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Autor Thema: Elronds Haus  (Gelesen 51911 mal)

Thorondor the Eagle

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Elronds Haus
« am: 12. Feb 2010, 18:12 »
Elea, Helluin und Arwen aus den Gärten Bruchtals


Der frühe Abend hielt im Tal Einkehr. Die prachtvollen Farben der Siedlung schwanden im zunehmenden, dämmrigen Licht. Elea saß mit Helluin, Arwen und Elrond an einer großen Tafel, sie war reich gedeckt. Es fiel kaum ein Wort während sie den großen Hunger sättigten. Für diesen Tag waren genug Worte gewechselt, so kam es ihr zumindest vor. Helluin hatte anscheinend auch schon ein langes Gespräch mit dem Herrn von Bruchtal geführt, denn immer wieder warfen sie sich wissende Blicke zu.
„Arwen, würdest du Helluin in sein Zimmer geleiten?“ ich möchte ein wenig mit Elea sprechen.
Seine Tochter nickte ihm zu und erhob sich vom Tisch. Aus dem Nebenraum vernahm die Frau nur noch die sich langsam entfernenden Schritte ihres Sohnes.
Elrond erhob sich von seinem Stuhl, er stellte sich neben sie, nahm einen Krug in die Hand und schenkte ihr einen klaren, kräftigen Rotwein in ihr Glas.
„Es tut mir Leid, dass ich vorhin nicht mehr Zeit für dich hatte. Wie geht es dir?“
„Wie soll es mir schon gehen? Ich habe alles verloren, was meinem Leben einen Sinn gab, einfach alles.“
„Ich weiß wovon du sprichst. Auch ich habe Celebrian verloren, wenn auch nicht für immer, liegen doch tausende Kilometer zwischen uns. Ich vermisse sie, mehr als alles andere und jetzt verlier ich auch noch meine beiden Söhne. In sie legte ich meine Hoffnung, auf einen Fortbestand unseres Volkes in Imladris, denn auch ich werde eines Tages nicht mehr hier sein um mein Heim vor dem Untergang zu bewahren. Nun ist die Zukunft von Bruchtal ein dunkler Fleck im Schicksal Mittelerdes. Den Dunedain geht es nicht anders…“
Bei diesen Worten wurde Elea sehr zornig, sie wusste worauf der Elb hinaus wollte. „Jetzt bist auch du schon auf der Seite des Rates, versteht mich denn keiner? Helluins Schicksal steht nicht zur Diskussion, weder für dich noch für den Stammesrat!“ Eiligen Schrittes verließ sie den Speisesaal. Sie begann zu laufen, ohne recht zu wissen wohin. Ein Schritt folgte dem nächsten, aus dem Haus hinaus und in die mondbeschienen Gärten Bruchtals.

Ich weiß, wen ich um Rat fragen kann. Auch sie stand einst vor dieser Entscheidung…
Gilraen, auch du hast einmal vor dieser Entscheidung gestanden und hier in Bruchtal wurde dir dein Wunsch gewährt. Ich  weiß Helluin hier in Sicherheit, wobei ich ihn nur vor seinem eigenen Volk verstecken muss. Ich kann ihn nicht verlieren, ich kann einfach nicht…


„Elea“, kam wieder die vertraute Stimme aus dem Hintergrund „Ich wollte dich nicht vor den Kopf stoßen. Verzeih mir.“
Die Frau bewegte sich kein Stückchen, ihr Blick war auf den verwilderten Grabstein gerichtet: „Ich teile die Meinung mit ihr. Auch ich weiß meinen Sohn hier in Sicherheit. Elrond? Ich will hier bleiben, für immer… mit Helluin.“
„Nichts würde mich im Moment mehr freuen, aber dies ist nicht die Entscheidung…“,
„DIE ENTSCHEIDUNG DES RATES!“, schrie Elea zornig.
„Die Entscheidung, die dein Sohn getroffen hat. Gilraen wusste Aragorn hier in Sicherheit, vor all jenen die ihm schaden wollten, doch letztendlich war er es, der sich gegen das von seiner Mutter aufgetragene Schicksal wehrte. Er ging aus eigenen Stücken von hier fort, genauso wie es meine Söhne getan haben und genauso wird es auch Helluin tun. Verwehr ihm nicht seine Träume und seinen Ruhm.“
„Was nützt ihm dies alles, wenn er Tod ist?“
„Wer sagt dir, dass er sterben wird? Vielleicht ist genau er es, der die Waldläufer wieder ins Licht führt, der Eriadors verborgene Kraft vereint und Mittelerde verteidigt. Manche Entscheidungen kann man aufschieben, aber deswegen sind sie nicht vom Tisch.“
„Aber bei dieser Entscheidung geht es um Leben und Tod.“
„Es gibt nur ein Für und ein Wider und in diesem Falle ist letzteres der größere Part, aber ab und zu liegt es an uns ein Risiko einzugehen. Für alles und jeden den wir lieben“, antwortete der Elb weise.
„Keinen den ich Liebe würde ich in den Krieg schicken.“
„Aber du würdest ihm auch keinen Wunsch verwehren oder?“
„Wie kann er nur solche Wünsche haben, nachdem sein Vater an der Front starb?“, fragte sie sich selbst, dann wandte sie sich zum Elben: „Ihr kennt die ehrlichen Absichten eines Menschen, wenn ihr ihm gegenüber steht. Will er dies wirklich?“
Elrond nickte. Er legte seine Hand auf Eleas Schulter, während sie mit tränennassen Augen auf Boden kniete.

In jener Nacht schlief Elea nicht gut, sie lag eng an ihren Sohn geschmiegt und hielt in fest. Sie hatte Angst, dass er sie verlassen würde.


Elea und Helluin auf die Straßen von Imladris
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Thorondor the Eagle

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Re: Elronds Haus
« Antwort #1 am: 11. Mär 2010, 21:43 »
Elea und Brianna aus den Gärten Bruchtals


Der Abend war herein gebrochen und die wärmende Sonne verschwunden. Zum ersten Mal dieses Jahr spürte Elea die beißende Kälte des Winters auf ihrer Haut. Behutsam nahm sie eine Kerze aus dem Regal und entzündete sie an einer Fackel.
In der großen Halle war es schon sehr dunkel geworden und so musste sich die Frau nahe an die Lichtquelle sitzen. Sie hielt eine Nadel in der Hand die immer wieder im Schein des Feuers aufblitzte.
Mit der linken Hand strich sie über den dunkelgrünen Samt ihres Kleides und versuchte den Ursprung des Risses auszumachen. Ihr Kopf war frei von allen Gedanken die sie plagten und seit langem spürte sie eine innere Zufriedenheit.

„Elea! Du bist noch wach“, überraschte sie die Stimme von Arwen „Kannst du nicht schlafen?“
„Doch schon, aber wenn ich die Augen schließe, sehe ich ihn vor mir. Ich ertrage es nicht mehr und deshalb nähe ich.“
„Darf ich mich zu dir setzten?“
„Natürlich“, antwortete Elea und rückte den Stuhl einladend zu ihr. Arwen ging zu einer Truhe an der Wand und öffnete sie. Sie suchte eine Zeit lang, bis sie etwas gefunden hatte: „Hier, ein Saum für dein Kleid“, sagte sie und streckte ihr ein weißes Band mit grauen, gewundenen Mustern darauf entgegen.
Dankend nahm es Elea entgegen: „Arwen? Glaubst du, es gibt noch Hoffnung für Aragorn?“
„Ja. Ich weiß, dass er noch lebt, ich spüre ihn jede Minute in meinem Herzen. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er lächelt, wie er trauert und wie er liebt.“
„Ich hoffe, dass du ihn bald wieder siehst; dass er bald wieder bei uns ist“, sagte Elea zu ihrer Freundin, vertiefte sich jedoch auf ihre Arbeit.
Beide schwiegen, Arwens Blick war auf die Flamme der Kerze gerichtet. „Arwen? Ich hoffe auch noch.“
Überrascht blickte die Elbe auf die Frau.
„Genau wie du fühle ich, Haldar lebt. Ich sehe ihn in meinen Träumen, ich spüre, wie seine starken Hände die meinen umfassen. Ich, ich,...“, Elea stockte, sie begriff wie dumm sich das anhören musste.
„Oft sagen uns Gefühle mehr als Worte. Ich habe dir die Nachricht über den Tod deines Mannes gebracht, aber selbst ich habe es nur von Botschaftern vernommen.“
„Also ist es nicht dumm von mir noch zu hoffen?“
„Nein! Nein das ist es niemals. Ich bete für ihn, jeden Tag damit du ihn wieder sehen kannst, aber ich befürchte, dass es die Erinnerungen sind die dir diesen Traum offenbaren.“

Elea schaute wieder auf ihr Kleid. Der Riss war mittlerweile schon wieder geschlossen und sie begann den elbischen Saum anzubringen. In ihren Gedanken spielten sich alle möglichen Szenarien über Haldar ab: ein Leben mit ihm, ein Leben ohne ihn, sein Tod, sein Überleben, die Schlacht, aber am meisten quälte sie die Ungewissheit: „Es gibt wohl nur einen Weg um heraus zu finden was geschehen ist.“
„Du willst nach Gondor gehen?“
Zweifelnd blickte sie der Elbe in die Augen, sie zog ihre Brauen nach oben, so dass sich nachdenkliche Falten auf ihrer Stirn bildeten. Doch dann nickte sie zögerlich.
„Aber du weißt was dich dort erwarten wird. Dunedain des Nordens sind in Minas Tirith keine willkommenen Gäste“, sagte Arwen.
„Dann werde ich wohl verdeckt reisen müssen. Ich weiß nur eines und ich sehe es jetzt klarer denn je, ich kann so nicht weiter machen, abschließen kann ich allerdings auch nicht. Ich muss etwas verändern.“
„Ich verliere nur ungern eine solch gute Freundin wie dich und mit dir eine weitere der Dunedain“, flüsterte nun Arwen. In ihren Augen bildeten sich feurig schimmernde Tränen.
„Ach Arwen“, keuchte Erelieva und umarte sie. „Du wusstest von Anfang an warum ich nach Imladris gekommen bin, du hast den Scharfsinn deines Vaters geerbt.“
Nach einigen Minuten lösten sich die beiden von einander: „Das Kleid, es ist fertig.“

„Endlich sehe ich dein inneres Strahlen wieder“ sagte Arwen. Elea lächelte ein wenig auf diese Worte hin: „Es liegt wohl am Nähen, es ist meine Leidenschaft. Viel zu lange habe ich es versäumt ihr nachzugehen.“
„Ja, das vermutlich auch. Geh jetzt schlafen, ich glaube heute wirst du Ruhe finden in deinen Träumen“, schloss Arwen ab und verlies lautlos den Raum.
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 14:48 von Fine »
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Thorondor the Eagle

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Re: Elronds Haus
« Antwort #2 am: 19. Mär 2010, 17:53 »
Elea öffnete die Augen. Ihr Kopf lag auf einer unbequemen, harten Platte. Sie musste sich einen Augenblick orientieren, bis sie begriff, dass sie am Tisch gestern Abend eingeschlafen war. Die Kerze war bis auf den Boden niedergebrannt, sie war alleine.
Die Frau warf einen Blick aus dem Fenster und sah, dass die Sonne bereits hoch über den Gipfeln der Berge stand.
In Windeseile wechselte sie das Kleid, es war angenehm wieder den vertrauten Stoff auf ihrer Haut zu spüren.

Auf einer Kommode neben der Tür stand ein Korb voll Brot. Elea nahm ein Stück um den größten Hunger zu stillen. Die Frau öffnete die Türe zum Gang und vernahm gleich die ruhige Stimme Elronds. Er war zu weit weg, als dass sie die Worte verstehen konnte. Neugierig schlich sie den Gang entlang und wartete vor der Bibliothekstür.
Langsam drückte sie die Türe auf und sah Elrond vor sich, wie er Brianna die Bibliothek zeigte.
Ein Knarren durchfuhr die stille Atmosphäre und der Elb wandte sich überrascht um: „Elea! Hat die Mittagssonne dich geweckt?“

Sie lächelte und nickte ihm zu. „Komm zu uns.“
„Die Geschichte, Brianna, unsere Geschichte ist das wertvollste Gut dieser Welt. Aus ihr lernen wir und sie prägt uns. Man misst Menschen an den Taten die sie vollbracht haben, die sie Verändert haben. Hier in diesen Räumen, findet ihr mehr Wissen über Mittelerde, als sonst wo auf unseren Gefilden. Genießt es sie...“

Eleas Gedanken schweiften ab. Mit ihrer Hand glitt sie über die Buchrücken in den Regalen, sie nahm den Geruch des Pergaments in sich auf. Plötzlich stoppte sie auf einem Buch mit Kartenmaterial darin.
Sie zog das in grün gebundene Buch von der Holzstaffel und schlug es auf. Ihre Augen studierten die Karten von Gondor und von Minas Tirith.

„Was siehst du dir da an?“, lies sie die Stimme des Elben aufschrecken. Elea hatte nicht mitbekommen das Elrond seine Rede beendet hatte und Brianna sich den Büchern zuwandte. Die Frau schaute tief in die Augen ihres Gegenübers. Sie verlor sich beinahe in der Unendlichkeit von Elronds Vergangenheit die sich in seinem Blick widerspiegelte: „Du willst uns also schon wieder verlassen?“
„Ich werde Imladris verlassen, ja, aber von Wollen kann ich nicht sprechen.“
„Warum gehst du dann?“
„Weil mein Herz es mir so sagt. Seit ich Haldar nun liebe spüre ich seine Seele neben der meinen. Unentwegt ist er da, auch jetzt noch.“
„Du glaubst also, dass er noch lebt.“
Elea nickte dem Elben zu.
„Wann wirst du denn gehen?“
„Diese Woche will noch aufbrechen nach Minas Tirith.“
„Und begleitet dich jemand?“
„Nein.“
„Soweit ich dich unterstützen kann, werde ich es tun. Ich lasse Proviant einpacken und du bekommst eine Karte. Und... Ich werde sogleich alles vorbereiten.“
„Einfach so? Erhalte ich keine Warnung von euch, keinen Rat der mich davon abbringen soll?“

Elrond legte die Hand auf Eleas Schulter: „Meine liebe Erelieva. Unser Leben ist ein langer, schmaler Pfad, du aber befindest dich auf einer Gabelung. Oft ist es gut, den schwierigeren Weg zu wählen, denn an ihm wird man wachsen. Du wirst stärker und weiser sein, wenn du zu uns zurück kehrst und du wirst endlich soweit sein, die Vergangenheit ruhen zu lassen.“
Mit diesen Worten verließ der Elb den Raum.
Elea klappte das Buch zusammen und stellte es zurück in das Regal.

„Entschuldigt Elea. Ich habe gehört, dass ihr nach Minas Tirith gehen wollt“, fragte Brianna nun.
Überrascht schaute sie auf die zierliche Frau aus dem Osten und nickte dabei.
„Würdet ihr... Würdet ihr mich mitnehmen?“, fragte sie zaghaft.
„Wenn ihr mitkommen wollt, dann gerne. Ich könnte etwas Gesellschaft gebrauchen, aber zuvor muss ich euch warnen. Gondor ist kein Land, das Fremde willkommen heißt, weder Frauen aus dem Norden noch aus dem Osten. Es wird sicherlich nicht sehr einfach werden.“
„Wenn mein Leben einfach verlaufen wäre, dann stünde ich in diesem Moment nicht vor euch.“
„Und warum wollt ihr nach Gondor?“
„Manche meiner Händler kamen von dort und erzählten mir von der weißen Stadt, vom blühenden weißen Baum und vom Klang der Trompeten, die jeden freien Tag durch die Gassen hallten. Ich will die Welt sehen und ich will alte Freunde wieder sehen und vielleicht einen neuen.“
„Also gut. Morgen werden wir losgehen.“
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Thorondor the Eagle

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Re: Elronds Haus
« Antwort #3 am: 20. Mär 2010, 20:35 »
Eifrig stapften die beiden Frauen über den Pfad aus dem Tal heraus. Hinter sich hörte Elea noch das Rauschen der Wasserfälle und den Gesang der Elben. Die Tasche auf ihrem Rücken fühlte sich ungewohnt an, aber sie war federleicht...


Elea stand am Stadttor von Imladris. Gegenüber von ihr befand sich Elrond und Arwen und eine Schar Elben.
„Schweren Herzens nur lass ich zwei so tapfere und schöne Frauen aus Imladris fortgehen, doch ich will euch kein Stein auf eurem Wege sein und so lasse ich euch ziehen“, begann Elrond zu sprechen „Aber gewährt mir wenigstens einen gebührenden Abschied. Brianna, kurze Zeit wart ihr mein Gast aber seid euch im Klaren, dass die Türen meines Hauses für euch offen stehen, zu jeder Zeit. Nehmt diese leichte Lederrüstung und dieses Kurzschwert, ich hoffe, dass ihr es nicht benötigt, aber kein Pfad ist dieser Tage sicher.
Und nun zu dir Elea, liebes Kind. Deine Ankunft hat Imladris wieder etwas fröhlicher gestimmt und so betrübt es uns dich fortgehen zu sehen. Hier ist mein Geschenk an dich, Pfeil und Bogen aus den Waffenkammern Bruchtals. Ich weiß, dass dein Geschick im Fernkampf liegt, dennoch nimm auch diesen Dolch für jene Situationen, die aussichtslos scheinen, aber es niemals sind.“

Die Elben überreichten Elea die Präsente. Elrond machte wieder einen Schritt zurück und deutete Arwen. Sie ging auf die Frau zu und umarmte sie von ganzem Herzen.
„Ich werde dich vermissen“, flüsterte ihr die Elbe in Ohr. „Letzte Nacht erzähltest du mir von einer Passion, die schon lange in dir schlummert und die du viel zu lange vernachlässigt hast. Ich gebe dir weder Waffen noch Rüstung mit auf den Weg, denn das ist nicht nötig um jenen Schmerz zu heilen der in dir brennt. In dieser Tasche sind einige der edelsten Stoffe aus meinen Gemächern. Tue immer das was dein Herz dir sagt und achte nicht länger auf andere. Wenn du zurückkommst, wirst du ein neuer Mensch sein, stark und ungebrochen. Die Blüte der Dunedain.“

„Ich danke euch“, sagte Elea und anschließend auch Brianna.
„Ich schicke euch nun los, so wie ich damals die Gemeinschaft verabschiedet habe. Ich wünsche euch besseres Geschick auf eurer Reise. Geht mit dem Segen der Elben und Menschen des Nordens und kehrt wohlbehalten wieder zurück.“ Die Elben verneigten sich vor den beiden Frauen ehe sie sich umdrehten und durch die Pforte schritten.


„Elea...“, riss Brianna sie aus den Gedanken „habt ihr Angst?“
„Angst? Nein, ich behalte immer das Ziel im Auge, Angst hat keinen Platz in meinem Herzen“, schwindelte sich Elea selbst was vor.“
Schweigend gingen die beiden nebeneinander her, sie würden die nächsten Monate noch genug Zeit haben zu Reden.


Elea und Brianna gen Süden in die Wildnis
« Letzte Änderung: 3. Jan 2018, 13:09 von Fine »
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Pallando und Radagast in Bruchtal
« Antwort #4 am: 24. Jun 2014, 22:14 »
Aus der Sicht Pallandos:

Pallando und Radagast aus Lothlorien

Langsam öffnete er seine Augen und blickte unsicher umher. Noch immer war er müde und erschöpft und spürte die Wunden aus dem Kampf mit Saruman. Nach Kurzem schloss er seine Augen wieder, denn sie schmerzten beim Einfallen des hellen Morgenlichtes durch das offene Fenster.
Pallando lag in einem weichen Federbett von Imladris, im Hause Elronds.
Ein leichter Windstoß zog über Pallandos gezeichnetes Gesicht und die schneeweiße Decke, die seinen Körper ansonsten vollständig verbarg, hinaus in den Gang durch die sich grade öffnende Tür. Mit geschlossenen Augen, augenscheinlich schlafend, lag Pallando da und lauschte einem Gespräch:
„Er hat im Schlaf schon wieder gesprochen“, flüsterte eine weibliche Stimme und eine alte Ruhige antwortete: „Er hat ein großes Kräftemessen hinter sich. Saruman ist stark geworden, seitdem er große Teile seiner Macht bei der Überflutung Isengarts verlor. Was sprach Pallando in der Nacht, Arwen?“ „Es schien mir, als riefe er gegen eine große Macht an. Er sagte Worte, die mein Vater mich nie lehrte. Es wirkte fast so, Radagast, als kämpfe er noch immer gegen seinen Feind an, hier in einer der sichersten Zufluchten Mittelerdes.“
Radagast überlegte kurz: „Nun, ich kann nicht sagen, ob Saruman einen Zauber auf Pallando legte, der ihn bis hierher verfolgt. Wenn es so ist, kann er ihn nur selbst bekämpfen.“
„Ähmmmhem“, Pallando erhob seinen Kopf leicht, „mir geht es gut“, und blickte in die Gesichter von Arwen Undómiel, der Tochter von Elrond, und seinem alten Freund Radagast.
„Es geht euch gut?“, wiederholte Arwen zweifelnd, „Ihr habt fast eine Woche geschlafen und seid nur immer kurz erwacht…“ „…und habe im Schlaf geredet“, beendete Pallando den Satz für Arwen, „ich weiß. Doch kann ich euch versichern, dass Saruman mir keinen Zauber auferlegt hat. Lasst mich noch ein paar Tage ausruhen und dann brechen wir auf, Radagast.“ „Wir brechen auf?“, wiederholte nun Radagast, „sicher, ich werde dir folgen wohin du auch gehst, doch wohin willst du?“ „Zu dem, den es zu befreien gilt“, antwortete Pallando und schloss daraufhin wieder die Augen, „lasst mir noch ein paar Stunden schlafen, dann werde ich aufstehen und frühstücken und später besprechen wir alles.“

Die nächsten Tage schlief Pallando noch immer bis in den Tag hinein, doch immer öfter verließ er sein Zimmer und wanderte durch die Gärten Bruchtals oder gesellte sich zu den wenigen Elben, die Imladris noch immer bewohnten.
Bei einer Zeremonie zu Ehren Elronds trat Radagast vor Pallando und überreichte ihm seinen Stab, den Pallando in Lorien verloren hatte. „Wie“, fragte der blaue Zauberer glücklich, „er wurde doch die Nimrodel herunter gespült?“ Woraufhin Radagast nur antwortete: „Forellen, mein Freund!“

Zwei Tage später wanderte Pallando mit Radagast weit am Bruinen entlang und erzählte von seiner Begegnung mit Saruman. Auf dem Rückweg am rauschenden Gewässer berieten die Beiden was als nächstes zu tun sei und Radagast beschloss Pallando auf seiner Fahrt gen Westen zu begleiten. Zurück in Bruchtal genossen sie ein Abendessen am Feuer und lauschten den Liedern und Geschichten der Elben. Allerdings waren die Klänge und Betonungen anders als früher – trauriger. Und nicht wenige Geschichten waren düster und voller Grauen und nicht weniger Lieder handelten davon Mittelerde nun endlich zu verlassen und nach Valinor zu fahren.

Am nächsten Morgen weckte Pallando, nicht wie die Tage davor das Strahlen der Sonne, sondern die Vögel vor seinem Fenster. Er stieg aus seinem Bett und beschloss, dass es nun Zeit war aufzubrechen. Gemütlich wanderte er durch die Gänge von Elronds Haus und hinaus auf die kleinen Wiesen von Imladris. Auf einer Brücke über einen Zubringer des Bruinen traf er den brauen, in Gedanken versunkenden Zauberer. „Guten Morgen“, rüttelte Pallando Radagast aus seinen Gedanken, „ich möchte aufbrechen, noch heute.“ „Ich weiß. Ich habe grade mit Molli und Klockel gesprochen“, antwortete Radagast, als hätte er ihn schon erwartet. „Mit wem?“, fragte Pallando schmunzelnd nach.
„Ach, eine Stute und ein Hengst. Sie kommen aus Imladris. Ich habe sie vorhin unten am Wasserfall getroffen und sie haben angeboten uns zu begleiten.“
Pallando lachte: „Radagast, deine Tierliebe in Ehren, aber Pferde sprechen nicht.“ „Diese schon“, erwiderte Radagast mit einem strengen Blick, „hast du sie noch nie getroffen oder zu mindestens ein Buch gelesen, wo von ihnen die Rede ist?“ „In welchem Buch sollte davon berichtet werden?“
„Der kleine Hobbit“, rief eine Elbenstimme aus der Entfernung und riss die beiden Istari aus ihrer Unterhaltung, „kommt schnell! Der Hobbit Bilbo…“ Daraufhin läuteten die Turmglocken von Bruchtal und ließen auch die beiden Zauberer hinauf in Elronds Haus eilen.
Sie folgten einer traurigen Melodie, die sie in ein helles Zimmer führte, indem sich schon einige Elben um ein kleines Bett versammelt hatten. Arwen flüsterte traurig zu Pallando und erzählte, dass Bilbo am Morgen nicht erwacht sei und wohl im Laufe der Nacht verstorben sei.
Einige Elben weinten und knieten um Bilbos Bett nieder. Andere traten vor und legten Blumen und Kränze um Bilbo auf das Bett oder dichteten eilig noch einige Worte für den Hobbit. Dann trat Erestor vor und bat um Ruhe.
Als die letzte Harfe ausgeklungen war, begann Erestor sanft mit seiner Rede. Er erzählte von Bilbo, wie er zum ersten Mal auf einem Pony, unter den Lache rufen der Elben, in Begleitung von dreizehn Zwergen nach Bruchtal kam, wie sie ihn alle liebgewonnen hatten, als er sich in Bruchtal niederließ und sie sich an seinen Geschichten und Gedichten erfreuten. Wie sie ihn wertschätzten, den kleinen Hobbit aus dem Auenland, der sie stets bei Laune halten konnte.
Enden tat Erestor auf besondere Weise, die die Anwesenden aufheiterte: „Lasst uns Bilbo Beutlin Glück wünschen, auf seiner weiteren Reise. Denn keinesfalls ist dies sein Ende. Er lässt die körperliche Hülle zurück und verlässt, wie es ihm erlaubt ist, die Weltkreise Ardas. Nicht lange möge er auf der Suche nach seinen Vorfahren durch das Dunkel streifen, sondern schnell Einfall finden, in die entfernte Welt der Sterblichen, die uns verschlossen ist.“

Noch einige Zeit bleiben Pallando und Radagast und lauschten Gedichten von Bildo, die die Elben zum Besten gaben, dann verließen sie das Zimmer und sammelten ihre Ausrüstung zusammen.
Nach einem ausgiebigen Frühstück verabschiedeten sich die Zauberer von Erestor und dankten Arwen für ihre Gastfreundschaft. Mit Molli und Klockel brachen sie nach Westen auf.
„Hah“, lachte Radagast am Ende der Schlucht auf, als sie zurück nach Bruchtal blickten, „Herr Beutlin hat den alten Tuk um ein Jahr übertroffen. Er ist genau ein Jahr älter geworden.“
Dann begann Radagast ein Wanderlied zu siegen, das Bilbo vor vielen Jahren verfasste:

„Die Straße gleitet fort und fort,
Weg von der Tür wo sie begann,
Weit überland, von Ort zu Ort,
Ich folge ihr, so gut ich kann.
Ihr lauf ich raschen Fußes nach,
Bis sie sich groß und breit verflicht
Mit Weg und Wagnis tausendfach.
Und wohin dann? Ich weiß es nicht.

Die Straße gleitet fort und fort,
Weg von der Tür, wo sie begann,
Weit überland, von Ort zu Ort,
Ich folge ihr, so gut ich kann.
Ihr lauf ich müden Fußes nach
Bis sie sich groß und breit verflicht
Mit Weg und Wagnis tausendfach
Und wohin dann? Ich weiß es nicht.

Die Straße gleitet fort und fort,
Weg von der Tür, wo sie begann,
Zur Ferne hin, zum fremden Ort,
Ihr folge denn, wer wandern kann
Und einem neuen Ziel sich weihn.
Zu guter Letzt auf müdem Schuh
Kehr ich zur hellen Lampe ein
Im warmen Haus zur Abendruh.“

Am folgenden Tag verließen die beiden Zauberer Imladris in Richtung der Menschenstadt Bree.

Pallando und Radagast nach Bree.

« Letzte Änderung: 9. Jan 2019, 15:21 von Fine »

--Cirdan--

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Elronds Haus
« Antwort #5 am: 20. Dez 2015, 16:20 »
Aus der Sicht Pallandos:

Pallando, Elrond, Arwen und einige begleitende Elben von der großen Oststraße.

„Da vorne ist der Eingang zum verborgenen Pfad“, sprach Arwen und Pallando sah in ihrem Gesicht die Freude nach Hause zu kommen. Noch viel erfreuter schien jedoch Elrond zu sein, der Herr des Hauses. Der Halbelb hatte Bruchtal schon eine ganze Weile, aus der Sicht der Menschen, nicht betreten.
Pallando freute sich mit ihnen, schließlich war Bruchtal eines seiner liebsten Herbergen, auch wenn es in den letzten Jahren zunehmend dunkler geworden ist. Aber als „Heimkommen“ würde er es nicht bezeichnen. Der Istar hatte kein zu Hause, oder vielleicht doch, aber dann war ganz Mittelerde sein Heim, das er zu schützen versuchte.
Erestor und die wenigen Bewohner Bruchtals bereiteten sogleich ein Abendmahl vor, als sie erfuhren, dass der Herr von Imladris wiederkehrt. Unverhofft war seine Rückkehr, doch umso nötiger. „Die Schutzzauber Bruchtals, die einst diesen Ort vor fremden Augen schützten und den Feind auf Abstand hielten, sind beinahe erloschen“, erklärte Elrond besorgt, „ob dies nun das Werk von Sauron oder Saruman ist, oder vielleicht das Verlassen so vieler unser Brüder und Schwestern in den letzten Tagen dafür verantwortlich ist, mag ich nicht zu sagen. Erneuern werde ich den Schutz meines Hauses, auch wenn es mir viel Stärke abverlangen wird.“
„Was werdet ihr tun, wenn ihr hier fertig seid?“, fragte Pallando den Halbelben beim Abendessen. „Das vermag ich noch nicht zu sagen“, antwortete Elrond, „wir werden sehen welche Nachrichten demnächst aus Osten oder Westen hier eintreffen, ob der Angriff auf Dol Guldur siegreich ausgeht oder ob die Menschen und Halblinge Eriadors sich Sarumans Einfluss entziehen können. Und auch Rohan und Gondor im Süden behalte ich im Blick, wie auch den Norden.“
Den Norden, dachte Pallando im Wissen auf seine nächste Aufgabe. „Euch bedrückt es weiter nordwärts zu reisen?“, fragte Elrond. „Es ist nur dieses Ungewisse. Ich war noch nie im echten Norden. Schnee und Eis, das ist nicht so meines“, antwortete der blaue Istari.
„Und doch muss es getan werden“, entgegnete der Halbelb, „ich wüsste nicht, wer geeigneter wäre für diese Aufgabe. Wir müssen wissen wer in Angmar umgeht. Ob es nur eine Gruppe herrenloser Orks ist, oder ob Sauron versucht das alte Schreckensreich um Angmar und Gundabad wieder zu neuer Stärke zu errichten.“ Pallando nickte: „Ich werde es ergründen. Ich werde lange Zeit fort bleiben und keine Nachrichten senden können.“

Pallando blieb noch einige Tage im friedlichen Bruchtal, bis er sich schließlich in nördliche Richtung aufmachte.




« Letzte Änderung: 5. Mai 2016, 22:26 von --Cirdan-- »

Melkor.

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Re: Elronds Haus
« Antwort #6 am: 15. Mär 2016, 23:50 »
Ardóneth von Bree


Schon von Weitem hörte er das Plätschern der großen Wasserfälle, den Gesang von Vögel und das Rauschen der Zweige im Winde. Er passierte das Tor Bruchtals und ging die große Treppe zum Hause Elronds hinauf. Er betrat das große Haus und wurde dort von Erestor, Elronds Bibliothekar, begrüßt.  Erestor führte Ardóneth in die große Bibliothek zu Elrond. Dieser saß an einem großen Tisch.
"Ardóneth! Wie ist es dir ergangen?" fragte er überrascht.
"Meister Elrond, könnt Ihr mir etwas über den Sternenbund berichten ?" fragte Ardóneth hastig. Dieser gab ihm Hinweise, das sich Mitglieder des Sternenbundes in Fornost aufhielten. Dankend verließ Ardóneth die großen Hallen.

Doch bevor er wieder Bruchtal verlassen wollte, lief er über eine große Brücke, und folgte einen langen schmalen Pfad. Am Ende dieses Weges war ein großes Grab -jenes in dem seine Frau beerdigt worden war. Ardóneth wurde ganz stumm und eine kleine Träne lief ihm die Wange herunter. Selbst fünf Jahre später war der Kummer über Finriens Tod noch zu groß. Er legte einen, auf den Weg gepflückten Blumenstrauß, auf das Grab drehte sich um und lief zum Westtor.  Er atmete tief ein und verließ die schützenden Mauern Bruchtals.

Zu seiner vollsten Überraschung traf er dort seine alte Gruppe wieder, diese war jedoch auf wenige Waldläufer geschrumpft. Elrádan berichtete, dass einige Waldläufer gefallen und der Rest korrupt wurde - sie waren Saruman gefolgt.  Er zählte aufmerksam die Gruppe durch und stellte fest, dass viele seiner alten Freunde, nicht mehr dabei waren. Elrádan, Galbárd, Fulthíen, Avel, Fórtorg, Hanvár sowie die Geschwister Kilian und Kiárd jedoch blieben ihrem Weg weiterhin treu.
Adróneth erzählte ihnen von seinen Plänen, dem Sternenbund dabei zu helfen die Lakaien des "Scharkers" vernichten und Eriador zu befreien. Elrádan übergab die Führung wieder an Ardóneth und die Waldläufer machten sich gemeinsam auf den Weg nach Fornost.


Ardóneths Gruppe weiter nach Fornost


Verlinkung ergänzt
« Letzte Änderung: 21. Mär 2016, 08:59 von Fine »
Er hat noch gezuckt weil ich ihm meine Axt in seine Nervenstränge getrieben habe.

-Gimli Gloinssohn zu Legolas, Schlacht bei Helms Klamm-

Fine

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  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Die Heilkünste Elronds
« Antwort #7 am: 19. Sep 2016, 19:11 »
Antien, Finelleth und Irwyne vom Hohen Pass


23. Juli 3022
Aus der Sicht Irwynes

"Du musst stillhalten, sonst tut es mehr weh," sagte Irwyne mit unterdrückter Frustration. Wieso versteht sie nicht, dass die Wunde Zeit braucht, um richtig zu heilen?
Finelleth gab ein schmerzerfülltes Geräusch von sich als Irwyne den blutdurchtränkten Verband abzog. Eine dünne Kruste klebte daran. Schnell legte sie so sanft wie möglich den neuen Verband darum, den sie von Elrond erhalten hatte und der mit einem Sud aus abgekochten Heilkräutern getränkt war.
"Das wird ein bisschen brennen," sagte sie und presste die Binde fester an die Wunde.
Antien, der auf der anderen Seite des Bettes stand, sagte etwas, doch aufgrund Finelleths lautstarkem Schrei konnte Irwyne es nicht verstehen.
"Was hast du gesagt?" fragte sie, während sie der Elbin den Mund zuhielt. Gedämpfte Geräusche drangen zwischen ihren Fingern hervor und Finelleths Hände krallten sich ins Bettlaken.
"Ich sagte: Das ist wohl leicht untertrieben," wiederholte Antien seelenruhig. "Wie du sehen kannst, hatte ich Recht. Ich denke, dies wird helfen."
Damit ließ er sich auf einem Stuhl neben dem Bett nieder und nahm eine kleine Harfe zur Hand. Die Töne, die er damit erzeugte waren nicht sehr laut, ließen aber dennoch alles andere im Raum in den Hintergrund treten.

Der Klang des Flusses spricht zu mir, die Worte hell und klar
Von Wasser, Regen, Licht und Meer, von vielem, was einst war
Vergangenheit und Gegenwart, die Reise endet nicht
Selbst wenn der Strom sein Ziel erreicht, im Meer sich dort verflicht
Kehrt er als Regen doch zurück, getragen von den Wolken
Und nimmt erneut den Lauf der Zeit, dem wird er ewig folgen!

Irwyne war wie verzaubert von der Musik und Antiens Gesang. Sie sah deutliche Bilder vor sich: Wolken, die am Himmel vorbeizogen, ein weites, rauschendes Meer, und strömender Regen über einem grünen Wald. Mit einem mal war es ihr, als stünde sie selbst am Ufer des Flusses aus dem Lied, umgeben vom Tiefgrün unzähliger Weidenbäume. Ein Pfad lief am Fluss entlang und sie folgte ihm, bis zu einem kleinen Haus neben einem Wasserfall. Die Tür öffnete sich, und helles Licht strahlte daraus hervor. Irwyne machte einen Schritt vorwärts, doch in diesem Moment wechselte Antien in die Elbensprache, und das Bild verblasste. Sie war wieder in Bruchtal, in Finelleths Krankenzimmer, wo es nach Kräutern und Tee duftete.

A Elbereth Gilthoniel
o menel palan-diriel
le nallon sí di'nguruthos
A tiro nin, Fanuilos!

So sang Antien an jenem Juliabend, während die Sonne hintern ihm im Westen versank.

Sie hatten Bruchtal drei Tage nach dem Kampf am Hohen Pass erreicht. Irwyne hatte mit Staunen das verborgene Tal betreten und mit Demut und Ehrfurcht war sie vor Meister Elrond getreten.
"Eine ausgezeichnete Heilerin, wie ich sehe," hatte der Herr von Imladris anerkennend gesagt als er erfuhr, wer Finelleths Wunden verbunden hatte. Der Meister selbst hatte sich der Verletzten angenommen, und mit wachsender Sorge hatte er die Nachrichten aus Dol Guldur vernommen. Als er von Glorfindels Entschluss erfuhr, Thranduil nach Norden zu folgen nickte der Herr von Imladris anerkennend.
"Eine mutige Tat war dies," sagte Elrond zu Antien, der von den Ereignissen berichtet hatte. "Er gibt den Kampf gegen das Böse also weiterhin nicht auf. Es ist gut, dass wir jemanden in Sarumans Nähe haben."
Erestor, der oberste Berater Elronds, warf ein: "Dennoch sind dies nicht die einzigen Erkenntnisse. Der Fall Dol Guldurs zeigt, dass Saurons Streitmacht im Norden nicht so stark ist, wie wir annahmen. Und die Entdeckung, die Antien und Finelleth im Gebirge gemacht haben weist darauf hin, dass die Orks der Hithaeglir miteinander im Streit liegen. Es scheint als ob Sauron und Saruman weniger souverän sind als sie vorgeben zu sein."
"Einige Zeit schon vermutete ich, dass die Orks von Gundabad nicht Saruman dienen," sagte Elrond. "Wahrscheinlich sind sie es, die nun in der Abwesenheit von Sarumans Heer am Hohen Pass Wanderern und anderen Orks auflauern."
"So scheint es wohl," bestätigte Erestor.

Bereits am nächsten Tag erlaubte Elrond Finelleth, das Krankenbett zu verlassen. "Deine Wunden verheilen nun, nachdem das Gift, mit dem die Waffen deiner Feinde beschmiert waren, aus deinem Körper geschwunden ist. Irwyne hat gute Erste Hilfe geleistet. Du wirst dich in einigen Tagen erholt haben." Damit verließ der Herr von Imladris den Raum. Die Elbin lächelte Irwyne dankbar zu und stand langsam auf. Gemeinsam traten sie an eines der Geländer des Hauses und genossen den Blick über die Wasserfälle Bruchtals. Es war Nachmittag, und eine kühle Brise strich erfrischend über ihre Gesichter, versprühten Wasserdampf mit sich tragend. So standen sie einen Augenblick dort und genossen die Ruhe, bis sie von mehreren Stimmen unterbrochen wurden. Eine gehörte Elrond, und sie kam näher.
"...ich entsandte ihn gen Norden, vor mehreren Wochen schon."
"Pallando wird seine Gründe gehabt haben," sagte eine neue Stimme, alt und voller Wärme.
"Nun, es ist gut zu wissen, dass der Orden der Istari zum Großteil weiterhin seinem Auftrag folgt," antwortete Elrond. "Saruman hingegen... Ich befürchte, er könnte Glorfindel auf seine Art und Weise benutzen. Direkt kontrollieren kann er ihn vielleicht nicht - doch durch dessen Sorge um Thranduil übt der Zauberer trotzdem Kontrolle auf Glorfindel aus. Die Macht seiner Stimme ist nach wie vor groß."
Irwyne drehte den Kopf in Richtung der Sprechenden. Dort war Elrond, begleitet von einem alten Mann in brauner Kleidung, einen großen Stab in der Rechten. Als der Zauberer - den um nichts anderes konnte es sich handeln - sie sah, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
"Es sind also nicht nur Elben hier," stellte er geradezu fröhlich fest. "Wie lautet dein Name, junge Dame? Ich bin Radagast, und wenn mich nicht alles täuschst, stammst du als dem selben Land wie Gamling, einer meiner Reisegefährten auf dem Weg hierher."
"Ich heiße Irwyne," sagte sie. "Wer ist Gamling?"
"Ein schlechtgelaunter Mann aus Rohan," antwortete Radagast. "Er und der Junge ruhen sich in einem der freien Zimmer in den unteren Stockwerken aus."
Elrond, der vieles sah und noch mehr erahnen konnte, legte die Hände zusammen und sagte: "Du solltest nach ihnen sehen, Irwyne. Ich denke, du wirst eine Überraschung erleben."
Sie bedankte sich ordentlich und eilte die Treppen hinunter, verwundert darüber, was Elronds Worte wohl zu bedeuten hatten. Finelleth war bei Radagast geblieben, und so fragte Irwyne einen der Elben den sie auf dem Weg nach unten traf nach Gamlings Aufenthaltsort. Man schickte sie zu einem der kleineren Zimmer nahe der Halle des Feuers. Gespannt öffnete sie die Tür, spähte hinein - und riss erschrocken die Augen auf, als sie Amrothos dort liegen sah, in einem großen Bett, leichenblass und schlafend. Ein müder alter Krieger lehnte auf einem Stuhl neben dem Bett, die Augen geschlossen. Sie stürzte in den Raum, Tränen in den Augen.

"Amrothos, Amrothos! Was ist nur mit dir geschehen?"
Zuerst kam keine Reaktion, doch dann öffneten sich flatternd die Augenlider des jungen Mannes. Verwirrt versuchte er, Irwyne zu fixieren. Schließlich klärte sich sein Blick, und er setzte sich im Bett auf.
"Irwyne? Die kleine Irwyne aus Rohan? Kann es denn wahr sein?" fragte er mit leiser Stimme.
"Ich bin es, Amrothos," presste Irwyne hervor und umarmte den verdutzten Amrothos. "Hat Oronêl dich gefunden? Wo ist er? Er ist doch nicht etwa..."
"Nein, nein," antwortete Amrothos. "Es geht ihm gut, schätze ich. Er blieb in Dunland, mit Orophin, um auf etwas zu warten. Mehr weiß ich auch nicht. Ich denke er... er hat ihn noch. Er versteckt ihn vor mir, der Dieb!"
Irwyne prallte zurück. Amrothos hatte die Hände zu Fäusten geballt und sein Gesicht war zu einer Maske der Wut verzerrt. Doch der Augenblick verging so schnell wie er gekommen war, und eine Träne stahl sich die Wange des Prinzen hinab. "Irwyne, verzeih! Es ist... es geht mir nicht so gut. Ich muss ruhen, und ich muss vergessen. Oronêl wird es dir erklären, wenn er kommt."
"Wird er kommen?" fragte Irwyne hoffnungsvoll.
"Ich vermute es," sagte Amrothos. "Aber ich weiß nicht wann das sein wird."
"Ich bin froh, dass er dich gefunden hat und dass du jetzt hier bist," meinte Irwyne leise. "Du wirst wieder gesund werden, denn Meister Elrond ist der beste Heiler, den ich kenne. Er weiß bestimmt, was zu tun ist."
Amrothos blickte ihr lange in die Augen, und sie glaubte, einen blassen Schimmer der Hoffnung dort zu erhaschen.
"Vielleicht," sagte er leise. "Vielleicht eines Tages."



Dialog zwischen Elrond, Erestor und Radagast angepasst
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Wiedersehen
« Antwort #8 am: 6. Okt 2016, 23:48 »
Oronêl und Orophin aus Eregion...

Der Abend senkte sich langsam herab, als Oronêl und Orophin das Tal von Imladris erreichten. Wie so viele Jahre zuvor näherten sie sich dem Tal von Süden, und schlugen dann einen Bogen daran entlang nach Nordwesten, bis sie die Brücke über den südlichen Arm der Bruinen erreichten, wo die alte Südstraße mit der Großen Oststraße aus Arnor und der nördlichen Straße vom Hohen Pass zusammentraf.
Nebeneinander schritten sie über die Brücke, und Oronêl sah auf Orophins Gesicht die gleichen Gefühle widergespiegelt, die er bei seinem ersten Besuch hier empfunden hatte: Staunen, und das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein.
Die Luft war erfüllt vom Singen der verschiedensten Vögel, und dem Plätschern unzähliger kleiner Wasserfälle. So durchschritten sie das Tor von Bruchtal, dass unbewacht und offen stand, und folgten der Straße nach oben, in Richtung des Hauses das der Herr von Imladris bewohnte. In vielen Häusern brannte Licht, denn die Sonne stand nun sehr tief, und aus einigen drangen Musik und Gesang an die Ohren der Elben.
Oronêls Befürchtungen, die ihn beim Anblick des offen stehenden Tores überkommen hatten, erwiesen sich so als unbegründet - wie es schien, wurde Imladris noch von anderen Kräften als Toren und Mauern beschützt.

