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Autor Thema: Elronds Haus  (Gelesen 51916 mal)

Eandril

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Faeriën von Eldalondë
« Antwort #15 am: 13. Apr 2017, 18:41 »
Oronêl fand das Gästezimmer ohne Schwierigkeiten, und lauschte für einen Moment den fröhlichen Stimmen. Kerrys Stimme erkannte er sofort, und auch die andere weibliche Stimme kam ihm entfernt bekannt vor. Als für einen kurzen Augenblick Stille herrschte, öffnete er die Tür, und trat mit einem Lächeln über die Schwelle in den kleinen, aber gemütlichen Raum.
Er ließ den Blick über die vier anwesenden Menschen schweifen. An dem Fenster, dass auf die Gärten Bruchtals hinausblickte, stand eine hübsche Frau mit kunstvoll geflochtenen Haaren, die Oronêl in Fornost bereits flüchtig gesehen zu haben glaubte. Neben ihr auf zwei Stühlen saßen Kerry und ein jüngeres Mädchen mit dunklen Haaren, dass ihn zu seiner Verwunderung zornig anblickte, und auf dem Bett gegenüber lag ein ebenso dunkelhaariger Mann, den Oronêl schnell erkannte, obwohl sie in Fornost nur wenige Worte gewechselt hatten.
"Rilmir", begrüßte Oronêl den Dúnadan, der sich bei seinem Eintreten aufgerichtet hatte. "Schön, euch zu sehen. Ich hoffe, eure Wunde aus Fornost ist gut verheilt?"
Rilmir erwiderte das Lächeln, und nickte. "Natürlich, es ist nur eine Narbe zurückgeblieben." Er deutete mit dem Arm durch den Raum. "Haleth habt ihr ja bereits in Fornost gesehen, und ich glaube, meine Schwester Faeriën kennt ihr ebenfalls bereits...?"
Bei den letzten Worten spielte ein beinahe schadenfrohes Lächeln um Rilmirs Lippen. Oronêl deutete eine Verbeugung in Haleths Richtung an, und fragte wieder an Rilmir gewandt: "Und darf ich fragen, warum eure Schwester mich mit ihren Blicken nahezu erdolcht?"
Bevor Rilmir antworten konnte, war Faeriën bereits aufgesprungen, und bohrte Oronêl einen sehr spitzen Zeigefinger in die Brust, obwohl sie ein gutes Stück kleiner als er war.
"Ich hatte dich um etwas gebeten", stieß sie zornig hervor. "Und du hattest offenbar nie vor, es zu tun. Oder? Oder?"

Oronêl warf einen hilfesuchenden Blick zu Kerry, die jedoch nur hilflos mit den Schultern zuckte. Haleth hatte den Blick abgewandt und betrachtete offenbar etwas äußerst interessantes vor dem Fenster, und Rilmir blickte angestrengt zur Decke empor.
Oronêl blickte wieder auf Faeriën hinunter, bemüht über den beinahe komisch-zornigen Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht zu lächeln, und versuchte verzweifelt, sich zu erinnern, was es gewesen sein mochte, dass er ihr versprochen hatte - bis es ihm schließlich einfiel.
"Ah", sagte er. "Du hattest mich gebeten, deinen Bruder zu grüßen - was ich offensichtlich nicht getan habe."
"Genau", gab das Mädchen zurück. "Ist dein Gedächtnis mit dem Alter löchrig geworden, oder bedeuten die Wünsche von Menschen dir so wenig?" Kerry blickte mit weit geöffneten Augen zwischen Oronêl und Faeriën hin und her, beinahe ängstlich, doch Oronêl hatte nicht vor, sich mit Rilmirs Schwester zu streiten. Immerhin hatte sie mit ihrem Vorwurf nicht unrecht, er hatte ihr etwas versprochen und es nicht gehalten.
Er nahm die Hand, deren Zeigefinger noch immer schmerzhaft gegen sein Brustbein drückte, zog sie sanft beiseite und sagte: "Du hast recht, ich habe es nicht getan, und ich möchte mich dafür entschuldigen - Es tut mir leid, Faeriën."
Damit schien sie nicht gerechnet zu haben, denn sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas zu sagen. Dann befreite sie ihre Hand aus seinem Griff, und ließ sich mit verschränkten Armen wieder auf ihren Stuhl fallen. "Und warum nicht?"
"Nun, es hat nichts damit zu tun, dass ich Versprechen an Menschen weniger hoch achten würde, als an einen Elben", erklärte Oronêl. "Und auch nichts damit, dass das Alter mein Gedächtnis löcherig gemacht hätte - zumindest funktioniert es meistens noch zufriedenstellend."
Faeriëns Augen verengten sich, denn sie war sich offensichtlich nicht sicher, ob Oronêl sich vielleicht über sie lustig machte. Bevor sie etwas sagen konnte, sprach Oronêl weiter: "Aber als ich nach Fornost kam, gab es eine große Schlacht - dein Bruder hat dir sicherlich davon erzählt." Faeriën nickte, während Rilmir komischerweise eine beinahe verzweifelte abwehrende Geste machte. "In dieser Schlacht wurden zwei meiner Gefährten getötet, und beinahe alle anderen verwundet. Dann traf ich alte Freunde wieder, fand ein paar neue..." Er nickte in Kerrys Richtung. "Und da dein Bruder schwer verwundet war und von vielen sogar für tot gehalten wurde, hatte ich..." Rilmirs abwehrende Gesten hatten an Verzweiflung noch zugenommen, und bei Oronêls Worten fuhr Faeriën so heftig in Richtung ihres Bruders herum, dass ihr Haar Kerry direkt im Gesicht traf. "... so schnell keine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen", beendete Oronêl seinen Satz langsam, und sah Rilmir an. "Also... tut mir leid, Rilmir."
"Du hast mir nicht erzählt, dass es so schlimm war", sagte Faeriën gefährlich leise, ohne ihren älteren Bruder aus den Augen zu lassen. "Warum nicht?"
Bevor Rilmir antworten konnte, sagte Oronêl leise, aber in dem gleichen bestimmten Tonfall, den er vor langer Zeit auch bei seiner Tochter verwendet hatte: "Faeriën." Auch bei ihre verfehlte der Tonfall seine Wirkung nicht, und das Mädchen wandte sich unwillkürlich wieder ihm zu.
"Das ist natürlich keine Entschuldigung, dass ich deine Bitte vergessen habe", fuhr Oronêl fort, als wäre nichts gewesen. "Nur eine Erklärung, wie es dazu kommen konnte. Also... nimmst du meine Entschuldigung an?"

Faeriën verschränkte erneut die Arme vor der Brust, und schien intensiv nachzudenken. "Was bekomme ich dafür, dass ich dir verzeihe?" Erneut musste Oronêl ein Lächeln unterdrücken, obwohl das Mädchen eindeutig keinerlei Erziehung genossen hatte. Vermutlich waren seine Eltern viel zu früh gefallen, und der Bruder, der um einiges älter war, zu oft unterwegs.
"Mach einen Vorschlag", erwiderte er mit so sanftem Spott, dass er an Faeriën unbemerkt vorüberging.
"Seid ihr sicher, dass ihr wisst was ihr tut?", fragte Rilmir mit besorgter Miene, und Oronêl winkte unauffällig ab. Faeriën nagte ein wenig unsicher an ihrer Unterlippe, denn offenbar hatte sie so viel Entgegenkommen nicht erwartet.
"Also... du könntest meinen Bruder dazu bringen, dass er mich das nächste Mal mitnimmt, wenn er geht", sagte sie schließlich, doch Oronêl schüttelte den Kopf. "Ich fürchte, das liegt allein in seiner Macht, nicht in meiner."
"Hm... dann musst du Kerry helfen, mir von allem zu erzählen, was ihr erlebt habt. Ich will alles wissen." Faeriën klang dabei so sehnsüchtig, dass Oronêl nicht anders konnte, als zuzustimmen. "Solange ich bleibe, werde ich dir berichten, was ich kann", sagte er.
Faeriën schien damit zufrieden zu sein, und wandte sich wieder ihrem Bruder zu. "Und jetzt wirst du mir erklären, warum du mir so etwas verschweigst. Du wärst beinahe gestorben!"
Kerry sprang von ihrem Stuhl auf, wich dem hilfesuchenden Blick Rilmirs aus, und sagte: "Vielleicht sollte ich lieber gehen, und mir ein eigenes Zimmer suchen... es wird spät."
"Ich... komme mit", schloss sich Haleth überraschend an. Anscheinend wollte sie ebenfalls ungern in der Nähe sein, wenn Faeriën ihren Bruder zur Rede stellte. Oronêl schloss sich Kerry und Haleth schweigend an, nachdem er Rilmir einen entschuldigenden Blick zugeworfen hatte. Sein Mitleid für den Dúnadan wurde allerdings durch die Tatsache gedämpft, dass er Faeriën zustimmte, Rilmir hätte ihr davon erzählen sollen. Schließlich wirkte sie alt genug dafür, und Tod und Schlacht waren bestimmt keine unbekannten Erzählungen für sie.
Als sie ein Stück den Gang hinuntergegangen waren, blieb Haleth stehen und seufzte. "Ich möchte wirklich nicht mit Rilmir tauschen... Ihr hingegen scheint mir recht glimpflich davongekommen zu sein", meinte sie zu Oronêl. Er zuckte mit den Schultern und lächelte. "Ihr wisst doch, Elben sind Meister der Rede...", sagte er mit einem Augenzwinkern.
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:01 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Curanthor

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Re: Elronds Haus
« Antwort #16 am: 13. Apr 2017, 20:48 »
Mathan blickte seinem Freund hinterher, als er zusammen mit Arwen die Halle des Feuers verließ. Er selbst ließ sich auf einem bequemen Stuhl nieder, den Elrond ihm anbot. Das Feuer prasselte angenehm und der Hausherr eröffnete das Gespräch: "Wie ist es dir ergangen? Ich entnehme dem Bericht, dass ihr viel zu tun hattet, nach unseren Gespräch in Aldburg. Selbst die Pläne über Eregion nehmen Form an, wie man so hört..."
Mathan bemerkte sofort, dass Elrond immer auf dem neuesten Stand war, aber das wunderte ihn nicht, denn der Herr von Bruchtal war dafür bekannt Dinge zu erfahren, lange bevor sich die Nachrichten verbreiten.
"Das ist auch der Grund, warum ich nicht mit dem Gespräch warten möchte", sagte er und erhielt ein Nicken Elronds zum weitersprechen: "Damals habt ihr mir Dinge über meine Familie erzählt..." Mathan machte eine kurze Pause und bemerkte, wie sein Gegenüber die Brauen zusammenzog. "Kennst du den Namen Ringelendis?"
"Ich... bin mir nicht sicher, was das bedeuten soll", antwortete Elrond nach kurzen Zögern und rang sich dann doch dazu durch offen zu sein, "Dein Onkel bat mich damals absolutes Stillschweigen über diesen Namen zu bewahren."
"Deswegen die Lüge über Finvain?", stellte Mathan fest, jedoch nüchtern, ohne Zorn.
Elrond nickte langsam und seufzte schließlich, ehe er sich ebenfalls niederließes. "Deine Mutter hat mich darum gebeten. Sie wollte nicht, dass man zu viel über ihre Herkunft weiß. In deinen Augen sehe ich, dass du nun weißt wohin dich dein Weg führt, deswegen kann ich es dir nun erzählen. Es ist lange her, aber ich traf deine Eltern schon einmal, aber damals war ich zu klein um mit ihnen zu sprechen."
Mathan runzelte die Stirn und legte den Kopf schief, bis er sich an ein Gespräch mit seinem Vater erinnerte. "Amarin erzählte mir einst, dass er Irloê in Gondolin traf."
"Das hat er mir später auch erzählt, denn das erste Mal sah ich die beiden an den Mündungen des Sirion", bestätigte Elrond düster und versank in Schweigen. Mathan wusste warum, denn das dunkle Kapitel in der Geschichte der Elben war ein unausgesprochenes Tabu. Es verwunderte ihn nicht, dass Amarin ungern über seine Vergangenheit sprach.
"Das ist es aber nicht, was ich für mich behalten sollte, sondern das, was ich damals sah", brach Elrond das Schweigen und trank aus einem schlanken Kelch, "Deine Mutter befand sich unter den Überlebenden aus Gondolin, aber dein Vater nicht. Sie trafen sich dort wieder und das nach einer langen Zeit, so wie es für mich damals aussah."
"Das ist so lange her, wie kannst du dich daran erinnern?", fragte Mathan verwundert und scherte sich nicht darum, dass er die persönliche Ansprache nutzte, denn Elrond tat es ihm gleich.
"Nun, es war eine der düstersten Stunden meines Lebens, so Etwas brennt sich in das Gedächtniss. Besonders wenn sich im all dem Chaos zwei Liebenden wiederfinden. Leider weiß ich nicht mehr darüber, denn wie gesagt: Ich war noch sehr jung. Es sind nur Bruchtteile, Bildfetzen wie ein zersprungener Spiegel."
Mathan nickte verstehend und bohrte nicht weiter, auch wenn er irgendwie das Gefühl hatte, dass Elrond den Namen Ringelendis kannte. Doch der Herr Imladris wechselte das Thema: "Wie ist es deinem Vater in all der Zeit ergangen? Ich war schon in Sorge, aber mir war nicht klar, wo er sich befand, denn meine Sicht war getrübt."
"Es geht ihm mehr oder weniger gut...", antwortete Mathan leise und überlegte kurz, zog dann aber die Waffe von seinem Rücken, "Zumindest so gut, dass wir zusammen wieder die Hämmer schwingen konnten." Den letzten Satz sagte er mit einem verschmitzten Lächeln und reichte Elrond Maltahal, der den verlängerten, stabähnlichen Griff packte und bewundernd die lange Klinge betrachtete.
"Eine hoch qualitative Arbeit", bemerkte Elrond anerkennend, "Die Größe eines Langschwerts, Stichvermögen eines Speeres. Ich schätze man führt es hauptsächlich zweihändig."
Mathan nickte stolz, nahm die Waffe wieder an sich und verstaute sie. Sogleich fing er an zu berichten was seinem Vater zugestoßen war. Der Herr Bruchtals lauschte aufmerksam und stellte manchmal ein paar Zwischenfragen zum besseren Verständnis. Mathan schloss mit dem Worten: "Nachdem Kampf in der Schmiede scheint sein Geist sich wieder zu erholen und er wird wieder ganz der Alte, auch wenn einige Charakterzüge anders sind."
"Solch ein Eingriff in die Persönlichkeit hinterlässt immer Spuren", bestätigte Elrond und überlegte kurz, "Wenn Amarin mag, kann er sich gerne hier in Bruchtal erholen. Die Tore stehen jedem offen, der Ruhe und Frieden sucht."
Mathan verneigte sich knapp und bedanke sich in seines Vaters Namens für das Angebot, erklärte aber, dass dieser lieber ein Auge auf die Dinge in Eregion habe.
Elrond nickte lächelnd und sprach: "Das ist verständlich, immerhin hat er gerade erst seine Enkelin kennengelernt und seine Heimat wird auf ein Neues bevölkert. Jeder würde dort bleiben wollen und sich daran beteiligen."
Mathan entging nicht die Andeutung auf sich selbst, ging jedoch nicht darauf ein, sondern antwortete: "Das stimmt, er hat einen großen Erfahrungsschatz und viele Geheimnisse..."
Sie verstummten einen Augenblick und ein blonder Elb brachte eine Karaffe mit einem leichten Wein. Mathan gönnte sich ein kleines Glas und nippte daran, nachdem er sich eingegossen hatte. Elrond tat es ihm nach und sagte nach einer kleinen Stille: "Nun, manche Geheimnisse müssen sein, aus Schutz oder weil man noch nicht bereit für manche Dinge ist."
"Meister Elrond", begann Mathan plötzlich und setzte sein Glas ab, "Habt ihr je etwas von Saphirtoren gehört?" Ihm war aufgefallen, dass Amarin das einmal erwähnte und es so formuliert hatte, dass sie etwas Besonderes waren. Der Angesprochene zog jedoch überrascht eine Braue in die Höhe und stellte ebenfalls sei Glas ab. "Das ist eine schwierige Frage. Ich habe davon nur ein einziges Mal gehört. Damals ging es um einen uralten Bericht aus dem Norden, doch mehr weiß ich nicht darüber. Es erschien uns nicht wichtig, warum fragst du?"
"Nur aus Neugierde, ich hab nur mal Etwas darüber gelesen.", winkte Mathan ab und versank im Gedanken. Ihm war klar, dass Elrond ihn skeptisch musterte, denn es war offensichtlich, dass er mehr wuste, doch Mathan wollte die Saphire nicht mit seiner Mutter in Verbindung bringen.
"Der Bericht stammte von einer Expedition in den kalten Norden, nach dem Wandel der Welt. Ich könnte dir die genaue Richtung nennen, wenn es dir helfen würde", riss Elrond ihn aus dem Gedanken, woraufhin Mathan ihn überrascht anblickte. "Es ist offensichtlich, dass du ein klares Ziel vor Augen hast und dieses Saphirtor irgendwas damit zu tun hat."
"Ich werde mit Sicherheit darauf zurückkommen", sagte Mathan dankend und wechselte das Thema: "Könnte ich dich um einen Gefallen bitten?"
"Das kommt auf die Art des Gefallens an", antwortete Elrond sogleich und nippte an seinem Glas, während er ihn über den Rand des Gefäßes anblickte.
Mathan schmunzelte und trank ebenfalls ein kleinen Schluck des süßen Weins, der einen samtigen Abgang hatte. "Wenn du meine Schwestern wiedersiehst, könntest du ihnen ausrichten, dass sie mir nicht folgen sollen?"
Elrond setzte das Glas ab und faltete die Hände. "Ich kann es versuchen, aber warum soll gerade ich das machen und nicht dein Vater in Eregion, wo sie womöglich zuerst auftauchen werden? Außerdem hätte ich eine Bedingung..."
Auf Mathans Frage, was das für Eine wäre, hob Elrond eine Hand und sagte nur :"Alles zu seiner Zeit, zuerst würde ich gerne das warum erfahren."
"Nun, sie sind etwas kompliziert...", begann Mathan und ließ somit seinen Gesprächspartner schmunzeln, "Und sie waren eine ganze Weile lang hier."
Elrond nickte schmunzelnd. "Du hast es also bemerkt, woran?"
"Die Mäntel und die Waffen, als ich sie in Lindon traf", antwortete Mathan, "Außerdem ist es naheliegend, nach Bruchtal zu gehen, von Lórien ausgehend."
"Nun, sie sind zu ihren Onkel gegangen," bestätigte Elrond und erklärte, dass er die beiden Mädchen als Späher einsetzte, wofür sie sich freiwillig gemeldet hatten, "Sie kundschaften für mich die Bewegungen Sarumans aus und halten Ausschau nach möglichen Verbündeten. Wie zum Beispiel den Sternenbund, wobei sich eure Taten bereits herumgesprochen haben." Auf Mathans hochgezogenen Augenbrauen hin, schmunzelte Elrond erneut und sagte: "Saruman verliert an Halt und sein Rückzug bei Fornost war ein Signal. Nachrichten reisen schnell, besonders solche, wenn Elben daran beteilgt waren."
"Ich verstehe nicht, was das mit meinen Schwestern zu tun haben soll", gestand Mathan stirnrunzelnd. Doch Elrond erklärte nur, dass die beiden Frauen Gerüchte streuten und so die Bevölkerung gegen Saruman aufbrachten. Dafür brauchte man so viele Informationen wie möglich. "Außerdem würde die Ankunft der Elben in Eregion ebenfalls einen großen Einfluss auf Eriador haben..."
"Ich denke, wir sollten das erst einmal für uns behalten, die Manarîn müssen erst Fuß fassen. Sie können keine Aufmerksamkeit gebrauchen, auch wenn große Baumeister unter ihnen sind, können sie sich nicht so bald verteidigen, sie sind schutzlos. Die Hwenti erreichen Eregion nur in Schüben, soweit ich weiß. So müssen die Manarîn die Hauptlast tragen, wenn es zu Problemen kommt", wandte Mathan ein, woraufhin Elrond bekräftigen nickte.
"Ich werde sehen, was ich tun kann. Ist es denn absehbar, dass sie sich dem Kampf gegen das Böse anschließen?", fragte der Herr Bruchtals schließlich und klang weder neugierig, noch wertend. Mathan zögerte einen Moment, denn bei seiner Abreise waren die Manarîn noch richtig angekommen und die Hwenti in mehrere Lager gespalten, Eines von Fanathr geführt, die Faelivrin zwar akzeptierten, aber bei Entscheidungen mitreden wollten und andere Elben, die nicht einem Anführer folgten oder noch keine Zeit und Lust hatten sich damit zu befassen. Nach einer Weile sagte Mathan vorsichtig: "Ich denke, dass sie erst eine Zeit brauchen werden. Die Manarîn sind vorbereitet für neue Herausforderungen, die Hwenti nicht. Die Einen flohen vor dem Schrecken, die Anderen weil sie keine Heimat mehr hatten. Ich denke, dass wir in Kontakt bleiben sollten, die Erste unter ihnen wird mit Sicherheit die Wogen glätten und dann kann man weiter planen."
"Eine Erste?", fragte Elrond sofort neugierig und beugte sich etwas vor, "Wie ist ihr Name?"
Mathan beschrieb zusammengefasst Ivyn und woher er sie kannte, auch wie er mit ihr über Halarîn verwand war. Als er endete nickte Elrond, entschuldigte sich für seine Neugierde und wandte sich dem vorherigen Thema zu: "Selbst wenn Eregion sich zurückhält ist es gut zu wissen, dass sich Saruman dort nicht festbeißen kann und die Geheimnisse der Schmiede sicher sind."
"Das sind sie", bekräftigte Mathan und tippte gegen die Waffe auf seinem Rücken, "Mein Vater wacht über sie."
Elrond schien erleichtert und nickte. Er erhob sich und entschuldigte sich mit den Worten: "Es war ein langer Tag, ich werde mich nun etwas zurückziehen."
"Natürlich, habt Dank für das ausführliche Gespräch, Meister Elrond", sagte Mathan freundlich, während er sich erhob. Er senkte leicht den Kopf, woraufhin sich Elrond aus dem Raum zurückzog. Mit einem leisen Klicken fiel die Tür ins Schloss und Mathan blieb alleine in der Halle des Feuers zurück. Die Wärme des Feuers schien ihm fern und das Knistern der Flammen merkwürdig dumpf. Ein Windzug ging durch eines der großen,  offenem Fenster. Mathan atmete tief durch und meinte ein Wispern im Wind zu vernehmen, schob es aber dann auf das Plätschern der Wasserfälle und dem Wind in den Bäumen. Das Gespräch mit Elrond hat viel gebracht, aber auch genauso viele Fragen aufgeworfen. Er kannte nur eine Person, die ihm Antworten konnte, auch wenn er ihn nicht sonderlich mochte. Oronêl hatte kurz seinen Namen erwähnt und auch wenn er ihn nicht oft sah, so gehörte er zur Familie. Mathans Schritte führten ihn in den etwas abgelegeneren Teil von Imladris, bis er an das kleine Haus kam, das er nur selten zu Gesicht bekam. Unterwegs traf er einen Elben, den er flüchtig kannte und erkundigte sich nach Kerry. Natürlich wusste der Mann erst nicht, was Mathan von ihm wollte, doch nach einer kurzen Beschreibung erklärte der Elb, dass das Mädchen bei ihren Freunden war. Was er damit meinte, blieb offen.
Mathan musste gar nicht Klopfen, denn die Tür schwang auf, als er gerade die Hand hob.
"Ah, du bist's, Junge. Ich weiß nicht, ob es gut ist zu sehen oder nicht. Trotzdem heiße ich dich willkommen, tritt ein", erklang die strenge Stimme seines Onkels. Er klang nicht wirklich erfreut, aber auch nicht abweisend und eine Spur Neugierde schwang in seiner Stimme mit.
"Cinad", begrüßte Mathan ihn und betrat das Haus, nach der doch recht freundlichen Einladung, "Mae govannen."
"Was führt dich zu mir?", fragte Cinad nachdem er hinter Mathan die Tür geschlossen hatte.
"Meine Mutter, Ringelendis", antwortete er sofort und bemerkte, wie sein Onkel die Brauen zusammenzog.  Der strenge Zug um dessen Mund verschwand jedoch und er ging zu den großen Tisch, der weiter hinten im großen Wohnzimmer stand. Mathan folgte ihm und setzte sich Cinad gegenüber.

