Ich haben ihn nicht unterstützt, er drohte uns zwar, schien sich aber nicht siegessicher genug seine Drohungen in die Tat umzusetzen. Ich glaube kaum, dass er mit seinem Plan schon sonderlich viel Erfolg hat, sonst hätte er uns mehr unter Druck setzen können. Aber dennoch müsst ihr auf der Hut sein. Die Gefahr droht jetzt nicht nur aus Süden. Sie wuchert mitten in eurem Herzland.“

Galadriel ließ sich auf den Stuhl sinken und plötzlich umfing sie Dunkelheit.
Schweißgebadet wachte sie auf und merkte, dass es finstere Nacht war. Nur einzelne Lampions, die im Wald leuchteten, trugen Licht in ihr Gemach hinein.
Das war alles nur ein Traum., kam es Galadriel in den Sinn und erleichtert stieg sie aus dem Bett. Sie wanderte in ihrem Zimmer auf und ab, sich immer sicher werdend, dass sie das Gespräch mit einen der blauen Zauberer nur geträumt hatte.
Gerade als sich die Gewissheit in ihr Gehirn eingeschlichen hatte, sah sie die Simbelmyne, die in einer Vase auf ihren Nachttisch stand und die Erkenntnis traf sie wie ein Pfeil im Herzen.



„Herrin was ist los?“, ertönte die Stimme des braunhaarigen Elben Antien, nach dem Galadriel hatte rufen lassen.
„ Mein Junge, du musst nach Lindon reisen. Du musst dorthin reisen und die Überbringung Gandalfs überwachen. Es ist hier nicht mehr sicher für ihn“, antwortete sie niedergeschlagen.
„ Nicht mehr sicher, aber…was meint ihr. Ich verstehe nicht“, entgegnete der Elb, der sichtlich verwirrt zu sein schien.
„ Glaub mir. Tu es für mich, Tu es für ihn!“
Antien nickte und machte sich auf seine Sachen zu schultern.


Noch nie hatte sie sich so allein gefühlt, wie in dieser Nacht. Sie eilte pfeilschnell durch die kühle Nacht und hatte sie gestern noch den Hauch des Sommers gespürt, so lachte die hämischen Ausläufer des Winters diese Nacht über sie. Die Stufen hinab zu ihrem Spiegel waren eisig kalt.
Die Sterne funkelten im stillen Wasser der silbrigen Schale und als Galadriel hineinblickte, flossen bittere Tränen als sie das flammende Rot sah.


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Re:Caras Galadhon
« Antwort #33 am: 26. Nov 2011, 13:38 »
Aus der Sicht Galadriels:

„Auf mit dir! Flieg so schnell du kannst“, wisperte die sanfte Stimme Galadriels der Nachtigall hinterher, die sich in die Lüfte erhob.
„Mithrandir wird es im Alten Wald gefallen…“, gluckste Radagast, der neben Galadriel stand und auf dessen Schultern und Stab sich verschiedene Vögel niedergelassen hatten.
„ Das glaube ich auch….das glaube ich auch“, seufzte die Elbenherrin und sank auf einer kleineren steinernen Bank nieder.
Die beiden hielten sich im Garten Galadriels auf, der ganz im Zeichen des Frühlings stand. Überall sprang ihnen der süßliche Geruch der frisch blühenden Blumen und Kräuter entgegen.
Radagast alberte derweil noch mit den Vögeln herum, während die Elbenherrin ihr Gesicht tief in den Händen vergrub.
Schwarze Ringe hatten sich unter ihre strahlend blauen Augen gelegt und zeichneten ihre Alabasterhaut schlimmer als Narben.
„Radagast können wir ihm vertrauen?“, sprach Galadriel mit schwacher Stimme.
„Radagast?!“, setzte sie lauter nach, als der Zauberer nicht reagierte und weiter mit den Vögeln tollte.
„Hmm was?“, stotterte der Zauber und ließ vor lauter Schreck fast seinen Stab fallen. Die Spatzen, die sich auf ihn niedergelassen hatten, schnatterten verärgert.
„Entschuldige“, murmelte der Braune und Galadriel war sich nicht sicher, ob diese Floskel ihr oder den Vögeln gegolten hatte.
Dennoch trottete der Zauberer zu ihr und ließ sich stöhnend neben sie sinken. Als er sprach fürchtete sich Galadriel fast von der Klarheit mit der seine Worte und Stimme erfüllt waren.
„ Bereits letztes Mal sagte ich dir, dass du schon lange nicht mehr mit deinen Herzen gedacht hast, Tochter des Lichts.
Du bist dabei ein Netz aus Verzweiflung und Angst zu weben, welches dich stetig lähmt. Du hast dir die Nöte aller zu Eigen gemacht und siehst nicht, wie du daran langsam zerbrichst.“
Die Klarheit und treffende Präzision Radagasts Worte erschreckten Galadriel und trafen sie wie ein Dolch mitten ins Herz. Sie konnte nicht anderes tun als weiter den Worten des braunen Zauberers zu horchen.
„Du fragtest mich, ob wir Pallando trauen können und ich sage dir ich weiß es nicht. Ich dachte auch, dass wir Curunír vertrauen können, ihm vertrauen müssen. Doch da lag ich falsch. Vielleicht bin ich wirklich Radagast der Einfältige und Narr, wie mich Saruman stets verhöhnte.
Ich verstehe mich eben nur auf alles was wächst und nicht für sich selbst sprechen kann, so wie es meine Herrin Yavanna mir aufgetragen hat.
Den Geist und das Wesen von Mensch, Elb und Zwerg zu ergründen war nie meine Stärke gewesen…darin war Mithrandir immer der geschicktere gewesen.“
Bei den letzten Worten klang eine tief traurige Resignation mit, die Galadriel bei Radagast nie erwartet hätte.
Ihre Stimme bebte leicht, als sie zu sprechen anfing.

„Manchmal…manchmal wenn die Machtlosigkeit mich übermannt, dann Frage ich mich, ob ich damals nicht falsch gehandelt habe.
Ob ich damals als der Halbling mein Reich betrat seinen Bitten nicht hätte nachgeben sollen. Vielleicht hätte ich das alles verhindern können, wenn ich den Ring an mich genommen hätte. Wenn mein Wunsch nach Valinor zurückzukehren nicht stärker gewesen wäre, als der Wunsch Sauron aus Mittelerde zu verjagen.
Ach…ich merke nur wie schrecklich müde ich langsam werde…“
„Müde sind wir doch alle Galadriel. Egal ob Elb, Istari oder diese Vögel hier. Aber blick dich um. Schau an, wie Yavannas Werk aus den Poren Mittelerdes sprießt. Rieche den Duft der Blüten und Blätter deines Gartens…ist das nicht herrlich.“

Galadriel nickte und umarmte den braunen Zauberer. Das Gefühl der Machtlosigkeit und der drohende Schatten auf ihren Herzen waren zwar noch nicht gewichen, aber dennoch hatte Radagast ihr Hoffnung und Mut gegeben. Hatte etwas Licht in ihr gepflanzt, welches hoffentlich wie die Frühlingsblumen in ihr bald wachsen und gedeihen würde.
Sie blickte den braunen Zauberer hinterher, als jener tiefer in den Wald hinein wanderte und dachte sich, Die Leute verkennen dich Radagast der Braune. An Weisheit und Güte stehst du Mithrandir nichts hinterher, nur muss man dich erst besser kennen, um sie in vollen Zügen zu erfahren.