Sie erreichten die Tür von Elronds Haus, müde von der Reise, denn sie hatten in kurzer Zeit eine weite Strecke zurückgelegt. Oronêl hob die Hand um an der reich verzierten, hölzernen Tür zu klopfen, als diese unvermittelt aufschwang und er sich in der festen Umarmung eines ihm gut bekannten blonden Mädchens wiederfand.
"Irwyne!" Trotz seiner Überraschung, das Mädchen aus Rohan hier zu sehen, erwiderte Oronêl die Umarmung, und genoss für einen Moment ihre Nähe - es erinnerte ihn daran, wie er vor langer Zeit Mithrellas in den Armen gehalten hatte, als sie noch ein Kind gewesen war.
"Was tust du hier? Und woher wusstest du, dass ich komme?"
"Amrothos hat es mir gesagt", antwortete sie gedämpft, weil ihr Gesicht im Stoff seiner Kleidung vergraben war. Natürlich, Amrothos. Oronêl schwirrte der Kopf, vor Freude über das Wiedersehen und vor allen Fragen, die es aufwarf.
Er strich dem Mädchen sanft über den blonden Schopf, und löste sich dann sanft aus der Umarmung. "Ich freue mich sehr, dich zu sehen", sagte er, und ein Lächeln breitete sich auf Irwynes Gesicht aus. "Aber was ist mit Cyneric, ist er..." Das Mädchen schüttelte den Kopf, doch ihr Gesicht wurde ernst. "Als ich ihn zuletzt gesehen habe, bei Dol Guldur, ging es ihm gut."
Oronêl atmete erleichtert auf. Auch wenn er Cyneric nicht gut gekannt hatte, hatte er doch erkannt dass der Gardist ein guter Mann war - sonst hätte er ihm Irwyne nicht anvertraut. Und jeder Tod eines guten Mannes war ein kleiner Sieg für den Feind.
"Aber er ist auf einem Auftrag nach Osten aufgebrochen, da konnte er mich nicht mitnehmen und hat mich nach Bruchtal geschickt", fuhr Irwyne fort.
"Allein?", fragte Oronêl ungläubig, und Irwyne schüttelte erneut den Kopf. "Nein, ich hatte zwei Begleiter, Finelleth und..." Sie unterbrach sich, als aus dem Flur Gesang zu hören war, und die Stimme kam Oronêl sehr bekannt vor. Er blickte auf, und sah Antien mit einem breiten Lächeln singend aus einem Nebenzimmer kommen.
"... und Antien", beendete Irwyne ihren Satz, und auch sie lächelte wieder. Offenbar hatten die beiden, die ja bereits von Dunharg nach Lórien gemeinsam gereist waren, sich weiter angefreundet.

"So ist es", sagte Antien nachdem er sein Lied beendet hatte. "Die große Kriegerin Finelleth und ich haben diese ausgezeichnete Heilerin auf unserem Weg beschützt. Es ist gut, euch zu sehen", schloss er an Oronêl und Orophin gewandt.
"Und ebenso gut, dich zu sehen", erwiderte Orophin, der bislang geschwiegen hatte und neigte freundlich den Kopf. Auch er war ja bereits gemeinsam mit Antien gereist.
"Komm", sagte Irwyne, und ergriff Oronêls Hand. "Ich möchte dich Finelleth vorstellen."
Mit einem Lächeln schüttelte er den Kopf. So sehr ihn dieses unverhoffte Wiedersehen auf freute, es gab vieles was ihn beschäftigte und keinen Aufschub duldete. Dass Irwyne Amrothos erwähnt hatte, hatte ihm alles was er beim Anblick Bruchtals für einen Augenblick vergessen hatte, wieder bewusst gemacht.
"Ich muss erst mit Elrond sprechen - und Radagast, wenn er hier ist." Er ließ Irwynes Hand sanft los, und bewunderte wie schnell sie ihre Enttäuschung verbarg und begriff, dass diese Angelegenheit wichtiger war.
"Geht es um Amrothos? Er... er hat dich einen Dieb genannt." Bei diesen Worten spürte Oronêl, wie sich etwas in seiner Brust verkrampfte. Insgeheim hatte er gehofft, dass der Frieden Bruchtals und Elronds Heilkünste dem Prinzen helfen konnten, doch tief im Inneren wusste er, dass es nur einen Weg gab um Amrothos zu helfen. Plötzlich hatte er das Bedürfnis, ins Haus zu treten, die Tür hinter sich zu schließen und die Welt auszusperren. "Ja, es geht um Amrothos", antwortete er. "Und noch um einiges anderes, aber es ist besser wenn du davon nichts weißt."
Er sah die Enttäuschung die sich nun deutlich auf Irwynes Gesicht malte, und kam ihrem Widerspruch zuvor: "Ich vertraue dir, Irwyne. Ebenso sehr wie ich Orophin oder Antien vertraue, aber diese Angelegenheit ist gefährlich für Menschen. Wenn du davon wüsstest, könnte es dir ebenso ergehen wie Amrothos, und... das könnte ich nicht ertragen."
"Aber vielleicht könnte ich helfen!", wandte das Mädchen ein, und Oronêl musste über ihre Sturheit lächeln obwohl der den Kopf schüttelte. "Es tut mir Leid, aber es ist zu gefährlich." Er sah Antien an, der eine Augenbraue hochgezogen hatte, und auf seinen Blick hin die Schultern zuckte.
"Ich bringe die sofort zu Meister Elrond, wenn du möchtest."
« Letzte Änderung: 6. Feb 2021, 17:16 von Fine »

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Eandril

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Re: Elronds Haus
« Antwort #9 am: 7. Okt 2016, 18:48 »
Sie fanden den Herrn von Bruchtal in einem Zimmer, das in einen Balkon über dem größten der Wasserfälle überging. Elrond stand, der Tür den Rücken zugewandt, auf das Geländer gestützt und blickte auf den Wasserfall hinab. Als er Oronêl und Antien in den Raum kommen hörte, wandte er sich um.
"Willkommen in Bruchtal, Oronêl Galion. Ich hörte, dass deine Suche erfolgreich war."
"Das war sie", entgegnete Oronêl, und neigte respektvoll den Kopf. Er wollte den Ring aus der Tasche an seinem Gürtel holen und ihn Elrond zeigen, doch der hob die Hand. "Lass ihn für den Moment verborgen", sagte er. "Dieses Ding sollte nicht ohne einen triftigen Grund hervorgeholt werden." Für einen Augenblick glaubte Oronêl, etwas blaues an Elronds Hand aufblitzen zu sehen. Er nahm die Hand wieder aus der Tasche und ließ den Ring dort wo er war.
"Herr Elrond, auch wenn die Reise lang und anstrengend war, benötige ich deinen Rat."
Elrond sah ihm in die Augen, und Oronêl hatte das Gefühl dass der Halbelb seine tiefsten Gedanken sehen konnte. "Es geht um den jungen Amrothos, nicht wahr?", fragte er.
"Um ihn und um den Ring", antwortete Oronêl, und Elrond seufzte. "Ja, beides ist untrennbar miteinander verbunden. Ich und Radagast haben für den Prinzen getan was wir konnten, doch die Krankheit von der er beherrscht wird, können wir nicht vollends heilen - nur im Zaum halten, solange dieser Ring nicht zerstört wurde."
"Kannst du ihn zerstören?", fragte Oronêl, obwohl er die Antwort bereits kannte. Elrond schüttelte den Kopf und blickte wieder hinaus auf den Wasserfall, über dem bereits die ersten Sterne zu leuchten begannen. "Nein, diese Macht besitzen wir hier in Bruchtal nicht. Es handelt sich nicht um den Einen", bei der Erwähnung des Meisterringes schienen sich die Sterne kurz zu verdunkeln, "aber um ihn vollends zu vernichten, bedarf es des Feuers in dem er geschmiedet wurde."

"Die Schmieden von Eregion", meinte Oronêl, und trat neben Elrond auf den Balkon hinaus. Antien war in der Zwischenzeit irgendwohin verschwunden, aber Oronêl wunderte sich nicht darüber. Der Elb war ein guter Gefährte und Freund, doch diese Dinge interessierten ihn wenig.
"Ja. Doch wie Radagast berichtet hat, halten sich Diener Sarumans in den Ruinen dieses Königreiches auf. Und ihm darf dieser Ring auf keinen Fall in die Hände fallen, also kannst du nicht ohne Gefährten gehen."
"Und alleine werde ich die Schmiede nicht finden", ergänzte Oronêl. "Mathan hat mir eine Karte überlassen, aber ich kann sie nicht lesen."
"Dann führt dein Weg dich nach Fornost. Wenn dein Freund Mathan im Norden ist, dann vermutlich dort. Ich fürchte allerdings, dass die Stadt bald angegriffen werden könnte." Oronêl musste an den Traum denken, denn er in Dunland gehabt hatte, am Tag des Treffens mit Radagast.
"Du kannst also nicht allein gehen, such dir Gefährten unter den hier verbliebenen Elben. Ich sehe es zwar ungern, wenn sie in den Krieg ziehen, doch wer freiwillig geht, dem werde ich die Abreise nicht verwehren."
Der Herr von Bruchtal wandte Oronêl nun wieder direkt zu, und in seinen Augen spiegelten sich die Sterne über ihnen. "Bevor du gehst, musst du wissen dass es eine Möglichkeit gibt, Amrothos bereits zu helfen, bevor der Ring vernichtet wird."

Bei diesen Worten spürte Oronêl sein Herz schneller schlagen. "Wie?"
"Ich muss dich warnen, es könnte gefährlich sein." Erneut schien Elronds Blick Oronêl geradezu zu durchbohren. "Du musst ihm den Ring zurückgeben, und er muss ihn aus freiem Willen aufgeben."
"Ich muss... was tun?", fragte Oronêl ungläubig. "Nachdem er den Ring mit Gewalt genommen hat, wurde er ihm wiederum mit Gewalt abgenommen. Aber wenn du ihm den Ring aus freien Stücken überlässt und er ihn ebenso freiwillig wieder zurückgibt - dann könnte der Fluch unter dem er liegt, gebrochen werden." Als er Oronêls erleichterte Miene sah, fügte Elrond hinzu: "Aber ich warne dich, es ist gefährlich. Isildur hat es nicht geschafft den Meisterring aufzugeben, und auch wenn dieser ungleich mächtiger ist als einer der Neun, war Isildur doch nach Elendil der größte unter den sterblichen Menschen."
"Was rätst du mir?", fragte Oronêl unglücklich. Er war hin und hergerissen zwischen der Gefahr, und der Möglichkeit, Amrothos zu helfen. Immerhin war er dafür verantwortlich, dass der Prinz überhaupt von dem Ring erfahren hatte.
"Ich rate dir nichts", erwiderte Elrond. "Aber sei dir bewusst, dass du deinem Freund entweder hilfst oder ihn vollends zerstören kannst wenn du ihm den Ring erneut mit Gewalt abnehmen musst."
Oronêl erinnerte sich an den wahnsinnigen Blick, den er im Kerker in Amrothos' Augen gesehen hatte, und an den Moment, als er Bóran wie ein Verrückter angesprungen und ihm Kampf um den Ring getötet hatte. Er wollte nicht, dass der Prinz auch nur einen weiteren Augenblick in diesem Zustand blieb, wenn er es irgendwie verhindern konnte.
"Ich werde es tun", sagte er langsam.



Nur wenig später folgte Oronêl Elrond durch die ausgestorbene Halle des Feuers, und schließlich in ein kleines Nebenzimmer. Dort lag Amrothos in einem Bett, schlafend. Er sah noch immer blaß aus, doch deutlich besser als beim letzten Mal dass Oronêl ihn gesehen hatte. Elrond blieb am Fußende des Bettes stehen, während Oronêl sich neben Amrothos kniete und leise seinen Namen sagte.
Der Prinz öffnete langsam seine Augen, und zu Oronêls Erleichterung waren sie klar, ohne eine Spur von Wahnsinn darin. "Oronêl...? Dann habt ihr es also nach Bruchtal geschafft." Er klang erleichtert. "Hast du Irwyne schon gesehen? Sie ist auch hier, weißt du?"
Mit einem Lächeln erwiderte Oronêl: "Ja, sie war die erste die mich hier begrüßt hat."
"Das ist schön", sagte Amrothos ebenso lächelnd. "Es geht mir hier besser als in... Dunland. Ich denke kaum noch an..." Er stockte, unfähig das Wort zu sagen, und Oronêl spürte wie sein Lächeln gefror.
"Er ist hier, nicht wahr?" Mit Entsetzen stellte Oronêl fest, dass in Amrothos Augen ein Funke Wahnsinn aufglomm. Er spürte Elronds Blick hinter sich, und wusste dass sich Amrothos' Schicksal nun entscheiden würde. Entschlossen zog er den Ring aus seinem Beutel und legte ihn in Amrothos Hand, wobei seine eigene bebte.
"Er ist hier, und ich gebe ihn dir." Für einen Augenblick zeigte das Gesicht des Prinzen Überraschung und Schock, die allerdings allmählich von einem gierigen Ausdruck überdeckt wurden. "Und nun bitte ich dich, gib ihn auf."
Oronêl blickte Amrothos fest ihn die Augen, in denen sich der goldene Reif mit dem zersplitterten Juwel, der auf seiner geöffneten Handfläche lag, spiegelte.
"Ich bitte dich als Freund, mit dem du viele Meilen gereist bist."
Amrothos' Blick flackerte, und er versuchte Oronêls Augen auszuweichen.
"Ich bitte dich für die gesamten freien Völker, für Menschen, Elben und Zwerge."
Mit wachsender Verzweiflung stellte Oronêl fest, dass der Ausdruck manischer Gier auf dem Gesicht der Prinzen nicht schwächer wurde, und seine Augen nun fest den Ring fixierten. Langsam begannen sich Amrothos' Finger zu schließen.
"Ich bitte dich als einer, der dich wie einen Sohn liebt." Für einen Moment erstarrten die Finger, Amrothos hob den Kopf und blickte Oronêl direkt in die Augen. Aus seinem Blick sprach Verzweiflung. "Vergib mir. Ich bin zu schwach."

Er wollte gerade die Finger schließen, als von der Tür her ein lautes Klirren ertönte, und Oronêl fuhr herum. In der Tür stand Irwyne, deren Gesicht eine Mischung aus Scham, Überraschung und Entsetzen zeigte, die unter anderen Umständen Grund zum Lachen geboten hätte. Vor ihr lagen die Splitter einer Glaskaraffe, die sie offenbar von dem Schränkchen neben der Tür gestoßen hatte.
Der Moment war vorüber, Amrothos keuchte schmerzerfüllt auf und schloss die Finger vollends um den Ring.
Bevor Oronêl oder Elrond reagieren konnten, machte Irwyne einen großen Schritt über die Überreste der Karaffe hinweg, und kniete plötzlich neben Oronêl an Amrothos' Seite.
"Bitte, Amrothos." Dem Mädchen liefen Tränen über das Gesicht, und sie legte ihre Hand sanft auf seine, die den Ring umschloss. "Du bist doch mein Freund. Lass dich nicht davon zerstören." Für einen Augenblick herrschte eine geradezu ohrenbetäubende Stille in dem kleinen Zimmer, doch dann entspannten sich die Züge des Prinzen, und Oronêl erkannte zum ersten Mal seit langem den Mann darin, den er in Dol Amroth kennengelernt hatte.
"Ihr habt recht", sagte er langsam mit belegter Stimme, und seine Finger öffneten sich langsam wieder. "Ihr habt recht", wiederholte er, und fügte hinzu: "Dieses... Ding will mir gar nicht helfen. Es will mich nur beherrschen."
Jetzt war seine Hand ganz geöffnet, und der Ring leuchtete golden und verlockend.
"Bitte", flüsterte Oronêl. Er wusste nicht was er tun sollte.
"Gib ihn mir", hörte er Irwyne neben sich sagen, und Amrothos Hand zitterte. "Gib ihn mir, wenn du ihn Oronêl nicht geben kannst."
"Also... also gut. Nimm ihn. Ich will ihn nicht mehr." Mit zitternden Fingern ergriff Irwyne den Ring, und für einen winzigen Augenblick wollte Oronêl sie aufhalten. Sie war doch nur ein junges Mädchen, sie hatte keine Ahnung worauf sie sich einließ.
Doch als Irwyne sich ihm zuwandte wusste er, dass sie sich der Gefahr sehr wohl bewusst war - und dass sie sie bewusst einging, um einem Freund zu helfen.
"Hier", sagte sie, und hielt ihm den Ring mit noch immer zitternden Fingern entgegen. Tränenspuren zogen sich über ihr Gesicht, doch sie weinte nicht länger. "Nimm du ihn, Oronêl. Ich will ihn nicht, denn ich bin keine Kriegerin. Ich will nicht herrschen, ich will nur Leuten helfen - sie heilen."
Oronêl streckte die Hand aus, und sie ließ den Ring hineinfallen. Als das Gold seine Handfläche berührte, verspührte er gleichzeitig ein Gefühl der Erleichterung und des Abscheus. Dennoch schloss er seine Hand um das kalte Gold, und steckte den Ring in seinen Beutel zurück. "Ich will ihn auch nicht haben", sagte er. "Aber ich werde ihn nehmen, bis ich ihn vernichten kann."

"Nun, das war spannend", ertönte von der Tür die warme Stimme Radagasts. "Und mit einem besseren Ausgang, als wir erwarten konnten", stimmte Elrond zu. "Den Menschen gelingt es immer wieder, mich zu überraschen."
Weder Oronêl noch Amrothos brachten ein Wort hinaus, und so war es Irwyne die das Schweigen brach, in dem sie, immer noch kniend die Arme um Oronêl schlang und den Kopf an seiner Schulter verbarg. "Es tut mir Leid", schluchzte sie. "Ich wollte nicht lauschen, aber ich habe dich und Meister Elrond im Balkonzimmer gesehen, und musste einfach zuhören."
Oronêl strich ihr sanft über den Rücken. "Ich bin dankbar, dass du es getan hast."
"Und ich ebenfalls", meldete sich nun Amrothos zu Wort. Seine Stimme klang kräftiger und voller als zuvor, und die Farbe schien in sein Gesicht zurückgekehrt zu sein. "Ich glaube nicht, dass ich es ohne dich - ohne euch - geschafft hätte."
Irwyne hob den Kopf von Oronêls Schulter, und blickte den Prinzen an. "Dann habe ich es nicht schlimmer gemacht?"
Oronêl befreite sich sanft aus ihrer Umarmung, stand auf und zog sie ebenfalls auf die Füße. Er schüttelte den Kopf. "Nein, hast du nicht. Du hast es überhaupt erst gut gemacht."
Ein erstes kleines Lächeln zeigte sich auf Irwynes Gesicht, und als er es sah begann Amrothos zu lachen. Es war ein frohes Lachen, voller Erleichterung, und schon bald stimmten alle bis auf Elrond, der sich auf ein Lächeln beschränkte, mit ein.
"Ich denke, heute Nacht können wir alle besser schlafen als seit langem", meinte Radagast fröhlich.
"Und doch liegt noch ein langer Weg vor uns allen, bis die Dunkelheit aus Mittelerde vertrieben wird", sagte Elrond ernst. "Aber für heute schlaft. Schlaft in dem Wissen, der Dunkelheit einen Schlag versetzt zu haben - und einen Freund gerettet zu haben."

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Eandril

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Re: Elronds Haus
« Antwort #10 am: 7. Okt 2016, 23:36 »
Als am nächsten Morgen die Sonne ihre ersten Strahlen über die Berggipfel im Osten warf erwachte Oronêl erfrischt. Er fühlte sich so gut wie lange nicht mehr - die Ruhe und Geborgenheit von Imladris und die Gewissheit, dass es Amrothos wieder gut ging, hatten ihr übriges getan.
Nach einer kurzen Stärkung wanderte er durch das Haus, durchquerte die noch immer ausgestorbenene Halle des Feuers, und kam schließlich über eine gewundene Treppe auf eine kleine Steinterasse, die von Bäumen umgeben war und auf die Häuser von Imladris hinabblickte. Für einen Augenblick verharrte er und ließ seinen Blick über das Tal schweifen, von den dunklen Kiefernwäldern im Norden zu den schroffen Abhängen im Süden.
Während er noch dort stand und den kühlen Wind aus dem Norden genoss, hörte er Schritte die Treppe hinaufkommen, und sah sich kurz darauf Elrond und Radagast, die in ein Gespräch vertieft schienen, gegenüber. Er neigte vor dem Halbelb und dem Zauberer den Kopf und sagte: "Guten Morgen. Ich hoffe, ich habe euch nicht unterbrochen."
"Aber überhaupt nicht!", erwiderte Radagast mit einem warmen Lächeln, und Elrond meinte: "Tatsächlich haben wir gerade über die Geschehnisse des gestrigen Abends gesprochen."
Bei der Erwähnung des letzten Abend lief Oronêl trotz des guten Ausgangs ein Schauer über den Rücken. "Für einen Moment habe ich geglaubt, dass wir es nicht schaffen", sagte er, und Elrond blickte ihn scharf an.
"Hättest du es über dich gebracht, dem Prinzen den Ring gewaltsam abzunehmen? Du hättest ihn vermutlich töten müssen."
"Ich weiß es nicht", gab Oronêl ehrlich zu. "Aber ich bin froh, dass es nicht so weit gekommen ist." "Und das ist das einzig entscheidende", warf Radagast ein. "Was ich hingegen viel interessanter finde, ist die Rolle die die junge Irwyne dabei gespielt hat."
"Ja... Wie es scheint haben die Ringe der Macht auf einfache Personen, die nicht nach Herrschaft oder Macht streben, deutlich weniger Einfluss." Elrond schwieg für einen Moment, und Oronêl war sich sicher dass der Herr von Bruchtal nicht nur auf Irwyne anspielte. Er fragte allerdings nicht weiter nach, denn in Elronds Stimme hatte ein Hauch von Trauer mitgeklungen. Dann kam ihm ein Gedanke, und er fragte: "Herr Elrond, hast du bemerkt dass Irwyne uns belauscht hatte?" Ihm war bereits gestern Abend aufgefallen, dass Elrond bei ihrem Auftauchen deutlich weniger überrascht gewirkt hatte als die anderen Anwesenden, doch erst jetzt, im Licht des Tages, konnte er sich einen Reim darauf machen.
Ein kurzes, kaum merkliches Lächeln huschte über Elronds sonst ernstes Gesicht. "Ja, ich hatte es bemerkt, und ich habe auch bemerkt dass sie uns zu Amrothos' Zimmer gefolgt ist. Ich habe nichts gesagt, weil ich es für richtig hielt dass sie erfuhr was passierte - und irgendein Gefühl hielt mich davon ab, sie fortzuschicken. Ich fühlte, dass es einen Sinn hatte, dass sie dabei war, und dieses Gefühl hat sich als richtig herausgestellt."

Auf der Treppe erklangen erneut Schritte, diesmal schnelle von kleinen Füßen, und schließlich erschien Irwyne am oberen Ende. Sie hatte rote Wangen vom Laufen, und ihre blonden Haare waren zerzaust. "Oronêl! Komm mit, ich möchte..." Sie stutzte, und schien erst jetzt Radagast und Elrond zu bemerken, die neben Oronêl standen und auf deren Gesichtern sich ein Lächeln abzeichnete. Irwyne knickst ein wenig ungeschickt vor dem Herrn von Bruchtal, und sagte: "Oh, verzeiht mir. Ich wollte euch nicht unterbrechen."
Elrond lächelte nur, und Radagast antwortete: "Du hast uns nicht unterbrochen, Kind. Nimm Oronêl nur mit, er hat sich ein wenig Gesellschaft von Freunden verdient."
Als sie ein paar Stufen zurückgelegt hatten, fragte Oronêl: "Was hast du vor, Irwyne?"
"Ich wollte dir Finelleth vorstellen, sie ist unten im Garten. Eigentlich wollte ich das ja gestern Abend schon tun aber..."
"Es war nicht der richtige Zeitpunkt", beendete Oronêl den Satz für sie. Inzwischen hatten sie das untere Ende der Treppe erreicht. "Ja..." Für einen Moment konnte Oronêl ihr ansehen, dass die Erlebnisse des Abends nicht spurlos an dem Mädchen vorübergegangen waren, doch dann lächelte sie und der Eindruck war vorüber. "Aber jetzt geht es Amrothos wieder gut. Also los, komm mit!"

Oronêl und Irwyne in die Gärten Bruchtals...
« Letzte Änderung: 9. Okt 2016, 18:56 von Eandril »

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Die Gefährten
« Antwort #11 am: 8. Okt 2016, 23:49 »
Oronêl aus den Gärten Bruchtals...

Oronêl folgte Erestor in den Hauptsaal des Hauses, wo Elrond und eine Gruppe ihm unbekannter Elben ihn erwarteten.
"Ich habe unter den Bewohnern von Imladris nach solchen gefragt, die mit dir nach Fornost gehen würden", sagte Elrond zur Begrüßung. Oronêl ließ den Blick über die Anwesend gleiten, und stellte fest dass es nicht ausschließlich Elben waren. Einer der Männer trug einen Bart und war in graubraunen Stoff und ein Kettenhemd gekleidet.
"Ich würde mich geehrt fühlen, wenn ihr mich begleiten würdet", meinte Oronêl an die Gruppe gewandt, und vermied mit Absicht das Wort folgen. Er fühlte sich nicht berechtigt, sie anzuführen.
"Gelmir und Faronwe kommen aus Lindon und stehen in Círdans Diensten", stellte Elrond zwei Elben vor, die leicht geschwungene Schwerter nach Art der Noldor trugen. "Wir wollten sowieso bald in unsere Heimat zurückkehren", sagte der hellhaarige der beiden, den Elrond als Gelmir vorgestellt hatte. "Und da Fornost beinahe auf dem Weg liegt, helfen wir gerne dabei es gegen den Schatten zu verteidigen."
"Mein Name ist Glorwen", stellte sich die Elbin die zur rechten Gelmir stand, und einen Bogen über der Schulter trug. "Wir haben uns bereits in Lothlórien gesehen."
Oronêl betrachtete sie genauer, und erinnerte sich. Glorwen hatte beim Fall von Caras Galadhon geholfen, die Wälle zu verteidigen, bis Saruman sie mit seiner List zum Einsturz gebracht hatte. Seitdem hatte er die Elbin nicht mehr gesehen. "Ich bin froh, dass du die Schlacht überlebt hast."
"Ich auch", antwortete Glorwen, und fügte mit grimmiger Miene hinzu: "Und auch wenn wir unsere Heimat nicht retten konnten, so werde ich doch nicht aufhören den Schatten zu bekämpfen, ob Sauron oder Saruman."
"Ich bin Valandur von den Dúnedain", sagte der einzige Mensch unter ihnen mit heiserer Stimme, und Elrond ergänzte: "Valandur hatte sich Sarumans Truppen unter dem jungen Helluin angeschlossen, desertierte aber nachdem er von den Plänen, Lórien anzugreifen, gehört hatte. Dabei wurde er verwundet, und gelangte mit letzter Kraft nach Imladris." "Ich werde alles tun, um das Unrecht dass meine Brüder im Namen der Freiheit begehen, ein wenig zu mildern." Valandur sprach leise aber intensiv, und in seinen Augen leuchtete ein Feuer. "Es tut mir Leid um Lothlórien, und dafür gehört euch mein Schwert, bis das Land der Elben gerächt ist."
Oronêl sagte nichts, sondern neigte nur den Kopf. Er wusste nicht, was er darauf erwiderten sollte, obwohl die Abneigung gegen den Mann, die im ersten Moment in ihm aufgestiegen war, bei seinen letzten Worten dahingeschmolzen war wie Schnee in der Sonne.
"Cúruon ist einer der Wächter von Imladris", sagte Elrond und nickte in die Richtung eines hochgewachsenen Elben der ein mächtiges Zweihandschwert auf den Rücken geschnallt hatte, und dessen rotes Haar Oronêl an Celebithiel erinnerte. "Auch wenn meine Aufgabe eigentlich der Schutz unserer Grenzen ist, wenn Fornost und der Sternenbund fallen, gehört alles Land ringsum bald wieder Saruman. Und das kann ich nicht zulassen", erklärte Cúruon. "Meine Tochter Mírwen wird uns ebenfalls begleiten", fuhr er fort und deutete auf die junge Elbin neben ihm, die sein feuerrotes Haar geerbt hatte und Oronêl zuversichtlich zulächelte. Mírwen trug im Gegensatz zu ihrem Vater im Augenblick keine Waffen, doch in ihrem Blick erkannte Oronêl die Konzentration einer geübten Kämpferin.
"Sieben Gefährten nach Fornost", sagte Elrond, und strich sich über das Kinn.
"Acht!", erklang von der Tür Orophins Stimme, der mit raschen Schritten den Saal durchquerte und sich neben Glorwen stellte. Die Elbin aus Lórien lächelte ihm grüßend zu, offensichtlich kannten sie sich bereits von früher.
"Nein, Neun!" Von der Halle kam Finelleth heran geeilt, bereits vollständig mit einer Axt und einem kurzen Schwert gerüstet. Aus ihren Stiefen und Armschützern ragten die Griffe mehrerer Wurfmesser, und Oronêl begann zu begreifen warum eine ganze Gruppe Orks die Begegnung mit ihr nicht überlebt hatte.
In Elronds Augen flackerte etwas auf, das eine schmerzvolle Erinnerung sein mochte, doch der Eindruck verging so schnell wieder wie er gekommen war. "Also gut, wenn deine Wunden ausreichend verheilt sind..."
"Das sind sie", erwiderte Finelleth nachdrücklich, und der Herr von Bruchtal nickte langsam und nachdenklich.
"Also gut", sagte er schließlich. "Neun Gefährten mögen nach Fornost gehen. Es ist alles, was wir in Imladris noch gegen den kommenden Sturm ausschicken können. Es mag zu wenig sein, und doch... es muss reichen." Er klang, als ob er eher zu sich selbst sprechen würde, als zu den Anwesenden.

"Ich bin geehrt, dass ihr mich begleiten wollt", sagte Oronêl leise, doch alle Blicke richteten sich auf ihn. "Orophin weiß bereits, worum es bei diesem Auftrag geht, doch ihr sollt es ebenfalls erfahren." Er zog den Ring aus seiner Tasche, und hielt ihn hoch, sodass er im Licht der Lampen leuchtete. "Dies ist einer der neun Ringe, den ich in Dol Amroth einem der Nazgûl abgenommen habe." Valandur zog scharf die Luft ein, und auch die meisten der Elben zeigten ihre Überraschung offen.
"Um ihn zu zerstören muss ich die Schmieden von Eregion finden, und dazu brauche ich die Hilfe von Mathan Nénharma, dessen Vater in diesen Schmieden arbeitete, und seinem Sohn eine Karte hinterließ, die nur er lesen kann. Mathan befindet sich vermutlich in Fornost, wo die Gefahr eines Angriffs von Sauron oder Saruman droht. Ich werde Mathan finden, und mit ihm gemeinsam die Schmieden suchen, um diesen Ring zu vernichten. Ich werde niemanden von euch gegen seinen Willen bitten, weiter als bis Fornost mit mir zu gehen, doch wer mir seine Hilfe auf diesem Weg anbietet, den werde ich nicht zurückweisen."
Stille senkte sich über den Raum, bis Gelmir aus Lindon das Wort ergriff. "Gut gesprochen. Ich kann noch nicht sagen, was ich nach Fornost tun werde, doch bis dorthin kannst du dir meiner Hilfe gewiss sein."
Nach und nach stimmten die anderen zu, und als letzter sagte Orophin: "Ich bin mit dir seit Dunharg gereist, durch Feuer, Schlacht und Gefahr, durch Lórien, Rohan und Dunland bis hierher. Und wenn ich kann, werde ich dir auch nach Fornost weiterhin folgen, bis deine Aufgabe erfüllt ist."
Oronêl lächelte seinem Gefährten dankbar zu.

"Dann ist es beschlossen. Vebringt die Nacht noch hier", schloss Elrond die Versammlung. "Ruht euch aus, sammelt eure Kräfte, und brecht bei Sonnenaufgang auf. Ihr werdet eure Kraft brauchen."
Als sie auseinandergingen glaubte Oronêl, aus dem Augenwinkel einen Schatten in einer der Türen verschwinden zu sehen. Doch er hörte nichts und sah auch keine weitere Spuren eines Lauschers, also dachte er bald nicht mehr daran.
« Letzte Änderung: 8. Okt 2016, 23:55 von Eandril »

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Eandril

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Re: Elronds Haus
« Antwort #12 am: 9. Okt 2016, 13:09 »
Der nächste Morgen kam mit Nebel, durch den nur einzelne Sonnenstrahlen drangen und Imladris in ein unwirkliches Licht hüllten. Nacheinander suchte Oronêl alle auf, die ihn nicht nach Fornost begleiten würden.
Amrothos fand er auf dem Söller oberhalb des Hauses, von wo der Prinz gedankenverloren in den Nebel hinausblickten. Oronêl freute sich, ihn auf den Beinen zu sehen. "Es ist, als wäre die ganze Welt verschwunden", meinte Amrothos, als Oronêl sich neben ihm an das Geländer lehnte.
"Ja..." Es hatte Morgende in Lórinand gegeben, an denen der Nebel vom Anduin aufstieg und den ganzen Wald einhüllte. Dann waren er und Calenwen manches Mal in die höchsten Wipfel geklettert, bis sie über den Wolken waren, über sich den blauen Himmel und unter sich die weiße Fläche des Nebels, die hier und dort von einer Baumkrone durchstoßen wurde.
"Aber leider ist die Welt noch immer dort draußen, und auch wenn es so scheint steht die Zeit nicht still."
"Ich weiß", sagte Amrothos bedauernd. "Ich würde dich gerne begleiten, aber... das ist nicht mein Weg. Und ich bin froh wenn ich so viel Abstand zwischen diesem Ring und mir habe, wie es möglich ist."
"Was wirst du tun?", fragte Oronêl nach, und Amrothos erwiderte: "Ich bin mir nicht sicher. Ich werde einige Zeit hierbleiben, mich ausruhen. Und dann vielleicht nach Lindon gehen, wenn die Straße nach Westen sicher ist, und von dort mit einem Schiff nach Dol Amroth fahren."
"Dein Vater macht sich vermutlich Sorgen um dich", stimmte Oronêl zu, auch wenn er traurig war dass sein Freund nach Süden zurückkehren würde, und vermutlich viel Zeit vergehen würde bis sie sich wiedersahen.
"Das tut er." Amrothos blickte noch einmal hinaus in den Nebel, wandte sich dann Oronêl zu und bot ihm die Rechte dar. Oronêl ergriff die angebotene Hand, und Amrothos sagte: "Ich wünsche dir alles Glück der Welt, und mögen die Sterne deinen Weg erleuchten."



Auf dem Weg vor das Haus, wo sich die Gruppe versammeln sollte, traf Oronêl auf Gamling, der in der Haupthalle in der Mitte des langen Tisches neben einem Mädchen mit dunkelbraunen Haaren, das munter auf ihn einredete, saß und frühstückte. Oronêl schätzte das Mädchen etwa so alt ein wie Irwyne - wenn auch anscheinend ein wenig anstrengender, denn Gamling warf ihm einen hilfesuchenden Blick zu.
"Ah, Oronêl", sagte der Alte Rohir, und wischte sich einen Krümel aus dem Bart. "Ich hatte mich schon gefragt, wann du bei mir vorbeischaust."
"Ich war zuerst bei Amrothos", erwiderte Oronêl leise, denn der Abschied machte ihm zu schaffen, und Gamling nickte verständnisvoll. "Verstehe ich. Ich hatte ja die junge Faeriën hier zur Gesellschaft." Er stieß dem Mädchen freundschaftlich in die Seite, das daraufhin von ihrem Teller aufblickte und Oronêl ansah.
"Du gehst nach Fornost, nicht wahr? Mein Bruder Rilmir ist auch dort. Kannst du ihn von mir grüßen, wenn du ihn siehst?"
"Natürlich", antwortete Oronêl. Wenn er noch am Leben ist, fügte er in Gedanken hinzu, denn so viel er über die Dúnedain wusste, war ihr Leben in diesen Tage gefährlich. Andererseits, für wen galt das nicht?
"Nun da wir das geklärt haben wünsche ich dir viel Glück auf dem Weg", sagte Gamling. "Ich würde mich euch ja anschließen, aber ich fürchte ich wäre eher ein Hindernis als eine Hilfe."
"Du hast deinen Teil bereits getan und hast dir ein wenig Ruhe verdient", erwiderte Oronêl, und Gamling lachte. "Wer weiß. Vielleicht werde ich den jungen Amrothos nach Dol Amroth begleiten, und von dort in meine Heimat weiterziehen. Auch wenn sie Saruman nicht länger folgen, vielleicht findet unsere Königin ja eine Verwendung für einen alten Krieger."
Oronêl wollte sie gerade zum gehen wenden, als Gamling ihn zurückhielt. "Eins noch. Wenn du in Fornost oder sonst irgendwo auf den jungen Aldoc stößt, von dem ich dir erzählt habe... dann grüß ihn von mir."



Nur wenig später hatten sich alle Gefährten auf dem kleinen Platz vor Elronds Haus versammelt. Da standen Glorwen und Orophin, beide ihren Bogen über der Schulter, Gelmir und Faronwe, die über ihren silbernen Rüstungen ebenso wie die anderen dunkle Mäntel trugen, der rothaarige Cúruon und seine Tochter Mírwen, die Oronêl zuversichtlich zulächelte und der Mensch Valandur, der wie immer eine grimmige Miene zur Schau trug und das Langschwert, das er an der Seite trug, befingerte.
Während Cúruon und Mírwen in wertvolle Rüstungen nach der Art der Elben von Imladris gerüstet waren, trugen Orophin und Glorwen ebenso wie Oronêl nur leichte Lederkleidung in grün und braun und Valandur trug abgetragene, graubraune Kleidung über seinem Kettenhemd.
Als letzte traf Finelleth ein, ebenso gerüstet wie am Tag zuvor und gefolgt von Antien, Elrond und seiner Tochter Arwen, die Oronêl am Abend zuvor zum ersten Mal gesehen hatte.
"Die Gemeinschaft ist vollständig", sagte Elrond mit ernster Stimme, und Arwen gab jedem von ihnen einen schmalen silbernen Ring, in den ein einzelner Stern eingraviert war.
"Diese Ringe besitzen keine Macht", erklärte sie, als jeder seinen Ring in der Hand hielt. "Sie sind lediglich ein Symbol, das euch als Gefährten kennzeichnen soll und euch auch später für immer aneinander erinnern soll."
Die acht Elben und der Mensch murmelten Dankesworte, doch Oronêl war abgelenkt. Er hielt unauffällig Ausschau nach Irwyne, konnte sie jedoch nirgends entdecken... dabei wusste sie, wann sie aufbrechen wollten. Vielleicht wollte sie nicht, dass er und Finelleth gingen, und wollte sie auf diese Weise bestrafen. So gern er das Mädchen hatte, manchmal war sie ihm ein Rätsel.

Der Moment des Aufbruchs war gekommen, und nacheinander schritten sie durch das Tor von Bruchtal. Der Nebel hatte sich ein wenig gelichtet, und so erhellte die Sonne doch noch ihren Weg.
Valandur und Cúruon gingen vorweg, denn der Waldläufer und der Wächter der Grenzen kannten sich in der Gegend am besten aus, und die anderen folgten ihnen. Ein weiter Weg nach Westen lag vor ihnen, auf dem noch viel passieren konnte bevor sie ihr Ziel erreichten.

Oronêl und Gefährten auf die Große Oststraße...
« Letzte Änderung: 10. Okt 2016, 10:38 von Eandril »

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Eandril

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Der Herr von Bruchtal
« Antwort #13 am: 12. Apr 2017, 18:38 »
Oronêl, Kerry, Mathan, Finelleth und Celebithiel von der Wildnis nahe Imladris

Wie bei Oronêls letztem Besuch in Bruchtal stand das Tor von Imladris auf der anderen Seite der Brücke über den Bruinen offen, doch dieses Mal war es nicht verlassen. Oronêl erkannte die wartende Gestalt sofort, obwohl sie nicht ihre Rüstung sondern normale Kleidung nach der Art von Imladris trug. Doch er kannte nur zwei Elbenfrauen mit derart roten Haaren, und die eine ging hinter ihm neben Finelleth.
"Mírwen", sagte er freudig, und ergriff die rechte Hand der jungen Elbin, an der silbern der Ring Arwens glitzerte. "Wir hatten nicht erwartet, dich hier zu treffen."
"Aber ich hatte gehofft, dich - euch hier wieder zu sehen, deshalb bin ich zurückgekommen."
Finelleth schob Oronêl wenig sanft zur Seite, und schloss ihre junge Gefährtin kurzerhand in die Arme. "Gut, dich zu sehen, Mírwen", sagte sie. "Es sieht aus, als hättest du gewusst, dass wir kommen."
"Wir haben euch auf der anderen Seite der Schlucht stehen sehen", erklärte Mírwen. Sie begrüßte auf Mathan und Kerry freundlich, und schloss dann Celebithiel in die Arme. Er jetzt wurde Oronêl klar, dass die beiden Frauen einander bereits länger kennen mussten, schließlich waren sie beide in Imladris aufgewachsen.
Schließlich führte Mírwen sie durch das Tor die schmale gepflasterte Straße entlang, die zu Elronds Haus hinaufführte. Wie beim letzten Mal sangen in den Bäumen und Büschen die verschiedensten Vögel, obwohl der Sommer vergangen war und der Herbst näher rückte, und die kleinen Wasserfälle des Tals plätscherten sanft und leise vor sich hin.

"Meister Elrond wird sicherlich gerne erfahren, wie eure Reise nach Eregion verlaufen ist", sagte Mírwen, den Blick auf Oronêl gerichtet. "Aber ich kann schon an euren Gesichtern sehen, dass ihr Erfolg hattet und der Ring vernichtet ist."
"Sogar zwei", meinte Celebithiel mit einem Lächeln. "Man könnte sagen, die Reise hat mehr Erfolg gebracht als wir erhoffen konnten." Mírwen zog die schmalen roten Brauen in die Höhe, fragte aber nicht weiter. Sie legten das letzte Stück des Weges schweigend zurück, erleichtert von der Reise für einen Moment an einen sicheren Ort gekommen zu sein, und in Kerrys Fall offensichtlich vollkommen überwältigt von der Schönheit dieses Ortes.
Sie erreichten die verzierte Tür zu Elronds Haus, die nicht verschlossen, sondern nur angelehnt war, und beinahe erwartete Oronêl, dass sie im nächsten Augenblick aufschwingen und Irwyne in der Öffnung auftauchen würde. Doch Irwyne war weit fort, wahrscheinlich bereits in Gondor, und es war Mírwen, die die Tür ganz aufstieß. Sie betraten den erleuchteten Flur, und für einen Augenblick genoss Oronêl die einladende Wärme und das sanfte Licht der elbischen Lampen.
"Ihr solltet zu Elrond gehen und ihm berichten", meinte Mírwen, doch sie sah dabei nur Oronêl an. "Ich... habe noch einiges zu tun, aber du musst mir hinterher auch erzählen, das alles geschehen ist." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, den Oronêl war beinahe einen halben Kopf größer als sie, und küsste ihn plötzlich auf die Wange, bevor sie den Gang entlang verschwand. Oronêl blickte ihr verständnislos nach, doch als er Kerry und Finelleth aus dem Augenwinkel vielsagende Blicke wechseln sah, seufzte er. Das konnte er nun eigentlich wirklich nicht gebrauchen.
"Sie hat Recht, wir sollten Elrond berichten", sagte Mathan, und gab mit keiner Regung zu erkennen, dass er überhaupt etwas seltsames bemerkt hatte, wofür Oronêl ihm dankbar war.
"Ich glaube, dazu werden Kerry und ich nicht gebraucht", meinte Finelleth. "Wir suchen uns lieber ein schönes freies Zimmer im Gästehaus - mit ein paar weichen Betten."
"Das wäre wunderbar", seufzte Kerry. "Ich muss zugeben, allmählich tun mir die Füße vom vielen Laufen weh."
"Ich werde ebenfalls erst später zu Elrond gehen", sagte Celebithiel, und Oronêl nickte verständnisvoll. Immerhin war Elrond ihr Ziehvater, und sie hatte ihn einige Zeit nicht gesehen - oder zumindest eine für die Maßstäbe der Elben kurze Zeit, in der sehr viel geschehen war. "Also dann", meinte eher an Mathan gewandt. "Lass uns gehen."