Mathan in das Haus von Cinad
« Letzte Änderung: 19. Apr 2017, 03:09 von Curanthor »

Fine

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  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Die elbische Sichtweise
« Antwort #17 am: 13. Apr 2017, 23:36 »
Kerry lachte. "Ja, das hat man gesehen. Da hast du dich wirklich äußerst geschickt aus Affäre gezogen, Oronêl," lobte sie.
"Ach, das war noch gar nichts," befand dieser. "Du hättest sehen sollen, wie ich Mithrellas einst davon abgehalten habe, sich Hals über Kopf darauf zu stürzen, ein eigenes Boot zu bauen und den Celebrant hinauf zu paddeln. Damals war sie nicht älter als neun oder zehn Jahre. Ich musste all meine Überredungskunst aufbringen um sie umzustimmen."
Haleth lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand. "Ich bin jedenfalls froh, dass Faeriën euch beide nun nicht als ihre neuen Feinde betrachtet. Das Mädchen hat nicht viele Freunde hier in Imladris, obwohl sie seit ihrem siebten Lebensjahr hier lebt, nachdem ihre Eltern gestorben waren. Rilmir hat sein Bestes gegeben, für sie zu sorgen, aber... er konnte nicht einfach sein ganzes Leben damit verbringen, in Elronds Haus zu leben und seine Pflichten den Dúnedain gegenüber zu vernachlässigen. Ich glaube, auf eine Art versteht Faeriën das auch, aber... nun, zumindest du, Kerry, müsstest ja wissen, wie Mädchen in ihrem Alter sein können; insbesondere dann, wenn sie keine Erziehung erhalten haben."
"Sie fühlt sich bestimmt furchtbar eingeengt hier in Bruchtal," meinte Kerry mitfühlend. "Aber ich verstehe den Dúnadan: Er kann sie nicht einfach hinaus in die Welt spazieren lassen. Dort ist es dieser Tage viel zu gefährlich."
"Nun, vielleicht könnte er sie auf eine etwas ungefährlichere Reise mitnehmen", überlegte Oronêl. "Wenn Haleth sie ebenfalls begleitet, wäre sie relativ gut geschützt. Vielleicht eine kleine Wanderung hinunter zur Bruinenfurt?"
"Das wäre denkbar," überlegte Haleth. "Ich werde mit Rilmir darüber sprechen... sobald seine Schwester mit ihm fertig ist." Sie verzog das Gesicht zu einem gequälten Lächeln und strich die Falten ihres Kleides glatt. "Habt Dank, alle beide. Ich werde sehen, ob ich vielleicht mit einem Abendessen für Versöhnung unter den Geschwistern sorgen kann." Sie verabschiedete sich und eilte in Richtung der Halle des Feuers davon.

"Bruchtal ist schon irgendwie ein ganz schön merkwürdiger Ort," murmelte Kerry und folgte Oronêl hinaus ins Freie, wo die Wasserfälle Bruchtals gut zu sehen waren.
"Es sind die Leute, die hier leben, die ihn dazu machen," entgegnete Oronêl. "Über Waldelben wie mich wird gesagt, wir seien gefährlicher, und weniger weise, als die Hochelben, aber im Umkehrschluss kann man genausogut sagen, dass die Hochelben weniger entschlossen, und weniger herzlich als mein Volk sind. Ein Teil von mir fühlt sich mit diesem Ort verbunden, aber gleichzeitig ist er doch so ganz anders als meine Heimat im Goldenen Wald. Wir lebten in Harmonie mit den Bäumen, die Hochelben hingeben haben schon immer lieber in Städten aus Stein gelebt."
"Ich verstehe was du meinst," sagte Kerry. "Und mir geht es ganz ähnlich. Dieser Ort... lädt einen dazu ein, ihn als Zuhause anzunehmen, aber... hier sind so viele Leute, noch mehr als in Ost-in-Edhil, Fornost oder Mithlond, auf einem Haufen, da sie beinahe alle in diesem großen Haus leben."
Oronêl nickte. "Eine ruhige Ecke käme jetzt genau richtig. Ich habe in meiner Zeit in den Pinnath Gelin gelernt, die Stille und Einsamkeit wertzuschätzen."
"Wie lange bist du denn dort gewesen, und weshalb?" fragte Kerry interessiert.
"Nachdem Mithrellas, Nimrodel und Amroth verschwunden waren, zog ich mich in die Einsamkeit der Pinnath Gelin nordwestlich von Dol Amroth zurück... und verbrachte beinahe tausend Jahre dort. Nach meiner Rechnung bin ich erst vor Kurzem von dort aufgebrochen. Nicht einmal ein Jahr ist es her. So viel ist seitdem geschehen..." Oronêl verstummte und ließ den Blick in die Ferne streifen, augenscheinlich von Erinnerungen beeinträchtigt.
"Tausend Jahre..." wiederholte Kerry staunend. "Ist es dir dabei denn nicht langweilig geworden?"
"Langweilig nicht gerade", antwortete Oronêl bedächtig. "Es war einsam, ja, aber das war mir zu der Zeit gerade recht. Ich wollte niemanden sehen und mit niemandem sprechen. Die erste Zeit verbrachte ich nur unter freiem Himmel, mit den Tieren der Wälder und den Sternen zur Gesellschaft. Irgendwann baute ich mir ein Haus - kein Haus, wie du es kennen magst, sondern nach Art der Elben von Lórien, ein Flett hoch in den Baumkronen. Nach einigen Jahren begann ich, einen kleinen Garten anzulegen. Nach vielleicht hundert Jahren verließ ich die Wälder und Hügel zum ersten Mal wieder, und ging in eine nahe Siedlung der Menschen. Es war nur ein kleines Dorf, dessen Namen ich nie erfahren habe, weil er für mich keine Bedeutung hatte, und dort kaufte ich über die Jahre hin und wieder kleine Dinge, die ich brauchte.
Ich begann, Gedichte zu schreiben, über Amroth und Nimrodel, über Calenwen, über Amdír und seinen Tod auf der Dagorlad..." Er verstummte für einen Augenblick, und die sonst sanften braunen Augen schienen einen silbrigen Schimmer zu bekommen, als ob er in weite Ferne schaute. "Doch die meiste Zeit verbrachte ich in Erinnerungen. Ich saß unter den Sternen und unter der Sonne, und dachte an lange vergangen glückliche - und weniger glückliche - Tage. Die Erinnerungen waren zu dieser Zeit alles was ich brauchte, und in den Gedanken fast aller, die ich damals kannte, war ich selbst auch zu einer Erinnerung geworden. Ich träumte, ließ meinen Geist wandern in ferne Lande die ich nie gesehen habe... ich hoffte vielleicht, eines Tages, einen Blick auf den Westen gewährt zu bekommen, um die zu sehen, dich ich liebe und die dorthin gefahren ist."
Oronêl verstummte, und räusperte sich. Der silberne Schimmer war aus seinen Augen verschwunden.
Kerry war die Veränderung nicht entgangen, die über Oronêl gekommen war. Sie hatte während seiner Erzählung gespannt zugehört und vor ihrem inneren Auge war für einen kurzen Augenblick ein Bild von sanften, grünen Hügeln aufgetaucht, die sich bis zum Horizont hinzogen. "Gerade als ich dachte, dich zu kennen, beweist du mir, wie unterschiedlich Elben doch sein können," sagte sie mit einer gewissen Ehrfurcht. "Und du bist definitiv ein Elb, Oronêl, das hast du mir gerade sehr deutlich gezeigt. Und es ist etwas Wunderbares, einen Einblick in die Sichtweise zu bekommen, wie das Unsterbliche Volk diese Welt sieht. Danke, Oronêl."
Oronêl lächelte, und es war das Lächeln, das Kerry kannte. Sein Blick schien nicht länger in die Ferne gerichtet, sondern auf das Hier und Jetzt. "Du meinst, ich wirke manchmal fast wie ein Mensch, nur gerade eben nicht, hm? Nun, daran seid ihr alle Schuld - du, Irwyne, Amrothos... ihr seid so anders, so lebendig, auf eine andere Art als Elben. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein Mensch Jahre damit verbringt, Erinnerungen nachzuhängen, doch für uns ist es so normal wie zu atmen."
Kerry schüttelte energisch den Kopf. "Nein, das zu tun kann ich mir kein bisschen vorstellen. Ich würde wahnsinnig werden, solange still zu sitzen."
"Und ein bisschen habt ihr mich damit angesteckt", meinte Oronêl. "Im Krieg ist ohnehin keine Zeit für lange Erinnerungen, doch ihr zeigt mir eine andere Seite. Elben fühlen tiefer als Menschen, doch ihr fühlt dafür auf gewisse Weise intensiver, jedes Gefühl beherrscht euch und eure Handlungen. Es... hat etwas Belebendes, und... ich fühle mich nicht länger alt." Seine Miene wurde ernst. "Als ich die Pinnath Gelin verließ, war ich bereit in der Schlacht um Dol Amroth zu sterben. Beinahe habe ich es sogar herbeigesehnt, denn ich war alt und glaubte alles verloren zu haben. Viele haben mir gezeigt, dass dem nicht so ist. Ich habe durch meine Freunde, alte und neue, gelernt, dass es sich zu Leben lohnt, und ich bin das Leben in Mittelerde nicht länger leid. Ich fühle mich beinahe wieder jung."
Er verstummte, und lächelte beinahe verlegen. "Ich hoffe, ich habe dich mit meinem Redeschwall nicht gelangweilt."
"Siehst du, jetzt machst du dir schon ganz menschliche Sorgen," sagte Kerry grinsend. "Ein echter Elb wäre doch so sehr von sich und seinen Worten überzeugt, dass er einfach grundsätzlich davon ausgehen würde, dass sie gut ankommen. Egal in welcher Situation."
Oronêl grinste. "Wann bist du denn so weise geworden, Kerry?"
"Vermutlich irgendwo auf dem Weg zwischen Mithlond und Eregion," mutmaßte Kerry lächelnd. "Meine Eltern färben auf mich ab."
"Das sehe ich," gab er zurück. Dann legte er den Kopf in den Nacken, um für einen Augenblick den Himmel zu betrachten. "Ehe es vollständig Nacht geworden ist, sollte ich wohl Celebithiel und Finelleth suchen gehen, bevor sie sich noch Sorgen um mich machen."
"Das solltest du," stimmte Kerry zu. "Und ich suche mir eine Unterkunft."

Während Oronêl in Richtung der Gärten davonging, kehrte Kerry zur Halle des Feuers zurück, die sich mit Elben gefüllt hatte. Sanfte Harfen- und Flötenklänge drangen daraus hervor. Eine große Abendgesellschaft hatte sich dort versammelt. Je weiter Kerry durch das Innere von Elronds Haus kam, desto mehr Elben schien sie zu begegnen. Schließlich wurde ihr der Trubel zuviel und sie nahm die erstbeste Treppe nach oben zu den obersten Stockwerken, wo es zwar etwas leerer, aber dennoch noch immer recht belebt war. Doch dann endlich fand Kerry eine halb offen stehende Tür, die in ein angenehm ruhiges Zimmer führte. Darin stand ein äußerst einladend wirkendes Bett, auf dem sich Kerry spontan niedersinken ließ. Es war frisch bezogen worden und roch angenehm nach einem ihr unbekannten Duft. Ehe sie es sich versehen konnte, war Kerry fest eingeschlafen, denn die Strapazen der Reise und die aufregenden Erlebnisse des Tages hatten sie erschöpft, ohne dass sie es sich bis zu diesem Moment so sehr bewusst gewesen war.

Einige Zeit später schlug Kerry vorsichtig die Augen wieder auf. Draußen war es vollständig dunkel geworden, und der Raum in dem sie sich befand, wurde nur von zwei kleinen Elbenlampen erhellt. Vorsichtig setzte sie sich im Bett auf - und erstarrte. Auf dem Fußboden hinter dem Fußende des Bettes kniete ein Elb mit nacktem Oberkörper auf einer dünnen Matte im Schneidersitz und hatte ihr den Rücken zugewandt. Die dunklen Haare fielen ihm über den muskulösen Rücken und die Ohren stachen spitz daraus hervor. Kerry hatte unwillkürlich den Atem angehalten. Offenbar war dies der private Schlafraum des Mannes, in den sie ohne böse Absicht eingedrungen war. Als sie es nicht länger aushielt, atmete sie so leise sie konnte aus, doch das genügte, um entdeckt zu werden. Der Elb wandte sich um - und Kerry wäre am liebsten in den Tiefen der Bettdecke versunken.
"Was hast du hier zu suchen, Mädchen?" fragte Meister Elrond, der Herr von Bruchtal, im scharfen Ton, während er hastig nach seinem Oberteil griff.
Kerry machte den Mund auf, doch kein Wort kam heraus. Sie zog die Decke über ihren Kopf und wünschte sich weit, weit weg.
Es war Arwen, die sie rettete. "Vater, hast du vielleicht..." erklang ihre Stimme von der Türe her, und brach jäh ab als sie die Lage erkannte. "Was ist denn hier los?" sagte sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Belustigung. "Ich wusste nicht, dass du so spät noch Besuch empfängst, Vater. Und wieso versteckt sich dein Gast unter der Decke?"
Elrond zog die Decke mit einem Ruck weg. Sein Blick hatte inzwischen an Schärfe verloren. "Nun, meine Vermutung ist, dass sich die junge Dame verlaufen hat und dabei eingeschlafen ist. Zumindest hoffe ich das."
"Genau so war es, Meister Elrond," rief Kerry hastig und sprang aus dem Bett. "Ich... habe nach einer ruhigen Ecke gesucht, und die Türe stand offen..."
"Und ich habe es versäumt, sie abzuschließen," meinte Elrond. "Es war dunkel, als ich herein kam, und ich habe mich gleich auf meine Matte gesetzt. Hätte ich im Bett nachgesehen, wäre mir diese Peinlichkeit vielleicht erspart geblieben."
"Es... wird nicht wieder vorkommen, Meister," stammelte Kerry während sie sich an Arwen vorbeischob. Während sie eilig ihren Weg zur Treppe nach unten suchte hörte sie noch, wie Arwen sich leise und amüsiert mit ihrem Vater unterhielt.

Wenig später hatte sie mit der Hilfe einiger freundlicher Elben (unter anderem Antien) tatsächlich eine Unterkunft gefunden. Antien sagte ihr, dass in dem Zimmer, das ihr zugewiesen wurde, einst Irwyne übernachtet hatte. Kerry hoffte sehr, dass sich ihr "Besuch" bei Elrond nicht herumsprechen würde. Gnädigerweise dauerte es erneut nicht sehr lange, bis sie eingeschlafen war.