„Herrin Galadriel, Herrin Galadriel!“, stürmte der blonde Elb in Galadriels Gemach, die gerade gedankenverloren Nenya betrachtete.
„Orophin beruhigt euch, was ist denn passiert?“, erwiderte sie verdutzt, als sie Orophin hinein rennen sah.
„ An der Grenze sahen Rumil und ich Orks…aber es waren keine normalen Orks. Die Statur hatten sie wie Orks aus dem Nebelgebirge vermutlich aus dem verfluchten Khazad-dûm. Aber..“
Der Elb musste nicht weitersprechen, sie wusste, was als nächste kommen würde.
„…sie waren viel besser gerüstet – schwer gepanzert müsste man sagen und sie…sie…trugen eine weiße Hand auf ihren Schilden…die weiße Hand Sarumans.“
Galadriel sprang auf, nahm Orophins Kopf zwischen seine Hände und blickte ihm tief in die Augen.
„Bist du dir ganz sicher?“
Der Elb nickte und Galadriel versuchte jegliche Panik aus ihrer Stimme zu verbannen.
„Schick sofort nach Faendir und Antien, sie müssten heute aus dem Alten Wald zurückgekommen sein. Bring sie zu mir! Ich hab einen Auftrag für sie. Als nächstes bereitest du Schattenfell und Kaladh vor. Sie brauchen die schnellsten Pferde, um nach Dol Amroth zu kommen..“
„Dol Amroth?“, erwiderte der Elb verdutzt.
„Geh!“

Als Orophin hinaus gestürmt war, fiel die Fassade Galadriels und sie zitterte am ganzen Leib.
Feuer und Schatten…


Faendir und Antien nach Dol Amroth
« Letzte Änderung: 27. Sep 2013, 08:37 von Eandril »


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Begrüßung im goldenen Wald
« Antwort #34 am: 8. Feb 2012, 12:17 »
Oronêl, Amrûn, Celebithiel, Antien, Faendir, Amrothos und Irwyne von der Grenze

Der frische Waldgeruch stieg Celebithiel in die Nase, als sie auf dem schwarzen Ross langsam trabend durch die immergrünen Ränder Lothlóriens streiften.
Sie hatte die seidenen Handschuhe abgestreift, die sie vor der frühlingshaften Kälte der weiten Steppen Rohans beschützt hatte und fühlte wie die wärmende Atmosphäre des Waldlandreiches ihre Fingerspitzen zum Kribbeln brachte. Aber vielleicht waren es auch einfach die positiven, Heimligen Gefühle, die sie mit diesen Jahrhunderte alten Wald verband, der außerhalb von Raum und Zeit zu existieren schien.
„Dein Lächeln, so selten es sein mag, erfreut einen immer wieder aufs Neue den Tag“, schmunzelte Amrûn, der mit Irwyne neben ihr ritt. Celebithiel legte den Kopf schief und merkte, wie Blut in ihre Wangen schoss, welches ihnen einen zarten Rosaton verlieh.
„Ich kann es schon sehen!“, pfiff Antien vergnügt durch die Lippen und als alle ihren Blick nach vorne wandten wurde ihnen auch klar, was er meinte. Caras Galadhon mit seinen riesigen Stamm und goldenen Blättern ragte vor ihnen empor, wie ein Riese und Celebithiels ozeanblauen Augen wurden feucht beim Anblick des Wohnsitzes von Galadriel und Celeborn.
Wie hofft habe ich diesen Wald in meinen Träumen heimgesucht? Wie oft hat mein Herz ihre Gesichter ersehnt. Es stimmt also Heimat ist dort, wo Menschen sind, die du ins Herz geschlossen hast.
„Aber, aber…“, frohlockte Oronêl, der mit Amrothos jetzt an ihr vorbeigezogen hatte, „…sieht man die Elbenprinzessin jetzt zu Tränen gerührt“, während er ihr ein schneeweißes, besticktes Taschentuch reichte.
Celebithiel hingegen winkte freudig ab, während die letzte Freudenträne über ihre Wangen strich.
„Heimat…“, flüsterte sie und gemeinsam setzte sich der Tross fort, bis sie am Fuße Caras Galadhons angekommen waren.

„Seid gegrüßt ihr tapferen Reisenden! Amrûn, Celebithiel schön euch wieder zu sehen“, empfing sie zur Verwunderung aller Radagast der Braune am Fuße der Treppe.
„Der braune Zauberer“, verschlug es Oronêl den Atem, da es auch für einen alten Elben eine Besonderheit darstellte einen der Istari persönlich zu treffen.
„Sei gegrüßt Radagast!“, lächelte Celebithiel, während ihre Augen besorgt über die Treppe huschten, um ihre Ziehgroßmutter Galadriel zu erblicken. Der alte Mann lächelte betrübt, als er ihren suchenden Blick erkannte, beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr.
„Mein liebes Kind. Der goldenen Herrin geht es nicht so gut, sie fühlte sich nicht stark genug euch heute willkommen zu heißen. Vielleicht schaust du nachher alleine mal nach ihr.“
Großväterlich tätschelte ihr dabei die Schulter und die Elbenmaid nickte nur, dass sie verstanden hatte.
„Ihr anderen Mensch und Elb…lasst uns hier draußen nicht versauern und den Gras beim Wachsen zu schauen, obwohl das eine interessante Tätigkeit ist, wenn ich das mal so anmerken darf – also wo war ich? Achja genau lasst uns herein gehen. Dort drinnen wartet Speiß und Trank auf euch!“

Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf, wobei sich Celebithiel bei Antien untergehakt hatte und eine laue Brise umschlang sie für einen kurzen Moment, indem sie inne hielt und ihre scharfen Elbenaugen einen Mann fokussierten, der im Halbschatten aus einen der oberen Gemächer hinab schielte.
Antien bemerkte ihren Blick, neigte seinen Kopf zur Seite und mit seiner freundlichen Stimme wisperte er: „Das ist Palando, einer der Ithryn Luin. Er ist vor nicht ganz einen Moment hier aufgetaucht und hat uns über Sarumans Machenschaften aufgeklärt. Seitdem verweilt er im Palast und berät Radagast und Galadriel. Es war auch seine Idee Gandalf in den Alten Wald zu Tom und Goldbeere zu bringen.“
Beim Namen ihres Freundes und Mentors versetzte es der Elbe einen kleinen Stich ins Herz und instinktiv wanderte ihre Hand zu der feinen Silberkette, an deren Mitte Narya, der Ring des Feuers, baumelte.
Daraufhin setzte die Gruppe ihren Weg die Treppe hinauf fort, hinein in die prächtigen Hallen und Gemächer des Caras Galadhon, den Celebithiel noch nie so leer und trist gesehen hatte. Ebenso hielt sie kurz inne und von der erhöhten Position wanderte ihr Blick nochmal über ihre Heimat, aber sie schien sie nicht wiederzuerkennen. All die Eindrücke, die vorgeherrscht hatte, als sie vom Celebrant aus geritten waren, schienen wie wegblasen. Wie ein Tagtraum, aus dem man schnell und ruckartig gerissen wurde. Der Wald wirkte kühl und blass, als hätte jemand ein graues Tuch aus Furcht, Angst und Melancholie gewoben und es zum Schmucke über die Wipfel und Äste der standhaften Bäume gelegt.
Selbst in der Schlacht mit den Hexenkönig hatte Celebithiel den Wald noch nie so niedergeschlagen erblickt.


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Der Wald und ein Buch
« Antwort #35 am: 9. Feb 2012, 18:45 »
Die Sonne versank im Westen, und der silberne Mond erhob sich über den Wipfeln Lóriens, als Oronêl langsam die Haupttreppe von Caras Galadhon hinunter ging. Nachdem sie sich gemeinsam gestärkt hatten, hatte er sich von den anderen verabschiedet, denn er wollte Caras Galadhon zuerst allein wiederentdecken. Während er unter den hohen, uralten und ihm größtenteils gut bekannten Bäumen umherstreifte, spürte er unter seiner Freude, wieder zuhause zu sein, auch ein diffuses Gefühl der Sorge oder Angst. Er mochte nicht daran denken, dass die dunklen Machenschaften Sarumans diese Idylle stören oder sogar vernichten mochten, doch ganz verdrängen ließen sich diese Gedanken nicht.

Die Straßen der Stadt waren nahezu ausgestorben, doch hin und wieder begegnete er anderen Elben, von denen er nun sogar einige wiedererkannte. In ihren Gesichtern sah er Sorge und Furcht vor dem, was kommen mochte, als sie ihn sahen und erkannten, wurde sie von Überraschung und auch Freude überlagert. Einige Male blieb er stehen, um jemanden zu begrüßen, den er früher gut gekannt hatte, und erfuhr so einiges über das, was seit seinem Weggang in Lórien geschehen war: Die Herrschaft von Celeborn und Galadriel, die Ankunft der Ringgefährten, und die Schlacht um Lórien, in der der Hexenkönig von Angmar gefallen war. Auch er berichtete von seinen Erlebnissen in der Welt außerhalb Lóriens, doch vor allem sein Bericht über Amroths Tod schien niemanden mehr zu überraschen. Doch obwohl er fragte, woher die Elben Lóriens von Amroths Tod erfahren hatten, wo doch niemand sonst dabei gewesen war, gab ihm niemand eine Antwort.