Sie fanden den Herrn von Bruchtal in der Halle des Feuers, wo er in Gesellschaft seiner Tochter nahe des Feuers saß. Arwen sang mit leiser, aber klarer Stimme ein Lied, dessen Worte Oronêl nicht verstand, und als sie endete blickte sie Oronêl und Mathan direkt entgegen. Oronêl hatte das Gefühl, dass Elronds Tochter direkt durch ihn hindurch auf seine Seele blickte, und er neigte unwillkürlich den Kopf vor ihr.
Im selben Moment blickte Elrond auf, und lächelte. "Nur wenig mehr als zwei Monate ist es her, dass du von Bruchtal aufgebrochen bist, Oronêl. Wie ich hörte, hat deine Gemeinschaft in Fornost großes vollbracht und ihren Zweck erfüllt." Bei diesen Worten wanderte sein Blick zu Mathan. "Und gemeinsam habt ihr mehr vollbracht, als ich für möglich gehalten hätte. Ich habe gespürt, wie der Ring, den du in Dol Amroth errungen hast, in Eregion vernichtet wurde, doch danach gab es eine zweite, noch stärkere Erschütterung. Erzählt mir, was geschehen ist."
Oronêl begann zu erzählen, wie Kerry in Lindon zu dem Ring des Hexenkönigs gekommen war, und Finelleth ihn an sich genommen hatte, als er versucht hatte, Besitz von dem Mädchen zu ergreifen. Mathan berichtete von der Seeschlacht mit Sarumans Schiffen an der Mündung des Gwathló, und sie wechselten sich bei der Erzählung von der Eroberung Tharbads ab. Oronêl sprach über ihre Reise durch Dunland und den Kampf in der Schmiede.
"Jeder von euch hat seinen Teil zur Vernichtung dieses Übels beigetragen", meinte Elrond schließlich. "Und niemand alleine hätte das vollbringen können. Es ist gut, und wird Sauron einen schweren Schlag versetzen. Er ist zwei seiner furchterregendsten Diener für immer beraubt."
Er blickte Oronêl an. "Ich hoffe, Gwilwileths Wunde ist gut verheilt?" Oronêl zögerte einen Augenblick, bevor ihm einfiel, dass Gwilwileth Celebithiels Geburtsname gewesen war. "Ja", bestätigte er. "Die Heiler der Manarîn haben sich gut um sie gekümmert, und sie hat uns hierher begleitet."
Für einen Augenblick leuchteten Elronds Augen auf. "Gut. Das ist gut." Er wandte sich Mathan zu. "Ich habe viele Fragen an dich, Mathan Nénharma. Über das Volk deiner Tochter, und über deinen Vater. Aber das hat bis morgen Zeit, falls du dich vorher ausruhen möchtest."
Mathan schüttelte den Kopf. "Nein... tatsächlich würde ich sehr gerne mit dir über etwas sprechen."
"Dann werde ich in der Zeit sehen, was Finelleth und Kerry treiben...", meinte Oronêl, und wandte sich zum Gehen. "Womöglich stellen sie sonst das ganze Haus auf den Kopf."
Zu seiner Verwunderung verließ Arwen die Halle mit ihm, und auf seinen Blick hin erklärte sie: "Ich habe das Gefühl, dass Mathan lieber alleine mit meinem Vater wäre. Und außerdem würde ich Celebithiel sehr gerne sehen..." Ihr Stimme klang eindeutig sehnsüchtig, und Oronêl verstand sie. Celebithiel und Elrond waren alles, was Arwen von ihrer Familie geblieben waren - die Mutter nach Westen gefahren, die Brüder getötet, und der Mann den sie liebte, gefangen im Schwarzen Turm von Mordor.
"Sie wird sich freuen, dich zu sehen, Herrin", erwiderte Oronêl, und berührte den silbernen Ring, den sie ihm geschenkt hatte. "Wie ich auch."
Arwens Blick fiel auf seine verstümmelte linke Hand, und ihr Gesicht wurde ernst. "Mírwen hat mir davon erzählt. Ist es schlimm?" Oronêl schüttelte den Kopf. Innerlich war er erstaunt, wie jemand, dem beinahe alle Lieben genommen worden waren, noch immer so viel Mitgefühl für das Leid anderer empfinden konnte.
"Nein", antwortete er. "Manchmal ist es merkwürdig, manchmal habe ich das Gefühl, die Finger würden schmerzen - obwohl sie nicht mehr dort sind. Und manchmal will ich mit der linken Hand zugreifen, und bin kurz verwundert, dass sie nicht fehlen." Darüber hatte er noch mit niemandem vorher gesprochen, erkannte er, überrascht, dass er es jetzt tat. "Aber dafür habe ich denjenigen getötet, der seit über tausend Jahren das Ziel verfolgt, mein Leben und das meiner Familie und aller, die ich liebe zu zerstören." Oronêl zuckte mit den Schultern. "Insofern denke ich, ist es ein vorteilhafter Tausch."
Sie erreichten den Eingang des Hauses, wo Erestor sie erwartete. "Celebithiel ist in die Gärten gegangen", sagte er an Arwen gewandt. "Sie sagte, sie wüsste wo du sie findest."
Arwen nickte langsam, und erwiderte: "Das weiß ich." Zu Oronêl sagte Elronds Haushofmeister: "Finelleth und die junge Kerry sind im Nachbarhaus. Sie haben dort Freunde getroffen, wenn ich mich nicht täusche." Oronêl zog eine Augenbraue in die Höhe. Welche Freunde das sein mochten? Er würde es wohl bald erfahren.
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:01 von Fine »

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Fine

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Alte und neue Bekanntschaften
« Antwort #14 am: 13. Apr 2017, 13:07 »
Kerry folgte Finelleth durch die Flure des Hauses Elronds, während die Waldelbin ihr von ihrem vorherigen Besuch in Imladris erzählte. "Dies ist ein Ort des Friedens, und der Heilung," erklärte Finelleth. "Hier wurde meine Verletzung behandelt, die ich während der Überquerung des Hohen Passes erlitt."
"Der Hohe Pass..." wiederholte Kerry nachdenklich. Halarîns Worte kamen ihr in den Sinn: Dort wurden Finelleth und Irwyne von Orks überfallen. "Glaubst du, wir werden diesen Weg nehmen können? Gibt es keinen anderen?"
"Cirith Forn en Andrath, wie der Pass im Sindarin heißt, ist die Fortsetzung der Großen Oststraße," sagte Finelleth und führte Kerry in eine kleinere Halle, die sich auf einen weitläufigen Balkon öffnete und einen spektakulären Ausblick über die Wasserfälle Bruchtals bot. "Und an den Pass schließt die Straße zur Carrock-Furt an, und von dort setzt sich der Weg über die Alte Waldstraße fort - bis ins Waldlandreich, dem Ardheryn Thranduils. Es ist der direkte und kürzeste Weg. Nur drei große Pässe führen über das Nebelgebirge: Der Hohe Pass, der Pass des Caradhras, und der Pass an der Schwertel-Quelle. Doch sowohl Caradhras und Schwertel liegen zu weit südlich und würden einen großen Umweg bedeuten. Außerdem liegen sie beide näher an Moria - dem Hauptsitz Sarumans in diesen Bergen. Der Hohe Pass ist der kürzeste Weg für uns - und wahrscheinlich auch der sicherste. Und sollten wir dort auf Orks stoßen, werden sie dasselbe Schicksal erleiden wie die Gruppe, die sich mir und Antien in den Weg gestellt hat."
"Schön, dass du dich daran erinnerst, meine Liebe," sagte eine melodische Stimme hinter ihnen. Kerry drehte sich überrascht um, und sah einen Elben heran kommen, dessen hellbraunes Haar im angenehmen Kontrast zu seinen dunkelgrünen Gewändern stand. Finelleth begrüßte den Neuankömmling mit einer fröhlichen Umarmung und stellte ihn rasch vor: "Dies ist Antien, von dem ich gerade gesprochen habe. Er war bei der Belagerung Dol Guldurs dabei und hat Irwyne und mich bis nach Imladris begleitet. Antien, dies ist Kerry; Cynerics Tochter."
"Oh, Tatsache," meinte Antien gut gelaunt und deutete eine Verbeugung an. "Ja, das erkennt man deutlich. Da, siehst du es? Der gleiche verwunderte Blick wie bei ihrem Vater. Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend!"
Kerrys Augen verengten sich gefährlich. "Er ist also ein Witzbold," stellte sie fest. Finelleth lachte herzlich.
"Nun, vielleicht gibt es doch einige Unterschiede," bemerkte Antien. "Das feurige Temperament muss sie wohl von ihrer Mutter haben."
"Wie ist es dir ergangen, Antien?" fragte Finelleth, darauf bedacht, einen Streit zu vermeiden. "Was hast du getrieben, während Oronêl und ich Eriador gerettet haben?"
"Ich habe drei neue Lieder geschrieben und einen wunderschönen Baum im Hof hinter den Stallungen gepflanzt," sagte Antien stolz. "Außerdem ist es mir gelungen, mein Rezept für Pilzsuppe noch einmal zu verfeinern. Ich muss dringend ins Auenland reisen, um es von wahren Feinschmeckern testen zu lassen. Nach allem, was man hört, ist dort inzwischen wieder Frieden eingekehrt, wofür offenbar der gute alte Gandalf verantwortlich ist. Wenn das der alte Tom hört!"
"Du meinst Tom Bombadil, diesen seltsamen Gesellen der inmitten des Alten Waldes lebt?" fragte Kerry, die sich noch lebhaft an ihr Treffen mit Tom Bombadil erinnerte.
"Eben jenen," bestätigte Antien. "Ich bin, nun, auf eine gewisse Art und Weise, sein Sohn. Du sprichst, als wärst du ihm schon begegnet, habe ich Recht?"
"Ja, ich kenne Tom," antwortete Kerry. "Er hat dabei geholfen, Gandalf aus seinem Schlaf zu holen."
"Ach! Na, das hätte ich mir ja denken können," meinte Antien. "Schön! Ich denke, ich werde ihm bald einen Besuch abstatten. Aber nun zu euren Abenteuern! Finelleth, meine Liebe, was habe ich verpasst? Oder besser gesagt, was ist mir erspart geblieben? Ich habe gehört, in einer Stadt namens Fornost ist es drunter und drüber gegangen, und ihr wart mittendrin!"
"Drunter und drüber, das kann man wohl sagen," sagte Finelleth und stürzte sich in einen detaillierten Bericht über die Reise von Oronêls Gemeinschaft und über die Belagerung von Fornost.

Kerry verzog das Gesicht. Sie wollte nicht an Fornost oder Angmar erinnert werden. Außerdem kam sie sich bei einem Treffen alter Freunde, wie dies eines zu sein schien, etwas fehl am Platz vor. Also verabschiedete sich höflich und begann, ziellos durch die Hallen und Flure des Hauses zu streifen. Immer wieder traf sie dabei auf Elben, die sie entweder nicht beachteten oder ihr einen freundlichen, aber dennoch leicht irritierten Blick schenkten. Kerry musste feststellen, dass Elronds Haus von innen größer war, als es von außen gewirkt hatte. Sie bog um eine Ecke - und stieß mit einer dunkelhaarigen Gestalt zusammen, sodass beide zu Boden fielen.
Hastig rappelte Kerry sich wieder auf. "Tut mir Leid! Tut mir Leid! Ich habe wohl nicht aufgepasst."
"Das kannst du aber laut sagen!" antwortete ihr eine helle, hörbar verärgerte Stimme. Sie gehörte einem dunkelhaarigen Mädchen, das ein tiefblaues Kleid nach Elbenart trug und das die Hände in die Hüften gestemmt hatte. Sie musste ungefähr fünfzehn Jahre alt sein, schätzte Kerry. Und sie war eindeutig nicht erfreut über das, was geschehen war. "Mach gefälligst deine Augen auf, anstatt hier wie ein kopfloses Huhn durch die Gegend zu rennen! Du hast Glück, dass ich mich bei dem Sturz nicht verletzt habe, sonst..."
"Sonst was?" unterbrach Kerry, die sich ebenfalls zu ärgern begann. Der Ton, den das Mädchen angeschlagen hatte, gefiel ihr überhaupt nicht.
"Sonst rufe ich meinen Bruder, und der wird dir Manieren beibringen!" drohte ihr Gegenüber.
"Dann ruf' ihn doch," gab sich Kerry wenig beeindruck. "Mit dem werde ich schon fertig werden."
"Pah! Du wirst schon sehen, was du davon hast!" giftete das Mädchen und stürmte davon, jedoch nicht, ohne zwei vorbeischlendernde Elben grob aus dem Weg zu schubsen.
Kerry konnte darüber nur den Kopf schütteln. "Sieht ganz so aus als hätten noch nicht alle hier verstanden, dass Bruchtal ein Ort des Friedens ist," murmelte sie.

Sie beschloss, nach Finelleth zu suchen. Falls sich der Bruder des unfreundlichen Mädchens wider Erwartung als Problem herausstellen sollte, wollte Kerry ihm nicht alleine gegenübertreten müssen. Und Finelleth war die beste Kämpferin, die sie kannte. Doch als sie den Balkon erreicht hatte, auf dem sich ihre Freundin mit dem Elben namens Antien unterhalten hatte, musste sie feststellen, dass dort niemand mehr war.
"Mist!" sagte sie leise zu sich selbst. Finelleth und Antien müssen sich wohl ein ruhigeres Plätzchen gesucht haben. Und was jetzt? "Blóden hel!"
Kaum war der rohirrische Fluch im Raum verklungen wurde er schon in derselben Sprache beantwortet: "Na na, eine solche Sprache haben dir aber deine Eltern bestimmt nicht beigebracht, junge Dame." Ein in die Jahre gekommener rohirrischer Krieger betrat den Balkon und musterte Kerry von oben bis unten, ehe er sagte: "Ich hätte nicht gedacht, dass die ersten Worte, die ich in meiner Muttersprache höre, seitdem Irwyne nach Westen aufbrach, ein solch derber Fluch sein würden."
Kerry riss sich zusammen und schluckt die scharfe Erwiderung hinuter, die ihr bereits auf der Zunge gelegen hatte. "Entschuldigt, Meister," sagte sie auf rohirrisch und machte eine höfliche Grußgeste. "Mein Name ist... Déorwyn, Cynerics Tochter, aus Hochborn."
"Gamling, Garalds Sohn, aus der Westfold," stellte sich ihre neue Bekanntschaft vor.
"Ihr kennt Irwyne?" fragte Kerry. "Sie bestieg in Mithlond ein Schiff, das sie nach Dol Amroth bringen wird, falls Ihr Euch fragt, wie es ihr ergangen ist."
"Schön zu hören," sagte Gamling freundlich. "Und was bringt dich nach Bruchtal, Déorwyn von Hochborn?"
Ehe Kerry Zeit hatte, sich zu überlegen, wie sie auf diese Frage antworten sollte, wandte Gamling den Blick zur Tür, von der schnelle Schritte zu hören waren. Er verzog gequält das Gesicht. "Ich weiß, wer da kommt," sagte er und seufzte. "Ich weiß nicht, was ich diesmal falsch gemacht habe, aber wenn Faeriën von Eldalondë einmal in Fahrt ist, täte man gut daran, das Weite zu suchen bis ihr Zorn verraucht ist. Zu dumm, dass wir uns hier in eine Sackgasse manövriert haben."
Faeriën - das Mädchen, das mit Kerry zusammgestoßen war - kam schnellen Schrittes herein und baute sich so bedrohlich es ihr möglich war vor Gamling und Kerry auf. "Ihr könnt jetzt damit aufhören, in eurer seltsamen Geheimsprache zu reden," giftete sie.
"Das ist Rohirrisch," gab Kerry heftig zurück.
"Ist mir egal. Ich habe mir gleich schon gedacht, dass du mit Gamling unter einer Decke stecken musst. Ist das etwa Vergeltung für die Sache mit den Hufeisen, alter Mann?"
"Ich würde nie..." versuchte Gamling sich zu wehren, aber Faeriën schnitt ihm gnadenlos das Wort ab.
"Pech gehabt! Mein Bruder ist auf dem Weg. Jetzt habt ihr nichts mehr zu lachen!"
Eine hochgewachsene Gestalt trat durch die Tür - und Kerry riss vor Staunen die Augen auf.
"So, du bist also diejenige, die meiner kleinen Schwester Ärger gemacht hat," sagte Rilmir und kam heran.
"Hallo, Dúnadan," antwortete Kerry und fiel ihm in die Arme.
"Was soll das?" hörte sie Faeriën verärgert sagen. "Verpass' ihr eine Abreibung! Wirf sie über das Geländer!"
"Genug, Faeriën. Kerry und ich sind alte Freunde. Ich bin mir sicher, sie ist nicht absichtlich mit dir zusammgenstoßen," sagte Rilmir als er sich von Kerry löste.
"Sag mal, bist du etwa nach der Faeriën von Faeriëns Pforte benannt?" fragte Kerry schnell. Sie erinnerte sich an den Überfall des Sternenbundes auf die Feste der Erben Isildurs am Abendrotsee. Damals waren sie über einen verborgenen Eingang ins Innere der Festung geklettert, der denselben Namen wie Rilmirs kleine Schwester getragen hatte.
Faeriën bedachte sie mit einem Blick, in dem sich Misstrauen und Neugierde mischten. "Ja, so ist es. Bist du etwa dort gewesen?"
"Rilmir und ich haben geholfen, den Sitz der Erben Isildurs zu befreien," erklärte Kerry.
"Davon hast du mir noch gar nichts erzählt, gwador," stellte Faeriën fest. "Schon wieder."

Sie schien einen Augenblick nachzudenken und ergriff dann überraschend Kerrys Hand. "Also gut. Du kommst jetzt mit mir und erzählst mir alles über deine Reisen mit meinem Bruder. Weißt du, er hält mich nämlich hier gefangen, in Bruchtal. Ständig redet er davon, dass die Welt da draußen zu gefährlich für mich sei. Was für ein Unsinn! Und dann erzählt er mir nicht einmal, was dort wirklich vor sich geht und was er für Abenteuer erlebt. Aber jetzt habe ich ja dich dazu." Sie zog Kerry mit sich, und Rilmir folgte ihnen, einen eindeutig belustigten Ausdruck im Gesicht. Während sie mehrere große Räume durchquerten ließ Faeriëns Redefluss kaum nach. "In Bruchtal habe ich längst alles gesehen, was es zu sehen gibt, und Neuigkeiten aus der Ferne sind rar. Der alte Gamling hat längst keine Geschichten mehr zu erzählen, und die Elben sind entweder ständig mies gelaunt oder halten sich für die größten Witzbolde, die Mittelerde je gesehen hat. Es ist kaum zu ertragen, das kannst du mir glauben. Und denkst du, man kann sich auf sie verlassen? Ha! Natürlich nicht! Nicht einmal Grüße überbringen können sie. Dieser Oronêl, der sich wohl für etwas Besonderes hält, hat es nicht für nötig gehalten, meinem Bruder meine Grüße zu überbringen, als er nach Fornost gegangen ist."
Endlich hatten Faeriën ihr Ziel ereicht: Eine der kleineren Gastunterkünfte, in der sie offenbar untergebracht war. Sie bot Kerry einen Stuhl an, während sich Rilmir ungefragt auf das kleine Bett legte. Am Fenster des Raumes stand eine weitere bekannte Gestalt: Haleth, die ein ganz ähnliches Kleid wie Faeriën trug und die Haare kunstvoll frisiert trug. Auch sie begrüßte Kerry mit einer herzlichen Umarmung.
"Ich bin froh, dass es dir gut geht," sagte Haleth. "Wie ich sehe, hast du schon Bekanntschaft mit dem Rest der Familie gemacht..."
Kerry nickte und nahm Platz, um sich den Fragen Faeriëns zu stellen. Doch ehe sie beginnen konnten öffnete sich die Tür des Raumes erneut, und Oronêl kam herein.
Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Kerrys Blick huschte von Oronêl zu Faeriën, deren Augen sich zu engen Schlitzen verzogen hatten. "Du..." zischte das Mädchen gefährlich.
In was bin ich da bloß reingeraten?
« Letzte Änderung: 20. Apr 2017, 12:29 von Fine »
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Eandril

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Faeriën von Eldalondë
« Antwort #15 am: 13. Apr 2017, 18:41 »
Oronêl fand das Gästezimmer ohne Schwierigkeiten, und lauschte für einen Moment den fröhlichen Stimmen. Kerrys Stimme erkannte er sofort, und auch die andere weibliche Stimme kam ihm entfernt bekannt vor. Als für einen kurzen Augenblick Stille herrschte, öffnete er die Tür, und trat mit einem Lächeln über die Schwelle in den kleinen, aber gemütlichen Raum.
Er ließ den Blick über die vier anwesenden Menschen schweifen. An dem Fenster, dass auf die Gärten Bruchtals hinausblickte, stand eine hübsche Frau mit kunstvoll geflochtenen Haaren, die Oronêl in Fornost bereits flüchtig gesehen zu haben glaubte. Neben ihr auf zwei Stühlen saßen Kerry und ein jüngeres Mädchen mit dunklen Haaren, dass ihn zu seiner Verwunderung zornig anblickte, und auf dem Bett gegenüber lag ein ebenso dunkelhaariger Mann, den Oronêl schnell erkannte, obwohl sie in Fornost nur wenige Worte gewechselt hatten.
"Rilmir", begrüßte Oronêl den Dúnadan, der sich bei seinem Eintreten aufgerichtet hatte. "Schön, euch zu sehen. Ich hoffe, eure Wunde aus Fornost ist gut verheilt?"
Rilmir erwiderte das Lächeln, und nickte. "Natürlich, es ist nur eine Narbe zurückgeblieben." Er deutete mit dem Arm durch den Raum. "Haleth habt ihr ja bereits in Fornost gesehen, und ich glaube, meine Schwester Faeriën kennt ihr ebenfalls bereits...?"
Bei den letzten Worten spielte ein beinahe schadenfrohes Lächeln um Rilmirs Lippen. Oronêl deutete eine Verbeugung in Haleths Richtung an, und fragte wieder an Rilmir gewandt: "Und darf ich fragen, warum eure Schwester mich mit ihren Blicken nahezu erdolcht?"
Bevor Rilmir antworten konnte, war Faeriën bereits aufgesprungen, und bohrte Oronêl einen sehr spitzen Zeigefinger in die Brust, obwohl sie ein gutes Stück kleiner als er war.
"Ich hatte dich um etwas gebeten", stieß sie zornig hervor. "Und du hattest offenbar nie vor, es zu tun. Oder? Oder?"

Oronêl warf einen hilfesuchenden Blick zu Kerry, die jedoch nur hilflos mit den Schultern zuckte. Haleth hatte den Blick abgewandt und betrachtete offenbar etwas äußerst interessantes vor dem Fenster, und Rilmir blickte angestrengt zur Decke empor.
Oronêl blickte wieder auf Faeriën hinunter, bemüht über den beinahe komisch-zornigen Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht zu lächeln, und versuchte verzweifelt, sich zu erinnern, was es gewesen sein mochte, dass er ihr versprochen hatte - bis es ihm schließlich einfiel.
"Ah", sagte er. "Du hattest mich gebeten, deinen Bruder zu grüßen - was ich offensichtlich nicht getan habe."
"Genau", gab das Mädchen zurück. "Ist dein Gedächtnis mit dem Alter löchrig geworden, oder bedeuten die Wünsche von Menschen dir so wenig?" Kerry blickte mit weit geöffneten Augen zwischen Oronêl und Faeriën hin und her, beinahe ängstlich, doch Oronêl hatte nicht vor, sich mit Rilmirs Schwester zu streiten. Immerhin hatte sie mit ihrem Vorwurf nicht unrecht, er hatte ihr etwas versprochen und es nicht gehalten.
Er nahm die Hand, deren Zeigefinger noch immer schmerzhaft gegen sein Brustbein drückte, zog sie sanft beiseite und sagte: "Du hast recht, ich habe es nicht getan, und ich möchte mich dafür entschuldigen - Es tut mir leid, Faeriën."
Damit schien sie nicht gerechnet zu haben, denn sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas zu sagen. Dann befreite sie ihre Hand aus seinem Griff, und ließ sich mit verschränkten Armen wieder auf ihren Stuhl fallen. "Und warum nicht?"
"Nun, es hat nichts damit zu tun, dass ich Versprechen an Menschen weniger hoch achten würde, als an einen Elben", erklärte Oronêl. "Und auch nichts damit, dass das Alter mein Gedächtnis löcherig gemacht hätte - zumindest funktioniert es meistens noch zufriedenstellend."
Faeriëns Augen verengten sich, denn sie war sich offensichtlich nicht sicher, ob Oronêl sich vielleicht über sie lustig machte. Bevor sie etwas sagen konnte, sprach Oronêl weiter: "Aber als ich nach Fornost kam, gab es eine große Schlacht - dein Bruder hat dir sicherlich davon erzählt." Faeriën nickte, während Rilmir komischerweise eine beinahe verzweifelte abwehrende Geste machte. "In dieser Schlacht wurden zwei meiner Gefährten getötet, und beinahe alle anderen verwundet. Dann traf ich alte Freunde wieder, fand ein paar neue..." Er nickte in Kerrys Richtung. "Und da dein Bruder schwer verwundet war und von vielen sogar für tot gehalten wurde, hatte ich..." Rilmirs abwehrende Gesten hatten an Verzweiflung noch zugenommen, und bei Oronêls Worten fuhr Faeriën so heftig in Richtung ihres Bruders herum, dass ihr Haar Kerry direkt im Gesicht traf. "... so schnell keine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen", beendete Oronêl seinen Satz langsam, und sah Rilmir an. "Also... tut mir leid, Rilmir."
"Du hast mir nicht erzählt, dass es so schlimm war", sagte Faeriën gefährlich leise, ohne ihren älteren Bruder aus den Augen zu lassen. "Warum nicht?"
Bevor Rilmir antworten konnte, sagte Oronêl leise, aber in dem gleichen bestimmten Tonfall, den er vor langer Zeit auch bei seiner Tochter verwendet hatte: "Faeriën." Auch bei ihre verfehlte der Tonfall seine Wirkung nicht, und das Mädchen wandte sich unwillkürlich wieder ihm zu.
"Das ist natürlich keine Entschuldigung, dass ich deine Bitte vergessen habe", fuhr Oronêl fort, als wäre nichts gewesen. "Nur eine Erklärung, wie es dazu kommen konnte. Also... nimmst du meine Entschuldigung an?"

Faeriën verschränkte erneut die Arme vor der Brust, und schien intensiv nachzudenken. "Was bekomme ich dafür, dass ich dir verzeihe?" Erneut musste Oronêl ein Lächeln unterdrücken, obwohl das Mädchen eindeutig keinerlei Erziehung genossen hatte. Vermutlich waren seine Eltern viel zu früh gefallen, und der Bruder, der um einiges älter war, zu oft unterwegs.
"Mach einen Vorschlag", erwiderte er mit so sanftem Spott, dass er an Faeriën unbemerkt vorüberging.
"Seid ihr sicher, dass ihr wisst was ihr tut?", fragte Rilmir mit besorgter Miene, und Oronêl winkte unauffällig ab. Faeriën nagte ein wenig unsicher an ihrer Unterlippe, denn offenbar hatte sie so viel Entgegenkommen nicht erwartet.
"Also... du könntest meinen Bruder dazu bringen, dass er mich das nächste Mal mitnimmt, wenn er geht", sagte sie schließlich, doch Oronêl schüttelte den Kopf. "Ich fürchte, das liegt allein in seiner Macht, nicht in meiner."
"Hm... dann musst du Kerry helfen, mir von allem zu erzählen, was ihr erlebt habt. Ich will alles wissen." Faeriën klang dabei so sehnsüchtig, dass Oronêl nicht anders konnte, als zuzustimmen. "Solange ich bleibe, werde ich dir berichten, was ich kann", sagte er.
Faeriën schien damit zufrieden zu sein, und wandte sich wieder ihrem Bruder zu. "Und jetzt wirst du mir erklären, warum du mir so etwas verschweigst. Du wärst beinahe gestorben!"
Kerry sprang von ihrem Stuhl auf, wich dem hilfesuchenden Blick Rilmirs aus, und sagte: "Vielleicht sollte ich lieber gehen, und mir ein eigenes Zimmer suchen... es wird spät."
"Ich... komme mit", schloss sich Haleth überraschend an. Anscheinend wollte sie ebenfalls ungern in der Nähe sein, wenn Faeriën ihren Bruder zur Rede stellte. Oronêl schloss sich Kerry und Haleth schweigend an, nachdem er Rilmir einen entschuldigenden Blick zugeworfen hatte. Sein Mitleid für den Dúnadan wurde allerdings durch die Tatsache gedämpft, dass er Faeriën zustimmte, Rilmir hätte ihr davon erzählen sollen. Schließlich wirkte sie alt genug dafür, und Tod und Schlacht waren bestimmt keine unbekannten Erzählungen für sie.
Als sie ein Stück den Gang hinuntergegangen waren, blieb Haleth stehen und seufzte. "Ich möchte wirklich nicht mit Rilmir tauschen... Ihr hingegen scheint mir recht glimpflich davongekommen zu sein", meinte sie zu Oronêl. Er zuckte mit den Schultern und lächelte. "Ihr wisst doch, Elben sind Meister der Rede...", sagte er mit einem Augenzwinkern.
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:01 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Curanthor

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Re: Elronds Haus
« Antwort #16 am: 13. Apr 2017, 20:48 »
Mathan blickte seinem Freund hinterher, als er zusammen mit Arwen die Halle des Feuers verließ. Er selbst ließ sich auf einem bequemen Stuhl nieder, den Elrond ihm anbot. Das Feuer prasselte angenehm und der Hausherr eröffnete das Gespräch: "Wie ist es dir ergangen? Ich entnehme dem Bericht, dass ihr viel zu tun hattet, nach unseren Gespräch in Aldburg. Selbst die Pläne über Eregion nehmen Form an, wie man so hört..."
Mathan bemerkte sofort, dass Elrond immer auf dem neuesten Stand war, aber das wunderte ihn nicht, denn der Herr von Bruchtal war dafür bekannt Dinge zu erfahren, lange bevor sich die Nachrichten verbreiten.
"Das ist auch der Grund, warum ich nicht mit dem Gespräch warten möchte", sagte er und erhielt ein Nicken Elronds zum weitersprechen: "Damals habt ihr mir Dinge über meine Familie erzählt..." Mathan machte eine kurze Pause und bemerkte, wie sein Gegenüber die Brauen zusammenzog. "Kennst du den Namen Ringelendis?"
"Ich... bin mir nicht sicher, was das bedeuten soll", antwortete Elrond nach kurzen Zögern und rang sich dann doch dazu durch offen zu sein, "Dein Onkel bat mich damals absolutes Stillschweigen über diesen Namen zu bewahren."
"Deswegen die Lüge über Finvain?", stellte Mathan fest, jedoch nüchtern, ohne Zorn.
Elrond nickte langsam und seufzte schließlich, ehe er sich ebenfalls niederließes. "Deine Mutter hat mich darum gebeten. Sie wollte nicht, dass man zu viel über ihre Herkunft weiß. In deinen Augen sehe ich, dass du nun weißt wohin dich dein Weg führt, deswegen kann ich es dir nun erzählen. Es ist lange her, aber ich traf deine Eltern schon einmal, aber damals war ich zu klein um mit ihnen zu sprechen."
Mathan runzelte die Stirn und legte den Kopf schief, bis er sich an ein Gespräch mit seinem Vater erinnerte. "Amarin erzählte mir einst, dass er Irloê in Gondolin traf."
"Das hat er mir später auch erzählt, denn das erste Mal sah ich die beiden an den Mündungen des Sirion", bestätigte Elrond düster und versank in Schweigen. Mathan wusste warum, denn das dunkle Kapitel in der Geschichte der Elben war ein unausgesprochenes Tabu. Es verwunderte ihn nicht, dass Amarin ungern über seine Vergangenheit sprach.
"Das ist es aber nicht, was ich für mich behalten sollte, sondern das, was ich damals sah", brach Elrond das Schweigen und trank aus einem schlanken Kelch, "Deine Mutter befand sich unter den Überlebenden aus Gondolin, aber dein Vater nicht. Sie trafen sich dort wieder und das nach einer langen Zeit, so wie es für mich damals aussah."
"Das ist so lange her, wie kannst du dich daran erinnern?", fragte Mathan verwundert und scherte sich nicht darum, dass er die persönliche Ansprache nutzte, denn Elrond tat es ihm gleich.
"Nun, es war eine der düstersten Stunden meines Lebens, so Etwas brennt sich in das Gedächtniss. Besonders wenn sich im all dem Chaos zwei Liebenden wiederfinden. Leider weiß ich nicht mehr darüber, denn wie gesagt: Ich war noch sehr jung. Es sind nur Bruchtteile, Bildfetzen wie ein zersprungener Spiegel."
Mathan nickte verstehend und bohrte nicht weiter, auch wenn er irgendwie das Gefühl hatte, dass Elrond den Namen Ringelendis kannte. Doch der Herr Imladris wechselte das Thema: "Wie ist es deinem Vater in all der Zeit ergangen? Ich war schon in Sorge, aber mir war nicht klar, wo er sich befand, denn meine Sicht war getrübt."
"Es geht ihm mehr oder weniger gut...", antwortete Mathan leise und überlegte kurz, zog dann aber die Waffe von seinem Rücken, "Zumindest so gut, dass wir zusammen wieder die Hämmer schwingen konnten." Den letzten Satz sagte er mit einem verschmitzten Lächeln und reichte Elrond Maltahal, der den verlängerten, stabähnlichen Griff packte und bewundernd die lange Klinge betrachtete.
"Eine hoch qualitative Arbeit", bemerkte Elrond anerkennend, "Die Größe eines Langschwerts, Stichvermögen eines Speeres. Ich schätze man führt es hauptsächlich zweihändig."
Mathan nickte stolz, nahm die Waffe wieder an sich und verstaute sie. Sogleich fing er an zu berichten was seinem Vater zugestoßen war. Der Herr Bruchtals lauschte aufmerksam und stellte manchmal ein paar Zwischenfragen zum besseren Verständnis. Mathan schloss mit dem Worten: "Nachdem Kampf in der Schmiede scheint sein Geist sich wieder zu erholen und er wird wieder ganz der Alte, auch wenn einige Charakterzüge anders sind."
"Solch ein Eingriff in die Persönlichkeit hinterlässt immer Spuren", bestätigte Elrond und überlegte kurz, "Wenn Amarin mag, kann er sich gerne hier in Bruchtal erholen. Die Tore stehen jedem offen, der Ruhe und Frieden sucht."
Mathan verneigte sich knapp und bedanke sich in seines Vaters Namens für das Angebot, erklärte aber, dass dieser lieber ein Auge auf die Dinge in Eregion habe.
Elrond nickte lächelnd und sprach: "Das ist verständlich, immerhin hat er gerade erst seine Enkelin kennengelernt und seine Heimat wird auf ein Neues bevölkert. Jeder würde dort bleiben wollen und sich daran beteiligen."
Mathan entging nicht die Andeutung auf sich selbst, ging jedoch nicht darauf ein, sondern antwortete: "Das stimmt, er hat einen großen Erfahrungsschatz und viele Geheimnisse..."
Sie verstummten einen Augenblick und ein blonder Elb brachte eine Karaffe mit einem leichten Wein. Mathan gönnte sich ein kleines Glas und nippte daran, nachdem er sich eingegossen hatte. Elrond tat es ihm nach und sagte nach einer kleinen Stille: "Nun, manche Geheimnisse müssen sein, aus Schutz oder weil man noch nicht bereit für manche Dinge ist."
"Meister Elrond", begann Mathan plötzlich und setzte sein Glas ab, "Habt ihr je etwas von Saphirtoren gehört?" Ihm war aufgefallen, dass Amarin das einmal erwähnte und es so formuliert hatte, dass sie etwas Besonderes waren. Der Angesprochene zog jedoch überrascht eine Braue in die Höhe und stellte ebenfalls sei Glas ab. "Das ist eine schwierige Frage. Ich habe davon nur ein einziges Mal gehört. Damals ging es um einen uralten Bericht aus dem Norden, doch mehr weiß ich nicht darüber. Es erschien uns nicht wichtig, warum fragst du?"
"Nur aus Neugierde, ich hab nur mal Etwas darüber gelesen.", winkte Mathan ab und versank im Gedanken. Ihm war klar, dass Elrond ihn skeptisch musterte, denn es war offensichtlich, dass er mehr wuste, doch Mathan wollte die Saphire nicht mit seiner Mutter in Verbindung bringen.
"Der Bericht stammte von einer Expedition in den kalten Norden, nach dem Wandel der Welt. Ich könnte dir die genaue Richtung nennen, wenn es dir helfen würde", riss Elrond ihn aus dem Gedanken, woraufhin Mathan ihn überrascht anblickte. "Es ist offensichtlich, dass du ein klares Ziel vor Augen hast und dieses Saphirtor irgendwas damit zu tun hat."
"Ich werde mit Sicherheit darauf zurückkommen", sagte Mathan dankend und wechselte das Thema: "Könnte ich dich um einen Gefallen bitten?"
"Das kommt auf die Art des Gefallens an", antwortete Elrond sogleich und nippte an seinem Glas, während er ihn über den Rand des Gefäßes anblickte.
Mathan schmunzelte und trank ebenfalls ein kleinen Schluck des süßen Weins, der einen samtigen Abgang hatte. "Wenn du meine Schwestern wiedersiehst, könntest du ihnen ausrichten, dass sie mir nicht folgen sollen?"
Elrond setzte das Glas ab und faltete die Hände. "Ich kann es versuchen, aber warum soll gerade ich das machen und nicht dein Vater in Eregion, wo sie womöglich zuerst auftauchen werden? Außerdem hätte ich eine Bedingung..."
Auf Mathans Frage, was das für Eine wäre, hob Elrond eine Hand und sagte nur :"Alles zu seiner Zeit, zuerst würde ich gerne das warum erfahren."
"Nun, sie sind etwas kompliziert...", begann Mathan und ließ somit seinen Gesprächspartner schmunzeln, "Und sie waren eine ganze Weile lang hier."
Elrond nickte schmunzelnd. "Du hast es also bemerkt, woran?"
"Die Mäntel und die Waffen, als ich sie in Lindon traf", antwortete Mathan, "Außerdem ist es naheliegend, nach Bruchtal zu gehen, von Lórien ausgehend."
"Nun, sie sind zu ihren Onkel gegangen," bestätigte Elrond und erklärte, dass er die beiden Mädchen als Späher einsetzte, wofür sie sich freiwillig gemeldet hatten, "Sie kundschaften für mich die Bewegungen Sarumans aus und halten Ausschau nach möglichen Verbündeten. Wie zum Beispiel den Sternenbund, wobei sich eure Taten bereits herumgesprochen haben." Auf Mathans hochgezogenen Augenbrauen hin, schmunzelte Elrond erneut und sagte: "Saruman verliert an Halt und sein Rückzug bei Fornost war ein Signal. Nachrichten reisen schnell, besonders solche, wenn Elben daran beteilgt waren."
"Ich verstehe nicht, was das mit meinen Schwestern zu tun haben soll", gestand Mathan stirnrunzelnd. Doch Elrond erklärte nur, dass die beiden Frauen Gerüchte streuten und so die Bevölkerung gegen Saruman aufbrachten. Dafür brauchte man so viele Informationen wie möglich. "Außerdem würde die Ankunft der Elben in Eregion ebenfalls einen großen Einfluss auf Eriador haben..."
"Ich denke, wir sollten das erst einmal für uns behalten, die Manarîn müssen erst Fuß fassen. Sie können keine Aufmerksamkeit gebrauchen, auch wenn große Baumeister unter ihnen sind, können sie sich nicht so bald verteidigen, sie sind schutzlos. Die Hwenti erreichen Eregion nur in Schüben, soweit ich weiß. So müssen die Manarîn die Hauptlast tragen, wenn es zu Problemen kommt", wandte Mathan ein, woraufhin Elrond bekräftigen nickte.
"Ich werde sehen, was ich tun kann. Ist es denn absehbar, dass sie sich dem Kampf gegen das Böse anschließen?", fragte der Herr Bruchtals schließlich und klang weder neugierig, noch wertend. Mathan zögerte einen Moment, denn bei seiner Abreise waren die Manarîn noch richtig angekommen und die Hwenti in mehrere Lager gespalten, Eines von Fanathr geführt, die Faelivrin zwar akzeptierten, aber bei Entscheidungen mitreden wollten und andere Elben, die nicht einem Anführer folgten oder noch keine Zeit und Lust hatten sich damit zu befassen. Nach einer Weile sagte Mathan vorsichtig: "Ich denke, dass sie erst eine Zeit brauchen werden. Die Manarîn sind vorbereitet für neue Herausforderungen, die Hwenti nicht. Die Einen flohen vor dem Schrecken, die Anderen weil sie keine Heimat mehr hatten. Ich denke, dass wir in Kontakt bleiben sollten, die Erste unter ihnen wird mit Sicherheit die Wogen glätten und dann kann man weiter planen."
"Eine Erste?", fragte Elrond sofort neugierig und beugte sich etwas vor, "Wie ist ihr Name?"
Mathan beschrieb zusammengefasst Ivyn und woher er sie kannte, auch wie er mit ihr über Halarîn verwand war. Als er endete nickte Elrond, entschuldigte sich für seine Neugierde und wandte sich dem vorherigen Thema zu: "Selbst wenn Eregion sich zurückhält ist es gut zu wissen, dass sich Saruman dort nicht festbeißen kann und die Geheimnisse der Schmiede sicher sind."
"Das sind sie", bekräftigte Mathan und tippte gegen die Waffe auf seinem Rücken, "Mein Vater wacht über sie."
Elrond schien erleichtert und nickte. Er erhob sich und entschuldigte sich mit den Worten: "Es war ein langer Tag, ich werde mich nun etwas zurückziehen."
"Natürlich, habt Dank für das ausführliche Gespräch, Meister Elrond", sagte Mathan freundlich, während er sich erhob. Er senkte leicht den Kopf, woraufhin sich Elrond aus dem Raum zurückzog. Mit einem leisen Klicken fiel die Tür ins Schloss und Mathan blieb alleine in der Halle des Feuers zurück. Die Wärme des Feuers schien ihm fern und das Knistern der Flammen merkwürdig dumpf. Ein Windzug ging durch eines der großen,  offenem Fenster. Mathan atmete tief durch und meinte ein Wispern im Wind zu vernehmen, schob es aber dann auf das Plätschern der Wasserfälle und dem Wind in den Bäumen. Das Gespräch mit Elrond hat viel gebracht, aber auch genauso viele Fragen aufgeworfen. Er kannte nur eine Person, die ihm Antworten konnte, auch wenn er ihn nicht sonderlich mochte. Oronêl hatte kurz seinen Namen erwähnt und auch wenn er ihn nicht oft sah, so gehörte er zur Familie. Mathans Schritte führten ihn in den etwas abgelegeneren Teil von Imladris, bis er an das kleine Haus kam, das er nur selten zu Gesicht bekam. Unterwegs traf er einen Elben, den er flüchtig kannte und erkundigte sich nach Kerry. Natürlich wusste der Mann erst nicht, was Mathan von ihm wollte, doch nach einer kurzen Beschreibung erklärte der Elb, dass das Mädchen bei ihren Freunden war. Was er damit meinte, blieb offen.
Mathan musste gar nicht Klopfen, denn die Tür schwang auf, als er gerade die Hand hob.
"Ah, du bist's, Junge. Ich weiß nicht, ob es gut ist zu sehen oder nicht. Trotzdem heiße ich dich willkommen, tritt ein", erklang die strenge Stimme seines Onkels. Er klang nicht wirklich erfreut, aber auch nicht abweisend und eine Spur Neugierde schwang in seiner Stimme mit.
"Cinad", begrüßte Mathan ihn und betrat das Haus, nach der doch recht freundlichen Einladung, "Mae govannen."
"Was führt dich zu mir?", fragte Cinad nachdem er hinter Mathan die Tür geschlossen hatte.
"Meine Mutter, Ringelendis", antwortete er sofort und bemerkte, wie sein Onkel die Brauen zusammenzog.  Der strenge Zug um dessen Mund verschwand jedoch und er ging zu den großen Tisch, der weiter hinten im großen Wohnzimmer stand. Mathan folgte ihm und setzte sich Cinad gegenüber.

Mathan in das Haus von Cinad
« Letzte Änderung: 19. Apr 2017, 03:09 von Curanthor »

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Die elbische Sichtweise
« Antwort #17 am: 13. Apr 2017, 23:36 »
Kerry lachte. "Ja, das hat man gesehen. Da hast du dich wirklich äußerst geschickt aus Affäre gezogen, Oronêl," lobte sie.
"Ach, das war noch gar nichts," befand dieser. "Du hättest sehen sollen, wie ich Mithrellas einst davon abgehalten habe, sich Hals über Kopf darauf zu stürzen, ein eigenes Boot zu bauen und den Celebrant hinauf zu paddeln. Damals war sie nicht älter als neun oder zehn Jahre. Ich musste all meine Überredungskunst aufbringen um sie umzustimmen."
Haleth lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand. "Ich bin jedenfalls froh, dass Faeriën euch beide nun nicht als ihre neuen Feinde betrachtet. Das Mädchen hat nicht viele Freunde hier in Imladris, obwohl sie seit ihrem siebten Lebensjahr hier lebt, nachdem ihre Eltern gestorben waren. Rilmir hat sein Bestes gegeben, für sie zu sorgen, aber... er konnte nicht einfach sein ganzes Leben damit verbringen, in Elronds Haus zu leben und seine Pflichten den Dúnedain gegenüber zu vernachlässigen. Ich glaube, auf eine Art versteht Faeriën das auch, aber... nun, zumindest du, Kerry, müsstest ja wissen, wie Mädchen in ihrem Alter sein können; insbesondere dann, wenn sie keine Erziehung erhalten haben."
"Sie fühlt sich bestimmt furchtbar eingeengt hier in Bruchtal," meinte Kerry mitfühlend. "Aber ich verstehe den Dúnadan: Er kann sie nicht einfach hinaus in die Welt spazieren lassen. Dort ist es dieser Tage viel zu gefährlich."
"Nun, vielleicht könnte er sie auf eine etwas ungefährlichere Reise mitnehmen", überlegte Oronêl. "Wenn Haleth sie ebenfalls begleitet, wäre sie relativ gut geschützt. Vielleicht eine kleine Wanderung hinunter zur Bruinenfurt?"
"Das wäre denkbar," überlegte Haleth. "Ich werde mit Rilmir darüber sprechen... sobald seine Schwester mit ihm fertig ist." Sie verzog das Gesicht zu einem gequälten Lächeln und strich die Falten ihres Kleides glatt. "Habt Dank, alle beide. Ich werde sehen, ob ich vielleicht mit einem Abendessen für Versöhnung unter den Geschwistern sorgen kann." Sie verabschiedete sich und eilte in Richtung der Halle des Feuers davon.