Oronêl in die Gärten
« Letzte Änderung: 29. Apr 2017, 00:32 von Eandril »
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Re: Elronds Haus
« Antwort #18 am: 18. Apr 2017, 23:50 »
Ardóneth, Cairien, Maraniel, Acharnor und Elrádan aus Fornost

Nachdem die Gruppe um Ardóneth bereits mehrere Tage in Richtung Imladris gereist war, erreichten sie schließlich das verborgene Tal. Während sie dem geheimen Pfad nach Bruchtal hinunter folgten, begann Acharnor ein Gespräch.
"Was genau soll diese Grotte sein, nach der Euer Vater geradzu fanatisch sucht?" fragte er schließlich an Ardóneth gerichtet. Acharnor hatte zum Dank, dass Argóleth ihn gepflegt hatte, während seine Schwester mit Mathan den Entführer Kerrys verfolgt hatte, bei der Suche nach Hinweisen über die Lage Gilgroths geholfen und schließlich war seine Neugierde geweckt worden.
Ardóneth, der seine schlafende Tochter im Arm trug, beantwortete die Frage. "Allzu viel weiß ich selbst nicht über Gilgroth, wie der Ort genannt wird. Es ist das Erbe meines Hauses und wurde von Finglor, meinem Vorfahren, noch vor dem Fall Arnors, 1830, errichtet. Soviel ich weiß, hatte sie bereits hunderte Jahre vor ihrer Belagerung nahezu die Größe eines großen Dorfes erreicht. Doch Gilgroth war nie dafür gedacht, als Wohnsitz für Dorfbewohner zu dienen. Die Tírn Annúminas, die über die alte Stadt der Könige wachten, nutzten die Grotte um sich selbst, ihre Familien sowie wenige Außenstehende zu versorgen, aber dennoch immer ein aufmerksames Auge auf Annúminas richten zu können."
"Wenn Gilgroth so ein großes Geheimnis ist, weshalb ist es dann gefallen?" hakte Acharnor weiter nach.
Ardóneth hielt einen Augenblick inne und versuchte, sich zu orientieren. Bäume mit gelben, orangenen, roten und grünen Blätterdächern wuchsen hier und im Schatten der Baumkronen gediehen Blumen und kleinere Sträucher. Ardóneth führte seine Reisebegleiter nun auf den Pfad, den seine Waldläufergruppe früher öfters benutzt hatte. Schließlich began er wieder zu erzählen. "Vor ungefähr dreihundert Jahren wurde Eriador von vielen Orks angegriffen. Mein Urgroßvater Hathil hatte zu jener Zeit versucht, ein Teil der feindlichen Armee durch einen Hinterhalt zu schwächen. Er scheiterte dabei jedoch, als ein zweites Heer von der anderen Seite auf ihn und seine Leute zu kam. Bei der Flucht wurden sie von den Orks verfolgt und schließlich belagerte das zweite Heer die großen Hallen meiner Vorväter, während das Hauptheer ins Land der Halblinge zog. Hathil und seine älteren Söhne starben bei der Verteidigung Gilgroths... "Sein Bruder Glórin konnte vermutlich nach Gondor fliehen, doch wir konnten ihn oder seine Nachfahren bis heute nicht aufspüren." Ardóneth stoppte."Wir sind da," sagte er schließlich und ließ die bereits seit einigen Augenblicken erwachte Maraniel zu Boden.

Nachdem die Gruppe die Mauern Bruchtals passiert hatte, wurden sie von Elrond auf einem der kleineren Höfe empfangen. "Meister Elrond,"grüßte  Ardóneth und deutete eine Verbeugung vor ihm an."Es freut mich, Euch wieder zu sehen."
Der Herr Bruchtals musterte die kleine Gruppe einen Augenblick ehe er antwortete. "Willkommen in Imladris," sagte Elrond an Cairien, Acharnor und Mara gerichtet.
Nachdem Ardóneth und Elrond sich eine Weile über die Reise von Fornost und den Grund ihrer Ankunft unterhalten hatten, wandte sich Ardóneth an den Rest seiner Gruppe. "Wenn ihr möchtet, könnt ihr euch erst einmall im Gästehaus Bruchtals ausruhen. Es ist gleich dort drüben. Ich zeige euch dann die Zimmer."
Dort angekommen brachte Ardóneth seine Familie und Acharnor in einem der freien Räume unter. Dabei fiel ihm auf, dass die Türe des gegenüberliegenden Zimmers offen stand. Vorsichtig spähte er hinein.
Er blickte in ein größeres Zimmer, das durch die Sonnenstrahlen, die durchs offen stehende Fenster herein fielen leicht beleuchtet wurde. Der Effekt wurde durch die hellen Wandfarben noch verstärkt. In Inneren des Raumes standen drei Betten mit jeweils einem Beistelltisch daneben. Zu Ardóneths Verwunderung lag in einem der Betten noch eine Person, obwohl es bereits recht spät am Morgen war. Die Bettdecke war fast bis über den Kopf der Schlafenden gezogen. Als sich Ardóneth gerade abwenden und zurück in das Nebenzimmer zu seiner Familie gehen wollte, entdeckte er ein Paar Ohrringe, die auf dem Beistelltisch neben dem benutzten Bett lag. Es waren eben jene Ohrringe, die er Kerry kurz vor der Schlacht um Fornost geschenkt hatte. Na sieh mal einer an, dachte er lächelnd.

Vorsichtig schlich er sich zurück in das Zimmer gegenüber, in dem Mara mit Cairien gerade spielte. "Mara, kommst du mal bitte kurz mit?" fragte er seine Tochter. Das Mädchen nickte fröhlich und folgte ihm zurück in den Raum, wo Ardóneth die Ohrringe entdeckt hatte. "Möchtest du meine gute Freundin mal eben vorsichtig aufwecken?" flüsterte er Mara zu, die mit einem Satz aufs Bett sprang und mit einem Ruck die Decke wegzog.
« Letzte Änderung: 19. Apr 2017, 00:00 von Melkor. »
Er hat noch gezuckt weil ich ihm meine Axt in seine Nervenstränge getrieben habe.

-Gimli Gloinssohn zu Legolas, Schlacht bei Helms Klamm-

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Unsanftes Erwachen
« Antwort #19 am: 19. Apr 2017, 13:48 »
Die Sonne hinterließ ein warmes, angenehmes Gefühl auf Kerrys Gesicht und sie schloss die Augen, ganz in einem wohligen Gefühl aufgehend. Ihre Füße standen im weichen, warmen Sand des Strandes, an dem sie mit Irwyne einige Zeit verbracht hatte und von Fern drangen Möwenschreie und die Geräusche der großen Stadt Mithlond an ihr Ohr. Doch Kerry ließ sich davon nicht ablenken. Eine sanfte Brise strich durch ihr offenes Haar und kitzelte an ihren Ohren, die von Ardóneths Geschenk geziert wurden. Sie öffnete die Augen und nahm den Eindruck in sich auf, der sich ihr bot: Das warme, silbrigblaue Wasser, dessen Wellen am Ufer auf- und abstiegen; die weißen Klippen zu beiden Seiten des Golfes von Lindon; und die schlanken Bäume mit ihren großen Kronen, in denen die Elben des Goldenen Waldes ihre Fletts errichtet hatten und sich am südlichen Stadtrand eine neue Heimat geschaffen hatten. Kerry war allein am Strand, der zu ihrer Rechten am Waldrand der Galadhrim endete und zu ihrer Linken schier endlos weiter in Richtung Harlond und Harlindon verlief, doch sie fühlte sich nicht einsam. Sie wusste, dass ihre Familie und ihre Freunde nicht weit weg waren. Mathan und Halarîn hielten Rat mit den Anführern der Manarîn, und Oronêl und Finelleth waren mit persönlichen Angelegenheiten innerhalb der Stadt beschäftigt. Gandalf war kurz nach Kerrys Ankunft in Mithlond verschwunden; sie war sich jedoch sicher, dass sie den Zauberer bald wiedersehen würde, und freute sich darauf. Irwyne und Amrothos waren ganz in der Nähe... oder hatten sie bereits das Schiff mit den hellblauen Segeln bestiegen, das sie tief in den Süden tragen sollte? Kerry wusste es nicht. Ihre Erinnerungen verschwammen; lösten sich auf im warmen, wohltuenden Licht der Sommersonne. Alles andere schien mit jeder vergehenden Sekunde weniger wichtig zu werden und nach und nach verblasste alles um sie herum. Kerry fühlte sich, als würde sie schweben und genoss das Gefühl, ohne Angst zu empfinden.

Und mit einem Ruck war es vorbei.


Kerry riss die Augen auf und schlang die Arme um den wenig bekleideten Körper. Die Kälte war ohne Vorwarnung über sie gekommen und hatte sie brutal aus dem angenehmen Traum gerissen. Das Erste, was sie sah, war ein kleines Mädchen mit hellbraunem Haar, das Kerry fröhlich angrinste und rief: "Schau, sie ist wach!" Kerry blinzelte mehrmals und tastete verärgert nach der Bettdecke, doch das Mädchen hielt ihren Arm fest. "Was soll denn das?" wollte Kerry empört wissen.
"Das soll, was es soll, Kerry," sagte eine wohlbekannte Stimme. "Sieh aus dem Fenster: die Sonne steht schon ziemlich hoch am Himmel. Du hast mehr als genug geschlafen, wenn mich nicht alles täuscht."
Kerrys Kopf fuhr zur Tür des Raumes herum. "Ardan!" rief sie und wurde rot als ihr klar wurde, wie wenig bedeckt sie gerade war. Die Freude über das Wiedersehen mit dem Dúnadan wurde allerdings durch die Beschämung, die Kerry fühlte, überschattet. Sie machte ihren Arm aus dem Griff ihrer kleinen Angreiferin los und schnappte sich die Decke, die sie hastig um ihre Schultern und ihren Oberkörper legte. So bedeckt setzte sie sich auf die Bettkante, während das Mädchen erfolglos versuchte, ihr die Bettdecke wieder zu entziehen.
"Das genügt, Mara," sagte Ardóneth mit einem belustigten Grinsen. "Sie ist wach und wir haben erreicht, was wir wollten." Und endlich ließ das Mädchen - Mara - von ihrer Mission ab.
"Es war also deine Idee, mich aus meinem wunderbaren Traum zu reißen? Ich war am Strand, und es war warm, und schön, und..."
"Du hättest sonst den ganzen Tag verschlafen," gab Ardóneth zwinkernd zurück. Kerry erinnerte sich nur ungerne daran, dass dies in Fornost tatsächlich einmal sogar geschehen war, und Ardóneth hatte es natürlich ebenfalls nicht vergessen.
"Hmpf," machte sie und versank tiefer in der Decke. "Wer ist denn deine neue Freundin?" fragte sie und betrachtete die kleine Mara, die sich neben Ardóneth gestellt hatte und voller kindlichem Stolz zu ihm aufblickte.
Ardóneth brauchte einen Moment, ehe er antwortete. "Maraniel ist... meine Tochter."
Vor Überraschung vergaß Kerry, die Bettdecke festzuhalten, sodass sie langsam an ihren Schultern hinab rutschte. "Deine Tochter? Aber wie ist das möglich? Ich dachte..."
"Ich erzähle es dir ein andermal," unterbrach Ardóneth sie. "Erst einmal würde ich gerne wissen, was du in Bruchtal machst. Wo sind Mathan und Oronêl; sind sie auch hier?"
Kerry schlug die Beine übereinander und zog die Decke wieder höher. "Es ist viel geschehen seit... seit der Sache in Fornost. Am besten fange ich ganz von vorne an..."

Es gab viel zu erzählen. So dauerte es mehr als eine Stunde, bis Kerry endlich bei ihrer Ankunft in Bruchtal angekommen war. Als sie von den Geschehnissen in Carn Dûm erzählt hatte, war eine blonde Frau hereingekommen und hatte Maraniel mitgenommen, was Kerry ganz recht war. Die düstere Geschichte, die sie zu erzählen hatte, war nichts für die Ohren eines Kindes. Ardóneth hatte die Frau als Cairien von Laegobel vorgestellt und hatte dabei einen ganz merkwürdigen Gesichtsausdruck gehabt, aus dem Kerry noch nicht recht schlau wurde. Sie redete sich ein, dass ihr Dúnadan-Freund in Cairien mehr als nur eine Reisegefährtin sah... aber sie konnte sich noch nicht ganz sicher sein. Ardóneth lenkte ihre Aufmerksamkeit rasch wieder auf den Bericht über Kerrys Abenteuer, und sie fuhr fort. Der Waldläufer stellte häufig Fragen, und sie beantwortete sie gerne. Insbesondere die Lage in Dunland schien ihn zu interessieren. Kerry erinnerte sich daran, dass Ardóneth ihr einmal erzählt hatte, dass er vor vielen Jahren einige Zeit in Dunland gelebt hatte.
"Dass ein so junger Krieger zum Wolfskönig gewählt wird ist äußerst ungewöhnlich," sagte er nachdem Kerry geendet hatte, und strich sich nachdenklich durch den Bart. "Soweit ich weiß ist so etwas nur ein einziges Mal zuvor geschehen, und zwar zu Lebzeiten Helm Hammerhands von Rohan. Du kennst sicherlich die Geschichte."
"Ja," bestätigte Kerry. "Wulf, Frecas Sohn, eroberte damals Edoras, bis er von Helms Neffen und Erben Fréalaf erschlagen wurde."
"Und dieser Wulf war damals nicht viel älter als dein Aéd jetzt," sagte Ardóneth. "Dennoch gelang es ihm, sein Volk unter seinem Banner zu vereinen. Nach dem, was ich gehört habe, gehörte er dem Stamm der Kette an."
"Ich bin mir sicher, Aéd wird einen noch besseren König abgeben," meinte Kerry. "Und er wird sicherlich nicht versuchen, Edoras einzunehmen, ganz zu schweigen davon, dass es jetzt eine Ruine ist. Ganz im Gegenteil: er strebt sogar ein Bündnis mit Königin Eówyn an. Ich hoffe, sie hört auf ihn und geht darauf ein."
"Das wäre weise," befand Ardóneth. "Die Dunländer und die Rohirrim sind viele Jahrhunderte Feinde gewesen. Doch der wahre Feind aller Menschen ist der Dunkle Herrscher."

"Wie ist es dir ergangen?" fragte Kerry nach einer kurzen Pause. Von draußen waren leise Harfentöne zu hören und fügten sich nahtlos in die Atmosphäre des Friedens und der Erholung in Imladris ein. "Ich meinte, dich und deine Leute nach der Flucht aus Carn Dûm für einen Augenblick auf einem der südlichen Kämme zu sehen."
Ardóneth nickte. "Wir haben euch ebenfalls gesehen; konnten aber nicht zu euch durchdringen. Die Heere Angmars und Gundabads standen zwischen uns, und wir wurden angengriffen. Nach einem kurzen, aber erbitterten Gefecht mussten wir nach Süden fliehen." Rasch erzählte Ardóneth ihr von dem, was ihm seit der Begegnung in Carn Dûm geschehen war: Wie seine Gruppe in das kleine Dorf Laegobel gekommen war, wo Ardóneths Verletzung geheilt wurde, und sie anschließend gemeinsam mit Cairien und Maraniel nach Fornost zurückgekehrt waren. Wie Belen Ardóneths Auftrag als erfüllt angesehen hatte und er mehr über das geheimnisvolle Gilgroth erfahren hatte. Wie er sich mutig der geflügelten Bestie entgegengestellt und sie bis nach Annúminas verfolgt hatte. Und wie er seine neue Familie nun nach Imladris gebracht hatte, um sie dort in Sicherheit zu wissen.
"Wir wissen jetzt, dass das geflügelte Untier dasselbe war, das du in Eregion gesehen hast," schlussfolgerte Ardóneth. "Es muss vor den herannahenden Elben geflohen sein - und fand in einer Stadt der Menschen sein Ende."
"Ich bin froh, dass wir dieses Monster los sind," meinte Kerry. "Und dass dir nichts zugestoßen ist. Aber da haben wir es wieder einmal: Rilmir hat nicht mit einem einzigen Wort erwähnt, dass er in Fornost gegen eine geflügelte Bestie gekämpft hat. So langsam verstehe ich seine Schwester ein bisschen besser."
"Rilmir ist hier?" fragte Ardóneth interessiert. "Dann nehme ich an, Haleth ist ebenfalls nicht weit?"
Kerry nickte. "Wenn du es einrichten kannst, geh' seiner Schwester aus dem Weg. Sie ist unerträglich, das kannst du mir glauben."
"Oh, keine Sorge," meinte Ardóneth. "Faeriën von Eldalondë ist unter den Dúnedain des Nordens keine Unbekannte. Ich weiß, wie man ihr aus dem Weg geht." Er lachte herzlich. "Nun, ich bin ebenfalls froh, dass es dir gut geht, Kerry. Ich schätze, ich sollte jetzt nach meiner Familie sehen, und du willst dich sicherlich umziehen. Wir sehen uns später."
Kerry nickte und sagte: "Bis später, Ardan."
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Aufbruch
« Antwort #20 am: 30. Apr 2017, 16:12 »
Oronêl aus den Gärten

Es war bereits früher Vormittag, als Oronêl auf den östlichen Söller von Elronds Haus hinaustrat. Dort begegnete er Celebithiel, die auf einer kleinen Bank in der Sonne saß und ihm mitteilte: "Die anderen sind im Haus. Finelleth ist bereits reisefertig, offenbar hat sie es eilig, nach Hause zu kommen."
"Den Eindruck hatte ich bislang nicht...", meinte Oronêl. Er hatte insgeheim gehofft, wenigstens ein paar Tage des Friedens in Imladris genießen zu können, doch er verstand Finelleths Eile - alleine schon, weil der Herbst voranschritt und es jeden Tag auf dem Hohen Pass schneien konnte. "Aber es ist ihre Entscheidung, wann wir aufbrechen, denn es ist ihre Reise."
"Das wird sie sicher zu schätzen wissen." Ein geradezu schelmisches Lächeln hatte sich auf Celebithiels Gesicht gestohlen - etwas, das höchst untypisch für sie war. "Kerry allerdings weniger, sie dürfte ein wenig... müde sein, nachdem was Arwen mir erzählt hat."
Oronêl beugte sich interessiert vor. "Tatsächlich? Erzähl mir mehr..."