Schließlich kam er in einen verlassenen Garten nahe dem Rand der Stadt. Dort setzte er sich mit dem Rücken an einen alten Mallorn, der schon hier gewachsen war, als Amdír König von Lórinand war. Es war einer der ersten im Land gewesen, dessen Samen von den Númenorern Gil-Galad zum Geschenk gemacht wurde, und von diesem nach Lórinand gelangt war, da er in seinem Reich keine Wurzeln schlug. Oronêl war dabei gewesen, als Amdír ihn zur Feier der Geburt seines Sohnes Amroth gepflanzt und gesegnet hatte, und hatte selbst einen Baum auf der Westseite der Stadt gepflanzt, um Mithrellas' Geburt zu feiern.
Während er mit dem Rücken am Baum lehnte und in den Himmel sah, an dem inzwischen die ersten Sterne erschienen waren, wurde ihm klar, dass der Wald immer noch derselbe wie vor über tausend Jahren war. Er selbst hatte sich verändert, wie auch das Volk von Lórien, und obwohl es noch immer seine Heimat war, obwohl er immer noch bekannte Gesichter hier sehen konnte, fühlte er sich nun ein wenig fremd. Doch bevor er erneut in Erinnerungen an seine Zeit versinken konnte, sah er aus den Augenwinkeln, wie sich jemand näherte, und obwohl er wusste, dass es innerhalb dieses Landes nichts Böses geben konnte, stand er rasch auf.

Vor ihm stand, in braun gekleidet und vergnügt lächelnd, Radagast, der braune Ista. Oronêl verneigte sich. "Mein Herr Radagast, ich freue mich, euch noch einmal zu treffen." "Nein nein", sagte Radagast fröhlich, "Du hast gar keinen Grund, dich vor mir zu verneigen. Ebenso könnte ich mich vor dir verneigen, Fae-Brûn, Alte Seele."
"Wieso nennt ihr mich so? Mein Name ist Oronêl Galion von Lórinand, oder besser Lothlórien, wie es nun heißt.", meinte Oronêl verwundert. Radagast zwinkerte ihm zu. "Nun, ich spüre, wie alt du bist. Du weilst bereits länger in Mittelerde als ich, und das will schon etwas heißen. Außerdem habe ich bemerkt, dass der Wald sich über deine Rückkehr freut. Du gehörst mehr hierher als ich es tue, und darum könnte ich mich auch vor dir verneigen. Und außerdem möchte ich dich bitten, mit mir ebenso vertraut zu sprechen, wie ich es tue. Es ist nichts Majestätisches oder besonders ehrfurchtgebietendes an mir, weswegen du mir übergroßen Respekt schuldig bist. Doch nun, lass es uns wieder ein wenig bequem machen." Mit diesen Worten setzte er sich an den Baum, und Oronêl tat es ihm gleich.

Als sie eine Zeitlang schweigend unter dem Baum gesessen hatten, griff Radagast in eine Tasche in seinem weiten braunen Gewand und holte in ein in grün gefärbtes Leder gebundenes Buch hervor. "Ich muss mich bei dir entschuldigen, Oronêl, für meine Verstellung. Ich wusste sehr wohl über dich und deine Geschichte in Lórinand Bescheid. Wirst du mir auch den Rest berichten?", sagte er. Oronêl sah ihn verwundert an und fragte: "Woher wusstet ihr-du", verbesserte er sich nach einem strengen Blick Radagasts, "davon? Wer kann dir davon erzählt haben?" Radagast lachte. "Frau Galadriel war es. Aber woher sie es wusste, kann ich dir nicht sagen. Sie weiß über viele Dinge Bescheid, von denen andere nichts wissen. Doch ich bitte dich, erzähle mir den Rest deiner Geschichte."
Und obwohl Oronêl noch immer verwundert war, erzählte er Radagast von seinen Erlebnissen, von der Reise mit Amroth und Nimrodel in den Süden, seinem Versteck in den Pinnath Gelin, der Belagerung von Dol Amroth und seiner Entdeckung, das die Fürsten dieser Stadt seine Nachfahren waren, und der Reise nach Norden. Nur vom Ring des Nazgûl erzählte er nichts, obwohl er das Gefühl hatte, das der Zauberer auch darüber Bescheid wusste, doch wenn dem so war, ließ Radagast sich nichts anmerken.

Als Oronêl geendet hatte sah er mit Erstaunen, das der Mond inzwischen wieder untergegangen war, doch die Sterne den Garten noch immer hell erleuchteten. Auf Radagasts Knie hatte sich inzwischen ein Eichhörnchen niedergelassen, und auf seiner Schulter saß ein Käuzchen, das Oronêl mit seinen großen Augen anstarrte. "Ich danke dir, dass du mir deine Geschichte erzählt hast, Oronêl, und zum Dank dafür gebe ich dir dieses Buch, das ich von Galadriel erhalten habe. Öffne es, und ließ!"
Obwohl er immer noch nicht ganz schlau aus Radagasts Verhalten wurde, nahm Oronêl das Buch, schlug es auf und begann zu lesen.

Anmerkung von Camhael, Schreiber Nolondíls, des Fürsten von Andúnie:
Diese Schrift kam im Jahr 891 des Zweiten Zeitalters der Sonne nach Númenor, in den Händen der Elbe Nellas von Doriath aus Tol Eressea. Sie kam gemeinsam mit ihrem Mann Ardir von den Falas und vielen anderen Elben Tol Eresseas am ersten Tag des Frühlings von Tol Eressea. Die Elben brachten Aldarion, dem damaligen Thronfolger und späterem König, viele Geschenke von hohem Wert und viele Bücher von großer Gelehrsamkeit, von denen hier nichts weiter gesagt werden soll, doch unter ihnen war auch dieses.
Im Jahr 1483 wünschte Nolondíl, der Fürst von Andúnie eine Abschrift dieses Buches, da er eine große Bibliothek, in der alles Wissen über die Geschichte der Eldar und Edain gesammelt werden sollte. Das ursprüngliche Buch ist in den Cirth von Doriath und auch in jenem alten Dialekt verfasst. Die Schriftart wurde von mir bei der Abschrift beibehalten, allerdings habe ich die Sprache zum besseren Verständnis in das heute gebräuchliche Sindarin übertragen.
Camhael, Schreiber von Andúnie, im Jahr 1484 des Zweiten Zeitalters der Sonne.

Anmerkung von Mithrellas, Enkelin der Nellas von Doriath:
Diese Abschrift kam auf verschlungenen Wegen von Númenor nach Lórien. Isildur, Sohn Elendils von Andúnie rettete es vor dem Untergang Númenors nach Mittelerde, und fügte es seiner Bibliothek in Minas Ithil hinzu. Bei der Eroberung der Stadt durch die Armeen Saurons war es eines der Bücher, die Isildurs Schreiber retten konnte. Auf diese Weise kam das Buch nach Arnor, wo es lange in der Bibliothek von Fornost aufbewahrt wurde, doch als der Fall Arthedain bevorstand, ließ König Arvedui einen großen Teil der Bücher, darunter auch dieses, in Imladris in Sicherheit bringen, um das darin enthaltene Wissen zu schützen. Celebrían, die Tochter von Galadriel und Celeborn und Elronds Gattin brachte es schließlich nach Lórien, und machte es mir zum Geschenk, da sie in Nellas meine Großmutter erkannt hatte.
Mithrellas Galion von Lórien, im Jahr 2506 des Dritten Zeitalters der Sonne.

Oronêl hörte auf zu lesen und hob den Kopf. Erst langsam begann er das eben gelesene zu verstehen. "Mithrellas... in Jahr 2506 des Dritten Zeitalters..." Er bemerkte, dass Radagast sich erhoben hatte. "Geh zum Cerin Amroth, dem Hügel auf dem Amroth einst wohnte.", sagte er, und die Worte trafen Oronêl wie Hammerschläge, "Dort wirst du finden, was du suchst. Ich werde dich bei deinen Gefährten entschuldigen. Aber geh schnell und komm bald zurück!" Damit war der Zauberer plötzlich verschwunden und Oronêl war wieder allein.
Langsam erhob er sich, steckte das Buch in den leeren Beutel, den er am Gürtel trug, und ging langsam auf das Tor zu, das sich in einiger Entfernung hinter den Bäumen befand. Er hatte noch nicht die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als er zu laufen begann.