"Bruchtal ist schon irgendwie ein ganz schön merkwürdiger Ort," murmelte Kerry und folgte Oronêl hinaus ins Freie, wo die Wasserfälle Bruchtals gut zu sehen waren.
"Es sind die Leute, die hier leben, die ihn dazu machen," entgegnete Oronêl. "Über Waldelben wie mich wird gesagt, wir seien gefährlicher, und weniger weise, als die Hochelben, aber im Umkehrschluss kann man genausogut sagen, dass die Hochelben weniger entschlossen, und weniger herzlich als mein Volk sind. Ein Teil von mir fühlt sich mit diesem Ort verbunden, aber gleichzeitig ist er doch so ganz anders als meine Heimat im Goldenen Wald. Wir lebten in Harmonie mit den Bäumen, die Hochelben hingeben haben schon immer lieber in Städten aus Stein gelebt."
"Ich verstehe was du meinst," sagte Kerry. "Und mir geht es ganz ähnlich. Dieser Ort... lädt einen dazu ein, ihn als Zuhause anzunehmen, aber... hier sind so viele Leute, noch mehr als in Ost-in-Edhil, Fornost oder Mithlond, auf einem Haufen, da sie beinahe alle in diesem großen Haus leben."
Oronêl nickte. "Eine ruhige Ecke käme jetzt genau richtig. Ich habe in meiner Zeit in den Pinnath Gelin gelernt, die Stille und Einsamkeit wertzuschätzen."
"Wie lange bist du denn dort gewesen, und weshalb?" fragte Kerry interessiert.
"Nachdem Mithrellas, Nimrodel und Amroth verschwunden waren, zog ich mich in die Einsamkeit der Pinnath Gelin nordwestlich von Dol Amroth zurück... und verbrachte beinahe tausend Jahre dort. Nach meiner Rechnung bin ich erst vor Kurzem von dort aufgebrochen. Nicht einmal ein Jahr ist es her. So viel ist seitdem geschehen..." Oronêl verstummte und ließ den Blick in die Ferne streifen, augenscheinlich von Erinnerungen beeinträchtigt.
"Tausend Jahre..." wiederholte Kerry staunend. "Ist es dir dabei denn nicht langweilig geworden?"
"Langweilig nicht gerade", antwortete Oronêl bedächtig. "Es war einsam, ja, aber das war mir zu der Zeit gerade recht. Ich wollte niemanden sehen und mit niemandem sprechen. Die erste Zeit verbrachte ich nur unter freiem Himmel, mit den Tieren der Wälder und den Sternen zur Gesellschaft. Irgendwann baute ich mir ein Haus - kein Haus, wie du es kennen magst, sondern nach Art der Elben von Lórien, ein Flett hoch in den Baumkronen. Nach einigen Jahren begann ich, einen kleinen Garten anzulegen. Nach vielleicht hundert Jahren verließ ich die Wälder und Hügel zum ersten Mal wieder, und ging in eine nahe Siedlung der Menschen. Es war nur ein kleines Dorf, dessen Namen ich nie erfahren habe, weil er für mich keine Bedeutung hatte, und dort kaufte ich über die Jahre hin und wieder kleine Dinge, die ich brauchte.
Ich begann, Gedichte zu schreiben, über Amroth und Nimrodel, über Calenwen, über Amdír und seinen Tod auf der Dagorlad..." Er verstummte für einen Augenblick, und die sonst sanften braunen Augen schienen einen silbrigen Schimmer zu bekommen, als ob er in weite Ferne schaute. "Doch die meiste Zeit verbrachte ich in Erinnerungen. Ich saß unter den Sternen und unter der Sonne, und dachte an lange vergangen glückliche - und weniger glückliche - Tage. Die Erinnerungen waren zu dieser Zeit alles was ich brauchte, und in den Gedanken fast aller, die ich damals kannte, war ich selbst auch zu einer Erinnerung geworden. Ich träumte, ließ meinen Geist wandern in ferne Lande die ich nie gesehen habe... ich hoffte vielleicht, eines Tages, einen Blick auf den Westen gewährt zu bekommen, um die zu sehen, dich ich liebe und die dorthin gefahren ist."
Oronêl verstummte, und räusperte sich. Der silberne Schimmer war aus seinen Augen verschwunden.
Kerry war die Veränderung nicht entgangen, die über Oronêl gekommen war. Sie hatte während seiner Erzählung gespannt zugehört und vor ihrem inneren Auge war für einen kurzen Augenblick ein Bild von sanften, grünen Hügeln aufgetaucht, die sich bis zum Horizont hinzogen. "Gerade als ich dachte, dich zu kennen, beweist du mir, wie unterschiedlich Elben doch sein können," sagte sie mit einer gewissen Ehrfurcht. "Und du bist definitiv ein Elb, Oronêl, das hast du mir gerade sehr deutlich gezeigt. Und es ist etwas Wunderbares, einen Einblick in die Sichtweise zu bekommen, wie das Unsterbliche Volk diese Welt sieht. Danke, Oronêl."
Oronêl lächelte, und es war das Lächeln, das Kerry kannte. Sein Blick schien nicht länger in die Ferne gerichtet, sondern auf das Hier und Jetzt. "Du meinst, ich wirke manchmal fast wie ein Mensch, nur gerade eben nicht, hm? Nun, daran seid ihr alle Schuld - du, Irwyne, Amrothos... ihr seid so anders, so lebendig, auf eine andere Art als Elben. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein Mensch Jahre damit verbringt, Erinnerungen nachzuhängen, doch für uns ist es so normal wie zu atmen."
Kerry schüttelte energisch den Kopf. "Nein, das zu tun kann ich mir kein bisschen vorstellen. Ich würde wahnsinnig werden, solange still zu sitzen."
"Und ein bisschen habt ihr mich damit angesteckt", meinte Oronêl. "Im Krieg ist ohnehin keine Zeit für lange Erinnerungen, doch ihr zeigt mir eine andere Seite. Elben fühlen tiefer als Menschen, doch ihr fühlt dafür auf gewisse Weise intensiver, jedes Gefühl beherrscht euch und eure Handlungen. Es... hat etwas Belebendes, und... ich fühle mich nicht länger alt." Seine Miene wurde ernst. "Als ich die Pinnath Gelin verließ, war ich bereit in der Schlacht um Dol Amroth zu sterben. Beinahe habe ich es sogar herbeigesehnt, denn ich war alt und glaubte alles verloren zu haben. Viele haben mir gezeigt, dass dem nicht so ist. Ich habe durch meine Freunde, alte und neue, gelernt, dass es sich zu Leben lohnt, und ich bin das Leben in Mittelerde nicht länger leid. Ich fühle mich beinahe wieder jung."
Er verstummte, und lächelte beinahe verlegen. "Ich hoffe, ich habe dich mit meinem Redeschwall nicht gelangweilt."
"Siehst du, jetzt machst du dir schon ganz menschliche Sorgen," sagte Kerry grinsend. "Ein echter Elb wäre doch so sehr von sich und seinen Worten überzeugt, dass er einfach grundsätzlich davon ausgehen würde, dass sie gut ankommen. Egal in welcher Situation."
Oronêl grinste. "Wann bist du denn so weise geworden, Kerry?"
"Vermutlich irgendwo auf dem Weg zwischen Mithlond und Eregion," mutmaßte Kerry lächelnd. "Meine Eltern färben auf mich ab."
"Das sehe ich," gab er zurück. Dann legte er den Kopf in den Nacken, um für einen Augenblick den Himmel zu betrachten. "Ehe es vollständig Nacht geworden ist, sollte ich wohl Celebithiel und Finelleth suchen gehen, bevor sie sich noch Sorgen um mich machen."
"Das solltest du," stimmte Kerry zu. "Und ich suche mir eine Unterkunft."

Während Oronêl in Richtung der Gärten davonging, kehrte Kerry zur Halle des Feuers zurück, die sich mit Elben gefüllt hatte. Sanfte Harfen- und Flötenklänge drangen daraus hervor. Eine große Abendgesellschaft hatte sich dort versammelt. Je weiter Kerry durch das Innere von Elronds Haus kam, desto mehr Elben schien sie zu begegnen. Schließlich wurde ihr der Trubel zuviel und sie nahm die erstbeste Treppe nach oben zu den obersten Stockwerken, wo es zwar etwas leerer, aber dennoch noch immer recht belebt war. Doch dann endlich fand Kerry eine halb offen stehende Tür, die in ein angenehm ruhiges Zimmer führte. Darin stand ein äußerst einladend wirkendes Bett, auf dem sich Kerry spontan niedersinken ließ. Es war frisch bezogen worden und roch angenehm nach einem ihr unbekannten Duft. Ehe sie es sich versehen konnte, war Kerry fest eingeschlafen, denn die Strapazen der Reise und die aufregenden Erlebnisse des Tages hatten sie erschöpft, ohne dass sie es sich bis zu diesem Moment so sehr bewusst gewesen war.

Einige Zeit später schlug Kerry vorsichtig die Augen wieder auf. Draußen war es vollständig dunkel geworden, und der Raum in dem sie sich befand, wurde nur von zwei kleinen Elbenlampen erhellt. Vorsichtig setzte sie sich im Bett auf - und erstarrte. Auf dem Fußboden hinter dem Fußende des Bettes kniete ein Elb mit nacktem Oberkörper auf einer dünnen Matte im Schneidersitz und hatte ihr den Rücken zugewandt. Die dunklen Haare fielen ihm über den muskulösen Rücken und die Ohren stachen spitz daraus hervor. Kerry hatte unwillkürlich den Atem angehalten. Offenbar war dies der private Schlafraum des Mannes, in den sie ohne böse Absicht eingedrungen war. Als sie es nicht länger aushielt, atmete sie so leise sie konnte aus, doch das genügte, um entdeckt zu werden. Der Elb wandte sich um - und Kerry wäre am liebsten in den Tiefen der Bettdecke versunken.
"Was hast du hier zu suchen, Mädchen?" fragte Meister Elrond, der Herr von Bruchtal, im scharfen Ton, während er hastig nach seinem Oberteil griff.
Kerry machte den Mund auf, doch kein Wort kam heraus. Sie zog die Decke über ihren Kopf und wünschte sich weit, weit weg.
Es war Arwen, die sie rettete. "Vater, hast du vielleicht..." erklang ihre Stimme von der Türe her, und brach jäh ab als sie die Lage erkannte. "Was ist denn hier los?" sagte sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Belustigung. "Ich wusste nicht, dass du so spät noch Besuch empfängst, Vater. Und wieso versteckt sich dein Gast unter der Decke?"
Elrond zog die Decke mit einem Ruck weg. Sein Blick hatte inzwischen an Schärfe verloren. "Nun, meine Vermutung ist, dass sich die junge Dame verlaufen hat und dabei eingeschlafen ist. Zumindest hoffe ich das."
"Genau so war es, Meister Elrond," rief Kerry hastig und sprang aus dem Bett. "Ich... habe nach einer ruhigen Ecke gesucht, und die Türe stand offen..."
"Und ich habe es versäumt, sie abzuschließen," meinte Elrond. "Es war dunkel, als ich herein kam, und ich habe mich gleich auf meine Matte gesetzt. Hätte ich im Bett nachgesehen, wäre mir diese Peinlichkeit vielleicht erspart geblieben."
"Es... wird nicht wieder vorkommen, Meister," stammelte Kerry während sie sich an Arwen vorbeischob. Während sie eilig ihren Weg zur Treppe nach unten suchte hörte sie noch, wie Arwen sich leise und amüsiert mit ihrem Vater unterhielt.

Wenig später hatte sie mit der Hilfe einiger freundlicher Elben (unter anderem Antien) tatsächlich eine Unterkunft gefunden. Antien sagte ihr, dass in dem Zimmer, das ihr zugewiesen wurde, einst Irwyne übernachtet hatte. Kerry hoffte sehr, dass sich ihr "Besuch" bei Elrond nicht herumsprechen würde. Gnädigerweise dauerte es erneut nicht sehr lange, bis sie eingeschlafen war.

Oronêl in die Gärten
« Letzte Änderung: 29. Apr 2017, 00:32 von Eandril »
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Re: Elronds Haus
« Antwort #18 am: 18. Apr 2017, 23:50 »
Ardóneth, Cairien, Maraniel, Acharnor und Elrádan aus Fornost

Nachdem die Gruppe um Ardóneth bereits mehrere Tage in Richtung Imladris gereist war, erreichten sie schließlich das verborgene Tal. Während sie dem geheimen Pfad nach Bruchtal hinunter folgten, begann Acharnor ein Gespräch.
"Was genau soll diese Grotte sein, nach der Euer Vater geradzu fanatisch sucht?" fragte er schließlich an Ardóneth gerichtet. Acharnor hatte zum Dank, dass Argóleth ihn gepflegt hatte, während seine Schwester mit Mathan den Entführer Kerrys verfolgt hatte, bei der Suche nach Hinweisen über die Lage Gilgroths geholfen und schließlich war seine Neugierde geweckt worden.
Ardóneth, der seine schlafende Tochter im Arm trug, beantwortete die Frage. "Allzu viel weiß ich selbst nicht über Gilgroth, wie der Ort genannt wird. Es ist das Erbe meines Hauses und wurde von Finglor, meinem Vorfahren, noch vor dem Fall Arnors, 1830, errichtet. Soviel ich weiß, hatte sie bereits hunderte Jahre vor ihrer Belagerung nahezu die Größe eines großen Dorfes erreicht. Doch Gilgroth war nie dafür gedacht, als Wohnsitz für Dorfbewohner zu dienen. Die Tírn Annúminas, die über die alte Stadt der Könige wachten, nutzten die Grotte um sich selbst, ihre Familien sowie wenige Außenstehende zu versorgen, aber dennoch immer ein aufmerksames Auge auf Annúminas richten zu können."
"Wenn Gilgroth so ein großes Geheimnis ist, weshalb ist es dann gefallen?" hakte Acharnor weiter nach.
Ardóneth hielt einen Augenblick inne und versuchte, sich zu orientieren. Bäume mit gelben, orangenen, roten und grünen Blätterdächern wuchsen hier und im Schatten der Baumkronen gediehen Blumen und kleinere Sträucher. Ardóneth führte seine Reisebegleiter nun auf den Pfad, den seine Waldläufergruppe früher öfters benutzt hatte. Schließlich began er wieder zu erzählen. "Vor ungefähr dreihundert Jahren wurde Eriador von vielen Orks angegriffen. Mein Urgroßvater Hathil hatte zu jener Zeit versucht, ein Teil der feindlichen Armee durch einen Hinterhalt zu schwächen. Er scheiterte dabei jedoch, als ein zweites Heer von der anderen Seite auf ihn und seine Leute zu kam. Bei der Flucht wurden sie von den Orks verfolgt und schließlich belagerte das zweite Heer die großen Hallen meiner Vorväter, während das Hauptheer ins Land der Halblinge zog. Hathil und seine älteren Söhne starben bei der Verteidigung Gilgroths... "Sein Bruder Glórin konnte vermutlich nach Gondor fliehen, doch wir konnten ihn oder seine Nachfahren bis heute nicht aufspüren." Ardóneth stoppte."Wir sind da," sagte er schließlich und ließ die bereits seit einigen Augenblicken erwachte Maraniel zu Boden.

Nachdem die Gruppe die Mauern Bruchtals passiert hatte, wurden sie von Elrond auf einem der kleineren Höfe empfangen. "Meister Elrond,"grüßte  Ardóneth und deutete eine Verbeugung vor ihm an."Es freut mich, Euch wieder zu sehen."
Der Herr Bruchtals musterte die kleine Gruppe einen Augenblick ehe er antwortete. "Willkommen in Imladris," sagte Elrond an Cairien, Acharnor und Mara gerichtet.
Nachdem Ardóneth und Elrond sich eine Weile über die Reise von Fornost und den Grund ihrer Ankunft unterhalten hatten, wandte sich Ardóneth an den Rest seiner Gruppe. "Wenn ihr möchtet, könnt ihr euch erst einmall im Gästehaus Bruchtals ausruhen. Es ist gleich dort drüben. Ich zeige euch dann die Zimmer."
Dort angekommen brachte Ardóneth seine Familie und Acharnor in einem der freien Räume unter. Dabei fiel ihm auf, dass die Türe des gegenüberliegenden Zimmers offen stand. Vorsichtig spähte er hinein.
Er blickte in ein größeres Zimmer, das durch die Sonnenstrahlen, die durchs offen stehende Fenster herein fielen leicht beleuchtet wurde. Der Effekt wurde durch die hellen Wandfarben noch verstärkt. In Inneren des Raumes standen drei Betten mit jeweils einem Beistelltisch daneben. Zu Ardóneths Verwunderung lag in einem der Betten noch eine Person, obwohl es bereits recht spät am Morgen war. Die Bettdecke war fast bis über den Kopf der Schlafenden gezogen. Als sich Ardóneth gerade abwenden und zurück in das Nebenzimmer zu seiner Familie gehen wollte, entdeckte er ein Paar Ohrringe, die auf dem Beistelltisch neben dem benutzten Bett lag. Es waren eben jene Ohrringe, die er Kerry kurz vor der Schlacht um Fornost geschenkt hatte. Na sieh mal einer an, dachte er lächelnd.

Vorsichtig schlich er sich zurück in das Zimmer gegenüber, in dem Mara mit Cairien gerade spielte. "Mara, kommst du mal bitte kurz mit?" fragte er seine Tochter. Das Mädchen nickte fröhlich und folgte ihm zurück in den Raum, wo Ardóneth die Ohrringe entdeckt hatte. "Möchtest du meine gute Freundin mal eben vorsichtig aufwecken?" flüsterte er Mara zu, die mit einem Satz aufs Bett sprang und mit einem Ruck die Decke wegzog.
« Letzte Änderung: 19. Apr 2017, 00:00 von Melkor. »
Er hat noch gezuckt weil ich ihm meine Axt in seine Nervenstränge getrieben habe.

-Gimli Gloinssohn zu Legolas, Schlacht bei Helms Klamm-

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Unsanftes Erwachen
« Antwort #19 am: 19. Apr 2017, 13:48 »
Die Sonne hinterließ ein warmes, angenehmes Gefühl auf Kerrys Gesicht und sie schloss die Augen, ganz in einem wohligen Gefühl aufgehend. Ihre Füße standen im weichen, warmen Sand des Strandes, an dem sie mit Irwyne einige Zeit verbracht hatte und von Fern drangen Möwenschreie und die Geräusche der großen Stadt Mithlond an ihr Ohr. Doch Kerry ließ sich davon nicht ablenken. Eine sanfte Brise strich durch ihr offenes Haar und kitzelte an ihren Ohren, die von Ardóneths Geschenk geziert wurden. Sie öffnete die Augen und nahm den Eindruck in sich auf, der sich ihr bot: Das warme, silbrigblaue Wasser, dessen Wellen am Ufer auf- und abstiegen; die weißen Klippen zu beiden Seiten des Golfes von Lindon; und die schlanken Bäume mit ihren großen Kronen, in denen die Elben des Goldenen Waldes ihre Fletts errichtet hatten und sich am südlichen Stadtrand eine neue Heimat geschaffen hatten. Kerry war allein am Strand, der zu ihrer Rechten am Waldrand der Galadhrim endete und zu ihrer Linken schier endlos weiter in Richtung Harlond und Harlindon verlief, doch sie fühlte sich nicht einsam. Sie wusste, dass ihre Familie und ihre Freunde nicht weit weg waren. Mathan und Halarîn hielten Rat mit den Anführern der Manarîn, und Oronêl und Finelleth waren mit persönlichen Angelegenheiten innerhalb der Stadt beschäftigt. Gandalf war kurz nach Kerrys Ankunft in Mithlond verschwunden; sie war sich jedoch sicher, dass sie den Zauberer bald wiedersehen würde, und freute sich darauf. Irwyne und Amrothos waren ganz in der Nähe... oder hatten sie bereits das Schiff mit den hellblauen Segeln bestiegen, das sie tief in den Süden tragen sollte? Kerry wusste es nicht. Ihre Erinnerungen verschwammen; lösten sich auf im warmen, wohltuenden Licht der Sommersonne. Alles andere schien mit jeder vergehenden Sekunde weniger wichtig zu werden und nach und nach verblasste alles um sie herum. Kerry fühlte sich, als würde sie schweben und genoss das Gefühl, ohne Angst zu empfinden.

Und mit einem Ruck war es vorbei.


Kerry riss die Augen auf und schlang die Arme um den wenig bekleideten Körper. Die Kälte war ohne Vorwarnung über sie gekommen und hatte sie brutal aus dem angenehmen Traum gerissen. Das Erste, was sie sah, war ein kleines Mädchen mit hellbraunem Haar, das Kerry fröhlich angrinste und rief: "Schau, sie ist wach!" Kerry blinzelte mehrmals und tastete verärgert nach der Bettdecke, doch das Mädchen hielt ihren Arm fest. "Was soll denn das?" wollte Kerry empört wissen.
"Das soll, was es soll, Kerry," sagte eine wohlbekannte Stimme. "Sieh aus dem Fenster: die Sonne steht schon ziemlich hoch am Himmel. Du hast mehr als genug geschlafen, wenn mich nicht alles täuscht."
Kerrys Kopf fuhr zur Tür des Raumes herum. "Ardan!" rief sie und wurde rot als ihr klar wurde, wie wenig bedeckt sie gerade war. Die Freude über das Wiedersehen mit dem Dúnadan wurde allerdings durch die Beschämung, die Kerry fühlte, überschattet. Sie machte ihren Arm aus dem Griff ihrer kleinen Angreiferin los und schnappte sich die Decke, die sie hastig um ihre Schultern und ihren Oberkörper legte. So bedeckt setzte sie sich auf die Bettkante, während das Mädchen erfolglos versuchte, ihr die Bettdecke wieder zu entziehen.
"Das genügt, Mara," sagte Ardóneth mit einem belustigten Grinsen. "Sie ist wach und wir haben erreicht, was wir wollten." Und endlich ließ das Mädchen - Mara - von ihrer Mission ab.
"Es war also deine Idee, mich aus meinem wunderbaren Traum zu reißen? Ich war am Strand, und es war warm, und schön, und..."
"Du hättest sonst den ganzen Tag verschlafen," gab Ardóneth zwinkernd zurück. Kerry erinnerte sich nur ungerne daran, dass dies in Fornost tatsächlich einmal sogar geschehen war, und Ardóneth hatte es natürlich ebenfalls nicht vergessen.
"Hmpf," machte sie und versank tiefer in der Decke. "Wer ist denn deine neue Freundin?" fragte sie und betrachtete die kleine Mara, die sich neben Ardóneth gestellt hatte und voller kindlichem Stolz zu ihm aufblickte.
Ardóneth brauchte einen Moment, ehe er antwortete. "Maraniel ist... meine Tochter."
Vor Überraschung vergaß Kerry, die Bettdecke festzuhalten, sodass sie langsam an ihren Schultern hinab rutschte. "Deine Tochter? Aber wie ist das möglich? Ich dachte..."
"Ich erzähle es dir ein andermal," unterbrach Ardóneth sie. "Erst einmal würde ich gerne wissen, was du in Bruchtal machst. Wo sind Mathan und Oronêl; sind sie auch hier?"
Kerry schlug die Beine übereinander und zog die Decke wieder höher. "Es ist viel geschehen seit... seit der Sache in Fornost. Am besten fange ich ganz von vorne an..."

Es gab viel zu erzählen. So dauerte es mehr als eine Stunde, bis Kerry endlich bei ihrer Ankunft in Bruchtal angekommen war. Als sie von den Geschehnissen in Carn Dûm erzählt hatte, war eine blonde Frau hereingekommen und hatte Maraniel mitgenommen, was Kerry ganz recht war. Die düstere Geschichte, die sie zu erzählen hatte, war nichts für die Ohren eines Kindes. Ardóneth hatte die Frau als Cairien von Laegobel vorgestellt und hatte dabei einen ganz merkwürdigen Gesichtsausdruck gehabt, aus dem Kerry noch nicht recht schlau wurde. Sie redete sich ein, dass ihr Dúnadan-Freund in Cairien mehr als nur eine Reisegefährtin sah... aber sie konnte sich noch nicht ganz sicher sein. Ardóneth lenkte ihre Aufmerksamkeit rasch wieder auf den Bericht über Kerrys Abenteuer, und sie fuhr fort. Der Waldläufer stellte häufig Fragen, und sie beantwortete sie gerne. Insbesondere die Lage in Dunland schien ihn zu interessieren. Kerry erinnerte sich daran, dass Ardóneth ihr einmal erzählt hatte, dass er vor vielen Jahren einige Zeit in Dunland gelebt hatte.
"Dass ein so junger Krieger zum Wolfskönig gewählt wird ist äußerst ungewöhnlich," sagte er nachdem Kerry geendet hatte, und strich sich nachdenklich durch den Bart. "Soweit ich weiß ist so etwas nur ein einziges Mal zuvor geschehen, und zwar zu Lebzeiten Helm Hammerhands von Rohan. Du kennst sicherlich die Geschichte."
"Ja," bestätigte Kerry. "Wulf, Frecas Sohn, eroberte damals Edoras, bis er von Helms Neffen und Erben Fréalaf erschlagen wurde."
"Und dieser Wulf war damals nicht viel älter als dein Aéd jetzt," sagte Ardóneth. "Dennoch gelang es ihm, sein Volk unter seinem Banner zu vereinen. Nach dem, was ich gehört habe, gehörte er dem Stamm der Kette an."
"Ich bin mir sicher, Aéd wird einen noch besseren König abgeben," meinte Kerry. "Und er wird sicherlich nicht versuchen, Edoras einzunehmen, ganz zu schweigen davon, dass es jetzt eine Ruine ist. Ganz im Gegenteil: er strebt sogar ein Bündnis mit Königin Eówyn an. Ich hoffe, sie hört auf ihn und geht darauf ein."
"Das wäre weise," befand Ardóneth. "Die Dunländer und die Rohirrim sind viele Jahrhunderte Feinde gewesen. Doch der wahre Feind aller Menschen ist der Dunkle Herrscher."

"Wie ist es dir ergangen?" fragte Kerry nach einer kurzen Pause. Von draußen waren leise Harfentöne zu hören und fügten sich nahtlos in die Atmosphäre des Friedens und der Erholung in Imladris ein. "Ich meinte, dich und deine Leute nach der Flucht aus Carn Dûm für einen Augenblick auf einem der südlichen Kämme zu sehen."
Ardóneth nickte. "Wir haben euch ebenfalls gesehen; konnten aber nicht zu euch durchdringen. Die Heere Angmars und Gundabads standen zwischen uns, und wir wurden angengriffen. Nach einem kurzen, aber erbitterten Gefecht mussten wir nach Süden fliehen." Rasch erzählte Ardóneth ihr von dem, was ihm seit der Begegnung in Carn Dûm geschehen war: Wie seine Gruppe in das kleine Dorf Laegobel gekommen war, wo Ardóneths Verletzung geheilt wurde, und sie anschließend gemeinsam mit Cairien und Maraniel nach Fornost zurückgekehrt waren. Wie Belen Ardóneths Auftrag als erfüllt angesehen hatte und er mehr über das geheimnisvolle Gilgroth erfahren hatte. Wie er sich mutig der geflügelten Bestie entgegengestellt und sie bis nach Annúminas verfolgt hatte. Und wie er seine neue Familie nun nach Imladris gebracht hatte, um sie dort in Sicherheit zu wissen.
"Wir wissen jetzt, dass das geflügelte Untier dasselbe war, das du in Eregion gesehen hast," schlussfolgerte Ardóneth. "Es muss vor den herannahenden Elben geflohen sein - und fand in einer Stadt der Menschen sein Ende."
"Ich bin froh, dass wir dieses Monster los sind," meinte Kerry. "Und dass dir nichts zugestoßen ist. Aber da haben wir es wieder einmal: Rilmir hat nicht mit einem einzigen Wort erwähnt, dass er in Fornost gegen eine geflügelte Bestie gekämpft hat. So langsam verstehe ich seine Schwester ein bisschen besser."
"Rilmir ist hier?" fragte Ardóneth interessiert. "Dann nehme ich an, Haleth ist ebenfalls nicht weit?"
Kerry nickte. "Wenn du es einrichten kannst, geh' seiner Schwester aus dem Weg. Sie ist unerträglich, das kannst du mir glauben."
"Oh, keine Sorge," meinte Ardóneth. "Faeriën von Eldalondë ist unter den Dúnedain des Nordens keine Unbekannte. Ich weiß, wie man ihr aus dem Weg geht." Er lachte herzlich. "Nun, ich bin ebenfalls froh, dass es dir gut geht, Kerry. Ich schätze, ich sollte jetzt nach meiner Familie sehen, und du willst dich sicherlich umziehen. Wir sehen uns später."
Kerry nickte und sagte: "Bis später, Ardan."
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Aufbruch
« Antwort #20 am: 30. Apr 2017, 16:12 »
Oronêl aus den Gärten

Es war bereits früher Vormittag, als Oronêl auf den östlichen Söller von Elronds Haus hinaustrat. Dort begegnete er Celebithiel, die auf einer kleinen Bank in der Sonne saß und ihm mitteilte: "Die anderen sind im Haus. Finelleth ist bereits reisefertig, offenbar hat sie es eilig, nach Hause zu kommen."
"Den Eindruck hatte ich bislang nicht...", meinte Oronêl. Er hatte insgeheim gehofft, wenigstens ein paar Tage des Friedens in Imladris genießen zu können, doch er verstand Finelleths Eile - alleine schon, weil der Herbst voranschritt und es jeden Tag auf dem Hohen Pass schneien konnte. "Aber es ist ihre Entscheidung, wann wir aufbrechen, denn es ist ihre Reise."
"Das wird sie sicher zu schätzen wissen." Ein geradezu schelmisches Lächeln hatte sich auf Celebithiels Gesicht gestohlen - etwas, das höchst untypisch für sie war. "Kerry allerdings weniger, sie dürfte ein wenig... müde sein, nachdem was Arwen mir erzählt hat."
Oronêl beugte sich interessiert vor. "Tatsächlich? Erzähl mir mehr..."

Er betrat das Haus, und folgte dem Flur in eine kleine, sonnendurchflutete Halle. Dort saßen Kerry und Finelleth an einem langgezogenen Tisch, Finelleth bereits vollkommen gerüstet und Kerry frühstückend.
Als Oronêl in den Raum trat, hob Finelleth den Blick und sagte: "Ich finde, wir sollten sobald wie möglich aufbrechen, bevor der Pass zuschneit. Jeder Tag den wir hier warten, macht die Gefahr größer."
"Es ist deine Entscheidung", erwiderte Oronêl, und ließ sich ihr gegenüber neben Kerry auf der langen Bank nieder. "Ich denke, wir könnten gegen Mittag aufbrechen und vor Einbruch der Nacht noch ein paar Meilen zurücklegen."
Neben ihm unterdrückte Kerry zwischen zwei Bissen ein Gähnen, und Oronêl warf ihr einen möglichst unschuldigen Seitenblick zu. "Du wirkst ein wenig müde, liebe Kerry. Wie kommt das?"
"Ich, äh... habe schlecht geschlafen. Träume und so", erwiderte sie ablenkend, und heftete den Blick konzentriert auf ihren Teller. Oronêl wechselte einen raschen Blick mit Finelleth, die das Kinn in die Hände stützte und sich offensichtlich darauf einstellte, das Schauspiel zu genießen.
"Hm", machte Oronêl. "Und ich dachte, in Bruchtal hätte man schöne Träume... bist du sicher, dass dein Schlaf nicht eher gestört wurde?"
Kerry hob den Blick von ihrem Teller, die Augenbrauen misstrauisch zusammengezogen. "Bist du etwa Ardan begegnet?" Oronêl schüttelte den Kopf, unsicher, wen sie mit Ardan meinen konnte. Vermutlich einen ihrer Freunde unter den Dúnedain, der hier war. "Nein... aber Celebithiel, die eine hochinteressante Geschichte von Arwen gehört hat. Offenbar ist es sehr schwierig, hier das richtige Bett zu finden..."
Finelleth zog interessiert eine Augenbraue in die Höhe, und Kerry errötete - allerdings nicht nur verlegen, sondern auch ganz und gar nicht amüsiert. "Wie kommt es, dass ihr Elben so unerträgliche... Klatschtanten seid?"
Oronêl wich, gespielt verletzt, ein Stück zurück. "Klatschtanten? Das verletzt mich, Kerry."
Finelleth, deren Augen funkelten, ergänzte: "Also wirklich. Das war ganz und gar nicht höflich."
Kerry schnaubte verächtlich. "Ja ja, spielt nur die Opfer. Ich war müde von der Reise, und das Bett war so bequem, und... nun hört schon auf zu Lachen!"
Oronêl räusperte sich, und bemühte sich, seinem Gesicht einen ernsten Ausdruck zu verleihen. Die Mischung aus Verlegenheit, Zorn, und vielleicht einer Spur Belustigung über sich selbst auf Kerrys Gesicht war einfach zu komisch gewesen um nicht darüber zu lachen. Auch Finelleth hatte eine übertrieben würdevolle Miene aufgesetzt. Kerry sah zwischen den beiden hin und her, seufzte dann resigniert und musste selbst lachen.
"Ihr seid wirklich furchtbare Schauspieler, wisst ihr?"
"Man kann nicht alles können",  meinte Oronêl, gab die ernste Miene auf und lachte ebenfalls. "Du kannst froh sein, dass wir schon wieder aufbrechen", sagte er dann mit einem Augenzwinkern. "Auf der Reise wirst du wohl eher nicht ins falsche Bett geraten..."
"Ha ha", gab Kerry zurück, und stieß ihm den Ellbogen gegen den Oberarm. Kräftig.
"Schon gut, schon gut", sag er, und rieb sich die getroffene Stelle. "Du musst mir aber erklären, was du vorhin meintest - ob ich jemanden namens Ardan getroffen hätte."

"Damit meinte sie mich", sagte eine männliche Stimme von der Tür her. Am Türrahmen lehnte ein kräftiger Mann mit schwarzen Haare und lächelte. Oronêl erkannte ihn nach kurzem Überlegen wieder - es war Ardóneth, über dessen Schicksal nach der Schlacht von Fornost verhandelt worden war.
"Gut euch zu sehen, Ardóneth", erwiderte Oronêl, und gab damit zu verstehen, dass er den Dúnadan erkannt hatte. Insgeheim fragte er sich, wie lange Ardóneth schon in der Tür gestanden und zugehört hatte, und Kerrys Miene war zu entnehmen, dass sie sich das gleiche fragte. "Vielleicht könnt ihr dieses Rätsel lösen?"
"Ich nehme an, dass Kerry unsere Begegnung früher am Morgen meinte", erklärte Ardóneth, und Kerry nickte. "Wenn du mit Begegnung meinst, dass du und deine Tochter mich unsanft geweckt haben... ja."
"Erst im falschen Bett und dann nicht mal ausschlafen können...", sagte Oronêl vor sich hin, hob aber auf Kerrys warnenden Blick hin abwehrend die Hände. Dann wandte er sich wieder an Ardóneth: "Ich wusste nicht, dass ihr eine Tochter habt."
"Ich bis vor kurzem auch nicht", erwiderte der Dúnadan. "Es war ein merkwürdiger Zufall, wie ich Mara - Maraniel heißt sie eigentlich - in Laegobel gefunden habe."
Das Lächeln, dass sich auf Ardóneths sonst ernstem Gesicht ausbreitete als er von seiner Tochter sprach, war beinahe ein wenig verlegen, und Oronêl konnte nicht anders, als es zu erwidern.
"Vielleicht war es kein Zufall, sondern Schicksal, dass euer Weg euch dorthin geführt hat", meinte er. "Auf jeden Fall ist es gut, dass in diesen Tagen nicht nur Dinge verloren gehen, sondern auch wiedergefunden werden."
Ardóneth nickte zustimmend, und fragte dann mit einem Blick auf die bereits gerüstete Finelleth: "Also... ihr wollt bereits wieder aufbrechen?"
Es war Kerry die antwortete: "Ja. Wir wollen über die Berge, in Finelleths Heimat." Ardóneth fragte nicht weiter nach, denn es war klar, dass sie nur das Waldlandreich meinen konnten. Stattdessen strich er sich über den kurzen Bart, und sagte: "Über den Hohen Pass also... Ich könnte euch ein Stück begleiten, wenn ihr nichts dagegen habt. Der Pass ist gefährlich, und auch wenn ich glaube, dass ihr Elben gut genug auf euch und auf Kerry achten könnt, kann ein zusätzliches Schwert nicht schaden."
"Wir werden eure Hilfe nicht ablehnen", antwortete Oronêl. "Aber ihr solltet bedenken, dass ihr vermutlich alleine über den Pass zurückgehen müsstet."
"Eine größere Gruppe wie ihr erregt Aufmerksamkeit", erklärte Ardóneth. "Ich alleine könnte problemlos zwischen den Orks hindurchschlüpfen."
Oronêl neigte den Kopf. "Es ist eure Entscheidung. Seid und also als Begleiter für die Reise willkommen."
"Und was ist mit Mara und... Cairien?", fragte Kerry. Oronêl hätte schwören können, dass das Gesicht des Dúnadans ein wenig verlegen war, als er antwortete: "Sie sind hier sicherer als irgendwo sonst - und ich bin ja nicht lange fort."

Gegen Mittag versammelte sich die Gruppe auf dem Hof vor Elronds Haus. Finelleth sprach mit Mírwen, die ihre Zwergenarmbrust auf dem Rücken und das Kurzschwert an der Seite trug. Nach dem was Oronêl hörte, schienen sie sich über das Verhältnis der Elben im Waldlandreich zu den Zwergen des Erebor vor dem Krieg zu unterhalten.
Celebithiel verabschiedete sich von Elrond und Arwen - der Abschied fiel allen drei sichtlich schwer, doch als Celebithiel sich abwandte, lächelte sie ein wenig angestrengt. "Es ist nicht leicht, schon wieder zu gehen", gab sie Oronêl gegenüber leise zu. "Aber ich muss wissen, ob es Glorfindel gut geht, und ihn sehen."
Kurze Zeit später gesellte sich Ardóneth zu ihnen, der in eine Lederrüstung nach Art der Dúnedain des Nordens gekleidet war. An den Unterarmen trug er er stählerne Armschienen, einen Bogen elbischer Art auf dem Rücken und ein Langschwert am Gürtel. Nach dem, was Finelleth über ihre Reise über den Pass vor einigen Monaten erzählt hatte, war Oronêl froh, dass sie auf die Hilfe des Waldläufers zählen konnten.
Als letzter kam Mathan mit langsamen, langen Schritten um die Ecke des Hauses gebogen, und trat schweigend zum Rest der Gruppe - allerdings nicht, ohne zumindest grüßend zu nicken. Oronêl nahm es ihm nicht übel. Was immer Mathan am letzten Abend erfahren hatte, schien ihn noch immer zu beschäftigen, und Oronêl würde ihn seinen Gedanken überlassen.
Eine Zeit lang standen sie wartend im Hof, bis Finelleth bemerkte, dass Oronêl sie auffordernd anblickte. Sie unterbrach ihr Gespräch mit Mírwen, schien sich innerlich zu straffen und warf einen Blick durch die Runde. Dann sagte sie: "Also... lasst uns aufbrechen."

Sie verließen Bruchtal ein Stück weit auf dem selben Weg wie etwa zwei Monate zuvor, als Oronêl und seine Gefährten nach Fornost aufgebrochen waren, bis sie die Kreuzung erreichten, an der die Pass-Straße nach Nordosten sich von der Großen Oststraße teilten. Sie verließen die Oststraße und folgten der anderen Straße, dem Hohen Pass entgegen.

Oronêl, Mathan, Ardóneth, Mírwen, Celebithiel, Finelleth und Kerry zur Pass-Straße
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:01 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

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Re: Elronds Haus
« Antwort #21 am: 4. Jun 2017, 20:25 »
Ardóneth und Lóvarië vom Hohen Pass

Der Weg über den Hohen Pass war sehr durch die Verletzungen Lóvariës erschwert gewesen. Beide Dúnedain waren nur schleppend voran gekommen, doch nach einer mehrtägigen Reise hatten sie den Scheitelpunkt des Passes wohlbehalten erreicht. Nachdem sie am folgenden Tag auch den Abstieg überwunden hatten, erreichten sie einige Stunden später das verborgene Tal von Imladris. Zur ihrer Ankunft dämmerte es bereits; dennoch bat Ardóneth um eine Audienz bei Meister Elrond, die ihm schließlich gewährt wurde. Nachdem der Dúnadan Lóvarië zu den Heilern Bruchtals gebracht hatte, ging er zu Elrond, der sich in seiner Bibliothek aufhielt. Dort angekommen berichtete Ardóneth dem Herrn von Imladris davon, was seine Gefährtin, die oberste Kundschafterin des Sternenbundes, herausgefunden hatte.
"Saruman plant etwas. Wir können nicht riskieren, dass er Fornost erneut angreift. Die Stadt wird einer weiteren Belagerung nicht standhalten," sagte Ardóneth aufgebracht, und redete sich dabei fast in Rage.
"Du sollest in den Trollhöhen nach dem Rechten sehen; vielleicht findest du heraus, was der Verräter Saruman vorhat und kannst es so womöglich noch im Keim ersticken," überlegte Elrond, während er sich nachdenklich auf das Geländer des Balkons stützte, auf den die beiden Gesprächspartner hinaus getreten waren.
"Lóvarië hat die alte Ruine von Varadhost erwähnt," erinnerte sich Ardóneth.
"Die frühere Hauptstadt des Reiches von Rhudaur, vor langer Zeit gefallen und zum Großteil dem Verfall preisgegeben," sagte Elrond bedächtig.
"Ich denke, es ist ein guter Anhaltspunkt. Am besten sehe ich mich zuerst dort um," sagte Ardóneth, mehr zu sich selbst gesprochen.
"Sei vorsichtig, Ardóneth, du hast die Kraft Saruamans schon am eigenen Leibe erlebt. Manch einer würde dies für einen gar törichten Plan halten, alleine in eine von Feinden besetzte Stadt zu reisen," gab Elrónd zurück.
"Ich werde nicht alleine gehen," erwiderte der Dúnadan. "Elrádan hat bereits Befehl erhalten, mir nach Bruchtal zu folgen. Sobald er hier eintrifft, werde ich aufbrechen."
"Gut, das ist ist beruhigend. Möge eure Mission von Erfolg gekrönt sein."
Beide unterhielten sich noch einen Augenblick, bis sich Ardóneth vom Herrn des Tals verabschiedete.

In der Nähe der Gästezimmer traf Ardóneth auf ein junges Mädchen in einem hellblauen Kleid, das ihm seltsam bekannt vorkam. Ehe er sie danach fragen konnte, streckte sie ihm kurzerhand die Zunge heraus, und rannte davon. Wenige Sekunden später tauchte Rilmir am Ende des Ganges auf, einen gehetzten Ausdruck im Gesicht.
"Ardóneth!" rief er, als er heran geeilt kam. "Hast du vielleicht meine Schwester gerade hier gesehen? Nein, du musst nicht antworten. Deine verwunderte Miene sagt mir bereits alles, was ich wissen muss. Faeriën kann leider noch immer keinerlei Manieren vorweisen. Tut mir Leid! Ich muss ihr hinterher, ehe sie noch mehr Schaden anrichtet. Wir sehen uns, mein Freund!"
So rasch der Dúnadan aufgetaucht war, war er schon wieder verschwunden. Doch aus der Tür, aus der Rilmir getreten war, streckte nun seine Verlobte Haleth ihren Kopf heraus, und winkte Ardóneth belustigt zu.
"Du bist also zurück," kommentierte die junge Frau, deren hellbraune Haare zu einem langen, breiten Zopf geflochten waren. "Ich kenne jemanden, der schon ziemlich sehnsüchtig auf diesen Moment gewartet hat," sagte Haleth und zwinkerte ihm verschmitzt zu.
Ardóneth hob die Augenbrauen und spürte, wie sich sein Herz erwärmte. Denn als er in das kleine Zimmer trat, in das Haleth ihn nun führte, stand dort die schlanke Gestalt der Frau, die seit seinem Aufbruch aus Bruchtal vor knapp zwei Wochen stets in seinen Gedanken gewesen war, und die seine Schritte auf dem Heimweg beschleunigt hatte. Sie stand am Fenster, und drehte sich um, als sie seine Schritte vernahm. Die tief stehende Sonne, die langsam im Westen versank, ließ ihre Haare und ihr Gesicht schimmern und betonte ihre feinen Gesichtszüge, was Ardóneths Herz umso höher schlagen ließ.
"Ardóneth," sagte Cairien und schenkte ihm ein freudestrahlendes Lächeln. Schnellen Schrittes kam sie auf ihn zu, und er empfing sie mit ausgebreiteten Armen. Die lange Umarmung, die sie teilten, endete in einem zärtlichen Kuss.
"Ich habe dich vermisst," flüsterte sie Ardóneth ins Ohr.
Als sie sich voneinander lösten, stellte der Dúnadan fest, dass Haleth verschwunden war. Offenbar hatte sie sich dezent zurückgezogen, um Ardóneths und Cairiens Wiedersehen nicht zu stören.
"Ich habe dich auch vermisst," antwortete er ehrlich, und sprach zum ersten Mal offen darüber, wie er über Cairien dachte. Selbst Kerry gegenüber hatte er das Thema niemals angesprochen, auch wenn sie wie eine kleine Schwester für ihn geworden war.
"Bist du hungrig? Ich habe einige Köstlichkeiten aus der Halle des Feuers mitgebracht. Mara schläft bereits; sie liegt im Nebenzimmer. Wir haben den Abend also ganz für uns." Cairien zeigte mit einem kleinen, stolzen Lächeln auf den Tisch, der direkt am Fenster stand, und mit einigen Speisen gedeckt war. Zwei Stühle standen dort, und Ardóneth nahm Cairien gegenüber Platz. Sie genossen ein angenehmes Abendessen unter den rötlichen Strahlen der schwindenden Sonne, und als es draußen vollständig dunkel geworden war, zündeten sie mehrere elbische Kerzen an, die genügend Licht spendeten. Sie tauschten sich über viele Dinge aus. Ardóneth erzählte von seiner zweimaligen Überquerung des Hohen Passes, und der Begegnung mit Lóvarië. Er stellte fest, dass er dabei ausdrücklich betonen musste, in welchem Verhältnis er zu der Anführerin der Kundschafter des Sternenbundes stand, denn Cairien hakte in dieser Hinsicht mehrfach nach. Als Ardóneth klarstellte, dass sie nichts weiter als eine Bekannte für ihn war, nickte sie zufrieden und begann, von den vergangenen Tagen in Bruchtal zu erzählen. Unter anderem berichtete ihm Cairien davon, dass sie die Bekanntschaft eines jungen Gondorers namens Acharnor gemacht hatte, der kurz nach Ardóneths Abreise in Imladris eingetroffen war. Und auch Acharnors ältere Schwester Adrienne hatte Cairien kennengelernt. Sie stellte erfreut fest, dass beide Ardóneth bereits von ihrer gemeinsamen Zeit in Fornost kannten. Abgesehen davon war jedoch nicht sonderlich viel geschehen seitdem Oronêls Gemeinschaft nach Osten aufgebrochen war. Die Tage waren in angenehmer Ruhe vergangen, und Cairien und ihre Tochter Maraniel hatten den Frieden von Imladris genossen. Einzig Rilmirs kleiner Schwester Faeriën gelang es hin und wieder, diesen Frieden mit ihren Eskapaden zu stören.
"Sie ist wirklich ein sehr unverschämtes Mädchen," meinte Cairien. "Ich bin froh, dass Maraniel da ganz anders ist."
"Das bin ich ebenfalls," antwortete Ardóneth. "Du hast bei ihrer Erziehung wirklich gute Arbeit geleistet."
Cairien blickte etwas beschämt zur Seite und legte den Kopf schief. "Nun, ich hoffe, wir werden uns diese Aufgabe ab sofort teilen," sagte sie leise und errötete sanft.
Ardóneth nahm ihre Hand. "Aber natürlich, Cairien. Wir gehören zusammen: Maraniel, du und ich. Als Familie."
"Als Familie," wiederholte Cairien mit fester Stimme, und drückte Ardóneths Hand. "Das wird mir gefallen."