Er betrat das Haus, und folgte dem Flur in eine kleine, sonnendurchflutete Halle. Dort saßen Kerry und Finelleth an einem langgezogenen Tisch, Finelleth bereits vollkommen gerüstet und Kerry frühstückend.
Als Oronêl in den Raum trat, hob Finelleth den Blick und sagte: "Ich finde, wir sollten sobald wie möglich aufbrechen, bevor der Pass zuschneit. Jeder Tag den wir hier warten, macht die Gefahr größer."
"Es ist deine Entscheidung", erwiderte Oronêl, und ließ sich ihr gegenüber neben Kerry auf der langen Bank nieder. "Ich denke, wir könnten gegen Mittag aufbrechen und vor Einbruch der Nacht noch ein paar Meilen zurücklegen."
Neben ihm unterdrückte Kerry zwischen zwei Bissen ein Gähnen, und Oronêl warf ihr einen möglichst unschuldigen Seitenblick zu. "Du wirkst ein wenig müde, liebe Kerry. Wie kommt das?"
"Ich, äh... habe schlecht geschlafen. Träume und so", erwiderte sie ablenkend, und heftete den Blick konzentriert auf ihren Teller. Oronêl wechselte einen raschen Blick mit Finelleth, die das Kinn in die Hände stützte und sich offensichtlich darauf einstellte, das Schauspiel zu genießen.
"Hm", machte Oronêl. "Und ich dachte, in Bruchtal hätte man schöne Träume... bist du sicher, dass dein Schlaf nicht eher gestört wurde?"
Kerry hob den Blick von ihrem Teller, die Augenbrauen misstrauisch zusammengezogen. "Bist du etwa Ardan begegnet?" Oronêl schüttelte den Kopf, unsicher, wen sie mit Ardan meinen konnte. Vermutlich einen ihrer Freunde unter den Dúnedain, der hier war. "Nein... aber Celebithiel, die eine hochinteressante Geschichte von Arwen gehört hat. Offenbar ist es sehr schwierig, hier das richtige Bett zu finden..."
Finelleth zog interessiert eine Augenbraue in die Höhe, und Kerry errötete - allerdings nicht nur verlegen, sondern auch ganz und gar nicht amüsiert. "Wie kommt es, dass ihr Elben so unerträgliche... Klatschtanten seid?"
Oronêl wich, gespielt verletzt, ein Stück zurück. "Klatschtanten? Das verletzt mich, Kerry."
Finelleth, deren Augen funkelten, ergänzte: "Also wirklich. Das war ganz und gar nicht höflich."
Kerry schnaubte verächtlich. "Ja ja, spielt nur die Opfer. Ich war müde von der Reise, und das Bett war so bequem, und... nun hört schon auf zu Lachen!"
Oronêl räusperte sich, und bemühte sich, seinem Gesicht einen ernsten Ausdruck zu verleihen. Die Mischung aus Verlegenheit, Zorn, und vielleicht einer Spur Belustigung über sich selbst auf Kerrys Gesicht war einfach zu komisch gewesen um nicht darüber zu lachen. Auch Finelleth hatte eine übertrieben würdevolle Miene aufgesetzt. Kerry sah zwischen den beiden hin und her, seufzte dann resigniert und musste selbst lachen.
"Ihr seid wirklich furchtbare Schauspieler, wisst ihr?"
"Man kann nicht alles können",  meinte Oronêl, gab die ernste Miene auf und lachte ebenfalls. "Du kannst froh sein, dass wir schon wieder aufbrechen", sagte er dann mit einem Augenzwinkern. "Auf der Reise wirst du wohl eher nicht ins falsche Bett geraten..."
"Ha ha", gab Kerry zurück, und stieß ihm den Ellbogen gegen den Oberarm. Kräftig.
"Schon gut, schon gut", sag er, und rieb sich die getroffene Stelle. "Du musst mir aber erklären, was du vorhin meintest - ob ich jemanden namens Ardan getroffen hätte."

"Damit meinte sie mich", sagte eine männliche Stimme von der Tür her. Am Türrahmen lehnte ein kräftiger Mann mit schwarzen Haare und lächelte. Oronêl erkannte ihn nach kurzem Überlegen wieder - es war Ardóneth, über dessen Schicksal nach der Schlacht von Fornost verhandelt worden war.
"Gut euch zu sehen, Ardóneth", erwiderte Oronêl, und gab damit zu verstehen, dass er den Dúnadan erkannt hatte. Insgeheim fragte er sich, wie lange Ardóneth schon in der Tür gestanden und zugehört hatte, und Kerrys Miene war zu entnehmen, dass sie sich das gleiche fragte. "Vielleicht könnt ihr dieses Rätsel lösen?"
"Ich nehme an, dass Kerry unsere Begegnung früher am Morgen meinte", erklärte Ardóneth, und Kerry nickte. "Wenn du mit Begegnung meinst, dass du und deine Tochter mich unsanft geweckt haben... ja."
"Erst im falschen Bett und dann nicht mal ausschlafen können...", sagte Oronêl vor sich hin, hob aber auf Kerrys warnenden Blick hin abwehrend die Hände. Dann wandte er sich wieder an Ardóneth: "Ich wusste nicht, dass ihr eine Tochter habt."
"Ich bis vor kurzem auch nicht", erwiderte der Dúnadan. "Es war ein merkwürdiger Zufall, wie ich Mara - Maraniel heißt sie eigentlich - in Laegobel gefunden habe."
Das Lächeln, dass sich auf Ardóneths sonst ernstem Gesicht ausbreitete als er von seiner Tochter sprach, war beinahe ein wenig verlegen, und Oronêl konnte nicht anders, als es zu erwidern.
"Vielleicht war es kein Zufall, sondern Schicksal, dass euer Weg euch dorthin geführt hat", meinte er. "Auf jeden Fall ist es gut, dass in diesen Tagen nicht nur Dinge verloren gehen, sondern auch wiedergefunden werden."
Ardóneth nickte zustimmend, und fragte dann mit einem Blick auf die bereits gerüstete Finelleth: "Also... ihr wollt bereits wieder aufbrechen?"
Es war Kerry die antwortete: "Ja. Wir wollen über die Berge, in Finelleths Heimat." Ardóneth fragte nicht weiter nach, denn es war klar, dass sie nur das Waldlandreich meinen konnten. Stattdessen strich er sich über den kurzen Bart, und sagte: "Über den Hohen Pass also... Ich könnte euch ein Stück begleiten, wenn ihr nichts dagegen habt. Der Pass ist gefährlich, und auch wenn ich glaube, dass ihr Elben gut genug auf euch und auf Kerry achten könnt, kann ein zusätzliches Schwert nicht schaden."
"Wir werden eure Hilfe nicht ablehnen", antwortete Oronêl. "Aber ihr solltet bedenken, dass ihr vermutlich alleine über den Pass zurückgehen müsstet."
"Eine größere Gruppe wie ihr erregt Aufmerksamkeit", erklärte Ardóneth. "Ich alleine könnte problemlos zwischen den Orks hindurchschlüpfen."
Oronêl neigte den Kopf. "Es ist eure Entscheidung. Seid und also als Begleiter für die Reise willkommen."
"Und was ist mit Mara und... Cairien?", fragte Kerry. Oronêl hätte schwören können, dass das Gesicht des Dúnadans ein wenig verlegen war, als er antwortete: "Sie sind hier sicherer als irgendwo sonst - und ich bin ja nicht lange fort."

Gegen Mittag versammelte sich die Gruppe auf dem Hof vor Elronds Haus. Finelleth sprach mit Mírwen, die ihre Zwergenarmbrust auf dem Rücken und das Kurzschwert an der Seite trug. Nach dem was Oronêl hörte, schienen sie sich über das Verhältnis der Elben im Waldlandreich zu den Zwergen des Erebor vor dem Krieg zu unterhalten.
Celebithiel verabschiedete sich von Elrond und Arwen - der Abschied fiel allen drei sichtlich schwer, doch als Celebithiel sich abwandte, lächelte sie ein wenig angestrengt. "Es ist nicht leicht, schon wieder zu gehen", gab sie Oronêl gegenüber leise zu. "Aber ich muss wissen, ob es Glorfindel gut geht, und ihn sehen."
Kurze Zeit später gesellte sich Ardóneth zu ihnen, der in eine Lederrüstung nach Art der Dúnedain des Nordens gekleidet war. An den Unterarmen trug er er stählerne Armschienen, einen Bogen elbischer Art auf dem Rücken und ein Langschwert am Gürtel. Nach dem, was Finelleth über ihre Reise über den Pass vor einigen Monaten erzählt hatte, war Oronêl froh, dass sie auf die Hilfe des Waldläufers zählen konnten.
Als letzter kam Mathan mit langsamen, langen Schritten um die Ecke des Hauses gebogen, und trat schweigend zum Rest der Gruppe - allerdings nicht, ohne zumindest grüßend zu nicken. Oronêl nahm es ihm nicht übel. Was immer Mathan am letzten Abend erfahren hatte, schien ihn noch immer zu beschäftigen, und Oronêl würde ihn seinen Gedanken überlassen.
Eine Zeit lang standen sie wartend im Hof, bis Finelleth bemerkte, dass Oronêl sie auffordernd anblickte. Sie unterbrach ihr Gespräch mit Mírwen, schien sich innerlich zu straffen und warf einen Blick durch die Runde. Dann sagte sie: "Also... lasst uns aufbrechen."

Sie verließen Bruchtal ein Stück weit auf dem selben Weg wie etwa zwei Monate zuvor, als Oronêl und seine Gefährten nach Fornost aufgebrochen waren, bis sie die Kreuzung erreichten, an der die Pass-Straße nach Nordosten sich von der Großen Oststraße teilten. Sie verließen die Oststraße und folgten der anderen Straße, dem Hohen Pass entgegen.

Oronêl, Mathan, Ardóneth, Mírwen, Celebithiel, Finelleth und Kerry zur Pass-Straße
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 16:01 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

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Re: Elronds Haus
« Antwort #21 am: 4. Jun 2017, 20:25 »
Ardóneth und Lóvarië vom Hohen Pass

Der Weg über den Hohen Pass war sehr durch die Verletzungen Lóvariës erschwert gewesen. Beide Dúnedain waren nur schleppend voran gekommen, doch nach einer mehrtägigen Reise hatten sie den Scheitelpunkt des Passes wohlbehalten erreicht. Nachdem sie am folgenden Tag auch den Abstieg überwunden hatten, erreichten sie einige Stunden später das verborgene Tal von Imladris. Zur ihrer Ankunft dämmerte es bereits; dennoch bat Ardóneth um eine Audienz bei Meister Elrond, die ihm schließlich gewährt wurde. Nachdem der Dúnadan Lóvarië zu den Heilern Bruchtals gebracht hatte, ging er zu Elrond, der sich in seiner Bibliothek aufhielt. Dort angekommen berichtete Ardóneth dem Herrn von Imladris davon, was seine Gefährtin, die oberste Kundschafterin des Sternenbundes, herausgefunden hatte.
"Saruman plant etwas. Wir können nicht riskieren, dass er Fornost erneut angreift. Die Stadt wird einer weiteren Belagerung nicht standhalten," sagte Ardóneth aufgebracht, und redete sich dabei fast in Rage.
"Du sollest in den Trollhöhen nach dem Rechten sehen; vielleicht findest du heraus, was der Verräter Saruman vorhat und kannst es so womöglich noch im Keim ersticken," überlegte Elrond, während er sich nachdenklich auf das Geländer des Balkons stützte, auf den die beiden Gesprächspartner hinaus getreten waren.
"Lóvarië hat die alte Ruine von Varadhost erwähnt," erinnerte sich Ardóneth.
"Die frühere Hauptstadt des Reiches von Rhudaur, vor langer Zeit gefallen und zum Großteil dem Verfall preisgegeben," sagte Elrond bedächtig.
"Ich denke, es ist ein guter Anhaltspunkt. Am besten sehe ich mich zuerst dort um," sagte Ardóneth, mehr zu sich selbst gesprochen.
"Sei vorsichtig, Ardóneth, du hast die Kraft Saruamans schon am eigenen Leibe erlebt. Manch einer würde dies für einen gar törichten Plan halten, alleine in eine von Feinden besetzte Stadt zu reisen," gab Elrónd zurück.
"Ich werde nicht alleine gehen," erwiderte der Dúnadan. "Elrádan hat bereits Befehl erhalten, mir nach Bruchtal zu folgen. Sobald er hier eintrifft, werde ich aufbrechen."
"Gut, das ist ist beruhigend. Möge eure Mission von Erfolg gekrönt sein."
Beide unterhielten sich noch einen Augenblick, bis sich Ardóneth vom Herrn des Tals verabschiedete.

In der Nähe der Gästezimmer traf Ardóneth auf ein junges Mädchen in einem hellblauen Kleid, das ihm seltsam bekannt vorkam. Ehe er sie danach fragen konnte, streckte sie ihm kurzerhand die Zunge heraus, und rannte davon. Wenige Sekunden später tauchte Rilmir am Ende des Ganges auf, einen gehetzten Ausdruck im Gesicht.
"Ardóneth!" rief er, als er heran geeilt kam. "Hast du vielleicht meine Schwester gerade hier gesehen? Nein, du musst nicht antworten. Deine verwunderte Miene sagt mir bereits alles, was ich wissen muss. Faeriën kann leider noch immer keinerlei Manieren vorweisen. Tut mir Leid! Ich muss ihr hinterher, ehe sie noch mehr Schaden anrichtet. Wir sehen uns, mein Freund!"
So rasch der Dúnadan aufgetaucht war, war er schon wieder verschwunden. Doch aus der Tür, aus der Rilmir getreten war, streckte nun seine Verlobte Haleth ihren Kopf heraus, und winkte Ardóneth belustigt zu.
"Du bist also zurück," kommentierte die junge Frau, deren hellbraune Haare zu einem langen, breiten Zopf geflochten waren. "Ich kenne jemanden, der schon ziemlich sehnsüchtig auf diesen Moment gewartet hat," sagte Haleth und zwinkerte ihm verschmitzt zu.
Ardóneth hob die Augenbrauen und spürte, wie sich sein Herz erwärmte. Denn als er in das kleine Zimmer trat, in das Haleth ihn nun führte, stand dort die schlanke Gestalt der Frau, die seit seinem Aufbruch aus Bruchtal vor knapp zwei Wochen stets in seinen Gedanken gewesen war, und die seine Schritte auf dem Heimweg beschleunigt hatte. Sie stand am Fenster, und drehte sich um, als sie seine Schritte vernahm. Die tief stehende Sonne, die langsam im Westen versank, ließ ihre Haare und ihr Gesicht schimmern und betonte ihre feinen Gesichtszüge, was Ardóneths Herz umso höher schlagen ließ.
"Ardóneth," sagte Cairien und schenkte ihm ein freudestrahlendes Lächeln. Schnellen Schrittes kam sie auf ihn zu, und er empfing sie mit ausgebreiteten Armen. Die lange Umarmung, die sie teilten, endete in einem zärtlichen Kuss.
"Ich habe dich vermisst," flüsterte sie Ardóneth ins Ohr.
Als sie sich voneinander lösten, stellte der Dúnadan fest, dass Haleth verschwunden war. Offenbar hatte sie sich dezent zurückgezogen, um Ardóneths und Cairiens Wiedersehen nicht zu stören.
"Ich habe dich auch vermisst," antwortete er ehrlich, und sprach zum ersten Mal offen darüber, wie er über Cairien dachte. Selbst Kerry gegenüber hatte er das Thema niemals angesprochen, auch wenn sie wie eine kleine Schwester für ihn geworden war.
"Bist du hungrig? Ich habe einige Köstlichkeiten aus der Halle des Feuers mitgebracht. Mara schläft bereits; sie liegt im Nebenzimmer. Wir haben den Abend also ganz für uns." Cairien zeigte mit einem kleinen, stolzen Lächeln auf den Tisch, der direkt am Fenster stand, und mit einigen Speisen gedeckt war. Zwei Stühle standen dort, und Ardóneth nahm Cairien gegenüber Platz. Sie genossen ein angenehmes Abendessen unter den rötlichen Strahlen der schwindenden Sonne, und als es draußen vollständig dunkel geworden war, zündeten sie mehrere elbische Kerzen an, die genügend Licht spendeten. Sie tauschten sich über viele Dinge aus. Ardóneth erzählte von seiner zweimaligen Überquerung des Hohen Passes, und der Begegnung mit Lóvarië. Er stellte fest, dass er dabei ausdrücklich betonen musste, in welchem Verhältnis er zu der Anführerin der Kundschafter des Sternenbundes stand, denn Cairien hakte in dieser Hinsicht mehrfach nach. Als Ardóneth klarstellte, dass sie nichts weiter als eine Bekannte für ihn war, nickte sie zufrieden und begann, von den vergangenen Tagen in Bruchtal zu erzählen. Unter anderem berichtete ihm Cairien davon, dass sie die Bekanntschaft eines jungen Gondorers namens Acharnor gemacht hatte, der kurz nach Ardóneths Abreise in Imladris eingetroffen war. Und auch Acharnors ältere Schwester Adrienne hatte Cairien kennengelernt. Sie stellte erfreut fest, dass beide Ardóneth bereits von ihrer gemeinsamen Zeit in Fornost kannten. Abgesehen davon war jedoch nicht sonderlich viel geschehen seitdem Oronêls Gemeinschaft nach Osten aufgebrochen war. Die Tage waren in angenehmer Ruhe vergangen, und Cairien und ihre Tochter Maraniel hatten den Frieden von Imladris genossen. Einzig Rilmirs kleiner Schwester Faeriën gelang es hin und wieder, diesen Frieden mit ihren Eskapaden zu stören.
"Sie ist wirklich ein sehr unverschämtes Mädchen," meinte Cairien. "Ich bin froh, dass Maraniel da ganz anders ist."
"Das bin ich ebenfalls," antwortete Ardóneth. "Du hast bei ihrer Erziehung wirklich gute Arbeit geleistet."
Cairien blickte etwas beschämt zur Seite und legte den Kopf schief. "Nun, ich hoffe, wir werden uns diese Aufgabe ab sofort teilen," sagte sie leise und errötete sanft.
Ardóneth nahm ihre Hand. "Aber natürlich, Cairien. Wir gehören zusammen: Maraniel, du und ich. Als Familie."
"Als Familie," wiederholte Cairien mit fester Stimme, und drückte Ardóneths Hand. "Das wird mir gefallen."

Noch mehrere Stunden lang sprachen sie miteiander und tauschten sich über ihre tiefsten Geheimnisse und Gedanken aus. Es tat Ardóneth gut, all das, was er normalerweise tief in seinem Inneren verbarg, mit jemandem zu teilen, die ihm das Gefühl gab, dass er ihr wichtig war. Und auch Cairien schien es ähnlich zu gehen. Sie sprach über ihre Ängste und Hoffnungen, und er hielt sie im Arm, beleuchtet vom flackernden, romantischen Licht der Kerzen.
Als es bereits spät geworden war, legte Cairien den Kopf auf Ardóneths Schulter und schwieg mehrere Minuten. Als sie ihr Schweigen schließlich brach, war ihre Stimme zu einem Flüstern herab gesunken, und trotz der geringen Beleuchtung sah und spürte Ardóneth, wie sie errötete. "Bleibst du heute Nacht hier?" wisperte sie fragend.
Er wandte sich ihr zu, und sah die Erwartung und die Verliebtheit in ihren braunen Augen aufleuchten. Wie kleine Sternenlichter glitzerten sie dort, bis er antwortete und sagte: "Ja, Cairien. Ich bleibe bei dir."
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Re: Elronds Haus
« Antwort #22 am: 9. Jul 2017, 23:50 »
Nachdem beide noch eine lange Nacht verbracht hatten, in der sie sich Geschichten über ihre Kindheit erzählt hatten, wachte Ardóneth am nächsten Morgen neben Cairien auf. Er richtete sich auf und blickte in das Nebenzimmer, in dem Mara noch immer träumte. Langsam stand er aus den Bett und zog sich sein Hemd über. Vorsichtig ging er zur Tür und verließ das Zimmer das beide seit gestern bezogen hatten. Nachdem er sich frisch gemacht hatte, machte er sich auf den Weg zur großen Halle Bruchtals. Er nahm ein Tablett und ging zur Speisekammer. Ihm war dies etwas unangenehm, dennoch hatte er die Erlaubnis von Meister Elrond erhalten. Vor ihm war auf einen Tisch verschieden Speisen aufgereiht. Obst, Brot und verschiedene süße Brotaufstriche. Was wird ihr wohl am besten schmecken überlegte er, während er eine Weinrebe auf das Tablett legte. Später folgten noch einige Brötchen, Äpfel und ein Waldbeerenaufstrich. Er balancierte das Tablett kunstvoll auf seiner linken Hand, während er in seiner Rechten eine Kanne Wasser trug. Mit großer Vorsicht machte er sich auf den Weg zurück zum Zimmer. Dort angekommen rannte ihm die kleine Schwester Rilmirs - ihr Name war Faeriën- entgegen.  Adóneth versuchte ihr möglich rasch auszuweichen und wie der Wind zog sie an ihm vorbei. Das Tablett auf seiner linken hand wackelte, doch konnt er es ziemlich rasch wieder balancieren. Gerade noch mal Glück gehabt, dachte er, während er die Tür zum Schlafgemach aufmachte. Er legte das Tablett auf den Tisch an dem beide gestern schon gesessen hatten, und legte noch einen Teller und ein Messer an beide Sitzplätze. Cairien öffnete schließlich ihre Augen, während Ardóneth noch mit dem Decken beschäftigt war. Sie beobachtete ihn noch einige Zeit lang, bis sie Ardóneth ansprach.
"Du hast Frühstück gemacht?" fragte sie überrascht, und aus ihrer Stimme war immer noch genauso viel  Verliebtheit heraus zu hören wie am Vortag.
Ardóneth nickte. "Ich wäre dann fertig." sagte er gut gelaunt.
Beide blickten zu Mara die noch immer fest schlief. "Lassen wir sie schlafen?" fragte Ardóneth etwas unsicher. Cairien nickte und setzte sich Ardóneht gegenüber.
Nachdem beide gefrühstückt hatten, unterhielten sie sich noch einen Augenblick. Ganz in ihr Gespräch vertieft hatten sie nicht bemerkt, dass ihre Tochter nun inzwischen auch schon aufgestanden war. "Guten Morgen Kleine, hast du gut geschlafen?" fragte Ardóneth, während er sie auf seinen Schoss hob.
Mara nickte und aß einige Trauben. Ardóneth war froh das sie ihn nicht ablehnte und genoss den Moment mit seiner neuen Familie.