Oronêl zum Cerin Amroth...
« Letzte Änderung: 21. Feb 2012, 14:09 von Eandril »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

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Re:Caras Galadhon
« Antwort #36 am: 12. Feb 2012, 23:15 »
Während dem Mahl saßen alle beisammen, doch aßen und tranken sie ohne viele Worte dabei zu wechseln. Die erhoffte Erleichterung, die ihn normalerweise erfüllte, wenn er die Grenzen dieses Landes übertrat, setzte überraschenderweise nicht ein. Galadriel war nicht von ihren Gemächern herabgestiegen um die Ankömmlinge zu begrüßen. Vermutlich hatte sie dringenderes zu Erledigen in diesen bedrohlichen Tagen.

Der Elb errinnerte sich gut an die ereignislosen Tage der Vergangenheit, als die Zeit hier still stand und alles bewahrte, was gut und schön war. Doch dieser Schleier war verflogen, die Macht des Elbenreiches versiegte. Würde ein Angriff Sarumans erfolgen, mit welchen Truppen würden sie sich verteidigen?

So schweigend sie sich gegenüber gesessen haben, so still entfernten sich alle vom Tisch und hinterließen ein trostlos kühles Bild von Verlassenheit. Amrûn sah nur, wie Celebithiel eiligst den Weg in die Gemächer ihrer Großmutter suchte. Er und Irwyne jedoch machten sich auf die Suche um ein eigenes Quartier.

„Das hier ist ein merkwürdiger Ort?“, begann sie leise zu sprechen, so als ob sie ein Fremder belauschte.
„Ja, das ist er. Viele würden ihn wohl als magisch bezeichnen.“
„Wohl eher verwunschen“, höhnte das blonde Mädchen ein wenig „so Grabesstill wie es auf dem Tisch und auf den Straßen ist.“

Amrûn seufzte laut: „Du hättest Lorien kennen müssen, wie es früher war. Ehe der Hexenkönig und seine verfluchte Armee kamen und Saruman sich das Nebelgebirge zu Eigen machte. Lorien war voll von Wundern, wie Menschen es bezeichnen würden.“

Ein langes Schweigen setzt wiederum ein.

„Amrûn! Erzähl mir davon“, forderte sie ihn flehend an „Bitte.“
Geruhsam setzten sie sich auf ein Flet, das weit oben in einer der höchsten Mallorn war. Durch ein Loch im Blätterdach sah man über die Wipfel der Bäume weit hin bis zum Anduin.

Und es war den ganzen Abend so, als würde Amrûn von einem wunderschönen Traum erzählen. Von Licht und Schönheit in den glorreichen Tagen Lothloriens, als es das Herz allen Elbentums in Mittelerde war. Seit den Tagen Beleriands gab es keinen Ort mehr, wo Dunkel-, Grau- und Lichtelben so nah beieinander in Harmonie lebten, um das zu bewahren, was ihnen teuer ist.

Er wusste nicht genau, wann Irwyne die Augen zu fielen, doch nach stunden langem Redefluss sah Amrûn in das friedliche Gesicht des schlafenden Mädchens. Er legte sich ihre Hand um die Schulter und hob sie mit seinen beiden Armen hoch. Behutsam brachte er sie nach unten und legte sie zwischen zwei bemooste, alte Baumwurzeln. Ihr Kopf kippte zur Seite, dabei fiel ihr eine Strähne ihres goldenen Haares ins Gesicht.

„Hab schöne Träume, kleine Irwyne“, flüsterte er in ihr Ohr ohne sie dabei zu wecken. Der Elb jedoch stieg die Treppen wieder hinauf und lies sich vor dem Palast Galadriels an einem silbernen Stamm niedersinken. Er versuchte die Ruhe zu genießen, doch liesen ihn seine Gedanken über Celebithiel und Galadriel nicht los.
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Re:Caras Galadhon
« Antwort #37 am: 14. Feb 2012, 17:56 »
Keine Lichter tanzen durch Caras Galadhon…alles wirkt so…morbide. Als würde sich der Baum und dadurch der Wald zum Sterben bereit machen.
Celebithiel stieg behutsam die unzähligen Treppen hinauf, die vom Speisesaal hinauf in die königlichen Gemächer führt, vorbei an vielen Gemälden und kleineren Räumen, die die rothaarige Elbe noch nie wirklich erforscht hat. Doch plötzlich bleiben ihre Augen an einem Portrait hängen, welches in feinen Pastelltönen gezeichnet worden war und eine Frau mit weißgoldenem Haar zeigte. Am unteren Rand war in feinen Lettern “Sílanim“.
Das Herz der Elbe setzte einen kurzen Moment aus, als sie den Namen las und etwas brach in ihr auf, was sie schon lange als begraben geglaubt hatte.


„Macht Platz für die tapferen Krieger, die an der Seite Elronds und Glorfindels gegen den Hexenkönig von Angmar kämpften“, posaunten die Waldelben, die in graue Farbtöne gehüllt waren, und bildeten eine Gasse, um die Reiter auf ihren edlen Rössern durchzulassen.
„Komm Sílanim lass uns weiter nach vorne, um einen Blick auf unsere tapferen Krieger zu werfen. Schau nur, wie stark sie aussehen in ihren glänzenden Rüstungen. Oh! Das da vorne muss der tapfere Glorfindel sein. Sein Haar ist fast so weißgoldenen wie deins Sílanim“, flötete die andere Elbe und packte das schüchterne Mädchen an der Hand und zerrte es in die zweite Reihe, wo sie durch kleine Ritzen einen Blick auf die Streitkräfte Lóriens und Elronds werfen konnten. Ihre ozeanblauen Augen weiteten sich, als sie all die tapferen Männer sehen konnte, die in den Kampf gegen den furchtbaren Schatten gezogen waren, der Arnor fast vollkommen zerstört hatte.
„Oh schau…da ist Amroth“, flüsterte die Elbe schüchtern und zupfte ihrer Schwester ungeduldig am smaragdgrünen Rock.
„Ich grüße euch ihr tapferen Soldaten und unsere lieben Verwandten aus Imladris! Es freut mich sehr, dass uns nach diesen schweren Kämpfen hier in Lorínand besuchen kommt…“, begrüßte Amroth, der in einen purpurnen Pelz gehüllt war die Ankömmlinge, während er Elrond und Glorfindel freudig und herzlich umarmte.
„Komm lass uns schon einmal zum Festplatz gehen“, drängelte Sílanim, „ dann haben wir später einen besseren Blick auf die Hochelben!“
So machten sich die beiden Elben auf den Weg und hüpften freudig über den Weg, der sie zum Festplatz führen sollte, der reichlich geschmückt war. Mehrere Reihen von schweren Holztischen hatte Amroth hier aufstellen lassen auf denen sich Flaschen teuren Weins aus dem Düsterwald, sowie feiner Köstlichkeiten aus dem Umland finden ließen.
„Schau mal Glôriel, die Platten mit dem feinsten Schinken an“, säuselte Sílanim, der schon fast das Wasser im Mund zusammenlief.
„Ruhig Sílanim sonst entdeckt uns noch jemand“, keifte ihre Schwester und drückte ihren Kopf ein wenig tiefer, sodass sie niemand im Gebüsch erkennen konnte.
„Da sind sie…die tapfersten Krieger unter den Elben. Da vorne ist Herr Elrond, der Halbelb, aus Imladris und neben ihn ist Celebrían. Sie ist soo schön…“, träumte Sílanim, was ihr aber nur einen bösen Blick ihrer Schwester einbrachte.
„Na was ist denn so interessant, dass sich zwei vornehme und hübsche junge Damen, wie ihr im Gebüsch verstecken müsst?“, fragte sie eine tiefe, aber von Freundlichkeit und Wärme erfüllte Stimme.
Glôriel drehte sich um und jegliche Farbe war aus ihrem kantigen Gesicht gewichen, während Sílanim einen spitzen Schrei ausstieß.