Noch mehrere Stunden lang sprachen sie miteiander und tauschten sich über ihre tiefsten Geheimnisse und Gedanken aus. Es tat Ardóneth gut, all das, was er normalerweise tief in seinem Inneren verbarg, mit jemandem zu teilen, die ihm das Gefühl gab, dass er ihr wichtig war. Und auch Cairien schien es ähnlich zu gehen. Sie sprach über ihre Ängste und Hoffnungen, und er hielt sie im Arm, beleuchtet vom flackernden, romantischen Licht der Kerzen.
Als es bereits spät geworden war, legte Cairien den Kopf auf Ardóneths Schulter und schwieg mehrere Minuten. Als sie ihr Schweigen schließlich brach, war ihre Stimme zu einem Flüstern herab gesunken, und trotz der geringen Beleuchtung sah und spürte Ardóneth, wie sie errötete. "Bleibst du heute Nacht hier?" wisperte sie fragend.
Er wandte sich ihr zu, und sah die Erwartung und die Verliebtheit in ihren braunen Augen aufleuchten. Wie kleine Sternenlichter glitzerten sie dort, bis er antwortete und sagte: "Ja, Cairien. Ich bleibe bei dir."
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Re: Elronds Haus
« Antwort #22 am: 9. Jul 2017, 23:50 »
Nachdem beide noch eine lange Nacht verbracht hatten, in der sie sich Geschichten über ihre Kindheit erzählt hatten, wachte Ardóneth am nächsten Morgen neben Cairien auf. Er richtete sich auf und blickte in das Nebenzimmer, in dem Mara noch immer träumte. Langsam stand er aus den Bett und zog sich sein Hemd über. Vorsichtig ging er zur Tür und verließ das Zimmer das beide seit gestern bezogen hatten. Nachdem er sich frisch gemacht hatte, machte er sich auf den Weg zur großen Halle Bruchtals. Er nahm ein Tablett und ging zur Speisekammer. Ihm war dies etwas unangenehm, dennoch hatte er die Erlaubnis von Meister Elrond erhalten. Vor ihm war auf einen Tisch verschieden Speisen aufgereiht. Obst, Brot und verschiedene süße Brotaufstriche. Was wird ihr wohl am besten schmecken überlegte er, während er eine Weinrebe auf das Tablett legte. Später folgten noch einige Brötchen, Äpfel und ein Waldbeerenaufstrich. Er balancierte das Tablett kunstvoll auf seiner linken Hand, während er in seiner Rechten eine Kanne Wasser trug. Mit großer Vorsicht machte er sich auf den Weg zurück zum Zimmer. Dort angekommen rannte ihm die kleine Schwester Rilmirs - ihr Name war Faeriën- entgegen.  Adóneth versuchte ihr möglich rasch auszuweichen und wie der Wind zog sie an ihm vorbei. Das Tablett auf seiner linken hand wackelte, doch konnt er es ziemlich rasch wieder balancieren. Gerade noch mal Glück gehabt, dachte er, während er die Tür zum Schlafgemach aufmachte. Er legte das Tablett auf den Tisch an dem beide gestern schon gesessen hatten, und legte noch einen Teller und ein Messer an beide Sitzplätze. Cairien öffnete schließlich ihre Augen, während Ardóneth noch mit dem Decken beschäftigt war. Sie beobachtete ihn noch einige Zeit lang, bis sie Ardóneth ansprach.
"Du hast Frühstück gemacht?" fragte sie überrascht, und aus ihrer Stimme war immer noch genauso viel  Verliebtheit heraus zu hören wie am Vortag.
Ardóneth nickte. "Ich wäre dann fertig." sagte er gut gelaunt.
Beide blickten zu Mara die noch immer fest schlief. "Lassen wir sie schlafen?" fragte Ardóneth etwas unsicher. Cairien nickte und setzte sich Ardóneht gegenüber.
Nachdem beide gefrühstückt hatten, unterhielten sie sich noch einen Augenblick. Ganz in ihr Gespräch vertieft hatten sie nicht bemerkt, dass ihre Tochter nun inzwischen auch schon aufgestanden war. "Guten Morgen Kleine, hast du gut geschlafen?" fragte Ardóneth, während er sie auf seinen Schoss hob.
Mara nickte und aß einige Trauben. Ardóneth war froh das sie ihn nicht ablehnte und genoss den Moment mit seiner neuen Familie.

Zur Mittagsstunde hin war er wieder in Elronds Haus. Dort warteten bereits zwei Dúnedain auf ihn: Cánotar und Lóvarie. Bei Cánotar handelte es sich um eines der ältesten Mitglieder des Sternenbundes; er besaß großes Wissen über die Vergangenheit und beriet Belen in solchen Angelegenheiten. Lóvarië, die Anführerin der Kundschafter, hatte einige Verbände um ihre Verletzungen, dennoch sah sie deutlich besser aus als zu dem Zeitpunkt als sie sie gefunden hatten. "Da bist du ja." sagte die Dúnadan die auf ihrem Bett saß.
"Ihr müsst meine Unpüntklichkeit entschuldigen," sagte Ardóneth rasch. "Ich schätze Lóvarië hat dir bereits einiges erzählt?" fragte er.
Cánotar nickte. "Ja, das hat sie. Das sind schlechte Nachrichten, die sie aus Rhovanion zu uns bringt. Wenn Lóvarië recht ha,t sind die freien Völker immer noch in Gefahr." sagte er besorgt, während er sich gegen die Wand lehnte.
"Wir müssen dem nachgehen," sagte Ardóneth während er sich durch den frisch gewaschenen Bart fuhr. "Meine Gruppe wird bald wieder hier sein. Wir werden der Sache auf den Grund gehen."
Cánotar nickte zustimmend. "Also gut. Dann werde ich euch begleiten."
"Ich ebenfalls." sagte Lóvarië . Die beiden Männer blickten sie verwundert an. "Was ist los?" fragte sie verwundert.
"Ich..." Ardóneth stockte kurz. "Du..."
"Mädchen, was Ardóneth sagen wollte ist, das du dich erstmal lieber ausruhen solltest, bevor du ein neues Abenteuer planst," warf Cánotar ein.
"Wenn du dich bereit fühlst, kannst du gerne mitkommen. Die oberste Kundschafterin dabei zu haben würde sicher nicht schaden." sagte Ardóneth mit leiser Stimme und versuchte sich zu verteidigen.
Plötzlich flog Ardóneth ein Kissen entgegen dem er nur knapp ausweichen konnte. Ein breites Lächeln wurde sich auf dem Gesicht Lóvariës sichtbar. "Gut, dann werde ich mitkommen." sagte die Dúnadan fest entschlossen.
« Letzte Änderung: 9. Jul 2017, 23:51 von Fine »
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« Antwort #23 am: 28. Okt 2017, 22:42 »
Córiel, Níthrar und Jarbeorn aus dem Nebelgebirge


Obwohl Córiel im Zweiten Zeitalter geboren war, hatte sie dem verborgenen Tal von Imladris bislang nur wenige Besuche abgestattet und war nie lange geblieben. So war es nur wenig verwunderlich, dass sie kaum Gesichter erkannte, als Jarbeorn sie vorsichtig, über seine breite linke Schulter gelegt, über die geschwungene Brücke Bruchtals auf das Letzte Heimelige Haus zutrug. Die Ankunft der drei Gefährten war den Bewohnern des Tals bereits von versteckten Wachposten gemeldet worden, doch Córiel, die seit Tagen stets nahe an der Bewusstlosigkeit geschwebt hatte und den Großteil der Zeit mit Schlaf verbracht hatte, nahm nur wie durch einen Schleier wahr, wie sich eine kleine Menge um Jarbeorn und Níthrar versammelte und ihnen bis zur großen Eingangspforte in den Gebäudekomplex im Zentrum des Tales folgte. Stimmen drangen wie von fern an Córiels Ohr. Gesprochen wurde eine Mischung aus Sindarin und Quenya, doch ihr von Schmerz überlagerte Gehörsinn konnte nur wenige Wortfetzen verstehen, die für die Hochelbin kaum Sinn ergaben. Jarbeorn packte sie behutsam an der Hüfte und setzte sie scheinbar mühelos ab, als würde er ein Kind tragen. Mit sorgenvollem Blick musterte der Beorninger Córiel und blieb dicht bei ihr stehen, die Arme vor der Brust verschränkt. Níthrar lehnte sich mit dem Rücken an eine reich verzierte Säule und warf argwöhnische Blicke auf die Elbenmenge, die sich im Hintergrund versammelt hatte.
Der steinernde Boden in der Eingangshalle war kalt, aber nicht unangenehm. Vorsichtig stützte sich Córiel auf die Vorderarme, doch heißer, aufflammender Schmerz hinderte sie daran, sich weiter als bis in eine schief sitzende Position aufzusetzen. Sie biss die Zähne zusammen und legte sich ihre Worte zurecht. Die Blicke und das Geraune der Menge waren ihr unangenehm, und sie fragte sich, wie sie die Bewohner von Imladris wohl mit so wenigen Worten wie möglich loswerden konnte, ohne alle bis aufs Blut zu verärgern.
Jemand drängte sich durch die Menge, auf Córiel und Jarbeorn zu. Es war eine Elbin mit schwarzen Haaren, die ein mehrfarbiges Kleid und einen weißen Umhang trug. Dichtauf folgte ein Elb mit federndem Gang und braunem Haar, der auf Córiel etwas sonderbar wirkte, als würde er nicht recht an diesem ernsten und gefassten Ort gehören. Die Schwarzhaarige schien die Situation mit einem einzigen Blick zu erfassen und begann sofort, die Menge mit energischen Gesten zu vertreiben. "Seht ihr denn nicht, dass sie verletzt ist? Schafft mir eine Trage herbei, sofort! Und macht etwas Platz! Sie braucht Ruhe, und zwar gleich. Na los doch!"
Ihre Worte zeigten Wirkung, und langsam löste sich die Elbenmenge auf. Der Braunhaarige war derweil neben Córiel auf ein Knie gegangen und betrachtete sie mit einem einfühlsamen Blick, bis sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht stahl. "Noch eine tapfere Kriegerin, die aus dem kalten Nebelgebirge nach Bruchtal gehumpelt kommt. Hab' keine Angst! Meine gute Freundin Yávien wird dich schon wieder zusammenflicken, wie sie es mit Finelleth getan hat."
"Antien! Lass sie in Ruhe," mischte sich nun Yávien selbst ein und schob den jungen Elb energisch beiseite. "Du kannst ihr deine Lieder und Späße vortragen, wenn sie nicht mehr in Lebensgefahr schwebt." Antien erhob sich und schien nicht im Geringsten gekränkt zu sein. "Wir sehen uns später," sagte er lächelnd und ging.
Endlich kamen zwei Elben mit einer Trage in die Halle geeilt und Córiel wurde vorsichtig darauf gelegt. Die Träger setzten sich in Bewegung und Yávien und Jarbeorn gingen eilig daneben her. Níthrar schien verschwunden zu sein.
"Wie schlimm ist es, Oberste Heilerin?" fragte Jarbeorn an Yávien gerichtet.
"Auf den ersten Blick sieht es mir nach mehrfachen Brüchen und Muskelrissen aus. Was hast du nur mit ihr angestellt, Junge? Ich denke nicht, dass dir dein Vater beigebracht hat, so mit Elbenmaiden umzugehen."
Jarbeorn - ungewöhnlich kleinlaut - blickte betreten zu Boden. "Ich hätte besser aufpassen sollen, dann wäre das vielleicht nicht passiert. Wir haben einen üblen Kampf gegen die Orks der Weißen Hand hinter uns - und gegen eine Elbin, die sich Vaicenya nennt."
Yávien schien der Name nichts zu sagen, doch sie blickte nachdenklich geradeaus, während Córiels Trage durch mehrere lange Gänge getragen wurde. "Erzähl mir später alles in Ruhe. Meister Elrond wird es sicherlich ebenso interessieren." Ihr Gesichtsausdruck wurde etwas weicher, als sie den Beorninger über Córiel hinweg anblickte und sagte: "Trotz der Umstände ist es schön, dich zu sehen. Du warst lange nicht mehr in Imladris."
"Du hast ja vielleicht gehört, was im Süden los war. Da konnte ich meine Axt doch nicht ruhen lassen."
"Nein, das konntest du nicht. Das konntest du noch nie."
Sie erreichten ein Zimmer mit weißen Wänden und die Trage wurde vorsichtig abgestellt. Yávien erschien wieder in Córiels Sichtfeld, ein kleines Fläschchen in Händen haltend. "Du solltest das trinken, meine Liebe. Ich muss herausfinden, was dir zugestoßen ist, und das kann sehr, sehr schmerzvoll werden. Am besten schläfst du solange. Wir sprechen später miteinander."
Sie setzte das Gefäß an Córiels Lippen und eine geschmacklose, klare Flüssigkeit strömte heraus. Die Wirkung trat nahezu sofort ein. Córiel fühlte sich, als würde sie in einem Becken mit warmem Wasser versinken und ihr Bewusstsein driftete davon.

Weder Traum noch Albtraum störten Córiels Schlaf, doch als sie die Augen aufschlug, war sie für einen Augenblick orientierungslos. Sie blickte auf eine Zimmerdecke, auf der ein meisterliches Gemälde zu sehen war, das einen friedlichen Wald zeigte. "Wo bin ich?" fragte sie.
"Du bist in Elronds Haus. Und es ist zehn Uhr am Nachmittag des vierundzwanzigsten Oktobers, wenn du es genau wissen willst," sagte Níthrars Stimme. Der Südländer saß auf ihrer Bettkante, wie Córiel feststellte, als sie sich vorsichtig aufrichtete. Erstaunlicherweise hatte sie dabei keine Schmerzen. Ihre Arme und Beine steckten in dicken Bandagen, die ihre Bewegungen zwar einschränkten, doch nicht so sehr wie sie befürchtet hatte. Sie trug ein schlichtes weißes Kleid, das sie an den Traum erinnerte, den sie nach dem Sturz von Vaicenyas Turm gehabt hatte. Ihr Haar war ordentlich zusammengebunden worden und fiel ihr über die linke Schulter. Doch Córiels Blick blieb an Níthrar hängen, der seine Kleidung aus Harad gegen ein elbisches Gewand getauscht hatte, wie es in Bruchtal viele trugen. Seine Kapuze war verschwunden. Und als sie ihn so sah, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Seine Ohren...
"Du bist ein Elb," stieß sie hervor.
Níthrar betrachtete sie schweigend. Er legte den Kopf leicht schief. Und was ändert das nun? schien sein Blick zu sagen. Córiel hatte darauf keine Antwort.
"Wo ist Jarbeorn?" fragte sie, nachdem mehrere Minuten des Schweigens vergangen waren.
"Bei den Schmieden," sagte Níthrar. "Seine Axt hat beim Kampf im Turm eine Scharte bekommen. Du weißt ja, wie wichtig ihm seine Waffe ist."
Ebenso wie mir, schoss es Córiel durch den Kopf. Ihren Speer, Sercehtë, hatte sie verloren. Verärgert ballte sie die linke Hand zur Faust. Dabei spürte sie, dass sie ihre Finger nur schwerfällig bewegen konnte.
Die Türe des kleinen Raumes öffnete sich, und Yávien kam herein, dicht gefolgt von einem hochgewachsenen Elben, den Córiel kurz darauf als Elrond Halbelb erkannte. Sie hatte ihn seit dem Feldzug des Letzten Bündnisses nur einmal kurz bei einem ihrer Besuche in Imladris gesehen, doch dabei kaum ein Wort mit dem Herrn des Tales gewechselt.
"Du bist bereits wach. Sehr gut," sagte Yávien zufrieden. Die Heilerin schob Níthrar sachte, aber bestimmt beiseite und musterte Córiel einen Augenblick, ehe sie nickte und wieder vom Bett zurücktrat. "Ich verstehe noch immer nicht, wie Ihr es geschafft habt, ihrem Gesicht wieder Farbe zu verleihen, Meister Elrond."
Elrond nahm nun zum ersten Mal selbst das Wort. Seine Stimme war volltönend und angenehm, doch Córiel spürte, dass der Herr von Imladris viele Fragen an sie haben würde. "Die Körper der Erstgeborenen zerbrechen nicht so leicht, Yávien, wie du weißt. Córiels Glieder werden heilen, doch das, was in ihrer Seele schwärt, ist vorerst nur zurückgedrängt. Du weißt, wovon ich spreche, Tochter des Russohtar und der Morëvanya, deren Linie die Sieben Tore durchschritt und den Wellen des Zorns entkam. Du kennst das Verlangen nach Blut, das an deinem Inneren nagt wie ein Geschwür. Das dich in der Stunde deiner größten Niederlage nun beinahe verschlungen hatte."
Elronds Worte trafen Córiel zutiefst, und sie brachte kein Wort heraus. Ein zaghaftes Nicken war alles, wozu sie fähig war.
"Sprechen wir heute nicht weiter davon," fuhr Elrond fort. "Es gibt im Augenblick dringlichere Angelegenheiten. Ich habe von Jarbeorn bereits einen ausführlichen Bericht über eure gemeinsame Reise seit eurem Aufbruch von Aldburg erhalten, und seine Worte haben mich zutiefst besorgt. Doch ich würde dennoch gerne hören, wie sich die Ereignisse aus deiner Sicht abgespielt haben, Córyeldë, wenn du dich dazu imstande fühlst."
Córiel gelang es, sich in eine aufrechte Sitzposition zu bringen. Sie begann; zunächst leise und stockend, doch mit der Zeit immer freier und fließender, von ihrem Weg durch Dunland und das Nebelgebirge zu erzählen. Insbesondere schien Elrond an Vaicenya interessiert zu sein und stellte vermehrte Zwischenfragen zu den Taten der Dunkelelbin. Als Córiel schließlich ihre Erzählung beendete, legte der Meister von Imladris bedächtig die Spitzen seiner Finger aneinander und sagte: "Dies sind rätselhafte und besorgniserregende Nachrichten. Dass sich eine von unserem Volk offen dem Feind anschließt, ist geradezu unvorstellbar, doch in diesen dunklen Zeiten scheinen wir viele Dinge zu erleben, die zuvor ungekannt waren. Wir müssen davon ausgehen, dass der Großteil von Vaicenyas Worten Lügen waren, und ich fürchte, dass wir nicht einmal ihren wahren Namen kennen."
"Doch," sagte Níthrar leise. "In dieser Hinsicht hat sie die Wahrheit gesagt." Er klang bedrückt und mied den Blick Elronds.
"Ich sehe, dass dies auf dir lastet, Freund. Doch die Wahrheit muss nun heraus, sei sie wohl- oder übelbringend."
Níthrar seufzte tief und suchte Córiels Blick. "Ich wollte es euch schon früher erzählen, dir und Jarbeorn. Doch ich fürchtete, ihr würdet mir dann nicht mehr vertrauen, und da Vaicenya zum Greifen nah war, vertröstete ich mich innerlich darauf, euch die ganze Situation zu erläutern, wenn wir sie dingfest gemacht hätten..."
"Nun spuck' es schon aus," stieß Córiel hervor, die es nicht mehr aushielt. Hatte etwa auch Níthrar sie von Anfang an belogen?
Er ließ die Hände sinken. "Vaicenya.... Féavendë Vaicenya ó Tatyar, wie sie vollständig heißt, ist ... meine Mutter."
"WAS?" entfuhr es Córiel - und gleichzeitig auch Jarbeorn, der in jenem Moment durch die Tür getreten war, seine frisch geschliffene Axt geschultert. Klirrend fiel die Zweihandwaffe zu Boden.
"Die Tatyar sind die Vorväter der Noldor," sagte Elrond nachdenklich. "Du bist älter, als du aussiehst, Níthrar."
Dieser schüttelte den Kopf. "Nein, Meister Elrond. Ich wurde erst kurz nach dem Aufgang von Sonne und Mond geboren, wenige Jahrhunderte, bevor sich das Schicksal meiner Mutter wenden sollte. Sie und die Hälfte ihres Volkes blieben an den Wassern des Erwachens, als die Noldor unter Finwë in den Gesegneten Westen aufbrachen. Und dort lebten sie, während der Mittag von Valinor verstrich, für einige Zeit in Frieden. Doch Vaicenya war schon von Anfang an misstrauisch gegenüber den Maiar und Valar gewesen, und als der Krieg gegen den ersten Dunklen Herrscher Gebirge erschütterte und Ebenen zerbrach, sah sie sich bestätigt. Ohne den Schutz des Westens mussten die Elben, die im Osten geblieben waren, nach der Rückkehr Morgoths nach Mittelerde viele Schrecken erdulden, denn während die Noldor Beleriand und die Länder südlich davon verteidigten und Angband selbst belagerten, hatten die Kreaturen des Schattens im Osten, jenseits der Königreiche der Erben Finwës freie Bahn, um ihr Unheil über die Avari zu bringen. Meine Mutter war eine der ersten, die zu den Waffen griff, und verschaffte unserem Volk damals etwas Luft zum Atmen, doch der endlose Kampf gegen den Schatten machte sie zu einer hasserfüllten, kalten Person. Und nur wenige Jahre bevor der Krieg des Zorns Morgoths endgültige Niederlage herbeibrachte, geschah etwas, das nicht hätte geschehen dürfen. In ihrem Widerstand gegen zahllose Invasoren aus dem Norden hatte meiner Mutter stets ihre tapfere Freundin Melvendë zur Seite gestanden, der es als einziger gelungen war, den Zorn Vaicenyas zu bändigen. Doch als Melvendë fiel, war meine Mutter wohl endgültig verloren. Selbst nach dem Ende der Angriffe aus dem Norden konnte sie nicht aufhören, den Kampf zu suchen. Überall sah sie Verrat und Feinde. Am Ende sprach sie davon, dass Mittelerde besser dran wäre, wenn alles Leben davon getilgt würde."
"In anderen Worten, sie ist vollkommen wahnsinnig geworden," schlussfolgerte Jarbeorn. "Und deshalb hast du dich auch von ihr abgewandt."
"Ich ging fort, als ich es nicht mehr mitansehen konnte," antwortete Níthrar. "Ich baute mir ein Leben im tiefen Süden auf, wo mich keiner kannte, und tat mein Bestes, dort jenen zu helfen, die sich selbst nicht helfen konnten. Ich schätze, es sollte eine Art... Buße für die Taten Vaicenyas sein."

Córiel hatte Níthrars Geschichte mit staunendem Schweigen gelauscht. Wachsendes Grauen erfüllte sie, denn was Vaicenya zugestoßen war, klang erschreckend vertraut in Córiels Ohren. Auch sie hatte sich immer wieder darin verloren, nichts als Krieg und Schlacht zu suchen. Und Elronds Worte hatten sie allzu schmerzlich darauf hingewiesen, dass ihre Seele verwundet war. Was, wenn ich eines Tages ebenfalls den Verstand verliere?
Elrond brach das Schweigen. Während er Córiel mit einem durchdringenden Blick musterte, fragte er Níthrar: "Die Freundin, die deine Mutter verlor und deren Tod zu ihrem Sturz in den Wahn führte.... wie sah sie aus? Kannst du sie beschreiben?"
Níthrars Blick war von Niedergeschlagenheit gezeichnet. "Ihr habt denselben Gedanken wie ich, Meister Elrond. Euer Verdacht stimmt."
Elrond nickte verstehend. "Die Fixierung ist mir aufgefallen, als Córiel von ihren Begegnungen mit Vaicenya erzählte. Ich denke, nun wissen wir, warum sie dich nicht umgebracht hat, meine Liebe, und weshalb sie so großes Interesse an dir gezeigt hatte."
Jarbeorn blickte verwundert zwischen den beiden Elben hin und her. "Was meint ihr damit? Was ist mit Stikke?"
"Ist es nicht offensichtlich?" fragte Elrond. "Sie ist der Freundin, die Vaicenya vor so vielen Jahrtausenden verlor, offenbar wie aus dem Gesicht geschnitten."
« Letzte Änderung: 18. Jan 2021, 16:30 von Fine »
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« Antwort #24 am: 8. Nov 2017, 10:47 »
Níthrar umrundete das Bett in dem Córiel lag, und kam neben Elrond zum Stehen. “Ich fürchte, dein Anblick hat ihren Wahnsinn noch befeuert, Córiel,” sagte er. “Das macht sie gefährlicher als je zuvor.”
“Dann halten wir sie auf. Daran hat sich nichts geändert. Sie mag deine ... Mutter sein, Níthrar, aber ich werde nicht zulassen, dass sie noch mehr Krieg und Leid über Mittelerde bringt. Wenn sie nicht anders aufzuhalten ist, werde ich sie töten.” Córiel richtete sich entschlossen auf, doch ihre Beine versagten ihr den Dienst und sie blieb liegen. Die Schmerzen kehrten zurück und sie biss die Zähne zusammen.
“Mit Verlaub, du wirst vorerst nirgendwohin gehen,” sagte Elrond sanft, doch mit genug Autorität in der Stimme, dass Córiel sich geschlagen gab. “Dein Körper ist so zerschunden, dass es ein Wunder ist, dass du auf dem Weg hierher nicht gestorben bist.”
“Ein Wunder, oder vielleicht kalte Berechnung?” meinte Jarbeorn. “Wenn es stimmt, was ihr über Stikke und ihre Verbindung zu Vaicenya sagt, dann würde sie doch niemals zulassen, dass Stikke stirbt?”
Níthrar blickte den Beorninger nachdenklich an. “Mir sind einige tote Orks aufgefallen, die nahe der Stelle lagen, an der wir Córiel nach ihrem Sturz von der Turmspitze gefunden haben. Ich denke... ich denke, es ist meiner Mutter durchaus zuzutrauen, dass sie genau wusste, dass Córiel den Sturz überleben würde...”
“...weil sie es zuvor mit besagten Orks ausprobiert hat,” ergänzte Córiel. “Nicht dass es schade um die Orks wäre, aber dennoch ist das ein ziemlich verstörender Gedanke.”
“Hier in Imladris bist du sicher und hast genug Zeit für die Heilung deiner Verletzungen,” sagte Yávien. Die Heilerin hatte das Gespräch bislang aufmerksam verfolgt, nahm nun allerdings zum ersten Mal das Wort. “Ruhe dich aus und werde gesund, ehe du zu neuen Abenteuern aufbrichst.”
“Ich fühle mich verantwortlich,” antwortete Córiel. “Während ich hier liege und nichts tun kann, schmiedet Vaicenya ungehindert ihre Pläne...”
“Im Augenblick liegt es nicht in deiner Macht, sie aufzuhalten,” sagte Elrond. “Ich werde Späher ins Gebirge aussenden. Wenn Vaicenya sich noch dort aufhält, werden sie ihre Spur schon bald entdeckt haben.”
Córiel biss sich unzufrieden auf die Unterlippe. Sie hasste es, untätig zu bleiben während Vaicenya ungestraft ihren finsteren Absichten nachgehen konnte. Córiel sehnte sich danach, vom Bett aufzuspringen, ihren Speer zu holen und auf die Jagd zu gehen. Doch den Speer hatte sie verloren und ihre Verletzungen würden sie noch eine lange Zeit zu einer Gefangenen der Heiler machen.
“Kopf hoch, Stikke,” versuchte Jarbeorn sie aufzumuntern. “Dir wird schon nicht langweilig werden während du dich von den Verletzungen erholst. Dafür werde ich sorgen. Und sobald du genesen bist, spüren wir Vaicenya auf und setzen ihren Plänen ein Ende.”
“Ich rate zur Vorsicht,” sagte Elrond. “Vaicenyas krankhafte Fixierung auf dich ist besorgniserregend. Am besten solltest du dich so weit wie möglich von ihr fern halten. Es gibt Andere, die sich um dieses Problem kümmern können.”
“Bei allem Respekt, Meister Elrond, von wem sprecht Ihr? All Eure Krieger sind in Rohan, und Eure Verbündeten in Eriador und Mithlond haben mit eigenen Problemen zu kämpfen. Es gibt niemanden, den Ihr entbehren könnt. Vaicenya ist meine Verantwortung. Ich muss - und werde - sie aufhalten.”
Elrond hielt Córiels Blick stand und musterte sie einen langen Augenblick, ohne etwas zu sagen. Dann nickte er leicht. “Du wirst tun, was du für richtig hältst. Das ist nicht zu übersehen. Doch gedenke meiner Worte, wenn du erneut in den Krieg ziehst: Der Kelch des Blutdursts hat keinen Boden und wird niemals sättigen, wenn er nicht beiseite gestellt wird.

In den nächsten Stunden war Córiel trübsinnig und schweigsam. Jarbeorn leistete ihr Gesellschaft, während Níthrar rasch wieder verschwunden war. Der Beorninger versuchte zwar, die Hochelbin aufzumuntern, doch es gelang ihm nur selten, ihr ein Lächeln zu entlocken.
Einige Zeit später kehrte die Heilerin Yávien zurück, um Córiels Verbände zu wechseln. Begleitet wurde sie von Antien, dem Elben der Córiel bei ihrer Ankunft in Imladris wegen seiner ungewöhnlichen Art aufgefallen war. Antien trug eine Laute bei sich und setzte sich auf einen kleinen Hocker, den man neben Córiels Bett gestellt hatte.
“Ich hörte, du bist der Trübsal anheim gefallen, meine Liebe,” sagte er mit einem Lächeln. “Dagegen lässt sich doch vielleicht etwas unternehmen. Ich habe mir sagen lassen, dass meine Lieder die Heilung schwer verletzter Elbenkriegerinnen beschleunigen.”
Yávien verdrehte bei diesen Worten die Augen und sagte: “Er redet Unsinn, wie gewöhnlich. Aber seine Lieder sind schön anzuhören, das muss ich zugeben.”
“Ein Lob, und das aus deinem Munde? Ich bin geschmeichelt!” rief Antien. Ehe Córiel Einwände erheben konnte, begann er.

Sieben Tore, stark und alt,
Geschmiedet im Gebirge kalt
Bargen den verborg’nen Pfad,
Zur Stadt, gebaut auf Ulmos Rat
Turgons Festung, stark und schön,
War wie ein Wunder anzusehen
Zwölf große Häuser lebten dort,
Und hießen sie den Heimatort.

Gondolin, Gondolin! Stadt des Gesangs!
Lang war dein Widerstand, tief war dein Fall.

Erbaut von starker Noldorhand,
Hielt sie bis zum Ende stand
Wehrte Morgoths Dienern lang,
Bis Schatten erst ihr Licht durchdrang.
Turgons Turm verging im Feuer,
Doch Gothmogs Horden zahlten teuer
Die Stadt nahm ihnen viele Krieger,
Schatten und Flamme stürzten nieder

Gondolin, Gondolin! Stadt des Gesangs!
Deine Erben werden dein Andenken niemals vergessen.

Während Antien sang und spielte, trat ein Bild vor Córiels Augen. Eine brennende Stadt inmitten einer großen Ebene, umgeben von gewaltigen Bergen. Gondolin, Heimat ihrer Eltern, zerstört von den Armeen des ersten Dunklen Herrschers. Córiel selbst war lange nach dem Fall der Stadt geboren worden, doch ihre Eltern hatten ihr einige Geschichten darüber erzählt.
“Woher weißt du über meine Abstammung Bescheid?” fragte sie Antien, nachdem dieser sein Lied beendet hatte.
“Ich war zufällig in der Nähe, als Meister Elrond deine Begleiter über dich befragte,” antwortete dieser und erhob sich. “Doch noch mehr konnte ich in deinen Augen sehen, als du zerbrochen und besiegt hier angekommen bist. Ich habe dieses Lied geschrieben, nachdem ich die Geschichte von Gondolin und ihrem Fall gelesen habe, und als ich dich sah, musste ich sofort daran denken.”
“Nun, du scheinst tatsächlich ein begabter Sänger zu sein,” gab Córiel zu, denn Antiens Lied hatte ihr gefallen. “Vielen Dank, dass du mir dieses Lied gezeigt hast.”
“Ich habe dich beobachtet, Córiel,” erwiderte Antien. “Ich weiß nicht, aus welchem der zwölf Häuser deine Vorfahren stammen, doch wenn ich es nicht besser wüsste...”
“Wovon sprichst du?”
“Laut der Erzählung ging das zwölfte Haus bis auf den letzten Mann im Kampf unter. Und dennoch... ich glaube, du bist vom Haus des Hammers des Zorns.”
Antien ließ seine Aussage stehen und verließ bald darauf den Raum. Auch Yávien beendete einige Minuten später ihre Arbeit und so blieb Córiel mit Jarbeorn alleine zurück. Eine tiefe Müdigkeit überkam sie. Ehe sie einschlief, sah sie noch, wie der Beorninger sich auf den Hocker neben ihrem Bett setzte und sie aufmerksam beobachtete. Er würde über ihren Schlaf wachen.

Es war kein Traum, der Córiel weckte. Es erschien ihr, als hätte sie nur wenige Minuten geschlafen, doch als sie vorsichtig die Augen öffnete, waren alle Lichter im Raum erloschen, und auch durch das Fenster drang nur wenig Sternenlicht hinein. Jarbeorns regelmäßige Atemzüge waren das einzige Geräusch, das an Córiels Ohren drang. Der Beorninger war in sich zusammengesunken und schlief, den Oberkörper auf Córiels Bettkante gelegt.
Ein Windhauch strich über ihr Gesicht, doch sie schenkte ihm keine Beachtung. Zweifel schlichen sich in ihre Gedanken. Noch immer fühlte sie sich für das Unheil, das Vaicenya in Mittelerde stiftete, verantwortlich und sehnte sich danach, geheilt zu sein und die Jagd wieder aufzunehmen. Doch was, wenn Níthrar und Elrond recht hatten? Was, wenn sie zum ersten Mal in ihrem Leben weglaufen sollte, anstatt sich der Gefahr zu stellen?
Ein Wispern erklang aus den Schatten. Córiel verstand die Worte nicht, auch wenn sie sonderbar vertraut klangen. Dann erhaschte sie eine flüchtige Bewegung zu ihrer Linken, und ein schlanker Schatten trat neben ihr Bett.
“Verschwinde,” stieß Córiel hervor.
“Du verletzt mich, Melvendë,” erwiderte Vaicenya, deren Gesicht im fahlen Sternenlicht erschien, das durchs Fenster drang.
Córiel grinste gequält. “Nein, du bist es, die mich verletzt hat. Sieh mich doch an.”
“Ich wusste, dass dich der Sturz nicht umbringen würde.”
“Ich sagte, du sollst verschwinden. Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist, und lass Mittelerde in Frieden.”
“Frieden? Du bist blind, wenn du glaubst, dass die Welt Frieden hat. Solange sie vom Schatten des Dunklen Herrschers berührt wird, wird es niemals Frieden geben. Und deswegen muss ich alle vernichten, die dem Frieden im Wege stehen. Alle... bis es nur noch dich und mich gibt.”
“Du bist wahnsinnig,” keuchte Córiel. “Du kannst doch nicht... alle umbringen.”
“Ich kann, und ich werde. Hab Vertrauen, Melvendë. Bald schon werden wir zusammen sein... auf ewig.”
“Verlass dich nicht drauf,” antwortete Córiel, doch der Schatten Vaicenyas war verschwunden.
Sie lag noch eine halbe Stunde wach, ehe sie der Schlaf erneut fand.

Als Córiel am nächsten Morgen erwachte, war Jarbeorn verschwunden. Sie fragte sich, ob sie sich das Gespräch mit Vaicenya nur eingebildet hatte. Elrond würde es doch sicherlich bemerken, wenn sie in sein Reich eingedrungen wäre. Sie mag eine Meisterin der Verkleidung sein, doch Imladris wird von der Macht Vilyas geschützt. Oder...?
Sie fand keine Antwort darauf.
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Re: Elronds Haus
« Antwort #25 am: 13. Nov 2017, 21:45 »
Die Vorbereitungen für die Mission Cánotars und Ardóneths dauerten mehrere Tage, in denen es für Ardóneth nur wenig zu tun gab. Noch immer wartete er darauf, dass seine Gruppe, die er in Fornost zurückgelassen hatte, in Bruchtal eintreffen würde. Doch nun, da sich Lóvarie entschlossen hatte, ihn zu begleiten, war es ihm ganz recht, dass sie nicht sofort aufbrachen. Denn je mehr Zeit der Kundschafterin blieb, um sich von ihren Verletzungen zu erholen, als umso nützlicher würde sie sich während der Mission erweisen.
Und dennoch steht es ganz außer Frage, dass die Zeit drängt, dachte Ardóneth, während er in Begleitung seiner Tochter durch das Haus Elronds streifte. Vorräte und Waffen standen bereit, wie er wenige Minuten zuvor überprüft hatte. Fehlen nur noch Elrádan und die anderen. Hoffentlich sind sie nicht mehr allzu weit weg.
Er war fest entschlossen, die Gefahr, die Bruchtal womöglich drohte, um jeden Preis abzuwenden. Nun, da sich seine Familie dort aufhielt, war es ihm umso wichtiger geworden. Doch selbst wenn Cairien und Maraniel in Fornost geblieben wären, hätte er trotzdem vollen Einsatz auf dieser Mission gezeigt.
Aber dadurch dass sie hier sind, ist es etwas Persönliches, dachte er. Ich werde nicht zulassen, dass den beiden etwas zustößt.

Maraniel hatte seine Hand losgelassen und war ein Stückchen voraus gelaufen, einen der langen Gänge innerhalb des Westflügels des Hauses entlang. Zu dieser Tageszeit begann die Sonne gerade, durch die großen Fenster hineinzuscheinen, denn es war bereits später Nachmittag und das Abendessen war nicht mehr fern. Maraniel öffnete neugierig eine der Türen im Gang und schlüpfte hindurch, ehe Ardóneth sie aufhalten konnte. Rasch schloss er zu ihr auf und blieb im Türrahmen stehen. Das Zimmer war recht klein und wurde von einem großen Bett dominiert, in dem eine schlafende Gestalt lag. Die Elbenfrau, die dort lag, wirkte auf Ardóneth verletzlich, als wäre ihr etwas Furchtbares zugestoßen. Sie war blass und die blonden Haare fielen in einem großen Durcheinander über die Kissen, auf denen ihr Kopf gebettet war.
Maraniel schien ebenfalls zu merken, dass etwas nicht stimmte. “Was ist mir ihr?” fragte das Mädchen.
Ehe Ardóneth antworten konnte, betrat ein breitschultriger, dunkelhaariger Mann den Raum über den Balkon, der an das Zimmer grenzte. Offenbar hatte er dort draußen gestanden und die Wasserfälle von Imladris betrachtet.
“Hallo,” sagte der Mann freundlich und ging neben Maraniel in die Hocke. Sein Vollbart war ebenso dicht wie sein Haar und hatte dieselbe dunkle Farbe. Er deutete auf die schlafende Elbin und fuhr fort: “Sie ist krank, meine Kleine. Aber dank Elronds Hilfe wird es ihr schon bald besser gehen.”
“Ich hoffe es,” antwortete Maraniel. Dann wandte sie den Blick vom Bett ab und fixierte den Bärtigen. “Wie heißt du?”
“Mein Name ist Jarbeorn, Sohn des Grimbeorn. Und du?”
“Maraniel. Tochter von... von dem da.” Sie zeigte mit einem fröhlichen Grinsen auf Ardóneth, der sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen gelehnt hatte.
“Ardóneth, Argoleths Sohn,” stellte er sich mit einem Nicken vor. “Schön, Eure Bekanntschaft zu machen, Jarbeorn.”
Eine neue Stimme mischte sich ein und sagte: “Ich hatte eigentlich keinen Besuch erwartet.” Sie klang nicht vorwurfsvoll, und als Ardóneth hinsah, erkannte er, dass die Elbin erwacht war.
“Dies ist Córiel von den Noldor,” stellte Jarbeorn sie vor. “Und ich fürchte, wir haben sie geweckt. Dabei sollte sie schlafen und gesund werden.”
Córiels Gesicht verzog sich zu einem kleinen Lächeln. “Mach dir nur keine Sorgen um mich. Ich komme schon wieder in Ordnung.”
“Ich weiß, Stikke. Aber mir wäre es lieber, wenn ich etwas weniger lange auf den Tag warten müsste, an dem du und ich wieder auf die Jagd gehen können.”
“Auf die Jagd?” fragte Maraniel neugierig.
Jarbeorn beugte sich zu ihr herunter. “Wir verfolgen eine böse Frau, die viel Unheil anrichten wird, wenn wir sie nicht aufhalten.” Er zwinkerte dem Mädchen verschwörerisch zu. “Aber das ist ein Geheimnis.”
“Ich werde es niemandem verraten,” flüsterte Maraniel dem Beorninger zu.
Ardóneth musste bei diesen Worten an seine eigene Mission denken, zu er er schon bald aufbrechen würde. Auch er würde sich auf die Jagd begeben - auf die Jagd nach den Gefahren, die Bruchtal und damit auch seine Familie bedrohten.
“Was macht ein Beorninger auf dieser Seite des Gebirges?” fragte er freundlich in Jarbeorns Richtung. “Ich war vor Kurzem auf dem Hohen Pass und bin bis zum Carrock gereist. Doch von Eurem Volk habe ich keine Spur gesehen.”
“Mein Vater, Grimbeorn der Alte, der Häuptling, hat meinen Leuten nach dem Fall des Goldenen Waldes in Rohan eine neue Heimat gefunden,” erklärte Jarbeorn. “Dort gibt es einen Wald, der den Wäldern zwischen Fluss und Gebirge östlich von hier sehr ähnlich ist. Doch ich hoffe, dass wir eines Tages wieder ins Tal des Anduin zurückkehren können... wenn Saruman keine Bedrohung mehr darstellt.”
“Und ich bin mir sicher, dieser Tag wird kommen,” meinte Córiel und ergriff Jarbeorns Hand.
Sie scheinen ja sehr vertraut miteinander umzugehen, dachte Ardóneth. Ob sie wohl... Er brachte den Gedanken nicht zu Ende, denn Maraniel war überraschend auf das Bett geklettert, offenbar fest entschlossen, Córiels Haare in eine ordentliche Form zu bringen.
“Was machst du denn da?” fragte die Elbin, doch sie ließ das Mädchen zunächst gewähren.
“Ich helfe dir,” erklärte Maraniel. “Damit du schneller gesund wirst.” Rasch band sie den Großteil der blonden Haare zu einem einfachen Zopf zusammen und betrachtete das Ergebnis mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. “Jetzt sind dir deine Haare nicht mehr so im Weg, wenn du schlafen willst.”
Jarbeorn lachte und meinte: “Ich bin mir sicher, das ist genau das, was Stikke jetzt gebracht hat.”

Wenig später brachte Ardóneth seine Tochter zurück zu Cairien und sie aßen zu dritt zu Abend. Und als die Sonne bereits im Westen unterging, geschah das, worauf er in den letzten Tagen gewartet hatte. Cánotar brachte die Nachricht, dass Elrádan und der Rest von Ardóneths Gruppe eingetroffen waren und bei den Stallungen auf ihn wartete. Gemeinsam begaben sie sich dorthin...