Zur Mittagsstunde hin war er wieder in Elronds Haus. Dort warteten bereits zwei Dúnedain auf ihn: Cánotar und Lóvarie. Bei Cánotar handelte es sich um eines der ältesten Mitglieder des Sternenbundes; er besaß großes Wissen über die Vergangenheit und beriet Belen in solchen Angelegenheiten. Lóvarië, die Anführerin der Kundschafter, hatte einige Verbände um ihre Verletzungen, dennoch sah sie deutlich besser aus als zu dem Zeitpunkt als sie sie gefunden hatten. "Da bist du ja." sagte die Dúnadan die auf ihrem Bett saß.
"Ihr müsst meine Unpüntklichkeit entschuldigen," sagte Ardóneth rasch. "Ich schätze Lóvarië hat dir bereits einiges erzählt?" fragte er.
Cánotar nickte. "Ja, das hat sie. Das sind schlechte Nachrichten, die sie aus Rhovanion zu uns bringt. Wenn Lóvarië recht ha,t sind die freien Völker immer noch in Gefahr." sagte er besorgt, während er sich gegen die Wand lehnte.
"Wir müssen dem nachgehen," sagte Ardóneth während er sich durch den frisch gewaschenen Bart fuhr. "Meine Gruppe wird bald wieder hier sein. Wir werden der Sache auf den Grund gehen."
Cánotar nickte zustimmend. "Also gut. Dann werde ich euch begleiten."
"Ich ebenfalls." sagte Lóvarië . Die beiden Männer blickten sie verwundert an. "Was ist los?" fragte sie verwundert.
"Ich..." Ardóneth stockte kurz. "Du..."
"Mädchen, was Ardóneth sagen wollte ist, das du dich erstmal lieber ausruhen solltest, bevor du ein neues Abenteuer planst," warf Cánotar ein.
"Wenn du dich bereit fühlst, kannst du gerne mitkommen. Die oberste Kundschafterin dabei zu haben würde sicher nicht schaden." sagte Ardóneth mit leiser Stimme und versuchte sich zu verteidigen.
Plötzlich flog Ardóneth ein Kissen entgegen dem er nur knapp ausweichen konnte. Ein breites Lächeln wurde sich auf dem Gesicht Lóvariës sichtbar. "Gut, dann werde ich mitkommen." sagte die Dúnadan fest entschlossen.
« Letzte Änderung: 9. Jul 2017, 23:51 von Fine »
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« Antwort #23 am: 28. Okt 2017, 22:42 »
Córiel, Níthrar und Jarbeorn aus dem Nebelgebirge


Obwohl Córiel im Zweiten Zeitalter geboren war, hatte sie dem verborgenen Tal von Imladris bislang nur wenige Besuche abgestattet und war nie lange geblieben. So war es nur wenig verwunderlich, dass sie kaum Gesichter erkannte, als Jarbeorn sie vorsichtig, über seine breite linke Schulter gelegt, über die geschwungene Brücke Bruchtals auf das Letzte Heimelige Haus zutrug. Die Ankunft der drei Gefährten war den Bewohnern des Tals bereits von versteckten Wachposten gemeldet worden, doch Córiel, die seit Tagen stets nahe an der Bewusstlosigkeit geschwebt hatte und den Großteil der Zeit mit Schlaf verbracht hatte, nahm nur wie durch einen Schleier wahr, wie sich eine kleine Menge um Jarbeorn und Níthrar versammelte und ihnen bis zur großen Eingangspforte in den Gebäudekomplex im Zentrum des Tales folgte. Stimmen drangen wie von fern an Córiels Ohr. Gesprochen wurde eine Mischung aus Sindarin und Quenya, doch ihr von Schmerz überlagerte Gehörsinn konnte nur wenige Wortfetzen verstehen, die für die Hochelbin kaum Sinn ergaben. Jarbeorn packte sie behutsam an der Hüfte und setzte sie scheinbar mühelos ab, als würde er ein Kind tragen. Mit sorgenvollem Blick musterte der Beorninger Córiel und blieb dicht bei ihr stehen, die Arme vor der Brust verschränkt. Níthrar lehnte sich mit dem Rücken an eine reich verzierte Säule und warf argwöhnische Blicke auf die Elbenmenge, die sich im Hintergrund versammelt hatte.
Der steinernde Boden in der Eingangshalle war kalt, aber nicht unangenehm. Vorsichtig stützte sich Córiel auf die Vorderarme, doch heißer, aufflammender Schmerz hinderte sie daran, sich weiter als bis in eine schief sitzende Position aufzusetzen. Sie biss die Zähne zusammen und legte sich ihre Worte zurecht. Die Blicke und das Geraune der Menge waren ihr unangenehm, und sie fragte sich, wie sie die Bewohner von Imladris wohl mit so wenigen Worten wie möglich loswerden konnte, ohne alle bis aufs Blut zu verärgern.
Jemand drängte sich durch die Menge, auf Córiel und Jarbeorn zu. Es war eine Elbin mit schwarzen Haaren, die ein mehrfarbiges Kleid und einen weißen Umhang trug. Dichtauf folgte ein Elb mit federndem Gang und braunem Haar, der auf Córiel etwas sonderbar wirkte, als würde er nicht recht an diesem ernsten und gefassten Ort gehören. Die Schwarzhaarige schien die Situation mit einem einzigen Blick zu erfassen und begann sofort, die Menge mit energischen Gesten zu vertreiben. "Seht ihr denn nicht, dass sie verletzt ist? Schafft mir eine Trage herbei, sofort! Und macht etwas Platz! Sie braucht Ruhe, und zwar gleich. Na los doch!"
Ihre Worte zeigten Wirkung, und langsam löste sich die Elbenmenge auf. Der Braunhaarige war derweil neben Córiel auf ein Knie gegangen und betrachtete sie mit einem einfühlsamen Blick, bis sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht stahl. "Noch eine tapfere Kriegerin, die aus dem kalten Nebelgebirge nach Bruchtal gehumpelt kommt. Hab' keine Angst! Meine gute Freundin Yávien wird dich schon wieder zusammenflicken, wie sie es mit Finelleth getan hat."
"Antien! Lass sie in Ruhe," mischte sich nun Yávien selbst ein und schob den jungen Elb energisch beiseite. "Du kannst ihr deine Lieder und Späße vortragen, wenn sie nicht mehr in Lebensgefahr schwebt." Antien erhob sich und schien nicht im Geringsten gekränkt zu sein. "Wir sehen uns später," sagte er lächelnd und ging.
Endlich kamen zwei Elben mit einer Trage in die Halle geeilt und Córiel wurde vorsichtig darauf gelegt. Die Träger setzten sich in Bewegung und Yávien und Jarbeorn gingen eilig daneben her. Níthrar schien verschwunden zu sein.
"Wie schlimm ist es, Oberste Heilerin?" fragte Jarbeorn an Yávien gerichtet.
"Auf den ersten Blick sieht es mir nach mehrfachen Brüchen und Muskelrissen aus. Was hast du nur mit ihr angestellt, Junge? Ich denke nicht, dass dir dein Vater beigebracht hat, so mit Elbenmaiden umzugehen."
Jarbeorn - ungewöhnlich kleinlaut - blickte betreten zu Boden. "Ich hätte besser aufpassen sollen, dann wäre das vielleicht nicht passiert. Wir haben einen üblen Kampf gegen die Orks der Weißen Hand hinter uns - und gegen eine Elbin, die sich Vaicenya nennt."
Yávien schien der Name nichts zu sagen, doch sie blickte nachdenklich geradeaus, während Córiels Trage durch mehrere lange Gänge getragen wurde. "Erzähl mir später alles in Ruhe. Meister Elrond wird es sicherlich ebenso interessieren." Ihr Gesichtsausdruck wurde etwas weicher, als sie den Beorninger über Córiel hinweg anblickte und sagte: "Trotz der Umstände ist es schön, dich zu sehen. Du warst lange nicht mehr in Imladris."
"Du hast ja vielleicht gehört, was im Süden los war. Da konnte ich meine Axt doch nicht ruhen lassen."
"Nein, das konntest du nicht. Das konntest du noch nie."
Sie erreichten ein Zimmer mit weißen Wänden und die Trage wurde vorsichtig abgestellt. Yávien erschien wieder in Córiels Sichtfeld, ein kleines Fläschchen in Händen haltend. "Du solltest das trinken, meine Liebe. Ich muss herausfinden, was dir zugestoßen ist, und das kann sehr, sehr schmerzvoll werden. Am besten schläfst du solange. Wir sprechen später miteinander."
Sie setzte das Gefäß an Córiels Lippen und eine geschmacklose, klare Flüssigkeit strömte heraus. Die Wirkung trat nahezu sofort ein. Córiel fühlte sich, als würde sie in einem Becken mit warmem Wasser versinken und ihr Bewusstsein driftete davon.

Weder Traum noch Albtraum störten Córiels Schlaf, doch als sie die Augen aufschlug, war sie für einen Augenblick orientierungslos. Sie blickte auf eine Zimmerdecke, auf der ein meisterliches Gemälde zu sehen war, das einen friedlichen Wald zeigte. "Wo bin ich?" fragte sie.
"Du bist in Elronds Haus. Und es ist zehn Uhr am Nachmittag des vierundzwanzigsten Oktobers, wenn du es genau wissen willst," sagte Níthrars Stimme. Der Südländer saß auf ihrer Bettkante, wie Córiel feststellte, als sie sich vorsichtig aufrichtete. Erstaunlicherweise hatte sie dabei keine Schmerzen. Ihre Arme und Beine steckten in dicken Bandagen, die ihre Bewegungen zwar einschränkten, doch nicht so sehr wie sie befürchtet hatte. Sie trug ein schlichtes weißes Kleid, das sie an den Traum erinnerte, den sie nach dem Sturz von Vaicenyas Turm gehabt hatte. Ihr Haar war ordentlich zusammengebunden worden und fiel ihr über die linke Schulter. Doch Córiels Blick blieb an Níthrar hängen, der seine Kleidung aus Harad gegen ein elbisches Gewand getauscht hatte, wie es in Bruchtal viele trugen. Seine Kapuze war verschwunden. Und als sie ihn so sah, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Seine Ohren...
"Du bist ein Elb," stieß sie hervor.
Níthrar betrachtete sie schweigend. Er legte den Kopf leicht schief. Und was ändert das nun? schien sein Blick zu sagen. Córiel hatte darauf keine Antwort.
"Wo ist Jarbeorn?" fragte sie, nachdem mehrere Minuten des Schweigens vergangen waren.
"Bei den Schmieden," sagte Níthrar. "Seine Axt hat beim Kampf im Turm eine Scharte bekommen. Du weißt ja, wie wichtig ihm seine Waffe ist."
Ebenso wie mir, schoss es Córiel durch den Kopf. Ihren Speer, Sercehtë, hatte sie verloren. Verärgert ballte sie die linke Hand zur Faust. Dabei spürte sie, dass sie ihre Finger nur schwerfällig bewegen konnte.
Die Türe des kleinen Raumes öffnete sich, und Yávien kam herein, dicht gefolgt von einem hochgewachsenen Elben, den Córiel kurz darauf als Elrond Halbelb erkannte. Sie hatte ihn seit dem Feldzug des Letzten Bündnisses nur einmal kurz bei einem ihrer Besuche in Imladris gesehen, doch dabei kaum ein Wort mit dem Herrn des Tales gewechselt.
"Du bist bereits wach. Sehr gut," sagte Yávien zufrieden. Die Heilerin schob Níthrar sachte, aber bestimmt beiseite und musterte Córiel einen Augenblick, ehe sie nickte und wieder vom Bett zurücktrat. "Ich verstehe noch immer nicht, wie Ihr es geschafft habt, ihrem Gesicht wieder Farbe zu verleihen, Meister Elrond."
Elrond nahm nun zum ersten Mal selbst das Wort. Seine Stimme war volltönend und angenehm, doch Córiel spürte, dass der Herr von Imladris viele Fragen an sie haben würde. "Die Körper der Erstgeborenen zerbrechen nicht so leicht, Yávien, wie du weißt. Córiels Glieder werden heilen, doch das, was in ihrer Seele schwärt, ist vorerst nur zurückgedrängt. Du weißt, wovon ich spreche, Tochter des Russohtar und der Morëvanya, deren Linie die Sieben Tore durchschritt und den Wellen des Zorns entkam. Du kennst das Verlangen nach Blut, das an deinem Inneren nagt wie ein Geschwür. Das dich in der Stunde deiner größten Niederlage nun beinahe verschlungen hatte."
Elronds Worte trafen Córiel zutiefst, und sie brachte kein Wort heraus. Ein zaghaftes Nicken war alles, wozu sie fähig war.
"Sprechen wir heute nicht weiter davon," fuhr Elrond fort. "Es gibt im Augenblick dringlichere Angelegenheiten. Ich habe von Jarbeorn bereits einen ausführlichen Bericht über eure gemeinsame Reise seit eurem Aufbruch von Aldburg erhalten, und seine Worte haben mich zutiefst besorgt. Doch ich würde dennoch gerne hören, wie sich die Ereignisse aus deiner Sicht abgespielt haben, Córyeldë, wenn du dich dazu imstande fühlst."
Córiel gelang es, sich in eine aufrechte Sitzposition zu bringen. Sie begann; zunächst leise und stockend, doch mit der Zeit immer freier und fließender, von ihrem Weg durch Dunland und das Nebelgebirge zu erzählen. Insbesondere schien Elrond an Vaicenya interessiert zu sein und stellte vermehrte Zwischenfragen zu den Taten der Dunkelelbin. Als Córiel schließlich ihre Erzählung beendete, legte der Meister von Imladris bedächtig die Spitzen seiner Finger aneinander und sagte: "Dies sind rätselhafte und besorgniserregende Nachrichten. Dass sich eine von unserem Volk offen dem Feind anschließt, ist geradezu unvorstellbar, doch in diesen dunklen Zeiten scheinen wir viele Dinge zu erleben, die zuvor ungekannt waren. Wir müssen davon ausgehen, dass der Großteil von Vaicenyas Worten Lügen waren, und ich fürchte, dass wir nicht einmal ihren wahren Namen kennen."
"Doch," sagte Níthrar leise. "In dieser Hinsicht hat sie die Wahrheit gesagt." Er klang bedrückt und mied den Blick Elronds.
"Ich sehe, dass dies auf dir lastet, Freund. Doch die Wahrheit muss nun heraus, sei sie wohl- oder übelbringend."
Níthrar seufzte tief und suchte Córiels Blick. "Ich wollte es euch schon früher erzählen, dir und Jarbeorn. Doch ich fürchtete, ihr würdet mir dann nicht mehr vertrauen, und da Vaicenya zum Greifen nah war, vertröstete ich mich innerlich darauf, euch die ganze Situation zu erläutern, wenn wir sie dingfest gemacht hätten..."
"Nun spuck' es schon aus," stieß Córiel hervor, die es nicht mehr aushielt. Hatte etwa auch Níthrar sie von Anfang an belogen?
Er ließ die Hände sinken. "Vaicenya.... Féavendë Vaicenya ó Tatyar, wie sie vollständig heißt, ist ... meine Mutter."
"WAS?" entfuhr es Córiel - und gleichzeitig auch Jarbeorn, der in jenem Moment durch die Tür getreten war, seine frisch geschliffene Axt geschultert. Klirrend fiel die Zweihandwaffe zu Boden.
"Die Tatyar sind die Vorväter der Noldor," sagte Elrond nachdenklich. "Du bist älter, als du aussiehst, Níthrar."
Dieser schüttelte den Kopf. "Nein, Meister Elrond. Ich wurde erst kurz nach dem Aufgang von Sonne und Mond geboren, wenige Jahrhunderte, bevor sich das Schicksal meiner Mutter wenden sollte. Sie und die Hälfte ihres Volkes blieben an den Wassern des Erwachens, als die Noldor unter Finwë in den Gesegneten Westen aufbrachen. Und dort lebten sie, während der Mittag von Valinor verstrich, für einige Zeit in Frieden. Doch Vaicenya war schon von Anfang an misstrauisch gegenüber den Maiar und Valar gewesen, und als der Krieg gegen den ersten Dunklen Herrscher Gebirge erschütterte und Ebenen zerbrach, sah sie sich bestätigt. Ohne den Schutz des Westens mussten die Elben, die im Osten geblieben waren, nach der Rückkehr Morgoths nach Mittelerde viele Schrecken erdulden, denn während die Noldor Beleriand und die Länder südlich davon verteidigten und Angband selbst belagerten, hatten die Kreaturen des Schattens im Osten, jenseits der Königreiche der Erben Finwës freie Bahn, um ihr Unheil über die Avari zu bringen. Meine Mutter war eine der ersten, die zu den Waffen griff, und verschaffte unserem Volk damals etwas Luft zum Atmen, doch der endlose Kampf gegen den Schatten machte sie zu einer hasserfüllten, kalten Person. Und nur wenige Jahre bevor der Krieg des Zorns Morgoths endgültige Niederlage herbeibrachte, geschah etwas, das nicht hätte geschehen dürfen. In ihrem Widerstand gegen zahllose Invasoren aus dem Norden hatte meiner Mutter stets ihre tapfere Freundin Melvendë zur Seite gestanden, der es als einziger gelungen war, den Zorn Vaicenyas zu bändigen. Doch als Melvendë fiel, war meine Mutter wohl endgültig verloren. Selbst nach dem Ende der Angriffe aus dem Norden konnte sie nicht aufhören, den Kampf zu suchen. Überall sah sie Verrat und Feinde. Am Ende sprach sie davon, dass Mittelerde besser dran wäre, wenn alles Leben davon getilgt würde."
"In anderen Worten, sie ist vollkommen wahnsinnig geworden," schlussfolgerte Jarbeorn. "Und deshalb hast du dich auch von ihr abgewandt."
"Ich ging fort, als ich es nicht mehr mitansehen konnte," antwortete Níthrar. "Ich baute mir ein Leben im tiefen Süden auf, wo mich keiner kannte, und tat mein Bestes, dort jenen zu helfen, die sich selbst nicht helfen konnten. Ich schätze, es sollte eine Art... Buße für die Taten Vaicenyas sein."

