Ein Rabe kreischte.
Gefrorene Hände klammerten sich um ein mit Eisblumen überzogenes Schwert.
Das Gesicht des gestorbenen Soldaten war zu einer hässlichen Fratze erstarrt, Wut, Furcht und Stolz spiegelten sich in den Zügen des Mannes, der halb verscharrt im Schnee lag.
Eine Träne rollte Carracáin über die Wange. Sie fiel durch die kalte Luft, aber noch bevor sie auf dem Boden aufschlug, war sie zu einem glitzernden Eiskristall gefroren.
Er schloss sein Auge, ließ seine bleiche Hand noch einmal über die vereisten Glieder des Mannes streichen, und erhob sich dann.
Es war kalt.
Gedankenverloren klopfte sich Carracáin den Schnee von seinen Beinen, denn bis gerade eben hatte er bei dem gefallenen Soldaten gekniet.
Vor ihm erstreckte sich eine weiße, flache Welt aus Schnee und Trümmern. Krähen zogen ihre Kreise über das Schlachtfeld, über den Schauplatz eines gewaltigen Kampfes, über den Gräueltaten, die Krieg mit sich brachte.
Sein Blick wanderte über die abertausenden Leichen, die von dem Winter gnädig mit einer Schneedecke überzogen waren.
Das war der Preis, den man zu zahlen hatte, wenn man solch eine Schlacht schlug, das war der Blutzoll, den der Tod stets forderte, wenn Kriege geführt wurden.
Carracáin wischte sich über den Mund, seine Lippen waren aufgesprungen, weiße Wolken standen ihm vor dem Gesicht, und er straffte seine Haltung. Zwar schützten ihn seine schwarzen Lederhandschuhe vor dem härtesten Frost, aber dort wo seine Rüstung seine nackte Haut berührte, stachen Nadeln aus Eis in seinen Körper.
Der Schnee knirschte unter seinen polierten, nietenbesetzten Stiefeln, und der Umhang an seiner rechten Schulter bauschte sich in dem schneidenden Wind, der über die Ebene wehte. Er trug den Geruch von Leid und Blut mit sich.
Der Elb zog mürrisch den Kopf zwischen seine Schultern, denn die Kälte biss ihm in sein Gesicht, auch wenn es größtenteils von der schwarzen Binde verdeckt war.
Seufzend blickte er auf den Soldaten herab. Er kannte ihn noch von seinem früheren Leben, von seiner Existenz vor der Höhle. Es war sein Onkel. Er war es gewesen, der Carracáin den unbewaffneten Kampf gelehrt hatte, und nun lag er als Eisklumpen vor Carracáins Füßen.
Verdammt Elb, reiß dich zusammen! Es ist mehrere hundert Jahre her, dass du ihn gesehen hast! Für dich war er schon längst tot. Also hör auf, hier in der Kälte zu stehen!
Resigniert schlug Carracáin seinen Umhang zurück, und betrachtete erneut das Schlachtfeld. Er war mit der Absicht zu helfen gekommen, er hatte gehört, seine Familie wäre hier um zu kämpfen. Verdammt nochmal, er war hier um zu kämpfen!
Weißer Stahl schloss die gesamte linke Schulter ein, eine Schulterplatte, die sich schräg über seine Brust zog und Ketten klirrten daran, rieben sich an stahlblauen Nieten und kaltem Metall.
Die gesamte Schulterpartie in der Form eines zähnefletschenden Polarwolfs geschmiedet.
Bläuliche Eisblumenmuster an den Arm- und Beinschienen reflektierten die untergehende Wintersonne, als Carracáin sich mit seinem schillernden Harnisch nach Norden wandte, um die Ebene zu durchwandern, und über seinen Rücken war Crólair gespannt, schwarze Gurte hielten es an der Rüstung und die rote Klinge funkelte wie ein Blutstropfen auf einem zugefrorenem See.
An dem linken Bein waren außerdem Messer befestigt, jedes einzelne in der Form einer schneeweißen Feder, so scharf wie die des Vogels, der Carracáin sein Auge genommen hatte.
Er wäre bereit gewesen, für den Kampf.
Ein Rabe landete neben ihm im Schnee, und pickte an den vereisten Überresten herum, die von Carracáins Onkel geblieben waren. Als sich das Tier den Augen näherte fuhr der Elb wutentbrannt herum, blitzschnell hatte er eine Messerklinge in den Fingern, die er nach dem Vogel warf. Es durchbohrte dessen schwarzgefiederten Leib, und nagelte ihn auf den harten Boden.
„Lass ihn in Ruhe du Mistvieh.“, knurrte Carracáin.
Die ersten Leichenfledderer irrten zwischen den gefallenen Kriegern umher, einer kam genau auf Carracáin zu.
Wenn der hier hin kommt... dann kann ich für nichts garantieren.