Ardóneths Gruppe in die Trollhöhen
« Letzte Änderung: 31. Dez 2017, 23:32 von Fine »
Er hat noch gezuckt weil ich ihm meine Axt in seine Nervenstränge getrieben habe.

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Die Zeit der Heilung
« Antwort #26 am: 11. Dez 2017, 10:49 »
Córiel blieb noch zwei Wochen in Imladris, die sich mehr und mehr in die Länge zu ziehen begannen. Selbst als die Heiler es ihr endlich gestattet hatten, das Bett zu verlassen, fühlte sie sich dennoch eingeengt und kam sich wie ein Kind vor, das stets unter Beobachtung stand. Jarbeorn war den Großteil der Zeit an ihrer Seite und unterhielt sie mit seinen Späßen und Geschichten, doch selbst der gutmütige Beorninger war nicht immer in der Lage, Córiels düstere Laune aufzuhellen.
Von Níthrar bekam Córiel nur wenig zu sehen. Der Avarin-Elb verbrachte die Tage meistens in Elronds Bibliothek, wo er das angesammelte Wissen nach Informationen über seine Mutter durchforstete. Doch Imladris war hauptsächlich ein Stützpunkt der Noldor, die sich nur wenig mit den Avari-Völkern des Ostens beschäftigt hatten. Elronds Bibliothek war groß und bis zum Rand gefüllt mit Aufzeichnungen, Schriftrollen und Büchern, doch Córiel konnte nicht sagen, ob Níthrar dort finden würde, wonach er suchte. Der Elb war seit seinen Enthüllungen sehr verschlossen gewesen und hatte kaum oder gar nicht auf Unterhaltungsversuche Córiels reagiert. Also hatte sie ihn schließlich in Ruhe gelassen.

Der Oktober neigte sich dem Ende entgegen, und die Bäume Bruchtals begannen, ihre letzten Blätter zu verlieren. Córiel stand auf dem Balkon ihres Zimmers und stützte sich mit beiden Armen auf das kunstvoll geschnitzten Geländer. Die Wasserfälle Bruchtals donnerten in einiger Entfernung herab und sorgten dafür, dass ein leichter Hauch von Wasserdampf in der Luft lag. Es war kühl geworden, weshalb Córiel einen roten Umhang trug, den sie eng um ihre Schultern geschlungen hatte. Sie hatte seit ihrem Sturz keine Rüstung mehr getragen und begann so langsam, sich an die Kleider zu gewöhnen, die man ihr freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Dennoch war sie froh, dass es sich dabei nicht um einen permanenten Zustand handelte.
Im Hof unter ihr regte sich etwas. Es war Jarbeorn, der ihr gut gelaunt zuwinkte. “Komm herunter, Stikke!” rief er und hob seine Axt, die er in der linken Hand hielt. “Yávien hat gesagt, du darfst nicht vergessen, deine Muskeln wieder an normale Bewegungen zu gewöhnen. Lass uns gleich heute anfangen! Es wird dir gefallen.”
Sie legte den Kopf schief und dachte über das Angebot nach. Jarbeorn sprach natürlich von Kampfübungen, das hätte selbst ein Blinder erkannt. Und Córiel spürte deutlich, dass sich ein Teil von ihr danach sehnte, endlich wieder ins Gefecht zu ziehen. Doch Elronds Worte waren ihr allzu deutlich in Erinnerung geblieben. Der Herr von Imladris hatte Córiel gewarnt, sich nicht von ihrem Blutdurst verzehren zu lassen. Und tatsächlich war das Verlangen, das stets tief in Córiels Herzen schlummerte, in den Wochen, die sie in Imladris verbracht hatte, niemals an die Oberfläche gedrungen. Sie hatte Frieden gefunden, zumindest für einen kurzen Zeitraum. Und Córiel stellte fest, dass sie diese Zeit genossen hatte - mehr, als ihr zunächst klar geworden war. Wollte sie diesen Frieden wirklich riskieren? Unentschlossen trat sie von einem Bein aufs andere, ehe sie sich schließlich dazu durchrang, sich Jarbeorn im Hof anzuschließen.
Unten angekommen fand sie den Beorninger bereits ungeduldig wartend vor. Neben ihm stand Yávien, die Elbenheilerin, die Córiel mit kritischem Blick musterte. Sie studierte jede einzelne Bewegung, während Córiel nichts weiter tat, als den Hof zu durchqueren und sich zu den beiden zu gesellen.
“Du bewegst dich noch immer etwas unsicher,” stellte Yávien fest. “Doch offenbar sind deine Knochen wieder gut zusammengewachsen. Hast du noch Schmerzen? Kannst du Arme und Beine einwandfrei bewegen?”
Córiel hob zur Demonstration beide Arme in die Höhe, dann machte sie einen kleinen Sprung und rollte sich geschickt ab. Als sie wieder auf die Beine kam, rauschte ein kurzer Schmerz durch ihre Schultern, doch das Gefühl verschwand so schnell wie es gekommen war. “Ich glaube, es geht,” sagte Córiel.
“Dann können wir beginnen,” meinte Jarbeorn zufrieden. “Du trägst weder Waffe noch Rüstung, doch das musst du auch nicht. Für heute reicht es, wenn du meinen Angriffen ausweichst.” Er hob die Axt und packte den Schaft mit beiden Händen.
“Und wenn ich zu langsam bin, und du mich triffst?”
“Dann wird dich Yávien eben wieder zusammenflicken,” erwiderte Jarbeorn mit einem breiten Lächeln. “Mach dich bereit, Stikke!”
Er holte aus und ließ die Axt vertikal niedersausen. Ein schneller Schritt zur Seite brachte Córiel aus der Gefahrenzone. Dann duckte sie sich hinter dem nächsten Hieb hinweg und wirbelte um die eigene Achse, wobei sie mit einem kurzen Sprung etwas Distanz zwischen sich und den Beorninger brachte. Federnd landete sie und hielt sich für den nächsten Angriff bereit.

Zwei Stunden später fühlte sich Córiel so erschöpft wie lange nicht mehr, doch ihre Laune war besser denn je. Nicht einen einzigen Treffer hatte Jarbeorn landen können. Yávien untersuchte sie und stellte erfreut fest, dass der Heilungsprozess in Córiels Körper wie erhofft voranschritt. Bis auf vereinzelte Schmerzen in Schultern und Oberschenkeln hatte Córiel keinerlei Beschwerden.
“Sieht ganz so aus, als wärst du bald schon wieder bereit für neue Abenteuer,” freute sich Jarbeorn.
“Vaicenya ist noch immer da draußen,” sagte Córiel. “Wir haben viel Zeit verloren, doch wir können sie noch immer aufhalten.”
“Und das werden wir auch, Stikke. Werde du einfach nur weiter gesund. Bald schon werden wir erneut zur Jagd aufbrechen.”

Am späten Abend lag Córiel wach und dachte darüber nach, was geschehen war. Noch immer war sie innerlich wie zerrissen. Sie wusste, dass ein Teil von ihr, genau wie Jarbeorn, darauf brannte, die Jagd nach Vaicenya so bald wie möglich wieder aufzunehmen. Doch ihre andere Hälfte sehnte sich nach mehr Ruhe und würde am liebsten zu den Anfurten von Mithlond aufbrechen, um in See zu stechen. Córiels Schiff, die Sternenjägerin, lag sicher vertäut an Círdans Gestaden und wartete nur darauf, wieder die Weiten von Belegaer zu durchstreifen. Doch konnte sie es sich wirklich erlauben, in diesen finsteren Zeiten Mittelerde den Rücken zu kehren? Besaß sie nicht die Verantwortung, gegen die Mächte des Schattens zu kämpfen, selbst wenn sie dieser Kampf in Gefahr brachte, sich in ihrer Blutlust zu verlieren?
Mit einem leisen Geräusch öffnete sich die Türe zu Córiels Zimmer. Überrascht stellte sie fest, dass es Meister Elrond war, der den Raum betrat, gefolgt von einer weiteren Person. Córiel nahm an, es handelte sich dabei um die Heilerin Yávien.
“Meister Elrond, was führt Euch zu dieser späten Stunde zu mir?” fragte sie und stand von der Bettkante auf, auf der sie gesessen hatte.
Elronds Gesichtsausdruck war von Sorge gekennzeichnet. “Ich habe einen überraschenden... Besucher in meiner Unterkunft vorgefunden. Deshalb bin ich hier. Ich denke, mein Gast kann für sich selbst sprechen.” Elronds Stimme hatte einen merkwürdigen Klang angenommen, während er beiseite trat und sein Begleiter ins Licht der kleinen Elbenlampe kam, die Córiels Raum erhellte.
“Ich sehe, es geht dir schon wieder deutlich besser, melvendë,“ sagte Vaicenya mit einem freundlichen Lächeln. “Das erwärmt mir das Herz, meine Liebe.”
Córiels Hände verkrampften sich. Also war sie tatsächlich hier und ich habe mir die Unterhaltung nicht eingebildet, schoss es ihr durch den Kopf. Wie bei allen Sternen ist sie nur ungesehen nach Imladris gelangt? Und wieso lässt Meister Elrond sie gewähren und bringt sie sogar hierher, zu mir?
“Du hast viele Fragen, das sehe ich dir an,” fuhr Vaicenya fort und strich sich ihr dunkelbraunes Haar hinter die spitzen Ohren zurück. “Und ich verspreche dir, ich werde jede einzelne davon beantworten. Doch dies ist weder der Ort noch die Zeit dafür. Es hat sich eine Gelegenheit eröffnet, die ich nicht ungenutzt lassen werde. Doch dafür benötige ich deine Hilfe.”
Córiel konnte kaum glauben, was sie da hörte. Sie warf Elrond einen hilfesuchenden Blick zu, doch dieser schüttelte nur sanft den Kopf. Irgendetwas schien ihn davon abzuhalten, Vaicenya unschädlich zu machen.
“Wenn du glaubst, ich helfe dir, nach dem, was du mir angetan hast...”
Vaicenya streckte ihr die Hand entgegen, doch Córiel schob sie zornig beiseite. “Ich werde mich dir niemals anschließen.”
Ihre Überraschung wurde noch größer, als Elrond sagte: “Ich denke, das ist genau das, was du tun solltest.”
Wie bitte? Er ist auf ihrer Seite? Córiel konnte kaum glauben, was sie da hörte. Sie starrte Elrond mit schockiertem Gesichtsausdruck an.
“Er gilt in diesen Landen als weise, nicht wahr?” meinte Vaicenya und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Ringe ihres silbernen Kettenhemdes blinkten im Licht der Elbenlampe, als sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte. “Du solltest wirklich auf ihn hören. Er hat erkannt, wie wichtig es ist, dass die Gelegenheit genutzt wird.”
“Worum geht es dabei überhaupt? Hör’ auf, ständig in Rätseln zu sprechen!” forderte Córiel.
“Oh nein, so einfach mache ich es dir nicht, meine Liebe. Mein Vertrauen musst du dir verdienen. Du brauchst für den Augenblick nur wissen, dass ich deine Hilfe benötigen werde, wenn ich den Goldenen Wald betrete. Und dass du mit mir kommen wirst. Jetzt. Pack deine Sachen und vergiss deine Rüstung nicht. Du wirst sie brauchen.”
“Jetzt? Meine Verletzungen sind...”
“Unbedeutend. Ich habe dich heute beobachtet, melvendë. Du hast deine Anmut zurückerlangt. Bis wir an unserem Ziel angekommen sind, wirst du wieder im Stande sein, zu kämpfen.”
“Ich werde niemals Seite an Seite mit dir kämpfen,” stellte Córiel klar.
Vaicenya kam zu ihr und stellte sich unangenehm nah vor sie. Ihre Gesichter trennten nur noch wenige Zentimeter voneinander. “Du hast es viele Jahrhunderte getan, und du wirst es wieder tun,” wisperte die Dunkelelbin. “Lass mich jetzt nicht im Stich, meine Liebe. Ich brauche dich an meiner Seite.”
Córiel stieß Vaicenya von sich. Die Situation brachte sie mehr aus der Fassung als sie begreifen konnte. Ich kann doch jetzt nicht einfach alles stehen und liegen lassen, und mit Vaicenya zu einer geheimnisvollen Mission aufbrechen, dachte sie.
Elrond sagte: “Reisegepäck steht bereit. Deine Rüstung erwartet dich und ich habe dir Schwert, Bogen und Pfeile bringen lassen.”
“Wieso tust du das?” verlangte Córiel zu wissen. “Wieso vertraust du ihr?”
“Das tue ich nicht,” erwiderte Elrond. “Doch gerade jetzt steht einer ihrer Diener  im Zimmer meiner Tochter, und hält ihr ein Messer an die Kehle. Mir sind die Hände gebunden. Du musst mit ihr gehen, Córiel... ich bitte dich.”
Wütend ballte Córiel beide Hände zu Fäusten. Sie erkannte, dass es nichts gab, das sie tun konnte. Sie musste Vaicenya das geben, was sie wollte. “Also gut,” presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. “Ich gehe mit dir.”
“Braves Mädchen,” sagte Vaicenya zufrieden und strich Córiel über den Kopf. “Mach dich reisefertig. Ich werde warten... aber nicht lange.”

Wenigen Minuten später standen sie zu dritt am südlichen Ausgang zum Tal von Imladris. Córiel trug ihre Rüstung, sowie Waffen und Proviant für eine längere Reise. Vaicenya wandte sich an Elrond und sagte: “Deine Tochter ist sicher, für den Moment. Doch unternimmst du erneut Schritte gegen mich, wird die Klinge so rasch an ihren Hals zurückkehren, wie sie gekommen ist. Meine Diener haben sie problemlos gefunden, und sie können es jederzeit wieder tun.”
“Ich kann nur wiederholen, was ich dir bereits sagte: Wende dich ab von diesem zerstörerischen Pfad. Wende deine Klinge gegen den Schatten, nicht gegen dein eigenes Volk. Es gibt noch viel Gutes, das du vollbringen kannst.”
Vaicenya spuckte aus. “Die Noldor sind nicht mein Volk. Das waren sie seit dem Augenblick nicht mehr, als sie unsere Heimat im Stich ließen und dem Reiter nach Westen folgten.”
“Das war vor vielen Zeitaltern,” erwiderte Elrond. “Lass die Schatten der Vergangenheit ruhen und kämpfe dafür, dass diese Welt noch eine Zukunft hat.”
“Das tue ich,” sagte Vaicenya. “Doch ich werde diese Zukunft nach meinen eigenen Vorstellungen formen.”
Jarbeorn, dachte Córiel. Was wird er nur sagen, wenn ich spurlos verschwunden bin? Vaicenya hatte ihr keine Gelegenheit gegeben, den Beorninger zu wecken um sich von ihm zu verabschieden. Córiel hoffte, dass Elrond ihm die Situation erklären würde. Und dass er verstehen würde, weshalb sie gegangen war...


Córiel und Vaicenya in Richtung Süden
« Letzte Änderung: 27. Jul 2018, 13:11 von Fine »
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Re: Elronds Haus
« Antwort #27 am: 21. Mai 2018, 00:46 »
Ardóneths Gruppe aus den Trollhöhen

Nach einer langen Reise erreichte die Gruppe Ardóneths endlich wieder Imladris. Trotz des eigentlichen Misserfolgs seiner Mission freute sich Ardan in Bruchtal angekommen zu sein, Cairien und Maraniel wieder zu sehen, doch bevor er seine Liebsten aufsuchen konnte, musste er erst mit dem Herren von Bruchtal darüber sprechen. Zusammen mit Canotar und Lovarie erzählte Ardóneth was sie beobachten konnten:" Saruman zieht Truppen in den Trollhöhen zusammen. Wir müssen wachsam bleiben" sprach Lovarie. Canotar nickte "Wir wissen jedoch nicht welchen zu welchem Zweck." warf er abschließend ein. "Ich werde meine Gruppe zurück nach Fornost schicken, im Falle eines weiteren Angriffes muss die Stadt vorbereitet sein. " Zu dritt fassten sie den Ablauf der Mission zusammen.
 Nachdem die oberste Kundschafter und der "Alte Weise" in ihre Quartiere gegangen waren, lief Ardóneth zum Haus in dem seine neue Familie wohnte, er spürte wie er immer schneller wurde umso näher er kam. Nachdem er das Haus betreten hatte rannte ihm Cairien entgegen. "Ardan, du bist wieder zurück." sagte sie und küsste ihn zärtlich. " Dieser erwiderte den Kuss. "Wir haben übrigens Besuch." flüsterte Cairien. Ardóneth konnte nun am Tisch eine junge schwarzhaarige Frau erkennen, die ein kleines Brötchen in kleine Stücken zerriss und aß. " Wer seid ihr?" fragte Ardan schließlich als er langsam zum Tisch lief. Ein ungewöhnliches, misstrauisches Gefühl kam in ihm auf, als er das Gesicht der Person erkannte;  Das Gesicht war von einer jungen hübschen Dunedan, sie hatte ebenso wie er tiefblaue Augen und eine kleine Stupsnase, es war ein vertrautes  Gesicht für Ardóneth was das Gefühl nicht gerade besser machte.
"Ich bitte um deine Hilfe. Mein Vater sandte mich, um dich zu finden um das Erbe unserer Familie zu retten." sprach sie. "Unserer Familie?" fragte Ardóneth, er hoffte inständig sich verhört zu haben.  "Mein Name ist Areneth, ich bin deine kleine Schwester Ardóneth." sagte sie. Dem Dunedan blieb förmlich die Luft aus, fragend blickte er zu Cairien die, dem Gespräch stillschweigend lauschte aber nur mit den Schultern zucken konnte. Langsam saß er sich auf einen Stuhl den Cairien ihm schnell gebracht hatte. "Welches Erbe sollt ihr, ähm sollst du retten?" fragte er, sein Gesicht nahm nun langsam wieder eine gesunde, normale Farbe an, das Misstrauen hingegen wuchs weiter. " Einen verschollen geglaubten Schlüssel."
Ardóneth konnte sich fast denken was seine "Schwester" meinen konnte, dennoch hatte bereits Malborn ihn vor Betrügern gewarnt die versuchten etwas über Gilgroth für ihre Meister in Erfahrung zu bringen.  Schließlich hörte er dutzende Legenden über dass, was die Tírns mit ihrem Leben beschützten. Ein Setzling des weißen Baumes, der Schlüssel von Elendils Palast in Annúminas und sogar einer der Palantiri sollten in der Sternengrotte versteckt worden sein. "Wenn ihr wirklich meine Schwester sein solltet, wie hieß unsere Mutter?" der Dúnedan bohrte nun. "Meine Mutter hieß Beleriel, sie starb jedoch als ich drei Jahre alt war. " Ardóneth nickte kaum sichtlich. "Wieso sollte ich dir Glauben schenken?"  Areneth packte ein in groben Stoff eingewickeltes Amulett aus ihrer Tasche. Es war einer der 4 Schlüssel für die Geheime Tür Gilgroths. "Mein Vater gab das Amulett mit, da er wusste das du mir misstrauen würdest. Er und Gilbárd haben Erfahren wo sich Górlad aufhalten soll und du sollst mir bei meiner Suche helfen..." erklärte sie während sie das Amulett wieder einpackte. "Wieso hat unser Vater mir nie davon erzählt?" fragte er obwohl er keine Antwort erwartete. "Wohin müssen wir?"  Areneth erhob sich von ihrem Stuhl und ging zur Kommode die vor einem der wenigen Fenster stand und holte zwei gepackte Rucksäcke aus den Schubladen. "Nach Minas Tirith, in unser altes Haus..."

Ardóneth und Areneth nach Anorien
« Letzte Änderung: 16. Jul 2018, 13:32 von Fine »
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Thorondor the Eagle

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Zu Tisch mit alten Freunden
« Antwort #28 am: 20. Jan 2020, 19:13 »
Elea und Finjas aus Arnor: Amon Súl und die Wetterberge

Als Elea das vertraute Rauschen des Bruinen im Tal wahrnahm, überkam sie wie gewöhnlich ein Gefühl der Vertrautheit. Die Späher der Elben hatten sie vermutlich längst entdeckt, ließen sie aber passieren. Erst an der letzten Kurve ehe sie das Haus Elronds erblicken würden, wurden sie von einem Elben abgefangen.
„Ich grüße euch, Erelieva! Lange ist es her, seit ihr zuletzt unsere Grenzen überschritten habt“, begrüßte er sie.
„Drei Jahre ist es nun her, da habt ihr recht“, antwortete sei nüchtern.
„Was führt euch zu uns?“
„Ich habe ein großes Anliegen, das ich mit Herrn Elrond besprechen möchte und Arwen; ich möchte sie sehen, nach all der Zeit.“
Er nickte zustimmend: „Und ihr? Ihr seid auch einer der Dunedain.“
„Ich bin Finjas“, antwortete er kurz und bündig.
„Er begleitet mich“, fügte die Dúnadan hinzu.
„Herr Elrond wird sich sicher freuen euch zu sehen.“ Mit diesem Satz ließ er sie passieren.

Als sie dem steinernen Pfad folgten und den felsigen Hang umrundeten, erschien vor ihren Augen das verzauberte Tal. Und obwohl das Klima immer sehr mild dort war, war alles mit einer hauchdünnen Schneedecke bedeckt. Es dauerte nur einen kurzen Moment ehe sie die Brücke überquerten und im Vorhof ankamen. Ein paar gerüstete Wächter beobachteten die beiden mit neutraler Miene. Gemeinsam stiegen sie die Treppen zum Haupthaus hinauf und gelangten über eine leicht geöffnete Tür in das Innere. Im Kamin knisterte das frisch nachgelegte Holz, es begann nach und nach heller zu werden. Es war ungewöhnlich ruhig in dem Raum.
„Guten Tag“, begrüßte sie ein dunkelhaariger Elb. Elea erinnerte sich gut an Erestor, den obersten Berater Elronds „Erelieva! Welch eine Überraschung und welch bemerkenswerter Zufall.“
„Schön euch zu sehen. Dies ist Finjas, mein Begleiter“, erwiderte sie und er lächelte.
„Was führt euch zu uns? Arwen? Oder wollt ihr mit Herrn Elrond sprechen?“
„Sowohl als auch.“
„In jedem Fall ist Gewiss, dass ihr die Nacht bei uns verbringen werdet. Kommt mit, es ist gerade etwas hektisch, darum bringe ich euch nach oben.“

Der Elb ging voraus und sie folgten ihm.
„Wisst ihr, heute Morgen kamen zwei unserer besten Krieger unangekündigt nach langer Zeit nachhause zurück. Alle sind in Aufruhr. Hier, nehmt dieses Zimmer, ihr könnt bleiben so lange ihr wollt.“
Als sich Erestor umdrehte schaute er in irritierte Gesichter.
„Ach verzeiht, es sieht mir gar nicht ähnlich so unorganisiert zu sein. Wollt ihr getrennte Zimmer?“
„Ah…“, Finjas wusste nicht was er sagen sollte.
„Wir nehmen eines Erestor, vielen Dank“, und dabei legte sie ihre Hand dankend auf den Unterarm des Elben.
„Wann werden wir mit Elrond sprechen können?“
„Ich werde ihn und auch Arwen gleich von eurer Ankunft unterrichten. Ein gemeinsames Abendessen ist wohl ein geeigneter Anlass.“
Sie nickte zustimmend. Daraufhin verschwand der Elb.

Elea hängte ihren Reisemantel an einen Haken neben den Kamin. Finjas‘ Mantel nahm sie ihm ebenfalls ab. Das Gepäck legte er ab und machte es sich auf dem Bett bequem. Die Dúnadan tat es ihm gleich und ruhte sich ein wenig aus.



Ein sachtes Klopfen an der Tür weckte die beiden auf.
„Erelieva?“, hörte sie eine weibliche Stimme vor der Tür.
„Ja.“
„Herr Elrond bittet euch und euren Begleiter an die Tafel. Es wird in Kürze aufgetragen.“
„Natürlich“, antwortete sie und wartete einen kurzen Moment bis sie weg war „Finjas, steh auf.“
In Windeseile wusch sich Elea mit kaltem Wasser aus einem Krug das Gesicht. Sie kämmte sich mit dem vorbereiteten Kamm mehrmals durch die Haare. Sie trug das blaue, dicke Wollkleid das sie in Fornost bekommen hatte. Sorgsam legte sie die Sternenhalskette um.
Mit verschlafenem Blick hielt Finjas ihr die Tür auf und gemeinsam gingen sie nach unten. In dem großen Speisezimmer stand Elrond, er sprach mit Erestor und einem blonden Elben, etwas abseits stand Arwen und eine rothaarige Elbe.

„Da sind ja unsere Gäste“, machte Erestor die übrigen aufmerksam. Elrond drehte sich zu Elea und Finjas um und schaute neugierig.
„Als Erestor mir erzählte, dass ihr eingetroffen seid glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen. Aber wie immer sorgst du für eine gelungene Überraschung. Es ist schön dich wohlbehalten hier zu sehen, treue Freundin.“
„Ich danke euch.“
„Erinnerst du dich noch an Glorfindel unseren besten Krieger und an Celebithiel, unsere Ziehtochter?“
„Wage erinnere ich mich noch. Dies hier ist Finjas, er ist… war Mitglied im Stammesrat.“
„Ich kenne euren Namen und den eurer Ahnen. Euer Haus war immer ein treuer Freund der Elben.“
Finjas schaute leicht beschämt: „Das war es.“
„Willkommen“, begrüßte sie nun auch Arwen und ließ es sich nicht nehmen Elea in den Arm zu nehmen.
„Wie habe ich dich vermisst“, flüsterte Elea ihr ins Ohr.

Im Anschluss setzten sich alle zu Tisch und das Essen wurde aufbereitet. Es war köstlich nach den Tagen der spärlichen Wegzehrungen. Auf die Frage wie es Elea ergangen ist seit sie Aldburg nach der Ratsversammlung verlassen hatte, erzählte sie in aller Kürze von ihrer Zeit in Moria, Bree und schließlich auch in Fornost. Finjas schien es sehr unbehaglich zu sein, wenn man von seiner Vergangenheit erzählte, aber keiner am Tisch feindete ihn an oder verurteilte ihn. Abgesehen davon hat er bereits bewiesen auf welcher Seiter er jetzt steht.
…und nun sind wir in Bruchtal angekommen, da dies mein einziger Anknüpfungspunkt ist den ich zu Helluin habe. Wisst ihr denn wo er ist?“, fragte Elea hoffnungsvoll.
„Wärst du vor einer Woche hier angekommen, hätte ich dir keinerlei Auskunft geben können. Aber es ist wieder einmal das Schicksal, dass uns alle hier zusammengeführt hat. Glorfindel und Celebithiel kommen eben aus dem Waldlandreich, wo sie auf Helluin getroffen sind.“
Diese Nachricht traf Elea wie ein Blitz. Diese beiden haben Helluin gesehen? Erst vor ein paar Wochen?
„Wie geht es ihm? Wo ist er jetzt? Habt ihr ihn verletzt?“, schossen die Fragen aus ihr heraus.
„Helluin ist wohlauf“, antwortete Glorfindel ihr mit ruhiger Stimme „beziehungsweise war er wohlauf als er das Waldlandreich verlassen hatte. Viele Tage nach der Schlacht am Erebor, wo er den Rabenberg gegen Unterstützung aus Rhûn verteidigte, tauchte er plötzlich wieder im Waldlandreich auf. Er versicherte uns, dass er vom Zauber Sarumans befreit wurde und zurückkehren wollte.“
„Wohin?“, unterbrach sie ihn ungeduldig.
„Unerklärlicherweise hatte es ein kleines Mädchen aus Rohan geschafft den Zauber des Weißen zu brechen. Faerwen glaubte ihm und der Reue die er zeigte.“
„Ja, aber wo ging er hin?“
„Er wollte zurück nach Rohan gehen um das Mädchen zu suchen.“
„Nach Rohan?“
„Ja“, antwortete der elbische Soldat.
„Aber, aber wenn er nach Rohan zurückgegangen ist, werden sie ihn gefangen nehmen und töten. Wieso geht er nach Rohan? Wieso kommt er nicht nachhause?“, entgegnete sie und war ganz aufgeregt. Finjas legte seine rechte Hand auf ihre Linke und wollte sie beruhigen.
„Er ging dorthin, weil er sich bei seiner Retterin bedanken wollte.“
„Nein, nein. Was macht er nur“, ihre Stimme wurde wackelig „Finjas, wir müssen gleich aufbrechen. Lass uns gehen. Was wenn sie ihn hängen…“
Aus der Hysterie heraus sprang sie auf und der Stuhl krachte rückwärts zu Boden.
„Elea beruhige dich“, redete nun Elrond auf sie ein. Finjas stand ebenfalls auf und versuchte sie zu beruhigen.
Sämtliche Augen waren auf Elea gerichtet und sie sah in die verständnislosen Augen von Elrond und Glorfindel, die Dúnadan erhoffte sich von den Frauen mehr Einfühlungsvermögen, aber Celebithiel schaute eher ratlos und Arwen’s Blick flüchtete in ihren Teller. Ihr Brustkorb bebte, ohne ein weiteres Wort lief sie zur Tür und stieß das Tor auf.
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Re: Elronds Haus
« Antwort #29 am: 21. Jan 2020, 07:24 »
Als sie nach draußen ging, füllten sich ihre Lungen mit der kalten Nachtluft. Dies holte sie wieder zurück auf den Boden. Sie stieß die aufgestaute Luft aus und nahm drei tiefe Atemzüge. Der Hauch vor ihrem Mund wurde sichtbar.
„Geht es dir wieder besser?“, fragte eine weibliche Stimme von der Tür. Es war Arwen.
„Nicht wesentlich.“
Arwen trat an sie heran und hakte sich mit ihrem Arm unter dem von Elea ein. Sie führte sie auf die Terrasse hinaus bis zum Geländer. Dort standen sie und schauten hinab auf die zahlreichen Elbenlichter in der Feste. Wenige kleine Schneeflocken fielen vom Himmel.
„Wie kann ich Helluin nur helfen? Retten vor all seinen Feinden?“, fragte Elea ihre Freundin.
„Das kannst du nicht. Helluin ist zu einem erwachsenen Mann herangewachsen und er trifft seine eigenen Entscheidungen.“
„Das mag jetzt stimmen, aber Saruman hat ihn zum Feind unsers Volkes gemacht und auch der Elben.“
„Auch den Weg aus dieser Situation muss er alleine finden, und ist er so gewieft wie Haldar und stark wie du es bist, wird er es mit Leichtigkeit schaffen. Und überlege was Glorfindel dir eben erzählt hat: Helluin ist vom Zauber Sarumans befreit. Ist das nicht eine überaus positive Nachricht?“
„Das schon, es steht ihm nur nun so viel bevor. Wie kann ich ihn davor bewahren?“
„Wir haben keine andere Möglichkeit als auf den anderen zu vertrauen. Du auf Helluin, so wie ich auf Aragorn.“
Schlagartig wurde Elea wieder das Schicksal Arwen’s bewusst. Sie hatte Mitleid mit ihr.
„Bei Kindern hat man wenigstens eine Zeit lang die Kontrolle über ihren Weg, aber du musstest die Entscheidungen Aragorns immer zur Kenntnis nehmen und akzeptieren.“
Arwen sinnierte einen Moment: „Kontrolle haben wir in Wahrheit nie. Sieh auf die Kinder dieser Zeit und ihr Schicksal. Helluin hatte Glück eine behütete Kindheit zu haben.“
„Schlägst du vor, nicht weiter nach ihm zu suchen? Das kann ich nicht.“
„Wenn du in suchen möchtest, dann solltest du das tun. Aber mache dich darauf gefasst, dass der Mann den du vorfinden wirst, nicht mehr der Junge ist den du ziehen hast lassen.“
„Ich hätte damals mehr tun sollen, jeder von uns.“
Arwen löste ihre Hand und drehte sich ein wenig von der Dúnadan weg. Sie schaute runter in das dunkle Tal: „Oft habe ich mir diesen Vorwurf gemacht und noch öfter meinem Vater. Aber letztlich hat es nichts gebracht, außer Streit und Wut. Gefühle die uns in dieser Situation nicht weiterhelfen, sondern uns vielmehr blockieren. Hege keinen Groll gegen meinen Vater, mich oder den Stammesrat und schon gar nicht gegen dich selbst. Du hast damals das getan was du für richtig gehalten hast. Das sich die Dinge so entwickelt haben, konnte niemand von uns erahnen. Wir alle hatten Hoffnung.“
„Ja, es war auch dein Vater der mir damals geraten Helluin ziehen zu lassen.“
„Ich weiß es noch ganz genau und auf seine eigene Art und Weise musste er auch damit zurechtkommen.“
„Man erzählte immer, er besäße eine Gabe der Voraussicht. Sollte einen diese Gabe nicht vor solchem Unheil bewahren?“
„So klingt es, aber so ist es nicht. Aber eines kannst du mir glauben, häufiges Versagen führt zu Zweifeln an einem selbst, bei Menschen wie auch bei Elben.“

Die ganze Wut die sich in den vergangenen Monaten angestaut hatte, kam hier ans Tageslicht. Vermutlich, weil vor einigen Jahren hier alles seinen Anfang genommen hatte, aber durch die Worte von Arwen hatte Elea einen anderen Blickwinkel bekommen.  Denn letztlich erkannte die Dúnadan die Richtigkeit dieser Worte.

„Hast du von ihm etwas neues gehört?“, fragte Elea nun vorsichtig.
Arwen aber schüttelte den Kopf: „Nein nichts, nicht einmal ein winziges Zeichen das mir Gewissheit gibt, dass Aragorn am Leben ist.“ Elea löste die Hand der Elbe vom Geländer und legte sie zwischen ihre: „Wie du sagst, wir müssen vertrauen.“
Sie blieben noch eine Zeit lang schweigend stehen bis Elea wieder genug Mut gefasst hat zu den anderen zurück zu kehren. Der Tisch war bereits abgedeckt. Glorfindel und Elrond standen am Kamin und schauten in das Feuer. Elea hörte ihre gedämpften Stimmen. Als sie sie bemerkten, öffnete sich die kleine Runde und machte einen Platz für sie frei.
„Bitte verzeiht mir“, sagte sie demütig.
„Es gibt nichts zu entschuldigen, Elea“, entgegnete Elrond „Du bist eine Mutter, dein Kind steht bei dir an allererster Stelle.“ Bei diesen Worten warf er einen kurzen Blick zu Arwen die die Treppe hinaufstieg. „Du weißt, dass wir dich immer unterstützen werden, soweit wir können.“
Die Dúnadan nickte.
„Es ist gut zu wissen, dass du nun nicht den Weg nach Osten über das Nebelgebirge einschlagen musst. Glorfindel erzählte mir, dass sie beim Überqueren des Hohen Passes auf Orkverbände der Weißen Hand getroffen sind. Sie schienen es eilig zu haben und nahmen keine Notiz von Ihnen.“
„Ich bin auch sehr froh nicht über das Nebelgebirge gehen zu müssen und den Weg nach Süden kenne ja ich bereits.“
„Südlich unseres Landes haben sich unsere Verwandten aus dem Osten niedergelassen. Sie haben Eregion wieder besiedelt und sind dabei es neu zu errichten. Der Weg nach Süden dürfte nun sicherer sein wie damals, als du ihn mit deiner Freundin bestritten hast.“ Er dachte einen Moment nach. „Bei diesen Worten kommt mir ein Gedanke: Glorfindel, entsende Späher zu den Hängen des Nebelgebirges, beobachtet die Bewegungen unseres Feindes und dann geht nach Eregion. Vielleicht ist es möglich mit all den vereinten Informationen den Plan unseres Feindes zu erahnen. Diesem Trupp können Finjas und du euch dann anschließen, vorausgesetzt ihr könnt euren Aufenthalt ein paar Tage verlängern.“
„Ich weiß nicht, ob ich so lange warten kann“, antwortete sie von dem Vorschlag überfordert.
„Oft ist es klug eine Nacht darüber zu schlafen, ehe man eine Entscheidung trifft.“
Sie schaute in die Glut der Feuerstelle: „Dann werde ich das wohl tun. Ich danke euch und wünsche euch eine gute Nacht.“

Mit diesen Worten verabschiedete sich Elea. Sie ging die Treppe hinauf und suchte den Weg in ihr Zimmer. Die tiefen, regelmäßigen Atemzüge von Finjas legten Nahe, dass er bereits schlief. Elea legte ihr Schmuckstück und das Kleid ab und band ihre Haare zu einem lockeren Zopf. Sie legte sich in das Bett neben Finjas. Sie erinnerte sich, dass er mit ihrem hysterischen Anfall nicht gut umgehen konnte und sie nur wortlos und spärlich tröstete. Sie lächelte ihn gütig in der Dunkelheit an und suchte mit ihrer Hand die seine. Als sie sie sachte hineinlegte, spürte sie wie er sanft zupackte. Danke
In dieser Nacht fand sie wenig Schlaf. Immer wieder plagten sie Albträume an die sie sich aber nach dem Aufwachen nicht mehr erinnerte. Sie war manchmal schweißgebadet und dann fror sie wieder. Erst in den frühen Morgenstunden war ihre Erschöpfung so groß, damit sie durchschlafen konnte.
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Re: Elronds Haus
« Antwort #30 am: 26. Mär 2020, 11:13 »
Oronêl und Kerry aus der Wildnis rings um Bruchtal

"... dies ist der Stein, den Kerry gefunden hat", schloss Oronêl seinen Bericht, und zog das genannte Objekt hervor. Schwarz und schwer lag die glatte runde Kugel in seiner Hand, und zog die Blicke aller Anwesenden auf sich.
"Ein Palantír?", brach Erestor das Schweigen, und schüttelte im selben Atemzug den Kopf. "Aber das ist nicht möglich."
"Nein", erwiderte Elrond, der in einem Sessel mit hoher Lehne, den Rücken dem großen Kamin an der Seitenwand der Halle des Feuers zugewandt, saß. "Nein, es ist nicht möglich und nein, dies ist keiner der Palantíri. Die Palantíri stammen aus dem Westen, und sie sind ohne Fehl, mit einer Handwerkskunst gefertigt, die hier in Mittelerde nicht erreicht werden kann." Er nahm den Stein von Oronêl entgegen, betrachtete ihn aufmerksam und fuhr mit dem Finger langsam darüber.
"Dieser Stein ist wie ein blasser Abklatsch der sieben Steine. Mächtig auf seine eigene Art, und dennoch anders."
"Also hat Saruman ihn gemacht?", platzte Kerry heraus, und Elrond nickte.
"Das ist anzunehmen."
"Aber... kann er dann nicht hindurchsehen? Uns... ausspionieren?"
"Ich denke nicht, dass er das kann. Als du, junge Kerry, ihn von seinem Platz genommen hast, hat er seine Macht verloren - zumindest vorläufig. Ich werde ihn aufbewahren und untersuchen. Vielleicht kann uns dieses Wissen zum Vorteil gereichen."
"Was werdet ihr nun tun?", ergriff Erestor das Wort, an Oronêl und Kerry gewandt. "Falls ihr vorhabt, eine Weile hierzubleiben, werde ich euch Zimmer herrichten lassen."
Oronêl wechselte einen Blick mit Kerry. Er konnte ihre Gedanken beinahe hören: Sie wollte so schnell es ging nach Eregion zurückkehren, und möglichst keine Zeit verlieren. Doch sie schwieg, und überließ so Oronêl die Antwort.
"Wir werden bleiben, zumindest für die Nacht." Obwohl es bereits dunkel gewesen war, als sie in Imladris eingetroffen waren, war es noch immer recht früh am Abend.
Erestor nickte, die Hände hinter dem Rücken gefaltet. "Nun gut. Ich werde die Räume, die ihr bei eurem letzten Besuch bewohnt habt, für euch vorbereiten lassen. In der Zwischenzeit..."
"Werde ich den Gärten einen Besuch abstatten", beendete Oronêl den Satz für ihn. Er wusste nicht genau, was es war, doch etwas zog ihn zu den Gärten hin. Elrond lächelte, als hätte er genau das erwartet.
"Gut. Und Kerry... es gibt jemanden, den du treffen solltest. Komm mit mir."

Oronêl in die Gärten
« Letzte Änderung: 25. Apr 2020, 02:09 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Thorondor the Eagle

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Die gute, alte Zeit und eine Überraschung
« Antwort #31 am: 4. Apr 2020, 22:20 »
Als Elea aufwachte, war es draußen bereits hell und ein paar fahle Sonnenstrahlen fanden den Weg durch das Fenster auf ihren Körper. Sie war alleine im Bett. Als sie einen Fuß unter der Decke hervorschob, bemerkte sie wie kühl es in dem Zimmer war. Sie musste sich überwinden das warme Bett zu verlassen.
Die Dúnadan spritzte sich ein paar Tropfen des kalten Wassers auf ihr Gesicht, dann bürstete sie ihr Haar. Im Schrank fand sie ein Samtkleid in einem dunklen Türkiston die Ränder waren mit zarten, goldenen Verzierungen abgenäht. Vermutlich hat Arwen es für sie bringen lassen. Sie zog es an, darüber legte sie sich einen blassblauen, fast weißen Umhang, den man locker um den Hals warf. Für ihre Pläne schien es ihr nicht passend zu sein, doch hier war es ihr möglich nach all der Zeit wieder ein Gefühl zu bekommen, wie es früher war. Auch wenn dies nur Augenblicke waren.

Sie ging die Treppe hinunter, dort nahm sie sich einen der Äpfel die auf der großen Tafel aufgelegt waren. Als sie sich umdrehte stand plötzlich Finjas hinter ihr. Er starrte sie wortlos an.
„Guten Morgen“, drückte er leise hervor.
„Guten Morgen“, entgegnete sie ihm, als wäre ein ganz gewöhnlicher Tag. Er kam auf sie zu.
„Glorfindel und einige Späher sind heute in den frühen Morgenstunden ausgeritten. Sie werden bald wieder hier ankommen und dann können wir mit Ihnen gen Süden reiten.“
Elea nickte ihm danken zu, danach packte er sie behutsam an den Oberarmen. Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, strich mit seinen Händen ihre Arme entlang nach unten. Dann wandte er den Blick ab und verschwand. Die Dúnadan freute sich über dieses verborgene Kompliment. Sie hatte aufgehört sich darüber zu wundern, dass ein Mann wie Finjas sich so schwer tat diese Dinge auszusprechen.
Ohne Umschweife wusste Elea, wo sie als nächstes hingehen würde. Ihr Weg führte sie aus dem Haupthaus hinaus über eine schmale Brücke in ein turmähnliches Gebäude. Sie folgte der schmalen Treppe hinauf in einen der oberen Räume. Als sie die Tür öffnete, kam ihr bereits der wohlbekannte Duft der Vergangenheit entgegen. Sie war in der Bibliothek Elrond’s. Wie gerne ich früher doch gelesen habe und in den Geschichten verschwunden bin. Und wie gerne ich Helluin vorgelesen habe. Das war eine wunderbare Zeit. Sie nahm sich eines der Bücher heraus und öffnete es. Es war in zarten Elbelettern beschrieben, was ihr keine weiten Schwierigkeiten bereitete. Immer wieder blickte Elea aus dem Fenster, hinter dem sich der Weg zeigte, der in das verborgene Tal führte.

Nach einigen Stunden sah sie plötzlich in der ferne zwei Gestalten näherkommen. Das sind sie! Glorfindel und einer seiner Späher. Ob wir heute noch aufbrechen? Vermutlich nicht… Sie beruhigte sich gleich wieder und beschloss dieses Kapitel fertigzulesen, endete dann aber erst nach dem übernächsten. Anschließend steckte sie das Buch in seine Lücke zurück und ging hastig den Weg zurück. Bevor sie das Haupthaus betrat, bemerkte sie eine Gestalt im Vorhof der Feste. Sie ging zum Geländer der Terrasse und blickte hinunter zu der Elbe. Zu Elea’s Bedauern war es nur Celebithiel, die ebenfalls auf Glorfindel wartete. Er ist also noch nicht wieder da.
Eine Zeit lang beobachtete sie die rothaarige Elbe dabei, wie sie zunächst liebevoll über die Rinde eines Baumes streichelte und dabei ihre Augen schloss. Sie erinnerte sich wohl an einen bestimmten Moment der dort stattfand. Elea glaubte ein Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen. Dann öffnete die Elbe ihre Augen und fixierte damit ihre Nasenspitze. Es sah lustig aus. Ob wohl eine Schneeflocke darauf gelandet war? Sie hatte etwas sehr leidgeplagtes an sich und doch bewahrte sie die Unbekümmertheit in ihrem Herzen. Es war bewundernswert.