„Galadriel? Seid ihr da, ich bin es Celebithiel“, klopfte die schlanke Elbe behutsam an die mit Ornamenten versehen Tür. Es kam keine Antwort, aber dennoch betätigte sie die Klinke und betrat den weitläufigen Raum, dessen Herz ein herzförmiges Himmelbett bildete. Die seidenen Vorhänge waren zugezogen, sodass Celebithiel nichts Genaues erkennen konnte. Jenes wäre ihr sowieso nicht so leicht gefallen, denn erstickende Düsternis erfüllte das Gemach der Herrin des Lichts. Alle Vorhänge aus schweren Stoff waren zugezogen, sodass nicht einmal das kalte Mondlicht einen Weg hierher finden konnte.
„Großmutter?“, ertönte ihre Stimme und Celebithiel hatte das Gefühl als hätte sie die Worte in voller Lautstärke geschrien so unpassend wirkten sie in dem Zimmer, welches einer Grabkammer glich. Behutsam schlich Celebithiel auf Zehenspitzen zu dem Bett und strich den Vorhang beiseite.
Doch was sie vor sich erblickte war nicht die Herrin des Lichts, sondern eine in Finsternis gekleidete Frau, die lethargisch, mit wehmütigen Blick, auf dem Bett lag. Ihr Körper zeigte keine Regung, aber ihre durchdringenden, blauen Augen fokussierten die Elbe, welche am Fußende stand.
Es folgte kein Wort, sondern nur eine stumm, klagende Geste sich zu ihr zu legen. Ohne zu zögern schlüpfte die rothaarige Elben aus ihren weißen Schuhen und schmiegte sich an eine der mächtigsten Lebewesen, die in Mittelerde existierten.

Auch wenn Celebithiel mit Galadriel nie darüber geredet hatte, war sie sich sicher, dass die Herrscherin über den goldenen Wald sich in dieser Nacht in den Schlaf schluchzte, ohne eine einzige Träne zu vergießen.


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Re:Caras Galadhon
« Antwort #38 am: 14. Feb 2012, 22:30 »
Der Morgen begann schon zu Dämmern, als Amrûn von einer lieblich hellen Stimme geweckt wurde.Ein junges Elbenmädchen schaute ihm in die Augen und lächelte dabei: „Guten morgen! Ihr seid Amrûn, nicht wahr?“
Der Elb nickte ihr nur zu.
„Mir wurde die Aufgabe zugetragen euch diesen zu übergeben“, sagte sie bestimmt und übergab ihm ein Kuvert.
Amrûn nahm ihn dankend an und musterte ihn genau. Das Pergament war aus elbischer Hand, ganz glatt und annähernd weiß. Die Vorderseite war mit silbernen Ornamenten verziert und auf der Rückseite war ein Wachssiegel in Form eines Sterns: „Er ist von Herrin Galadriel?“
„Ja. Sie hat mich vor einigen Tagen beauftragt ihn euch zu übergeben.“
„Warum gibt sie ihn mir nicht selbst?“, fragte er verwundert.
„Sie wird ihre Gründe dafür haben.“
„Wisst ihr was darin steht?“
„Nein, doch sagte sie, dass ihr euch zurückziehen sollt ehe ihr ihn öffnet.“

Etwas verwirrt steckte ihn Amrûn in seinen Mantel. Jetzt da er wusste, was Galadriel dazu gesagt hatte, wurde er etwas ängstlich. Was mochte wohl in dem Brief stehen?

Er kämpfte zunächst mit der Angst, wollte den Brief wieder vergessen oder verdrängen, doch die Neugier schlummerte in ihm und konnte sich nicht zurück halten. In eiligem Schritt lief Amrûn zu dem Flet zurück, aufdem er gestern mit Irwyne geplaudert hatte. Er stellte sich an das Ende und sah von dort aus über den gesamten östlichen Wald. Die Sonne schaute gerade über den Horizont und tauchte die Wolken in ein kräftiges Orange und Rot. Selten hatte er in der letzten Jahreszeit ein solches Spektakel erlebt. Behutsam fing er den Umschlag aus seiner Tasche und betrachtete ihn nochmals inständig. Der Elb rang lange mit sich selbst, mit seiner Furcht was darin stand. Das Siegel knackte laut, als es zersplitterte und vom Pergament rutschte. Darin befand sich ein zusammengefaltetes, einfaches Blatt. Er erkannte die feinen elbischen Buchstaben, die vermutlich Galadriel geschrieben hatte.



Mein lieber Amrûn, treuer Freund,

die Zeiten die wir erleben sind wohl die dunkelsten seit dem Untergang des fernen Beleriands. Ich erinnere mich an Sonnenuntergänge im fernen Westen an den Ufern des Meeres, an den süßen Duft des Frühlings in Doriath, an meine alten Freunde die ich stets im Herzen trage. Es ist schon viel zu lange her. Hätten wir gewusst, was wir jetzt erleben, hätten wir die Tage vermutlich besser genutzt.

Es tut mir Leid, dir in dieser dunklen Stunde eine noch dunklere Nachricht zu überbringen. Aratinnuíre, welche am Beginn die Sterne in Cuiviennen erblickte, verließ im Geiste diese Gefilde. Es war ihr ein Schwieriges deinen Abschied zu verabeiten und mit der Angst zu Leben dich vielleicht niemals wieder zu sehen.

Ihr Herz, so sagte mir Cirdan, hing sehr an Mittelerde, doch noch mehr hing es an dir. Ein batroullierendes Boot fand sie auf einer der steilen Küsten Harlonds unter einem weißen Baum. Sie brachten sie ohne zu zögern zu Cirdan der wohl als einziger in der Lage gewesen wäre sie zu heilen.

Doch all ihre Wärme war von Aratinnuíre gewichen. Sie hatte kaum noch genug Kraft um ihre Augen zu öffnen. Sie lag wochenlang in Cirdan’s Gemächern an ein Bett gefesselt. Der weiseste Heiler unter uns sah keine Hoffnung mehr und so verließ sie am 14. Februar des Jahres 3022 DZ diese Gefilde und ging mit dem Segen aller Elben in den Westen.

Diese Nachricht traf mich schwer. Es ist lange her, dass ich Aratinnuíre das letzte Mal sah, doch trage ich sie wie all meine Freunde immer in meinem Herzen, das sich nun schmerzhaft von einer weiteren Seele getrennt hat. Du sollst wissen, dass ich mit dir leide, aber ich mir nicht anmaßen möchte, wie schmerzhaft es für dich sein muss. Ich wünschte, ich hätte noch die Kraft dir all dies selber zu sagen, doch schon diese Feder zu halten und die Worte schwarz auf weiß niederzuschreiben erschöpft mich und lässt mich in Tränen ausbrechen.

Ich sehne mich nach den Sonnenuntergängen im fernen Westen…
In tiefer Trauer
Galadriel
« Letzte Änderung: 14. Feb 2012, 22:37 von Thorondor the Eagle »
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Re:Caras Galadhon
« Antwort #39 am: 17. Feb 2012, 20:25 »
Celebithiel hatte nicht geschlafen, sondern verharrte still und regungslos auf dem weichen Bett, während neben ihr die Herrin über das Waldlandreich einen unruhigen Schlaf ausfocht. Die Elbe war nicht in der Lage einzuschlafen, da ihre Gedanke immer wieder um das Gemälde kreisten, welches sie zuvor erblickt hatte.
Eine Elbe mit weißgoldenen Haar…ein Wort verschlossen und verbannt…belegt mit anderen Bildern…, geisterte es durch den Kopf der rotblonden Elbe.