Córiel hatte Níthrars Geschichte mit staunendem Schweigen gelauscht. Wachsendes Grauen erfüllte sie, denn was Vaicenya zugestoßen war, klang erschreckend vertraut in Córiels Ohren. Auch sie hatte sich immer wieder darin verloren, nichts als Krieg und Schlacht zu suchen. Und Elronds Worte hatten sie allzu schmerzlich darauf hingewiesen, dass ihre Seele verwundet war. Was, wenn ich eines Tages ebenfalls den Verstand verliere?
Elrond brach das Schweigen. Während er Córiel mit einem durchdringenden Blick musterte, fragte er Níthrar: "Die Freundin, die deine Mutter verlor und deren Tod zu ihrem Sturz in den Wahn führte.... wie sah sie aus? Kannst du sie beschreiben?"
Níthrars Blick war von Niedergeschlagenheit gezeichnet. "Ihr habt denselben Gedanken wie ich, Meister Elrond. Euer Verdacht stimmt."
Elrond nickte verstehend. "Die Fixierung ist mir aufgefallen, als Córiel von ihren Begegnungen mit Vaicenya erzählte. Ich denke, nun wissen wir, warum sie dich nicht umgebracht hat, meine Liebe, und weshalb sie so großes Interesse an dir gezeigt hatte."
Jarbeorn blickte verwundert zwischen den beiden Elben hin und her. "Was meint ihr damit? Was ist mit Stikke?"
"Ist es nicht offensichtlich?" fragte Elrond. "Sie ist der Freundin, die Vaicenya vor so vielen Jahrtausenden verlor, offenbar wie aus dem Gesicht geschnitten."
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« Antwort #24 am: 8. Nov 2017, 10:47 »
Níthrar umrundete das Bett in dem Córiel lag, und kam neben Elrond zum Stehen. “Ich fürchte, dein Anblick hat ihren Wahnsinn noch befeuert, Córiel,” sagte er. “Das macht sie gefährlicher als je zuvor.”
“Dann halten wir sie auf. Daran hat sich nichts geändert. Sie mag deine ... Mutter sein, Níthrar, aber ich werde nicht zulassen, dass sie noch mehr Krieg und Leid über Mittelerde bringt. Wenn sie nicht anders aufzuhalten ist, werde ich sie töten.” Córiel richtete sich entschlossen auf, doch ihre Beine versagten ihr den Dienst und sie blieb liegen. Die Schmerzen kehrten zurück und sie biss die Zähne zusammen.
“Mit Verlaub, du wirst vorerst nirgendwohin gehen,” sagte Elrond sanft, doch mit genug Autorität in der Stimme, dass Córiel sich geschlagen gab. “Dein Körper ist so zerschunden, dass es ein Wunder ist, dass du auf dem Weg hierher nicht gestorben bist.”
“Ein Wunder, oder vielleicht kalte Berechnung?” meinte Jarbeorn. “Wenn es stimmt, was ihr über Stikke und ihre Verbindung zu Vaicenya sagt, dann würde sie doch niemals zulassen, dass Stikke stirbt?”
Níthrar blickte den Beorninger nachdenklich an. “Mir sind einige tote Orks aufgefallen, die nahe der Stelle lagen, an der wir Córiel nach ihrem Sturz von der Turmspitze gefunden haben. Ich denke... ich denke, es ist meiner Mutter durchaus zuzutrauen, dass sie genau wusste, dass Córiel den Sturz überleben würde...”
“...weil sie es zuvor mit besagten Orks ausprobiert hat,” ergänzte Córiel. “Nicht dass es schade um die Orks wäre, aber dennoch ist das ein ziemlich verstörender Gedanke.”
“Hier in Imladris bist du sicher und hast genug Zeit für die Heilung deiner Verletzungen,” sagte Yávien. Die Heilerin hatte das Gespräch bislang aufmerksam verfolgt, nahm nun allerdings zum ersten Mal das Wort. “Ruhe dich aus und werde gesund, ehe du zu neuen Abenteuern aufbrichst.”
“Ich fühle mich verantwortlich,” antwortete Córiel. “Während ich hier liege und nichts tun kann, schmiedet Vaicenya ungehindert ihre Pläne...”
“Im Augenblick liegt es nicht in deiner Macht, sie aufzuhalten,” sagte Elrond. “Ich werde Späher ins Gebirge aussenden. Wenn Vaicenya sich noch dort aufhält, werden sie ihre Spur schon bald entdeckt haben.”
Córiel biss sich unzufrieden auf die Unterlippe. Sie hasste es, untätig zu bleiben während Vaicenya ungestraft ihren finsteren Absichten nachgehen konnte. Córiel sehnte sich danach, vom Bett aufzuspringen, ihren Speer zu holen und auf die Jagd zu gehen. Doch den Speer hatte sie verloren und ihre Verletzungen würden sie noch eine lange Zeit zu einer Gefangenen der Heiler machen.
“Kopf hoch, Stikke,” versuchte Jarbeorn sie aufzumuntern. “Dir wird schon nicht langweilig werden während du dich von den Verletzungen erholst. Dafür werde ich sorgen. Und sobald du genesen bist, spüren wir Vaicenya auf und setzen ihren Plänen ein Ende.”
“Ich rate zur Vorsicht,” sagte Elrond. “Vaicenyas krankhafte Fixierung auf dich ist besorgniserregend. Am besten solltest du dich so weit wie möglich von ihr fern halten. Es gibt Andere, die sich um dieses Problem kümmern können.”
“Bei allem Respekt, Meister Elrond, von wem sprecht Ihr? All Eure Krieger sind in Rohan, und Eure Verbündeten in Eriador und Mithlond haben mit eigenen Problemen zu kämpfen. Es gibt niemanden, den Ihr entbehren könnt. Vaicenya ist meine Verantwortung. Ich muss - und werde - sie aufhalten.”
Elrond hielt Córiels Blick stand und musterte sie einen langen Augenblick, ohne etwas zu sagen. Dann nickte er leicht. “Du wirst tun, was du für richtig hältst. Das ist nicht zu übersehen. Doch gedenke meiner Worte, wenn du erneut in den Krieg ziehst: Der Kelch des Blutdursts hat keinen Boden und wird niemals sättigen, wenn er nicht beiseite gestellt wird.

In den nächsten Stunden war Córiel trübsinnig und schweigsam. Jarbeorn leistete ihr Gesellschaft, während Níthrar rasch wieder verschwunden war. Der Beorninger versuchte zwar, die Hochelbin aufzumuntern, doch es gelang ihm nur selten, ihr ein Lächeln zu entlocken.
Einige Zeit später kehrte die Heilerin Yávien zurück, um Córiels Verbände zu wechseln. Begleitet wurde sie von Antien, dem Elben der Córiel bei ihrer Ankunft in Imladris wegen seiner ungewöhnlichen Art aufgefallen war. Antien trug eine Laute bei sich und setzte sich auf einen kleinen Hocker, den man neben Córiels Bett gestellt hatte.
“Ich hörte, du bist der Trübsal anheim gefallen, meine Liebe,” sagte er mit einem Lächeln. “Dagegen lässt sich doch vielleicht etwas unternehmen. Ich habe mir sagen lassen, dass meine Lieder die Heilung schwer verletzter Elbenkriegerinnen beschleunigen.”
Yávien verdrehte bei diesen Worten die Augen und sagte: “Er redet Unsinn, wie gewöhnlich. Aber seine Lieder sind schön anzuhören, das muss ich zugeben.”
“Ein Lob, und das aus deinem Munde? Ich bin geschmeichelt!” rief Antien. Ehe Córiel Einwände erheben konnte, begann er.

Sieben Tore, stark und alt,
Geschmiedet im Gebirge kalt
Bargen den verborg’nen Pfad,
Zur Stadt, gebaut auf Ulmos Rat
Turgons Festung, stark und schön,
War wie ein Wunder anzusehen
Zwölf große Häuser lebten dort,
Und hießen sie den Heimatort.

Gondolin, Gondolin! Stadt des Gesangs!
Lang war dein Widerstand, tief war dein Fall.

Erbaut von starker Noldorhand,
Hielt sie bis zum Ende stand
Wehrte Morgoths Dienern lang,
Bis Schatten erst ihr Licht durchdrang.
Turgons Turm verging im Feuer,
Doch Gothmogs Horden zahlten teuer
Die Stadt nahm ihnen viele Krieger,
Schatten und Flamme stürzten nieder

Gondolin, Gondolin! Stadt des Gesangs!
Deine Erben werden dein Andenken niemals vergessen.

Während Antien sang und spielte, trat ein Bild vor Córiels Augen. Eine brennende Stadt inmitten einer großen Ebene, umgeben von gewaltigen Bergen. Gondolin, Heimat ihrer Eltern, zerstört von den Armeen des ersten Dunklen Herrschers. Córiel selbst war lange nach dem Fall der Stadt geboren worden, doch ihre Eltern hatten ihr einige Geschichten darüber erzählt.
“Woher weißt du über meine Abstammung Bescheid?” fragte sie Antien, nachdem dieser sein Lied beendet hatte.
“Ich war zufällig in der Nähe, als Meister Elrond deine Begleiter über dich befragte,” antwortete dieser und erhob sich. “Doch noch mehr konnte ich in deinen Augen sehen, als du zerbrochen und besiegt hier angekommen bist. Ich habe dieses Lied geschrieben, nachdem ich die Geschichte von Gondolin und ihrem Fall gelesen habe, und als ich dich sah, musste ich sofort daran denken.”
“Nun, du scheinst tatsächlich ein begabter Sänger zu sein,” gab Córiel zu, denn Antiens Lied hatte ihr gefallen. “Vielen Dank, dass du mir dieses Lied gezeigt hast.”
“Ich habe dich beobachtet, Córiel,” erwiderte Antien. “Ich weiß nicht, aus welchem der zwölf Häuser deine Vorfahren stammen, doch wenn ich es nicht besser wüsste...”
“Wovon sprichst du?”
“Laut der Erzählung ging das zwölfte Haus bis auf den letzten Mann im Kampf unter. Und dennoch... ich glaube, du bist vom Haus des Hammers des Zorns.”
Antien ließ seine Aussage stehen und verließ bald darauf den Raum. Auch Yávien beendete einige Minuten später ihre Arbeit und so blieb Córiel mit Jarbeorn alleine zurück. Eine tiefe Müdigkeit überkam sie. Ehe sie einschlief, sah sie noch, wie der Beorninger sich auf den Hocker neben ihrem Bett setzte und sie aufmerksam beobachtete. Er würde über ihren Schlaf wachen.

Es war kein Traum, der Córiel weckte. Es erschien ihr, als hätte sie nur wenige Minuten geschlafen, doch als sie vorsichtig die Augen öffnete, waren alle Lichter im Raum erloschen, und auch durch das Fenster drang nur wenig Sternenlicht hinein. Jarbeorns regelmäßige Atemzüge waren das einzige Geräusch, das an Córiels Ohren drang. Der Beorninger war in sich zusammengesunken und schlief, den Oberkörper auf Córiels Bettkante gelegt.
Ein Windhauch strich über ihr Gesicht, doch sie schenkte ihm keine Beachtung. Zweifel schlichen sich in ihre Gedanken. Noch immer fühlte sie sich für das Unheil, das Vaicenya in Mittelerde stiftete, verantwortlich und sehnte sich danach, geheilt zu sein und die Jagd wieder aufzunehmen. Doch was, wenn Níthrar und Elrond recht hatten? Was, wenn sie zum ersten Mal in ihrem Leben weglaufen sollte, anstatt sich der Gefahr zu stellen?
Ein Wispern erklang aus den Schatten. Córiel verstand die Worte nicht, auch wenn sie sonderbar vertraut klangen. Dann erhaschte sie eine flüchtige Bewegung zu ihrer Linken, und ein schlanker Schatten trat neben ihr Bett.
“Verschwinde,” stieß Córiel hervor.
“Du verletzt mich, Melvendë,” erwiderte Vaicenya, deren Gesicht im fahlen Sternenlicht erschien, das durchs Fenster drang.
Córiel grinste gequält. “Nein, du bist es, die mich verletzt hat. Sieh mich doch an.”
“Ich wusste, dass dich der Sturz nicht umbringen würde.”
“Ich sagte, du sollst verschwinden. Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist, und lass Mittelerde in Frieden.”
“Frieden? Du bist blind, wenn du glaubst, dass die Welt Frieden hat. Solange sie vom Schatten des Dunklen Herrschers berührt wird, wird es niemals Frieden geben. Und deswegen muss ich alle vernichten, die dem Frieden im Wege stehen. Alle... bis es nur noch dich und mich gibt.”
“Du bist wahnsinnig,” keuchte Córiel. “Du kannst doch nicht... alle umbringen.”
“Ich kann, und ich werde. Hab Vertrauen, Melvendë. Bald schon werden wir zusammen sein... auf ewig.”
“Verlass dich nicht drauf,” antwortete Córiel, doch der Schatten Vaicenyas war verschwunden.
Sie lag noch eine halbe Stunde wach, ehe sie der Schlaf erneut fand.

Als Córiel am nächsten Morgen erwachte, war Jarbeorn verschwunden. Sie fragte sich, ob sie sich das Gespräch mit Vaicenya nur eingebildet hatte. Elrond würde es doch sicherlich bemerken, wenn sie in sein Reich eingedrungen wäre. Sie mag eine Meisterin der Verkleidung sein, doch Imladris wird von der Macht Vilyas geschützt. Oder...?
Sie fand keine Antwort darauf.
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Re: Elronds Haus
« Antwort #25 am: 13. Nov 2017, 21:45 »
Die Vorbereitungen für die Mission Cánotars und Ardóneths dauerten mehrere Tage, in denen es für Ardóneth nur wenig zu tun gab. Noch immer wartete er darauf, dass seine Gruppe, die er in Fornost zurückgelassen hatte, in Bruchtal eintreffen würde. Doch nun, da sich Lóvarie entschlossen hatte, ihn zu begleiten, war es ihm ganz recht, dass sie nicht sofort aufbrachen. Denn je mehr Zeit der Kundschafterin blieb, um sich von ihren Verletzungen zu erholen, als umso nützlicher würde sie sich während der Mission erweisen.
Und dennoch steht es ganz außer Frage, dass die Zeit drängt, dachte Ardóneth, während er in Begleitung seiner Tochter durch das Haus Elronds streifte. Vorräte und Waffen standen bereit, wie er wenige Minuten zuvor überprüft hatte. Fehlen nur noch Elrádan und die anderen. Hoffentlich sind sie nicht mehr allzu weit weg.
Er war fest entschlossen, die Gefahr, die Bruchtal womöglich drohte, um jeden Preis abzuwenden. Nun, da sich seine Familie dort aufhielt, war es ihm umso wichtiger geworden. Doch selbst wenn Cairien und Maraniel in Fornost geblieben wären, hätte er trotzdem vollen Einsatz auf dieser Mission gezeigt.
Aber dadurch dass sie hier sind, ist es etwas Persönliches, dachte er. Ich werde nicht zulassen, dass den beiden etwas zustößt.

Maraniel hatte seine Hand losgelassen und war ein Stückchen voraus gelaufen, einen der langen Gänge innerhalb des Westflügels des Hauses entlang. Zu dieser Tageszeit begann die Sonne gerade, durch die großen Fenster hineinzuscheinen, denn es war bereits später Nachmittag und das Abendessen war nicht mehr fern. Maraniel öffnete neugierig eine der Türen im Gang und schlüpfte hindurch, ehe Ardóneth sie aufhalten konnte. Rasch schloss er zu ihr auf und blieb im Türrahmen stehen. Das Zimmer war recht klein und wurde von einem großen Bett dominiert, in dem eine schlafende Gestalt lag. Die Elbenfrau, die dort lag, wirkte auf Ardóneth verletzlich, als wäre ihr etwas Furchtbares zugestoßen. Sie war blass und die blonden Haare fielen in einem großen Durcheinander über die Kissen, auf denen ihr Kopf gebettet war.
Maraniel schien ebenfalls zu merken, dass etwas nicht stimmte. “Was ist mir ihr?” fragte das Mädchen.
Ehe Ardóneth antworten konnte, betrat ein breitschultriger, dunkelhaariger Mann den Raum über den Balkon, der an das Zimmer grenzte. Offenbar hatte er dort draußen gestanden und die Wasserfälle von Imladris betrachtet.
“Hallo,” sagte der Mann freundlich und ging neben Maraniel in die Hocke. Sein Vollbart war ebenso dicht wie sein Haar und hatte dieselbe dunkle Farbe. Er deutete auf die schlafende Elbin und fuhr fort: “Sie ist krank, meine Kleine. Aber dank Elronds Hilfe wird es ihr schon bald besser gehen.”
“Ich hoffe es,” antwortete Maraniel. Dann wandte sie den Blick vom Bett ab und fixierte den Bärtigen. “Wie heißt du?”
“Mein Name ist Jarbeorn, Sohn des Grimbeorn. Und du?”
“Maraniel. Tochter von... von dem da.” Sie zeigte mit einem fröhlichen Grinsen auf Ardóneth, der sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen gelehnt hatte.
“Ardóneth, Argoleths Sohn,” stellte er sich mit einem Nicken vor. “Schön, Eure Bekanntschaft zu machen, Jarbeorn.”
Eine neue Stimme mischte sich ein und sagte: “Ich hatte eigentlich keinen Besuch erwartet.” Sie klang nicht vorwurfsvoll, und als Ardóneth hinsah, erkannte er, dass die Elbin erwacht war.
“Dies ist Córiel von den Noldor,” stellte Jarbeorn sie vor. “Und ich fürchte, wir haben sie geweckt. Dabei sollte sie schlafen und gesund werden.”
Córiels Gesicht verzog sich zu einem kleinen Lächeln. “Mach dir nur keine Sorgen um mich. Ich komme schon wieder in Ordnung.”
“Ich weiß, Stikke. Aber mir wäre es lieber, wenn ich etwas weniger lange auf den Tag warten müsste, an dem du und ich wieder auf die Jagd gehen können.”
“Auf die Jagd?” fragte Maraniel neugierig.
Jarbeorn beugte sich zu ihr herunter. “Wir verfolgen eine böse Frau, die viel Unheil anrichten wird, wenn wir sie nicht aufhalten.” Er zwinkerte dem Mädchen verschwörerisch zu. “Aber das ist ein Geheimnis.”
“Ich werde es niemandem verraten,” flüsterte Maraniel dem Beorninger zu.
Ardóneth musste bei diesen Worten an seine eigene Mission denken, zu er er schon bald aufbrechen würde. Auch er würde sich auf die Jagd begeben - auf die Jagd nach den Gefahren, die Bruchtal und damit auch seine Familie bedrohten.
“Was macht ein Beorninger auf dieser Seite des Gebirges?” fragte er freundlich in Jarbeorns Richtung. “Ich war vor Kurzem auf dem Hohen Pass und bin bis zum Carrock gereist. Doch von Eurem Volk habe ich keine Spur gesehen.”
“Mein Vater, Grimbeorn der Alte, der Häuptling, hat meinen Leuten nach dem Fall des Goldenen Waldes in Rohan eine neue Heimat gefunden,” erklärte Jarbeorn. “Dort gibt es einen Wald, der den Wäldern zwischen Fluss und Gebirge östlich von hier sehr ähnlich ist. Doch ich hoffe, dass wir eines Tages wieder ins Tal des Anduin zurückkehren können... wenn Saruman keine Bedrohung mehr darstellt.”
“Und ich bin mir sicher, dieser Tag wird kommen,” meinte Córiel und ergriff Jarbeorns Hand.
Sie scheinen ja sehr vertraut miteinander umzugehen, dachte Ardóneth. Ob sie wohl... Er brachte den Gedanken nicht zu Ende, denn Maraniel war überraschend auf das Bett geklettert, offenbar fest entschlossen, Córiels Haare in eine ordentliche Form zu bringen.
“Was machst du denn da?” fragte die Elbin, doch sie ließ das Mädchen zunächst gewähren.
“Ich helfe dir,” erklärte Maraniel. “Damit du schneller gesund wirst.” Rasch band sie den Großteil der blonden Haare zu einem einfachen Zopf zusammen und betrachtete das Ergebnis mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. “Jetzt sind dir deine Haare nicht mehr so im Weg, wenn du schlafen willst.”
Jarbeorn lachte und meinte: “Ich bin mir sicher, das ist genau das, was Stikke jetzt gebracht hat.”