Hinter ihrem Rücken hörte Elea plötzlich ein Knarren und als sie sich umdrehte stand Elrond mit einem Mädchen oder eher einer jungen Frau in der Tür. Er schien ihr irgendetwas zu sagen, ehe beide zu ihr herüberschauten. Die Dúnadan war etwas irritiert, drehte sich dann aber wieder um und schaute hinab zu Celebithiel.
„Hallo“, hörte sie eine feine Stimme die der jungen blonden Frau gehören musste.
„Guten Abend“, antwortete Elea.
„Was macht ihr denn hier?“ sie stellte sich neben die Dúnadan und folgte ihrem Blick „Celebithiel?“
„Ja, ich bewundere die Sorglosigkeit von Celebithiel. Sie hat eine beschwerliche Reise hinter sich und ihr Geliebter ist eben wieder im Nebelgebirge unterwegs und trotzdem, sie steht dort unten und lächelt.“
„Hmmm“, das Mädchen grübelte kurz und antwortete dann „Das liegt wohl an Bruchtal.“
Elea musste schmunzeln, als sie feststellte, dass auch sie heute einen unbeschwerten Tag hinter sich hatte: „Das ist sehr scharfsinnig von dir.“
„Nein, nicht scharfsinnig. Ich war bloß schon öfter hier“, brüstete sie sich und lächelte dabei herzlich.
„So? Dabei habe ich dich hier noch nie gesehen“, antwortete Elea „Kommst du auf deinen Reisen öfter hierher?“
„Reisen? Wieso reisen? Woher weißt du das?“, fragte es misstrauisch.
„Deine Kleidung.“
Sie sah an sich hinunter: „Achso. Ja, genau. Auf meinen Reisen in den letzten Jahren bin ich öfter bei Herrn Elrond zu Gast gewesen. Und immer kam mir die Welt hier weniger düster vor, als anderswo.“
„Wie wahr“, bestätigte Elea kurz.
„Herr Elrond sagte mir, dass ihr auch nach Eregion gehen wollt“, fragte das Mädchen nun neugierig.
„Ja, Finjas, mein Begleiter, und ich wollen Richtung Süden. Eregion und dann wohl weiter.“
„Nach Rohan? Wieso denn nach Rohan?“, fragte es weiter.
Die Dúnadan wurde leicht skeptisch: „Ja, nach Rohan. Ich bin auf der Suche nach jemandem und ich glaube, dass ich ihn dort finde.“
„Wirklich?“, die junge Frau wirkte sehr aufgeregt „In Rohan? Wie kommt ihr denn darauf?“
„Glorfindel berichtete mir, dass Helluin dorthin aufbrach“, antwortete Elea automatisch. Wieso erzählte ich das alles so im Detail und um Himmelswillen, warum ist sie so neugierig und aufgeregt?
„Wisst ihr um seinen Aufenthaltsort?“, fragte sie aufdringlich.
„Nein, nein“, entgegnete sie abgeschreckt „Aber wieso willst du denn das alles wissen?“
Sie kennt Helluin schoss es Elea plötzlich durch den Kopf.
„Du kennst meinen Sohn?“, fragte sie, dabei stieg ihr Puls rapide an.
Ertappt blickte das blonde Mädchen plötzlich zu Boden: „Ja, ich kenne ihn. Ich bin Kerry.“
Die Dúnadan erstarrte.
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Gemeinsame Pläne
« Antwort #32 am: 6. Apr 2020, 22:32 »
Kerry war so aufgeregt, dass sie die dunkelhaarige Frau kaum ansehen konnte. Sie weiß, wo Helluin ist! Sie will ihn suchen gehen! Beinahe hätte sie die Ältere am Arm gepackt, als ihr mit einem Mal die ganze Bedeutung der Worte ihres letzten Satzes klar zu werden schien. Weit riss sie die Augen auf. "Ihr seid... Helluins Mutter?" entfuhr es ihr lautstark und sie begann, sich die Dunkelhaarige genauer anzusehen. Da waren Gesichtszüge, die ihr vertraut vorkamen, und sie kam sich dumm vor, dass es ihr nicht sofort aufgefallen war. Die Nase, die Wangen, das abgerundete Kinn... Kein Zweifel. Nur die Augen, Mundpartie und die Stirn sahen anders als bei Helluin aus.
"Und du bist das Mädchen aus Rohan, von dem mir Glorfindel erzählt hat," antwortete Helluins Mutter, die so aussah, als wäre sie ebenso geschockt wie Kerry. "Die, die geholfen hat... Sarumans Zauber zu brechen."
"Ich... weiß auch nicht, wie das genau passiert ist," sagte Kerry, die auf einmal das starke Bedürfnis hatte, die fremde Frau zu umarmen. "Aber... wenn Helluin in Rohan ist, dann... dann würde das ja bedeuten, dass er aus dem selbstgewählten Exil zurückgekehrt ist, dass er... oh, bestimmt sucht er nach Euch!"
Zu ihrer Überraschung lächelte Helluins Mutter sanft. "Du kannst... Elea zu mir sagen, Kerry. Erelieva, Lote in Dúnedain, haben sie mich früher genannt. Und... nein, Helluin sucht nicht nach mir." Etwas Traurigkeit mischte sich in ihre Stimme, was Kerry nur zu gut verstehen konnte. Immerhin musste sich das für Elea so anfühlen, als wolle ihr Sohn im Augenblick nichts mit ihr zu tun haben. Als Elea allerdings weitersprach, erstarrte Kerry.
"Er sucht nach dir."
Röte schoss Kerry in die Wangen, ehe sie es verhindern konnte, während Elea mit etwas leiserer Stimme sagte: "Er will sich bei dir dafür bedanken, dass du ihn von Sarumans Bann befreit hast. Aber..." Der Tonfall veränderte sich ein klein wenig, als wäre Elea gerade etwas aufgefallen. "Ich vermute beinahe... dass da noch mehr dahinter steckt."
Natürlich ahnt sie etwas, immerhin ist sie Helluins Mutter! dachte Kerry hektisch. Was soll ich ihr sagen? Weiß ich denn überhaupt schon, wie ich zu Helluin stehe? Will ich ihn wiedersehen? Ein klares "Ja" aus ihrem Herzen beantwortete ihr zumindest diese eine Frage, und sie nickte sich selbst zu, was Elea mit einer verwunderten Miene kommentierte. "Was stimmt nicht?" fragte Helluins Mutter sanft.
"A-alles ist in Ordnung, Elea," stotterte Kerry und beschloss, sich einen Ruck zu geben, und reinen Tisch zu machen. "Ich... würde Helluin sehr gerne wiedersehen und... ich glaube, dass er... ähnlich denkt. Dass er sich nicht nur bedanken will, sondern... mich wohl auch noch besser kennen lernen will. Zeit mit mir verbringen will."
Eleas Blick nahm einen wissenden Ausdruck an. "So ist das also," kommentierte sie mit einem zarten Lächeln. "Ah... eigentlich bin ich ganz froh darum. Er hätte sich ja in irgend ein dahergelaufenes Mädel vergucken können. Da freut es mich doch, dass er... es bei einer so anständigen jungen Dame wie dir getan hat." Sie strich auf einmal mit der Hand über Kerrys Kopf und verwuschelte ihr das Haar. "Ich bin wirklich froh. Denn das bedeutet, dass er noch immer der Junge mit dem großen Herzen ist, der er früher war. Mein kleiner Helluin..."

Helles Gelächter unterbrach die Unterhaltung. Beide Frauen fuhren herum und fanden Celebithiel dort stehend vor, die sie angrinste. "Ihr seid beide wirklich niedlich," sagte die Elbin amüsiert. "Weißt du, Elea, eigentlich musst du gar nicht mehr nach Helluin suchen. Bleib' einfach in Kerrys Nähe, und er wird von ganz alleine zu dir kommen!"
Kerry warf Elea einen Blick zu. Sie konnte sich Schlimmeres vorstellen, als mehr Zeit mit Helluins Mutter zu verbringen, und sie über Helluins Kindheit zu löchern. Das wird ganz wundervoll werden, dachte sie.
Elea hingegen zog überrascht die Brauen hoch, als würde sie die Möglichkeit erst jetzt in Betracht ziehen. "Bei Kerry bleiben? Nun... was sind denn dein Reisepläne?" fragte sie Kerry rasch. "Bleibst du ein paar Tage hier in Bruchtal?"
"Oronêl und ich müssen bald wieder zurück nach Eregion," erklärte Kerry. "Die Elben, die sich dort angesiedelt haben, liegen uns am Herzen, und wir fürchten, dass sie in Gefahr sind."
"Elben, die wieder in Eregion siedeln," sagte sich Elea, und nickte bekräftigend. "Das ist etwas, was wohl niemand in diesem Zeitalter erwartet hätte."
"Ja - das Land war jahrtausendelang brach gelegen, doch nun füllen sie es wieder mit Leben. So wie es sein sollte," sagte die Rothaarige. "Ich denke, es wäre kein Fehler, wenn ihr euch zusammenschließt, du und Elea," sagte sie dann zu Kerry. "Wenn Helluin gerade in Rohan ist, dann wird er schon bald erfahren, dass Kerry hier im Norden ist. Immerhin ist er einer der Dúnedain. Und dann wird er den direkten Weg nach Imladris nehmen. Wir könnten ihm quasi ein Stückchen entgegen gehen, wenn wir nach Eregion kommen. Solltet ihr euch dann am Ende doch verpassen, wird ihm hier in Bruchtal sicherlich jemand ausrichten, wo ihr beiden hingegangen seid."
"Das... wäre vielleicht gar nicht dumm," meinte Elea nachdenklich und schaute Kerry dann genau in die Augen. "Wir wollten ja ohnehin mit dir und Glorfindel nach Eregion gehen, um nach den Elben zu sehen. Aber... ich sollte auch Finjas nach seiner Meinung fragen."
"Wer ist er?" fragte Kerry aus einer Ahnung heraus. "Ist er... Helluins Vater?"
Elea wurde blass und brauchte einen sehr langen Moment, ehe sie überhaupt antwortete. Kerry riss erschrocken die Augen auf. Ganz eindeutig hatte sie etwas Falsches gesagt.
"He...Helluins Vater... Haldar... er fiel, als er.. Aragorn folgte.." kam die Antwort zögerlich. "Und Finjas... ist ein Weggefährte... ein Unterstützer... ein teurer Freund für mich," fügte Elea dann schon wieder etwas kräftiger hinzu.
"E-er darf selbstverständlich mitkommen!" rief Kerry hastig, bemüht, ihren Fehler wiedergutzumachen. "Wir gehen alle zusammen nach Eregion, helfen dort den Elben und warten auf Helluin. Klingt das gut?"
Celebithiel hob eine Hand. "Nicht so schnell, Kerry. Wir können nicht sofort gehen. Wir müssen erst auf Glorfindels Rückkehr warten, und dann jene zusammenrufen, die uns begleiten: Jene, die sich hier in Elronds Gefolge noch finden, die in den Kampf ziehen wollen, um den Elben Eregions beizustehen, sollte es dazu kommen."
"Na gut," meinte Kerry. "Dann gehen wir eben alle zusammen... aber dann gehen wir auch wirklich los, sobald alles bereit ist, ja? Was sagst du, Elea?"
"Ich... muss darüber nachdenken," antwortete Helluins Mutter, die etwas zurückhaltender wirkte. "Und mit Finjas reden."
"Und ich muss Oronêl fragen," sagte Kerry rasch. "Aber so wie ich ihn kenne, wird er sicherlich nichts dagegen haben."
"Falls doch, werde ich ihn mir mal vorknöpfen," warf Celebithiel scherzend ein.
Kerry kicherte. "Das würde ich nur zu gerne sehen..."
Celebithiel schlug die Hände gegeneinander. "So! Da ihr beiden euch jetzt kennt, denke ich, sollten wir die Gelegenheit nutzen. Wir sammeln Oronêl auf - wo auch immer er sich wiedermal herumtreibt - und suchen uns etwas zu essen. Und erzählen einander von unseren Abenteuern. Wie wäre das?"
Elea blieb etwas zurückhaltend, und schien gerade etwas sagen zu wollen, als auf einmal lautstark der Magen von Helluins Mutter zu knurren begann. Das führte zu allseitigem Gelächter.
"Ich schätze, das beantwortet meine Frage," sagte Celebithiel und ergriff Eleas Hand. "Komm, Kerry, ehe die gute Frau noch vor Hunger umkippt, sollten wir sie in die Halle des Feuers bringen. Nicht trödeln!"
Etwas überrumpelt eilte Kerry den beiden hinterher.

In der Halle des Feuers angekommen fanden sie bereits einen gedeckten, sehr langen Tisch vor. Hier und da saßen vereinzelte Elben, in Grüppchen oder alleine, doch genau in der Mitte saß eine Frau mit rabenschwarzem Haar, die Kerry erst auf den zweiten Blick wiedererkannte. Seit ihrem Ausflug in den Alten Wald, vor beinahe schon einem ganzen Jahr, hatte sie Elronds Tochter nur einmal ganz kurz wiedergesehen, als sie sich damals in Elronds privates Zimmer verirrt hatte. Zu ihrem Glück steuerte Celebithiel genau auf Arwen zu.
"Na sieh mal einer an," sagte Arwen, als die Gruppe näher kam. "Euch drei hätte ich nicht als Gruppe erwartet, aber da ihr schon mal hier seid, setzt euch doch. Noch sind die Speisen warm, die Kost gehaltvoll."
So nahm Celebithiel neben Arwen Platz, während Kerry und Elea nebeneinander auf der anderen Seite des Tisches saßen. Es gab, wie man es in Bruchtal gewohnt war, eine große Auswahl an Essen, hauptsächlich jedoch Gaben der Natur wie Früchte, Gemüse und Fleisch. Als Arwen erfuhr, was Elea und Kerry zusammgeführt hatte, lächelte sie zufrieden. "Welch seltsame Streiche einem das Leben doch spielt," merkte sie leise an. "So werden nun Mutter und Sohn beide das finden, was sie suchen... einander, und... am Ende vielleicht sogar ein neues Familienmitglied?"
Elea und Kerry tauschten einen teils unbehaglichen, teils verlegenen Blick aus. Zum Glück war Celebithiel die Erste, die antwortete. "Nicht so voreilig, liebe Schwester. Helluin hat da immer noch ein entscheidendes Wörtchen mitzureden."
"Oh, nun... verzeiht mir. Vielleicht habe ich euren Blicken zuviel Bedeutung zugemessen," meinte Arwen entschuldigend.
"Es ist ja nicht so, dass ich Elea nicht mögen würde," platzte Kerry heraus.
"Hmm," machte die Angesprochene und nahm zaghaft einen tiefen Schluck aus dem Becher vor ihr, der mit klarem Wasser gefüllt war. "Du scheinst mir ein anständiges Mädchen zu sein, liebe Kerry," sagte sie dann.
"Oh ja, das bin ich," bestätigte Kerry mit einem Grinsen. "Da kannst du jeden fragen. Also, Elea, sag doch mal... wie war Helluin denn so als Kind?"
« Letzte Änderung: 6. Apr 2020, 23:13 von Fine »
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Vergangenheit und Zukunft
« Antwort #33 am: 13. Jun 2020, 23:34 »
Diese Frage zu Beantworten fiel Elea sehr schwer. Sie kannte ihren Sohn in- und auswendig, zumindest so wie er früher war. Aber dies zu beschreiben war nicht einfach.
„Nun wo soll ich denn nur beginnen?“, sagte sie und sah in die erwartungsvollen Augen von Kerry. Sie verrieten einem Blinden, dass jede Geschichte egal wie unwichtig sie auch sein würde, das Mädchen erfüllen würde.
„Schon als Helluin auf die Welt kam war er ein aufgeweckter Säugling. Kaum hatte er seine strahlend blauen Augen geöffnet, wollte er sie auch gar nicht mehr schließen. Es war sehr schwer ihn überhaupt zum schlafen zu bringen und wenn es einmal soweit war, dauerte es keine halbe Stunde bis er wieder putz munter war. Haldar und ich verzweifelten nach nicht einmal einem Monat. Aber und dies muss man schon sage, meistens war der Kleine quietsch vergnügt, solange man ihn herumgetragen hat“, Elea lächelte als sie sich das süße Lachen eines Kleinkindes vorstellte.
„Helluin konnte es kaum erwarten zu laufen, das krabbeln hat er gleich übersprungen und so mussten wir dann ständig hinter ihm her sein. Zum Glück war sein Vater oft zuhause und als er dann älter wurde und man schon halbwegs vernünftig mit dem Kleinen reden konnte, nahm er ihn auch oft mit. Haldar vergötterte seinen Sohn und umgekehrt war es auch so.
Als Helluin schließlich sechs Jahre alt wurde, schloss sich Haldar einer Gruppe von Dunedain an die nach Imladris gingen. Die Angriffe aus dem Norden wurden zahlreicher und die Elben erbaten unsere Unterstützung. Beinahe ein Jahr blieb Helluin’s Vater weg und jeden einzelnen Tag hielt er nach ihm Ausschau und...“, sie unterbrach und die Freude verschwand vom Gesicht der Erzählerin. Die Blicke ihrer Gegenüber, sowohl der der Elben als auch Kerrys, wurden ernst.
„Am Tag konnte er es gut überspielen, denn durch seine blühende Fantasie und seine Freunde hatte er kaum Zeit an seinen Vater zu denken. Sie stürmten durch die Wälder, schwammen im See, jagten den Trollen aus ihrer Fantasiewelt nach und vieles mehr. Aber dann jeden Abend als ich an seinem Bett saß und ihm vorlas oder ihm etwas vorsang, fragte er mich, wann denn sein Papa wiederkommen würde. Ich konnte ihm keine Antwort geben, bis zu dem Tag als Haldar wieder auf der Türschwelle stand. Übersäht mit Kratzern und kleinen Narben, aber keinen ernsthaften Verletzungen. Wir beide, Helluin und ich, waren überglücklich. Endlich würde es wieder so sein wie früher, aber Haldar hatte sich verändert. Irgendetwas geschah in Imladris oder er hat etwas erfahren, dass ihn sehr bedrückte. Er begann damals tatsächlich seinem kleinen Sohn das Kämpfen beizubringen. Zuerst verpackte er es in eine harmlose Jagd, aber später erwischte ich sie immer öfter beim Schwertkampftraining. Zornig und voller Wut habe ich es immer unterbrochen. Wie konnte er meinem kleinen Helluin in so jungen Jahren bereits kämpfen beibringen. Wir haben uns oft darüber gestritten, aber sie übten heimlich weiter. Helluin war zwiegespalten, er musste der mutige Krieger für seinen Vater sein und das liebliche, verspielte Kind für mich. Vielleicht war das der Anfang von allem Unheil… vielleicht hat er da gelernt es allen recht machen zu wollen oder gar zu müssen.“

Bei diesen Worten nahm nun die Melancholie überhand und drückte die Stimmung.
„Obwohl wir beide nur das beste wollten, waren wir wohl keine guten Eltern. Kein Wunder, dass er nichts mehr von mir wissen will.“
„Sag das doch nicht Elea“, widersprach ihr augenblicklich Arwen „Ich habe dich als Mutter erlebt und du hast es hervorragend gemacht. Selten habe ich einen solch liebevollen Umgang mit dem eigenen Kind gesehen.“
Die Dúnadan schätzte dieses Kompliment, sie musste aber gewaltsam die Mundwinkel nach oben ziehen.

Die kleine Kerry, die zunächst förmlich an Eleas Lippen klebte, schaute nun auch betroffen auf ihren Teller.
Zaghaft begann sie zu sprechen: „Ich finde Arwen hat recht. Ich meine… ich habe dich nie als Mutter von Helluin erlebt aber“ ihre Stimme wurde nun kräftiger „Mein Papa hat uns auch verlassen um in den Krieg zu ziehen und er kam nicht zurück. Wir dachten er wäre gefallen und meine Mutter als auch ich waren todtraurig. Es war furchtbar, dass er für immer weg war und es war genauso furchtbar jeden Tag in das verheulte Gesicht meiner Mama zu schauen. Aber nie, in keinem einzigen Moment habe ich meinen Eltern nicht geliebt. Ich glaube gar nicht daran, dass das geht.“
Und bei diesen Worten wurde der Dúnadan leichter.
„Wirklich!“, bestätigte Kerry nochmals. Und die anderen amüsierten sich darüber.

„Seid ihr mir böse, wenn ich mich ein wenig zurückziehe? Ich wäre gerne ein bisschen alleine“, sagte Elea nun abrupt. Die Elbinnen schüttelten verständnisvoll den Kopf. Kerry, die neben ihr saß schaute sie etwas empört an, sagte dann aber fröhlich: „Aber nur wenn du jetzt nicht stundenlang über deine Geschichte nachgrübelst!“
„Einverstanden“, antwortete Elea in leichtem Befehlston und stand auf. Bei der Tür angekommen warf sie einen Blick zurück und sah wie sich Kerry mit Celebithiel unterhielt. Sie war sehr froh auf die kleine Rohirrim getroffen zu sein. Im Sturm hatte sie ihr Herz erobert. Dann ging Elea auf ihr Zimmer und legte sich auf das Bett. Finjas war nicht da.
Entgegen ihrer Zusage dachte sie noch länger an Helluin und den ständigen Streit zwischen Haldar und ihr. Als sie nicht müde wurde beschloss sie nochmals in die Bibliothek zu gehen um ein wenig zu lesen und ihre Gedanken zu zerstreuen. Sie hinterließ Finjas eine kleine Notiz über ihren Aufenthaltsort.

Die Tage wurden erst in gemächlichem Tempo wieder heller und so war draußen bereits der Abend hereingebrochen, obwohl es noch nicht so spät war. In der Bibliothek in dem Turmzimmer leuchtete das orangefarbene Licht einiger Kerzen. Dies war ungewöhnlich, da die meisten Zimmer mit dem weißen Licht der Elbenlampen erhellt wurden.
Elea streifte mit ihrem Finger wie gewohnt über die Rücken der Bücher und überflog die Titel. Diese Angewohnheit gab ihr ein sehr beruhigendes Gefühl. Sie stoppte auf einem grünen Umschlag mit goldenen Lettern: „Bëors Volk“. Sie nahm es an sich. Leise schlich sie zum Fenster und sah hinaus zu den schwarzen Silhouetten der umliegenden Berge. Außer einigen Elben am Fuße des Turmes war nichts zu sehen. Sie setzte sich auf den Fenstersims und schlug das Buch auf. Hastig überblätterte sie die ersten Kapitel und stoppte bei Andreth, der weisen Frau und Vorfahrin von Finjas.

Neugierig las sie über die weise Frau aus dem Stammbaum von Finjas nach. Sie konnte den Schmerz förmlich spüren, als sie über die unglückliche Liebe zwischen ihr und Aegnor dem Elbenfürsten, las. Es gab eine Legende die besagte, dass ihm ihr Spiegelbild während der Schlacht im See erschien und sich daraufhin seine Liebe offenbarte. Die Regeln der Elben missbilligten aber eine Verbindung zwischen den Eldar und Edain. Für einen Fürsten galten diese vermutlich noch strenger. Am Ende stand, dass Andreth und Aegnor kinderlos starben.
Die Dúnadan suchte in den folgenden Kapiteln noch weitere Hinweise nach ihren Nachfahren, aber fand nichts. Plötzlich tauchte Finjas in der Tür auf.

„Was machst du hier?“, fragte er in den abgedunkelten Raum. Er kam auf sie zu.
Sie zeigte ihm den Buchrücken und wartete seine Reaktion ab.
„Liest du es meinetwegen?“, fragte er weiter.
„Ja“, antwortete sie „Ich wollte mehr über deine Vorfahren wissen. Elrond hat es angesprochen.“
„Darüber wirst du aber nichts finden“, antwortet er.
„Hier steht, dass Andreth kinderlos starb.“
„Das stimmt. Andreth war aber ein fürsorglicher und liebevoller Mensch. Du bist ein bisschen wie sie, denn auch sie nahm einst verwaiste Kinder auf und war ihnen eine Mutter. Und in ihren Kindern lebt ihr Geist und ihre Weisheit weiter. Du siehst also, mein Blut ist nicht von hoher Abstammung. Meine Vorfahren haben unserem Namen Ehre und Lob verschafft.“
Elea dachte nach und sagte dann: „Es gibt Geschichten, da ist der Sohn des glorreichen Königs ein Feigling und der Bauernknabe ein mutiger Held. Wenn die Weisheit von Andreth in dir fortlebt, dann bist du meiner Meinung nach ihr Nachkomme.“
Dankend zog er die Mundwinkel nach oben.

„Die Männer haben mir bereits erzählt, dass eine gewisse Kerry hier in Bruchtal ist.“
„Ja, ich habe sie bereits kennen gelernt. Sie ist sehr liebenswürdig und von kindlicher Natur. Sie wollen in Kürze nach Eregion aufbrechen. Lass uns mit ihnen gehen, Helluin wird sie früher oder später aufsuchen.“
„Wie versprochen, helfe ich dir ihn zu finden“, antwortete er.
„Es könnte aber gefährlich werden in Eregion. Bruchtal soll ihnen zu Hilfe eilen, für den Fall das Orks aus dem Nebelgebirge angreifen.“
Finjas murrte daraufhin.
„Du musst nicht mitkommen“, entgegnete die Dúnadan unverzüglich und legte ihre Hand auf seine verschränkten Unterarme.
„Ich komme mit“, antwortete er kurz und knackig. Dann trat er einen Schritt zurück und machte sich zum gehen bereit: „Wenn es zum Kampf kommt, können sie einen mutigen Bauernknaben vielleicht gut gebrauchen.“
Elea musste grinsen und plötzlich aus heiterem Himmel spürte sie seine Lippen auf den ihren. Überrascht riss sie die Augen auf, zuckte aber nicht zurück. Etwas unbeholfen streichelte seine Hand über ihre Wange.

Dann drehte er sich um und verließ das Zimmer.
1. Char Elea ist in Bree  -  2. Char Caelîf ist in Palisor

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Oronêls zweite Gemeinschaft
« Antwort #34 am: 26. Jun 2020, 12:03 »
Oronêl und Glorfindel aus den Gärten


Wenige Minuten nachdem Elea gegangen war, kam Oronêl in die Halle des Feuers. Bei ihm war ein Elb, den Kerry erst auf den zweiten Blick als Glorfindel erkannte. Sein Gesichtsaudruck, der oft sorglos und sogar amüsiert gewirkt hatte, selbst während des Krieges im Düsterwald und am Erebor, war nachdenklich, was auf Oronêl ebenso zutraf. Als der Waldelb jedoch Kerry und die anderen entdeckte, schienen sich seine Gesichtszüge ein wenig zu entspannen.
"Hier drüben!" rief Celebithiel den beiden zu und winkte sie zu ihnen an den Tisch. Inzwischen waren nicht mehr viele Elben in der Halle; bereits vor Eleas Rückzug waren schon einige gegangen nachdem sie ihr Mal beendet hatten. Hier und da saßen noch vereinzelte Gäste alleine oder zu zweit entlang der riesigen Tafel, und vor dem großen Kamin hatte sich ein kleines Grüppchen versammelt. Leiser Gesang und das Spiel einer Harfe drangen von dort an Kerrys Ohr.
Oronêl und Glorfindel kamen an den Tisch und nahmen Platz. Oronêl setzte sich auf den Platz, auf dem zuvor Elea gesessen hatte, während Glorfindel rechts neben Celebithiel Platz nahm.
"Wo hast du dich herumgetrieben?" fragte Kerry halb scherzend
"Oho," ließ sich Glorfindel vernehmen.
"Wie eine strenge Ehefrau, die ihren nichtsnutzigen Mann verhört," sagte Celebithiel.
Kerry verschluckte sich und wurde rot. "So ein Unsinn! So war es nicht gemeint. Ich frage mich doch nur, wohin er so plötzlich verschwunden ist!"
Zu ihrem Glück lächelte Oronêl und seufzte leise. "Deine Sorge ehrt mich, Kerry. Aber sie war unbegründet. Ich habe nur einen Spaziergang in den Gärten gemacht."
Bei diesen Worten hob Arwen den Blick und schaute Oronêl mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck an, ohne jedoch etwas zu sagen. Kerry fragte sich, was wohl dahinter stecken mochte, traute sich aber nicht zu fragen. Verlegen legte sie die Hände im Schoß zu sammen. "Ich habe jemanden kennengelernt," gestand sie, um das Thema zu wechseln.
"Kennengelernt?" wiederholte Oronêl und hob die Brauen.
"Eine ganz wundervolle Frau. Sie heißt Elea, und sie ... würde gerne mit uns nach Eregion gehen."
Oronêl schien einen Augenblick darüber nachzudenken, sah dann Glorfindel an. Der hingegen nickte und sagte: "Es bietet sich ohnehin an, dass ihr mit jenen geht, die zum Schutze Eregions entsandt werden sollen. Die Aufgabe, alle Kampfeswilligen zu sammeln, hat Meister Elrond mir anvertraut."
"Und auch mir," warf Celebithiel ein. "Kerry, du solltest wichtige Details Oronêl gegenüber nicht unerwähnt lassen," fügte sie mit einem kleinen Schmunzeln hinzu.
"Ah... natürlich, du hast Recht..." entgegnete Kerry noch verlegener. "Elea ist... Helluins Mutter."
"So. Daher weht also der Wind," meinte Oronêl und wirkte, als wäre ihm recht unwohl dabei. "Dann nehme ich an, sie ist auf der Suche nach ihrem Sohn?"
"Das ist sie, aber nicht erst seit gestern," erklärte Arwen. "Schon seit seinem Aufstieg zum Stammesführer der Dúnedain des Nordens versuchte Elea, Helluin zur Umkehr zu bewegen. Doch in den Wirren des Krieges ist es ihr bislang nicht gelungen, mehr als einmal mit ihm zu sprechen."
"Ich dachte, Helluin sei in den Osten ins Exil gegangen," meinte Oronêl nachdenklich.
"Er kehrte zurück, noch ehe Celebithiel und ich das Waldlandreich in Richtung Imladris verließen. Er hat sich nach Rohan aufgemacht... " sagte Glorfindel.
Oronêl schaute sie alle einen nach dem anderen an und machte ein verwundertes Gesicht. "Warum habe ich das Gefühl, hier als Einziger nicht im Bilde zu sein?"
Kerry wollte etwas sagen, aber sie bekam vor Verlegenheit keinen Ton heraus. An ihrer Stelle antwortete Arwen. "Helluin sucht nach deiner kleinen blonden Freundin dort. Er ist der Meinung, dass sie es war, die Sarumans Zauber brach, der auf ihm lag. Er möchte sich bei ihr bedanken."
"Rohan könnte sich als nicht sonderlich gastfreundlich für ihn erweisen," meinte Oronêl und schaute dann Kerry in die Augen. Sie sah, wie die linke Augenbraue des Waldelben ein Stückchen höher kletterte und konnte seine Gedanken schier hören. Sie war froh, dass er es nicht laut aussprach.
"Das wird sich zeigen," sagte Celebithiel. "Jedenfalls stimme ich Glorfindel zu, ich habe Kerry auch schon dasselbe gesagt. Wir werden gemeinsam zurück nach Eregion gehen, wenn du nichts dagegen hast, Oronêl."
Das schien Oronêl zu verwundern. "Wieso sollte ich etwas dagegen haben? Ich habe es im Gegensatz zu Kerry nicht ganz so eilig, nach Eregion zurückzukehren." Er nahm einen Schluck von dem klaren Wasser, das er sich mittlerweile aus einer der Karaffen auf dem Tisch eingeschenkt hatte. "Ich heiße euch alle gerne in der Reisegemeinschaft willkommen, auch diese Elea, meinetwegen."
"Das wäre schon die zweite Gemeinschaft des Oronêl," merkte Arwen an. "Wenn dem so ist... dann werde ich ebenfalls mitkommen." Sie lächelte, als sie sah, wie ausgesprochen gut ihr die Überraschung gelungen war. Selbst Glorfindels Miene zeugte davon, dass nicht einmal er das hatte kommen sehen.
"Aber Schwester!" protestierte Celebithiel prompt. "Eregion wird bedroht, und du bist nicht... ich meine, du bist keine...
"Keine Kämpferin?" fragte Arwen und in ihren Augen funkelte es. "Das mag sein. Aber sieh dir Kerry an. Sie geht mit euch, weil ihr ihre Freunde wichtig sind, und weil sie helfen möchte. Ich finde das inspirierend. Ich mag vielleicht keine Klinge wie meine Geschwister zu führen... aber ich werde Eregions Verteidigung unterstützen, so gut ich kann."
Glorfindel nicke sachte. Celebithiel hingegen sprach noch eine ganze Weile gegen Arwens Entscheidung, bis es Kerry schließlich zuviel wurde und sie die Halle des Feuers in einem unbemerkten Augenblick verließ.

Sie kam nicht weit. Als sie auf einen Balkon hinaustrat, der ihr einen guten Ausblick über die Wasserfälle von Bruchtal bot, hörte sie bereits Schritte hinter sich. Es war Oronêl, der ihr gefolgt war.
"Ich, ich wollte doch keinen Streit auslösen," beteuerte Kerry sofort.
"Sehe ich so aus als wäre ich gekommen, um mit dir zu schimpfen, Kerry?" fragte Oronêl ruhig.
"Ähm... ich weiß nicht. Wenn du so fragst, dann... wohl nicht?"
Oronêl lehnte sich gegen das Geländer und schaute auf das rauschende Wasser hinaus. "Ich denke nicht, dass wir Frau Arwen ihren Wunsch abschlagen sollten. Aber ich ahne, dass sie nicht nur aus dem Grund, den Elben Eregions zu helfen, Bruchtal verlassen möchte."
"Wie meinst du das?" fragte Kerry verwundert.
"Hm... hat Elea dir erzählt, weshalb man Helluin damals zum Stammseführer der Waldläufer des Nordens ernannt hat?" fragte Oronel zurück.
"Nein," musste Kerry gestehen. "Ich weiß nur, dass der vorherige Anführer im Krieg gefangen genommen wurde. Von ... Mordor."
"Leise!" zischte Oronêl. "Beschwöre es nicht herauf."
Kerry riss erschrocken die Augen auf und schlug sich beide Hände vor den Mund.
"Ist schon gut. Jedenfalls war jener Stammesführer, der Helluin vorausgegangen war... Arwens Verlobter, Aragorn."
"Aragorn..." wiederholte Kerry den Namen. Gehört hatte sie ihn schon einmal... ob es in Fornost gewesen war? Oder in Rohan? Oder gar von Helluin selbst? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Vielleicht war es sogar Elea gewesen, die diesen Namen erwähnt hatte.
"Verstehst du jetzt?" fragte Oronêl.
Doch Kerry blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln. "Nein, ich verstehe es nicht," gab sie niedergeschlagen zu.
"Arwens Herz gehört jenem, der in die Schatten ging. Und nun hat ihr Herz seinen Ruf vernommen," sagte eine neue Stimme und erschreckte Kerry beinahe zu Tode, als sie herumfuhr. Am Eingang des Balkons stand niemand anderes als Meister Elrond persönlich.
Oronêl senkte das Haupt knapp, als Elrond weitersprach. "Seltsame Zeichen haben wir in den vergangenen Tagen verspürt. Etwas regt sich im Süden. Dinge geraten ins Rollen, die nicht aufzuhalten sind. Meine Tochter hat Hoffnung geschöpft auf, aber ich bleibe vorsichtig." Er blickte an seiner Hand herab und wirkte einen Augenblick nachdenklich. Als Kerry jedoch hinsah, konnte sie dort nichts entdecken, die Finger des Elbenfürsten waren leer. "Sauron ist es gelungen, genügend Kraft zu sammeln, um wieder eine körperliche Gestalt anzunehmen," murmelte Elrond. "Sein Reich hat er entblößt um ein Heer anzuführen... doch wir wissen nicht, wohin es zieht. Saruman mag bald in arge Bedrängnis geraten, wenn er das Ziel des Dunklen Herrschers ist. Ich befürchte auch erneute Angriffe gegen Gondor und Rohan. Doch Arwen... spürte noch etwas anderes. Ein Licht aus den Schatten, nannte sie es. Ich weiß nicht, ob die Last der Jahre meine Weitsicht getrübt hat, aber... ich habe nichts dergleichen gespürt. Ebensowenig habe ich von Pallando vernommen, der in den Osten zurückkehrte um Nachforschungen zu betreiben. Mehr und mehr scheint sich das Schicksal zuzuspitzen... das Schicksal von ganz Mittelerde."
Kerry wagte kaum zu atmen. Meister Elronds Blick war auf einen Punkt oberhalb ihres Kopfes gerichtet, als würde er mit jemandem sprechen, der sich in weiter Ferne befand. Oronêl schien ebenso verwundert zu sein, ließ sich aber bis auf eine einzelne Falte auf der Stirn nichts anmerken. Erst als Elrond nicht weitersprach, nahm der Waldelb das Wort. "Ihr werdet Arwen also gestatten, mit uns nach Eregion zu gehen?"
"Es ist ihre eigene Wahl," entgegnete Elrond etwas langsam. "Aber dich, Oronêl, mache ich für ihren Schutz verantwortlich, sollte sie sich deiner Gemeinschaft anschließen."
"Meine Gemeinschaft?" wiederholte Oronêl zweifelnd.
"Nennt man sie nicht bereits in der Halle des Feuer so?" sagte Elrond und ein kleines Schmunzeln umspielte seine Mundwinkel. "Dein Ruf eilt dir voraus, Sohn des Ardir."
"Ich will diese Bürde nicht," erwiderte Oronêl. "Ich habe versagt als Anführer der Gemeinschaft, die gen Fornost zog."
"Sag das nicht, Oronêl," mischte Kerry sich ein. "Siehst du denn nicht, wie sehr dich alle schätzen und bewundern? Du bist der richtige Anführer für unsere Gruppe. Wir vertrauen, weil wir wissen, dass du das Herz am richtigen Fleck hast."
"Aber warum nicht Glorfindel?" fragte Oronêl in Elronds Richtung.
"Glorfindel mag Heere in die Schlacht führen und im Kampfe große Macht aufbieten. Aber unterschätze niemals sein Urteil, Oronêl. Wenn er sich dir anschließt, dann aus gutem Grunde," antwortete Elrond. "Du hast eine Wahl getroffen, dort auf den Kaien der Schwanenstadt. Du hast dich entschieden, für Mittelerde zu kämpfen. Und hier ist eine Gemeinschaft, die deiner bedarf. Wie wirst du antworten, Oronêl Galion?"
« Letzte Änderung: 26. Jun 2020, 13:44 von Fine »
RPG:

Eandril

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Re: Elronds Haus
« Antwort #35 am: 17. Jul 2020, 10:48 »
Oronêl stützte die Hände auf das Balkongeländer, und blickte hinaus über das dunkle Tal. Er ließ sich Zeit mit der Antwort auf Elronds Frage, auch wenn er neben sich Kerrys Ungeduld spürte. Schließlich wandte er sich wieder Elrond, dessen Gesicht nichts verriet, zu.
"Welche Wahl habe ich nun schon noch?", fragte er. "Denn ihr habt recht, ich habe sie bereits getroffen - zwei Mal, um genau zu sein, und am gleichen Ort." Er legte eine Hand auf Kerrys Schulter, ein wenig Halt suchend. "Ich habe mich in Dol Amroth dazu entschieden, wieder in den Kampf gegen den Schatten einzutreten, und mein selbstgewähltes Exil zu verlassen. Und ich habe mich dort dazu entschieden, diesem Kampf nicht erneut den Rücken zu kehren, sondern ihn bis zum Ende zu führen. Wenn nun also all diese Leute meine Führung suchen, so närrisch das auch sein mag... wie könnte ich mich weigern?"
"Das eine schließt das andere nicht aus", begann Elrond, und im gleichen Augenblick sagte Kerry, ein wenig empört: "Ich glaube nicht, dass es närrisch ist, dir als Anführer zu folgen." Sie warf Elrond einen etwas unsicheren Blick zu, doch dieser lächelte leicht und bedeutete ihr mit einer Geste, fortzufahren. "Ihr seid damals nach Fornost aufgebrochen, um Mathan zu finden, nicht wahr? Das habt ihr getan, und nebenbei habt ihr geholfen die Stadt zu verteidigen und auch noch mir das Leben gerettet."
"Nicht ohne dafür einen hohen Preis zu zahlen", erwiderte Oronêl leise.
Elrond blickte ihm direkt ins Gesicht, und sagte: "Nichts in dieser Welt wird gewonnen, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Manchmal erscheint der Preis hoch, zu hoch vielleicht. Und doch... vielleicht wäre Mathan auf den Mauern von Fornost gefallen, wenn ihr nicht in den Kampf eingegriffen hättet. Dann wäre es beinahe unmöglich gewesen, die Schmieden Eregions zu finden, und den Ring, den du einem der Neun abgenommen hast, zu vernichten, und er hätte früher oder später den Weg zurück zu seinem Meister gefunden."
Für einen Augenblick wirkte Elrond sehr nachdenklich, wie in Erinnerungen versunken. "Zweifel schützen uns davor, uns Hals über Kopf ins mögliche Verderben zu stürzen. Doch Zweifel können uns auch lähmen."
Bevor Oronêl antworten konnte, trat eine hochgewachsene Gestalt in dunklem Mantel und Kapuze auf den Balkon, und warf die Kapuze ab. Darunter kamen helles Haar und ein Gesicht, dass Oronêl sofort erkannte, zum Vorschein.
"Gelmir?", fragte er verwundert, und der Elb aus Lindon lächelte. Er verneigte sich leicht vor Elrond und sagte dann: "Ich bringe Botschaft aus Lindon, von Frau Galadriel."
"Dann sei erneut willkommen in Bruchtal, Gelmir von Lindon", erwiderte Elrond. "Welche Nachricht bringst du?"
Gelmir zog ein Bündel versiegelter Schriftrollen aus seinem Mantel hervor. Drei davon reichte er an Elrond weiter, mit den Worten: "Für euch, Frau Arwen, und Celebithiel. Und eine für dich, Oronêl." Oronêl nahm die letzte Rolle ein wenig zögerlich entgegen, brach das Siegel und begann zu lesen.

Oronêl Galion,
der Schatten erhebt sich ein letztes Mal im Osten. Lange haben die Völker Mittelerdes alleine gekämpft, doch jetzt wird Mordor triumphieren, wenn wir nicht gemeinsam stehen.
Dies ist deine Aufgabe. Du hast Freunde in ganz Mittelerde. Führe sie zusammen. Vereinige sie. Denn sonst wird Mittelerde und ganz Arda unter den Schatten fallen.


Oronêls Herz sank, als er diese Worte las, doch der Brief war noch nicht zu Ende.

Es betrübt mich, diese Aufgabe anderen aufzubürden, doch wisse dies. Aus Dunkelheit und Schatten kann Licht hervorgehen, selbst jenes, das lange verloren war. Niemand trägt das Schicksal Mittelerdes alleine auf seinen Schultern, und Hoffnung gibt es immer.
Möge das Licht der Sterne deinen Pfad bescheinen.


Oronêl blickte auf. Elrond und Gelmir waren ein Stück zurück ins Haus gegangen und sprachen leise miteinander, doch Kerry stand noch immer neben ihm auf dem Balkon. Sie sagte nichts, doch ihre Neugierde war geradezu spürbar.
Oronêl lehnte sich neben ihr auf das Geländer, und gemeinsam blickten sie in die Dunkelheit hinaus. Schließlich fragte er: "Meintest du, was du gesagt hast? Dass du es nicht für närrisch hältst, mir zu folgen?" Nach einem Augenblick fügte er hinzu: "Würdest du mir folgen, Kerry?"
"Manchmal... bist du sehr schwer von Begriff", erwiderte sie, und verdrehte ein wenig theatralisch die Augen. "Was habe ich den Großteil der letzten paar Monate gemacht, hm?"
Oronêl atmete tief durch, bevor er nickte und sich zu Elrond und Gelmir umwandte, die ihr Gespräch sofort unterbrachen.
"Wir werden Proviant und Ausrüstung brauchen." Er blickte kurz an sich hinunter. "Nach Eregion zu gehen heißt in den Krieg zu ziehen. Ein wenig mehr Schutz wäre also von Vorteil."
Er blickte Elrond, der kaum merkbar lächelte, direkt ins Gesicht, und fuhr fort: "Außerdem können wir auf dieser Reise jedes Schwert brauchen. Nur Glorfindel, Celebithiel und ich allein..." "Und ich", fügte Kerry leise hinzu. "... werden kaum genug sein, um den Manarîn zur Hilfe zu kommen."
"Viel von der Kraft Bruchtals ist bereits im Süden versammelt", erwiderte Elrond. "Doch es gibt noch einige, die mit dir ziehen können."
"Ich werde auch mitkommen", sagte Gelmir mit einem Lächeln, die Hand auf den Schwertgriff gelegt, und schüttelte das blonde Haar aus dem Gesicht. "Ich bin dir einmal direkt in die Schlacht von Fornost gefolgt, was ist da ein zweites Mal?"
Oronêl setzte einen Fuß nach vorne, blieb aber doch stehen und sagte nur: "Ich... danke, Gelmir."
Gelmirs Bereitschaft, ihm nach Eregion zu folgen, hatte für einen Augenblick seine Zweifel weggespült. Für einen Augenblick hatte Oronêl das Gefühl, der Aufgabe wirklich gewachsen zu sein, und dass ihre Reise nach Eregion tatsächlich ein gutes Ende nehmen könnte.

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Thorondor the Eagle

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Glück und Skepsis
« Antwort #36 am: 17. Jul 2020, 22:31 »
Irritiert blieb Elea auf dem Fenstersims sitzen. Ihre Lippen hatten noch die Form eines Kussmundes, ihre Gedanken spielten verrückt. Sie fühlte sich in ihre Jugendjahre zurückversetzt, als einem das Herz noch bis zum Hals schlug und dass nur wegen eines einzigen Kusses.
Mit einem Satz sprang sie hoch und ließ dabei das Buch achtlos zu Boden fallen. Sie lief zur Tür hinaus und die Treppe hinab. Im Freien angelangt holte sie Finjas ein. Sie huschte an ihm vorbei und stellte sich ihm dann in den Weg.
„Kannst du mir“, begann sie, unterbrach aber „Was?“, sie stotterte erneut dahin „Wie soll ich das?“.
Ohne einen ganzen Satz herauszubringen, schaute sie in seine eingeschüchterten Augen, seine Wangen waren errötet. Sie erkannte wie peinlich ihm diese Situation war und ihr wurde klar, dass sie jetzt wohl kein einziges Wort aus ihm herausbringen würde.
Mit einem Winken ihrer rechten Hand tat sie ein weiteres Gespräch ab: „Ist nicht wichtig.“
Sie war gerade dabei sich zurück in die Bibliothek zu machen, als sie seine Hand auf ihrer Hüfte spürte, wie sie sie sanft aber bestimmt zu ihm führte. Finjas schloss Elea in seine Arme und hielt sie einfach fest.
Die Dunadan spürte ihr Herz heftig gegen die Brust schlagen, so wie sie es schon seit langer Zeit nicht mehr fühlte. Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Körper breit, aber sie fühlte sich so geborgen, dass es ihr keine Angst machte. Sein Bart streifte über ihre Schläfe, er kratze ein wenig. So verweilten sie für einen langen Moment, bis sie sich wieder lösten. Elea grinste ihn mit leichter Benommenheit an.