„Kind glaubst du wirklich, dass er der richtige ist? Er ist einer der Noldor und kein Waldelb, so wie wir?“, zeterte Sílanims Mutter, während sie mit einem Kam aus milchigen Elfenbein durch die Haare der jugendlichen Elbe fuhr. „Ach meine Liebe, ich beneide dich um dein Haar. So weiß wie Schnee, erleuchtet es sogar die dunkelste Nacht!“
Sílanim schwieg derweil, so wie man es gelehrt hatte. Respekt und Tugend waren hohe Maßstäbe gewesen an denen Sílanim und ihre Schwester Glôriel bewertet wurden.
„Ich verstehe Fräulein Mutter“, fügte sie bescheiden hinzu und niedergeschlagen senkte sie ihre ozeanblauen Augen zu Boden. Die ältere Frau hingegen räusperte sich nur zufrieden, strich das Kleid der Elbe glatt und schickte sie nach draußen. Sie sollte dem Herren Amroth einen Strauß Blumen schenken.
„Ach dieses Kind….aber wenn man unseren König so ansieht“, sprach sie kopfschüttelnd zu sich selbst, „verliebt sich einfach in so ein Ding, dass hüpfend durch den Wald springt. Warum er keine anständige Waldelbe zur Frau nehmen wird?“
Ratlos verstaute sie den Kam in einer Schatulle, betrachtete sich im Spiegel und machte sich daran das Abendessen zuzubereiten, bevor ihre Töchter wieder nachhause kommen werden.
Sílanim ging artig mit gefalteten Händen über den kleinen Pflasterweg, der zu dem Flett führte, indem sie mit ihrer Familie lebt. Immer wieder drehte sie sich um, solange bis sie sich sicher war, dass ihre Mutter ihr nichtmehr hinterher blickte. Plötzlich verließ sie den vorgegebenen Pfad und schlug sich durch das wuchernde Walddickicht. Ihr Herz fing an zu rasen, als sie vorbei an unzähligen Bäumen, die zehn Mal so groß wie sie zu sein schienen, rannte; vorbei an Beerensträuchern, an denen sie sich die weißen Strümpfe aufriss; durch kleine Pfützen, die ihr aquamarinblaues Kleid besprenkelten. Die sorgfältig gekämmten Haare standen mittlerweile in alle Richtungen ab, dennoch kümmerte es die junge Waldelbe nicht. Seit ihr Vater gestorben war, übte ihre Mutter einen unheimlichen Druck auf ihre Töchter aus. Wollte sie am liebsten gar nicht mehr allein das Haus verlassen lassen. Glôria fügte sich diesem Schicksal. Sie würde deswegen auch einen reichen Kaufmann aus dem Düsterwald ehelichen, obwohl sie jenen noch nicht einmal gesehen hatte in ihren Leben.
Ihr Herz trug die junge Elbe durch die goldenen Wälder Lorínands, während sie die Freiheit in vollen, tiefen Zügen genoss. Erst als sie zum Stehen kam und erblickte, dass sie bei den Zelten der hohen Gäste aus Imladris angekommen war, machte ihr Herz einen Hüpfer.
Irgendwo hier musste er sein…der stattliche Elb, dem sie vor wenigen Tagen begegnet war…der sie und Glôria erwischt hatte, wie sie dem Festmahl lauschten…
Behutsam kein Geräusch zu machen umschlich sie das Zeltlager, welches zehn kleinere Zelte für die ordinären Soldaten, sowie Offiziere und zwei prunkvolle für Herr Elrond und Herr Glorfindel beherbergte.
Immer wieder lugte sie durch einen kleinen Spalt in die Zelte aus beigen Stoff hinein, aber nirgends konnte sie den Elben, der seit ihrer Begegnung ihre Gedanken und Träume bestimmte, entdecken. Erst beim letzten Zelt machte sie die kakaobraunen, gepflegten Haare des Elben aus, der sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte.
Das Blut schoss ihr in die Wangen, als sie erkannte, dass der Elb gerade dabei war sich zu entkleiden und zu waschen, aber ihre Augen hingen wie Metall an dem magnetischen Körper. Sie bemerkte die feinen Konturen seines muskulösen Oberkörpers, die sich still hoben und senkten, während er ein und ausatmete. Sílanim zählte unzählige kleine und größere Narben auf Brust und Bauch. Doch als der Elb mit einem feuchten Tuch über seine Leistengegend strich, entfuhr der Elbe ein heiseres Stöhnen. Ruckartig drehte sich der Elb um und funkelte Sílanim feindsinnig an, die erschrocken zurückwich und wieder ins Dickicht stolperte.
Auf einmal kam sie sich schmutzig und beschämt vor, während sie ihre zerrissenen Strümpfe und ihr dreckiges Kleid begutachtete. Die Tränen flossen ihr über die femininen Wangen und so rannte sie zurück. Rannte den Weg entlang, aber kein Zauber lag mehr auf den Wald, die freudige Erregung war einem Gefühl aus bitteren Scham und Furcht gewichen.
Schluchzend hastete sie den gepflasterten Weg entlang und stürmte die Treppe hinauf, die zu dem Flett ihrer Familie führte, bevor sie sich unter ihren Bettlaken versteckte.


Die Sonnenstrahlen kitzelten Celebithiels Wangen und ihre Augen wanderten zu den Vorhängen durch die einem winzigen Spalt nach draußen zu sehen war. Sie musste wohl doch ein wenig eingedöst sein, denn Galadriel saß in einen Sessel neben dem Bett und beobachtete sie mit einem freundlichen Lächeln auf den schmalen, herben Lippen. Kein Anzeichen von der Schwäche zeichnete mehr ihr Gesicht, außer der leicht geröteten Nase und den verquollenen Augen.
„Gute Morgen mein Liebes“, flüsterte sie behutsam und Celebithiel war klar, dass sie sich soeben geeinigt hatten nie über die Ereignisse der letzten Nacht zu reden. Es kümmerte sie auch nicht, denn gerade brannte ihr eine ganz andere Frage auf der Zunge und unvermittelt entgegnete sie.
„Galadriel könnt Ihr mir von einer Elbe namens Sílanim erzählen?“
Sofort kam sie sich dumm vor, als die Frage gestellt hatte, aber Galadriel runzelte die Stirn, schürzte die Lippen, bevor sie zu Sprechen begann.
„Ich kann und ich werde…auch wenn es mich wundert, dass du mich gerade nach diesen Namen fragst…“


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Das Ende einer Liebe
« Antwort #40 am: 19. Feb 2012, 22:53 »
Der späte Nachmittag war längst hereingebrochen und Amrûn lag nach wie vor flach auf dem Flet. Seine Arme streckte er weit von sich, seine Beine lagen in einer leichten Kretsche. Die Tränen auf seiner Haut waren längst verdunstet und neue kamen keine hinterher.
Sein leerer Blick fixierte das lockere Laubdach über ihm und den Himmel dahinter. Seine Gedanken kreisten nur um den Brief, nur um Aratinnuíre. Da spürte er die sanfte Berührung, einen warmen Hauch, auf seiner Wange. Er drehte den Kopf nach rechts und öffnete langsam die Augen. Goldenes Licht fiel durch die Kronen und die Blätter, die den Winter über an den Bäumen blieben, fielen sachte herab.
„Mein Liebling, mein Schatz“, lächelte Aratinnuíre ihn an.
Amrûn lächelte ihr ebenfalls zu. Er fühlte sich wohl, hob seine Hand und strich ihr dabei das Haar nach hinten.
„Warum hast du denn nichts gesagt?“, fragte er sie ein wenig vorwurfsvoll.
„Warum wohl? Ich musste stark sein für dich“, antwortete sie und ihr vertrautes Grinsen glitt ihr nicht von den Lippen.
„Aber nicht für diesen Preis.“
„Oh mein Schatz. Wie unglücklich wärst du geworden, hätte ich dich unverichteter Taten mit in den Westen genommen?“
„Ich wäre dir trotzdem gefolgt“, sagte er und schmiegte sich dabei an ihren Körper.
„Das weiß ich doch.“
Seine Augenlider und sein Kinn bebten, doch er konnte keine Träne mehr vergießen.
„Ich liebe dich so sehr“, sagte er mit zittriger Stimme.
„Ich dich auch“, entgegnete sie.

„Hier bist du“, riss ihn die fröhliche Stimme Irwynes aus den Gedanken. Erschrocken wandt er den Kopf zu ihr, tat dann aber so als ob er sie nicht bemerkte. Als er wieder zurück blickte, war Aratinnuíre verschwunden. Er legte den Kopf auf seinen rechten Arm und verblieb in dieser eingerollten Pose.
„Was ist mit dir? Ist etwas passiert?“, fragte das Mädchen besorgt und ihr Blick fiel dabei auf den geöffneten Brief, der hinter Amrûns Rücken lag. Behutsam hob sie ihn auf und laß ihn aufmerksam. Es dauerte keine Minute, als sie auf die Knie sank und ihre Hand die des Elben suchte.
Irwyne wusste nicht fiel über Aratinnuíre, doch aus den wenigen Geschichten die ihr erzählt wurden, wusste sie, dass sie alles für Amrûn bedeutete.

Es vergingen noch Stunden, ohne dass die beiden ihre Position wechselten. Das kleine Mädchen, deren Erfahrung im Verlust schon so groß war, wusste, dass der Elb jetzt nicht alleine sein konnte; allein sein wollte.

Die Sterne schienen hell und klar über ihren Köpfen und die nächtliche Frische legte sich auf ihre Gesichter, als Amrûn plötzlich zu sprechen begann.