Wenig später brachte Ardóneth seine Tochter zurück zu Cairien und sie aßen zu dritt zu Abend. Und als die Sonne bereits im Westen unterging, geschah das, worauf er in den letzten Tagen gewartet hatte. Cánotar brachte die Nachricht, dass Elrádan und der Rest von Ardóneths Gruppe eingetroffen waren und bei den Stallungen auf ihn wartete. Gemeinsam begaben sie sich dorthin...

Ardóneths Gruppe in die Trollhöhen
« Letzte Änderung: 31. Dez 2017, 23:32 von Fine »
Er hat noch gezuckt weil ich ihm meine Axt in seine Nervenstränge getrieben habe.

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Die Zeit der Heilung
« Antwort #26 am: 11. Dez 2017, 10:49 »
Córiel blieb noch zwei Wochen in Imladris, die sich mehr und mehr in die Länge zu ziehen begannen. Selbst als die Heiler es ihr endlich gestattet hatten, das Bett zu verlassen, fühlte sie sich dennoch eingeengt und kam sich wie ein Kind vor, das stets unter Beobachtung stand. Jarbeorn war den Großteil der Zeit an ihrer Seite und unterhielt sie mit seinen Späßen und Geschichten, doch selbst der gutmütige Beorninger war nicht immer in der Lage, Córiels düstere Laune aufzuhellen.
Von Níthrar bekam Córiel nur wenig zu sehen. Der Avarin-Elb verbrachte die Tage meistens in Elronds Bibliothek, wo er das angesammelte Wissen nach Informationen über seine Mutter durchforstete. Doch Imladris war hauptsächlich ein Stützpunkt der Noldor, die sich nur wenig mit den Avari-Völkern des Ostens beschäftigt hatten. Elronds Bibliothek war groß und bis zum Rand gefüllt mit Aufzeichnungen, Schriftrollen und Büchern, doch Córiel konnte nicht sagen, ob Níthrar dort finden würde, wonach er suchte. Der Elb war seit seinen Enthüllungen sehr verschlossen gewesen und hatte kaum oder gar nicht auf Unterhaltungsversuche Córiels reagiert. Also hatte sie ihn schließlich in Ruhe gelassen.

Der Oktober neigte sich dem Ende entgegen, und die Bäume Bruchtals begannen, ihre letzten Blätter zu verlieren. Córiel stand auf dem Balkon ihres Zimmers und stützte sich mit beiden Armen auf das kunstvoll geschnitzten Geländer. Die Wasserfälle Bruchtals donnerten in einiger Entfernung herab und sorgten dafür, dass ein leichter Hauch von Wasserdampf in der Luft lag. Es war kühl geworden, weshalb Córiel einen roten Umhang trug, den sie eng um ihre Schultern geschlungen hatte. Sie hatte seit ihrem Sturz keine Rüstung mehr getragen und begann so langsam, sich an die Kleider zu gewöhnen, die man ihr freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Dennoch war sie froh, dass es sich dabei nicht um einen permanenten Zustand handelte.
Im Hof unter ihr regte sich etwas. Es war Jarbeorn, der ihr gut gelaunt zuwinkte. “Komm herunter, Stikke!” rief er und hob seine Axt, die er in der linken Hand hielt. “Yávien hat gesagt, du darfst nicht vergessen, deine Muskeln wieder an normale Bewegungen zu gewöhnen. Lass uns gleich heute anfangen! Es wird dir gefallen.”
Sie legte den Kopf schief und dachte über das Angebot nach. Jarbeorn sprach natürlich von Kampfübungen, das hätte selbst ein Blinder erkannt. Und Córiel spürte deutlich, dass sich ein Teil von ihr danach sehnte, endlich wieder ins Gefecht zu ziehen. Doch Elronds Worte waren ihr allzu deutlich in Erinnerung geblieben. Der Herr von Imladris hatte Córiel gewarnt, sich nicht von ihrem Blutdurst verzehren zu lassen. Und tatsächlich war das Verlangen, das stets tief in Córiels Herzen schlummerte, in den Wochen, die sie in Imladris verbracht hatte, niemals an die Oberfläche gedrungen. Sie hatte Frieden gefunden, zumindest für einen kurzen Zeitraum. Und Córiel stellte fest, dass sie diese Zeit genossen hatte - mehr, als ihr zunächst klar geworden war. Wollte sie diesen Frieden wirklich riskieren? Unentschlossen trat sie von einem Bein aufs andere, ehe sie sich schließlich dazu durchrang, sich Jarbeorn im Hof anzuschließen.
Unten angekommen fand sie den Beorninger bereits ungeduldig wartend vor. Neben ihm stand Yávien, die Elbenheilerin, die Córiel mit kritischem Blick musterte. Sie studierte jede einzelne Bewegung, während Córiel nichts weiter tat, als den Hof zu durchqueren und sich zu den beiden zu gesellen.
“Du bewegst dich noch immer etwas unsicher,” stellte Yávien fest. “Doch offenbar sind deine Knochen wieder gut zusammengewachsen. Hast du noch Schmerzen? Kannst du Arme und Beine einwandfrei bewegen?”
Córiel hob zur Demonstration beide Arme in die Höhe, dann machte sie einen kleinen Sprung und rollte sich geschickt ab. Als sie wieder auf die Beine kam, rauschte ein kurzer Schmerz durch ihre Schultern, doch das Gefühl verschwand so schnell wie es gekommen war. “Ich glaube, es geht,” sagte Córiel.
“Dann können wir beginnen,” meinte Jarbeorn zufrieden. “Du trägst weder Waffe noch Rüstung, doch das musst du auch nicht. Für heute reicht es, wenn du meinen Angriffen ausweichst.” Er hob die Axt und packte den Schaft mit beiden Händen.
“Und wenn ich zu langsam bin, und du mich triffst?”
“Dann wird dich Yávien eben wieder zusammenflicken,” erwiderte Jarbeorn mit einem breiten Lächeln. “Mach dich bereit, Stikke!”
Er holte aus und ließ die Axt vertikal niedersausen. Ein schneller Schritt zur Seite brachte Córiel aus der Gefahrenzone. Dann duckte sie sich hinter dem nächsten Hieb hinweg und wirbelte um die eigene Achse, wobei sie mit einem kurzen Sprung etwas Distanz zwischen sich und den Beorninger brachte. Federnd landete sie und hielt sich für den nächsten Angriff bereit.

Zwei Stunden später fühlte sich Córiel so erschöpft wie lange nicht mehr, doch ihre Laune war besser denn je. Nicht einen einzigen Treffer hatte Jarbeorn landen können. Yávien untersuchte sie und stellte erfreut fest, dass der Heilungsprozess in Córiels Körper wie erhofft voranschritt. Bis auf vereinzelte Schmerzen in Schultern und Oberschenkeln hatte Córiel keinerlei Beschwerden.
“Sieht ganz so aus, als wärst du bald schon wieder bereit für neue Abenteuer,” freute sich Jarbeorn.
“Vaicenya ist noch immer da draußen,” sagte Córiel. “Wir haben viel Zeit verloren, doch wir können sie noch immer aufhalten.”
“Und das werden wir auch, Stikke. Werde du einfach nur weiter gesund. Bald schon werden wir erneut zur Jagd aufbrechen.”

Am späten Abend lag Córiel wach und dachte darüber nach, was geschehen war. Noch immer war sie innerlich wie zerrissen. Sie wusste, dass ein Teil von ihr, genau wie Jarbeorn, darauf brannte, die Jagd nach Vaicenya so bald wie möglich wieder aufzunehmen. Doch ihre andere Hälfte sehnte sich nach mehr Ruhe und würde am liebsten zu den Anfurten von Mithlond aufbrechen, um in See zu stechen. Córiels Schiff, die Sternenjägerin, lag sicher vertäut an Círdans Gestaden und wartete nur darauf, wieder die Weiten von Belegaer zu durchstreifen. Doch konnte sie es sich wirklich erlauben, in diesen finsteren Zeiten Mittelerde den Rücken zu kehren? Besaß sie nicht die Verantwortung, gegen die Mächte des Schattens zu kämpfen, selbst wenn sie dieser Kampf in Gefahr brachte, sich in ihrer Blutlust zu verlieren?
Mit einem leisen Geräusch öffnete sich die Türe zu Córiels Zimmer. Überrascht stellte sie fest, dass es Meister Elrond war, der den Raum betrat, gefolgt von einer weiteren Person. Córiel nahm an, es handelte sich dabei um die Heilerin Yávien.
“Meister Elrond, was führt Euch zu dieser späten Stunde zu mir?” fragte sie und stand von der Bettkante auf, auf der sie gesessen hatte.
Elronds Gesichtsausdruck war von Sorge gekennzeichnet. “Ich habe einen überraschenden... Besucher in meiner Unterkunft vorgefunden. Deshalb bin ich hier. Ich denke, mein Gast kann für sich selbst sprechen.” Elronds Stimme hatte einen merkwürdigen Klang angenommen, während er beiseite trat und sein Begleiter ins Licht der kleinen Elbenlampe kam, die Córiels Raum erhellte.
“Ich sehe, es geht dir schon wieder deutlich besser, melvendë,“ sagte Vaicenya mit einem freundlichen Lächeln. “Das erwärmt mir das Herz, meine Liebe.”
Córiels Hände verkrampften sich. Also war sie tatsächlich hier und ich habe mir die Unterhaltung nicht eingebildet, schoss es ihr durch den Kopf. Wie bei allen Sternen ist sie nur ungesehen nach Imladris gelangt? Und wieso lässt Meister Elrond sie gewähren und bringt sie sogar hierher, zu mir?
“Du hast viele Fragen, das sehe ich dir an,” fuhr Vaicenya fort und strich sich ihr dunkelbraunes Haar hinter die spitzen Ohren zurück. “Und ich verspreche dir, ich werde jede einzelne davon beantworten. Doch dies ist weder der Ort noch die Zeit dafür. Es hat sich eine Gelegenheit eröffnet, die ich nicht ungenutzt lassen werde. Doch dafür benötige ich deine Hilfe.”
Córiel konnte kaum glauben, was sie da hörte. Sie warf Elrond einen hilfesuchenden Blick zu, doch dieser schüttelte nur sanft den Kopf. Irgendetwas schien ihn davon abzuhalten, Vaicenya unschädlich zu machen.
“Wenn du glaubst, ich helfe dir, nach dem, was du mir angetan hast...”
Vaicenya streckte ihr die Hand entgegen, doch Córiel schob sie zornig beiseite. “Ich werde mich dir niemals anschließen.”
Ihre Überraschung wurde noch größer, als Elrond sagte: “Ich denke, das ist genau das, was du tun solltest.”
Wie bitte? Er ist auf ihrer Seite? Córiel konnte kaum glauben, was sie da hörte. Sie starrte Elrond mit schockiertem Gesichtsausdruck an.
“Er gilt in diesen Landen als weise, nicht wahr?” meinte Vaicenya und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Ringe ihres silbernen Kettenhemdes blinkten im Licht der Elbenlampe, als sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte. “Du solltest wirklich auf ihn hören. Er hat erkannt, wie wichtig es ist, dass die Gelegenheit genutzt wird.”
“Worum geht es dabei überhaupt? Hör’ auf, ständig in Rätseln zu sprechen!” forderte Córiel.
“Oh nein, so einfach mache ich es dir nicht, meine Liebe. Mein Vertrauen musst du dir verdienen. Du brauchst für den Augenblick nur wissen, dass ich deine Hilfe benötigen werde, wenn ich den Goldenen Wald betrete. Und dass du mit mir kommen wirst. Jetzt. Pack deine Sachen und vergiss deine Rüstung nicht. Du wirst sie brauchen.”
“Jetzt? Meine Verletzungen sind...”
“Unbedeutend. Ich habe dich heute beobachtet, melvendë. Du hast deine Anmut zurückerlangt. Bis wir an unserem Ziel angekommen sind, wirst du wieder im Stande sein, zu kämpfen.”
“Ich werde niemals Seite an Seite mit dir kämpfen,” stellte Córiel klar.
Vaicenya kam zu ihr und stellte sich unangenehm nah vor sie. Ihre Gesichter trennten nur noch wenige Zentimeter voneinander. “Du hast es viele Jahrhunderte getan, und du wirst es wieder tun,” wisperte die Dunkelelbin. “Lass mich jetzt nicht im Stich, meine Liebe. Ich brauche dich an meiner Seite.”
Córiel stieß Vaicenya von sich. Die Situation brachte sie mehr aus der Fassung als sie begreifen konnte. Ich kann doch jetzt nicht einfach alles stehen und liegen lassen, und mit Vaicenya zu einer geheimnisvollen Mission aufbrechen, dachte sie.
Elrond sagte: “Reisegepäck steht bereit. Deine Rüstung erwartet dich und ich habe dir Schwert, Bogen und Pfeile bringen lassen.”
“Wieso tust du das?” verlangte Córiel zu wissen. “Wieso vertraust du ihr?”
“Das tue ich nicht,” erwiderte Elrond. “Doch gerade jetzt steht einer ihrer Diener  im Zimmer meiner Tochter, und hält ihr ein Messer an die Kehle. Mir sind die Hände gebunden. Du musst mit ihr gehen, Córiel... ich bitte dich.”
Wütend ballte Córiel beide Hände zu Fäusten. Sie erkannte, dass es nichts gab, das sie tun konnte. Sie musste Vaicenya das geben, was sie wollte. “Also gut,” presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. “Ich gehe mit dir.”
“Braves Mädchen,” sagte Vaicenya zufrieden und strich Córiel über den Kopf. “Mach dich reisefertig. Ich werde warten... aber nicht lange.”

Wenigen Minuten später standen sie zu dritt am südlichen Ausgang zum Tal von Imladris. Córiel trug ihre Rüstung, sowie Waffen und Proviant für eine längere Reise. Vaicenya wandte sich an Elrond und sagte: “Deine Tochter ist sicher, für den Moment. Doch unternimmst du erneut Schritte gegen mich, wird die Klinge so rasch an ihren Hals zurückkehren, wie sie gekommen ist. Meine Diener haben sie problemlos gefunden, und sie können es jederzeit wieder tun.”
“Ich kann nur wiederholen, was ich dir bereits sagte: Wende dich ab von diesem zerstörerischen Pfad. Wende deine Klinge gegen den Schatten, nicht gegen dein eigenes Volk. Es gibt noch viel Gutes, das du vollbringen kannst.”
Vaicenya spuckte aus. “Die Noldor sind nicht mein Volk. Das waren sie seit dem Augenblick nicht mehr, als sie unsere Heimat im Stich ließen und dem Reiter nach Westen folgten.”
“Das war vor vielen Zeitaltern,” erwiderte Elrond. “Lass die Schatten der Vergangenheit ruhen und kämpfe dafür, dass diese Welt noch eine Zukunft hat.”
“Das tue ich,” sagte Vaicenya. “Doch ich werde diese Zukunft nach meinen eigenen Vorstellungen formen.”
Jarbeorn, dachte Córiel. Was wird er nur sagen, wenn ich spurlos verschwunden bin? Vaicenya hatte ihr keine Gelegenheit gegeben, den Beorninger zu wecken um sich von ihm zu verabschieden. Córiel hoffte, dass Elrond ihm die Situation erklären würde. Und dass er verstehen würde, weshalb sie gegangen war...


Córiel und Vaicenya in Richtung Süden
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Re: Elronds Haus
« Antwort #27 am: 21. Mai 2018, 00:46 »
Ardóneths Gruppe aus den Trollhöhen

Nach einer langen Reise erreichte die Gruppe Ardóneths endlich wieder Imladris. Trotz des eigentlichen Misserfolgs seiner Mission freute sich Ardan in Bruchtal angekommen zu sein, Cairien und Maraniel wieder zu sehen, doch bevor er seine Liebsten aufsuchen konnte, musste er erst mit dem Herren von Bruchtal darüber sprechen. Zusammen mit Canotar und Lovarie erzählte Ardóneth was sie beobachten konnten:" Saruman zieht Truppen in den Trollhöhen zusammen. Wir müssen wachsam bleiben" sprach Lovarie. Canotar nickte "Wir wissen jedoch nicht welchen zu welchem Zweck." warf er abschließend ein. "Ich werde meine Gruppe zurück nach Fornost schicken, im Falle eines weiteren Angriffes muss die Stadt vorbereitet sein. " Zu dritt fassten sie den Ablauf der Mission zusammen.
 Nachdem die oberste Kundschafter und der "Alte Weise" in ihre Quartiere gegangen waren, lief Ardóneth zum Haus in dem seine neue Familie wohnte, er spürte wie er immer schneller wurde umso näher er kam. Nachdem er das Haus betreten hatte rannte ihm Cairien entgegen. "Ardan, du bist wieder zurück." sagte sie und küsste ihn zärtlich. " Dieser erwiderte den Kuss. "Wir haben übrigens Besuch." flüsterte Cairien. Ardóneth konnte nun am Tisch eine junge schwarzhaarige Frau erkennen, die ein kleines Brötchen in kleine Stücken zerriss und aß. " Wer seid ihr?" fragte Ardan schließlich als er langsam zum Tisch lief. Ein ungewöhnliches, misstrauisches Gefühl kam in ihm auf, als er das Gesicht der Person erkannte;  Das Gesicht war von einer jungen hübschen Dunedan, sie hatte ebenso wie er tiefblaue Augen und eine kleine Stupsnase, es war ein vertrautes  Gesicht für Ardóneth was das Gefühl nicht gerade besser machte.
"Ich bitte um deine Hilfe. Mein Vater sandte mich, um dich zu finden um das Erbe unserer Familie zu retten." sprach sie. "Unserer Familie?" fragte Ardóneth, er hoffte inständig sich verhört zu haben.  "Mein Name ist Areneth, ich bin deine kleine Schwester Ardóneth." sagte sie. Dem Dunedan blieb förmlich die Luft aus, fragend blickte er zu Cairien die, dem Gespräch stillschweigend lauschte aber nur mit den Schultern zucken konnte. Langsam saß er sich auf einen Stuhl den Cairien ihm schnell gebracht hatte. "Welches Erbe sollt ihr, ähm sollst du retten?" fragte er, sein Gesicht nahm nun langsam wieder eine gesunde, normale Farbe an, das Misstrauen hingegen wuchs weiter. " Einen verschollen geglaubten Schlüssel."
Ardóneth konnte sich fast denken was seine "Schwester" meinen konnte, dennoch hatte bereits Malborn ihn vor Betrügern gewarnt die versuchten etwas über Gilgroth für ihre Meister in Erfahrung zu bringen.  Schließlich hörte er dutzende Legenden über dass, was die Tírns mit ihrem Leben beschützten. Ein Setzling des weißen Baumes, der Schlüssel von Elendils Palast in Annúminas und sogar einer der Palantiri sollten in der Sternengrotte versteckt worden sein. "Wenn ihr wirklich meine Schwester sein solltet, wie hieß unsere Mutter?" der Dúnedan bohrte nun. "Meine Mutter hieß Beleriel, sie starb jedoch als ich drei Jahre alt war. " Ardóneth nickte kaum sichtlich. "Wieso sollte ich dir Glauben schenken?"  Areneth packte ein in groben Stoff eingewickeltes Amulett aus ihrer Tasche. Es war einer der 4 Schlüssel für die Geheime Tür Gilgroths. "Mein Vater gab das Amulett mit, da er wusste das du mir misstrauen würdest. Er und Gilbárd haben Erfahren wo sich Górlad aufhalten soll und du sollst mir bei meiner Suche helfen..." erklärte sie während sie das Amulett wieder einpackte. "Wieso hat unser Vater mir nie davon erzählt?" fragte er obwohl er keine Antwort erwartete. "Wohin müssen wir?"  Areneth erhob sich von ihrem Stuhl und ging zur Kommode die vor einem der wenigen Fenster stand und holte zwei gepackte Rucksäcke aus den Schubladen. "Nach Minas Tirith, in unser altes Haus..."