Sie gingen gemeinsam den Weg zurück zum Haupthaus mit der Halle des Feuers. Mittlerweile war die frühe Nacht hereingebrochen und die Sterne leuchteten am Firmament. In der Ferne erblickten sie einige Elben unmittelbar neben dem Eingangstor. Kerry war auch unter ihnen, sie stand etwas abseits neben dem Balkongeländer. Finjas und Elea beobachteten sie eine Weile. Der sorgenvolle Blick Elronds verriet der Dunadan, dass sie über ernste Angelegenheiten sprachen, so wie sie es in den letzten Jahren immer taten.
Als Kerry die beiden in der Dunkelheit erspähte, dauerte es keine Sekunde bis sie heftig mit der Hand deutete zu ihnen zu kommen. Sie kamen dem unverzüglich nach.

„Elea, du kommst genau im richtigen Moment“, sagte sie leise um Rücksicht auf die großen Elben zu nehmen.
„Elea?“, fragte ein dunkelhaariger Elb und drehte sich dabei zu ihnen um.
„Oronêl wurde gerade zu unserem Anführer erklärt“, sagte das Mädchen stolz.
„Erklärt?“ er schaute erstaunt zu Kerry und hob dabei eine Augenbraue.
„Er hat sich dazu entschlossen diese Aufgabe zu übernehmen“, verbesserte sie sich und sagte etwas leise hinterher, dass wie „hat sich überreden lassen“ geklungen hatte. Danach verhielt sie sich sehr zurückhaltend.

„Elea, Finjas“, ergriff nun Elrond das Wort „dies ist Oronêl Galion aus dem Hause Lenwes. Wie Kerry bereits richtig erwähnt hat, wird er die Gemeinschaft anführen die nach Eregion gehen wird. Oronêl dies sind Erelieva und Finjas von den Dúnedain.“
„Die Mutter von Helluin“, fügte Oronêl hinzu. Elea glaubt einen Anflug von Abneigung in seinem Tonfall wahrzunehmen.
„Es wäre uns ein großes Anliegen euch als Teil eurer Gemeinschaft zu begleiten“, begrüßte ihn Finjas.
„Wie ich höre, ist der Zweck eurer Reise die Suche nach Helluin.“
„Er weiß es von mir“, warf Kerry schuldbewusst dazwischen.
„Das ist richtig“, antwortete Elea leicht verunsichert.
„Ihr wisst, dass wir auf dem Weg nach Eregion sind und die Schergen Morias vielleicht dort schon auf uns warten oder uns bereits am Weg dorthin angreifen werden?“
Beide nickten.
„Dann hoffe ich, dass ihr mit Schwert und Bogen umgehen könnt.“
Finjas nickte voll Selbstvertrauen, Elea zögerlich.
„Es wird weder meine noch die Aufgabe der anderen sein euch auf dieser Reise zu beschützen“, legte er nochmal nach und schaute dabei gezielt auf Elea.
„Ich kann mich verteidigen“, entgegnete die Dúnadan.
„Oronêl?“, begann nun Kerry dazwischen zu sprechen „Warum bist du denn so forsch zu den beiden?“
„Es ist wichtig, dass sie wissen worauf sie sich einlassen und dass in einer Gemeinschaft auch Disziplin herrscht.“
„Aber man ist auch für einander da“, entgegnete die junge Rohirrim.
„Elea und Finjas werden eine Bereicherung für eure Gemeinschaft sein und auch in Eregion, dessen bin ich mir sicher“, mischte sich schließlich Elrond ein um die Situation zu entschärfen „dringlicher zu klären ist nun, wann eure Reise denn losgehen soll.“
Kerry stellte sich nun neben die Dúnadan und zupfte an ihrem Ärmel. Elea konzentrierte sich auf die Kleine und hörte ihrem Flüstern zu: „Ich glaube das kam alles zu schnell und überraschend für ihn. So kenne ich Oronêl gar nicht.“
„Dass ich Helluin’s Mutter bin und wir auf der Suche nach ihm sind, macht es sicher nicht einfacher“, flüsterte die Frau zurück: „Aber du hast Recht, man ist gemeinsam füreinander da.“

Elea hatte ein ungutes Gefühl nach diesem ersten Zusammentreffen, tief waren offensichtlich die Wunden die ihr Sohn zugefügt hatte. Allerdings gab ihr etwas Hoffnung, auch bei Finjas hatte sie am Anfang ein Unbehagen und nun hat sich alles zum Guten gewendet. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlte sie sich glücklich. Vielleicht lag es auch ein wenig an Bruchtal, wo die Sorgen der Welt immer ein Stück weiter wegrückten.

Ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder zu den Elben und Finjas.
„…sodass wir übermorgen die letzten Vorbereitungen abschließen und tags darauf aufbrechen können“, sagte Oronêl.
„Je früher umso besser“, sagte Elrond zustimmend „In den Rüstkammern findet ihr ausreichend Ausrüstung, sollte jemandem etwas fehlen.“
„Gleich morgen früh, werde ich allen Bescheid geben“, antwortete der Anführer „Und gegen Mittag werden wir uns bezüglich der Reiseroute beraten. Celebithiel und Glorfindel sollten auch kommen.“
„Ich würde mich ebenfalls gerne anschließen“, bat Finjas und Elrond nickte ihm zu.
Elea suchte einen passenden Moment um das Gespräch zu unterbrechen. Zögerlich begann sie „Herr Elrond?“
Finjas und der andere Elb wichen ein Stück zur Seite, sodass Elrond sie sah.
„Habt ihr für mich auch eine Rüstung und ein Schwert?“
Überrascht sahen sie die Dúnadan an.
„Natürlich“, antwortete er „Komm morgen in die Rüstkammer, dann wird dich Oronêl mit dem notwendigsten ausstatten.“
Ob es Verwunderung im Gesicht des Elben war, konnte Elea nicht sagen, aber er war jedenfalls überrascht. Nach Beendigung des Gespräches beschlossen sie zu Bett zu gehen. Nach den letzten Ereignissen war Elea endlich müde geworden und fand einen guten Schlaf in den Armen von Finjas.
1. Char Elea ist in Bree  -  2. Char Caelîf ist in Palisor

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Arwens Traum
« Antwort #37 am: 10. Aug 2020, 15:28 »
Kerry, die in einem Einzelzimmer übernachtet hatte, wachte mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Es war ungewohnt für sie, nach so langer Zeit in der sie sich ständig das Nachtlager mit zumindest Oronêl geteilt hatte, aufzuwachen und niemanden um sich herum zu haben. Das Zimmer besaß nur ein kleines Fenster, durch das lautes Vogelgezwitscher zu hören war. Rasch zog sie sich an - man hatte ihr frische Kleidung ausgelegt, ein kurzärmliges dunkelrotes Kleid nach Elbenart - und machte sich auf den Weg, um nach ihren Gefährten zu suchen.
Auf einer der Brücken, die die unzähligen kleinen Bäche nahe der Gärten Bruchtals überquerten, stieß Kerry überrascht auf Arwen, die offenbar gerade einen Morgenspaziergang machte.
"Du siehst aus, als hättest du recht gut geschlafen, Kerevalline," begrüßte die Tochter Elronds sie mit einem Lächeln.
"Ach... wie man's nimmt," meinte Kerry etwas verlegen und stellte sich neben Arwen an das verzierte Geländer der Brücke. "Es hat schon seine Vorteile, in einem richtigen Bett zu schlafen. Zuletzt habe ich diesen Luxus... in Rohan genießen können."
"Rohan," wiederholte Arwen nachdenklich. "So viele unserer Krieger weilen an den Grenzen jenes Landes."
Als Arwen das sagte, hatte Kerry das starke Gefühl, dass die Hochelbin eigentlich an etwas anderes dachte, ohne es jedoch auszusprechen. Es war nur ein Verdacht, aber ehe Kerry es sich versehen hatte, hatte sie ihre Gedanken schon laut ausgesprochen.
"Du hoffst, in Rohan ...Aragorn zu treffen, nicht wahr?"
Erschrocken schlug sich Kerry beide Hände auf den Mund. Sie wurde bleich, dann rot, und starrte Arwen schuldbewusst an
Auch Arwen blickte zunächst etwas erschrocken drein, wenn auch im geringeren Maße als Kerry. Dann legte sich wieder ein trauriges Lächeln auf ihr Gesicht, und sie sagte beruhigend: "Es ist gut, meine Liebe. Mache dir nicht den Vorwurf der Unhöflichkeit. Du musst wohl gehört haben, wie mein Vater davon sprach."
"Ähm... j-ja, er sagte zu Oronêl, dass... du deswegen mitkommen willst. Weil du..."
"Ich hatte einen Traum, Kerevalline." Arwen drehte sich zu ihr und ließ das Geländer der Brücke los. "Die Eldar schlafen nicht, wenn sie es nicht wünschen. Des Nachts spaziere ich gerne durch diese Gärten, so wie auch heute. Dabei öffne ich meinen Verstand und lasse Gedanken und Erlebnissen freien Raum, um sich zu entfalten. Und vor... einigen Tagen, kurz bevor Glorfindels Rückkehr nach Imladris, da war es mir, als vernähme ich einen Ruf von ferne. Eine Stimme, nach der ich mich schon lange sehne. Ich richtete meine Aufmerksamkeit darauf und versuchte, mehr wahrzunehmen. Mein Vater beherrscht diese Kunst der Weitsicht wie kein Anderer, aber auch ich vermag es, in die Ferne zu blicken - wenngleich im viel geringeren Maße als er."
"Was... was hast du gesehen?" fragte Kerry wie gebannt und schaute zu Arwen hoch, die sie um einen Kopf überragte.
"Ich sah das Land der Schatten," antwortete Arwen leise. "Und ich sah, wie sich dunkle Wolken darüber auftürmten, wie eine gewaltige drohende Präsenz. Wie mein Vater zuvor nahm ich wahr, dass der Dunkle Herrscher mittlerweile genügend Kraft gesammelt hat, um eine körperliche Gestalt anzunehmen."
"Wie schrecklich," flüsterte Kerry.
"Doch noch etwas Anderes konnte ich sehen," fuhr Arwen fort. "Das Schattengebirge, das unter den dunklen Wolken lag, schien sich zu teilen, einem Pass gleich. Den Pfad entlang, den ich wie aus großer Höhe sehen konnte, floh ein goldenes Licht gen Westen. Ich spürte eine vertraute Gegenwart, als ich dieses Licht näher betrachtete - seine Gegenwart."
Kerry staunte. Sie hatte einiges gesehen auf ihren Reisen, und hatte mehrere Zauberer in Aktion beobachtet. Doch dies kam ihr wie komplexe Elbenmagie vor, die sich ihrem Verständnis sogar noch mehr entzog als das sichtbare Wirken der Zauberer. "Und du glaubst, dass... dieses Licht bedeutet, dass..."
"Mein Vater hält es für Wunschdenken," meinte Arwen. "Und ich selbst bin mir nicht sicher, aber ich kann nicht länger hier im verborgenen Tal sitzen und darauf warten, dass die Wogen des Krieges es umschließen. Ich werde mir gestatten, zu hoffen, wie ich es seit Jahren nicht gewagt habe."
Kerry kam einen winzigen Schritt näher, sodass sie fast direkt vor Arwen stand. "Wie fühlt ...es sich an, so... jemanden so sehr zu lieben?" flüsterte sie ehrfürchtig.
Arwen betrachtete sie mit einem Blick der zur Hälfte aus Verwunderung und zur Hälfte aus schwermütigem Schmunzeln zu bestehen schien. "Ein schwächeres Herz wäre vermutlich zerbrochen. Ich kann dir nicht beschreiben, wie es sich anfühlt, du musst es selbst erfahren. Und ich weiß, dass diese Hoffnung, die mir der Traum gab, durchaus trügerisch sein kann."
"Wieso?" wollte Kerry leise wissen.
"Aragorn ist ein Gefangener des Dunklen Herrschers. Welchen Sinn ergäbe es für Sauron, ihn gehen zu lassen?"
"Ähm... na ja, vielleicht... braucht er ihn nicht mehr, wenn er doch, wie du sagst... körperliche Gestalt annehmen kann?" mutmaßte Kerry, die sich gar nicht vorstellen wollte, wie besagte körperliche Gestalt wohl aussehen mochte.
"Selbst wenn dem so wäre, würde unser Feind jemanden wie den obersten Heerführer der Freien Völker niemals gehen lassen. Also bleibt nur eine Möglichkeit übrig: jemand ist es gelungen, meinen Geliebten zu befreien."
Selbst Kerry hatte genügend Geschichten über Mordor gehört um zu verstehen, wie unwahrscheinlich eine Befreiung eines so wichtigen Charakters sein musste. Und dennoch verstand sie mittlerweile, oder hatte das Gefühl zu verstehen, weshalb Arwen nach Rohan gehen wollte. Also nickte sie langsam. "Ich... hoffe, du hast Recht. Ich wünsche es dir, von ganzem Herzen."
Arwen musterte Kerry einen langen Augenblick. Dann nickte sie sachte und sagte leise: "Ich danke dir, Kerevalline... ich kann sehen, dass du es ernst meinst. Du hast ein mitfühlendes Herz... bewahre dir diese Eigenschaft, lass' nicht zu, dass die Bitterkeit dieser Welt sie dir wegnimmt."
"Werde ich nicht, ich versprech's dir!" beteuerte Kerry und nickte bekräftigend.
"Du solltest gehen," sagte Arwen dann. "Sonst verpasst du noch das Frühstück." Die Hochelbin lächelte, doch Kerry hörte einen gewissen belegten Ton aus Arwens Stimme heraus. Sie beschloss, dass sie sich jetzt genug in Belange eingemischt hatte, die sie eigentlich nichts angingen, und trat den Rückzug an.

Ehe sie den großen Speisesaal in Elronds Haus erreichte, kam Kerry an den Stallungen nahe des Haupteingangs des großen Gebäudekomplexes im Herzen von Bruchtal vorbei. Dabei wäre sie beinahe mit einem Pony zusammengestoßen, das in den kleinen Innenhof getrabt kam.
"Verzeihung!" rief der Reiter, der darauf saß. "Ich hab' Euch gar nicht gesehen, und..." Seine Stimme brach ab, als er zu Kerry hinab schaute. "Moment mal. Dich kenn' ich doch. Kerry? Bist du das?"
Kerry brauchte einen langen Moment, in dem sie den Sprecher einfach nur anstarrte. Es war ein Hobbit in einem langen schwarzen Reisemantel. Darunter trug er ein schwarzsilbernes Wams mit Kettenhemd, auf dem der weiße Baum Gondors prangte. Die Haare waren unordentlich wie von einem langen Ritt, doch auf dem Gesicht lag ein schiefes Lächeln. "P...Pippin?" entfuhr es Kerry endlich.
"Bist du jetzt unter die Elben gegangen?" wollte Pippin - denn er war es wirklich - mit einem amüsierten Blick auf Kerrys Kleid wissen. "Hat es dir in Bruchtal so gut gefallen, dass du Herrn Elrond um Aufnahme in sein Gefolge gebeten hast?"
"Was? Nein, Unsinn," sagte Kerry mit gerunzelter Stirn. "Wirklich, Pippin, wo denkst du hin? Aber... wir haben uns ja seit beinahe einem Jahr nicht gesehen! Wie steht es um das Auenland?"
Der Hobbit kletterte aus dem Sattel. "Ach, recht gut. Merry ist dort geblieben, er ordnet das Durcheinander dort mit der Hilfe des Thains und ein paar Waldläufern."
"Und was machst du nun hier?"
"Dasselbe könnte ich dich fragen. Wie wäre es, wenn wir beim zweiten Frühstück darüber reden?" schlug Pippin vor und bot Kerry überraschend galant den Arm an.
"Für mich ist es das erste Frühstück," sagte Kerry kopfschüttelnd, doch dann musste sie lachen. Sie musste sich etwas verbiegen, um sich bei Pippin unterzuhaken, doch der Hobbit kannte eine Abkürzung zur Speisehalle, was Kerry nicht sonderlich überraschte.
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Eandril

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Re: Elronds Haus
« Antwort #38 am: 13. Aug 2020, 00:07 »
Der erste blasse Schimmer der Sonne ließ sich gerade erst über den östlichen Bergen erahnen, als Oronêl die Rüstkammer von Imladris betrat. Er hatte in der Nacht kaum Schlaf oder auch nur Ruhe gefunden, denn die bevorstehende Reise beschäftigte seine Gedanken, auch jetzt noch.
Die Rüstkammer war ein langgestreckter Raum mit schmalen, nach Osten herausgehenden Fenstern etwas über Kopfhöhe. Die hohe Decke wurde von schlanken Säulen getragen, deren Holz mit allerlei kunstvollen Schnitzereien verziert war. Jemand musste bereits vor Oronêl hier gewesen sein, denn die an den Säulen befestigten Lampen glühten in weißem Licht.
Oronêl ignorierte die schweren Rüstungen und großen Waffen wie Lanzen und Streitäxte, die an den vorderen Wänden aufgereiht waren. Nichts davon war für ihn oder irgendjemanden aus ihrer Gemeinschaft geeignet, dies war Ausrüstung für schwer gerüstete Krieger, die in die Schlacht zogen. Im Augenblick war ohnehin nicht mehr allzu viel davon vorhanden, denn die meisten Krieger hatten Imladris bereits verlassen.
Ungefähr in der Mitte des Raumes fand Oronêl schließlich eine Rüstung, die genau seinen Geschmack traf. Sie bestand aus einem federleichten Kettenhemd, dessen feine Maschen hervorragend gearbeitet waren, einem ledernen Brustpanzer mit Schulterschutz sowie ebenfalls ledernen Unterarm- und Beinschienen, in die zu Oronêls Überraschung jeweils eine sehr schmale Metallscheibe eingearbeitet war. Sie würde nicht allzu viel abhalten, verlieh den Schienen jedoch ein wenig zusätzliche Festigkeit. Zu dem Kettenhemd gehörten auch ein dunkelgrüner Waffenrock aus feinem Stoff, der unter dem ledernen Brustpanzer getragen wurde.
Oronêl legte seine alte Kleidung bis auf die Unterkleidung ab, und zog sich zunächst das Kettenhemd über den Kopf. Es trug sich so leicht wie er gehofft hatte, wenn auch nicht so leicht wie das sagenumwobene Mithril, und machte erfreulich wenig Lärm wenn er sich bewegte. Rasch legte er auch den Waffenrock und den ledernen Brustpanzer an. Er zog gerade die Riemen der Armschienen fest, als er hörte, wie sich die Tür der Rüstkammer leise öffnete, und sich leise Schritte näherten. Ohne aufzusehen und ohne Hast legte Oronêl noch die Beinschienen an und zog die Riemen fest, als Eleas Stimme zögerlich fragte: "Oronêl?"
Er beachtete sie nicht, während er als letztes seinen Mantel aus Lothlórien anlegte, und ihn vor der Brust verschloss. Gedankenverloren strich seine Hand über den vertrauten Stoff, bevor er sich zu Elea umwandte.
"Nun?" Die kaum verhüllte Feindseligkeit konnte nicht einmal einem Menschen entgehen, und Elea wich offenbar unwillkürlich einen Schritt zurück. Sie senkte ihren Blick jedoch nicht, und antwortete: "Ich bin gekommen, wie Herr Elrond mich angewiesen hat, um mich für die Reise auszurüsten."
Oronêl betrachtete sie schweigend. Sie sah nicht unbedingt wie eine Kriegerin aus, doch sie hielt sich gerade, und ihre blau-grauen Augen wichen Oronêls Blick nicht aus. Er spürte, dass sie die gleiche Kraft in sich trug, die alle Dúnedain, denen er begegnet war, auszeichnete und von anderen Menschen abhob.
"Ihr habt keine Kampferfahrung", stellte Oronêl fest. Elea nickte. "Nicht besonders viel. Aber ich kann gut mit dem Bogen umgehen, und mich verbergen, wenn ich nicht gesehen werden will."
"Eure beste Chance, diese Torheit zu überleben, besteht also darin, euch gar nicht erst in den Kampf einzumischen." Weiter kam Oronêl nicht.
"Was meint ihr mit Torheit?", fragte Elea. Sie strich sich mit einer abwesenden Geste eine schwarze Locke zur Seite.
Oronêl griff mit einer heftigen Bewegung nach seinem Waffengurt, den er über einen leeren Rüstungsständer gehängt hatte, und schlang ihn sich um die Hüfte. "Euer Sohn mag sich von Sarumans Bann - wenn es denn einer war - befreit haben, doch zuvor hat er Taten begangen, die... die... unverzeihlich sind", schloss er so leise, dass es beinahe ein Flüstern war.
Erst jetzt wandte Elea den Blick ab. "Ich verstehe", erwiderte sie ebenso leise. Als sie Oronêl erneut anblickte, glänzten ihre Augen ein wenig. "Aber er ist mein Sohn. Egal was geschehen ist. Egal, was er getan haben mag."
Jetzt wich Oronêl ihrem Blick aus, als er mit einem Ruck seinen Gürtel fest zog.
"Was hast du vor, Oronêl?", fragte Elea weiter, wobei Oronêl kaum auffiel, dass sie zur vertraulicheren Anrede und gleichzeitig von der gemeinsamen Sprache ins Sindarin gewechselt war. "Wenn Helluin tatsächlich unseren Weg kreuzt, muss ich mitansehen, wie du meinen Sohn tötest? Alles, was wir von seinem Vater geblieben ist? Und Kerry... du kannst nicht blind dafür sein, wie das Mädchen fühlt, wenn selbst ich es sehen kann."
Oronêl biss die Zähne zusammen. "Ich werde Helluin nicht töten. Ich kann nicht, denn... am Rande des Waldlandreichs hat er mir das Leben gerettet. Aber sag mir, Elea, wie kann ich ihm verzeihen? Selbst wenn er unter Sarumans Zauber stand... er und jene die ihm gefolgt sind hatten großen Anteil daran den Ort zu vernichten, der für Jahrtausende meine Heimat gewesen ist. Den... den einzigen Ort, an dem ich mit meiner Frau und meiner Tochter glücklich gewesen bin. Den einzigen Ort in Mittelerde, an dem ich sorglos gewesen bin, und frei von Trauer. Wie, Elea?"
Elea schwieg lange. "Ich weiß es nicht, Oronêl", erwiderte sie schließlich. "Es tut mir leid um Lothlórien. Was Saruman getan hat, war furchtbar, doch es war Saruman." Sie atmete tief durch. "Niemand, der Saruman gefolgt ist, ist frei von Schuld. Auch nicht Helluin. Ich kann nicht anders, als ihm zu verzeihen, doch du... ich kann dich nur bitten, es zu versuchen. Ihn Buße tun zu lassen. Und welche besser Buße gäbe es, als für jene zu kämpfen, denen er zuvor solchen Schaden zugefügt hat."
Oronêl strich mit der Linken sanft über den Griff von Amrûns Schwert, bevor er antwortete: "Deine Worte sind... weiser, als ich es von einem Menschen erwartet hätte. Obwohl ich es inzwischen eigentlich erwarten müsste." Wider Erwarten spürte er sich lächeln. "Ich werde deine Worte nicht vergessen. Und ich begreife auch, dass eine Mutter nicht verantwortlich für die Taten ihres Sohnes ist."
Kurzentschlossen löste er die Schwertscheide von seinem Gürtel, und betrachtete sie einen Augenblick lang. Ein Teil von ihm fürchtete, das Geschenk, dass das Schwert gewesen war, zu missachten, doch es fühlte sich richtig an.
"Dieses Schwert gehörte meinem Freund Amrûn", erklärte er. "Er... fiel in der Schlacht von Lórien, und es wurde mir gegeben, als Andenken und als Erinnerung daran, was wichtig ist. Doch auf dieser Reise solltest du es führen. Es wird dich beschützen, wenn es nötig ist." Elea öffnete den Mund um zu widersprechen, doch Oronêl schüttelte sanft den Kopf. "Nimm es, als Zeichen des Friedens und als Erinnerung daran, was an jenem Tag verloren ging."
Elea nahm das Schwert entgegen, offensichtlich ein wenig überrascht, dass es leichter war als erwartet, und strich mit zwei Fingern über die Scheide. "Ich werde es dir zurückgeben, sobald ich kann. Mit dem Bogen bin ich ohnehin besser."
Eine Ahnung sagte Oronêl, dass das Schicksal des Schwertes ein anderes sein würde, doch er behielt diesen Gedanken für sich. Stattdessen sagte er: "Nun, dann wollen wir versuchen, dir eine passende Ausrüstung herauszusuchen."
Ohne größere Schwierigkeiten gelang es ihm, eine leichte Rüstung ausfindig zu machen, die Elea gut passte, sowie einen gut gefertigen Bogen nach Art der Elben aus Lindon. Als sie die Rüstkammer verließen, wirkte Elea ein wenig erleichtert und angespannt zugleich, ein Widerspruch an Gefühlen, den Oronêl nur zu gut nachempfinden konnte.

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

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Sarumans Stein
« Antwort #39 am: 27. Aug 2020, 13:52 »
Es stellte sich heraus, dass Kerry Pippin deutlich mehr zu erzählen hatte, als der Hobbit ihr im Gegenzug von sich berichten konnte. Im Auenland war eine Art vorsichtiger Frieden angebrochen - die Schergen Sarumans waren zwar vertrieben worden, doch östlich des von Hobbits bewohnten Gebietes herrschte noch immer die Weiße Hand, zumindest dem Namen nach. Merry war vom Thain zum Anführer der Grenzer ernannt worden (dem Oberehrwürdigsten Grenzer, wie laut Pippin der amtliche Titel lautete) und sorgte dafür, dass die Zugänge ins Auenland hinein scharf bewacht waren, während Pippins Vater, der Thain, gemeinsam mit einigen anderen wichtigen Familienoberhäuptern dafür sorgte, dass sich nach und nach wieder Normalität im Alltag der Hobbits einstellte. Auf Merrys Rat hin war eine Korrespondenz mit den Elben der Anfurten westlich des Auenlandes in die Wege geleitet worden, und man hatte den Handel wieder aufgenommen, zumindest in westlicher Richtung entlang der Straßen gen Lindon und Ered Luin. Dennoch blieben die Hobbits - vorsichtig geworden durch die Unterdrückung durch Sarumans Leute - skeptisch und wollten dem Frieden noch nicht recht trauen.
"Wir werden sehen wie es weitergeht," sagte Pippin, der alles in allem relativ zufrieden (vor allem mit sich selbst) zu sein schien.
"Mich würde immer noch interessieren, was dich nach Bruchtal führt," hakte Kerry nach, als Pippin geendet hatte.
"Das ist ganz einfach," erwiderte der Hobbit. "Ich bin auf dem Weg nach Rohan. Die Königin hatte Merry und mich damals, ehe wir dich getroffen haben, ausgesandt, um im Auenland nach dem Rechten zu sehen. Ich bin ein offizieller Botschafter unseres Volkes und überbringe den Anführern in Aldburg die Nachricht von der Befreiung des Auenlandes, und außerdem soll ich die Hobbits dort im Rat vertreten. Schließlich braucht man bei all den wichtigen Besprechungen auch jemanden, der eine gute Portion gesunden Hobbitverstand mitbringt."
Kerry musterte Pippin zweifelnd. Sie war sich nicht ganz sicher, ob er ein Paradebespiel für gesunden Hobbitverstand darstellte, aber sie stellte die Entscheidung der Hobbits nicht in Frage.
"Ach, nun schau nicht so kleingläubig, Kerry," sagte Pippin und lächelte, als er ihren Blick bemerkt hatte. "Selbst Meister Elrond hat mich schon unterschätzt. Du wirst sehen, bald bin ich ein unverzichtliches Mitglied im Kriegsrat der Freien Völker."
"Oh, ist das so," machte Kerry wenig überzeugt, doch dann musste sie leise lachen.

Als er die Geschichte von Kerrys Abenteuern seit ihrem Aufbruch aus dem Auenland - die sie für Pippin so gut es ging zusammengefasst hatte - gehört hatte, nickte Pippin anerkennend. "Sieh mal einer an. Du bist ganz schön 'rumgekommen, Kerry! Und wie es mir scheint, hast du dich wirklich gemacht, so als Abenteurerin. Alle Achtung!"
"Wirklich?" wollte Kerry, erstaunt über das Lob, wissen.
"Du bist dreien der fünf Zauberer über den Weg gelaufen, hast mit mindestens drei Königinnen gesprochen und zwei große Schlachten überlebt. Es fehlt eigentlich nur noch, dass du einen Schatz findest, und dann die Welt rettest..."
Kerry musste erneut grinsen. "Nun, ich ... habe tatsächlich etwas gefunden. Herr Elrond hat es in seine Verwahrung genommen."
Pippin schaute von seinem Teller auf, den er gerade zum dritten Mal gefüllt hatte. "Wirklich? Den Teil hast du aber in deiner Geschichte ausgelassen."
"Ich erzählte dir doch vorhin von Gwyra, und der Geisterküste... Von dort brachten wir einen... Stein mit. Saruman hatte ihn, und er half ihm dabei, Dinge zu beeinflussen, die in weiter Ferne liegen-"
Pippin hatte seine Gabel fallen gelassen und das Klirren schnitt Kerry das Wort ab. Der Hobbit sprang auf. "Du hast eines von diesen Unheilsdingern? Kerry, sag mir, hast du hineingesehen? Hast du Ihn gesehen?" Pippin war bleich geworden, sein Gesicht glich beinahe einer Maske des Schreckens.
"N-nein, nicht, nicht direkt," stammelte Kerry erschrocken. "Ich sagte doch... Meister Elrond hat ihn an sich genommen."
Das schien Pippin einigermaßen zu beruhigen. "Gut," sagte er und sank zurück in seinen Stuhl.
"Was hast du denn auf einmal?" wollte Kerry besorgt wissen. "Kennst du das Ding etwa?"
"Ich... habe einen der Steine einst berührt, und hineingesehen," antwortete Pippin leise. Seine Stimme hatte all die gewohnte Unbeschwertheit verloren. "Der... Dunkle Herrscher erschien mir und sprach direkt zu mir, von der Zerstörung der freien Welt. Es... es tat weh. Ich wünschte, ich hätte dieses Ding niemals berührt. Es sollte nicht hier sein... Ich fürchte, es könnte unfreundliche Augen auf Bruchtal lenken."
Kerry gab ein erschrockenes Geräusch von sich. Hatte sie etwa in falscher Sorglosigkeit gelebt? Hätte sie Bruchtal längst wieder verlassen sollen? Mit einem Mal kam es ihr so vor, als hätte sie die Tage, die sie im Komfort unter den Elben verbracht hatte, vergeudet, und hätte längst wieder auf dem Weg nach Eregion sein müssen.

"Das Auge unseres Feindes ist bereits auf Imladris gerichtet, Meister Peregrin," erklang Elronds Stimme aus einiger Entfernung. Der Herr von Imladris hatte den Speisesaal betreten und kam in Begleitung seines Beraters Erestor heran. "Willkommen an meiner Tafel," sagte Elrond, als er näher gekommen war. "Deine Ankunft ist bereits erwartet worden."
"Meister Elrond! Ihr dürft dieses Ding hier nicht aufbewahren, Ihr solltet es zerstören!" sagte Pippin und stand auf.
"Ich glaube, deine junge Freundin hat es versäumt, dir klar zu machen, dass es sich bei dem Stein, den sie in Enedwaith fand, nicht um einen der Sieben Palantíri Féanors handelt," erwiderte Elrond und blieb am Ende der Tafel stehen. "Ich habe das Fundstück einige Zeit studiert und bin mir mittlerweile sicher, dass es sich um eine von Saruman angefertigte Nachahmung des Orthanc-Steines handelt, welche jedoch nicht dasselbe Potenzial wie das Original besitzt. Darüber hinaus ist es frei vom Einfluss des Dunklen Herrschers, welcher den Ithil-Stein besitzt. Sarumans Kreation scheint nur in eine Richtung zu funktionieren; dieser Stein stellt eine Art... Empfänger dar. Man kann mit ihm nicht in die Ferne sehen, sondern nur einen Eindruck, oder eine Vision aus der Ferne erhalten, die von Saruman selbst ausgeht - ich vermute, er macht sich dafür den Stab, den er Gandalf gestohlen hat, zunutze."
"A-also kann Saruman uns hier in Bruchtal nachspionieren?" wollte Kerry erschrocken wissen.
"Nun, das könnte er," meinte Elrond mit einem kleinen Lächeln. "Doch in diesem Tal gibt es noch immer gewisse Kräfte, die einem solchen Eindringen... Widerstand leisten würden. Sei' unbesorgt. Du bist hier unter den Meinen in Sicherheit."
"Da bin ich froh," sagte Kerry und atmete sichtlich aus. "Es wäre nicht gut, wenn Saruman von unserem Plan, ihm in Eregion einen Strich durch die Rechnung zu machen, wüsste!"
"Ihr wollt nach Eregion gehen?" hakte Pippin neugierig nach.
Kerry hatte bei dieser Frage einen Einfall. "Ja, wie wäre es, wenn du mit uns gehst? Eregion liegt auf dem Weg nach Rohan... und alleine zu reisen ist in diesen Tagen sowieso nicht zu empfehlen. Also, was sagst du?"
Pippin grinste. "Ich habe eigentlich schon seitdem wir uns im Hof begegnet sind, nur darauf gewartet, dich dasselbe fragen zu können."
"Noch ein Mitglied für die Gemeinschaft des Oronêl," meinte Erestor, ehe er seinem Meister folgte, welcher sich mit einem Schmunzeln von der Tafel entfernt hatte.
"Oronêl? Etwa der, der andauernd in deiner Geschichte aufgetaucht ist, seit der Schlacht von Fornost?" wollte Pippin wissen.
"Genau der," erwiderte Kerry und konnte nicht verhindern, dass sich ein liebevolles Lächeln auf ihr Gesicht legte. "Ich weiß nicht wieso, aber... irgendwie scheint uns das Schicksal immer wieder zusammenzuführen, Oronêl und mich. Ich werde mit ihm nach Eregion gehen, und... was danach geschieht, weiß ich noch nicht."
"Ich bin wirklich gespannt darauf, ihn kennenzulernen. Er scheint ja ein ziemlich anständiger und gar heldenhafter Elbenherr zu sein," sagte Pippin.
Kerry sah sich prüfend um, doch von Oronêl war in der Speisehalle keine Spur zu entdecken. "Ich bin mir sicher, er ist irgendwo in den Gärten. Wir könnten ihn suchen gehen, und..."
"Langsam, Kerry, langsam - oder, wie ein Freund stets zu sagen pflegte: Nicht so hastig. Buarum." Pippin machte ein seltsames Geräusch, dann musste er grinsen. "Mein Teller ist noch nicht leer."
« Letzte Änderung: 24. Sep 2020, 07:39 von Fine »
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Die Gemeinschaft zieht südwärts
« Antwort #40 am: 28. Okt 2020, 17:33 »
Es verging noch ein Tag, den die Gemeinschaft mit den letzten Vorbereitungen verbrachte. Am folgenden Morgen trafen sie sich alle in der Eingangshalle von Elronds Haus, wo der Hausherr persönlich sie verabschiedete.
"Es ist gut, dass die Älteren Kinder Erus sich entschlossen haben, Eregion wieder zu besiedeln," sagte Elrond bedeutungsschwer. Von draußen fiel ein trübes Licht herein, denn es war ein besonders kühler Wintermorgen und die Sonne war hinter dichten Wolken verhangen. Kerry spürte, wie die Kälte bereits zwischen ihre Zehen kroch und sie spielte mit dem Gedanken, die Elben von Imladris um gefütterte Stiefel zu bitten.
"Die Bedrohung durch die Orks des Gebirges sollte nicht unterschätzt werden," fuhr der Herr von Imladris fort. "Dennoch bitte ich euch alle, vorsichtig auf eurer Reise zu sein, auch wenn euch die Sorge um eure Freunde in Eregion drängen mag." Er blickte in die Runde; Oronêl und Arwen erwiderten seinen Blick abwartend, während Elea zu Kerry hinübersah und der schweigsame Finjas, gehüllt in einen breiten Pelzmantel, regungslos dastand. Selbst Pippin, der neben Kerry stand, schwieg, anstatt einen von seinen üblichen Sprüchen zum Besten zu geben. Es betrübte Kerry, den lebhaften Hobbit so ernst dreinblicken zu sehen.
"Doch ihr sollt wissen, dass ihr auf eurem Weg nicht alleine sein werdet. Glorfindel und Celebithiel werden euch nach Süden folgen, sobald sie all jene zusammengerufen haben, die sich der Verteidigung Eregions anschließen wollen. Und darüber hinaus mag es sein, dass ihr erneut auf Angehörige von Erelievas Volk trefft, die in den Landen südlich und westlich von Imladris wieder häufiger gesehen wurden. Sarumans Streitmacht mag im Verborgenen lauern, doch wenn es stimmt, dass die Menschen von Dunland den Elben Eregions weiterhin wohlgesonnen sind, werden die Verteidiger von Hulsten nicht ohne Verbündete sein. Lasst sämtliche Vorsicht walten! Eilt euch, aber werdet in der Hast nicht nachlässig darin, eure Umgebung im Auge zu behalten!"
Kerry kam es vor, als hielte ihnen Elrond diesen Vortrag hauptsächlich deswegen, weil seine Tochter sich ihrer Reisegruppe angeschlossen hatte und er um ihre Sicherheit fürchtete. Ein rascher Blick zu Arwen hinüber schien diese Vermutung zu bestätigen, denn die dunkelhaarige Elbin wirkte ungewöhnlich verlegen, sofern Kerry ihre sonst so beherrschte Miene richtig einschätzte.
"Ihr zieht aus um Eregions Siedlern beizustehen, aber einige von euch zieht es weiter nach Süden," sagte Elrond und blickte Elea, Finjas und Arwen an. "Ich kann euch als Vater nur bitten, meine Tochter nicht alleine ziehen zu lassen, wenn sie gen Rohan weiterreist. Es wäre mein Wunsch, dass die Gemeinschaft zusammenbleibt, selbst nachdem euer Anliegen in Eregion vollbracht wurde. Sprecht darüber, während ihr euch auf den Weg nach Eregion macht," schlug er dann vor, und erntete ein Nicken von den meisten der Anwesenden.
Kerry dachte nach. Sie hatte sich noch keinerlei Gedanken darüber gemacht, was sie tun würde, sobald Eregion gerettet wäre. Einerseits hatte sie darauf gehofft, etwas Zeit in Frieden mit ihrer Familie zu verbringen, aber je länger sie darüber sinnierte, desto mehr verspürte sie in ihrem Innersten ein Gefühl, das sie später als den "Ruf des Abenteuers" bezeichnen sollte. Und dann war da noch Elea - sie würde nach Helluin suchen, ebenfalls in Rohan... Kerry nahm einen tiefen Luftzug, was ihr einen fragenden Blick von Pippin einbrachte, und traf eine Entscheidung. Sie würde versuchen, mit Elea und Arwen weiterzuziehen. Ich hoffe, die Gemeinschaft bleibt zusammen... Oronêl wird es ebenfalls nach Süden zu ziehen, immerhin sind Mithrellas und Irwyne dort... dachte sie.
Oronêl trat vor. "Nicht ohne Vorbehalte habe ich die Führung dieser... Gemeinschaft angenommen. Und noch immer bin ich mir nicht vollständig sicher zu verstehen, weshalb ihr alle ausgerechnet mir folgen wollt." Er bedachte Kerry mit einem vielsagenden Blick, ehe er fortfuhr. "Doch es wurde eine Entscheidung getroffen, und ich stehe dazu. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, das Gepäck ist verteilt und wir können aufbrechen. Lasst uns zu den Stallungen gehen."

Doch so weit mussten sie gar nicht laufen. Sie hatten kaum das große Eingangsportal von Elronds Haus passiert, da sahen sie, dass im kleinen Hofe bereits Reittiere auf sie warteten. Arwen war die Einzige, die nicht überrascht wirkte. Es stellte sich heraus, dass der Herr von Imladris die Pferde bereits herbringen hatte lassen, ehe er sich mit der Gemeinschaft in der Eingangshalle getroffen hatte. Es waren fünf kräftige Elbenpferde, wie sie von den berittenen Kundschaftern des verborgenen Tals verwendet wurden.
Pippin zupfte an Kerrys Umhang. "Ein Pony haben sie wohl nicht auftreiben können," merkte er an.
"Ein Pony könnte mit den Rössern der roqueni wohl kaum mithalten," erwiderte Elrond schmunzelnd. "Ich bin mir sicher, die junge Kerevalline hat nichts dagegen, ihren Sattel mit dir zu teilen, Meister Peregrin."
"Oh," machte Kerry und schüttelte dann schnell den Kopf, sodass ihre beiden blonden Zöpfe nur so durch die Luft sausten. "Natürlich hab' ich nichts dagegen. Aber du sitzt vor mir," forderte sie dann.
"Na, wenn du meinst," sagte Pippin und folgte Kerry zu einem der Pferde. Es war ein Schimmel, das das Mädchen und den Hobbit aus klugen, geduldigen Augen anblickte.
"Ihr Name ist Ringilóte," sagte der Elb, der das Tier herbeigeführt hatte. Lächelnd sah er Kerry an. "Ich sehe, dass du vertraut mit Pferden bist, Rohíril. Ihr werdet euch sicherlich gut verstehen."
"Natürlich," erwiderte Kerry und legte der Stute eine Hand an die Flanke, und strich sachte darüber. "Und wir werden sie auch nicht sehr belasten - wir sind zwar zu zweit, aber keiner von uns beiden ist sonderlich schwer."
Pippin lachte. Kerry hingegen schwang sich geschickt in den Sattel, dann streckte sie den Arm zu dem Hobbit herunter und half ihm beim Aufsitzen. "Kann es losgehen?" fragte sie und spürte, wie die Reiselust sie überkam.
"Oh, na klar," erwiderte Pippin gut gelaunt. "Es ist ein Weilchen her, dass ich auf einem Pferd geritten bin, aber ich bin mir sicher, dass ich bei dir in guten Händen bin."
"In den besten," behauptete Kerry grinsend.
Auch die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft saßen auf ihren Reittieren auf. Elea lenkte ihr Pferd - eine dunkelgraue Stute - neben das von Kerry und Pippin. Sie trug eine feste Lederrüstung, die Oronêl für sie ausgesucht hatte. Am Gürtel hing ein langes Schwert. Finjas, der auf einem großen Fuchshengst ritt, setzte seine Kapuze auf, während Elea sagte: "Es ist eine Weile her, dass ich zuletzt geritten bin. Aber ich bin froh um diese Tiere, so werden wir schneller vorankommen als gedacht."
"Die Wildnis südlich von Bruchtal ist unwegsam," warf Oronêl ein, der ein geschecktes Pferd gewählt hatte. "Aber ich bin mir sicher, dass diese Pferde gut mit der Gegend vertraut sind."
"Das sind sie," sagte Arwen. Sie ritt auf einem nachtschwarzen Pferd, das einen hellen Fleck zwischen den Augen besaß, der beinahe wie ein Stern aussah. "Sie werden uns schnell und sicher nach Eregion tragen."
Elrond trat an das Pferd seiner Tochter heran und sie beugte sich zu ihm herab, um leise Abschiedsworte in ihrer Muttersprache auszutauschen. Pippin, der vor Kerry im Sattel saß, und ebenfalls ein kurzes Schwert am Gürtel trug, regte sich und fragte: "Was sind das für Elben, die sich im verlassenen Hulsten ansiedeln? Als ich zuletzt dort war, kam es mir sehr trostlos und verlassen vor."
"Sie sind ein bisschen... ungewöhnlich, zumindest wenn man hauptsächlich die Elben von Imladris gewohnt ist," sagte Kerry, die wohlig lächelte als sie an all ihre lieben Familienmitglieder und Freunde unter den Manarîn denken musste. "Sie haben viel durchgemacht, nachdem sie ihre Heimat verloren haben. Jetzt bauen sie sich eine neue auf."
"Das verstehe ich," sagte Pippin und nickte. "Ich bin mir sicher, ich kann den einen oder anderen Tag erübrigen, um diesen Elben unter die Arme zu greifen, ehe ich nach Rohan weiterziehe."
Auch wenn er es anscheinend ernst meinte, musste Kerry lachen. "Oh, wie großzügig! Sicherlich werden sie sehr froh sein, die unschätzbare Hilfe eines Hobbits in Anspruch nehmen zu dürfen."
Pippin versetzte ihr einen freundschaftlichen Schubser mit dem Rücken. "Du würdest dich wundern, was ein einzelner Hobbit so alles erreichen kann, liebe Kerry."
Daraufhin wurde Kerry nachdenklich und schwieg, bis Oronêl schließlich das Zeichen zum Aufbruch gab. Unter den Augen der Mitglieder des Hauses von Elrond und deren Herrn setzte sich Oronêls Gemeinschaft in Bewegung und verließ Bruchtal, auf dem Weg in das vom Krieg mehr und mehr bedrohte Eregion...


Oronêl, Elea, Kerry, Finjas, Arwen und Pippin zur Wildnis rings um Bruchtal
« Letzte Änderung: 30. Nov 2020, 18:12 von Thorondor the Eagle »
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