„I…“, seine Stimme stockte „I… Ich bin schuld daran.“
„Nein“, entgegnete sie verzweifelt und aus tiefstem Mitgefühl bildeten sich Tränen in ihren Augen „Nein. Sowas darfst du gar nicht denken.“
Er setzte sich auf: „Aber wenn es so ist? Es ist noch kein Jahr her, dass wir an den Ufern des Meeres standen und uns hätten aufmachen können in die unsterblichen Lande. Zahlreiche Monate in denen wir hätten glücklich Leben können; jenseits eines Schattens. Sie war so dumm. So dumm, Mittelerde auf diesen Zettel zu schreiben. Ich wollte gehen, ich wäre gegangen, doch dieser verdammte Zettel.“
Stillte kehrte ein, dann brüllte er laut „Seit wann höre ich auf das, was andere mir sagen?!“
„Ruhig! Beruhige dich, Amrûn“, bat sie ihn.
„Ich bin ruhig!“, forschte er zurück.
„Sie selbst hat diese Entscheidung getroffen, sagst du. Warum also solltest du daran Schuld sein?“
„Weil sie aus den falschen Gründen hier blieb“, er schwieg und rieb sich die Augen „Sie blieb meinetwegen.“
„Amrûn, mein Amrûn“, begann sie nun wieder leise zu sprechen „Es liegt in unser aller Natur für Dinge für die wir nichts können einen Grund zu suchen oder einen Schuldigen. Doch das geht nicht. Manches passiert einfach. Manchmal sterben Eltern, Freunde, geliebte Menschen und sie verlassen uns. Doch die Entscheidung lag niemals bei uns.“

Die Worte wirkten in dieser betrübenden Stille und Dunkelheit.

„Ich hätte damals eine Entscheidung für uns treffen können. Aber ich hab es nicht getan“, keuchte er leise.

Eine drückende Stille legte sich wieder zwischen die beiden. Irwyne bemerkte die schlaffen Augen des Elben und reichte ihm ihren Wasserbeutel. Dankend nahm er wenige Schluck. Das klare Wasser perlte von seinem Kinn und reflektierte das silberne Licht des Mondes.

„Möchtest du mir von ihr erzählen?“, fragte Irwyne gutmütig.
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Thorondor the Eagle

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Re:Caras Galadhon
« Antwort #41 am: 28. Feb 2012, 21:20 »
Der Elb saß nur da. Er hätte der kleinen Irwyne tausende Geschichten erzählen können. Das Erlebnis Aratinnuíre kennen gelernt zu haben, das Erlebnis sie lieben gelernt zu haben. Amrûn hätte erzählen können, wie er ihr in den kältesten Nächten des Nordens von seinen größten Leiden erzählt hat und wie sie es geschafft hatte ihm beizustehen. Er hätte von der ersten Reise nach Imladris oder Lorien berichten können, oder von dem Tag, als sie Cirdan ihre Liebe offenbarten und von dem Tag als er Aratinnuíre verließ um nach Dol Amroth zu segeln.

Doch er konnte nicht, er wollte es einfach nicht. Stattdessen presste er einen Seufzer heraus, der in einer humorvollen Umgebung in ein Lachen ausgeartet wäre. Seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben: „Wenn ich so überlege…“

Interessiert starrte das junge, blonde Mädchen ihn an.

„… ist unser Leben eine Summe aus Fehlenentscheidungen. Alles was wir tun, alles was uns auszeichnet gipfelt im Misserfolg“, belegte der Elb.
„Amrûn!“, hauchte sie und ihre Stimme hob sich aus Verzweiflung „Amrûn Ich verstehe, dass du jetzt so denkst. Ich verstehe dich nur zu gut. In so einem Moment zerrt einen die Dunkelheit nach unten und benebelt deine Gedanken. Vergiss nicht, vergiss niemals“, sie stockte kurz und wurde wieder vollkommen ruhig „Der einzige Fehler den wir begehen ist in Zeiten wie diesen an die schlechten Erinnerungen zu denken. Doch gab es auch gute Jahre. Ein Leben, dass ihr gemeinsam verbracht habt und nichts auf der Welt kann dir das noch nehmen.“

Die Worte trafen ihn, perlten jedoch von ihm ab wie Wasser von einem Lotusblatt.
„Wenn dies alles ist was bleibt, stehe ich mit leeren Händen da“, antwortete er trocken.
„Sag doch nicht sowas.“
„Irwyne. Erinnerungen verblassen. Vielleicht nicht in einem Menschenleben, aber nach tausenden von Jahre, ist die Vergangenheit nichts weiter als grau.“

Irwyne war verwirrt von seinen Worten und schaute in die Ferne, weg von ihm.

„Das Aratinnuíre fort ist, ist traurig. Doch noch erdrückender ist die Art, wie du damit umgehst.“
„Was!“, pfauchte Amrûn plötzlich „Soll ich mich auch noch für mein Verhalten rechtfertigen? SIE ist gegangen, SIE hatte entschieden, dass ich nach Dol Amroth gehen soll und ich habe auf sie gehört. SIE ist schuld.“
Er war wütend und sein Brustkorb hob und senkte sich rasant.

„Nein!“, brüllte Irwyne nun zurück „Niemand ist schuld.“
„Niemand“, hauchte sie hinterher und wurde gleich wieder ruhiger „Das musst du begreifen.“
Der Elb zog seine Augenbrauen zusammen und sah sie ernst an: „Das denke ich nicht… und jetzt lass mich endlich alleine.“

„Nei…“, entgegnete sei.
„Geh!“, schrie er sie an und das kleine Mädchen rannte davon. Er glaubte noch ein leises Schluchzen zu hören ehe sie die Treppe nach unten verschwand.

Amrûn setzte sich an das Ende des Flets und lehnte sich an den Baumstamm. Er presste seine Zähne aufeinander und dachte eine lange Zeit nach, ehe er kurz vor der Morgendämmerung einnickte.
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Eandril

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Abendsonne
« Antwort #42 am: 21. Mär 2012, 19:58 »
Oronêl, Mithrellas und Ladion mit einigen Elbenkriegern aus den Wäldern Lothlóriens...

Ein weiteres Mal versank die Sonne allmählich hinter den Baumspitzen, als die Oronêl und Mithrellas nach Caras Galadhon zurückkehrten. Gerade in dem Augenblick, in dem sie eine Kuppe überschritten zum ersten Mal auf die Stadt aus Bäumen blickten, berührte die Sonne die obersten Wipfel der Stadt und tauchte das Land in goldenes Licht. Am Boden der Stadt, nahe der Wälle, wo das Licht bereits vom Schatten der Bäume verdrängt wurde, leuchteten nach und nach silberne Lampen auf, sodass die unteren Bereiche Caras Galadhons wie ein dunkler See, auf dem sich die Sterne spiegelten, schienen.
Bei diesem Anblick war Oronêl stehen  geblieben, und die anderen folgten seinem Beispiel. "Ich hatte nahezu vergessen, wie schön es ist.", sagte Mithrellas leise. "Ich war zu lange fort." "Ich noch länger.", erwiderte Oronêl, "Und auch das ist ein Jammer, obwohl ich auf meinem Weg gute Freunde gefunden habe. Also könnte man sagen, dass sich Verlust und Gewinn dennoch die Waage gehalten haben." Sie setzten ihren Weg in die Stadt fort.

Als die Gruppe die Stadt durch das südliche Tor betreten hatte, sagte Oronêl zu den Elbenkriegern: "Hier trennen sich unsere Wege für diesen Moment. Ich möchte euch bitten, euch so schnell wie möglich zur nördlichen Grenze aufzumachen, denn dort wächst die Gefahr eines Angriffs von Stunde zu Stunde. Doch du, Ladion, „ meinte er, an selbigen gewandt, "wirst mich begleiten. Ich möchte mit Galadriel sprechen, und ich würde sowohl dich als auch Mithrellas gerne dabei haben." Die Elben nickten, und Oronêl, Mithrellas und Ladion setzten ihren Weg zum Wohnsitz Galadriels allein fort.