Ardóneth und Areneth nach Anorien
« Letzte Änderung: 16. Jul 2018, 13:32 von Fine »
Er hat noch gezuckt weil ich ihm meine Axt in seine Nervenstränge getrieben habe.

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Thorondor the Eagle

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Zu Tisch mit alten Freunden
« Antwort #28 am: 20. Jan 2020, 19:13 »
Elea und Finjas aus Arnor: Amon Súl und die Wetterberge

Als Elea das vertraute Rauschen des Bruinen im Tal wahrnahm, überkam sie wie gewöhnlich ein Gefühl der Vertrautheit. Die Späher der Elben hatten sie vermutlich längst entdeckt, ließen sie aber passieren. Erst an der letzten Kurve ehe sie das Haus Elronds erblicken würden, wurden sie von einem Elben abgefangen.
„Ich grüße euch, Erelieva! Lange ist es her, seit ihr zuletzt unsere Grenzen überschritten habt“, begrüßte er sie.
„Drei Jahre ist es nun her, da habt ihr recht“, antwortete sei nüchtern.
„Was führt euch zu uns?“
„Ich habe ein großes Anliegen, das ich mit Herrn Elrond besprechen möchte und Arwen; ich möchte sie sehen, nach all der Zeit.“
Er nickte zustimmend: „Und ihr? Ihr seid auch einer der Dunedain.“
„Ich bin Finjas“, antwortete er kurz und bündig.
„Er begleitet mich“, fügte die Dúnadan hinzu.
„Herr Elrond wird sich sicher freuen euch zu sehen.“ Mit diesem Satz ließ er sie passieren.

Als sie dem steinernen Pfad folgten und den felsigen Hang umrundeten, erschien vor ihren Augen das verzauberte Tal. Und obwohl das Klima immer sehr mild dort war, war alles mit einer hauchdünnen Schneedecke bedeckt. Es dauerte nur einen kurzen Moment ehe sie die Brücke überquerten und im Vorhof ankamen. Ein paar gerüstete Wächter beobachteten die beiden mit neutraler Miene. Gemeinsam stiegen sie die Treppen zum Haupthaus hinauf und gelangten über eine leicht geöffnete Tür in das Innere. Im Kamin knisterte das frisch nachgelegte Holz, es begann nach und nach heller zu werden. Es war ungewöhnlich ruhig in dem Raum.
„Guten Tag“, begrüßte sie ein dunkelhaariger Elb. Elea erinnerte sich gut an Erestor, den obersten Berater Elronds „Erelieva! Welch eine Überraschung und welch bemerkenswerter Zufall.“
„Schön euch zu sehen. Dies ist Finjas, mein Begleiter“, erwiderte sie und er lächelte.
„Was führt euch zu uns? Arwen? Oder wollt ihr mit Herrn Elrond sprechen?“
„Sowohl als auch.“
„In jedem Fall ist Gewiss, dass ihr die Nacht bei uns verbringen werdet. Kommt mit, es ist gerade etwas hektisch, darum bringe ich euch nach oben.“

Der Elb ging voraus und sie folgten ihm.
„Wisst ihr, heute Morgen kamen zwei unserer besten Krieger unangekündigt nach langer Zeit nachhause zurück. Alle sind in Aufruhr. Hier, nehmt dieses Zimmer, ihr könnt bleiben so lange ihr wollt.“
Als sich Erestor umdrehte schaute er in irritierte Gesichter.
„Ach verzeiht, es sieht mir gar nicht ähnlich so unorganisiert zu sein. Wollt ihr getrennte Zimmer?“
„Ah…“, Finjas wusste nicht was er sagen sollte.
„Wir nehmen eines Erestor, vielen Dank“, und dabei legte sie ihre Hand dankend auf den Unterarm des Elben.
„Wann werden wir mit Elrond sprechen können?“
„Ich werde ihn und auch Arwen gleich von eurer Ankunft unterrichten. Ein gemeinsames Abendessen ist wohl ein geeigneter Anlass.“
Sie nickte zustimmend. Daraufhin verschwand der Elb.

Elea hängte ihren Reisemantel an einen Haken neben den Kamin. Finjas‘ Mantel nahm sie ihm ebenfalls ab. Das Gepäck legte er ab und machte es sich auf dem Bett bequem. Die Dúnadan tat es ihm gleich und ruhte sich ein wenig aus.



Ein sachtes Klopfen an der Tür weckte die beiden auf.
„Erelieva?“, hörte sie eine weibliche Stimme vor der Tür.
„Ja.“
„Herr Elrond bittet euch und euren Begleiter an die Tafel. Es wird in Kürze aufgetragen.“
„Natürlich“, antwortete sie und wartete einen kurzen Moment bis sie weg war „Finjas, steh auf.“
In Windeseile wusch sich Elea mit kaltem Wasser aus einem Krug das Gesicht. Sie kämmte sich mit dem vorbereiteten Kamm mehrmals durch die Haare. Sie trug das blaue, dicke Wollkleid das sie in Fornost bekommen hatte. Sorgsam legte sie die Sternenhalskette um.
Mit verschlafenem Blick hielt Finjas ihr die Tür auf und gemeinsam gingen sie nach unten. In dem großen Speisezimmer stand Elrond, er sprach mit Erestor und einem blonden Elben, etwas abseits stand Arwen und eine rothaarige Elbe.

„Da sind ja unsere Gäste“, machte Erestor die übrigen aufmerksam. Elrond drehte sich zu Elea und Finjas um und schaute neugierig.
„Als Erestor mir erzählte, dass ihr eingetroffen seid glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen. Aber wie immer sorgst du für eine gelungene Überraschung. Es ist schön dich wohlbehalten hier zu sehen, treue Freundin.“
„Ich danke euch.“
„Erinnerst du dich noch an Glorfindel unseren besten Krieger und an Celebithiel, unsere Ziehtochter?“
„Wage erinnere ich mich noch. Dies hier ist Finjas, er ist… war Mitglied im Stammesrat.“
„Ich kenne euren Namen und den eurer Ahnen. Euer Haus war immer ein treuer Freund der Elben.“
Finjas schaute leicht beschämt: „Das war es.“
„Willkommen“, begrüßte sie nun auch Arwen und ließ es sich nicht nehmen Elea in den Arm zu nehmen.
„Wie habe ich dich vermisst“, flüsterte Elea ihr ins Ohr.

Im Anschluss setzten sich alle zu Tisch und das Essen wurde aufbereitet. Es war köstlich nach den Tagen der spärlichen Wegzehrungen. Auf die Frage wie es Elea ergangen ist seit sie Aldburg nach der Ratsversammlung verlassen hatte, erzählte sie in aller Kürze von ihrer Zeit in Moria, Bree und schließlich auch in Fornost. Finjas schien es sehr unbehaglich zu sein, wenn man von seiner Vergangenheit erzählte, aber keiner am Tisch feindete ihn an oder verurteilte ihn. Abgesehen davon hat er bereits bewiesen auf welcher Seiter er jetzt steht.
…und nun sind wir in Bruchtal angekommen, da dies mein einziger Anknüpfungspunkt ist den ich zu Helluin habe. Wisst ihr denn wo er ist?“, fragte Elea hoffnungsvoll.
„Wärst du vor einer Woche hier angekommen, hätte ich dir keinerlei Auskunft geben können. Aber es ist wieder einmal das Schicksal, dass uns alle hier zusammengeführt hat. Glorfindel und Celebithiel kommen eben aus dem Waldlandreich, wo sie auf Helluin getroffen sind.“
Diese Nachricht traf Elea wie ein Blitz. Diese beiden haben Helluin gesehen? Erst vor ein paar Wochen?
„Wie geht es ihm? Wo ist er jetzt? Habt ihr ihn verletzt?“, schossen die Fragen aus ihr heraus.
„Helluin ist wohlauf“, antwortete Glorfindel ihr mit ruhiger Stimme „beziehungsweise war er wohlauf als er das Waldlandreich verlassen hatte. Viele Tage nach der Schlacht am Erebor, wo er den Rabenberg gegen Unterstützung aus Rhûn verteidigte, tauchte er plötzlich wieder im Waldlandreich auf. Er versicherte uns, dass er vom Zauber Sarumans befreit wurde und zurückkehren wollte.“
„Wohin?“, unterbrach sie ihn ungeduldig.
„Unerklärlicherweise hatte es ein kleines Mädchen aus Rohan geschafft den Zauber des Weißen zu brechen. Faerwen glaubte ihm und der Reue die er zeigte.“
„Ja, aber wo ging er hin?“
„Er wollte zurück nach Rohan gehen um das Mädchen zu suchen.“
„Nach Rohan?“
„Ja“, antwortete der elbische Soldat.
„Aber, aber wenn er nach Rohan zurückgegangen ist, werden sie ihn gefangen nehmen und töten. Wieso geht er nach Rohan? Wieso kommt er nicht nachhause?“, entgegnete sie und war ganz aufgeregt. Finjas legte seine rechte Hand auf ihre Linke und wollte sie beruhigen.
„Er ging dorthin, weil er sich bei seiner Retterin bedanken wollte.“
„Nein, nein. Was macht er nur“, ihre Stimme wurde wackelig „Finjas, wir müssen gleich aufbrechen. Lass uns gehen. Was wenn sie ihn hängen…“
Aus der Hysterie heraus sprang sie auf und der Stuhl krachte rückwärts zu Boden.
„Elea beruhige dich“, redete nun Elrond auf sie ein. Finjas stand ebenfalls auf und versuchte sie zu beruhigen.
Sämtliche Augen waren auf Elea gerichtet und sie sah in die verständnislosen Augen von Elrond und Glorfindel, die Dúnadan erhoffte sich von den Frauen mehr Einfühlungsvermögen, aber Celebithiel schaute eher ratlos und Arwen’s Blick flüchtete in ihren Teller. Ihr Brustkorb bebte, ohne ein weiteres Wort lief sie zur Tür und stieß das Tor auf.
1. Char Elea ist in Bree  -  2. Char Caelîf ist in Palisor

Thorondor the Eagle

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Re: Elronds Haus
« Antwort #29 am: 21. Jan 2020, 07:24 »
Als sie nach draußen ging, füllten sich ihre Lungen mit der kalten Nachtluft. Dies holte sie wieder zurück auf den Boden. Sie stieß die aufgestaute Luft aus und nahm drei tiefe Atemzüge. Der Hauch vor ihrem Mund wurde sichtbar.
„Geht es dir wieder besser?“, fragte eine weibliche Stimme von der Tür. Es war Arwen.
„Nicht wesentlich.“
Arwen trat an sie heran und hakte sich mit ihrem Arm unter dem von Elea ein. Sie führte sie auf die Terrasse hinaus bis zum Geländer. Dort standen sie und schauten hinab auf die zahlreichen Elbenlichter in der Feste. Wenige kleine Schneeflocken fielen vom Himmel.
„Wie kann ich Helluin nur helfen? Retten vor all seinen Feinden?“, fragte Elea ihre Freundin.
„Das kannst du nicht. Helluin ist zu einem erwachsenen Mann herangewachsen und er trifft seine eigenen Entscheidungen.“
„Das mag jetzt stimmen, aber Saruman hat ihn zum Feind unsers Volkes gemacht und auch der Elben.“
„Auch den Weg aus dieser Situation muss er alleine finden, und ist er so gewieft wie Haldar und stark wie du es bist, wird er es mit Leichtigkeit schaffen. Und überlege was Glorfindel dir eben erzählt hat: Helluin ist vom Zauber Sarumans befreit. Ist das nicht eine überaus positive Nachricht?“
„Das schon, es steht ihm nur nun so viel bevor. Wie kann ich ihn davor bewahren?“
„Wir haben keine andere Möglichkeit als auf den anderen zu vertrauen. Du auf Helluin, so wie ich auf Aragorn.“
Schlagartig wurde Elea wieder das Schicksal Arwen’s bewusst. Sie hatte Mitleid mit ihr.
„Bei Kindern hat man wenigstens eine Zeit lang die Kontrolle über ihren Weg, aber du musstest die Entscheidungen Aragorns immer zur Kenntnis nehmen und akzeptieren.“
Arwen sinnierte einen Moment: „Kontrolle haben wir in Wahrheit nie. Sieh auf die Kinder dieser Zeit und ihr Schicksal. Helluin hatte Glück eine behütete Kindheit zu haben.“
„Schlägst du vor, nicht weiter nach ihm zu suchen? Das kann ich nicht.“
„Wenn du in suchen möchtest, dann solltest du das tun. Aber mache dich darauf gefasst, dass der Mann den du vorfinden wirst, nicht mehr der Junge ist den du ziehen hast lassen.“
„Ich hätte damals mehr tun sollen, jeder von uns.“
Arwen löste ihre Hand und drehte sich ein wenig von der Dúnadan weg. Sie schaute runter in das dunkle Tal: „Oft habe ich mir diesen Vorwurf gemacht und noch öfter meinem Vater. Aber letztlich hat es nichts gebracht, außer Streit und Wut. Gefühle die uns in dieser Situation nicht weiterhelfen, sondern uns vielmehr blockieren. Hege keinen Groll gegen meinen Vater, mich oder den Stammesrat und schon gar nicht gegen dich selbst. Du hast damals das getan was du für richtig gehalten hast. Das sich die Dinge so entwickelt haben, konnte niemand von uns erahnen. Wir alle hatten Hoffnung.“
„Ja, es war auch dein Vater der mir damals geraten Helluin ziehen zu lassen.“
„Ich weiß es noch ganz genau und auf seine eigene Art und Weise musste er auch damit zurechtkommen.“
„Man erzählte immer, er besäße eine Gabe der Voraussicht. Sollte einen diese Gabe nicht vor solchem Unheil bewahren?“
„So klingt es, aber so ist es nicht. Aber eines kannst du mir glauben, häufiges Versagen führt zu Zweifeln an einem selbst, bei Menschen wie auch bei Elben.“

Die ganze Wut die sich in den vergangenen Monaten angestaut hatte, kam hier ans Tageslicht. Vermutlich, weil vor einigen Jahren hier alles seinen Anfang genommen hatte, aber durch die Worte von Arwen hatte Elea einen anderen Blickwinkel bekommen.  Denn letztlich erkannte die Dúnadan die Richtigkeit dieser Worte.

„Hast du von ihm etwas neues gehört?“, fragte Elea nun vorsichtig.
Arwen aber schüttelte den Kopf: „Nein nichts, nicht einmal ein winziges Zeichen das mir Gewissheit gibt, dass Aragorn am Leben ist.“ Elea löste die Hand der Elbe vom Geländer und legte sie zwischen ihre: „Wie du sagst, wir müssen vertrauen.“
Sie blieben noch eine Zeit lang schweigend stehen bis Elea wieder genug Mut gefasst hat zu den anderen zurück zu kehren. Der Tisch war bereits abgedeckt. Glorfindel und Elrond standen am Kamin und schauten in das Feuer. Elea hörte ihre gedämpften Stimmen. Als sie sie bemerkten, öffnete sich die kleine Runde und machte einen Platz für sie frei.
„Bitte verzeiht mir“, sagte sie demütig.
„Es gibt nichts zu entschuldigen, Elea“, entgegnete Elrond „Du bist eine Mutter, dein Kind steht bei dir an allererster Stelle.“ Bei diesen Worten warf er einen kurzen Blick zu Arwen die die Treppe hinaufstieg. „Du weißt, dass wir dich immer unterstützen werden, soweit wir können.“
Die Dúnadan nickte.
„Es ist gut zu wissen, dass du nun nicht den Weg nach Osten über das Nebelgebirge einschlagen musst. Glorfindel erzählte mir, dass sie beim Überqueren des Hohen Passes auf Orkverbände der Weißen Hand getroffen sind. Sie schienen es eilig zu haben und nahmen keine Notiz von Ihnen.“
„Ich bin auch sehr froh nicht über das Nebelgebirge gehen zu müssen und den Weg nach Süden kenne ja ich bereits.“
„Südlich unseres Landes haben sich unsere Verwandten aus dem Osten niedergelassen. Sie haben Eregion wieder besiedelt und sind dabei es neu zu errichten. Der Weg nach Süden dürfte nun sicherer sein wie damals, als du ihn mit deiner Freundin bestritten hast.“ Er dachte einen Moment nach. „Bei diesen Worten kommt mir ein Gedanke: Glorfindel, entsende Späher zu den Hängen des Nebelgebirges, beobachtet die Bewegungen unseres Feindes und dann geht nach Eregion. Vielleicht ist es möglich mit all den vereinten Informationen den Plan unseres Feindes zu erahnen. Diesem Trupp können Finjas und du euch dann anschließen, vorausgesetzt ihr könnt euren Aufenthalt ein paar Tage verlängern.“
„Ich weiß nicht, ob ich so lange warten kann“, antwortete sie von dem Vorschlag überfordert.
„Oft ist es klug eine Nacht darüber zu schlafen, ehe man eine Entscheidung trifft.“
Sie schaute in die Glut der Feuerstelle: „Dann werde ich das wohl tun. Ich danke euch und wünsche euch eine gute Nacht.“

Mit diesen Worten verabschiedete sich Elea. Sie ging die Treppe hinauf und suchte den Weg in ihr Zimmer. Die tiefen, regelmäßigen Atemzüge von Finjas legten Nahe, dass er bereits schlief. Elea legte ihr Schmuckstück und das Kleid ab und band ihre Haare zu einem lockeren Zopf. Sie legte sich in das Bett neben Finjas. Sie erinnerte sich, dass er mit ihrem hysterischen Anfall nicht gut umgehen konnte und sie nur wortlos und spärlich tröstete. Sie lächelte ihn gütig in der Dunkelheit an und suchte mit ihrer Hand die seine. Als sie sie sachte hineinlegte, spürte sie wie er sanft zupackte. Danke
In dieser Nacht fand sie wenig Schlaf. Immer wieder plagten sie Albträume an die sie sich aber nach dem Aufwachen nicht mehr erinnerte. Sie war manchmal schweißgebadet und dann fror sie wieder. Erst in den frühen Morgenstunden war ihre Erschöpfung so groß, damit sie durchschlafen konnte.
1. Char Elea ist in Bree  -  2. Char Caelîf ist in Palisor