"Ah, sieh da, der Waldsohn und die Verschwundene sind wieder vereint. Schön, das zu sehen meine Freunde!" Beim Klang der Stimme Radagasts wandten die drei Elben sich um und sahen den in Braun gekleideten Zauberer eine Seitentreppe hinunterkommen. Trotz seiner gut gelaunten Worte war sein Gesicht ernst, als ob etwas vorgefallen sei. Oronêl verbeugte sich und sagte dann: "Auch wenn du solche Respektsbekundungen ablehnst, wie ich nun weiß, muss ich dir viele Male dafür danken, dass du mir meine Tochter zurückgegeben hast. Ohne deinen Anstoß wäre ich nie zum Cerin Amroth zurückgekehrt. Ich danke dir, Radagast." Auch Mithrellas dankte dem Magier, doch nun lächelte er tatsächlich und erwiderte: "Dankt nicht mir, ich war lediglich der Bote. Galadriel übergab mir das Buch und sagte mir, was ich dir gesagt habe, Waldsohn, denn sie ahnte, dass du kommen würdest." Das Gesicht des Zauberers wurde schlagartig wieder ernst. "Doch ich habe erneut einen Rat für dich, und diesmal ist es mein eigener. Gehe dorthin, wo ich herkam, und du wirst jemanden finden, der Hilfe benötigt. Und ihr, Mithrellas und Ladion Klugherz, folgt mir. Ich muss euch jemandem vorstellen... vor allem euch, Mithrellas..."
Die Stimme Radagasts wurde immer leiser, während er mit Mithrellas und Ladion davonging, bis sie ganz verstummte. Oronêl verharrte noch einen Augenblick auf der kleinen Plattform, dann folgte er der Treppe, von der Radagast gekommen war, nach oben.

Am Ende der Treppe befand sich ein Flett, das von Wandschirmen nahezu vollständig umgeben war, doch in Richtung der Abendsonne befand sich eine Lücke. Durch diesen Spalt ergoss sich ein goldener Lichtstrahl auf das Flett, und dort saß am Rand der Plattform eine schmale Gestalt. Als Oronêl das Flett betrat, drehte sie sich um und stand auf, und er erkannte Irwyne, der eine Träne über die Wange lief. Das Rohirrim-Mädchen machte einen Schritt auf ihn zu und sagte dann mit leiser Stimme: "Danke, dass du gekommen bist. Ich... " Sie stockte und brach erneut in Tränen aus. Oronêl trat auf sie zu und beugte sich zu ihr herunter, denn er überragte sie um ein ganzes Stück, und legte ihr eine Hand auf die bebende Schulter. "Wie kann ich helfen?"
"Es... es geht um...", begann Irwyne, immer wieder von Schluchzern unterbrochen.“Es geht um Amrûn. Er hat... einen Brief gekriegt, dass seine... seine Geliebte Mittelerde verla... verlassen hat. Ich wollte mit ihm sprechen... aber... er hat mich abgewiesen. Angeschrien. Ich... " Sie hob den Kopf und blickte ihm ins Gesicht.“Ich habe Angst um ihn, Oronêl, Angst, dass ihn der Verlust zerstört. Und ich dachte... Niemand von uns allen hat so lange gelebt, wie er... außer dir. Und Amrothos hat mir davon erzählt, das... dass auch deine Frau in den Westen gefahren ist..." Sie blickte nun fast ängstlich, unsicher, wie er reagieren würde. Nach außen zeigte er keine Regung, doch in ihm tobten verschiedenen Gefühle: Trauer, die er immer noch fühlte, wenn jemand Calenwen erwähnte, Zorn auf Amrothos, weil er seine Geschichte einfach so weitererzählt hatte, und Mitleid mit diesem Mädchen, das nach menschlichen Maßstäben fast eine Frau war, für ihn aber nur wenig mehr als ein Kind.
Als er keine Anstalten machte, etwas zu sagen, sondern sie nur anblickte, fuhr sie fort. "Ich dachte mir... wenn keiner sonst ihm helfen kann,... dann vielleicht jemand, der ihm so sehr ähnelt, wie du. Wirst du mit ihm sprechen, Oronêl? Für mich? Für ihn?"
Er atmete einmal tief durch, dann antwortete er sanft: "Du weißt nicht, wie viel du von mir verlangst, Kind. Wieder über einen solchen Verlust zu reden..." "Oh doch, ich weiß es, glaub mir.", erwiderte Irwyne. "Lass dich nicht von meinem Alter täuschen, auch ich weiß, wie sich der Verlust geliebter Menschen anfühlt!"
Plötzlich glitzerte Zorn in ihren Augen. "Nun gut. Ich werde zu ihm gehen, und mit ihm sprechen. Doch versprich dir nicht zu viel davon, denn ich weiß, wie lange es dauert, einen solchen Schlag zu verkraften."
Jegliche Wut schwand aus den Augen des Mädchens, und nun stand Dankbarkeit darin. "Als ich ihn zuletzt gesehen habe, war er auf dem höchsten Flett in dieser Stadt.", flüsterte sie. Oronêl nickte und wandte sich zum gehen. Als er bereits auf der Treppe war, hörte er sie noch leise sagen: "Und vielen Dank für deine Hilfe...", dann war er außer Sichtweite.

Nur noch wenige Stufen, dann würde er oben sein, auf dem höchsten Punkt der Stadt. Früher, nach Calenwens Weggang, war dies der Platz gewesen, an den er sich zurückgezogen hatte, wenn er an sie dachte. Ein merkwürdiger Zufall, dass nun auch Amrûn an ausgerechnet diesem Platz vom Verlust seiner Geliebten erfahren hatte... Er erreichte das Flett, das noch von den letzten Strahlen der Abendsonne erhellt wurde, und trat aus dem Schatten des Baustammes ins Licht. Dort saß Amrûn, mit geschlossenen Augen und an den Baumstamm gelehnt, das Gesicht der Sonne zugewandt. Oronêl setzte sich neben ihn auf den Rand der Plattform, ohne etwas zu sagen.  Eine Zeit lang schwiegen sie, während die Sonne immer tiefer sank und unter ihnen in der Stadt immer mehr Lichter aufleuchteten. Doch bevor die Sonne völlig hinter dem Gebirge verschwand, begann Oronêl zu sprechen.
"Was ist passiert?"

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Thorondor the Eagle

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Re:Caras Galadhon
« Antwort #43 am: 21. Mär 2012, 21:32 »
Der Elb hatte gespürt, dass sich jemand neben ihn setzte und leise atmete. Er spürte die Anwesenheit und glaube, dass es wieder Irwyne war.
Umso merkwürdiger war es für ihn eine männliche Stimme zu hören, die Oronêls.

Er dachte darüber nach, was passiert sei und es verwirrte ihn. Da waren ein Brief, ein sanfter Traum, wärmende Sonnenstrahlen, eine Hand an seiner Hüfte, tausende Tränen und beruhigende Worte. Amrûn wusste, dass etwas nicht stimmte. Er hatte es schon in Dol Amroth bemerkt, als er auf dem Maskenball war und auf das Gemälde startte, doch ein solcher Hammerschlag konnte es nicht sein. Nicht jetzt, nicht wo er sich entschieden hatte.

Amrûn öffnete die Augen und wurde von den letzten Sonnenstrahlen geblendet. Seine Lippen waren rissig und sein Mund ausgetrocknet.
„Was passiert ist?“, fragte er mehr sich selbst als zu Oronêl „Nichts dessen Erwähnung es wert wäre.“
„Und was haltest du in deiner Hand?“, fragte der andere neugierig.

Erst jetzt bemerkte Amrûn das glatte Pergament zwischen seinem Zeige- und Ringfinger.
„Es… es ist nichts“, entgegnete er und versuchte damit abzuwürgen.
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Re:Caras Galadhon
« Antwort #44 am: 22. Mär 2012, 12:09 »
"Nichts? Da glaube ich dir nicht.", erwiderte Oronêl. Er sah zu Amrûn hinüber und erkannte in seinem Gesicht ähnliche Gefühle wieder, wie jene, die er dreitausend Jahr zuvor selbst verspürt hatte... und es immer noch tat.
"Ich kann in deinem Gesicht lesen, dass etwas geschehen ist. Du hast etwas - oder jemanden - sehr wichtiges verloren, habe ich nicht Recht?"
Zum ersten Mal drehte Amrûn den Kopf in seine Richtung, sah ihn aber dennoch noch nicht direkt an. "Woher willst du das wissen? Du kannst es nicht verstehen... nicht begreifen.", sagte er leise, beinahe teilnahmslos.
Diese Worte erinnerten Oronêl an etwas, dass er selbst vor nur kurzer Zeit zu Irwyne gesagt hatte... "Ich bin mir nicht sicher, dass du damit Recht hast. Ich selbst habe heute den Fehler begangen zu glauben, dass eine andere Person nicht verstehen könnte, was ich erlebt habe. Was ich fühle. Doch ich habe mich geirrt. Bevor man urteilt, sollte man anderen vertrauen. Erzähle es mir, dann werde ich dir sagen, warum ich dich wahrscheinlich besser verstehe, als du glaubst."

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